Hintergrund und Ziele des F+E-Vorhabens
Angesichts der weltweiten Klimaveränderung durch den Treibhauseffekt verpflichteten sich die Industriestaaten im Kyoto-Protokoll von 1997, ihre Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2012 gegenüber 1990 um durchschnittlich 5,2 % zu senken. Eine Strategie des Klimaschutzes ist die Umstellung der Energieproduktion von fossilen auf erneuerbare Energieträger. In der EU wurde dazu im Jahr 2001 die Richtlinie zur „Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt“ erlassen. Diese sieht für Deutschland eine Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf mindestens 12,5 % im Jahr 2010 vor. Dieses Ziel wurde in Deutschland bereits mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vom 29. März 2000 gesetzlich verankert und ist Teil des Klimaschutzprogrammes der Bundesregierung.
Bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wird der Nutzung von Biomasse ein entschei-dender Anteil zugemessen. Für den Anwendungsbereich des EEG definiert die Biomasseverordnung (BiomasseV) vom 21.6.2001, welche Stoffe als nutzbare Biomasse gelten. Die Vergütungsregelungen des EEG für Strom aus Biomasse haben die Planungssicherheit der Anlagenhersteller und -betreiber verbessert, so dass zusätzliche Investitionsanreize geschaffen werden konnten. In dem vorliegenden Gesetzentwurf zur geplanten Novellierung des EEG in 2004 ist eine Fortführung der Förderung erneuerbarer Energieträger vorgesehen.
Aus naturschutzfachlicher Sicht ist der Ausbau erneuerbaren Energien zur Vermeidung großräumiger Klimaveränderungen zu begrüßen, da sich die Ziele des Naturschutzes langfristig nicht ohne einen wirksamen Klimaschutz verwirklichen lassen. Jedoch dürfen die formulierten Klimaschutzziele nicht auf Kosten von Naturschutzzielen umgesetzt werden oder mit negativen Auswirkungen auf die Lebensraumverhältnisse verbunden sein, indem z.B. bestehende Konflikte zwischen Naturschutz und Land- bzw. Forstwirtschaft verstärkt werden.
Ziel des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ist es, mögliche Konflikte und Synergien beim Anbau und der Nutzung von Biomasse zur Wärme- und Stromgewinnung herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Stromproduktion in Verbindung mit dem Energiepflanzenanbau in der Landwirtschaft und der forstwirtschaftlichen Nutzung von Energieholz.
Konzept
Das Forschungsvorhaben basiert auf einer umfangreichen Auswertung der aktuellen Fachliteratur im Bereich Biomasse/Erneuerbare Energien insbesondere im Zusammenhang mit naturschutzrelevanten Aspekten. Des Weiteren wurde zu diesem Themenkomplex eine systematische Recherche zentraler Fachbegriffe und Institutionen im Internet vorgenommen. Die daraus gewonnenen Einschätzungen konnten im Verlauf des Vorhabens durch Expertengespräche und Fachworkshops diskutiert und ergänzt werden.
In einem ersten Abschnitt des Projektes erfolgte zunächst eine Zusammenstellung der zur Erzeugung von Wärme und Strom verwendbaren Biomassefraktionen sowie technisch ausgereifter, zur Zeit am Markt verfügbarer Anlagentechnik zur Stromerzeugung aus Biomasse. Dabei wurden einerseits Dampfkraftprozesse zur Verbrennung von holzartiger bzw. halmgutartiger Biomasse und andererseits die Möglichkeiten der Vergärung von feuchter bzw. trockener Biomasse in Biogasanlagen dargestellt. Des Weiteren wurden die wesentlichen Fördermaßnahmen und gesetzlichen Rahmensetzungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Anbau und die Nutzung von Biomasse aufgeführt. Der erste Abschnitt schließt mit der Zusammenstellung der wichtigsten Einschätzungen zu den aktuell in Deutschland zur Verfügung stehenden Potenzialen unterschiedlicher Biomassefraktionen.
Die Verwertung von Biomasse zur Fermentation in Biogasanlagen
Zur Vermittlung der technischen Voraussetzungen zur Erzeugung von Biogas sind zunächst die grundlegenden Informationen zur Verfahrenstechnik und zur Fermentertechnologie übersichtlich dargestellt. Wesentliche Fachbegriffe werden erläutert und der Abbauprozess der Biomasse zu Biogas kurz dargestellt. Von den dann aufgeführten Verfahren der Biogasproduktion (Nassvergärung, Trockenfermentation) bietet sich derzeit allein die Nassvergärung, als die am weitesten ausgereifte und als marktgängige Technik, als Basis für die energetische Biomassenutzung an.
