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Führungspersönlichkeit verzweifelt
gesucht - empirische Befunde aus der
SHaRP-Studie
Vortrag im Rahmen
des Symposiums
Heterogene Perspektiven und Ergebnisse der aktuellen Führungsforschung
Lisa Horvath und Sabine Bergner
12. Tagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie
Innsbruck 2016
Stefan Brauckmann –Barbara Hanfstingl –Alexandra Schwarz
Gliederung
1. Schulleitungshandeln im Kontext Neuer Steuerung
2. Schulleitungshandeln und Persönlichkeit –ein seltsames Paar?
3. Personenbezogene Merkmale von SchulleiterInnen und
Leitungshandeln –
Erkenntnisse aus der SHaRP-Studie
4. Diskussion
5. Ausblick
Schulleitungshandeln im Kontext
Neuer Steuerung
Schulen und deren Leiter im
Kontext Neuer Steuerungsansätze
Personalführung und Organisationsentwicklung
(z.B. Einstellung und Entwicklung von Personal)
Unterricht und pädagogische Innovation
(z.B. Variationen in der Unterrichtsorganisation und
-durchführung)
Verwaltungs- und Organisationsaufgaben
(z.B. schuleigene Budgetierung von Lehr- und
Lernmitteln)
Öffnung von Schule
(z.B. Kooperation mit Unternehmen, Arbeit in Netzwerken)
Übernahme neuer
Managementaufgaben
durch Schulleitung…
In many countries there is the growing concern that the role of the school principal
was designed for the needs of a different time and may not be appropriate to deal
with the leadership challenges schools are facing in the 21st century (Pont et al.,
2008, S.15)
Change agent
Coordinator
Facilitator
In a nutshell:
•Wird eher als ausführende Instanz angesehen
•Normative Zuschreibungen der neuen Schulleitungsrolle
•Wenig empirische Beschreibungen von Leitungstätigkeiten
•Welche Faktoren diversifizieren/normieren Schulleitungshandeln?
Schulleitungshandeln und
Persönlichkeit –ein seltsames Paar?
SocietalCulture
Institutional System
Staff and Community Characteristics
School Organization
Personality
factors
Knowledge
Experience
Leadership
Academic
Structures
and
Processes
People
Capacity
Student
Outcomes
Beliefs
Values
Attitudes
Vision and
Goals
(Hallinger, 2011) 8
•Wahrnehmungsvermögen (the way principals perceive the system matters even more than
the system itself)
•Deutungs-/Interpretationsvermögen (Informationsverarbeitungsprozesse, Adjustierung der
strategischen Ausrichtung) als Voraussetzung für führungsbezogenes Handeln
•Persönliches Set von Überzeugungen und Werten als Basis für organisations- und
personenbezogenes Handeln
(Schwarz & Brauckmann 2015; Brauckmann & Schwarz 2014; Cranston, Ehrich & Kimber, 2005; Mulford & Johns, 2004; Robinson, Ward &
Timperley, 2003; Neulinger, 1990; Wayson 1979)
9
Personenbezogene Merkmale von
SchulleiterInnen und Leitungshandeln
–Erkenntnisse aus der SHaRP-Studie
10
1. Beschreibung der Voraussetzungen der Tätigkeitsausübung und der
daraus resultierenden tätigkeitsspezifischen Beanspruchung
2. Empirische Darstellung der Akzentverschiebung „vom Verwalten zum
Gestalten“ an Schulen
3. Identifikation regionaler, institutioneller und auch
persönlichkeitsbezogener Einflussgrößen im Handeln bzw. dem
Belastungserleben
4. Prüfung eines wechselseitigen „Wirkzusammenhangs“ zwischen
Belastungsfaktoren und Schulleitungshandeln bzw. deren Wirkung auf
die Tätigkeitsausübung
Inwieweit lassen sich unterschiedliche
Stile im Umgang mit selbstregulativem,
gewissenhaften Verhalten und dem
Selbstbild identifizieren?
2
Inwieweit bedingt die Überforderung
die berufliche Motivation und die
Priorisierung auf Personalentwicklungs-
aufgaben?
1
In welchem Zusammenhang stehen diese
Stile mit der empfundenen Belastung, der
Motivation, der Überforderung und der
faktischen Priorisierung von Personal- und
Organisationsentwicklungsaufgaben?
3
12
Instrumente
Skala
Quelle
Cronbach‘s α
Beispielitem
Selbstregulation
Konzentration(s
-
fähigkeit) (3 Items)
Schwarzer, 1999
.65
Ich kann mich lange Zeit auf eine Sache
konzentrieren, wenn es nötig ist.
Emotionale
Kontrolle (2 Items)
.66
Wenn ich bei einer Tätigkeit zu
aufgeregt werde, kann ich mich so
beruhigen, dass ich bald wieder
weitermachen kann.
Gedankliche
Kontrolle (3 Items)
.64
Wenn störende Gedanken auftreten,
kann ich sie nur schwer von mir
wegschieben. (
-)
BIP - G
Genaues Handeln (6
Items)
Hossiep &
Paschen,
2003
.78
Ich bin bei Kontrollen lieber penibel als
großzügig.
Planung (3 Items)
.64
Ich plane meine Tätigkeiten möglichst
genau im Voraus.
13
Instrumente
Skala
Quelle
Cronbach‘s α
Beispielitem
Selbstbild als
SchulleiterIn
(4 Items) SHaRP .47
Ich bin davon überzeugt, über die
Fähigkeiten zu verfügen, die ein
Schulleiter zur Erfüllung seiner
Aufgaben benötigt.
