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„Rettungsfolter“ in der Diskussion: Ein Vergleich der öffentlichen und juristischen Kommunikation über Rechtsfragen

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Abstract

Dieser Beitrag fragt danach, inwiefern sich die öffentliche und die rechtswissenschaftliche Diskussion rechtlicher Fragen unterscheiden und wie ggf. eine Diskrepanz zwischen der öffentlichen und der herrschenden Meinung zustande kommen könnte. Verglichen wurden diese beiden Bereiche anhand des Rechtsfalls Daschner und der damit verbundenen Frage nach der Legitimität von Rettungsfolter. Konkret wurden die vorgebrachten Argumente, die beteiligten Personen(gruppen) und der Diskursverlauf untersucht.
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„Rettungsfolter“ in der Diskussion:
Ein Vergleich der öffentlichen und juristischen
Kommunikation über Rechtsfragen
Christian Strippel
1 Einführung
Darf ein Staat seine Bürgerinnen und Bürger anlasslos überwachen, um Straf-
taten zu verhindern? Darf er überführte Bombenleger foltern lassen, um das
Versteck einer Bombe ausfindig zu machen? Oder darf er ein entführtes Pas-
sagierflugzeug abschießen, das droht, als Waffe eingesetzt zu werden? Solche
Fragen nach Recht und Gerechtigkeit stellen sich häufig aus aktuellen Anläs-
sen heraus und ziehen öffentliche Kontroversen nach sich. Insbesondere
Nachrichten über terroristische Anschläge, Entführungen oder Mord irritier-
en das persönliche Sicherheitsempfinden und führen fast zuverlässig zu For-
derungen nach härteren Strafen, strengeren Gesetzen und besonderen Sicher-
heitsmaßnahmen, denen dann Bedenken um ihre Vereinbarkeit mit Freiheits-
und Persönlichkeitsrechten gegenüberstehen (Förster 2008).
Zentral für solche Kontroversen sind auch in Zeiten des Internets journa-
listische Massenmedien, die Positionen und Argumente zu behandelten Streit-
fragen sammeln, einordnen und bewerten. Sie liefern damit die Grundlage
für die öffentliche Meinungsbildung. Verbindlich entschieden werden solche
Fragen jedoch nicht in den Massenmedien, sondern im Rechtssystem (Luh-
mann 1969: 55-135). Dabei stimmen die gefällten Urteile allerdings nicht
Christian Strippel
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immer mit der in der Medienöffentlichkeit vorherrschenden Meinung über-
ein. In diesen Fällen stellt sich die Frage, wie die Diskrepanz zwischen ‚öf-
fentlicher Meinung und der herrschenden Meinungim Rechtssystem zu-
stande kommt bzw. konkreter: wie sich die Diskussionen hinsichtlich der vorgebrach-
ten Argumente unterscheiden. Dieser Frage geht der vorliegende Beitrag nach. Re-
levant ist sie in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist rechtssoziologisch von Interes-
se, welche Argumente von den Massenmedien für öffentliche Rechtsdiskus-
sionen bereitgestellt und welche Norm- und Moralvorstellungen dadurch ak-
tualisiert werden. Zum anderen kann durch den Vergleich mit dem juristi-
schen Fachdiskurs journalismustheoretisch reflektiert werden, welche Besonder-
heiten die journalistische Bearbeitung von Rechtsfragen aufweist.
Dazu werden zunächst auf der Grundlage bisheriger Arbeiten zum Ver-
hältnis von Öffentlichkeit und Recht drei Fragen formuliert, die dann im
Rahmen einer Fallstudie beantwortet werden. Als Fallbeispiel dient die 2003
bis 2005 geführte Diskussion um die Legitimität von Rettungsfolter, der
Anwendung von Gewalt gegenüber einer Person in Polizeigewahrsam zur
Rettung eines Menschenlebens. Die Ergebnisse werden am Ende des Bei-
trags theoretisch eingeordnet und mit Blick auf die besondere Verantwortung
der Medien in Fragen von Recht und Gerechtigkeit diskutiert.
2 Öffentlichkeit und Recht
Auch wenn die öffentliche Diskussion juristischer Fragen in der Regel eng mit
der Berichterstattung über konkrete Rechtsfälle verbunden ist, haben diese zwei
Bereiche funktional einen unterschiedlichen Fokus: Während die Justizbe-
richterstattung vor allem auf die Herstellung einer Gerichtsöffentlichkeit und
die Kontrolle der Justiz abzielt (Scherer 1979), dient die öffentliche Diskussi-
on juristischer Fragen und Probleme vorwiegend der Artikulation und Kritik
von Meinungen und Argumenten (Burkart 2002: 378-412).
Die Forschung hat sich bisher vorrangig der Justizberichterstattung gewidmet:
Untersucht wurden deren inhaltliche Schwerpunkte und vermeintliche n-
gel (Friske 1988, Delitz 1989, Castendyk 1994), ihr Verhältnis zur Öffentlich-
keitsarbeit der Justiz (Delitz 1986, Rademacher/Schmitt-Geiger 2012) sowie
ihr Einfluss auf Gerichtsverfahren (Kepplinger/Zerback 2009). Die öffentli-
che Diskussion juristischer Themen wurde hingegen vernachlässigt: Die weni-
gen Arbeiten dazu zeigen, dass sie im Kontrast zur Justizberichterstattung
„Rettungsfolter“ in der Diskussion
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eine untergeordnete Rolle spielt (Friske 1988: 221-222) und, wenn überhaupt,
eher in überregionalen Qualitätszeitungen stattfindet (Delitz 1989: 129-143).
