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444
Martin
Giese
S
chmidt
-M
illakd
,
T.
(2005).
Bildung
im
Kontext
einer
Bewegungspädagogik.
In
J.
B
ietz
,
R,
L
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Zur
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194-204).
Frankfurt
am
Main:
Suhrkamp.
445
V
olker
S
chürmann
Universität
Leipzig
„Zurück
zu
Plessner!"
Kommentar
zum
Beitrag
„Von
der
neuen
Theorie
des
Geistes
zu
einer
neuen
Pädagogik
des
Körpers?"
von
Norbert
G
issel
in
„Sportwissenschaft"
37
(2007),
1,3-18
Man
kann
mit
Recht
fragen,
welche
Wichtigkeit
Gödel
s
Beweis
für
unsre
Arbeit
habe.
Denn
ein
Stück
Mathematik
kann
Probleme
von
der
Art,
die
uns
beunruhigen,
nicht
lösen.
-
Die
Antwort
ist,
daß
die
Situation
uns
interessiert,
in
die
ein
solcher
Beweis
uns
bringt
„Was
sollen
wir
nun
sagen?
-
das
ist
unser
Thema
(W
ittgenstein
,
1984,
S.
388).
Norbert
G
issel
hat
in
Heft
1/2007
der
„Sportwissenschaft
dafür
plädiert,
die
neuesten
Erkenntnisse
der
Neurowissenschaften
sowie
die
sich
darauf
bezie
henden
philosophischen
Debatten
um
eine
neue
Philosophie
des
Geistes
zum
einen
überhaupt
zur
Kenntnis
zu
nehmen
und
zum
anderen
offensiv
in
der
und
für
die
Sportwissenschaft
fruchtbar
zu
machen
(G
issel
,
2007).
Letztlich
plädiert
G
issel
dafür,
das
für
die
Sportwissenschaft
konstitutive
Körper-Geist-Problem
ver
mittels
dieser
neuen
Theorie
des
Geistes
zu
interpretieren
und
nicht
(nur),
wie
vielfach
üblich,
vermittels
eines
naturwüchsigen
common
sense
oder
der
Phäno
menologie
oder
der
Anthropologie
P
lessners
.
G
issel
spitzt
die
Relevanz
dieser
Verschiebung
für
die
Sportpädagogik
zu,
im
Wesentlichen
festgemacht
an
den
Auswirkungen
auf
das
Menschenbild.
Diese
Zuspitzung
ist
als
exemplarische
zu
verstehen,
da
die
„Rezeption
und
Diskussion
neurowissenschaftlicher
Forschung
in
ihrer
Relevanz
auch
z.
B.
für
die
Motorikforschung
oder
für
die
Sportpsycholo
gie
„evident
sei
(ebd.
4).
Zur
Vermeidung
von
Missverständnissen
und
schon
deshalb,
weil
im
Folgenden
die
kritischen
Aspekte
überwiegen,
sei
zunächst
betont,
dass
ich
das
Anliegen
von
G
issel
vorbehaltlos
teile.
Neuere
Erkennmisse
der
Neurowissenschaften
sind
wahrlich
relevant
und
werden
heftigst
diskutiert
Und
sie
werden
vor
allem
im
Hinblick
auf
das
sogenannte
Leib-Seele-
oder
mind-body-Problem
diskutiert
1
,
und
das
wiederum
hat
fraglos
Relevanz
für
die
Sportwissenschaft,
insbesondere
für
die
Sportpädagogik.
G
issel
erwartet
positiv
Orientierungsgewinn
und
negativ
Schutz
vor
vorschnellen
Empirisierungen
(ebd.
16).
Dass
G
issel
eine
Auseinandersetzung
mit
neueren
Arbeiten
zur
Theorie
des
Geistes
einfordert
und
auch
sein
gelegent-
1
C
ouberhn
war
hier
schon
einmal
weiter
als
es
aktuelle
Debatten in
aller
Rege!
sind:
„Mei
ne
Herren,
letztlich
besteht
der
Mensch
nicht
nur
aus
Körper
und
Seele,
also
aus
zwei
Teilen:
er
besteht
aus
drei
Teilen,
Körper,
Geist
und
Charakter;
die
Charakterformung
ge
schieht
nicht
durch
den
Geist
sie
geschieht
vor
allen
Dingen
mit
Hilfe
des
Körpers.
