DataPDF Available

Jugend und Ernährung. Zwischen Fremd- und Selbstbestimmung

Authors:
  • Heidelberg University of Education

Abstract

Inhaltsverzeichnis + Vorwort
Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hg.)
Jugend und Ernährung
Zwischen Fremd- und Selbstbestimmung
Dr. Rainer Wild-Stiftung (Hg.)
Jugend und Ernährung
Zwischen Fremd- und Selbstbestimmung
Bibliograsche Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliograe; detaillierte bibliogra sche Daten sind im Internet über
http://dnb.dnb.de abruar.
Dr. Rainer Wild-Stiung (Hg.)
Mittelgewannweg 10
D - 69123 Heidelberg
Tel. +49 (0) 6221 7511 200
Fax +49 (0) 6221 7511 240
info@gesunde-ernaehrung.org
www.gesunde-ernaehrung.org
1. Auage 2016
Alle Rechte vorbehalten
© Dr. Rainer Wild-Stiung, Heidelberg
Redaktion: omas Schröder
Lektorat: Monika Cremer, Idstein
Layout/Satz/Umschlaggestaltung: Elisabeth Sillmann, blaetterwaldDesign, Landau
Herstellung: 1-2-Buch, Ebersdorf
Auf FSC zertiziertem Papier gedruckt.
ISBN 978-3-942594-97-4
Inhalt
Vorwort VII
Jugendliches Ernährungsverhalten – eine Einführung
omas Schröder und Gesa Schönberger, Dr. Rainer Wild-Stiung 1
Jugend aus dem GleichGewicht: neue Strategien zur Adipositasprävention
Anja Moß, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm 19
Ernährungsverhalten von Jugendlichen im Kontext von körperlicher
Aktivität und Medienkonsum
Katja Aue, Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (peb) 37
Essen und Psyche: Erfahrungen aus der Arbeit mit Jugendlichen
Özgür Albayrak, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Medizinischen
Hochschule Hannover 53
Stowechselstörung und Diät. Eine Herausforderung im jugendlichen
Ernährungsalltag
Judith Kalus und omas Lücke, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-
Universität Bochum 69
Entwicklungspsychologische Perspektiven in der Jugendforschung
Burkhard Gniewosz, Ludwig-Maximilians-Universität München 83
Wie ticken Jugendliche? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter
von 14 bis 17 Jahren in Deutschland
Manfred Tautscher, SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH 95
Die Freiheit nehm‘ ich mir! Ernährungsbezogenes Konsumverhalten
von Teenagern
Ingo Barlovic, iconkids & youth 109
Jugendliche als Trendsetter. Wie Jugendliche die Gesellschaft verändern.
Beate Großegger, Institut für Jugendkulturforschung Wien 121
Postmodernes Essverhalten am Beispiel jugendlicher Veganer
Bernd-Udo Rinas, Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Potsdam 135
Jugend im Web 2.0 – Spielorientiertes Lern- und Informationsangebot
zur Herkunft unserer Nahrung im Projekt MILE
Steen Schaal, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg;
Silke Bartsch, Pädagogische Hochschule Karlsruhe 147
Die Dr. Rainer Wild-Stiftung 165
Bildnachweis 167
Vorwort
Kein Kind mehr und auch noch nicht erwachsen – Jugendliche stehen zwischen
den Welten und benden sich in einer wichtigen und prägenden Lebensphase. Das
betri alle Bereiche des Lebens, auch das Essen. Die zunehmende freiere Gestaltung
des Essalltages gilt aus Sicht vieler Erwachsener als problematisch. Nicht nur, dass
Jugendliche sich durch ihr Essverhalten bewusst abgrenzen; für Jugendliche, so die
gängige Behauptung, hat „gesunde Ernährung“ außerdem keinen hohen Stellenwert.
In den einschlägigen wissenschalichen Untersuchungen zu Ernährung und Ess-
verhalten werden fast ausnahmslos Kinder und Jugendliche zusammen thematisiert.
Die Phase der Jugend wird selten separat betrachtet. Doch gerade beim Essverhalten
unterscheiden sich Jugendliche sehr stark von Kindern, deren Ernährung durch
elterliche Versorgung und Gemeinschasverpegung in Schulen und Kindergärten
bestimmt ist.