Kritische Stellungnahmen etwa zu Gerichtsurteilen beschränken sich aber
auch dort meist auf nur wenige Sätze sowie einen ganz bestimmten Perso-
nenkreis aus Verbandsvertretern, Politikern, Prominenten und Juristen. Die
Journalisten beziehen eher selten Stellung und konzentrieren sich auf die
Bewertung von Argumenten (Castendyk 1994: 297-303).
Theoretisch lässt sich bereits aufgrund der unterschiedlichen Funktion von
Rechtssystem und Massenmedien auf Unterschiede in der Kommunikation
über Recht schließen: Während im Rechtssystem Konflikte entschieden wer-
den (Luhmann 1993), liegt die Funktion des Journalismus bzw. der Öffent-
lichkeit in der Bereitstellung aktueller Themen zur Selbstbeobachtung der
Gesellschaft (Görke/Kohring 1996). Das lässt sich auch empirisch beobach-
ten: Die öffentliche Diskussion von Rechtsfragen orientiert sich in der Regel
an aktuellen Fällen (Müller-Neuhof 2012: 203-206) und die Laienorientie-
rung der Medien führt zu einer „Begründungsarmut“ und dem Verzicht auf
komplexe Erklärungen (Naab/Scherer 2009: 385). Müller-Neuhof (2012: 81-
83) vermutet, dass dies entweder die rechtspositivistische Argumentation be-
günstige oder aber der Rechtsdiskurs zum „Moraldiskurs“ werde.
Auf dieser Grundlage lassen sich nun drei konkrete Forschungsfragen für
die anstehende Fallstudie formulieren:
Die erste und zentrale Frage ist dabei, welche Argumente im öffentlichen
und im juristischen Diskurs jeweils auftreten und wie sie bewertet werden.
Müller-Neuhof (2012) zufolge sind hier entweder verstärkt rechtspositivis-
tische oder fast ausschließlich moralische Argumente zu erwarten.
Zweitens fragt sich, wer jeweils die Urheber und Urheberinnen dieser Argu-
mente sind, die sich nach Castendyk (1994) ja aus einem sehr begrenzten
Personenkreis rekrutieren müssten.
Drittens ist interessant, wie sich die öffentliche Diskussion im Zeitverlauf
entwickelt und welche Rolle hier die Orientierung der zugrunde liegenden
Berichterstattung an dem Nachrichtenwert Aktualität spielt.
Christian Strippel
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3 Fallstudie
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurde die 2003 bis 2005 in
Deutschland geführte Diskussion um den Rechtsfall Daschner und die damit
verbundene Frage nach der Legitimität von Rettungsfolter inhalts- und ar-
gumentationsanalytisch untersucht. Zum besseren Verständnis wird hier im
Folgenden zunächst der Rechtsfall näher beschrieben und dann auf die Me-
thode und das Untersuchungsmaterial eingegangen.
3.1 Der Rechtsfall Daschner
Ende September 2002 entführte der damals 27 Jahre alte Magnus Gäfgen in
Frankfurt am Main den elfjährigen Jakob von Metzler, um Lösegeld zu er-
pressen. Nach der Entführung tötete er den Jungen jedoch und versteckte
dessen Leiche. Trotzdem ließ er der Familie einen Erpresserbrief zukommen,
in dem er in Aussicht stellte, Jakob nach einer Geldübergabe wieder freizu-
lassen. Die Polizei konnte Gäfgen enttarnen und verhaftete ihn. Auf dem Po-
lizeipräsidium gestand er die Entführung, schwieg sich aber über den Mord
aus. Stattdessen gab er falsche Hinweise zu Jakobs Versteck, wodurch Wolf-
gang Daschner, der für diesen Fall verantwortlich war, unter Zeitdruck geriet:
Er ging davon aus, dass der Junge noch lebte, wähnte ihn aber nach Tagen
ohne Versorgung in Lebensgefahr. Aus diesem Grund entschied er sich,
Gäfgen Gewalt androhen zu lassen. Eine solche Drohung gegenüber einer
Person in Polizeigewahrsam ist in Deutschland jedoch ebenso wie ihre
Anordnung streng untersagt und erfüllt die Straftatbestände der Nötigung
und Aussageerpressung (Polzin 2008). Gäfgen aber wurde eingeschüchtert
und gestand den Mord. Daschner vermerkte seine Anordnung im Verneh-
mungsprotokoll und benachrichtigte die Staatsanwaltschaft. Mitte Februar
2003 wurde der Vorfall öffentlich, eine kontroverse Debatte über die Legiti-
mität von Rettungsfolter begann. Im Juli 2003 wurde Gäfgen zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt. Der Prozess gegen Daschner endete im Dezember
2004 mit einer Verwarnung und der Verurteilung zu einer Geldstrafe auf
Bewährung wegen Nötigung bzw. Verleitung dazu. Die öffentliche Debatte
um die Legitimität von Rettungsfolter flaute kurz darauf ab.