Genau
das
wußten
die
Alten,
während
wir
es
nur
mühsam
wieder
lernen
(C
ouberun
,
1966,
S.
6f.).
Zur
grundsätzlichen
Einschätzung
und
Verortung
der
Problemstellung
selber
vgl.
auch
W
olff
,
1992.
SpW
37.
Jg.,
2007,
Nr.
4
446
,
Zurück
zu
Plessner!
lieh
spitzer
Ton
gegenüber
Immunisierungsstrategien
innerhalb
der
Sportpädago
gik,
sind
nicht
nur
nicht
zu
kritisieren,
sondern
ganz
sicher
produktiv.
Eine
ganz
andere
Frage
ist,
ob
die
Neurowissenschaften
nicht
erheblich
zu
viel
rm
mit
ihren Erkenntnissen
machen,
und
worin
genau
deren
Einsichten
für
die
Pädagogik
oder
Psychologie
liegen
sollen.
G
issei
selber
macht
noch
kenntlich,
worin
jene
Immunisierungsstrategien,
mindestens
auch,
gründen:
Er
selber
ver
spürt
den
Drang,
einen
sich
aufdrängenden
Verdacht
zu
verscheuchen,
indem
er
versichert,
dass
diese
neuen
Erkenntnisse
keineswegs
die
Rede
von
menschlicher
Freiheit
obsolet
machen
(ebd.
15).
Im
Folgenden
möchte
ich
die
These
erläutern,
dass
die
Umsetzung
dieses
Anlie
gens
schief
ist,
da
das
Problem
falsch
verortet
ist
G
issel
-
bzw.
Metzinger
,
auf
den
er
sich
bezieht
-
arbeitet
mit
einem
völlig
nicht-geklärten
Verständnis
des
Verhält
nisses
von
Philosophie
und
Einzelwissenschaften
-
und
das
ist
dann
de
facto
ein
sehr
bestimmtes
Verständnis
dieses
Verhältnisses,
nämlich
die
Unterstellung,
dass
sich
Fragen
der
Philosophie
letztlich
in
neurowissenschaftliche
Fragen
überführen
und
auflösen
lassen.
Die
Formulierungen
sind
etwas
vorsichtiger
-
durch
„neue
apparative
Diagnoseinstrumentarien
lassen
sich
„klassische
philosophische
Fragen
nun
klarer
stellen
(ebd.
3)
-,
aber
das
produzierte
Klima
der
Argumentation,
an
das
G
issel
anknüpft
und
das
er
selbst
reproduziert,
ist
deutlich
spürbar.
Heutige
einzel
wissenschaftliche
Erkennmisse
zum
sog.
Leib-Seele-Problem
handeln
gemäß
jener
Unterstellung
von
dem
Selbigen,
von
dem
bereits
A
ristoteles
,
D
escartes
und
all
die
Alten
handelten
-
nur
handeln
sie
endlich
empirisch,
exakt
methodisch
und
mittels
neuester
technischer
Hilfsmittel
davon.
Die
Phänomenologie
wird
daran
festge
macht
und
dann
dafür
kritisiert,
ein
unzulängliches
Konzept
von
Empirie
zu
haben:
„Introspektion
und
phänomenologische
Beobachtung
sind
weder
zuverlässig
noch
überprüfbar
(ebd.
4).
Wären
das
die
Charakteristika
der
Phänomenologie,
könnte
sie
eo
ipso
nicht
wissenschaftlich
sein.
Also
dürfte
diese
Kritik
schief
sein.
Jene
Unterstellung,
dass
die
Neurowissenschaften
und
die
Philosophie
unter
dem
Titel
Leib-Seele-Problem
über
das
Selbige
reden,
hat
nicht
geklärt,
was
an
einem
philosophischen
Problem
einzelwissenschaftlich
zu
klären
ist
und
was
nicht.