Der vorliegende Band beschäigt sich mit Jugendlichen im Allgemeinen und ihrem
Essverhalten im Besonderen, mit dem Ziel, die Jugendphase genauer zu beleuchten und
das Verständnis für Jugendliche und ihr (Ess-)Verhalten zu verbessern. Jugendliche
sind eine durch Umbruchdynamiken geprägte Gruppe, die alles andere als homogen
ist. In den elf Kapiteln des vorliegenden Bandes werden Handlungsoptionen für die
Arbeit mit Jugendlichen aufgezeigt, die sich aus einem vertieen Verständnis jugend-
spezischer Herausforderungen ableiten.
Der Band ist auf Grundlage des 18. Heidelberger Ernährungsforums entstanden, das
am 1. und 2. Oktober 2014 auf Einladung der Dr. Rainer Wild-Stiung stattfand.
Das alljährlich stattndende Forum richtet sich an Fachleute und Multiplikatoren
und bietet eine Plattform, um ausgewählte Fragen aus den emenbereichen der
Dr. Rainer Wild-Stiung zu diskutieren. Im Mittelpunkt steht der transdisziplinäre
Dialog – aktuell, praxisnah und kritisch.
Zu den Beiträgen in diesem Band
Dieser Band enthält insgesamt elf Beiträge, die sich mit den emenfeldern Jugend,
Ernährung und Gesundheit aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven beschäf-
tigen.
In den Texten, in denen aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleich zeitige Verwendung
männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet wird, gelten sämtliche Personenbezeich-
nungen für beiderlei Geschlecht.
VIII
omas Schröder und Gesa Schönberger von der Dr. Rainer Wild-Stiung in Heidel-
berg gehen in ihrem Einführungsbeitrag der Frage nach, was Jugend als Übergangs-
phase von der Kindheit zum Erwachsenenalter für den Einzelnen bedeutet und wo
besondere Schwierigkeiten für Jugendliche in ihrem Ernährungsverhalten liegen.
Dazu beleuchten die Autoren das ema schlaglichtartig aus unterschiedlichen
Perspektiven. Entgegen der verbreiteten Annahme, Jugendliche hätten ein proble-
matisches Ernährungsverhalten und infolgedessen gesundheitliche Dezite, verrät
der Blick auf die Daten des Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS), dass der
Großteil der Jugendlichen in Deutschland in einem gesundheitlich guten Zustand
ist und sich ernährungsphysiologisch gesehen unproblematisch verhält. Zugleich
gibt es aber unter Jugendlichen Gruppen mit zum Teil erheblichen ernährungsbe-
dingten Gesundheitsproblemen. Hier spielen Determinanten wie soziale Herkun,
Bildungsstand, Lebensstile etc. eine entscheidende Rolle. Aus soziologischer Sicht
hat die traditionelle Familienmahlzeit an Bedeutung verloren, während sich der
Gri zu Fertigprodukten im Alltag als Handlungsmuster immer stärker durchsetzt.
Auch das stetig wachsende Angebot an kommerzieller Außer-Haus-Verpegung hat
das Ernährungsverhalten von Jugendlichen verändert. Der Freiheit bei der Auswahl
der Lebensmittel steht zugleich der Zwang gegenüber, die „richtige“ Wahl zu treen,
doch bedeutet „richtig“ für die Jugendlichen nicht immer die vermeintlich gesündere
Wahl. Aus entwicklungspsychologischer Sicht zählt zu den Aufgaben, die Jugendli-
che in ihrer Entwicklung bewältigen müssen, die Ablösung von den Eltern. Dabei
schwanken die Jugendlichen zwischen den widersprüchlichen Wünschen, einerseits
unabhängig, andererseits durch die Eltern versorgt zu sein.
Anja Moß von der Pädiatrischen Endokrinologie und Diabetologie der Universitäts-
klinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm geht in ihrem Beitrag auf die Ursachen,
Risikofaktoren und Folgen von Übergewicht bei Jugendlichen ein und erläutert die
Ziele und Empfehlungen der Prävention, welche die Arbeitsgemeinscha Adipositas
im Kindes- und Jugendalter in ihrer aktuellen Leitlinie vorschlägt. Darüber hinaus
nimmt die Autorin auf Grundlage einer umfassenden Meta-Analyse Stellung zur
Wirkung von Präventionsmaßnahmen und identiziert Schwachstellen und unter-
schiedliche Interventions- bzw. Verantwortungsebenen innerhalb des gegenwärtigen
Systems der Adipositasprävention.
