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Ozeane
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
1. EINLEITUNG
Ozeane sind globale Orte par excellence: Meere bedecken annähernd drei Vier-
tel der Erde, der »blaue Kontinent« ist für das Erdsystem wie für die moderne
Zivilisation gleichermaßen von Bedeutung. Er ist Quelle für Nahrung und
Ressourcen, Medium für weltumspannende Infrastrukturen und Transporte
und zentrales Element des globalen Klimasystems. Daneben sind die Ozeane
aber eben auch abseitige Orte zur kontrollierten oder unkontrollierten Entsor
-
gung von Unbrauchbarem und Störendem aller Art (WBGU 2013, Leggewie
2013).
Die Weite der Ozeane führte seit der frühen Menschheitsgeschichte dazu,
die Meere als unerschöpflich und nahezu unendlich anzusehen. Noch im 17.
Jahrhundert dachte man, Schifffahrt und Fischerei hätten keinen nennens
-
werten Einfluss auf die Meere (Vidas 2010). Selbst die Umweltaktivistin Rachel
Carson ging in den 1940er Jahren noch davon aus, dass die Meere insgesamt
eher unverletzlich seien (Carson 1943) und noch in den 1950er Jahren konnte
ein Buch zweier damals bedeutender Wissenschaftler mit dem Titel The Inex
-
haustible Sea (Die unerschöpfliche See) erscheinen (Daniel/Minot 1955; Roberts
2007).
Der Umgang des Menschen mit den Meeren ist stark kulturell eingebun
-
den und geprägt von einer dauernden Ambivalenz des Meeres als Sehnsuchts-
ort und Gefahrenquelle für die Menschheit. Trotz umfassender Nutzung galten
die Meere bis in die Neuzeit vor allem als Ort des Schreckens, was sich auch
in unzähligen überlieferten Meeresmythen ausdrückt (Corbin 1994; WBGU
2013). Die Mythen der frühen Völker erzählen von Ängsten vor Stürmen, Flut
-
wellen, Nebeln, Seeungeheuern und Schiffbrüchen. In der nordischen My-
thologie trugen der Donnergott Thor und die Midgardschlange der Urozeane
einen meeresaufwühlenden Kampf aus (de Vries 2011). Die Bibel beeinflusste
mit dem Leviathan, dem Sintflut-Mythos oder der Teilung des Roten Meers
die Symbolik der Meere als ein Instrument göttlicher Strafen (WBGU 2013).
Preprint:
Leinfelder, R. & Haum, R. (2016): Ozeane.- In: Kersten, J. (ed):
Inwastement. Abfall in Umwelt und Gesellschaft. S. 153-179,
Bielefeld (Transcript-Verlag); ISBN 978-3-8376-3050-3
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
154
Durch die Säkularisierung und die Verwissenschaftlichung von Weltbildern
und Kosmologien sowie neue ästhetische Betrachtungsweisen entstanden zu
-
nehmend positive Bilder. Diese gipfelten in der »Meereslust« der Romantik
(Corbin 1994) und festen Redewendungen wie den »Inseln der Glückseligen«,
dem hoffnungsvollen »In See stechen« oder »zu neuen Ufern aufbrechen«.
Die in Mode gekommene Reise in die »Sommerfrische« führte nicht nur in
die Berge, sondern auch an die Meeresstrände oder auf Kreuzfahrten über die
Meere. Die kulturelle Wahrnehmung der Meere ist heute von Meeressport, Na
-
turbeobachtung (Tauchen, Walbeobachtung), Urlaub und global verfügbaren
kulinarischen Kostbarkeiten (Edelfische, Hummer, Austern) geprägt.
Zudem tragen weitverbreitete literarische und visuelle Narrative in der
Kunst und der Populärkultur dazu bei, eine Art maritimes Weltwissen verfüg
-
bar zu machen. In diesem Zusammenhang ist die Sorge um ikonische Meeres-
bewohner wie Wale und Eisbären oder auch um Korallenriffe zu sehen. Die
von den frühen Apollo-Missionen aufgenommenen Fotos »Earthrise« (1968)
und »Blue Marble« (1972) vertieften das Bewusstsein von der Verletzlichkeit
des gesamten Erd- und Ozeansystems und führten zu einer ersten Stärkung
des globalen Umweltgedankens. Differenziertere Bilder entwickelten sich erst
allmählich und ausschließlich bei speziellen Nutzergruppen und Experten
-
gemeinschaften. So sind sich professionelle Naturschützer ebenso wie viele
Meereswissenschaftler darüber im Klaren, dass die Meere vielfältig genutzt
werden und keinesfalls mehr Orte einer wie auch immer gearteten Wildnis
sind (Barr/Kliskey 2014; Halpern et al. 2008).
Im starken Kontrast zur Entwicklung romantischer, positiver Meeresbilder
begann der Mensch das Allmendegut Weltmeere immer vielfältiger und vor al
-
lem intensiver zu nutzen. Technik, Tatendrang und eine weitgehenden Blind-
heit gegenüber den Folgen führten zu einer rasanten Verschlechterung bis
hin zu einer teilweise bereits irreversiblen Zerstörung der Meeresumwelt. Das
geschah insbesondere durch Überfischung, aber auch durch die missbräuch
-
liche Verwendung der Ozeane als Abfalldeponie (WBGU 2013). Ein überaus
kritischer Zustand ist erreicht.
Weniger aus der kulturellen Bedeutung der Meere, denn vielmehr aus
der Praxis der stark durch technologische Sprünge im Schiffbau geprägten
Seefahrt und der entsprechenden Meeresnutzung heraus, bildeten sich spä
-
testens im 17. Jahrhundert auch umfassende rechtlich-normative Parameter
der Meeresnutzung. Während die Wikinger im 9. bis 11. Jahrhundert noch in
mehr oder minder »wilden« Raubzügen bis nach Nordafrika und Nordamerika
ausgriffen, hatten die Phönizier, Griechen und Römer im Mittelmeerraum be
-
reits regionale Identitäten geschaffen. Zu nennen wäre hier etwa das römische
politische Mare nostrum-Imperium mit einer universalistischen Rechtsord
-
nung. So betrachteten die Römer das Mittelmeer als ihr eigen (mare nostrum)
und unterhielten spezielle Flotten, die insbesondere die Seeräuberei und den
Ozeane
155
Schmuggel eindämmen sollten, womit sie das Mittelmeer zu einem für ihr
Imperium uneingeschränkt nutzbaren frei zugänglichen Raum der Seefahrt
erhoben (Höckmann 1985; Tellegen-Couperus 1993).
Der Bau leistungsfähiger Segelschiffe leitete das »Zeitalter der Entdeckun
-
gen« ein und führte zur Umwandlung des universalistischen, jedoch regio-
nalen römischen Rechts in ein globales Recht: Die Hohe See wurde nunmehr
als globales Gemeinschaftsgut (Mare liberum; Grotius 1609) betrachtet (WBGU
2013). Das Prinzip des »Mare liberum« wandte sich insbesondere gegen den
Monopolanspruch der portugiesischen »Mare clausum«-Politik und zielte
vor allem auf eine freie Seefahrt für alle (Papastravidis 2011). Damit wurden
schließlich die Tore für die imperialistische Globalisierung geöffnet.
Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts weitete sich der Atlantische Drei
-
eckshandel stark aus (Thomas 2006). Zum Ende des 18. Jahrhunderts führte
die Perfektionierung der Dampfmaschine durch James Watt zu einer Kaska
-
de neuer Techniken, darunter die Errichtung der Infrastrukturen der Eisen-
bahn sowie motorisierte Handelsschiffe. Die Dampfmaschine erlaubte durch
das Betreiben von Bergwerkspumpen auch den großmaßstäblichen Abbau von
Kohle, die zum Betrieb von Eisenbahnen und Schiffsmotoren und weiteren
Dampfmaschinen zur Gewinnung von Bodenschätzen sowie zur Verhüttung
von Eisen essenziell war. Im Zuge dessen kam es zum ersten Mal zum Aus
-
stoß signifikant hoher Anteile an fossilem CO
2
in die Atmosphäre (Osterham-
mel 2009; WBGU 2011).