De
facto
läuft
das
auf
den
Versuch
der
Naturalisierung
philosophischer
Fra
gen
hinaus.
Naturalisierungen
liegen
dort
vor,
wo
Fragen
der
Bedeutung
und
Geltung
von
Phänomenen
auf
deren
Genese
reduziert
werden
(sollen).
D. h.
dort,
wo
es
gilt,
einen
qualitativen
Unterschied
(etwa
zwischen
brain
und
mind)
zu
er
klären,
wird
dieser
als
allmähliches,
graduelles
Übergehen
gefasst
und
dies,
und
nur
dies,
gilt
als
Erklärung
des
Phänomens.
Unterstellt
oder
explizit
behauptet
ist
damit,
dass
unsere
(vorherige)
Rede
von
einem
qualitativen
Unterschied
eine
blo
ße
Redeweise
sei,
die
im
Prinzip
ersetzt
werden
kann
durch
eine
„reduzierte
Terminologie,
die
den
vermeintlich
qualitativen
Unterschied
als
ein
graduelles
Obergehen
fasst.
Naturalisierungen
drücken
sich
typischerweise
in
der
Haltung
aus,
dass
wir
unsere
Bewusstseins-Terminologie
im
Prinzip
durch
neurowissen
schaftliche
Terminologie,
dass
wir
unsere
Reden
über
Farben
im
Prinzip
durch
Reden
von
Wellenlängen
u.
Ä.
ersetzen
könnten.
Alles,
was
danach
kommt,
sind
Bemäntelungen
dieser
Grundhaltung:
Dass
wir
„noch
nicht
so
weit
sind,
dass
wir
„wohl
niemals
so
weit
sein
werden
,
dass
es
Kontexte
gebe,
in
denen
es
„pragma
tisch
unklug
re,
so
reduziert
zu
reden
(Alltag,
Kunst).
All
dieses
Schönreden
ändert
nichts
am
Grundsatz.
Volker
Schürmann
447
Verkannt
wird
dort,
dass
man
schon
gesagt
haben
muss,
was
sich
entwickelt,
falls
man
eine
Geschichte
zur
Genese
erhlt.
Allein
dies
ist
ein
Argument
für
die
Nicht-Reduzierbarkeit
jenes
qualitativen
Unterschieds,
mithin
für
den
prinzipiellen
Unterschied
von
Bedeutung/Geltung
und
Genese.
Daher
erscholl
am
Ende
des
19.
Jahrhunderts
der
neukantianische
Ruf
„Zurück
zu
Kant!
-
Daher
H
usseris
Kampf
gegen
den
Psychologismus
-
Daher
heute
der
Schlachtruf
„Zurück
zu
Plessner!
2
Um
es
mit
P
lessner
an
einem
Beispiel
zu
verdeutlichen.
All
das,
was
wir
als
Far
ben
wahrnehmen,
hat
eine
physische
Entsprechung,
die
wir
physikalisch
in
Wel
lenlängen
ausdrücken.
Klarerweise
aber
sind
diese
physikalischen
Größen
auf
einem
Kontinuum
angesiedelt.
Dort
gibt
es
ein
„Mehr
oder
Weniger
resp.
ein
„Größer
oder
Kleiner
,
aber
diese
physikalischen
Größen
sagen
nicht
selber,
wann
rot
aufhört
und
orange
beginnt.
Farben
gibt
es,
selbstverständlich,
nicht
unabhän
gig
von
physischen
Größen,
die
wir
mit
guten
Gründen
-
und
wie
mir
scheint:
unstrittig
-
physikalisch
als
Wellenlängen
begreifen.
Aber
das
Sehen
einer
be
stimmten
Farbe
ist
das
Setzen
einer
Grenze;
im
Sehen
einer
bestimmten
Farbe
fügen
wir
dem
Kontinuum
der
physikalischen
Größen
einen
Riss
zu,
zu
dessen
Begründung
prinzipiell
nicht
auf
Wellenlängen
verwiesen
werden
kann.
