Schon im Jahre 1922 wurde in München auf Initiative eines weitgehend unbekannten Kontoristen, Gustav Adolf Lenk, ein erster Versuch unternommen, eine Jugendorganisation der NSDAP aufzubauen.1 In den im März 1922 veröffentlichten Satzungen wurde der „Jugendbund der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei“ dargestellt als eine „ Sammelstelle derjenigen Kameraden unter 18 Jahren, die mit ihrem 18. Geburtstage in die Sturmabteilung der NSDAP eintreten wollen.“2 Bei der öffentlichen Bekanntgabe der Satzungen im Bürgerbräukeller in München am 13. Mäzz 1922 wurde Lenk die Leitung der Jugendorganisation der NSDAP übertragen, die der SA-Führung unmittelbar unterstellt war (vgl. Koch 1975, S. 78). Der „Jugendbund der NSDAP“ wurde nach seiner Beteiligung am Hitler-Putsch in München am 8./9. November 1923 wie die Partei verboten, seine Bedeutung war aber auch schon vorher gering.3 Nach Buddrus darf die Entstehung der HJ als Organisationsform keinesfalls als „materialisierte Vision, als Keimzelle einer neuen Jugendvolksgemeinschaft“ missverstanden werden.4 Wie die Parteien der Weimarer Republik habe die NSDAP Vorfeldorganisationen schaffen wollen.5 Bereits in den frühen zwanziger Jahren entstanden nationalsozialistische Mädchengruppen, sie nannten sich meist „Schwesternschaften“ (vgl. Klaus 1998, S. 82); über die erste „Schwesternschaft“ in Plauen berichtete die Hitler-Jugend- Zeitung im Juli 1927.6 Sie bestand laut Lagebericht der Polizei aus fünfzehn Mädchen und wurde von Martha Aßmann geleitet, die 1929 zur „Reichsführerin der Schwesternschaften“ ernannt wurde (vgl. Kock 1994, S. 22).