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Prag-MiSkovice
Archäologische und naturwissenschaftliche
IJntersuchungen zvt Grabbau,
Bestattungssitten und Inventaren einer
frühbron zezeitlichen Nekrop ole
VON
MrcHAr snNÉE (ME)
MIT BEITRNCNN UND UNTER MITARBEIT VON
JARoSLAV rnÁNn (JF), ITETER M. cRooTES (pMG), MARTTN H,Á.¡er (MH), eAReEr- HEUSSNER (BH),
JARoSLAV urnvÁc (JH), coRrNNA KNrppER (cK), IETR r<ocÁn (pK), MrRosr-av rnÁlÍr< 1ur<¡,
nENÉ r<vssrY (RK), JAKUB LrKovsKY (Jr), RNtoNÍN MAJER (AM), JoHN MEADo\øs (JM),
MARrE-JosÉr, NRonAU (MJN), ERNST IERNTcKA (Ep), KNUT RASSMANN (KR),
zoFrt ANNA sTos-cALE (zsc), IETRA srnÁNsr<,{ GS), JAN znvknr ç¡z¡.
VERLAG PHILIPP VON ZABERN ' DARMSTADT . 201.5
nÓulscH- GERMANISCHE FoRSCHUNGEN
BAND 72
ROMISCH- GERMANISCHE KOMMISSION
DES DEUTSCHEN RncHÂoLoGISCHEN INSTITUTS zU FRANKFURT A. M.
Leider kommt es bei der histologischen Altersbestimmung
Lfolge von Erkrankungen zu größeren Abweichungen bei
:r Bestimmung des Lebensalters. Im Zusammenhang mit
3r fortgeschrittenen Zersetzung der inneren Struktur des
nochens kann es dann wie im Falle von Grab 2l zu einer
Interschätzung des erreichten Lebensalters führen. Eine
tberschätzung des Lebensalters wie bei Grab 13 hängt
ohl ebenfalls mit der schlechten Erhaltung der Knochen
Lrsammen. Da eine Generallamelle, die auf ein junges In-
ividuum hingewiesen hätte, im histologischen Bild nicht
rehr erkennbar waÍ, wurden die Osteone ausgezählt, was,
'ie bereits im einleitenden Teil begründet, zu einer Verfäl-
:hung des Lebensalters führte. Bei den Gräbern 18 und 19
t die Abweichung nicht so gravierend: Bei Grab 18 deutet
.rch die makroskopische lJntersuchung mit einem leicht
rgenutzten Dauergebiss eher auf ein Alter ab 20 Jahre hin'
rr anthropologischen lJntersuchungsbericht fi ndet sich kein
.nhaltspunkt auf noch nicht verschlossene Epiphysenfugen.
.uch bei Grab 19 sind keine Anzeichen auf noch offene
piphysenfugen notiert; die 3. Molaren waren wohl noch
icht durchgebrochen (?), wobei hier auch kein Hinweis auf
STRONTIUM- UND SAUERSTOFF-ISOTOPENANALYSEN 207
die Entwicklung der Molarenwurzel beobachtet wurde. Die
histologische lJntersuchung weist auf ein Alter von ca. 25
Jahren hin; abzüglich von vier Jahren Standardabweichung
könnte das erreichte Lebensalter um 20 Jahre liegen.
\Øeitergehende Analysen waren leider nicht möglich,
weil nicht das gesamte Skelettmaterial untersucht worden
ist. Da sowohl die makroskopische Bestimmung als auch die
mikroskopisch-histologische Analyse durch den schlechten
Erhaltungszustand eingeschränkt waren' ist es doppelt pro-
blematisch, dass beide lJntersuchungen durch verschiedene
Personen durchgeführt worden sind. Selbst die Probenent-
nahme für die histologischen lJntersuchungen erfolgte durch
Dritte, sodass auch Verwechslungen nicht hundertprozentig
auszuschließen sind.
Abschließend sei betont, dass die Ergebnisse sowohl der
makroskopischen wie auch der mikroskopisch-histologischen
IJntersuchungen von der schlechten Erhaltung des Skelett-
materials stark negativ beeinflusst sind. Dennoch stellen die
unterschiedlichen Methoden eine gegenseitige Ergänzung dar.
In Zukunft ist es jedoch erstrebenswert, alle lJntersuchungen
von demselben Anthropologen durchführen zu lassen.
STRONTIUM_ UND SAUERSTOFF-ISOTOPENANALYSEN (CK)
ErNrBrtuNc
eit Anfang der l99Oer Jahre kommen Isotopenanalysen
rrmer häufiger zLtmEinsatz, um aus Skelettresten Infor-
rationen über Residenzwechsel von Menschen oder zuTiet-
altungspraktiken zu erhalten. Inzwischen sind sie fester
iestandteil interdiszipli när er, archäologisch-anthropologi-
cher Forschungen4e8. Auch im Falle des frühbronzezeitli-
hen Gräberfeldes von Prag 9-Miðkovice wurden Strontium-
Lnd S auers tof f -I s otop enan alys en am Zahns chmelz an einer
\.uswahl der Gräber durchgeführt, um Aufschluss über die
lusammensetzung der Bevölkerung zu gewinnen, die den
I estattungsplatz nutzte49e .
Von den vier verschiedenen stabilen Isotopen des Spu-
renelementes Strontium ist 87Sr von zentraler Bedeutung für
den Nachweis von Mobilität. Es entsteht durch radioaktiven
Zerfalldes Isotops 87Rb (Rubidium), wodurch sich sein Anteil
am Gesamtstrontium - ausgedrückt als Verhältnis zum Isotop
s6sr - im Laufe langer geologischer Zetträume verändert500.
Heute ermittelte 8zSrl86Sr-Verhältnisse von Gesteinen resultie-
ren deshalb aus deren Alter und dem ursprünglichen Gehalt
an Rubidiums0l. Strontium wird biologisch verfügbar, indem
es im Zuge der Verwitterung von Gesteinen aus dem \Øasser
und dem Boden von P Ílanzen aufgenommen und an Tiere und
Menschen weitergegeben wird502. Dabei verändern sich die
Isotopenverhältnisse nicht durch Fraktionierung, d' h. durch
die Bevorzugung eines der Isotope bei kinetischen Prozessen
MBtrroorscrrr GRUNDLAGEN voN STRoNTIUM-
UND SAUERSTOFF- IS OTOPENANALYSEN
)ie Isotopenverhältnisse von Strontium (Sr) und Sauerstoff
O) im menschlichen Zahnschmelz sind voneinander unab-
rängige Indikatoren für Residenzwechsel bzw Mobilität.