In
den
Worten
P
lessners
:
„Wir
gehen
darin
sogar
weiter
als
die
naturwissenschaftlichen
Logiker,
wenn
wir
die
restlose
Zurückführbarkeit
aller
organischen
Modale
auf
physikalisch-che
mische
Bedingungen
für
nicht
nur
theoretisch
möglich
und
praktisch
durchführ
bar,
sondern
geradezu
für
wesensnotwendig
erklären.
Aber
wir
fassen
den
Begriff
Modal
enger,
wenn
wir
es
in
seiner
Qualität
für
unbedingt
unauflösbar
und
irre
duzibel
halten
und
damit
sagen,
daß
es
als
solches
nie
aufhört,
auch
wenn
seine
physikalisch-chemischen
Bedingungen
exakt
angegeben
worden
sind
(P
lessner
,
1928,
S.
107).
Um
es
an
einem
Symptom
festzumachen:
Man
kann
sehr
entschieden
der
Meinung
sein,
dass
die
Phänomenologie
antiquiert
oder,
aus
welchen
Gründen
auch
immer,
unangemessen
sei.
Aber
es
ist
schlicht
und
einfach
ein
Selbstmiss
verständnis
zu
glauben,
sie
sei
„schlicht
gescheitert
(so
M
etzinger
,
n.
G
issel
,
2007,
4f.,
FN
3).
So
zu
reden
und
zu
denken
ist
analog
zu
der
Rede,
dass das
Parallelen
axiom
der
euklidischen
Geometrie
„gescheitert
sei,
seit
und
weil
es
neben
ihr
auch
nicht-euklidische
Geometrien
gibt.
Naturalisierungen
und
Phänomenologien
sind
verschiedene
Strategien
im
Umgang
mit
Erfahrung;
daher
kann
man
nicht
auf
Erfahrung
verweisen,
wenn
man
sie
im
Grundsatz
kritisieren
will;
also
können
solche
Strategien
nicht
„scheitern
.
Paradigmen
sterben
aus,
aber
sie
scheitern
nicht.
Und
um
es
vom
Ergebnis
her
zu
sagen:
Philosophische
Probleme
sind
über
haupt
nicht
naturalisierbar
(und
auch
nicht
historisierbar,
sozialisierbar,
kulturali-
sierbar).
Auch
in
G
issels
Text
kann
man
das
beinahe
„sehen
;
Die
Rede
von
einem
nicht-reduktiven
Naturalismus
ist
bestenfalls
die
Formulierung
des
Problems,
nicht
2
G
issel
betont
völlig
zu
Recht
die
besondere
Rolle
und
Leistung
von
G
rupe
,
dass
P
lessner
kein
Fremdkörper
in
der
Sportwissenschaft
geblieben
ist.
Gleichwohl:
Wenn
man
Kennt
nisnahme
der
neuesten
Ergebnisse
der
Neurowissenschaften
einfordert,
wäre
es
wohl
konsequent,
diese
mit
den
neuesten
Erkenntnissen
der
PLESSNER-Forschung
zu
konfron
tieren
(
http://www.helmuth-plessner.de/
,
dort
unter
„Forschung
).
448
.Zurück
zu
Plessner!'
aber
wie
behauptet
die
gesuchte
Antwort.
Dort,
wo
sie
sich
als
Antwort
aufspielt,
ist
sie
in
schlechtem
Sinne
zirkulär.
Gesucht
war
eine
Antwort
auf
die
Frage,
in
welchem
Verhältnis
Geist
und
Körper
stehen.
Die
Antwort,
die
man
liest,
lautet:
„Das
Gehirn
erzeugt©
>Geist<,
aber
der
>Geist<
beeinflusst©
wiederum
auch
den
Körper
(O
eser
,
n.
ebd.
S.
13,
FN
19)
-
Preisfrage
1;
War
nicht
die
Frage,
welches
Verhältnis?
Woher
weiß
man
von
Erzeugung?
Und
was
heißt
das?
Preisfrage
2;
Zu-
nicfewirken
setzt
schon
voraus,
dass
es
dort
Zweie
gibt,
zwischen
denen
es
hin-
und
rückwirkt.
War
nicht
gerade
strittig,
ob
dem
so
ist?
Entsprechend
kontrovers
werden
die
„neuen
Erkenntnisse
der
Gehirnfor
schung
(ebd.