Mit Bezug auf dieses Verfahren werden die unterschiedlichen Betriebsstoffe für Biogasanlagen diskutiert. Es folgen Ausführungen zur Vorbehandlung und zur Einbringung von organischen Stoffen in Fermentationsanlagen sowie zu den möglichen Gaserträgen einzelner Substrate. Dabei werden die Anforderungen an Pflanzen genannt, die für hohe Methanerträge wesentlich sind. Die derzeit am häufigsten verwendeten, bzw. im Bezug auf ihre Eigenschaften vornehmlich diskutierten nachwachsenden Rohstoffe, Silomais (Zea Mays), Grasschnitt und Futterrüben, werden hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile für die Biogasproduktion ausführlich betrachtet.
Abschließend werden die technischen Grundlagen durch Ausführungen zu der Energieverwertung aus Biogas abgerundet. Dabei wurde auf die folgenden Themen eingegangen: Gasaufbereitung, Nutzung des Biogases zur Wärmeerzeugung sowie Nutzung des Biogases für elektrische Energie.
Die Verwertung von Biomasse in Dampfkraftprozessen
Für die Verwertung von Biomasse in Dampfkraftprozessen sind die unterschiedlichen Verfahren, Ver-brennung, Vergasung und Pyrolyse kurz aufgeführt. Nachfolgend wird der Dampfkraftprozess (Nutzung der Rauchgaswärme aus der Verbrennung) als technisch ausgereiftes und am Markt verfügbares Verfah-ren in seinen einzelnen Prozessschritten erläutert. Dabei wird auf die folgenden Aspekte eingegangen: Brennstoffzuführung, Feuerungstechniken, Kessel und Wärmetauscher, Emissionsminderung, mög-liche Betriebsweisen, Arbeitsmaschinen (Motoren und Turbinen), Netzeinspeisung und die Ascheverwertung. Ergänzend werden im Anschluss daran verschiedene Beispielanlagen vorgestellt.
Im Bezug auf ihre energetische Nutzung wurden die Aufbereitung der Brennstoffe, die Heiz- und Brennwerte sowie weitere relevante Eigenschaften holzartiger und halmgutartiger Biomasse untersucht und Kriterien für die Verwendung dieser Brennstoffe ausgearbeitet.
Fördermaßnahmen und politische Rahmenbedingungen für Anbau und Nutzung von Biomasse
Als politischer Rahmen werden zunächst internationale Vereinbarungen erläutert, die sind das Kyoto-Protokoll, das Weißbuch der Europäischen Kommission zu erneuerbaren Energien und die EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien. Danach folgt die Beschreibung von Programmen und Gesetzen auf Bundesebene: Nationales Klimaschutzprogramm, Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und Biomasse-Verordnung. Zusätzlich werden neben weiteren Förderprogrammen insbesondere das Marktanreizprogramm des Bundeswirtschaftsministeriums und die agrarpolitischen Reglungen der EU beschrieben.
Einschätzungen zum Biomassepotenzial
Die wichtigste Einschätzungen des in Deutschland zur Verfügung stehenden Biomassepotenzials wurden getrennt nach Biomassefraktionen übersichtlich dargestellt. Für den Bereich holzartiger Biomasse wurden Daten zu den Fraktionen Waldenergieholz, Industrierestholz, Altholz und Landschaftspflegeholz zusammengestellt. Unter landwirtschaftlichen Biomassepotenzialen sind entsprechende Daten zu den Fraktionen Stroh, Energiepflanzen sowie Gülle und Mist aufgeführt.
Am Beispiel der Region Hannover konnten zudem durch eine Befragung der wesentlichen Institutionen und Akteure regional konkretisierte und belastbare Daten des zur Verfügung stehenden Biomasse-potenzials aus Land- und Forstwirtschaft sowie gewerblich-industriellen Holzreststoffen ermittelt werden.
Energieholznutzung und Naturschutz in der Forstwirtschaft
Ausgehend von der aktuellen Fachdiskussion zu den Kriterien für eine Gute fachliche Praxis in der Forstwirtschaft wurden für die folgenden Themenkomplexe Einschätzungen zu potenziellen Auswirkungen der energetischen Nutzung von Waldenergieholz vorgenommen: Nährstoffkreisläufe und Holzentnahme, integrativer Naturschutz im Wirtschaftswald (mit Schwerpunkt auf Altholzbeständen, Totholzanteilen, Nist- und Höhlenbäumen sowie dem Mindestalter von Endnutzungsbeständen), Pflege von Waldrändern sowie Bodenschutz und Walderschließung. Es wurde jeweils herausgestellt, inwieweit eine energetische Nutzung Einfluss auf naturschutzfachlich relevante Aspekte haben könnte, welcher Handlungsbedarf sich daraus für den Naturschutz ergibt und ob die Vorschläge der Kriterien zur Guten fachlichen Praxis nach WINKEL & VOLZ (2003) ggf. zu verändern bzw. zu erweitern sind. Ergänzend konnten Hinweise zu den Themenkomplexen Erstaufforstungen, Bestandsbegründung und Waldumbau sowie zum segregativen Naturschutz gegeben werden.