Mährend das Spurenelement Strontium im Zusammenhang
nit den geologischen Verhältnissen der Herkunftsregion eines
y'Ienschen steht, hängen die Sauerstoff-Isotopenverhältnisse
,or allem von der Temperatur, aber auch von der Höhen-
rnd Breitenlage ab.
ae8 Mrrrnn/Arr 2010.
4ee Ich danke Herrn Dr. Michael Bn.quNs, Frau Sigrid Kt¡.us und Herrn
Bernd HöppNnn für die Durchführung der Strontium-Isotopenanalysen
am Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim sowie
F{errn Bernd Stnrxurrnnn und Herrn Dr. Heinrich Taun¡.ro (Institut
fùr Geowissenschaften, Universität Tübingen) für die Bestimmung der
O-Isotopenverhältnisse. Darüber hinaus bin ich Herrn Prof. Kurt V. Arr,
Herrn Piof. Bernd R. Scuö¡rr und Herrn Prof. Frank Srnocro (Institut
für Anthropologie bzw. Institut für Geowissenschaften, Universität Mainz)
filr die IvtOglichkeit zur LabornLltzung zú herzlichem Dar,rk verpflichtet.
5oo EnrcsoN 1985; F.+unr 1986.
501 Krqrpppn 2004; BrNrrav 2006.
so2 CAPo u. a. 1998.
208 NATUR\øISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN
210 1B
M1
t1
12 oben
12 unten
c
P1
P2
M2
M3
42246810246810121416
Monate vor Monate nach Jahre nach der Geburt
der Geburt der Geburt
^bb.1,22. Mineralisationszeiträume der Zahnk¡onen des menschlichen Dauergebisses. In den Zahnschmelz eingelagerte Haupt- und
gehen jeweils auf diese Abschnitte der Kindheit zurück (Grafik C. Knipper; Daten nach Scr¡un.q.cnnn 1990; ScHnononx1.992;Orzn2003).
42 2 4 6 I 10 4h12 14 16
ln
oder chemischen Reaktionen503. Bei Tieren und Menschen
erfolgt der Einbau von Sr vor allem anstelle von Calcium in
der Mineralphase (Hydroxylapatit) der biogenen Hartgewebe
von Zähnen und Knochen. Die Einlagerung in den Zahn'
schmelz findet während der Ausbildung der Zahnkronen
zwischen der Geburt und dem Jugendalter statt, wobei die
verschiedenen Zähne jeweils festgelegte Abschnitte dieses
Zettraumes repräsentiere n (Abb. 1221s0+ . Der Zahnschmelz
speichert als ,,Archiv der Kindheit<505 bis über den Tod hinaus
Informationen zur Flerkunft der Nahrung und - den Konsum
vor Ort produzierter Lebensmittel vorausgesetzt - über die
Region, in der eine Person ihre ersten Lebensjahre verbrachte.
Im Gegensatz ztm Zahnschmel z wird Knochen zu Leb-
zeiten ständig umgebildet, sodass nach einem Ortswechsel
Strontium mit abweichender isotopischer Zusammensetzung
eingelagert wird. Allerdings ist Knochen ebenso wie Zahnbein
(Dentin) in stärkerem Maße diageneseanfällig, sodass die
Sr-Isotopenverhältnisse oft durch die unmittelbare Grab-
umgebung überprägt werdens06. IJm einen Ortswechsel
eines Individuums nachvollziehen zu können, werden die
Sr-Isotopenverhältnisse des Zahnschmelzes ortstypischen
Vergleichsdaten gegenübergestellt. Dies können Knochen der
menschlichen Bestattungen selbst, Zahns chmelz lokaler Fauna
oder auch rezente Vegetations- oder tü/asserproben sein, wobei
jede dieser Probenarten Vor- und Nachteile har507.
Die Variation der Sauerstoff-Isotopenverhältnisse (ð18O)
im Niederschlags-, Oberflächen- und Grundwasser ist von
den geologischen Bedingungen unabhängig. Stattdessen
bewirkt Fraktionierung Veränderungen seiner isotopischen
Zusammens etzlngin Abhängigkeit von der Temperatur, der
Höhenlage und dem Abstand von der Meeresküstes08. Mit
18
weiteren stoffwechselbedingten Alterationen wird Sa
aus dem Trinkwasser und der Nahrung in der
(PO) und dem strukturellen Karbonat (CO,) des Hydro
xylapatits von Zahnschmelz und Knochen gebunden50e
lineare Regressionsgleichungen kann auf die ô18O-\Werte de
aufgenommenen Trinkwassers (ð18O,n* = meteoric
geschlossen werdensl0. \X/eil die Isotopenfraktionierung
artenspezifi sch dienen der Regel nicht die ô180
t,1S
des Zahnschmelzes von Faunenfunden als Vergleich, son
dern vielmehr Sauerstoff-Isotopenverhältnisse von rezen
Niederschlags- und Flusswasser. Bei der Interpretation
Analysedaten des menschlichen Zahnschmelzes sind
fristige Klimavariationen, saisonale Unterschiede der Sau
erstoffisotopie, Veränderungen durch die Zubereitung
Speisen und Getränken511 und tatsächlich ortsspezifi
Signale gegeneinand er abzuwagen.
Probenmaterial
Von den Gräbern aus Miðkovice wurden elf Individuen
Beprobung ausgewählt (Abb. 123). lJnter Flinzuziehung
503 Hevcs 1982; Ger-ruov 1985.
s04 Scnur,¡,q.cnen u. a. 1990; Scnnono¡n 1992; OLzx t. a.2003;
soN 2005.
sos Gnupa 1998.
s06 Honx/Mürren-Souxrus 1999; NnnucH u. a. 2009.
507 Price u. a.2002; Ever,rs/TA.rH.A,Àa 2004.
508 Roze¡¡srr t a. 1,993; STEIHAN 2008.
5oe P¡rl¡cnrut v a. 2011.
s10 D.q.ux u. a, 2008; CHrNnnv r. a. 201.0; Krqrppnn 2011.
sr1 D,nux u. a. 2008; BnBtterr t. a.201,2.