4)
in
der
Philosophie
diskutiert
(vgl.
exemplarisch
K
rüger
,
2004;
G
ehring
,
2004),
was
Gisset
schlicht
unterschlägt.
Ganz
unabhängig
davon,
wie
man
selbst
zu
der
verhandelten
Sache
steht,
kann
man
also
wissen,
dass
jene
neu
en
Erkenntnisse
nur
nach
eigener
Übersetzung
-
dort
philosophisch,
hier
pädago
gisch
-,
nie
aber
direkt
relevant
sein
können.
Um
dem
Anliegen
von
G
issel
gerecht
zu
werden,
muss
man
sich
zunächst
über
das
Verfahren
einigen,
wie
Erkenntnisse
der
Neurowissenschaften
Eingang
in
die
Pädagogik
finden
können.
Zurück
zu
K
ant
Der
grundsätzliche
Einwand
gegen
jede
Naturalisierung
ist
geradezu
banal;
Die
Natur
redet
nicht
zu
uns.
Und
auch
Dinge
in
der
Natur,
wie
etwa
unser
Gehirn,
tun
das
nicht.
Wir
sind
es,
die
neuronale
Prozesse
befragen.
Diese
Banalität
zu
akzep
tieren,
ist
die
berühmte
kopernikanische
Wende
K
ants
:
„Bisher
nahm
man
an,
alle
unsere
Erkenntnis
müsse
sich
nach
den
Gegenständen
richten;
[...]
Man
versuche
es
daher
einmal,
ob
wir nicht in
den
Aufgaben
der
Metaphysik
damit
besser
fort-
kommen,
dass
wir
annehmen,
die
Gegenstände
müssen
sich
nach
unserem
Er
kenntnis
richten
[...],
ob
es
nicht
besser
gelingen möchte,
wenn
er
den
Zuschauer
sich
drehen,
und
dagegen
die
Sterne
in
Ruhe
ließ
(K
ant
,
KrV,
BXVI).
Folgt
man
diesem
Vorschlag
K
ants
,
dann
ist
es
so,
dass
wir
es
sind,
die
der
Natur
ihre
Gesetze
vorschreiben;
dann
ist
es
so,
dass
wir
prinzipiell
phainomena
erkennen.
Oder
et
was
zeitgenössischer
ausgedrückt;
All
unser
Erkennen
-
sei
es
wissenschaftliches,
sei
es
vorwissenschaftliches
-
liefert prinzipiell
modellierte
Dinge.
Wir
sind
prin
zipiell
nicht
in
der
Erkenntnissituation,
modellierte Dinge mit
den
Dingen
an
sich
selber
zu
vergleichen,
sondern
immer
nur
dieses
Modell
mit
jenem
Modell.
So
gesehen
ist
jeder
Versuch
der
Naturalisierung
ein
Rückfall
hinter
K
ant
.
Und
dass
wir
nicht
hinter
K
ant
zurück
sollten,
ist
ein
freies
Argument
K
ant
macht
einen
Vorschlag.
Seine
Formulierungen
-
„man
versuche
es
einmal
mit
der
Annahme
-
sind
nicht
Ausdruck
von
Bescheidenheit,
sondern
der
Sachlage
ge
schuldet
Der
Inhalt
dieses
Vorschlages
ist
derart,
nicht
behaupten
zu
können,
dass
es
so
ist,
wie
der
Vorschlag
besagt
Auch
dieser
Vorschlag
kann
sich,
folgt
man
dem
Vorschlag,
nicht
nach
seinem
Gegenstände
richten,
sondern
dessen
Gegenstand
richtet
sich
nach
dem
Vorschlag,
Dass
die
Natur
nicht
zu
uns
redet,
das
kann
man
jedenfalls
nicht
seinerseits
hören,
sondern
nur
als
freies
Argument
akzeptieren.