Erlebte Belastung
(7 Items)
SHaRP -
Zeitanteilswerte je Woche:
Unterricht inkl. Vor
- u. Nachbereitung,
Prüfungen durchführen,
Korrekturarbeiten
Überforderung (6 Items)
Enzmann
& Kleiber
(1989)
.66
Der Zeitdruck, unter dem ich arbeite,
ist zu groß.
Motivation/Zufriedenheit
(4 Items)
.77
Mein Beruf macht mir Spaß.
Priorisierung OE
-PE SHaRP -
Zeitanteilswerte je Woche (in % der
Wochenarbeitszeit), die auf Aufgaben
OE (Organisationsentwicklung) und PE
(Personalentwicklung) tatsächlich
verwendet werden
14
Motivation/
Zufriedenheit
(Z)
Überforderung
(X) Priorisierung
OE-PE
(Y)
-0.293
(0.000) 0.149
(0.022)
Direkter Effekt:
-0.058
(0.152)
Motivation/Zufriedenheit als Mediator-Variable:
Totaler Effekt:
-0.101
(0.005)
Indirekter Effekt:
-0.044
(0.031)
(Brauckmann, Hanfstingl, & Schwarz, 2016, in prep.)
-40
-20
0
20
40
Relative Abweichung vom Gesamtmittelwert
1 2 3
Konzentrationsfähigk. Emotionale Kontrolle
Gedankliche Kontrolle Genaues Handeln
Planvolles Handeln Selbstbild
Empf. Belastung OE-PE Motivation
Überforderung Priorisierung OE-PE
Unterschiedliche Führungspersönlichkeiten?
k-means-Clusteranalyse mit zufällig gewählten Startpartitionen
N=131 (w:81, 62%)
N=53 (w:33, 62%) N=33 (w:23, 70%) N=45 (w:25, 56%)
Gymnasium: 32 (60%)
Grundschule: 21 (40%)
Gymnasium: 16 (49%)
Grundschule: 17 (51%) Gymnasium: 21 (47%)
Grundschule: 24 (53%)
Interpretation der Gruppen
„Manager“
„Berufener“
„Überforderter“
Geprägt durch ein
überdurchschnittliches Maß
an Konzentrationsfähigkeit
und durch
überdurchschnittlich
ausgeprägtes genaues und
planvolles Handeln (Hang
zum Perfektionismus).
Selbstbild als Schulleiter
entspricht dem Durchschnitt.
Planvolles Handeln und
ausgeprägtes
Selbstverständnis als
Schulleiter („fühlt sich zum
Schulleiter berufen“),
Kontrolle und Genauigkeit
sind aber nur gering
ausgeprägt.
Konzentrationsfähigkeit,
Selbstkontrolle und
planvolles Handeln stark
unterdurchschnittlich
ausgeprägt. Eher negatives
Selbstbild als Schulleiter.
Zudem durch hohe
Überforderung
gekennzeichnet.
Diskussion
Problem der Überforderung von SchulleiterInnen
•Überforderung wirkt sich auf die faktische Priorisierung von Personal- und
Organisationsentwicklungstätigkeiten aus.
•Überforderung ist die Folge von mangelnder Professionalisierung.
SchulleiterInnen als ManagerInnen oder als Berufene?
•Zukünftige Schulautonomie erfordert SchulleiterInnen, die neben Manager- auch
Führungsqualitäten aufweisen.
•Die Auswirkungen neuer Steuerungskonzepte auf die Organisation Schule sind noch nicht
hinreichend geklärt.
Einfluss von Geschlecht und Schultyp minimal
•Es gibt keine signifikanten Verteilungen hinsichtlich Geschlecht und Schultyp.
Ausblick
Messung von kontextbezogenem Belastungsempfinden
Empirische Abbildung von außerschulischen Kontexten
•Differenzierte Betrachtung von Kontextkonstellationen
•Stabile vs. instabile Elemente von Schulumwelten
Theorien aus der Führungsforschung stärker einbeziehen (Ökonomie, Arbeits- und
Organisationspsychologie)
•Rollen und Verantwortlichkeiten von Schulleitern in verschiedenen Kontexten
•Welche Konstellation von Kontextvariablen benötigt welchen Führungsstil?
•Fit von Person und Organisation theoretisch fundieren
Implikationen für Aus- und Weiterbildung von SchulleiterInnen
•Bedarfe von SchulleiterInnen in einem spezifischen kulturellen Kontext
•Effektives Leitungshandeln in sich verändernden Umwelten
•Recherche und Entwicklung neuer Instrumente, die klarer den Professionalisierungsbedarf von österreichischen
SchulleiterInnen verdeutlichen. Dies betrifft insbesondere:
Personalentwicklung
Organisationsentwicklung
Persönlicher Merkmale von SchulleiterInnen (z.B. Selbst- und Organisationssteuerungskompetenzen)
•Kompetenzbasierte Rekrutierung und Qualifizierung von SchulleiterInnen als Gelingungsbedingung für
erfolgreiches Schulleitungshandeln.
•Frage nach dem Professionsverständnis von SchulleiterInnen als Voraussetzung der Professionalisierung?
•Geringe Stichprobengröße, weitestgehend explorativer Charakter. Weitergehende empirische Ansätze nötig, die
repräsentative Aussagen in einem länderübergreifenden Vergleich zulassen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Univ.-Prof. Dr. Stefan Brauckmann
Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
stefan.brauckmann@aau.at
https://www.researchgate.net/profile/Stefan_Brauckmann
Assoz.-Prof. Dr. Barbara Hanfstingl
Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Barbara.hanfsting@aau.at
Dr. Alexandra Schwarz
Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung (WIB)
Bergische Universität Wuppertal
schwarz@wiwi.uni-wuppertal.de
Literatur
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