Katja Aue von der Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (peb) geht in ihrem Bei-
trag der Frage nach, wie sich Jugendliche mit unterschiedlichem Aktivitätsverhalten
ernähren. Anhand der Ergebnisse verschiedener Untersuchungen vergleicht die
Autorin das Ernä hrungsverhalten körperlich aktiver Jugendlicher mit dem Verhalten
von Jugendlichen, die ein hohes Maß an Medienkonsu m – und damit vergleichsweise
wenig körperlichen Ak tivitäten – aufweisen. Dabei zeigt sich, dass akt ive Jugendliche
in ihrer Ernährung den al lgemeinen Empfehlungen tendenziell besser entsprechen als
weniger aktive. Jugendliche mit einer fernsehorientierten Freizeitgestaltung neigen
dazu, mehr Snacks, Süßigkeiten und Sodrinks zu verzehren, während der Konsum
IX
von Milchprodukten, Obst, Gemüse und Vollkornbrot im Vergleich geringer ausfäl lt.
Doch auch zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede, wie die empirische
Datenanalyse der KiGGS-Studie zeigt, wobei Mädchen tendenziell eine ernährungs-
physiologisch günstigere Auswahl treen.
Mit dem Blick des Kinder- und Jugendpsychiaters widmet sich Özgür Albayrak von
der Medizinischen Hochschule Hannover den Wechselwirkungen zwischen Ernäh-
rung, Körperfettmasse und Psyche. Viele Studien deuten auf Zusammenhänge von
Körperfett masse und Psychopathologie bei Probanden aus der Allgemeinbevölkerung.
Bei jugendpsychiatrischen Patienten zeigten sich statistisch signikante Zusammen-
hänge zwischen psychopathologischen Auälligkeiten und der Körperfettmasse,
was insbesondere für sogenannte internalisierende Störungen wie soziale Probleme,
Ängstlichkeit und Depression gilt. Eine mögliche Erklärung ist, dass das Fettgewebe
auf neuronaler Ebene pathogen wirken könnte. Doch nicht nur zwischen Körperfett
und Psyche, sondern auch zwischen aufgenommenen Nahrungsmitteln und der Psy-
che bestehen unmittelbare Zusammenhänge. Allerdings sind diese wenig erforscht.
Dass Darm und Gehirn in enger Verbindung stehen, gilt als erwiesen. Durch Nah-
rungsaufnahme kommt es zur Ausschüttung von Stoen, die Veränderungen in den
für Kognition und Emotionen zuständigen Gehirnzentren hervorrufen. In diesem
Zusammenhang steht auch das ema Food Addiction, dem der Beitrag zuletzt mit
der Frage nachgeht, ob und inwiefern Zucker und Fett abhängig machen.
Mit ihrem Beitrag über Stowechselstörungen im Ernährungsalltag erlauben die
Kinder- und Jugendmediziner Judith Kalus und omas Lücke von der Klinik für
Kinder- und Jugendmedizin der Ruhr-Universität Bochum einen Einblick in die
Schwierigkeiten, denen Jugendliche, die von Phenylketonurie betroen sind, tagtäg-
lich begegnen. Phenylketonurie ist eine Stowechselerkrankung, die eine strenge,
eiweißarme Diät erfordert. Während die Einhaltung der erapie im Säuglings- und
Kindesalter o unproblematisch und gut umzusetzen ist, kommt es in der Jugend,
wenn Erkrankte Eigenverantwortung für ihre Ernährung übernehmen, häug zur
Ablehnung und Nichteinhaltung der speziellen Diät. Jugendliche empnden die
Erkrankung häug als erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität, besonders
dann, wenn sie in ihrer Peer-Group außer Haus essen. Die jugendliche Neigung zu
risikoreichem Verhalten kann in diesen Fällen besonders problematisch sein. Regel-
mäßige Blutkontrollen können den Jugendlichen helfen, ihre Phenylalaninwerte
im Blick zu behalten. Wichtig ist, dass betroene Jugendliche frühzeitig über die
gesundheitlichen Folgen hoher Phenylalaninwerte aufgeklärt werden.