¡
¡innerhalb
niedriger
höher A0
1., c29
c
42 g O 0lre
0
1t
ê0
STRONTIUM- UND SAUERSTOFF-ISOTOPENANALYSEN 209
25m
und zwei als männlich bestimmt werden, während bei einem
Individuum keine Geschlechtsbestimmung möglich war. Bei
zwei Individuen (Gräber 33 und 16) beruht die Geschlechtsbe-
o" F
O
oa_ o
Abb. 123. Prag-Miókovice. Lage der mittels Sr- und O-Isotopenanalysen untersuchten Bestattungen. Die Schattierungen zeigen die Sr-Isotopenver-
hältnisse des Zahnschmelzes im Vergleich zum ortstypischen'Wertebereich, der auf der Basis von Tierknochen ermittelt wurd e (875r/865r-Zahnschmelz
im Vergleich zur Variationsbreite des Mittelwertes + 2o der Tierknochen) (Gra6k M. Ernée; Daten C. Knipper).
Kriterien der physischen Anthropologie (5. 168-195) und
aDNA-Analysen (S. 202-204) sowie Anhaltspunkten aus
der Grabausstattung konnten acht von ihnen als weiblich
0E
8
210 NATUR\øISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN
Ta6.29. Prag-Miðkovice. Ergebnisse der Sr- und O-Isotopenanalysen. Die Benennung der Zähne folgt dem FDI-Schema (Fédération
Internationale).
wurden allseitig tiefgründig von der Oberfläche und anhaf
tendem Dentin befreit und in einem Achatmörser
und homogenisiert. Bei den vier optisch am besten
Zähnen wurde - ebenfalls durch Bohren - eine Probe
Kronendentins entnommen. Die weitere Aufbereitung für
und O-Isotopenanalysen erfolgte jeweils an etner
von zehn bis zwölf Milligramm Pulver.
Zur Entfernung diagenetischer, leicht löslicher Karbona
und des darin enthaltenen Strontiums wurden die Sr-
proben in aufeinander folgenden Arbeitsschritten für
10 min in 1,8 ml Reinstwasser, in 0,1 M mit Li-Acetat
ferter Essigsäure (pH 4,5) und dreimal in Reinstwasser
Ultraschallbad aufgereini gt, zentrifugiert und der
verworfen. Nach der Veraschung zur Entfernung
Bestandteile (3 h bei 850'C) erfolgte die Abtrennung
Sr mittels Sr-Spec-Harz Ltnrer Reinraumbedingungen.
Sr-Konzentration der entstandenen Lösung wurde mi
AunsnnnrtuNc uND ANervsr
DER ISOTOPENPROBEN eines Quadrupol-ICP-Massenspektrometers (Inductivel
Coupled-Plasma) bestimmt und die Isotopenverhältnisse
einem Multikollektor-ICP-Massenspektrometer (VG
stimmung ausschließlich auf archäologischen Kriterien. Acht
Individuen erreichten verschiedene Stufen des Erwachsenen-
alters, während vier im Kindes- oder Jugendalter ab zehn
Jahren verstarben (5. 16s-195; Tab. zs). Analysiert wurde
jeweils der Schmelz eines Zahnes pro Individuum, wobei die
Zähne von unterschiedlichen Positionen im Gebiss stamm-
ten. Dentinproben aus den Kronen von vier Zähnen sollten
Anhaltspunkte für die Isotopenverhältnisse des unmittelbar
vor Ort im Bodenwasser gelösten Strontiums geben. Die-
sen Vergleichsproben sind außerdem je ein Knochen eines
Hasen, eines Nagetiers und eines Hausschv¡eins sowie der
Zahnschmelz eines Flausschweins aus hallstattzeitlichen Sied-
lungsgruben zur Seite zu stellen. Insgesamt umfasst die Studie
19 Strontium- und elf Sauerstoff-Isotopenprobe n. Letztere
stammen ausschließlich von Zahnschmelz.
Die Zähne wurden zunächst mit Reinstwasser im Ultra-
schallbad gereinigt. Anschließend erfolgten die Entfernung
der Schmelzoberfläche mit einem Dentalbohrer sowie die
Entnahme der Proben als Pulver oder Schmelzstücke. Lerztere
ermittelt sowie gemäß des exponentiellen
rungsgesetzes auf 885r/865 r = 8,375209 korrigiert. Der
zeitmittelwert + 2 o des Eimer E¿ Amend-Standards (
õ1800 in
%o vs.
VSMOW
õr8oo in
%o vs.
VSMOW
norm. auf
NBS 120c
z
ô
G
o
I
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Ø
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I
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1
o
CL
o
G
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I
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o
Ø
o
(9
Probe
o,71129 r0,00003 17.15 17,11
ad ll-mat IF? FZahnschm Zahn27 0,03
\,ltsK-M I 14Mensch 35-50 o,71076 i0,00004
F? FDent¡n Zal\n 27
\illSK-lvl 1 2 4Mensch 35-50 ad ll-mat I
r0,00004 17,39 17,35
F F Zahnschm Zahn 16 0,70943 0,04
\4tsK-l\,4 2 flvlensch 20-30 adult IF?
+0,00004
FFDentin Zahî 16 0,70993
Il\y'ensch 20-30 adult IF?
\4tsK-M 2 217,30
Zahnschm Zahn 36 0,70993 r0,00004 0,05
13 Mensch Nov '13 infans lll unbestimmb F
\¡tsK-M 31 Dentin Zahn 36 0,70896 r0,0001 0
Mensch Nov 13 ¡nfans lll unbest¡mmb F
\illSK-lVl 3 2'13
'17,58
Zahn 36 0,71600 r0,00003 't7,62 0,36
Mensch 30-50 ad ll-mat Iindifferent t\4 Zahnschm
MISK-IV]4 116
Zahn 28 o,71201 r0,00003 16,64 16,60 0,08
14-20 juven¡l unbestimmb F? FZahnschm
MtsK-tvl 5 f 18 l\4ensch 0,71182 +0,00002 17,26 17,22 0,10
iuv -ad Iunbestimmb Meher l\y' Zahnschm Zah¡23
MISK-M 6 120 lvlensch
0,7 1 036 r0,00005 17,60 17,56 0,13
unbest¡mmb Feher FZahnschm Zahn26
[.,ltsK-M 7 127 Mensch ca 10 ¡nfans lll
0,7089'1 r0,0000 116,57 16,54 0,11
FZahnschm Zahn'16
[.i1lsK-l\il I 129 Mensch 2540 adu r0,00004 16,03 '15,99 0,07
eher MZahnschm Zahn 38 0,71068
l\illsK-l\,4 9 132 l\4ensch 50-60 mâtur ll i nd¡fferent r0,00006 15,98 '15,94 0,04
FZahnschm Prämolar o,71037
33 lvlensch über 35 adult ll indifferent
t\4tsK-M 10 1
16,55 16,51 0,07
FZahnschm Zahn 48 0,71345 r0,00004
42 Mensch 20-30 adult IF
t\,îtsK-M 11 1
FDentin Zahn 48 o,7't201 r0,00002
Mensch 20-30 adult IF
tvltsK-t\¡'112 42 Knochen o,71002 r0,00008
Hase
MISK-T,1 1040i8/01 Schâdel 0,70999 r0,00003
Knochen
VIISK-T 2'1040/8/06 Nagetier
M2 unten links 0,70843 r0,00002
Zahnschm
VISK-T 31040/B/06 Hausschwein r0,00006
Knochen Metâpodium 0,71 055
\,1tsK-T 41to1tNo6 Hausschwein
2009-Aug. 2010; 1,42 Analysen) liegt bei 0,70802 + 0,000
(laborübergreifender Mittelwert: 0,7 08027 + 0,000035 [1o]) tt'.