Die Erfindung des nach seinem Erfinder Rudolf Diesel benannten, deutlich
effizienteren Motors sollte für Handwerker und Kleinbetriebe eine Alternative
zur teuren Dampfmaschine bieten. So hatte Diesel es gewollt, sein Motor kam
jedoch vor allem dem Aufbau einer neuen Klasse von Schlachtschiffen zugute
– ein Entwicklungsprozess, den Winston Churchill 1911 mit seiner Entschei
-
dung zum Bau solcher Schiffe eingeleitet hat (Köhler 2012). Neben der Marine
stellte sich auch die Handelsflotte rasch um. Alle motorisierten Tanker, Fracht-
und Kreuzfahrtschiffe werden bis heute mit Dieselmotoren betrieben. Etwa
95% des weltweiten Ferngüterhandels wird über die Weltmeere abgewickelt
(Flottenkommando der Marine 2011: 94).
Bis heute ist die friedliche Seefahrt frei und darf nicht nur die Hohe See,
sondern auch die Hoheitsgewässer der Nationen frei durchfahren. Die dazu
notwendigen Regelungen wurden im Internationalen Seerechtsübereinkom
-
men der United Nations (UNCLOS) vereinbart. Insgesamt haben sich also die
menschlichen Nutzungsformen der Meere ihrem Wesen nach über die Zeit
wenig verändert. Sie wurden und werden bewusst als Quelle für biologische
und mineralische Ressourcen, als Infrastruktur für den Personen- und Güter
-
verkehr sowie zunehmend für technische Installationen genutzt. Die Meere
werden jedoch zunehmend zu Ab-Orten für gasförmige, flüssige, gelöste und
partikuläre Materialien, die uns unnütz oder lästig geworden sind. Trotz des
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
156
inzwischen beträchtlichen wissenschaftlichen Wissens geschieht das teils un-
beabsichtigt, teils aber auch wissentlich bzw. unter Inkaufnahme eventueller
Folgeschäden.
Unter Müll bzw. Abfall werden insbesondere feste bzw. bewegliche Ma
-
terialien verstanden, wobei die Grenzziehungen im Detail schwierig sind.
Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz definiert Abfall als »alle Stoffe oder
Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledi
-
gen muss« (§ 3 Absatz 1 Satz 1 KrWG). Diese Definition weist zumindest auf
den Verursacher, den landbewohnenden Menschen hin. Abfallproduktion und
Entsorgung ist dieser Definition nach eine eindeutig menschliche »Kultur
-
technik«. Marine Organismen produzieren keinen Abfall, sondern ausschließ-
lich Produkte, die in biogene natürliche Kreisläufe eingeschlossen sind. Müll
in den Meeren ist daher auch als Ausweitung der Inbesitznahme des Meeres
durch den Menschen anzusehen.
Während in den Mythen der Frühzeit sagenhafte Meeresbewohner über
uns herrschten, uns bedrohten oder zu sündenfreiem Leben mahnten, scheint
beim Thema Meeresverschmutzung ein allgemeines Wegschauen nach dem
Motto »Aus den Augen, aus dem Sinn« oder bestenfalls ein schulterzuckendes
Hoffen auf den »homöopathischen« Verdünnungseff ekt der Meere die Ober
-
hand zu haben. Die Problematik wird weitgehend ignoriert, was sich auch in
mentalen Bildern spiegelt, die wir uns vom Meer machen. Die Übernutzung
der Meere als Ab-Orte kommt darin kaum oder gar nicht zum Ausdruck.
2. DER OZEAN ALS AB-ORT DES LANDWESENS MENSCH
Callum Roberts – der große Historiker der Meere – stellt sich in seinem Buch
The Ocean of Life (2012) sehr bildlich vor, wie Aristoteles vor mehr als 2000
Jahren am Strand von Lesbos gelegentlich das Holzfragment eines gekenterten
Bootes, ein verwittertes Stück Tau oder auch eine Ledersohle fand. Noch vor
nur hundert Jahren wäre er – häufiger zwar – über dieselben Dinge und zudem
noch über Glasschwimmkörper aus Fischernetzen, Fassdauben sowie organi
-
schen Abfall aus Flüssen gestolpert (Roberts 2012: 149ff.).
Heute hätte der große Philosoph und Naturforscher möglicherweise große
Mühe, einen Strand von einer Müllkippe zu unterscheiden. Allem voran türmt
sich Plastikschutt neben Blechbüchsen, Glasscherben und Altmetall. Ganze
Infrastrukturen, wie Schiffswracks, ausgediente Ölplattformen oder Eisen
-
bahnwaggons landen im Meer und werden oft Stück für Stück wieder an Land
gespült. Diese Art Müll ist immerhin einigermaßen wahrnehmbar. Unsicht
-
bar ist, was in Feinfraktion dazukommt: Atommüll, Arzneimittel, Pestizide,
Schwermetalle, Abwässer aus Landwirtschaft und Städten, Erdöl sowie Erdgas
aus Tanker- und Förderhavarien, aber auch bewusster Verklappung, sowie or
-
Ozeane
157
ganische Abfälle aus Flüssen, aber auch aus wieder über Bord geworfenen Bei-
fängen. Schließlich fungieren die Meere auch als CO
2
-Lager, entweder durch
direkte Lösung großer Teile anthropogenen Ausstoßes an fossilem Kohlendi
-
oxid, was die Meeresversauerung vorantreibt, oder auch durch die noch im
Anfangsstadium befindliche Verpressung des Gases in den Sedimenten unter
-
halb des Meeresbodens.
Das Meer als Auffangbecken: Einträge schädlicher Materialien in flüssiger
und in Wasser gelöster Form sind vielfältig, ihre Behandlung sprengt den
Rahmen dieses Beitrags, der seinen Schwerpunkt auf Abfall in fester Form
legt. Die Meere sind für uns heute mehr denn je Auffangbecken für Abwässer,
Giftstoffe und weitere Substanzen aller Art, welche über die Flüsse oder das
Grundwasser eingeleitet, von Schiffen und Bohrinseln verklappt, aus Aquakul
-
turanlagen eingespült, aus der Atmosphäre und über Land eingetragen wer-
den oder bei der Erdölförderung ins Meer gelangen (COML 2011; WBGU 2013),
sei es in flüssiger, gelöster, feinpartikulärer oder fester Form.
Der Großteil der landseitig eingetragenen Stoffe entstammt der landwirt
-
schaftlichen und industriellen Produktion oder den Abwässern von Haushal-
ten und Kommunen. Nährstoffe, Pestizide, Schwermetalle, toxische Stoffe aus
der Industrieproduktion sowie insbesondere Plastik und weiterer fester Müll
dominieren hierbei. Seit den späten 1940er Jahren werden für die Landwirt
-
schaft anorganische Düngemittel auf Phosphat- und Nitratbasis industriell
hergestellt (Mackenzie et al. 2002), wobei sich deren Nutzung enorm verbrei
-
tet und intensiviert, d.h. beschleunigt hat. Die anthropogene Produktion re-
aktiven Stickstoffs (N) hat sich seit der Industrialisierung von ca. 15 auf 156 Mt
N pro Jahr verzehnfacht. Sie übersteigt mittlerweile die natürliche Menge des
Stickstoffkreislaufes. Bis 2050 wird sogar eine Steigerung auf ca. 267 Mt N
pro Jahr angenommen (Galloway et al. 2004; Bouwman et al. 2009). Ähnlich
dramatisch ist die Steigerung der Einträge von Phosphor in die Ozeane. Die
-
se Überdüngung führt zu vermehrtem Algenwachstum und Eutrophierung
bis hin zu Sauerstoffarmut. Insbesondere Korallenriffe, aber auch viele andere
marine Ökosysteme sind davon betroffen. Insgesamt ist die Vermüllung der
Meere eingebunden in die seit den 1950er Jahren durchstartende »Große Be
-
schleunigung« der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse sowie der
damit einhergehenden anthropogenen Veränderungen des Erdsystems (Stef
-
fen et al. 2011, 2015).
Zu den in die Meere gelangenden chemischen Schadstoffen gehören
Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium, aber auch langlebige orga
-
nische Schadstoffe (Persistent Organic Pollutants, POPs), darunter das Insek-
tizid DDT, polychlorierte Biphenyle (PCBs) und polyfluorierte Verbindungen
(PFCs). Sie werden teilweise eigens für industrielle und landwirtschaftliche
Zwecke produziert, fallen aber auch bei Fertigungs- oder Verbrennungspro
-
zessen als Nebenprodukte an. Schwermetalle werden gezielt gefördert oder
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
158
eingesetzt, etwa zur Metallveredlung. Obwohl es inzwischen zunehmend
Datenreihen und Emissionskataster gibt, sind Zahlen zu den Verunreinigun
-
gen insgesamt nur schwer zu generieren. Insgesamt werden mehr als 300 che-
mische Substanzen für die Meeresumwelt als gefährlich eingestuft (OSPAR
2010). Etliche davon, wie etwa langlebige organische Substanzen (POPs) und
Schwermetalle, welche seit Jahrzehnten in die Meere gelangen, können schwe
-
re Schädigungen der marinen Fauna hervorrufen. Außerdem können sie über
die Nahrungskette akkumulieren und so auch wieder durch den Menschen
aufgenommen werden. Aufgrund ihrer Langlebigkeit werden POPs in weit von
den Schadstoffquellen entfernte Regionen transportiert, wie z.B. in die Arktis,
wo sie in teils gesundheitsgefährdenden Konzentrationen in Organen von Eis
-
bären, Walen und Seevögeln nachgewiesen werden konnten. Außerdem wird
zunehmend bekannt, dass POPs auch an Mikroplastikpartikeln angereichert
werden, wodurch sich neue Wege in Nahrungsketten eröffnen.