Burkhard Gniewosz vom Fachbereich Psychologie und Pädagogik an der Ludwig-
Maxi milians-Universität München nähert sich i n seinem Beitrag dem Jugendalter über
den Begri  der „Entwicklungsaufgaben“ – Aufgaben also, die sich in ei ner bestim mten
Lebensperiode stellen und die vom Einzelnen zu bewältigen sind. Zu dieser entwick-
lungspsychologischen Aufgabe zählt auch, sich ein eigenes Werte- und Normsystem
X
aufzubauen und die eigene Geschlechterrolle als Teil der Identitätsentwicklung zu
denieren. Auch die Bewältigung der Phase gesteigerten Risikoverhaltens gehört zu
den Entwicklungsaufgaben. Das Interesse am sogenannten sensation seeking steigt
bei Jugendlichen im Vergleich zu Kindern stark an und nimmt erst später wieder ab.
Das erklärt auch einen starken Anstieg beim Alkoholkonsum und eine Vielzahl von
risikoreichen Ernährungsweisen bei Jugendlichen.
Der Heidelberger Marketingforscher und Geschäsführer SINUS Markt- und Sozi-
alforschung GmbH, Manfred Tautscher, stellt in seinem Beitrag unterschiedliche
Lebenswelten von Jugendlichen anhand der SINUS-Milieus in Deutschland vor. Am
Beispiel der sogenannten demograschen Zwillinge wird deutlich, dass Menschen
gleichen Alters, mit ähnlichem Einkommen und ähnlichem Bildungsgrad in völlig
unterschiedlichen Welten leben können. Die SINUS-Milieus verdeutlichen, inwiefern
Werte den Lebensstil von Menschen beeinussen und dass sich Lebensstile entspre-
chend dem Wertewandel ändern. Der Beitrag stellt die unterschiedlichen Milieus
vor und leitet von dort über zu den Wertewelten der Jugendlichen, die von SINUS
entlang der Kategorien „Bildung“ und „Normative Grundorientierung“ konstruiert
sind. Die Unterschiede zwischen den Jugendlichen sind per denitionem nicht auf
Altersunterschiede zurückzuführen. Insofern unterscheiden sich Jugend-Milieus
von den Milieus des allgemeinen Lebenswelt-Modells, bei dem Altersunterschiede
eine Rolle spielen. Der Beitrag erläutert ausführlich die Jugend-Milieus, die sich in
„Konservativ-Bürgerliche“, „Adoptiv-Pragmatische“, „Expeditive“, „Sozialökologische“,
„Experimentalistische Hedonisten“, „Materialistische Hedonisten“ und „Prekäre“
unterteilen lassen.
Der Marketingforscher Ingo Barlovic von iconkids & youth blickt in seinem Beitrag
auf das ernährungsbezogene Konsumverhalten von Jugendlichen und Kindern aus
ökonomischer Perspektive. Die Gruppe der 6- bis 19-Jährigen gibt gegenwärtig im
Jahr etwa 20 bis 22 Milliarden Euro aus, wovon etwa 5 Milliarden auf Lebensmittel
entfallen. Frühe Konsumpräg ungen können mitunter über die gesamte Lebensspanne
hinweg konstant bleiben, wie Barlovic am Beispiel der „Nutella-Kohorte“ zeigt. Zu
den Determinanten, die das Ernährungsverhalten Jugendlicher prägen, zählt an
erster Stelle das Ernährungsverhalten der Eltern. So neigen beispielsweise die Kinder
gesundheitsindierenter Eltern verstärkt zu Übergewicht. Auch das Produkt selbst
spielt eine wichtige Rolle. Es muss gleichzeitig gut schmecken, gut aussehen und gut
riechen, um von Jugendlichen gemocht zu werden. Daneben spielen die Peer-Group
und das soziale Herkunsmilieu als Determinanten des Ernährungsverhaltens eine
entscheidende Rolle.
Beate Großegger vom Wiener Institut für Jugendkultur forschung geht der Frage nach,
inwiefern Jugendliche a ls Trendsetter die Gesellscha verändern und w ie gesellscha-
liche Großereignisse wiederum als Epochenerfahrungen ganze Jugendgenerationen
prägen. Die heutige Jugend, die vor allem durch die Erfahrung der gesellschalichen
XI
und politischen Krise geprägt ist, sucht nach Ansicht Großeggers Ablenkung im Life-
style. Jugendliche sind sehr exibel und oen gegenüber neuen Lebensst ilen. Dabei ist
den Jugendlichen bewusst, dass ihnen von außen permanent Flexibilität abverlangt
wird, denn das Flexibilitätsparadigma, das die Wirtscha prägt, wirkt sich auch auf
den Alltag aus. Doch wie prägt die Jugend die Gesellscha? Jugendliche reagieren
mit trendanen Handlungsmustern und Stilen auf die Welt, die sie umgibt. Sie
interpretieren ihr Umfeld und konstruieren etwas daraus. Jugendkulturelle Trends
werden häug als frühe Boten des Zeitgeistes verstanden, die eine kommerzielle
Komponente aufweisen. Das tri auch auf Ernährungstrends zu, wie der Beitrag
anhand von zahlreichen Beispielen anschaulich erläutert.