Der Blindwert lag für alle Arbeitsschritte im Reinraum unter
1O pg Sr. Die Abtrennung von Sr und die Analysen erfolgten
im Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie in Mannheim,
Deutschland5l3.
Gegenstand der O-Isotopenanalysen in dieser Studie war
der in der Phosphatgruppe (PO) des Hydroxylapatits ge-
bundene Sauerstoff. Aus den pulverisierten Proben wurden
zunächst knocheneigene und knochenfremde Fette, Eiweiße
und Huminstoffe durch eine 24-stündige Reaktion mit Natri-
umhypochloridlösung (NaOCl; 2,5 "/"; 1.,8 ml) und anschlie-
ßende 48 -stündige Einwirkung von Natriumhydroxidlösung
(NaOH; 0,I25 mol;1,8 ml) auf einem Schütteltisch entfernt514.
Nach jedem Aufreinigungsschritt erfolgte eine dreimalige
Spülung mit Reinstwasser. Der verbliebene Hydroxylapatit
wurde anschließend mit 800 pl 2 N Flusssäure (HF) versetzt,
nach 24 h zentrifugiert und der Überstand mit den gelös-
ten POn-Ionen in ein neues Probengefäß überführt. \Øenige
Tropfen Bromthymolblau dienten als Farbindikator bei der
Neutralisation mit ca. 145 pl Ammoniak. Durch Zugabevon
800 pl Silbernitrat erfolgte anschließend die Fällung gelber
Silberphosphatkristalle (AgrPO), in denen die zu analysie-
renden POo-Moleküle gebunden waren. Die Kristalle wurden
viermal mit Reinstwasser im Ultraschallbad gespült, bei 50' C
über Nacht getrocknet und in Silberkapseln eingewogen515.
Jede Messung erfolgte als Triplikat. Das AgrPOo wurde mit
einem TC-EA (High-Temperature Conversion-Elemental
Analyzer) über Graphit zu CO reduzíen und mit einem
Helium-Gasstrom durch einen Gaschromatographen in ein
Gasmassenspektrometer (Delta Plus XL) geleitet, in dem die
O-Isotopenverhältnisse bestimmt wurden516. Die Kalibration
auf den internationalen Standard VSMO\ø (Vienna Standard
Mean Ocean \Øater) erfolgte über die laborinternen Stan-
dards TU-1 (2I,11 %'), TU -2 (5,35 %'), 130 -0.5 -l (-1,13 %ù
und t30-0.s -9 (8,42%). Die Standardabweichung für die
Einzelmessungen lag bei unter + 0,3%o. Die Daten wurden
auf die mit den Proben präparierten Standards NBS 120c
(ô180 = 21,7 %ù normalisiert. Die Fraktionierungskorrektur
für den Vergleich mit den O-Isotopenverhältnissen des Nie-
derschlagswassers erfolgte nach der Gleichung von LBvrNsoN
u. a.s17 mit standardabhängiger Korrektursls.
G e olo gisch e Verh ähnisse
wnd lo þ, ale Ve r gle ich s daten
Die Umgebung von Mi5kovice ist von würmeiszeitlichem
Löss geprägt, Er dominiert die Landschaft im lJmkreis von
zwei bis drei Kilometern und damit auch die potentiellen
ackerbaulichen Nutzflächen, wenn man davon ausgeht, dass
die zum Bestattungsplatz gehörige Siedlung in der näheren
Umgebung lag. Der Löss überdeckt kreidezeitliche Sedimente
(Sandsteine, Konglomerate, Ton, Schieferton) sowie geologisch
211
sehr alte Gesteine des Proterozoikum (Grauwacke, Schiefer
und Siltstein), die vor allem im Tal des Mratinskf-Baches
angeschnitten werden s19.
Die Charakterisierung der Isotopenverhältnisse des biolo-
gisch verfügbaren bzw. des im Bodenwasser gelösten Stron-
tiums ist vergleichsweise kompliziert, da die verschiedenen,
dafür zur Verfügung stehenden Probenarten in unterschied-
lichem Ausmaß variierende Isotopenverhältnisse erbrachten
(Abb, 124). Den engsten \Øertebereich umschreiben die drei
Tierknochen (Mittelwert + 2 o:0,79556 bis 0,71082). Dieser ist
gut mit größeren Datenserien aus anderen Lösslandschaften
wie z. B. Südwestdeutschlands20 oder Bayerns2l vergleichbar.
Die nächsten Vergleiche aus Böhmen stammen von mensch-
lichen Knochen glockenbecherzeitlicher Bestattungen aus
Velké Piilepy und KnèZeves in ca. 1,7 bzw.21kmDistanzs22.
Obwohl beide Fundstellen ebenfalls auf Löss liegen, sind
die Isotopenverhältnisse der Knochen recht variabel und
möglicherweise zum Teil durch die Ortsfremdheit der un-
tersuchten Individuen geprägt. Der ebenfalls zu Vergleichs-
zwecken untersuchte Zahnschmelz eines Hausschweins aus
einer hallstattzeitlichen Siedlungsgrube erbrachte mit 875r/865r
= 0,70843 den niedrigsten \Øert der gesamten Probenserie.
\Øeil er auch weniger radiogen ist als charakteristische Iso-
topenverhältnisse von Proben aus anderen Lösslandschaften,
soll er an dieser Stelle nicht in das Spektrum ortstypischer
\Øerte einbezogen werden. Vielmehr scheint es sich bei dem
untersuchten Tier um ein ortsfremdes Individuum zu handeln,
was jedoch durch eine größere Probenserie abzusichern wäre.