Während die Auswirkungen der POPs auf den Menschen noch ungenü
-
gend erforscht sind – sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein und den
Hormonkreislauf zu beeinflussen (UNEP-AMAP 2011) – sind die toxisch auf
das Nervensystem wirkenden Effekte des Quecksilbers gut bekannt (WHO
2007b). Auswirkungen auf ganze Ökosysteme sowie kumulative Effekte be
-
dürfen hingegen noch der Erforschung. Die Anreicherung in Tieren am obe-
ren Ende der Nahrungskette ist allerdings mittlerweile so hoch, dass in be-
stimmten Regionen vor dem Verzehr von Fisch und Walfleisch gewarnt wird
(OSPAR 2010b).
Der Beginn des postulierten neuen erdgeschichtlichen Abschnitts – dem
Anthropozän – ist international noch nicht festgelegt. Nach einem aktuellen
Diskussionspapier der damit beauftragten internationalen Arbeitsgruppe wird
derzeit insbesondere das Einsetzen der atomaren Testversuche als möglicher
Zeitpunkt diskutiert (Zalasciewicz et al. 2015a, 2015b). Seit dem 16.7.1945 –
dem ersten Atomwaffentest (»Trinity Test«) – gelangen anthropogene radio
-
aktive Substanzen in die Umwelt und landen letztendlich vor allem in den
Meeren (Aarkrog 2003), wo sie sich als Referenzhorizont teilweise über Millio
-
nen von Jahren nachweisen lassen. Das meiste Material stammt aus den atmo-
sphärischen Nuklearwaffentests der 1950er und 1960er Jahre, ein geringerer
Anteil aus den Reaktorunfällen in Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011).
Fukushima übertrifft seiner Lage wegen Tschernobyl hinsichtlich der Effek
-
te auf die Meere (Buesseler et al. 2011). Zudem werden bis heute legale Ein-
leitungen radioaktiver Abwässer aus nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen
durchgeführt (Livingston/Povinec 2000). Hinzu kommen die Verklappung
radioaktiver Abfälle oder kleinere AKW-Unfälle, deren Auswirkungen aller
-
dings wie andere Schadstoffe auch durch Meeresströmungen schnell global
verteilt werden (AMAP 2010). Auch verseuchen von Mini-AKWs angetriebene
Atom-U-Boote durch auslaufenden, radioaktiven Müll die See (Matishov et al.
Ozeane
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1999). Von 1949 an haben vierzehn Staaten ganz offiziell Atommüll auf dem
Meeresboden gelagert, bis 1993 die Lagerung von radioaktivem Müll in den
Meeren verboten wurde (IAEA 1999). So rosten etwa noch über 220.000 legal
im Atlantik versenkte Fässer mit Atommüll am Meeresboden langsam vor sich
hin. Bis vor kurzem wenig beachtete radioaktive Quellen sind auch stillgelegte
nuklear betriebene Schiffe (AMAP 2010).
Abgesehen von den Belastungen bei akuten Unfällen wie in Fukushima
liegen die durchschnittlichen Belastungsdosen durch Radionuklide für ma
-
rine Organismen sowie den Menschen durch den Verzehr belasteter Meeres-
tiere weit unter internationalen und EU-Grenzwerten. Die stärkste Belastung
stammt weiterhin aus natürlichen Quellen (UNEP/GPA 2006). Problematisch
ist allerdings die Langlebigkeit radioaktiven Mülls und die dadurch resultieren
-
de Akkumulation entlang von Nahrungsketten.
Das Meer als CO
2
-Senke: Bislang haben die Weltmeere etwa ein Drittel der
anthropogenen CO
2
-Emissionen aufgenommen. Diese Emissionen stammen
im Wesentlichen aus fossilen Energiequellen sowie aus Landnutzungsände
-
rungen (Khatiwala et al. 2012). Bezogen nur auf die Emissionen aus fossilen
Energiequellen werden 45% davon von den Meeren aufgenommen. Insgesamt
befinden sich heute in den Meeren etwa 38.000 Gt Kohlenstoff in gelöster oder
dissoziierter Form. Dies übersteigt den Kohlenstoffgehalt der Atmosphäre um
das fünfzigfache und den der terrestrischen Biosphäre und der Böden um das
zwanzigfache (WBGU 2006, 2011). Die Ozeane sind damit der größte natür
-
liche Speicher des Treibhausgases CO
2
, welches allerdings bei Erreichen der
Sättigung auch leicht wieder abgegeben werden kann, sodass die Ozeane von
einer Senke zu einer Quelle von CO
2
werden würden. Die enorme Klimarele-
vanz der Ozeane ist wissenschaftlich unstrittig. Ozeane sind ein natürliches
Puffersystem und halten sich ohne Berücksichtigung des fossilen CO
2
mit der
Atmosphäre im Gleichgewicht. Erst die anthropogene Zufuhr fossilen Kohlen
-
stoffs an die Atmosphäre ändert den CO
2
-Partialdruck der Atmosphäre und
macht dadurch die Ozeane zu einer Senke. Der derzeitige Eintrag an CO
2
in
die Ozeane von etwa 2 Gigatonnen pro Jahr ist folglich ausschließlich durch
den Menschen bedingt (WBGU 2011). Der Seeschiffsverkehr, der nach wie vor
ganz überwiegend auf Dieselmotoren setzt, trägt immerhin zu etwa 3% der
globalen Treibhausgasemissionen bei. Dieser Anteil könnte sich bis 2050 ver
-
dreifachen (UNCTAD 2011: 27).
Das Meer als CO
2
-Speicher: Um auch weiterhin die großen Vorräte an fossi-
len Energieträgern nutzen zu können, wird auch das Abfangen von CO
2
durch
Filteranlagen und dessen Verpressung im Meeresboden diskutiert und getes
-
tet (Carbon Capture and Storage). Verflüssigtes CO
2
wird dabei per Pipeline
oder per Schiff zum Untergrundspeicher transportiert. Zu diesen Zwecken
bestehen bisher etwa 5.000 km Pipeline, entsprechende Schiffe mit Fassungs
-
vermögen von ca. 40.000 Tonnen CO
2
werden derzeit konstruiert. Insbeson-
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
160
dere im norwegischen Sektor der Nordsee, aber auch in weiteren Anlagen wird
bereits in einem wissenschaftlichem Großversuch CO
2
verpresst und gelagert
(WGBU 2013). Allerdings ist eine Garantie der Permanenz der Speicher gene
-
rell unmöglich. Der IPCC fordert Speicherdichten, bei denen nach 1.000 Jah-
ren noch 99% des CO
2
gespeichert sein sollen. Der Wissenschaftliche Beirat
der Bundesregierung globale Umweltveränderungen (WBGU) hat sich unter
Erwägung des Vorsorgeprinzips für eine Rückhaltezeit von 10.000 Jahren aus
-
gesprochen, da auch geringe Leckage-Raten bei großen Mengen gespeicherten
Kohlendioxids den gefährlichen Klimawandel vorantreiben (WBGU 2006).
Eine Rückhaltezeit von 10.000 Jahren ist in tiefen Aquiferen theoretisch er
-
reichbar. Allerdings dürfte sich mit den hohen Anforderungen die Zahl der
geeigneten Lagerstätten sehr stark einschränken. CCS-Lagerstätten wären
technisch auch an Land möglich und dort günstiger befüllbar sowie einfacher
überwachbar, wobei allerdings auch hier die Zahl der geeigneten Lagerstätten
kaum genügen dürfte. Die Auslagerung in die Meere erscheint daher einmal
mehr auch als eine Verdrängungsstrategie.
