Die soziale Erleichterung wird bereits seit mehr als hundert Jahren erforscht. Zahlreiche Studien unterstützen die Hypothese, dass die reine Anwesenheit einer weiteren Person dazu führt, dass Personen schneller und besser arbeiten. Dieser Effekt kann für eine große Auswahl an Spezies (Menschen, Katzen, Kakerlaken usw.) und ein weites Spektrum von Aufgaben (für Menschen beispielsweise: kopieren, erinnern, laufen usw.) nachgewiesen werden. Allerdings konnte ebenfalls gezeigt werden, dass für bestimmte Aufgaben die Anwesenheit einer weiteren Person zu einer Verschlechterung der Leistung führt (für einen Überblick siehe Bond & Titus, 1983).
Eine mögliche Erklärung für diesen Widerspruch bietet Zajonc (1965), der annimmt, dass die physikalische Anwesenheit eines Artzugehörigen Antrieb oder Erregung erzeugt. In Einklang mit Zajoncs Beobachtung nimmt die Antriebstheorie von Hull und Spence (vgl. Spence, 1956) an, dass Antrieb einfache, gut gelernte und instinktgemäße Antworten erleichtern, während schwere, schlecht gelernte und nicht instinktgemäße Antworten erschwert werden.
Baron (1986) nimmt im Gegensatz dazu an, dass soziale Anwesenheit ablenkend ist und die Person mit kognitiver Überlastung bedroht, welche wiederum eine Einschränkung des Aufmerksamkeitsfokusses zur Folge hat. Diese Einschränkung des Aufmerksamkeitsfokusses erleichtert die Performanz indem nicht relevante Stimuli ausgeblendet werden, wenn die Aufgabe einfach ist und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf eine kleine Anzahl zentraler Stimuli erlaubt; die Performanze wird allerdings verschlechtert, wenn die Aufgabe komplex ist und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf einen weiten Bereich von Hinweisreizen notwendig macht.
Drei Experimente wurden durchgeführt, um zu spezifizieren, welche Theorie in welchem Kontext die angemessenere ist. Dem experimentellen Vorgehen von Huguet, Galvaing, Monteil und Florence (1999) folgend, wurde die Stroop-Aufgabe (Stroop, 1935) in Experiment 1 und 2 eingesetzt. Wie erwartet wurde der Stroop-Effekt substantiell in der Bedingung mit sozialer Anwesenheit, gegenüber der Bedingung in welcher alleine gearbeitet wurde, vermindert. Jedoch erhielt eine Alternativerklärung, in welcher die soziale Anwesenheit einen Effekt auf die Aufgabenselektion ausübt, mehr Unterstützung. Entsprechend dieser beiden Experimente sind die Stroop-Effekte in einer bestimmten Bedingung als ungewöhnlich groß (kritische Bedingung) anzusehen. Diese kritische Bedingung beinhaltet die Anforderungen sich einen Eindruck von der Stroop-Aufgabe zu bilden, einen Unterschied im intrinsischen Interesse und der Unterscheidbarkeit zwischen den Stimuli, welche in den kongruenten und inkongruenten Durchgängen Anwendung finden, sowie darüber hinaus die Abwesenheit von Ablenkung in der Alleine-Bedingung (Klauer, Herfordt & Voss, 2008).
Zajoncs (1965) Ansatz von sozialer Erleichterung entsprechend sollen automatische Reaktionen verbessert werden, sofern eine weitere Person anwesend ist. Da es nicht absolut sicher ist, welche Reaktion die automatische Reaktion bei der Stroop-Aufgabe darstellt (Besner, Stolz & Boutilier, 1997), wurde in einem dritten Experiment eine Antisakkadenaufgabe verwendet. Bei der Antisakkadenaufgabe kann klar zwischen der Prosakkade, bei welcher die dominate Reaktion die richtige Reaktion darstellt und der Antisakkace, bei welcher die dominante Reaktion die falsche Reaktion darstellt, unterschieden werden. Nach Zajonc (1965) sollen demnach Prosakkaden in der Anwesenheit einer weiteren Person erleichtert werden, während im Gegensatz dazu Antisakkaden bei Anwesenheit einer weiteren Person erschwert werden sollen. In Experiment 3 konnte dieser Effekt für die Prosakkade gezeigt werden; für die Antisakkade zeigte sich allerdings kein Effekt.
Zusammenfassend reihen sich diese Befunde in die Reihe inkonsistenter Befunde in diesem Forschungsgebiet ein und unterstützen die Annahme, dass es sich beim Effekt der sozialen Erleichterung um einen kleinen Effekt handelt. Von einem positiveren Standpunkt aus kann zusammfassend festgehalten werden, dass soziale Anwesenheit einen Effekt auf die Aufgabenselektion hat und dass soziale Erleichterung für Prosakkaden gefunden werden kann, selbst wenn sehr restriktive Experimentalmethoden zur Minimierung von Evaluationsbefürchtungen zum Einsatzt kommen.