Zur,Lbgr enzung der ortstypischen Is otopenverhältnisse
ebenfalls wenig geeignet scheinen die Dentinproben von vier
Zähnen aus Miðkovice. Sie stâmmen von Zahnkronen mit
sehr variablen Isotopenverhältnissen des Zahnschmelzes und
sind als Mischwerte zwischen der Isotopie des im Schmelz
dokumentierten biologisch verfügbaren Sr des Ortes der
Kindheit und des gelösten Sr im die Skelette umgebenden
Sediment der Grabfüllungen zu werten. Ein Bezug auf die
Variationsbreite der Isotopenverhältnisse der Dentinpro-
ben würde die Variation des biologisch verfügbaren Sr in
MiSkovice wahrscheinlich überschätzen.
512 Mü¡-lEn-SoHNrus 2002.
s13 Vgl. KNrllnx u. a.201,2b; At t a.201,2.
s14 SrspHlN 1999; KNrrran 201,1,; A¡,r v a.201,2
sr5 Türrrn u. a.2006; o¡ns. u. a. 2007.
s16 VSNNTBÀ4.,rN¡¡ u. a. 2002.
s17 LrvrNsor.r u.a. 1987.
518 CrrnNrnv u a.20L0.
5re Vgl. Hevríðnr 1990
520 Krqrppnn 201,1,, 2381f . mit weiterer Literatur.
521 Brcrrn va.201,1,.
s22 Pnrcn v a.2004,Tab.2.
STRONTIUM- UND SAUERSTOFF-ISOTOPENANALYSEN
Gr.18
M-2o a
Gr.33*
,35 o
Gr.42
20-30
Gr.4
35-50
Gr.13
11-13 o
Gr.27
ca. 10
o
Gr.29
25-40
weiblich
erwachsen we¡bl. nicht
erwachsen
Gr.20
jru.- (D
adult
o
Gr. 16*
30-50
mann-
lich
Gr.32
50-60
o
in-
d¡f.
Vergleichsdaten
CL
I
À
.o
I(l)
(D n"ur-
o
schwein
o
O
tt,
o
o
,N
rO
c
Y
MiSkovice
Haus-
schwein
o
Nao
ti; Q Hase
Weitere
Umgebung
212 NATUR\øISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN
0,7140
0,7130
0,7120
0,7110
U'
@
@
U'
F
@0,7100
0,7090
0,7080
0,7070 *:1.:.:
co (f) l.- rf)
**g¿
9.ØØu) +<o
**
u) u)
oi
Y
U)
Í)Nt
FFFF
YY\¿Y
9.ØØu)
Weiblich erwachsen Männlich lndifferent erwachsen
I Zahnschmelz
Fauna/Vergleiche
I Zahnschmelz
Q Knochen
I Zahnschmelz
Q Dentin @ Zahnschmelz
Alrlr. 1'24. Ergebnisse der Sr-Isotopenanalysen an den menschlichen Bestattungen aus Prag-Miðkovice (Tøb.29) im Vergleich zu Tierknochen
Fundstelle und Knochenproben glockenbecherzeitlicher menschlicher Bestattungen aus Velké PÌílepy und Knèãeves in ca. 2O km Entfernung
Pnrc¡ u. a.2004). Angegeben ist die Grabnummer und das Sterbealter. Der graue Balken kennzeichnet den ortstypischen \üØertebereich basierend
dem Mittelwert ! 2o von hallstattzeitlichen Tierknochen aus MiSkovice. Die Geschlechtsbestimmung von mit '¡ gekennzeichneren Individuen
ausschließlich auf archäologischen Kriterien (Grafik C. Knipper).
Sr-
I sotop eno erbältnisse der Zabnscbmelzproben Die Variationsbreite der Isotopenverhältnisse ist unter
erwachsenen weiblichen Individuen am größten und
Die Sr-Isotopenverhältnisse der menschlichen Zahnschmelz-
proben aus Miðkovice variieren zwischen 0,70891 + O,OOOOl
(GrabZ\und0,71345 + 0,00004 (Grab 42) (Tab.29;Abb. 124).
Diese \ü/ertespanne bezeugt, dass die untersuchten Individuen
ihre Kindheit an unterschiedlichen Orten verbrachten und
einige von ihnen im Laufe ihres Lebens Ortswechsel voll-
zogen haben, die sie dann in der Bestattungsgemeinschaft
von Miðkovice zusammenführten.
sich über den gesamten oben genannten Bereich. Mit
\Øahrscheinlichkeit als ortsfremd sind die Individuen
Grab 29 (25-40 Jahre) und Grab 42 (20-30 Jahre) zu
ten. Da ihreZähne einerseits das radiogenste (höchste)
andererseits das am wenigsten radiogene (niedrigste)
penverhältnis zeigten, teilen die beiden Frauen nicht densel
ben Geburtsort. Die Analyseergebnisse der beiden
Frauen aus Grab 4 (35-50 Jahre) und Grab 8 (20-30 I
liegen leicht ober- bzw. unterhalb der aus dem Mittelwert der
Tierknochen + 2 o errechneten \Øertespanne und sind nicht
zweifelsfrei als ortsfremd zu klassifizieren. Der untersuchte
Zahnschmelz des allein aufgrund archäologischer Kriterien
als Frau bestimmten Individuums 33 liegt inmitten der durch
die Tierknochen als ortstypisch ermittelten \Øertespanne. Die
Sr-Isotopenverhältnisse geben deshalb keinen Anhaltspunkt
für eine ortsfremde Herkunft. \Øeil der ermittelte \Øertebe-
reich jedoch auch andernorts belegt ist, ist allerdings auch
nicht sicher auszuschließen, dass das Individuum anderswo
geboren wurde.
Ebenfalls als ortsfremd sind die juvenil bis adult verstor-
benen Individuen der Gräber 18 (14-20 Jahre, weiblich) und
20 (juvenil bis adult, männlich) einzuschätzen. Mit 87511865r =
0,7 1201 bzw. 0,7 1.1.82 sind ihre Isotopenverhältnisse ebenfalls
radiogener als der auf den Tierknochen basierende ortsty-
pische \Øertebereich.
Innerhalb dieser Spanne liegen hingegen die Kinder der
Altersklasse infans II in Grab 1,3 (11-13 Jahre, weiblich) und
Grab 27 (ca. 10 Jahre, weiblich) sowie das aufgrund archäo-
logischer Kriterien als männlich bestimmte Individuum 16
und das geschlechtlich nicht zuordenbare Individuum 32.
Ihre Sr-Isotopenverhältnisse geben keine Anhaltspunkte für
eine Ortsfremdheit, wobei eine solche jedoch auch hier auf-
grund regional und überregional vorkommender ähnlicher
-Wertebereiche nicht auszuschließen ist.