Das Meer als Mülldeponie: Die Meere werden in einem der Öffentlichkeit
kaum bekannten Ausmaß auch als Deponie für Feststoffmüll genutzt. Fische
-
reischiffe werfen kommerziell nicht nutzbaren Beifang über Bord. Das Ge-
wicht an Rückwurf von Fisch und anderen Meeresorganismen wird auf 8-20
Millionen Tonnen geschätzt (Jaquet/Pauly 2008), was knapp einem Fünftel
der gefischten Meeresorganismen (ca. 80 Millionen t/a; FAO 2012) entspricht,
das – meist tot – wieder in die See geworfen wird. Auch Handels- und Tou
-
rismusschiffe verklappen Teile ihrer Bordabfälle im Meer. Das internationale
Marpol-Abkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe
erlaubt – mit Ausnahme einiger Sondergebiete, wie Nord- und Ostsee, Mittel
-
meer oder Karibik – tatsächlich ab einer Entfernung von mindestens 25 See-
meilen zur Küste die Entsorgung von Stauholz, sowie von schwimmfähigen
Verpackungs- und Staumaterialien, die nicht aus Kunststoff sind. Bereits ab 12
Seemeilen dürfen Lebensmittelabfälle sowie sonstiger Müll wie Papier, Lum
-
pen, Glas, Metall und dergleichen in die See abgegeben werden. Materialien
aus Kunststoff müssen an Land entsorgt werden (Marpol 1973/78, Annex V).
Dennoch landen weiterhin Teile des Hausmülls aus ungesicherten strandna
-
hen Müllkippen sowie durch direkten Eintrag und bei touristischen Aktivitäten
entsorgten Abfällen oft im Meer. Selbst weit im Inland liegende Mülldeponien
können durch Erosion, Stürme, aber auch durch mangelhafte Überwachung
ein Quell ständiger Müllzufuhr in die Meere werden. Darüber hinaus führt die
industrielle Nutzung der Meere, etwa der Abbau von Kies oder das Betreiben
von Ölplattformen, zu weiterem Müll in den Meeren. Das Umweltbundesamt
schätzt, dass sich allein auf dem Boden der Nordsee 600.000 qm3 Müll be
-
finden (UBA 2013a).
Ozeane
161
Tausende Tonnen Bauschutt, giftige Flugasche aus Kohlekraftwerken, alte
Autoreifen, Ölbohrinseln, Schiffe, Autos und Straßenbahnwagen wurden in
den vergangenen Jahrzehnten als sogenannte »künstliche Riffe« im Meer ver
-
senkt. Die ökologischen Konsequenzen sind zumeist enorm: Auf Sekundär-
substraten wie Metall, Kautschuk oder Kunststoff siedeln sich etwa Steinkoral-
lenlarven in der Regel nicht an. Anstriche, Antifouling-Lacke und Altöl geben
Schadstoffe ab. Metallschrott dient insbesondere als Versteck für Fische und
wird für die Fischerei dann zu effizienten Fischfallen, um die herum es sich
besonders zu fischen lohnt (Schuhmacher 2008). Im Blickpunkt der Öffent
-
lichkeit und neuerdings auch der Wissenschaft steht jedoch insbesondere die
Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll.
3. PLASTIK IN DEN MEEREN
Plastik sind Kunststoffe aus organischen Polymeren, die zum Großteil aus Erd-
öl hergestellt werden und nur zu einem kleinen Teil pflanzlichen Ursprungs
sind. Auf Grund ihrer vielfältigen Eigenschaften wie Formbarkeit, Elastizität,
Beständigkeit, Bruchfestigkeit sowie der vergleichsweise geringen Herstel
-
lungskosten werden Kunststoffe weltweit in einer schier endlosen Anzahl an
Variationen verwendet. Die Polymere gelten auf Grund ihrer molekularen Grö
-
ße als ungefährlich für die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Aller-
dings finden sich in Kunststoffen Reste von bedenklichen Monomeren sowie
einer ganzen Reihe von Behandlungs- und Zusatzstoffen, die den verschiede
-
nen Kunststofftypen einerseits zu ihren spezifischen Eigenschaften verhelfen,
andererseits aber toxisch wirken können (Lithner et al. 2011).
Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Kunststoffproduktion seit den
1950er Jahren von etwa 2 Millionen Tonnen jährlich auf 299 Millionen Tonnen
im Jahr 2013 mehr als verhundertfacht hat, wobei in dieser Schätzung PET, PA
und Polyacryl-Fasern nicht mit eingerechnet sind. Der Umfang der Plastik
-
produktion korreliert mit dem globalen Wirtschaftswachstum. So brachte die
ökonomische Krise von 2008 vorübergehend einen deutlichen Rückgang der
Plastikproduktion. Der größte Plastikproduzent ist China mit knapp 25% der
Jahresproduktion für 2013, gefolgt von der Europäischen Union (27 EU-Staaten
sowie Norwegen und die Schweiz) (20%) und den Ländern der Nordamerika
-
nischen Freihandelszone (19,4%). Innerhalb der Europischen Union ist die
Bundesrepublik Deutschland der mit Abstand größte Produzent von Kunst
-
stoffen. In der Europischen Union fallen fast 40% auf die Produktion von
Verpackungen, gut 20% kommen im Bausektor zum Einsatz und 8,5% finden
Einsatz in der Automobilindustrie (Plastics Europe 2015).
Was nach der Verwendung mit dem Plastik geschieht, ist nur teilweise ge
-
klärt. Ein Teil wird im Rahmen des Abfallmanagements als Müll in Deponien
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
162
gelagert, zur Energiegewinnung verbrannt oder recycelt. Der Rest bleibt als
Teil von Produkten über einen längeren Zeitraum in Verwendung oder endet
als Müll in der Umwelt. Eine neue Studie, mit Zahlenmaterial der Weltbank,
schätzt basierend auf der Untersuchung von 192 Meeresanrainerstaaten für
das Jahr 2010, dass Plastik im Durchschnitt 10 % des Gesamtmüllaufkom
-
mens ausmacht (Jambeck et al. 2015).
In der Europischen Union inklusive Norwegen und der Schweiz werden
nach Angaben des Verbands der Plastikindustrie 36% des verwendeten Plas
-
tiks verbrannt, 38% in Mülldeponien gelagert und 26% recycelt, wobei die
jeweiligen Anteile in den Ländern stark variieren (Plastics Europe 2015). In
den Vereinigten Staaten werden lediglich 9% des im Hausmüll anfallenden
Plastiks recycelt, der Rest kommt auf die Deponie (EPA 2013).
Auch in Entwicklungs- und Schwellenländern haben veränderte Lebenssti
-
le den Einsatz von Plastik und damit auch Plastikabfälle stark zunehmen las-
sen. Das Schwergewicht liegt auch hier im Verpackungsbereich. Eine geregelte
Abfallentsorgung ist in diesen Ländern generell noch weniger entwickelt als in
Industrieländern. Auch wenn der Müll zunächst geregelt entsorgt wird, landet
er zuletzt meist in offenen, ungesicherten Mülldeponien, aus denen Kunststof
-
fe über Wind und Ausspülungen nach Regenfällen ins Meer gelangen können
(UN ECA 2009; Zhang et al. 2010). Es existieren zwar aktuell keine übergrei
-
fenden Zahlen für Kunststoffrecycling, aber Fallstudien zu einzelnen Städten
zeugen von der Schwere des Problems. In Nairobi beispielsweise werden über
80% des benutzten Plastiks ungeregelt in der Umwelt entsorgt (Kenya Natio
-
nal Cleaner Production Centre 2006).
Die Menge an Plastik, die tatsächlich im Meer endet, ist schwer zu bezif
-
fern. Die Europäische Union spricht von geschätzt mehr als 100.000 Tonnen
flottierenden Plastiks in den Meeren (EC 2011); Erikson et al. (2014) gehen so
-
gar von über 250.000 Tonnen aus. Eine neuere Modellrechnung schätzt den
Eintrag von Plastikabfall durch Küstenanrainerstaaten auf zwischen 4,8 und
12,7 Millionen Tonnen allein für das Jahr 2010 (Jambeck et al. 2015). Die Schät
-
zung beruht auf Daten der Weltbank, wobei die Autoren die Unsicherheit der
Datenlage betonen
(Hoornweg/Bhada-Tata 2012). Momentan ist die Konzent-
ration von marinem Plastikabfall in der nördlichen Hemisphäre größer als in
der südlichen (Lebreton et al. 2012).
Etwa 80% aller Plastikabfälle im Meer stammen von Land (EC 2011; Cole
et al. 2011). Sie gelangen über Abwasserkanäle, Kläranlagen, industrielle Ein
-
leitungen oder durch in Flüssen bzw. an Küsten entsorgtem Müll ins Meer.