Es
könnte
doch
sein,
dass
wir
die
Rede
der
Natur
nur
(noch)
nicht
verstehen,
und
deshalb
nichts
hören,
wenn
sie
redet
Wenn
R
oth
und
viele
andere
also
meinen,
ihr
Ohr ganz
dicht
dran
zu
haben
am
Puls
des
Gehirns,
dann
wird
man
sie
nicht
zwingend
davon
überzeugen
können,
dass
sich
ihre
Ohren
und
Augen
(bildge
Volker
Schürmann
449
bende
Verfahren)
schlicht
in
der
Adresse
geirrt
haben.
3
-
Ob
der
Verweis
auf
Ba
nalität
dann
das
bessere
Argument
ist
und
dadurch
„zwanglos
zwingt
(H
abermas
),
kann
dahin
gestellt
bleiben.
Falls
man
den
Vorschlag
K
ants
(resp.
die
Banalität,
dass
die
Natur
nicht
mit
uns
redet)
akzeptiert,
dann
folgt
man
einer
(im
weiten
Sinne)
transzendentalphiloso
phischen
Position.
Wer
nicht
davon
ausgeht,
dass
die
Natur
zu
uns
redet,
der
ist
genötigt,
nach
den
Bedingungen
der
Möglichkeit
zu
fragen,
die
Natur
zum
Spre
chen
zu
bringen,
also
nach
den
je
schon
in
Anspruch
genommenen
Bestimmun
gen
Jedes
Versuchs
empirischer
Fundierung
zu
fragen.
Dazu
muss
man
keine
ein
geborenen
Ideen
in
Anspruch
nehmen.
K
ant
hält
entschieden
daran
fest,
dass
solcherart
Bedingungen
der
Möglichkeit
der
Erfahrung
von
X
nicht
im
selben
Sinne
erfahrbar
sind
wie
die
durch
sie
konstituierten
erfahrbaren
Dinge
(das
ist
ein
sehr
simples
logisches
Argument);
gleichwohl
sind
sie
nicht
vor
der
Erfahrung,
erst
recht
nicht
vor
aller
Erfahrung
gegeben,
sondern
mit
ihr.
Naturalisierungskonzepte
sind
der
Versuch,
solche
je
schon
in
Anspruch
ge
nommenen
Transzendentalien
in
einer
Geschichte
zu
deren
Gewordenheit
aufzu
lösen.
Die
sog.
Evolutionäre
Erkenntnistheorie
ist
eine
der
älteren
und
lautesten
Bekundungen,
nicht
verstanden
zu
haben,
was
K
ants
Problem
war.
Transzenden
talien
sind
keine
Hypothesen,
die
wir
„noch
benötigen,
sondern
jede
Empirie
benötigt
ihre,
je
eigenen
und
bestimmten
Bedingungen
ihrer
Möglichkeit.
Anders
gesagt;
Naturalisierungsversuche
leugnen
resp.
verharmlosen
die
Modellhaftigkeit
unseres
Wissens.
Solche
Versuche
tun
so,
als
könne
die
Natur eine
Art
experimen-
tum
crucis
machen
(bei
dem
wir
bloß
zugucken
oder
zuhören),
um
unter
den
verschieden
modellierten
Dingen
das
wirklich
Wirkliche
auszuzeichnen.
Folgt
man
dagegen
Kant
,
ist
unser
Wissen
perspektivisch,
d.
h.
polytheistisch
struktu
riert:
jedes
Modell
hat
prinzipiell
andere
Modelle
neben
sich.
(Und
die
Entschei
dung
zwischen
ihnen
ist
seinerseits
modellierte
Erkenntnis,
die
andere
Entschei
dungen
neben
sich
hat.)
Der
transzendentalphilosophische
Grundsatz
ist
klar
und
eindeutig;
Fragen
der
Geltung
und
Fragen
der
Bedeutung
von
Phänomenen
-
Was
ist
und
bedeutet
„menschliches
Wahrnehmen
?
-
lassen
sich
nicht
durch
Verweis
auf
eine
Geschich
te
ihres
Entstehens
beantworten.
In
diesem
Sinne
lassen
sich
philosophische
Fra
gen
prinzipiell
nicht
einzelwissenscbaftlich
beantworten.
„Erfahrung
gibt
viel,
aber
nicht
ihre
eigene
Grundlegung
(P
lessner
,
1928,
S.