\Øeil nur ein Teil der Bestattungen aus Mi5kovice unter-
sucht wurde, sind die Aussagen zur räumlichen Verteilung der
Individuen mit nicht lokalen Sr-Isotopenverhältnissen einge-
schränkt (Abb, 123).In der größten Grabgruppe (Gruppe A)
befinden sich sowohl Individuen mit erhöhten als auch mit
ortstypischen Isotopenverhältnissen zu annähernd gleichen
Teilen. Die beiden Individuen mit weniger radiogenen Sr-
Isotopenverhältnissen wurden hingegen in den Gruppen C
und E bestattet.
S auer stoff- I s otop e no e rb ältnis s e
rezenten Wassers d,er Region
Die Charakterisierung der für die Umgebung von Mi5kovice
typischen O-Isotopenverhältnisse kann derzeit nur auf der
Basis von Analysen rezenten Niederschlags- und Oberflä-
chenwassers erfolgen. Dabei sind eventuelle klimabedingte
Veränderungen im Laufe der Zeit grundsätzlich mögliche
Quellen von Unsicherheit. \X/eil die Veränderung des glei-
tenden Mittelwertes der Jahresdurchschnittstemperaturen im
Holozän allerdings unter 1o C liegt, was eine Abweichung
des ô18O--\üertes um weniger als 0,4%o bewirkt523, und
O-Isotop?ndeten von Zahnschmel z d,er letzten 1,7OO Jahre
Klimaschwankungen wie die Kleine Eiszeit nicht reflektie-
ren524, scheint der Vergleich mit rezenten Daten gerecht-
fertigt. Dennoch gtlt zu beachten, dass einzelne wärmere
213
oder kühlere lahre zu kurzfristigen Veränderungen der O-
Isotopie des aus Niederschlagswasser gewonnenen Trink-
wassers führen können525. Für die Vergleichbarkeit mit den
Zahnschmel zdaten werden die ôi8O,"*-\íerte in potentielle
ô18O'-\Øerte umgerechnet526. Diese geben die Variationsbreite
der bei Konsum von lokalem Trinkwasser zu erwartenden
O-Isotopenverhältnisse an (vgl. Abb. 125).
In Prag beträgt der interpolierte langfristige Jahresmittel-
wert der O-Isotopenverhältnisse des Niederschlagswassers
ca. -8,8 %" vs. VSMO\W, was einem ô18O0-\Øert vonca. 1.6,8%o
entspricht52z. Messungen von Grund- und Oberflächenwasser
im Kanary-Studiengebiet nordöstlich von Prag erbrachten
\Øerte zwischen ca. -10 und -8 %o, was ô18O"-'ù/erten zwischen
ca. 1.6,2 und 17,1%o gleichkommts2s. Je traóh Höh.nlage zum
Teil etwas niedrigere bzw. variablere \Øertebereiche wurden in
mehreren Mooren im Norden, \Øesten und Süden der Tsche-
chischen Republik ermittelt52e. Sie spiegeln die Variationsbreite
in der weiteren Umgebung wider.
O - I s o top e na e r b ¿ihnis s e de r Z ab n s cb m e lzp ro b e n
Die ô18O-\Werte der phosphatischen Komponente des Hy-
droxylapatits des Zahnschmelzes (PO) variieren zwischen
1.5,9%o (Grab 33; archäologische Geschlechtsbestimmung:
weiblich; > 35 Jahre) und 1.7,6%o (Grab 16; archäologische
Geschlechtsbestimmung: männlich; 30-50 Jahre) (Abb. 12 t).
Die Spanne von 1,6%o zwischen dem niedrigsten und dem
höchsten Messwert liegt in einer Größenordnung, wie sie
durchaus bei einer Gemeinschaft zu erwarren ist, die ihr
Trinkwasser aus derselben Region beziehtslo. Dies ist umso
mehr der Fall, wenn man bedenkt, dass Zàhne mit verschie-
denen Mineralisationszeiträumen der Kronen für die Ana-
lysen zur Verfügung standen. Der Zahnschmelz der ersten
Dauermolaren wird zwischen der Geburt und ca. dem dritten
Lebensjahr ausgebildet (Abb. 122). Ein Teil der Mineralisation
erfolgt deshalb während der Stillzeit. Durch stoffwechsel-
bedingte Fraktionierungsprozesse reichern sich in der Mut-
termilch tWassermoleküle an, in denen das schwerere Isotop
18O gebunden ist; diese werden dann in den zu dteser Zeít
mineralisierten Zahnschmelz eingebaut531. Je nach Dauer
der Stillzeit spiegelt sich der Konsum von Muttermilch in
523 Ev¡rs t. a.2012; vgl. auch kumulierte Klimakurven: http://upload.
wikimedia.orglwikipedia/commons/8/86/Holocene_Temperature_Variati-
ons German.p ng; Ztgriff: 04.0 6.2015.
s24 D.qux u. a. 2005.
52s v8l. IAEA 2006.
526 Lrvrr.¡soN u. a, 1.987; CHeNenv v a.20L0.
527 Vgl. Waterisotopes.org - The Online Isotopes in Precipitation
Calculator (http://wateriso.utah.edu/waterisotopes/index .html; Zrgriff:
0s.06.201s).
s28 Buzmu a.2006.
s2e NovÁx u. a. 2OO5; NovÁr< u. a.2OO7; S.tNn,o\ u. a.2OO9.
530 lØHrrn ta.20Q4.
53r tù/rnr,otrurs u. a. 2OO5; Tunxnn u, a. 2007.
STRONTIUM- UND SAUERSTOFF-ISOTOPENANALYSEN
214
unterschiedlichem Maße in den Zahnkronen wider, sodass
dadurch bedingte Differenzen zwischen den ô18O-\Øerren des
Milchgebisses im Vergleich zum Dauergebisss32 oder zwischen
verschiedenen Dauerzähnen auftreten können533. Aus diesem
Grunde ist auch für die analysierten ersten Dauermolaren
aus Miðkovice eine im Schnitt ca.0,5%o und mehr betragende
Erhöhung der ô18O-\Øerte möglich. Genau einschätzbar wäre
dies ausschließlich anhand eines direkten Vergleichs der O-
Isotopenverhältnisse früh und spät mineralisierter Zahnkr o -
nen derselben Individuen.