Die anderen 20% sind Abfälle und Überreste von Schiffen, Bohrinseln, Aqua
-
kulturanlagen oder der Fischerei. Zu trauriger Berühmtheit gelangten nicht
zuletzt die herrenlos im Meer treibenden, aus Kunststoff gefertigten Fischerei
-
netze als Vogel-, Fisch- und Schildkrötenkiller. Aber auch in einfachen Plastik-
tüten verheddern sich Tiere und gehen daran zu Grunde.
Ozeane
163
Einmal ins Meer gelangt, sind Kunststoffe dort allgegenwärtig: an der
Oberfläche, in der Wassersäule und am Grund, sogar in der Tiefsee. Die Mee
-
resströmungen verteilen Kunststoff über sehr weite Strecken bis in entlegene
Meeresregionen. An Stränden und in den fünf ozeanischen Müllkreiseln rei
-
chert er sich besonders an. Zu einem Austausch von Plastikabfall zwischen der
Nord- und der Südhemisphäre kommt es auf Grund der Wind- und Strömungs
-
muster nur in wenigen Küstengebieten (Andrady 2011; UNEP 2011; Lebreton et
al. 2012; van Cauwenberghe et al. 2013).
Zur Beurteilung der vielfältigen und teils gravierenden schädlichen Um
-
weltwirkungen von Plastik muss zwischen Makro- und Mikroplastik unter-
schieden werden. Die Wissenschaft hat verschiedene Einordnungen in Größen-
klassen vorgenommen, deren feine Unterschiede in diesem Zusammenhang
nachrangig sind. Wichtig ist, dass Plastikteile in so gut wie allen Größen ihr
Unwesen treiben: vom riesigen Netz über gut sichtbare Bruchstücke bis hin
zu mit bloßem Auge nicht erkennbaren Partikeln. Eine gängige Einteilung be
-
zeichnet alle Plastikpartikel die kleiner als 5 Millimeter sind als Mikroplastik.
Es gilt hier allerdings festzuhalten, das im Meer vor allem Plastikpartikel in
einer Größe von wenigen Mikrometern (µm) vorhanden sind (Andrady 2011).
Solch winzige Plastikpartikel werden auch als Nano-Plastik bezeichnet und
entsprechen in ihrer Größe einer ganzen Reihe von Planktonarten. Plastik
-
granulat, dass mit Größen von über 5 Millimeter ebenfalls schwer sichtbar und
im Meer weit verbreitet ist, wird gelegentlich als Meso-Plastik bezeichnet. Alle
größeren Plastikteile werden dementsprechend als Makroplastik kategorisiert.
Die genaue Lebensdauer von Plastik im Meer ist nicht bekannt, wird aber auf
bis zu 450 Jahre geschätzt (UBA 2010, 2013a, 2013b).
Mikroplastik gelangt zum Teil durch Abwässer ins Meer. Winzige Partikel
u.a. aus kosmetischen Peelings, Zahncremes, Scheuermitteln sowie Kunst
-
harz-Granulat (Rohstoff für andere Plastikprodukte) bauen sie sich nicht von
selbst ab und werden in Kläranlagen nicht herausgefiltert. Vielmehr noch kön
-
nen Klärwerke selbst zu Verursachern der Verschmutzung mit kleinen Plastik-
teilchen werden. Es sind mehrere Fälle bekannt, in denen bei unsachgemäßer
Anwendung oder Überflutung der Klärbecken durch Regen Kunststoff-Träger
-
teilchen für Bakterienkulturen zur Aufbereitung von Abwasser zu Hundert-
tausenden ausgeschwemmt und an Stränden gefunden wurden (Odenthal
2013). Zunehmend nachgewiesen werden auch Mikroplastik-Fasern, die sich
beim Waschen synthetischer Stoffe lösen und weder von Waschmaschinen
noch von Klärwerken zurückgehalten werden (Browne et al. 2008, 2011; Woo
-
dall et al. 2014).
Mikroplastik entsteht außerdem bei Verwitterung größerer Plastikteile
durch Sonneneinstrahlung oder mechanische Belastung durch das Meer, ganz
besonders an Stränden (Andrady 2011). An Stränden und in küstennahen Sedi
-
menten ist Mikroplastik weltweit zu finden. Im Meereswasser wurden in star-
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
164
kem Maße unterschiedliche Konzentrationen ermittelt. Je dichter eine Küste
besiedelt ist, desto höher sind die nachgewiesenen Konzentrationen. In einem
Hafen in der Nähe einer schwedischen Kunststofffabrik wurde eine Konzen
-
tration von 100.000 Partikeln pro Kubikmeter Wasser gemessen. Im offenen
Meer ist die Konzentration wesentlich geringer (Wright et al. 2013).
Die Umwelteffekte von Makro- und Mikroplastik sind sehr unterschiedlich.
Fischereinetze und größere Plastikteile erwürgen und verletzen Meeressäuger,
Fische und Seevögel. Von ungefähr 44% aller Seevogelarten weiß man, dass
sie kleinere Plastikteile fressen; einzelne Arten füttern Plastikteilchen sogar
an ihre Jungen (Andrady 2011). Auch in Fischen finden sich – insbesondere in
den Populationen in Plastikstrudeln – oft hohe Anteile von Plastikpartikeln im
Mageninhalt (Boerger et al. 2010; Davidson/Asch 2011).
Makroplastik sinkt auch zum Meeresboden, lagert sich dort ab und kann
von Hartsubstrat abhängige Organismen anziehen. Auch flottierende Plastik
-
teilchen können von Organismen besiedelt werden, dadurch zu Boden sinken,
dort gegebenefalls wieder abgeweidet werden und danach wieder aufsteigen.
Kunststoffpartikel können also eine sehr lange Verweildauer in verschiedens
-
ten Bereichen der Wassersäule haben. Der Floßeffekt von Plastikteilchen kann
zudem dazu beitragen, die Ausbreitungsgeschwindigkeit invasiver Arten zu
erhöhen. All dies kann zu Veränderungen benthischer und pelagischer Ar
-
tenzusammensetzungen und deren Ökosystemen führen (Katsanevakis 2008;
Gregory 2009; Golfstein et al. 2012; Wright et al. 2013).
Die Wirkungen von Mikroplastik sind gänzlich anders gelagert und weni
-
ger gut bekannt. Mikroplastik ist in der Lage, hormonschädigende und krebs-
erregende Stoffe wie PCBs oder POPs an sich zu binden. Kunstharz-Granulat
mit unterschiedlich hohen Konzentrationen an PCBs, die das Granulat im
Meerwasser aufgenommen haben muss, wurde an den Stränden von sechzehn
Ländern gefunden (Teuten et al. 2009). Einmal gebunden, können sich diese
Substanzen verteilen, durch Nahrungsaufnahme in Organismen anreichern
und in der Nahrungskette akkumulieren (Cole et al. 2011; Andrady, 2011; Ugo
-
lini et al. 2013).
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass nahe dem Meeresboden
lebende Organismen wie Seegurken und Kaiserhummer sowie verschiedene
kleinere, von Plankton lebende Fischarten Mikroplastik aufnehmen (Wright
et al. 2013). Meist ist nicht bekannt, ob das Mikroplastik wieder ausgeschie
-
den wird. Das bedeutet ein großes Manko, sofern mögliche Schäden davon
abhängen und auch ein Transfer von Mikroplastik und Schadstoffen in die
Nahrungskette möglich ist. Obwohl die vorliegenden Untersuchungsergebnis
-
se noch kein Gesamtbild ergeben, besteht durchaus Anlass zur Sorge. Im Kot
von Robben und Seelöwen ist bereits Mikroplastik gefunden worden, was Indiz
für einen Eingang in die Nahrungsketten sein könnte. Bei experimentellen
Untersuchungen mit Miesmuscheln, konnte nachgewiesen werden, dass Mi
-
Ozeane
165
kroplastik in deren Blut übergegangen war (Browne et al. 2008; Wright et al.
2013). Auch ist ein direkter Zusammenhang bei der Aufnahme von Plastik und
der PCB-Konzentration im Fettgewebe von Großen Sturmtauchern (Puffinus
gravis) hergestellt worden (Teuten et al. 2009).