Als Fallbeispiel ist die Causa Daschner und die damit verbundene Diskus-
sion aus drei Gründen geeignet: Erstens wurde die mit ihm verbundene
„Rettungsfolter“ in der Diskussion
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Rechtsfrage parallel sowohl öffentlich als auch rechtswissenschaftlich disku-
tiert, was eher selten ist (Castendyk 1994: 105). Zweitens erstreckt sich der
Fall über zwei Jahre hinweg, was eine Beobachtung des Diskussionsverlaufes
ermöglicht. Und drittens verlangt der Dilemma-Charakter der Frage nach
Rettungsfolter (Slater 2006) eine intensive argumentative Auseinanderset-
zung, was für die geplante Untersuchung besonders günstig ist.
3.2 Untersuchungsmaterial
Zur Analyse der öffentlichen Diskussion wurden zehn überregionale Zeitungen
und Zeitschriften untersucht. Die ausgewählten Titel haben erstens einen
maßgeblichen Einfluss auf Diskussionen in anderen Medien (Weischenberg
et al. 2006: 133); zweitens decken sie das politische Spektrum in Deutschland
ab (Meyn/Tonnemacher 2012: 71-83); und drittens ist eine Diskussion recht-
licher Fragen hier am ehesten zu erwarten (Castendyk 1994: 103). Sie wurden
für die Zeit vom 17. Februar 2003 bis zum 17. Februar 2005 auf den Begriff
Daschner“ durchsucht und die Fundstellen um Beiträge, die sich nicht mit
der Legitimität von Rettungsfolter (bzw. Daschners Handeln) auseinander-
setzen, bereinigt. Übrig blieben 480 Beiträge, die sich wie folgt auf die Titel
verteilen: Bild (70 Beiträge), Frankfurter Allgemeine Zeitung (68), Frankfur-
ter Rundschau (82), Süddeutsche Zeitung (66), taz (55), Welt (73), Fokus (16),
Spiegel (14), Stern (8) und Die Zeit (28).
Für die Analyse der juristischen Diskussion wurden 13 Fachzeitschriften be-
wusst ausgewählt. Dabei wurden nur Titel berücksichtigt, die sich im Schwer-
punkt unter anderem mit auf Deutschland bezogenen Strafrechtsfragen be-
schäftigen. Sie wurden nach Beiträgen durchsucht, die sich im oben vorgege-
benen Zeitraum mit der Legitimität von Rettungsfolter auseinandersetzen.
Bei den Zeitschriften handelte es sich um: das Anwaltsblatt (2 Beiträge), Die
öffentliche Verwaltung (1), Goltdammer’s Archiv für Strafrecht (1), Juristi-
sche Rundschau (2), JuristenZeitung (3), Kritische Justiz (2), Kritische Vier-
teljahresschrift (3), Neue Juristische Wochenschrift (3), Strafverteidiger (1),
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (2), Neue Zeitschrift für
Strafrecht, Archiv des öffentlichen Rechts und Der Staat (alle 0). Insgesamt
wurden 20 Beiträge untersucht.
Christian Strippel
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3.3 Methode
Im Fokus der Analyse stehen die im öffentlichen und rechtswissenschaftli-
chen Diskurs vorgebrachten Argumente. Ein Argument kann dabei verstan-
den werden als Aussage, mit der versucht wird, „etwas kollektiv Fragliches
mithilfe des kollektiv Geltenden in kollektiv Geltendes zu überführen
(Klein 1985: 213). Es besteht im Prinzip aus (1) einer Behauptung, (2) einer
Begründung, die diese Behauptung stützen soll, sowie (3) einem verbinden-
den Element (Kopperschmidt 1989: 91). In der Alltagssprache und damit
auch in journalistischen Texten werden Argumente zumeist allerdings ver-
kürzt dargestellt, weshalb es eine besondere Herausforderung darstellt, sie im
Rahmen einer standardisierten Inhaltsanalyse zu identifizieren.
Dieser Herausforderung wurde mit einer Kombination aus Argumentati-
ons- und standardisierter Inhaltsanalyse begegnet: Dabei werden zunächst alle
Argumente in ihrer jeweiligen Struktur analysiert und typologisiert und dann
im Rahmen der Inhaltsanalyse erhoben. Dieses Vorgehen unterscheidet sich
von den im Fach gängigen Designs, die eher die Argumentationskomplexität
(Weiß 1989) oder den Deutungskontext (Weßler 1999) in den Blick nehmen.
Die Analyse und Typologisierung der Argumentstruktur hat indes zwei Vor-
teile: Durch das Zerlegen der Argumente in ihre Bestandteile können diese
zum einen später leichter identifiziert und einem Argument zugeordnet wer-
den; zum anderen erlaubt dieses Vorgehen, Aussagen über das untersuchte
Argumentationsverhalten zu machen, die über die einfache inhaltliche Re-
konstruktion des gewählten Fallbeispiels hinausgehen.