Energetische Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Landwirtschaft
Die Nutzung nachwachsender Rohstoffe aus der landwirtschaftlichen Produktion wurde getrennt nach halmgutartiger Biomasse und dem Anbau von Energiepflanzen zur Fermentation in Biogasanlagen untersucht. Bei den halmgutartigen Energieträgern wurden die derzeitigen Hemmnisse für eine energetische Nutzung vorangestellt, aber auch mögliche Perspektiven für eine zukünftige Nutzung aufgezeigt. Neben der energetischen Verwertung von Stroh als landwirtschaftlichem Nebenprodukt wurde auch der Anbau von Energiegetreide betrachtet. Für beide Energieträger ist eine Einschätzung zu den voraussichtlichen Auswirkungen auf den Naturschutz vorgenommen worden.
Für den Energiepflanzenanbau zur Fermentation wurden zunächst die wichtigsten Einflussfaktoren benannt. Danach sind die für einen Anbau in erster Linie relevanten Biomassefraktionen und die zur Zeit in der Diskussion sowie teilweise bereits in der praktischen Anwendung befindlichen Anbauvarianten aufgeführt. Dies betrifft: (1.) Energiepflanzen im konventionellen Anbau am Beispiel von Silomais, (2.) Energiemaisanbau auf produktiven Standorten, (3.) Mehrkulturnutzung auf produktiven Standorten und (4.) Energiepflanzenanbau auf ertragsarmen Standorten.
Die genannten Anbauvarianten wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf Natur und Umwelt überprüft. Als Anhaltspunkte konnten die wichtigsten, bereits aus der allgemeinen Fachdiskussion bekannten, negativen Auswirkungen einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung herangezogen werden. Es wurde für jede Anbauvariante versucht, die potenziellen Auswirkungen durch Bodenverdichtung/Bodenerosion, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die Eutrophierung von Böden und Gewässern bzw. die Veränderung des Nährstoffhaushaltes sowie die Auswirkungen auf die Artenvielfalt von Flora und Fauna einzuschätzen.
Unabhängig von den Anbauverfahren wurde der Frage nachgegangen, ob die Nachfrage nach Energie-pflanzen zu einer verstärkten Entwicklung gentechnisch veränderter Organismen bzw. deren Einsatz in der Land- und Forstwirtschaft führen könnte. Zur Beurteilung dieser Frage wurden die derzeitigen Ziele der Energiepflanzenzüchtung herausgearbeitet und mit dem aktuellen Stand der technischen Möglichkeiten der Grünen Gentechnik verglichen. Ergänzend wurden die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen aufgeführt.
Veränderung des Landschaftsbildes durch die Biomasseproduktion
Ausgehend von einer engen Verbindung zwischen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung und der Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Kulturlandschaft, werden zwei Aspekte der Erzeugung und Nutzung von Biomasse beispielhaft betrachtet, die zu einer nachhaltigen Veränderung des Landschaftsbildes führen könnten. Zum einen wird die Beeinflussung des Landschaftsbildes durch hochwüchsige Kulturen und Aufforstungen und damit in Zusammenhang stehende positive und negative Entwicklungen diskutiert. Zum anderen wurde die Frage aufgegriffen, welchen Einfluss der Energiepflanzenanbau auf die Kulturpflanzenvielfalt haben könnte. Abschließend wird der Einfluss von baulichen Anlagen zur Lagerung und Verarbeitung von Biomasse auf das Landschaftsbild betrachtet.
Synergieansätze zwischen Naturschutz und Biomassenutzung
Stellvertretend für zahlreiche potenzielle Synergieansätze konnten vier für den Naturschutz bedeutsame und von einer angepassten Bewirtschaftung bzw. Pflege abhängige Lebensräume als Beispiele aufgegrif-fen werden. Für Niedermoore, Wallhecken und Knicks, Nieder- und Mittelwälder sowie Naturschutz-grünland wird nach Wegen gesucht, das anfallende Schnittgut energetisch zu verwerten und dadurch einen Kostenbeitrag zur Deckung der Bewirtschaftung zu erzielen. Nach einer kurzen Beschreibung der naturschutzfachlichen Bedeutung der Lebensräume wird jeweils die Option einer energetischen Nut-zung dargestellt und soweit möglich mit wirtschaftlichen Daten ergänzt.
Gesamteinschätzung und Handlungsbedarf
Der Bericht schließt mit einer Gesamteinschätzung zu den technischen Verfahren zur energetischen Nutzung von Biomasse und deren Grenzen hinsichtlich der Anwendbarkeit. Der weitere Handlungsbedarf aus Sicht des Naturschutzes wird aufgezeigt.