Vergleicht man die ô18O,_-\Øerte mit den umgerechneren
olr.n g".n^nnten Vergleichr.lnr..r von Niederschlags-, Grund
und Oberflächenwasser aus der Nähe von Prag, so liegen sie
für die Zähne der Bestattungen aus den Gräbern 42,29 und
18 innerhalb des erwarteten \íertebereichs. Geringfügig mit
schweren O-Isotopen angereichert sind hingegen dieZahn-
schmelzproben der Individuen aus den Gräbern 8, 1.3, 1.6,
20 und 27.\X/e1l diese Resultate jedoch an den Zahnkronen
von ersten Dauermolaren bzw. in einem Fall (Grab 20) an
o
=
o
Ø
an
o
s
.=
o
P
Þ
NATUR\øISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN
18,0
17,5
17,0
16,5
16,0
15,5
Zahnschmelz
O weiblich Omännlich O nicht bestimmbar
Abb. 125. Prag-Miðkovice. Ergebnisse der O-Isotopenanalysen an den menschlichen Bestattunge n
(Tab.29). Der glaue Balken kennzeichnet den tVertebereich, der zu erwarten wäre, wenn heutiges
Niederschlags-, Fluss- oder Grundwasser aus der Umgebung von Prag als Trinkwasse ¡ diente. ôlsO..-
\Øelte von Proben aus früh in der Kinclheit mineralisùrten Zahnkronen können durch d".r Ko..uå't
von mitlsO angereicherter Muttermilch erhöht sein. Die gestrichelten Linien unter den entspre-
chenden Symbolen kennzeichnen eine rnögliche Anreicherung um 0,5 %o. Vegen dieser potentiellen
Stillsignale sind Indivicluen rnit ð1sO^-\X/erten oberhalb der regionaltypiscl'ren 'ü/ertespanne nicht
zwingend als oltsfremd tu ir-rt".p."ti"ien. Die Gescl'rlechtsbestiirmur-rg',,or-r -it " gel.ennzeicìrneten
Individuen beruht ausschließlich auf archäologischen Kriterie n (Grafik C. Knipper; Vergleichsdatcn:
Jahresrnittelwert Prag: waterisotopes.org - The Online Isotopes in Prccipitation Calculator; grauer
Balken: Buznr< u. a. 2006 mit Llnrechnung in ô18O0 'ù/erte nach LEvrsoN u. a, 1987 uncl CHnNnny
u. :r. 2010).
coñri
YYV
ØØ(/)
dñci--
¿¿4¿t
ØØYØY
= = 3 = 3
o;
Y
U)
einem caninøs (Eckzahn) ermittelt wurden, ist dies môgli-
cherweise auf den Konsum von Muttermilch in den ersten
Lebensmonaten bzw. -jahr(en) zurickzufihren. Deshalb
sollten diese Daten nicht als Indikatoren für Ortsfremdheit
und eine Herkunft aus einer wärmeren oder meeresnäheren
Umgebung gewertet werden. Die Zahnschmelzproben der
Individuen in den Gräbern 33 und 32liegen etwas unterhalb
des als charakteristisch für die Umgebung von Prag angege-
benen \Øertebereichs. Aufgrund der schmalen Datenbasis, der
Yielzahl von Gründen fùr Variationen von O-Isotopenver-
hältnissen in Trinkwasser an einem Ort und des Nachweises
leicht niedrigerer ô18O-\Øerte in Mittelgebirgslagen im Norden
der Tschechischen Republik53a ist auch dieses Resultat nicht
als sicherer Anhaltspunkt von Ortsfremdheit zu betrachren,
sondern lediglich eine mögliche Indikation.
s32 Dupn¡s/Tocnrnr 2007.
533 \fnrc¡rr/ScnvARcz 1998; EveNs u, a,2012.
sra NovÁr u. a. 2005; Buzrtr u. a.2006; SrrNnt u. a. 2OO9
27
13
4
o20
o
8
33
42 Prag
16*
o
:
2eo
32
o
inf,
o
weiblich
erwachsen weibl. nicht
erwachsen männl.
o
18
Kombination von Strontiwm- und Sauerstoff-
Isotopendaten und Bewertung der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Sr- und O-Isotopenanalysen an den
Zahnschmelzproben aus MiSkovice sind in Abbild.wng 126
zusammengefasst. Dabei fälh zunächst auf, dass keine der
Proben in den mittelgrau markierren überschneidungsbe-
reich der ortstypischen Sr- und O-Isotopenverhältnisse fällt.
\Øegen der für die einzelnen Isotopensysreme oben disku-
tierten Unschärfe der Abgrenzung der lokalen \Øertebereiche
und aufgrund der durch die Analyse unterschiedlicher Zahn-
positionen bedingten Variation der O-Isotopenverhältnisse
sind die Ergebnisse jedoch nicht pauschal als Hinweis auf
eine durchweg ortsfremde Bevölkerungsgruppe zu werren.
Berücksichtigt man die möglichen Stillsignale, sind alle In-
dividuen mit erhöht scheinenden O-Isotopenverhältnissen
durchaus mit \üerten vergleichbar, wie sie für Böhmen (und
den darüber hinausreichenden mitteleuropäischen Raum) zu
erwarten sind. Dies gilt letzten Endes auch für die beiden
etwas niedrigeren ô18O-tü/erte der Bestattungen 32 und 33.
Je nach Abgrenzung der ortstypischen Sr-Isoropenver-
hältnisse erbrachten etwa die Hälfte der untersuchten Indi-
viduen Hinweise auf das Verbringen der Kindheitsjahre an
Lokalitäten, deren geologischer Untergrund von Miðkovice
abweicht. In der Umgebung der Fundstelle sind insbesondere
die höheren (radiogeneren) Sr-Isotopenverhältnisse mit den
geologisch alten Gesteinen der Böhmischen Masse in Ver-
bindung zu bringen. Aufgrund der geologischen Vielseitig-
keit der Region535 ist die Heterogenität der Daten allerdings
bereits durch Ortswechsel in einem Umkreis von wenigen
zehn Kilometern zn erklären.
Bei eingehender Betrachtung der kombinierten Ergeb-
nisse offenbaren sich Ahnlichkeiten der Isoropendaren von
Individuen, die auf dem Gräberfeld in nur geringer Ent-
fernung zueinander beigesetzt wurden (Abb. 123 und 126).