Der Jugendforscher Bernd-Udo Rinas beleuchtet das Phänomen des Veganismus aus
der gegenwartdiagnostischen Perspektive der Postmoderne. Die Postmoderne, die
tradierte Wertvorstellungen dekonstruiert, konfrontiert das Individuum mit der
Freiheit und dem Zwang, im Kontext der Beliebigkeit selbst zu entscheiden. Unein-
deutigkeit und Plura lität prägen die gesellschalichen Wertvorstel lungen ebenso wie
die Handlungsoptionen des Einzelnen. Auch nichtanthropozentrische Vorstellungen,
die den Menschen als eine unter vielen gleichberechtigten Spezies verstehen, sind
gesellschalich akzeptabel und bieten Entfaltungsspielräume für den Veganismus,
der in Verzehr und Nutzung tierischer Produkte die unrechtmäßige Ausbeutung des
Tieres durch den Menschen sieht. Der Beitrag nennt diese und weitere Begründungen
für den Veganismus und verortet diese ideengeschichtlich anhand von zahlreichen
Beispielen aus der Praxis.
Steen Schaal von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Silke Bartsch von
der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe widmen sich dem Problem, dass Jugend-
liche ihre Nahrungsmittel häug als ein Konsumgut unter anderen Konsumgütern
erleben, die immer und überall verfügbar sind. Dies führt dazu, dass Jugendliche o
wenig über Herkun und Erzeugung von Lebensmitteln wissen. Ein Bildungsziel der
Ernährungs- und Verbraucherbildung ist daher, die Wertschätzung von Lebensmittel n
durch den Verbraucher zu erhöhen, wozu der Begri der „Inwertsetzung“ eingeführt
und konzeptionell ausgelegt wird. Der Beitrag dokumentiert die Entwicklung und
Umsetzung des Projektes MILE (Move, Interact, Learn, Eat), das – als sogenanntes
Geogame – den geographischen Raum mithilfe mobiler Endgeräte wie Smartphones
als Spielfeld nutzt. Spielende werden per GPS an (Lern-)Orte geführt, an denen sie mit
dem unmittelbaren Umfeld interagieren, Informationen erhalten und unterschied-
liche Aufgaben lösen. Erlebnisse, Eindrücke und Ergebnisse können die Teilnehmer
über soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter verbreiten. MILE soll in mehreren
Regionen Baden-Württembergs entstehen und Jugendlichen die Möglichkeit bieten,
die regionalen Wertschöpfungsketten von Lebensmitteln zu entdecken.
Dieser Band richtet sich an Fachleute, Wissenschaler und Multiplikatoren, die
im Schnittbereich Jugend, Ernährung und Gesundheit neue Denkanstöße und
XII
Anregungen suchen. Unser Dank gilt allen, die zum Gelingen dieses Bandes beigetra-
gen haben: allen voran der Plattform Ernährung und Bewegung e.V. (peb), vertreten
durch Dr. Andrea Lambeck. Ebenso danken wir allen Autorinnen und Autoren, die
ihre Beiträge teilweise intensiv überarbeitet haben sowie Monika Cremer, Idstein, für
das gründliche Lektorieren und ihr Mitwirken beim Redigieren des vorliegenden
Bandes.
Unseren Lesern wünschen wir eine spannende wie erkenntnisreiche Lektüre, die
einen sensibilisierten und erweiterten Blick auf das ema Jugend, Ernährung und
Gesundheit ermöglicht und freuen uns über Kommentare und Feedback.
Heidelberg, Januar 2016
Dr. omas Schröder, Dr. Rainer Wild-Stiung
Dr. Andrea Lambeck, Plattform Ernährung und Bewegung e.V.
ResearchGate has not been able to resolve any citations for this publication.
ResearchGate has not been able to resolve any references for this publication.