75).
Naturalisierungen
sind
als
solche
relevant
für
unser
Verständnis
vom
Mensch
sein.
Wenn
wir
die
Antwort
auf
die
Frage,
wer
als
Mensch
und
was
uns
als
Mensch
sein
gilt,
dem
graduellen
Übergehen
vom
Tier
zum
Mensch
überantworten,
dann
heißt
das,
dass
das
Mensch-sein
erst
wird.
Dann
ist
es
nicht
so,
dass
alle
Exemplare
3
Die
Formulierung
„freies
Argument
ist
geborgt
bei
S
tekeler
-W
eithofer
(2002);
der
Sache
nach
ist
es
ein
Verweis
auf
die
Traditionslinie
der
pyrrhonischen
Skepsis,
die
P
lessner
aufgreift,
nach
dem
sie
sich
nach
K
ant
mit
der
Begriffsgeschichte
von
„Kritik
gekreuzt
hat
Es
gibt
argumentative
Situationen,
die
durch
„Isosthenie
,
durch
gleiche
Gültigkeit
von
Für
und
Wider,
gekennzeichnet
sind.
Solcherart
Situationen
verlangen
epoche,
Urteils
zurückhaltung.
Falls
man
sich
in
einer
solchen
Situation
von
„Unentscheidbarkeit
(P
less
-
nee
)
entscheidet
-
und
man
hat
sich
immer
schon
irgendwie
entschieden,
denn
auch
Nichtentscheidung
ist
in
solcherart
Situationen
eine
Entscheidung
-,
dann
(und
nur
dann)
ist
es
eine
Entscheidung
aus
Freiheit
(vgl.
ausführlicher S
chürmann
,
2002).
450
„Zurück
zu
Plessner!
der
Gattung
je
schon
als
Menschen
gelten,
sondern
dass
ausgewählte
Exemplare
-
egal
wie
flach
wir
die
Hierarchien
hier
auch
immer
halten
-
das
Mensch-sein
realisieren
und
manche
auch
nicht.
Naturalisierungsstrategien
führen,
im
Bruch
mit
den
Menschenrechtserklärungen,
eine
„Aufnahmeprüfung
(S
tekeler
-Weit
-
HOFE
r
)
für
das
Mensch-sein
ein:
das
Vorliegen
eines empirisch
feststeEbaren
Merk
mals
befindet
über
die Zugehörigkeit
Wenn
und
insofern
die
Natur
nicht
zu
uns
spricht,
tragen
wir
die
Verantwortung
für
unsere
Modellierungen,
die
wir
uns
nicht,
naturalisierend,
von
der
Natur
ab
nehmen
lassen
können.
In
dieser
Perspektive
ist
jeder
Versuch
der
Naturalisierung
nichts
weiter
als
jener
„göttliche
Trick
(Donna
H
araway
),
den
Ort
unsichtbar
ma
chen
zu
wollen,
von
dem
aus
das
jeweilige
Modell
entworfen
ist.
Hegemoniale
Modellierungen
können
sich
das
leisten.
Eine
emanzipatorische
Sportpädagogik
dagegen
sollte,
vielleicht,
bemüht
sein,
jenen
Nebel
zu
lichten.
Literatur
C
oubertin
,
P.
DE
(1966).
Der
Olympische
Gedanke.
Reden
und
Aufsätze.
Hg.
v.
Carl-
Diem-Institut,
Schorndorf:
Hofmann.
G
ehring
,
P,
(2004).
Es
blinkt,
es
denkt
Die
bildgebenden
und
die
weltbildgebenden
Verfahren
der
Neurowissenschaft
Philosophische
Rundschau,
51,
273-29$.
G
issel
,
N.
(2007).
Von
der
neuen
Theorie
des
Geistes
zu
einer
neuen
Pädagogik
des
Körpers?
Warum
die
Sportpädagogik
die
Körper-
und
Bewusstseinsdiskurse
in
der
Neurophilosophie
unbedingt
beachten
sollte.
Sportwissenschaft,
37
(1),
3-18.
K
ger
,
H.-P.
(2004).
Das
Hirn