Argumentationsanalyse
Für die Analyse des strukturellen Aufbaus der Argumente wurde auf das von
Toulmin (1996) vorgeschlagene Argumentationsschema zurückgegriffen. Da-
bei wurden die in der rechtswissenschaftlichen Sekundärliteratur (Trapp 2006,
Polzin 2008, Lamprecht 2009) gesammelten Argumente für und gegen Ret-
tungsfolter zusammengetragen und in die folgenden vier Bestandteile zerlegt:
1) die Konklusion, also die Behauptung, die es zu begründen gilt,
2) die Begründung („Datum“), die diese Behauptung stützen soll,
3) die Schlussregel, die Begründung und Konklusion miteinander verbindet und
„Rettungsfolter“ in der Diskussion
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4) die Stützung der Schlussregel, die sich zur Schlussregel verhält wie die Be-
gründung zur Konklusion und damit ein Argument im Argument ist.
Die Typologisierung der Argumente erfolgt anschließend auf der Grundlage
dieser Einzelbestandteile: Zuerst wird an der Konklusion abgelesen, ob es
sich um ein Pro- oder Contra-Argument handelt. Dann werden die Argumente
anhand ihrer Schlussregel nach ihrer argumentativen Form differenziert. Da-
zu wurde auf eine Typologie von Kienpointner (1992) zurückgegriffen, der
acht Argumentationsschemata unterscheidet: (1) Einordnung (z. B. Argumentati-
on mithilfe einer Definition), (2) Vergleich, (3) Gegensatz, (4) Kausalität
(z. B. Argumentation mit einer bestimmten Wirkung), (5) induktives und (6)
illustratives Beispiel, (7) Analogie und (8) Autorität. Die dritte Typologisie-
rung wird anhand der Stützung der Schlussregel vorgenommen: der Zuord-
nung des Arguments zu einem Bezugssystem. Berücksichtigt wird hier, aus
welcher Perspektive argumentiert wird. So kann sich ein Argument etwa auf
geltendes Recht stützen (rechtliches Argument) oder es stützt sich auf mora-
lische Prinzipien (moralisches Argument). In Tabelle 1 sind alle aufgegriffe-
nen Argumente entsprechend eingeordnet.
Es wird deutlich, dass sich die Argumente für Rettungsfolter in erster Linie
rechtspositivistisch ausdifferenziert haben, während sich die Argumente gegen
Rettungsfolter vor allem auf eine moralische Einordnung und mögliche Kon-
sequenzen stützen. Nicht in der Tabelle aufgeführt sind die indirekte oder ver-
mittelte Argumentation durch den Bezug auf Politiker, Juristen oder ‚die Öffent-
lichkeit‘ sowie die abwägende Argumentation, derzufolge Rettungsfolter rechtlich
verboten bleiben, aber moralisch legitimiert werden soll. In beiden Fällen
bleibt das Argument zur Rechtsfrage verborgen; dennoch wurden diese Fälle
mit erhoben. Nicht berücksichtigt wurden hingegen die Gegenargumente zu den
hier aufgeführten Argumenten. Sie richten sich gegen die Stützung der
Schlussregel und stellen damit die Rechtmäßigkeit eines Arguments in Frage.
Da es sich dabei dann um eine neue Diskussion handelt, deren Argumente
wiederum kritisiert werden können, beschränkt sich die Fallstudie nur auf die
erste Argumentationsebene. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss dies
berücksichtigt werden.
Christian Strippel
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Tab. 1: Typologisierung der Argumente für und gegen Rettungsfolter
Argument (Kurzform)
Bezug
Schema
Pro-Argumente
Rettungsfolter als Gefahrenabwehr legitim
rechtlich
Autorität
Rettungsfolter als Nothilfe legitim
rechtlich
Autorität
Notstand legitimiert Rettungsfolter
rechtlich
Autorität
Notstand entschuldigt Rettungsfolter
rechtlich
Autorität
Höhere Pflicht ggü. Opfer (Pflichtenkollision I)
rechtlich
Vergleich
Opfer mehr wert als Täter (Pflichtenkollision II)
moralisch
Vergleich
Rettungsfolter ähnlich wie finaler Rettungsschuss
rechtlich
Analogie
Verbotsirrtum aufgrund unsicherer Rechtslage
rechtlich
Autorität
Contra-Argumente
Religiöse Werte verbieten Rettungsfolter
religiös
Autorität
Rettungsfolter verstößt gegen geltende Gesetze
rechtlich
Autorität
Rettungsfolter ist Verstoß gegen Menschenwürde
moralisch
Einordnung
Rettungsfolter ist als Folter immer verwerflich
moralisch
Einordnung
Ein Staat, der foltert, ist ein Unrechtsstaat
moralisch
Einordnung
Rettungsfolter ist Gewalt gegen Wehrlose (unfair)
moralisch
Einordnung
Rettungsfolter birgt Gefahr eines Dammbruchs
moralisch
Kausalität
Rettungsfolter ist Anlass für Terrorismus
moralisch
Kausalität
Inhaltsanalyse
Im Rahmen der standardisierten Inhaltsanalyse wurden die 480 Beiträge der
Zeitungen und Zeitschriften sowie die 20 Artikel der juristischen Fachzeit-
schriften codiert. Erhoben wurden neben formalen Angaben (Erscheinungsda-
tum, Zeitungs-/Zeitschriftentitel, Darstellungsform) Informationen zu Autor
bzw. Autorin des Beitrags (Name, Berufsgruppe, Positionierung zur Rechtsfra-
ge), das Abstraktionslevel der im jeweiligen Artikel vorrangig behandelten
Rechtsfrage (Legitimität von Rettungsfolter vs. Legitimität von Daschners
Handeln) und die vorgebrachten Argumente. Ein Argument wurde dabei co-
diert, wenn die Begründung, die Schlussregel oder ihre Stützung genannt
wurde. Darüber hinaus wurden auf Aussagenebene weitere Informationen zu
den identifizierten Argumenten gesammelt: Es wurde der Urheber bzw. die
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Urheberin des Arguments notiert und es wurde codiert, welches Argumentations-
schema und welches Bezugssystem vorliegt und in welchem Bewertungszusammen-
hang das Argument vorgebracht wurde (positiv/neutral, negativ).