Nach einer Schätzung von Thompson et al. (2004) machte der Anteil von
Plastik am Eigengewicht ausgewählter Strände 10% aus. Untersuchungen zur
Sedimentation von Makro- und Mikroplastikpartikeln am Meeresboden sind
noch selten, zeigen jedoch bereits das Vorhandensein von signifikanten An
-
teilen von Plastik auf – und das in allen Meeresbodenbereichen, von Strand-
sedimenten bis zu Tiefseeablagerungen.
1
Auch wenn Mikroplastikpartikel
von sedimentfressenden oder filtrierenden, grabenden oder festsitzenden Or
-
ganismen aufgenommen und gegebenenfalls sogar »verdaut« werden können
(Browne et al. 2008), werden die meisten dieser Partikel letztendlich als men
-
schengemachte Sedimentkörner bzw. »Technofossilien« (sensu Zalasiewicz et
al. 2015) in marine Sedimente integriert werden. Daher sehen Zalasiewicz et
al. (2015) das Auftreten sedimentärer Plastikpartikel seit den 1950er Jahren als
weiteres Kriterium zur Definition der Basis des Anthropozäns als neue erdge
-
schichtliche Epoche. Auf Grund dieser kurzen Zeitspanne gibt es noch keine
Erkenntnisse zur Langzeitüberlieferung von Plastikpartikeln als Bestandteil
von Meeressedimenten. Insbesondere in feinkörnigen Sedimenten bzw. bei
hoher Hintergrundsedimentationsrate und dadurch raschem Sauerstoffab
-
schluss ist – in Analogie zur aus der Erdgeschichte unter solchen Bedingungen
bekannten Erhaltung organischer Substanzen – jedoch eine extrem reduzierte
Abbaurate und damit eine geologisch signifikante Persistenz anzunehmen.
4. MÜLL ALS TEIL DES MENSCHHEITSERBES MEER:
EIN SYSTEMISCHER LÖSUNGSVERSUCH
Die Verschmutzung der Ozeane ist ein typisches Beispiel im Sinne der Tra-
gedy of the Commons (Tragödie des Allgemeinguts). Nach diesem Prinzip
werden Allgemeingüter wie öffentlich zugängliche Ressourcen vom Individu
-
um bis zum Maximum ohne Eigenbeschränkung genutzt. Da die Ressourcen
begrenzt sind, werden diese zwangsläufig übernutzt und zerstört, so lange
keine Beschränkungen erfolgen (Gordon 1954). Solange Staaten und Indivi
-
duen nicht dafür Sorge tragen, Müll und besonders Plastikmüll nicht im Meer
zu deponieren, besteht für das Meer eine Tragödie des Allgemeinguts darin,
dass wichtige Funktionen der Ozeane – wie zum Beispiel deren Funktion als
Nahrungslieferant (Stichwort: Überfischung) oder als Erholungsraum – nicht
1 | Vgl. Barnes et al. 2009; Bergmann/Klages 2012; Browne et al. 2011; Claessens et
al. 2011; Dekiff et al. 2014; Pham et al. 2014; Watters et al. 2010.
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
166
mehr zur Verfügung stehen werden. Die Idee des Mare liberum im Sinne
eines freien Zugangs zur See lässt sich auf die Nutzung der Meere als Trans
-
portwege anwenden, nicht aber auf deren Nutzung als Ressourcenquelle bzw.
Auffangbecken und Müllhalde.
Plastik in den Meeren hat seitens der Wissenschaft und der Politik zwar be
-
reits einige Aufmerksamkeit erfahren – von einer Lösung des Problems kann
jedoch nicht einmal in Ansätzen in die Rede sein. Eine Reihe internationaler
Einrichtungen wie die OSPAR- Kommission oder die HELKOM-Kommission
haben zum Ziel, den Eintrag von Müll in die Ozeane zu reduzieren. Bislang
sind diese Bemühungen jedoch nur wenig erfolgreich. Auch unternehmen
viele Länder Anstrengungen, Plastikmüll sicher zu entsorgen oder wieder zu
verwerten. Mit Blick auf die Prognosen zur Plastikproduktion – sie wird weiter
steigen – und den immer noch wachsenden Eintrag von Plastik ins Meer, muss
man feststellen, dass der gesellschaftliche Umgang mit Plastik derzeit alles
andere als zufriedenstellend ist.
Von der Landseite aus müssten verstärkte Anstrengungen unternommen
werden, den Einsatz von Plastik zu reduzieren und benutztes Plastik in ge
-
schlossene Stoffkreisläufe zu integrieren. Hier ist zum einen die Politik ge-
fragt, etwa mit einem Verbot der kostenlosen Abgabe von Einmalplastiktüten,
der Einführung von Pfand-Mehrwertsystemen bei der Verpackung von Le
-
bensmitteln und anderen Produkten, aber auch in der Unterstützung zahl-
reicher gesellschaftlicher Initiativen, die sich für saubere Meere einsetzen.
Zusätzlich müssten sich auch Unternehmen stärker ihrer Verantwortung als
Produzenten bewusst werden und den Einsatz von Plastik vermeiden bzw. Re
-
cycling aktiv unterstützen. Erfreulicherweise stellten nach Bekanntwerden der
weiten Verbreitung feinster Plastikpartikel in kosmetischen Produkten viele
Produzenten aufgrund von Kundendruck rasch auf ökologisch unbedenkliche
Zusatzstoffe um bzw. kündigten die baldige Umstellung an (BUND 2015).
Im Kontext eines »Inwastements« sollte aber insbesondere die kulturelle
Dimension – verstanden als Spiegel der gesellschaftlichen Wahrnehmung –
bei der Lösung des Plastikproblems im Vordergrund stehen. Sieht man im Ver
-
hältnis von Plastik und weiterem Müll zu den Meeren nämlich eine kulturelle
Praxis, erkennt man, dass durch unser Handeln u.a. auch das Verhältnis von
Mensch, Gesellschaft und Natur produziert und reproduziert wird. Teil die
-
ses Handelns sind kognitive Bedeutungs- und Sinnstrukturen, an denen sich
unsere jeweiligen Handlungen bewusst und unbewusst ausrichten. Naturbil
-
der sprechen – überspitzt gesagt – über unser Naturverhältnis und reproduzie-
ren es (Hörning/Reuter 2004). Im Fall der Ozeane scheint eine tiefe Kluft zu
bestehen zwischen der an kulturellen Artefakten ablesbaren Imagination der
Meere als Ort des Abenteuers, der Erholung und der Freiheit und der Praxis,
die Meere als Kloaken zu nutzen.
Ozeane
167
Notwendig ist folglich ein kulturelles und soziales Umdenken, um die
Meere – unter Wahrung der positiven Imagination – als Ort gravierender, vom
Menschen gemachter Umweltprobleme überhaupt wahrzunehmen. Dies kann
in mehreren unterschiedlichen Schritten geschehen:
Auf einer ersten Ebene sollten die problematischen Aspekte von Plastik
stärker artikuliert werden, um die Wahrnehmung zu verändern. So gibt es
beispielsweise den Vorschlag, Plastik auf Grund der toxischen Eigenschaften
bestimmter Plastikbestandteile als »hazardous« (»gefährlich«/»Gefahrgut«)
einzustufen (Rochman et al. 2013). Dies hätte weitreichende Folgen für den
Umgang mit Plastik, denn in vielen Ländern gibt es spezielle Regeln für den
Umgang mit Gefahrgütern. Die Einschränkung des Blicks allein auf Kunst
-
stoffe ist in diesem Zusammenhang jedoch unzureichend. In der Umweltpoli-
tik spricht man bei der Fokussierung auf den Schadstoff als End-of-Pipe-Strate-
gie: Ein umweltschädlicher Stoff wird nach der Herstellung und Verwendung
am Eintritt in die Umwelt gehindert und entsorgt. Der Nachteil besteht darin,
dass die Verhinderung des Eintritts – falls sie technisch überhaupt realisier
-
bar ist – meist mit erheblichen Kosten verbunden ist und das Umweltproblem
oft einfach nur geographisch verschoben wird. Wohin mit dem Müll, wenn er
nicht im Meer landen soll? Sowohl Müllverbrennung als auch die Deponie
-
rung von (Plastik-)Abfall sind ökologisch nicht problemlos.
Auf einer zweiten Ebene stünden Start-of-Pipe-Lösungen: Die Umwelt
-
wirkungen von Produkten werden vor Herstellung und Einsatz abgeschätzt,
um negative Effekte zu vermeiden. Dieser Ansatz hat eine starke kulturelle
Dimension, sofern bei der Entwicklung von Plastik neue Leitbilder und Stra
-
tegien ausschlaggebend wären, die positive Aspekte wie »umweltfreundliches
Plastik« oder »100% Plastikrecycling« ins Spiel bringen, die dann auch rea
-
lisiert würden. Gerade auch für neue kunststoffintensive Technologien, wie
etwa plastikbasierte 3D-Drucker, müssten diese Aspekte von vornherein mit
-
gedacht werden. Zu den Start-of-Pipe-Lösungen kann auch die Vermeidung
von Kunststoffen gezählt werden, was unter Umständen die einfachste, auf
jeden Fall aber die sinnvollste Strategie zur Reduktion von Plastikabfall wäre.
