Cannabis sativa L. eignet sich aufgrund der Möglichkeit, die ganze Pflanze zu nutzen, hervorragend für die Kreislaufwirtschaft und ist daher ein Paradebeispiel für eine multifunktionale Nutzpflanze. Die Cannabispflanze erlebt derzeit einen Boom aufgrund ihres reichhaltigen Repertoires an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, ihrer Fasern und ihres wertvollen Öls in zahlreichen Industriezweigen sowie ihrer positiven landwirtschaftlichen Eigenschaften. Das Hauptaugenmerk liegt dabei im medizinischen Nutzen, basierend auf den in Blüten und Blättern vorhandenen Phytocannabinoiden. Es ist wichtig, zwischen Nutzhanf Genotypen und phytocannabinoid-reichen (PCR) Genotypen zu unterscheiden. Nutzhanf erfüllt den von der EU-Gesetzgebung vorgeschriebenen THC-Grenzwert von 0,2% und kann daher im Feldmaßstab legal angebaut werden. PCR Genotypen, enthalten hohe Mengen an nicht-psychoaktiven Cannabinoiden, wie CBD und Cannabigerol (CBG), in einem Bereich von 1030%, während ihr THC-Gehalt unter 0,2% liegt. Diese Genotypen werden derzeit gezüchtet und sind noch kaum auf dem Markt erhältlich. Die Cannabinoid-Extraktion von aus Nutzhanf gewonnenen Rohstoffen, könnte einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bieten, da die geerntete Biomasse durch eine bessere Flächennutzung und mehr Kosteneffizienz im Vergleich zu einem Indoor-Produktionssystem deutlich erhöht werden könnte. Darüber hinaus kann die Multifunktionalität der Nutzhanfpflanze einen wirtschaftlichen Mehrwert bieten. Bestehende Anbausysteme für die Faser- und Ölsaatenproduktion müssen neu entwickelt werden, da sich der Erntezeitpunkt und Ernteorgan stark von den bisherigen Systemen unterscheiden dürften. Um dies zu erreichen, befasst sich Publikation I mit folgenden Zielen: Ermittlung des Ertragspotenzials verschiedener Nutzhanf Genotypen hinsichtlich Blütenstand- und Biomasseertrag sowie Cannabinoidgehalt in Abhängigkeit von Genotyp, Wachstumsstadium und Biomassefraktion in einem Freilandanbausystem. In einem zweijährigen Feldversuch wurden sieben Nutzhanf Genotypen (Finola, Fédora17, Ferimon, Félina32, Futura75, USO31 und Santhica27) angebaut. Die Beprobung von Blättern und Blütenständen erfolgte zu vier spezifischen Wachstumsstadien: vegetatives Blattstadium, Knospenstadium, Vollblütestadium und zur Samenreife. Die Trockensubstanz wurde erfasst sowie der Cannabinoidgehalt analysiert. Die Ergebnisse zeigten, dass der Gehalt an Cannabinoiden stark vom Genotyp und dem Wachstumsstadium abhängt. Daher müssen für ein optimales Ernteergebnis die Biomasse und der Ertrag der Blütenstände berücksichtigt werden. Der Genotyp Santhica27 wies den höchsten Gehalt an CBG/A auf. Die Genotypen Futura75, Fédora17, Félina32, Ferimon, Finola und Santhica27, welche die höchsten CBD/A- bzw. CBG/A Gehalte aufwiesen hatten zur Samenreife die höchsten Biomasseerträge an Druschrückständen und somit einen höheren CBD/A- und CBG/A-Ertrag pro Fläche. Folglich ist eine Ernte nach der Samenreife wirtschaftlich vorteilhaft. Diese Ergebnisse machen ausgewählte Nutzhanf Genotypen zu idealen Kandidaten für den Mehrzweckanbau in Bezug auf Biomasseproduktion und CBD/A- bzw. CBG/A-Gewinnung, um das volle Potenzial der Hanfpflanze auszuschöpfen. Zusätzlich befasste sich die Arbeit mit einer weiteren Standardisierung von PCR Genotypen in Indoor-Anbausystemen. Aufgrund der vorgeschriebenen hohen Qualitätsanforderungen für medizinisches Cannabismaterial rückt der Indoor-Anbau immer mehr in den Fokus, da alle Produktionsparameter standardisiert werden können. Die Produktion von Cannabinoiden unter Indoor-Bedingungen ist aufgrund von Verarbeitungskosten und regulatorischen Einschränkungen teur. Daher wird eine kosteneffektive Produktionskette angestrebt. In Publikation II wurde die Anpassung der Pflanzenarchitektur durch den gezielten Einsatz von synthetischen Phytohormonen evaluiert. Mit dem Ziel eine kleine und kompakte Pflanzenmorphologie mit hohen Blütenerträgen zu generieren. Dies umfasste folgende Zielsetzungen: den Einfluss exogen applizierter Pflanzenwachstumsregulatoren (PGRs), wie NAA, BAP und einer Mischung (NAA/BAP-Mix) aus beiden auf die Pflanzenarchitektur verschiedener PCR Genotypen zu prüfen. Darüber hinaus den Biomasseertrag sowie den CBD/A Gehalt zu bestimmen. In einem Gewächshausexperiment wurden die Genotypen mit synthetischen Phytohormonen in verschiedenen Konzentrationen behandelt. Als Ergebnis wurde ein genotyp-spezifischer Einfluss der applizierten PGRs auf die Pflanzenarchitektur festgestellt. NAA führte beim Genotyp KANADA zu einer kompakteren Pflanzenmorphologie mit einem konstant hohen Blütenertrag, während der CBD/A-Gehalt nicht beeinflusst wurde. Die Genotypen 0.2x und FED zeigten durch die Anwendungen reduzierte Blütenerträge. Publikation III befasste sich mit der Bewertung von Ertragsparametern und CBD Gehalt von PCR Genotypen, welche in verschiedenen Substratzusammensetzungen in einem Indoor-Topfanbausystem kultiviert wurden. In einem Gewächshausexperiment wurde der Einfluss folgender Substratzusammensetzungen: Torf-Mix (PM); Torf-Mix, substituiert mit 30% Grünfasern (G30), und Kokosfaser (CC), auf Wachstumsleistung, N-Gehalt, Wurzelwachstum sowie CBD/A-Gehalt untersucht. Die verschiedenen Substrate zeigten signifikante Auswirkungen auf die Wachstumsleistung und die Wurzelentwicklung der getesteten Genotypen. Es wurde eine genotyp-spezifische Reaktion auf den Blütenertrag untersucht wobei kein limitierender Effekt auf den CBD/A-Gehalt festgestellt wurde. Es lässt sich schlussfolgern, dass organische Torfalternativen wie Grünfasern, die Torf in Standardtopfsubstraten teilweise ersetzen, eine genotyp-spezifische Option bieten.