4 Ergebnisse
Bevor auf die drei oben formulierten Fragen eingegangen wird, soll kurz die
Stichprobe beschrieben werden: Von den 480 Beiträgen aus den Zeitungen und
Zeitschriften, die den öffentlichen Diskurs repräsentieren, waren 122 journa-
listische Artikel (25 %), 85 Meinungsbeiträge (18 %), 13 Interviews (3 %) und
260 Leserbriefe (54 %). Auch wenn letztere redaktionell ausgewählt wurden,
kann also gesagt werden, dass die öffentliche Diskussion über Rettungsfolter
nicht nur in journalistisch bearbeiteten Texten geführt wurde. Die 20 Beiträ-
ge der Fachzeitschriften setzen sich aus 14 Abhandlungen (70 %) und sechs
meinungsbetonten Beiträgen (30 %) zusammen.
Insgesamt fanden sich in den 500 Beiträgen 1.445 Argumente, wobei ein
Argument auch bei Wiederholungen pro Artikel nur einmal codiert wurde,
wenn es sich um den gleichen Urheber und das gleiche Bezugssystem handel-
te. 185 Argumente entfallen dabei auf die juristische (13 %) und 1.260 auf die
öffentliche Diskussion (87 %), wobei die durchschnittliche Argumentanzahl
pro Beitrag in den Fachzeitschriften mit 9,3 Argumenten (sd = 4,7) erwartbar
höher ausfiel als in den journalistischen Beiträgen (Artikel, Meinung, Inter-
view) mit 4,4 Argumenten (sd = 3,2) und den Leserbriefen mit 1,2 Argumen-
ten (sd = 1,3). In 86 Beiträgen der öffentlichen Diskussion, davon 80 Leser-
briefe, waren keine Argumente zu finden.
Welche Argumente werden vorgebracht und wie werden sie bewertet?
Sortiert man zunächst in Pro- und Contra-Argumente, zeigt sich, dass die Argu-
mente gegen Rettungsfolter sowohl in der öffentlichen (52 %) als auch in der
juristischen Diskussion (60 %) leicht überwiegen. Das am häufigsten vorge-
brachte Argument war dabei in beiden Diskursen das Contra-Argument des
Dammbruchs (11,7 % bzw. 9,7 %). Das häufigste Pro-Argument in der öf-
fentlichen Diskussion waren der Notstand (8,6 %) und die Pflichtenkollision
in der rechtspositivistischen und moralischen Variante (je 7,1 %). Im juristi-
schen Diskurs war die Analogie zum finalen Rettungsschuss das am häufigs-
ten vorgebrachte Pro-Argument (9,2 %).
Christian Strippel
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Ein Blick auf die Argumentationsschemata zeigt, dass in beiden Diskursen vor
allem mit der Autorität des Gesetzes argumentiert wurde: 45 Prozent der Ar-
gumente im öffentlichen und 57 Prozent im juristischen Diskurs sind diesem
Schema zuzuordnen. Die Argumentation mit Vergleichen (14 %/8 %), defi-
nitorischer Einordnung (12 %/14 %) und Kausalität (12 %/10 %) spielen
eher eine untergeordnete Rolle. Dies ist insofern erstaunlich, als hierdurch
deutlich wird, dass nicht nur im juristischen Diskurs vorrangig rechtspositi-
vistisch argumentiert wird, sondern auch im öffentlichen.
Auch die Auswertung der Bezugssysteme bestätigt diesen Trend: 74 Prozent
der Argumente im juristischen und 58 Prozent im öffentlichen Diskurs ha-
ben einen rechtlichen Bezug, während 25 bzw. 30 Prozent moralisch sind.
Auch wenn der Anteil moralischer Argumente in Leserbriefen mit 46 Pro-
zent höher ausfällt, kann selbst dort nicht von einem „Moraldiskurs“ die
Rede sein, wie ihn Müller-Neuhof (2012) vermutet hatte. Stattdessen scheint
die rechtspositivistische Argumentation mit der Autorität des Gesetzes auch
für öffentliche Rechtsdiskurse zentral.