Da sich der Einsatz von Kunststoff – etwa durch Verzicht auf Plastiktüten
und teilweise auch auf Verpackungen – zwar reduzieren, sich aber in Anbe
-
tracht der Allgegenwart von Plastik sowohl in Alltagsgegenständen als auch
in industriellen Prozessen und Erzeugnissen bis hin zu Hightech-Produkten
wie dem künstlichen Herzen keinesfalls vermeiden lassen wird, sind letztlich
systemische Ansätze zur Problemlösung von Nöten. Auf der soziokulturellen
Ebene hat sich der WBGU für einen neuen Gesellschaftsvertrag zur Errei
-
chung einer zukunftsfähigen Gesellschaft ausgesprochen, der auch das The-
ma »Müll« mit beinhaltet.
Ein Gesellschaftsvertrag für die Meere: In der politischen Philosophie geht
die Idee des Gesellschaftsvertrags unter anderen auf Jean-Jacques Rousseau
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
168
zurück. Sie beinhaltet, dass die Menschen einer Gesellschaft im Sinne eines
ideellen Vertrags freiwillig darin übereinkommen, ihr Verhalten unter die
Richtschnur eines gemeinsam beschlossenen, auf das Wohl aller zielenden
»Gemeinwillens« zu stellen. Zentral ist auch die Idee Immanuel Kants, dass
die gemeinschaftlich beschlossene Selbstbeschränkung individuellen Han
-
delns aus rationalen, guten Gründen möglich sein muss. Neuere Interpreta-
tionen des Gesellschaftsvertrages verstehen ihn als Zusammenschluss von
Menschen aus freiem Willen in einem Gemeinwesen, in dem sie sich auferle
-
gen, zum gegenseitigen Nutzen gemeinsamen Regeln und Pflichten nachzu-
kommen.
In der Interpretation des WBGU sind Gesellschaftsverträge keine Gesetze
oder Verfassungen, sondern die Summe geteilter Werte, Überzeugungen und
Ansichten, die Verfassungen, Gesetzen und politischem Handeln zu Grunde
liegen. Gesellschaftsverträge sind in diesem Sinne virtuelle, gedachte Über
-
einkünfte, die sich im Rahmen gesellschaftlichen Wertewandels und demo-
kratischer Prozesse verändern können. In diesem Sinne ist der ideelle Vertrag
im ersten Schritt mit einem breiten demokratischen Aushandlungsprozess
und im zweiten Schritt mit konkreten politischen Institutionen verknüpft. Der
WBGU schreibt dazu: »In einer solchen gedachten Übereinkunft verpflichten
sich Individuen und zivilgesellschaftliche Gruppen, Staaten und die Staaten
-
gemeinschaft sowie Unternehmen und Wissenschaft, gemeinsame Verant-
wortung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu übernehmen,
indem sie Vereinbarungen für die Erhaltung globaler Gemeinschaftsgüter
treffen« (WBGU 2011a).
Wie lässt sich nun die Idee eines neuen Gesellschaftsvertrags für eine
nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklung auf die Meere übertragen? Der
WBGU hat als ideelle, normative Grundlage die Idee des Menschheitserbes
Meer vorgeschlagen. Sie wurde in den 1960er Jahren bereits von Arvid Pardo
und Elisabeth Mann-Borgese als grundlegendes Prinzip zur Gestaltung des
damals entwickelten globalen Seerechtsübereinkommens entwickelt. Kern
ist, dass bestimmte Orte der ganzen Menschheit gehören und ihre Ressour
-
cen zum Wohle aller, auch zukünftiger Generationen, genutzt werden müs-
sen (Pardo 1967, 1975). Diese Idee konnte sich aber bei der Entwicklung des
internationalen Seerechtsabkommens, das bis heute die rechtliche Grundlage
für die Nutzung der Meere ist, nicht vollständig durchsetzen. Die Nutzung
der Meere ist durch die UN-Seerechtskonvention (UNCLOS) und eine Reihe
von Durchführungsabkommen wie folgt geregelt: Für das sogenannte »Küs
-
tenmeer«, das sich von der Küstenlinie 12 Seemeilen (SM) ins Meer erstreckt,
gilt nahezu uneingeschränkte Souveränität für den jeweiligen Küstenstaat. In
der sich daran anschließenden Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die
sich auf bis max. 200 SM ab der Küste ausdehnt, verfügen die Küstenstaaten
über souveräne Rechte zur Bewirtschaftung der Ressourcen. Küstenmeer so
-
Ozeane
169
wie AWZ umfassen Wassersäule, Meeresboden und -untergrund. Die AWZ
kann bis auf 350 SM für einen Staat ausgeweitet werden, vorausgesetzt der
Festlandsockel ragt so weit in das Meer hinein. Über die Ausweitung der AWZ
entscheidet die Festlandsockelkommission. An die AWZ schließt sich die so
-
genannte »Hohe See« an, die den Rest der Meere, hierbei jedoch lediglich die
Wassersäule umfasst. Diese unterliegt keiner staatlichen Souveränität. Es gilt
unter anderem die Freiheit der Schifffahrt, der Fischerei und der Forschung.
Der Meeresboden und der Meeresuntergrund der Hohen See werden »das Ge
-
biet« genannt. Die Nutzung der dort vorkommenden mineralischen Ressour-
cen ist tatsächlich bereits nach dem Prinzip des Menschheitserbes geregelt.
Dies bedeutet im Wesentlichen, dass der Zugang dazu nicht frei ist, sondern
durch eine Meeresbodenbehörde reguliert wird. UNCLOS wird als Verfassung
der Meere bezeichnet, denn es setzt den Rahmen für weitere Regelungen be
-
züglich Schutz und Nutzung der Meere. UNCLOS selbst überlässt viele Re-
gelungen weiteren internationalen Abkommen und nationalem Recht. Neben
UNCLOS gibt es eine Reihe weiterer internationaler Organisationen (Inter
-
nationale Seeschifffahrtsorganisation, Zwischenstaatliche Ozeankommission
der UNESCO), die sich mit der Nutzung der Meere befassen. Des Weiteren
existieren etliche internationale Konventionen, regionale Seerechtsabkommen
und zahlreiche nationale Initiativen zur Reduzierung des Eintrags von Plastik
-
müll in die Meere. Sowohl der aktuelle Zustand der Meere als auch eine Reihe
umfassender Begutachtungen der Meeres-Governance lassen allerdings den
Schluss ziehen, dass die Regelungen trotz Fortschritten in Teilbereichen un
-
zureichend sind (Global Ocean Commission, 2013; WBGU 2013, 2015; UNEP
2014).
Im Rahmen seines Gesellschaftsvertrages für die Meere schlägt der WBGU
nun vor, die Idee des Menschheitserbes auf das ganze Meer auszuweiten. Da
-
raus ergibt sich, dass »globale Kollektivgüter allen Menschen zugänglich sein
müssen und keinem Staat, Individuum oder Unternehmen uneingeschränkt
zur Verfügung stehen. Die Erhaltung und nachhaltige Nutzung des Mensch
-
heitserbes erfordert Sachwalter, ein Schutz- und Nutzungsregime sowie Tei-
lungsregeln, mit denen Kosten und Vorteile des Regimes gerecht verteilt wer-
den. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive leitet sich daraus ein System
geteilter Souveränitätsrechte zwischen Staaten, basierend auf einem globalen,
an Nachhaltigkeitszielen ausgerichteten Ordnungsrahmen ab. Die Kollektiv
-
güter sollen erhalten sowie ihre kurzfristige Ausbeutung und Übernutzung
vermieden werden, damit ihre Nutzung auch zukünftigen Generationen er
-
möglicht wird« (WBGU 2013: 2).