Dies gilt für die Individuen 32 und 33,27 und 16 sowie 18
und 20, wenn man ein potentielles Stillsignal in der Probe
von Individuum 20 berücksichtigt. Dies könnte als ein ersrer
Anhaltspunkt dafür zu werten sein, dass benachbart bestat-
tete Individuen auch zu Lebzeiten in einer wie auch immer
gearteten persönlichen Beziehung zueinander standen. IJm
dies zu untermauern, bedarf es allerdings einer Vergrößerung
der Stichprobe. Unterstütztwird das Argument jedoch auch
durch die chronologische Nähe der genannren Grabpaare, die
alle in die Phase 2, d. h. in die klassische Phase der Aunjetit-
zer Kultur datieren. Auch Grab 27 mít einer chronologisch
anschließenden Kugelkopfnadel steht dieser Gruppe zeitlich
wahrscheinlich ziemlich nahe. Insgesamt datieren die meisten
der untersuchten Gräber in die chronologische Gruppe 2
(Klassische Aunjetitzer Kultur), in der sowohl ortsfremde als
auch wahrscheinlich vor Orr geborene Individuen ermittelt
werden konnren. Individuum 4 und 29 der proroaunj etitzer
Zeithaben gegenüber den untersuchten Tierknochen leicht
215
höhere bzw leicht niedrigere Sr-Isotopenverhältnisse, kön-
nen aber nicht sicher als ortsfremd eingeschätzr werden,
während Individuum 13 der chronologischen Phase 1 (vor
der Klassischen Aunjetitzer Kultur) mit den ortstypischen
Isotopenverhältnissen konform ist.
Insgesamt legt das Ergebnis der Isotopenanalysen eher
regionale Netzwerke nahe, in denen die frühbronzezeitli-
chen Menschen ihre'S?ohnorte wechselten. Die Beurteilung
der Residenzregeln ist dabei allerdings durch den Mangel an
männlichen Individuen in der Stichprobe stark eingeschränkt.
Betrachtet man allein die weiblichen Personen, so zeigen sich
stark variierende Sr-Isotopenverhältnisse, sodass hier an Re-
sidenzwechsel zur Familiengründung zu denken ist.
Zeitnahe Beispiele mit aufgrund der ausgewogeneren Ge-
schlechtsverhältnisse deutlicheren Hinweisen auf patrilokale
Residenzregeln, wie sie möglicherweise auch in Miðkovice
vorgelegen haben könnten, sind die schnurkeramischen Fa-
miliengräber von Eulau, Sachsen-Anhalt, Deutschlands36,
und das endneolithische Kollektivgrab von Spreitenbach,
Kanton Argau, Schweizs3z. In beiden Fällen zeigren meh-
rere Frauen ortsfremde Sr-Isotopenverhältnisse, während die
Analysedaten für die Männer mit den ortstypischen Iso-
topenverhältnissen übereinstimmten. In Eulau konnten die
patrilokalen Residenzregeln insbesondere auch über aDNA-
Analysen nachvollzogen werden538. In Spreitenbach lässt die
im Vergleich zu Miðkovice noch geringere Variationsbreite
der O-Isotopenverhältnisse ebenfalls an,,Fleiratsmobilität"
in der näheren Umgebung denkens3e. Die Bestattung von
Menschen unterschiedlicher Geburtsorte ist ebenso für das
frihbronzezeitliche Gräberfeld von Hainburg in Niederöster-
reich belegt, wo Sr-Isotopenanalysen von Zahnschmelz und
Dentin von 100 Individuen eine ähnliche Variationsbreite wie
in MiSkovice zeigens4).Im Gegensatz dazu offenbarten die
Sr- und O-Isotopenverhältnisse der untersuchten Bestattungen
des frühbron zezeiúichen Gräberfeldes im südwestdeutschen
Singen (Landkreis Konstanz) kaum Hinweise auf ortsfremde
Individuensal.
Auch wenn derartige lJntersuchungen in der Frühbron-
zezeitforschung noch am Anfang stehen und zukünftige
Studien die Datenbasis erheblich erweirern werden, deuten
die vodiegenden Resultate bereits Unterschiede zwischen
einzelnen Fundorten und möglicherweise auch Regionen
an. Diese wird es in Zukunft eingehender zu analysieren
und im Kontext von Daten chronologisch vorausgehender
und folgender Gräberfelder zu bewerten gelten. Obwohl der
vorliegende Datensatz aus Miðkovice rechr klein ist, trägt er
einen wichtigen Teil zu diesem Gesamtbild bei.
sr5 Vgl. CHÁr u.a.2OO7.
s36 H,ot¡.x u. a. 2008.
537 Kurppnn t, a.2012a.
s38 HAAK u. a. 2008.
519 K¡¡rppnn t, a, 2072a.
s4o Inncrnnn t a,2011,
541 OBt zn r. a.2012.
STRONTIUM- UND SAUERSTOFF_ISOTOPENANALYSEN
216 NATUR'\øISSENSCHAFTLICHE ANALYSEN
0,71400
0,71300
0,71200
0,71100
0,71000
0,70900
0,70800
0,70700
15,50 16,00 17,50 18,00
Zahnschmelz
O weiblich O männlich O nicht bestimmbar
PHOSPHATANALYSE DER GRABGRUBEN (AM' ME)
U,
@
@
(t,
F
6
16,50 17,00
õttOo in %o vs. VSMOW
ation der Sr- und O-Isotopenanalysen an den menschlichen
Balken kennzeichnen die ortstypischen rùlertebereiche ba-
knochen t 2o (s7Sr/s6Sr) und der beim Konsum von Trink-
(Grafik C. KnipPer).
\Øie in allen anderen Bereichen der Archäologie setzt man
auch bei der Erforschung von Gräbern verstärkt naturwis-
senschaftliche Verfahren ein. Eine solche Methode ist z'B'
die Phosphatanalyse. Bereits seit Jahrzehnten gehört sie zu
den stanáardmäßig in der Archäologie angewandten geoche-
mischen Yerfahren542. Das Spektrum der Fragen, auf welche
sphatana-
sehr breit
ospektion
Anwendung, zum Identifizieren oder räumlichen Abgrenzen
von Fundstellen, von Aktivitätsarealen oder einzelnen archäo-
logischen Befu vertikalen
V.rlag.ru.rg d PhosPha-
tarr"lyr. zrr- ivitäten in
!r F-..¡ ,EM
)+
rr¡¡.....r¡ 29
Ph. 1
a42Eø
¡
'OaEE
EMOsz
EEoss' .¡.!..rr¡ 27
i"O to"
5a2 Jeweils mitweiterführender Litera¡x z.B.: S¡önnnc 1976; Cne'ooocr
.r. a. tögS; Brrr¡rn/MÁrÉ 1989; SÁncnnz t. a. 1'996; CnovrnBn 1992;
orns. 2O02; KreMM u. a. 1998; Zlurrarnrvr-tNn 2OO1; Me¡nn 2OO4; onns' 2007'