Schließlich muss noch der Bewertungskontext der Argumente berücksichtigt
werden, da er die Richtung eines Arguments durchaus ins Gegenteil verkeh-
ren kann. Und hier lässt sich etwas Bemerkenswertes beobachten: Im öffent-
lichen Diskurs wurden fast alle Argumente überwiegend in einem positiven
oder neutralen Bewertungskontext vorgebracht, unabhängig davon, ob es
sich um Pro- oder Contra-Argumente handelt und welche Argumentations-
schemata und Bezugssysteme vorlagen. Nur 22,5 Prozent aller Argumente
wurden negativ bewertet. Im Vergleich dazu standen im juristischen Diskurs
die Argumente für Rettungsfolter überwiegend (71 %) in einem negativen
Kontext, während die Contra-Argumente mehrheitlich (87 %) positiv oder
neutral bewertet wurden. Die Korrelation zwischen der Richtung des Argu-
ments und seiner Bewertung liegt hier bei rs = .592 (p .01). Während die
herrschende Meinungalso auf einer Abwägung der Argumente zu beruhen
scheint, entsteht die Meinungsbildung im öffentlichen Diskurs offenbar
durch eine einfache Gegenüberstellung der Argumente. In beiden Diskursen
werden dabei rechtliche Argumente weitaus häufiger negativ bewertet als
moralische.
„Rettungsfolter“ in der Diskussion
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Wer sind die Urheber und Urheberinnen der Argumente?
Die Frage nach der Urheberschaft lässt sich auf drei Ebenen bearbeiten: Ers-
tens muss untersucht werden, welche Personen(gruppen) die Diskurse durch
ihre Autorschaft prägen; zweitens, wer als Sprecher/in argumentativ auftritt;
und drittens, welche Unterschiede insbesondere in der öffentlichen Diskus-
sion zwischen verschiedenen Medien zu beobachten sind.
Die Autorschaft in der juristischen Diskussion lag, wie zu erwarten, fast aus-
schließlich (95 %) in den Händen von Juristen (Rechtswissenschaftler, Rich-
ter und Anwälte). Die Beiträge im öffentlichen Diskurs wurden hingegen
abgesehen von den Leserbrief-Autoren, die keiner relevanten Personengrup-
pe zugeordnet werden konnten (48 %) von Journalisten geschrieben
(38 %). Juristen waren lediglich für acht Prozent der Beiträge verantwortlich,
zwei Prozent stammten von Politikern. Die Juristen sprechen sich dabei in
beiden Diskursen überwiegend gegen Rettungsfolter aus, wobei die Gegner-
schaft im Fachdiskurs mit 74 Prozent größer ist als im öffentlichen Diskurs
(55 %). Die Journalisten sind im öffentlichen Diskurs zumeist neutral (63 %),
positionieren sich ansonsten aber auch gegen Rettungsfolter (32 %). Interes-
sant ist dabei, dass die Positionierung der Autoren im öffentlichen Diskurs
mit dem Abstraktionslevel des Artikels korreliert (rs = .391, p .01): Wird
die Legitimität von Rettungsfolter im Allgemeinen diskutiert, positionieren
sich die Autoren wahrscheinlicher gegen Rettungsfolter. Wird hingegen nach
der Legitimität von Daschners Handeln gefragt, ist es wahrscheinlicher, dass
sie Rettungsfolter eher befürworten.
Im Falle der Urheber und Urheberinnen der Argumente sieht das Bild anders
aus: Zwar treten im juristischen Diskurs mit 92 Prozent wieder fast aus-
schließlich Juristen auf, in der öffentlichen Diskussion ist die Urheberschaft
allerdings breiter auf Journalisten (25 %), die Parteien des Rechtfalls Dasch-
ner (23 %), Juristen (21 %), die Leserbrief-Autoren ohne Zuordnung (20 %),
Politiker (7 %) und Polizisten (2 %) verteilt. Fast alle Personengruppen ar-
gumentieren dabei überwiegend rechtspositivistisch, nur die Leserbrief-
Schreiber nutzen noch häufiger Vergleichsargumente. Sie bringen auch
überwiegend Argumente pro Rettungsfolter vor (56 %), ebenso wie Polizis-
ten (57 %), Richter und Anwälte (55 %), Politiker (51 %) und die Pro-
Parteien im Rechtsfall Daschner (93 %). Dies heißt zwar nicht, dass diese
Personengruppen diese Argumente zwangsläufig auch befürworten, ein Blick
auf den Bewertungskontext zeigt aber, dass sie durchaus überwiegend positiv
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oder neutral bewertet wurden. Die Richtung der Argumente korreliert dabei
mit der Position des Autors des Beitrags, in dem sie vorgebracht werden
(rs = .250, p .01): Positioniert sich der Autor in der Frage zur Rettungsfol-
ter, ist das Vorkommen unterstützender Argumente also umso wahrscheinli-
cher. In Leserbriefen ist dieser Zusammenhang besonders ausgeprägt
(rs = .497, p .01). In der juristischen Diskussion ist er hingegen nicht zu
beobachten.
Schließlich lassen sich in der öffentlichen Diskussion Unterschiede zwi-
schen Zeitungen und Zeitschriften mit unterschiedlicher politischer Ausrich-
tung (nach Kepplinger 1998: 251) finden: So positionieren sich die Autoren
in den eher links-liberalen Zeitungen und Zeitschriften mehrheitlich (52 %)
gegen Rettungsfolter (neutral: 33 %), während die Autoren der rechts-
konservativen Titel überwiegend neutral (52 %) bleiben (contra: 28 %). In
den links-liberalen Blättern werden zudem auch mehr Contra-Argumente
vorgebracht (56 %) als in den rechts-konservativen (47 %) und Pro-Argu-
mente häufiger negativ bewertet (links: 46 %, rechts: 28 %). Signifikante
Unterschiede im Vorkommen bestimmter Argumente, Argumentations-
schemata oder Bezugssysteme sind aber nicht zu beobachten.