Die Re-Interpretation der Meere als Menschheitserbe hätte – wie der
WBGU in seinem Gutachten ausführt – zahlreiche Implikationen für die zu
-
künftige Governance der Meere. Sie ist aber genauso auch ein kultureller Akt
von zentraler Bedeutung. Anstelle des Meeres als Ab-Ort tritt das Bild eines
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
170
schützenwerten, positiv konnotierten Ortes, dessen Nutzung nachhaltig gere-
gelt werden muss und zu dessen Erhaltung jeder und jede beitragen sollte. Für
den WBGU ergibt sich im nächsten Schritt als konkrete Empfehlung eine um
-
fassende Reform der Meeres-Governance, auf die hier im Einzelnen nicht ein-
gegangen werden soll (WBGU 2013). Zentral ist darauf hinzuweisen, dass sich
aus dem Bild des Meeres als Menschheitserbe einerseits die Möglichkeit zur
Nutzung ergibt, andererseits aber auch die Verantwortung für den Schutz und
Erhalt der Meere, um eine Nutzung dauerhaft und generationenübergreifend
zu ermöglichen. Nutzer sind der Weltgemeinschaft gegenüber rechenschafts
-
pflichtig; die Sanktionierbarkeit von Regelbruch muss gegeben sein.
Eng verbunden mit der Idee des Meeres als Menschheitserbe ist auch ein
systemischer Blick auf die Meere, der die komplexen Interaktionen der marinen
Ökosysteme untereinander, die Wechselwirkungen zwischen den Meeren und
dem gesamten Erdsystem sowie zwischen menschlichen Gesellschaften und
den Meeren erkennen lässt. Auch das Vorsorgeprinzip müsste beim Handeln
hinsichtlich der Meere stärker Anwendung finden. In der Interpretation des
WBGU ist vorgesehen, dass »nach dem (neuesten) Stand von Wissenschaft und
Technik Vorsorge gegen mögliche Umweltschäden getroffen wird, auch wenn
keine vollständige wissenschaftliche Gewissheit über die Eintrittswahrschein
-
lichkeit eines Schadens oder über die Schadenshöhe besteht« (WBGU 2013:
3).
Die neue anthropozäne Sicht auf das Erdsystem – also die Auflösung des
Dualismus Mensch versus Natur zugunsten eines positiv reflektieren syste
-
mischen Verständnisses der Eingebundenheit und Bedingtheit menschlichen
Lebens und Handelns in die Natur, der Wertschätzung dieses Gesamtsystems
sowie der damit verbundene Ansatz des wissensbasierten und kulturell einge
-
bundenen gärtnerischen Mitgestaltens dieses Systems – sollte helfen, die neu-
en Bilder und Narrative zu entwickeln (Leinfelder 2013; Schwägerl 2013). Die
Meere dabei nicht als besonders entfernten Teil einer uns umgebenden Um
-
welt zu sehen, sondern als verbindenden und zentralen Teil einer »Unswelt«
(Leinfelder 2011), wäre ein geeignetes Mittel, einen Gesellschaftsvertrag für die
Meere auch mit der kulturellen Differenziertheit unserer Welt zu verknüpfen
und letztendlich die positiven Aspekte und Möglichkeiten dieser Vielfalt zu
einem neuen »Enjoyment of Complexity« (Kersten 2013) zu führen. Eine ro
-
mantisierende und Negatives ausblendende unzeitgemäße »Meereslust« könn-
te so in eine neue »Lust an der Vielschichtigkeit der Meere« überführt werden.
5. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN
Eine der Ausgangsthesen dieses Beitrags ist, dass neue kulturelle Bilder der
Meere für eine neue Wahrnehmung sensibilisieren, die im Sinne des Anthro
-
pozän-Gedankens dann einen anderen, gärtnerisch-pflegenden Umgang mit
Ozeane
171
den Meeren zur Folge haben kann. Es wäre allerdings naiv zu glauben, der
Zusammenhang zwischen neuem Bild des Meeres und neuem Handeln sei so
linear wie impliziert (und natürlich heimlich erhofft). Individuelles Handeln
wird nicht allein durch Wissen verändert und der Weg von der Erkenntnis zum
Handeln ist häufig weit. Oft sind persönliche Erfahrungen und experimen
-
telles Erproben neuer Verhaltensweisen der Schlüssel und können bestenfalls
auch auf andere beschleunigend wirken. Im politischen Prozess sind die Inte
-
ressen der beteiligten Akteure oft so gegensätzlich, dass es immer wieder zu
scheinbar unversöhnbaren Konflikten kommt, zu deren Lösung numerische
Informationen über die Anzahl der Tonnen Plastik im Meer, der qualvoll ver
-
endeten Seevögel oder der Wahrscheinlichkeit einer PCB-Anreicherung im
Robbenfleisch nur wenig beiträgt. Neben partikularen Interessen sind es auch
die unterschiedlichen normativen Annahmen und Werte, zum Beispiel über
die Gewichtung von Naturschutz versus ökonomischer Entwicklung oder der
Einschätzung der Verletzlichkeit von Ökosystemen, welche Konflikte in die
Länge ziehen.
Dennoch arbeiten die Bilder, die wir uns von der Welt machen, auf kogni
-
tiv-emotionaler Ebene, was langsam und langfristig auch Einfluss auf unsere
Werte und moralischen Vorstellungen haben wird. So ist es nicht abwegig an
-
zunehmen, dass nach Abschaffung moralisch unhaltbarer Zustände wie der
Sklaverei oder der Ächtung der Kinderarbeit auch der unkontrollierte, blinde
Raubbau an den Meeren langfristig in nachhaltige Bahnen gelenkt wird, in
denen sich Schutz und Nutzung die Waage halten.
Historische gesellschaftliche Transformationen lassen sich gemäß WBGU
kategorisieren in die Typen »Vision« (z.B. Abolitionismus, Europäische In
-
tegration), »Krise« (z.B. Grüne Revolution der 1960er Jahre), »Wissen« (z.B.
Schutz der Ozonschicht) und »Technik« (z.B. Industrialisierung, IT-Revolu
-
tion) (WBGU 2011: 3). Bei der Müllproblematik der Meere könnten alle vier
Kategorien gemeinsam in ihrer Wirkung zum Tragen kommen, also (1) die
Vision eines müllfreien Menschheitserbes Meere, (2) die bereits vorhandenen
gravierenden, krisenhaften Problematiken, (3) das wissenschaftliche und kul
-
turelle Wissen um die systemische Bedeutung der Meere für das Erdsystem
und die gesamte Menschheit sowie (4) die technischen und sozialen Möglich
-
keiten zur Müllvermeidung. Politische Lösungen, etwa eine neue Governance
für die Meere sind zwar dringend notwendig. Voraussetzung für deren Gelin
-
gen ist jedoch eine deutlich intensivere kulturelle Reflexion des Umgangs der
Menschen mit den Meeren, der Rolle der Meere für eine funktionierende und
zukunftsfähige »Unswelt« sowie eine neue Lust auf die Vielschichtigkeit des
uns alle verbindenden »blauen Kontinents«.
Reinhold Leinfelder und Rüdiger Haum
172
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Reinhold Leinfelder, 1957; 1975-1980 Studium der Geologie und
Paläontologie in München; 1985 Promotion und 1989 Habilitation
an der Geowissenschaftlichen Fakultät der Universität Mainz;
Professuren für Geologie und Paläontologie an den
Universitäten Stuttgart (1989-1998), München (1998-2005) und
Berlin (Humboldt-Universität) (2006-2012), Freie Universität
(seit 2012); 2003- 2005 Generaldirektor der Staatlichen
Naturkundlichen Forschungssammlungen Bayerns; 2006-2010
Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin; 2008-2013
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale
Umweltveränderungen (WBGU); 2011-2014 Carson Fellow und
Affiliate Carson Professor am Rachel Carson Center der Ludwig-
Maximilians-Universität München; seit 2014 Gründungsdirektor
der Haus der Zukunft gGmbH; Forschungsschwerpunkte: Evolution
und Adaption von Korallenriffen, Anthropozän, Museologie,
Wissenskommunikation.
Rüdiger Haum, 1971; 1992-1997 Studium Kultur- und
Medienwissenschaft in Lüneburg, Sevilla und Brighton; 2010
Promotion in Wissenschafts- und Technologiepolitik an der
University of Sussex; 1998-1999 Journalistische Ausbildung bei
Bertelsmann und Arbeit als Journalist und Markenentwickler;
2002-2008 Wissenschaftlicher Mitarbeiter University of Sussex,
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, und FU Berlin;
2009-2015 Wissenschaftlicher Referent beim Wissenschaftlichen
Beirat der Bundesregierung globale Umweltveränderungen (WBGU);
seit 2015 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Haus der Zukunft;
Forschuntgsschwerpunkte: Internationaler Technologie-
transfer, nachhaltige Innovationen sowie Forschungspolitik.