Neue Technologien bergen neue Möglichkeiten und neue Chancen für kommunikative Austauschprozesse, die — so die Hoffnung — eine demokratische Grundhaltung befördern. Bertolt Brechts Radiotheorie ist auf diesem Gebiet ein Klassiker, an den ich einleitend kurz erinnern will. Mit Hilfe der technischen Apparate — also mit Hilfe des Radios —, so glaubte Brecht, könne man an wirkliche Ereignisse, an die historischen Prozesse, näher herankommen, indem Originalereignisse direkt übertragen werden könnten und der Hörer nicht auf Referate angewiesen sei: Interviews statt Referate, und vor allem Disputationen zwischen den Fachleuten sollten übertragen werden. Liest man heute Brechts Überlegungen aus den Jahren 1927 bis 1932 erneut, so fällt auf, wie sehr er sich eine Entwicklung in eine Richtung wünschte, die wir heute als Interaktivität der Medien zu bezeichnen gewohnt sind. Das Verhältnis zwischen Radio und Hörer, so führt Brecht nämlich aus, sei asymmetrisch; ein klassisches Sender-Empfänger-Modell; der Rundfunk sei ein reiner Distributionsapparat, der Informationen und Sendungen bis in den letzten Winkel der Erde verteile. Brecht fordert systematisch, diese Struktur zu überwinden; der Hörer soll aktiviert und zu einem Produzenten gemacht werden: „Der Rundfunk ist aus einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat zu verwandeln“ (Brecht, 129). Der Rundfunk könnte das großartigste Kommunikationssystem des öffentlichen Lebens werden, wenn er nicht nur senden, sondern auch empfangen; wenn er den Zuschauer nicht isolieren, sondern ihn in Beziehung setzen würde (vgl. Brecht, 129). Brecht hatte, das sollte kurz gezeigt werden, durchaus einen Blick dafür, wie technische Innovationen für demokratische Prozesse genutzt werden können. Auf der anderen Seite war ihm aber auch klar, dass gesellschaftliche Interessengruppen diese Möglichkeiten okkupieren: „Durch immer fortgesetzte, nie aufhörende Vorschläge zur besseren Verwendung der Apparate im Interesse der Allgemeinheit haben wir die gesellschaftliche Basis dieser Apparate zu erschüttern, ihre Verwendung im Interesse der wenigen zu diskutieren“ (Brecht, 133).