Wie entwickelt sich die öffentliche Diskussion im Zeitverlauf?
Über den untersuchten Zeitraum hinaus wurde die öffentliche Diskussion in
drei Etappen geführt: Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Daschner
im Februar 2003 wurde zunächst zwei Monate lang intensiv diskutiert, schon
im April flaute die Diskussion jedoch wieder ab. Mit Ausnahme einer eher
kleinen Zwischendiskussion im Juli und August 2003, nachdem Gäfgen ver-
urteilt wurde, kam es dann erst im Februar 2004 wieder zu einer zwar nicht
ganz so intensiven, aber doch etwas längeren Auseinandersetzung bis Juni.
Zurückzuführen ist dies auf die Anklage Daschners vor dem Landgericht
Frankfurt. Schon im Juli setzte aber auch diese Diskussion wieder aus, bis
dann im November 2004, also zur Zeit des Prozesses gegen Daschner, die
Diskussion wieder einsetzte und bis Jahresende sogar noch intensiver geführt
wurde als nach Bekanntwerden der Vorwürfe. Auffällig ist dabei, dass sich
über diese drei Etappen hinweg weder das Verhältnis von Pro- und Contra-
Argumenten noch die Anteile der diversen Argumente, Argumentationssche-
mata und Bezugssysteme veränderten. Stattdessen scheint es, als würde die
Diskussion aus aktuellem Anlass jedes Mal aufs Neue geführt.
„Rettungsfolter“ in der Diskussion
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5 Fazit
Kommen wir zurück zum Erkenntnisinteresse dieses Beitrags: Es wurde ge-
fragt, inwiefern sich die öffentliche und die rechtswissenschaftliche Diskussi-
on rechtlicher Fragen unterscheiden und wie ggf. eine Diskrepanz zwischen
der öffentlichen und der herrschenden Meinung zustande kommen könnte.
Verglichen wurden diese beiden Diskussionen anhand des Rechtsfalls Dasch-
ner und der damit verbundenen Frage nach der Legitimität von Rettungsfol-
ter. Konkret wurden die jeweils vorgebrachten Argumente, die beteiligten
Personen(gruppen) und der Diskursverlauf unter die Lupe genommen. Dabei
wurde deutlich, dass sich die Diskurse insofern ähneln, als in beiden Fällen
vorwiegend rechtspositivistisch argumentiert wurde. Entscheidende Unter-
schiede waren hingegen bei der Bewertung der Argumente zu beobachten:
Während im juristischen Diskurs insbesondere die Argumente für Rettungs-
folter negativ bewertet wurden, standen fast alle Argumente im öffentlichen
Diskurs überwiegend in einem positiven oder neutralen Kontext. Daraus
lässt sich schließen, dass die öffentliche Diskussion mehr einem Nebeneinan-
der der verschiedenen Argumente entspricht als einer diskursiven Auseinan-
dersetzung. Im Gegensatz zum juristischen Diskurs wird hier nicht auf einen
Konsens abgezielt, vielmehr handelt es sich um ein Angebot unterschiedli-
cher Perspektiven. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch einen Blick auf
die öffentliche Diskussion im Zeitverlauf: Im untersuchten Zeitraum wurde
die Rechtsfrage in mehreren Etappen diskutiert, eine irgendwie geartete in-
haltliche Entwicklung konnte aber nicht festgestellt werden. Stattdessen
orientierte sich die Intensität des öffentlichen Diskurses an der Aktualität des
Rechtsfalls und flaute – sobald es dort keine neuen Entwicklungen mehr gab
immer wieder ab. Bei dieser Interpretation gilt es allerdings zu berücksich-
tigen, dass sich die vorliegende Fallstudie lediglich auf die erste Argumentati-
onsebene beschränkt hat und Aussagen über die Diskurstiefe deshalb limi-
tiert sind.
Dieser direkte Vergleich von öffentlicher und rechtswissenschaftlicher Be-
arbeitung einer Rechtsfrage provoziert schließlich die Nachfrage nach einer
möglichen Bewertung der journalistischen Arbeit, die der öffentlichen Dis-
kussion zugrunde liegt. Mit Blick auf die funktionale Unterscheidung von
Massenmedien und Rechtssystem darf eine solche Bewertung durchaus posi-
tiv ausfallen, da die an aktuellen Themen und Ereignissen orientierte Bereit-
Christian Strippel
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stellung relevanter Positionen und Argumente durchaus der gesellschaftli-
chen Funktion journalistischer Arbeit entspricht. Eine Angleichung der öf-
fentlichen an die rechtswissenschaftliche Bearbeitung von Rechtsfragen wäre
hingegen eher dysfunktional und nicht wünschenswert.
Literatur
Burkart, R. (2002): Kommunikationswissenschaft: Grundlagen und Problemfelder. Umris-
se einer interdisziplinären Sozialwissenschaft. Wien et al.: Böhlau Verlag/UTB.
Castendyk, O. (1994): Rechtliche Begründungen in der Öffentlichkeit. Ein Beitrag zur
Rechtskommunikation in Massenmedien. Opladen: Westdeutscher Verlag.
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die zum Verhältnis von Öffentlichkeitsarbeit und Berichterstattung in Tageszeitun-
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Chapter
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Zusammenfassung Die allgemeine journalistische Beobachtung juristischer Akteure, Funktionen und Entscheide erfolgt im Rahmen der Justizberichterstattung. Dazu zählen bspw. Berichte über die Gesetzgebung, Grundrechte oder auch Datenschutz oder zur Legitimität der Rettungsfolter (Strippel 2016). Stehen ein spezifischer Gerichtsprozess und dessen beteiligte Akteure im Fokus der Berichterstattung, wird von Gerichtsberichterstattung gesprochen. Inhaltsanalytische Studien zur Justiz- und Gerichtsberichterstattung fokussieren auf das a) vermittelte juristische Wissen in Nachrichtenmedien, b) die Repräsentativität und Merkmale der berichteten Gerichtsprozesse und c) die Darstellung der involvierten Akteure. Das vorliegende Kapitel stellt zentrale theoretische Ansätze, methodische Vorgehensweisen und Konstrukte inhaltsanalytischer Studien zur Justizberichterstattung vor.
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The coverage of three daily newspapers on German politics from 1951 till 1995 (45,198 acticles) is analyzed and compared to external data on the state of the country, to the efficiency of the parliament, and to survey data on public opinion about German poltics and German politicians. Over the period of time the balance of coverage on success and failure of politics became increasingly negative. Since the second half of the sixtieth, this was especially due to the coverage in internal affairs. The developments are traced back to changig roles of journalists, and changing behavior of politicians and interest groups, which adapted to the growing importance of the mass media.
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Das Standardwerk zur Kommunikationswissenschaft in der 6. Auflage Das Standardwerk entfaltet systematisch die zentralen Perspektiven der Kommunikationswissenschaft. Sprache und Kommunikation haben eine tragende Rolle im Sozialisationsprozess. Folgende Themen werden diskutiert: moderne, internetbasierte (Massen-) Kommunikationsgesellschaft, Relevanz von Öffentlichkeit, Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung, Rolle des Fernsehens. Weitere Themen: Spannungsfeld zwischen Journalismus und Public Relations, Bedeutung von Internet, Suchmaschinen, Web 2.0 und Social Media. In der 6. Auflage stehen außerdem die Plattformisierung, Fake News, Desinformation und Verschwörungstheorien sowie Konflikt-PR im Fokus. Das Grundlagenwerk der Publizistik wird erstmals auch als E-Book angeboten und bietet den Studierenden einen fundierten Einblick in die Fragestellungen und Problemfelder der Kommunikationswissenschaft.
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Lars Rademacher/Alexander Schmitt-Geiger (Hrsg.) (2012): Litigation-PR: Alles was Recht ist: Zum systematischen Stand der strategischen Rechtskommunikation. Wiesbaden: Springer VS. Link:
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Die Hypothese von der Agenda Setting-Funktion der Massenmedien ist eines der wichtigsten Konzepte der neueren Medienwirkungsforschung. Besonders Untersuchungen über die politischen Effekte von Presse, Hörfunk und Fernsehen in Wahlkämpfen gehen seit der Pionierstudie von Maxwell E. McCombs und Donald L. Shaw zum U.S: amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 1968 von diesem Wirkungsansatz aus (McCombs und Shaw 1972; Shaw und McCombs 1977; Patterson 1980; Weaver et al. 1981).
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In den Reaktionen der US-amerikanischen Regierung auf die Anschläge des 11. Septembers 2001 hat die Lehre vom Ausnahmezustand und der ihm korrespondierenden staatlichen Souveränität eine nachdrückliche Verwirklichung gefunden. Die Anschläge seien Akte kriegerischer Aggression, die Nation befinde sich in einem war on terror, und es sei legitim, sich militärisch gegen die allseitige Bedrohung, notfalls präventiv, zu verteidigen.1 Im Krieg gegen den internationalen Terrorismus ist das Recht weitgehend außer Kraft gesetzt, oder genauer, auf seinen vermeintlichen Kern, die Selbsterhaltung, zurückgeführt worden. Das zeigt sich besonders an der Art und Weise, in der völkerrechtliche Abkommen ignoriert und die Gefangenen des war on terror behandelt werden. Ihnen wird der Status von Kriegsgefangenen verweigert und damit das Mindestmaß an rechtlichem Schutz, das ihnen gemäß den Genfer Konventionen zustünde. Sie sind rechtlos und auf ihr bloßes Leben zurückgeworfen wie die Individuen im Hobbesschen Naturzustand. Im Ausnahmezustand reduziert sich das Recht auf die Kraft der souveränen Entscheidung.2 Es ist in dieser Perspektive nur konsequent, wenn der Präsident George W. Bush sich als „decision-maker“3 versteht. Der Präsident entscheidet über die Mittel und Wege, die zum Schutz der Nation notwendig sind.