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266 Martin Knöll
Martin Knöll
Bewertung von Aufenthaltsqualität
durch Location-based Games
Altersspezische Anforderungen in der Studie „Stadtucht“ in Frankfurt a. M.
Abstract
Der Beitrag stellt den Einsatz von Location-based Games (LBGs) zur Bewertung von
Aufenthaltsqualität in öffentlichen Freiräumen vor. Die Ergebnisse einer explorati-
ven Studie in Frankfurt am Main legen nahe, dass LBGs einen hohen Anteil an
Teilnehmer/innen und neben jungen Erwachsenen auch junge Familien und Seni-
oren adressieren. Die Gruppe 45 Jahre und älter zeigt eine ähnlich hohe Akzeptanz
wie jüngere Teilnehmerinnen, jedoch deuten sich besondere motorische und kogni-
tive Anforderungen an. Die aufgezeichneten Daten zeigen altersspezische Gemein-
samkeiten und Unterschiede in der Wahrnehmung von Aufenthaltsqualitäten und
können somit eine Grundlage für Standort-Analysen der gesundheitsfördernden
Stadtentwicklung bilden.
Hintergrund
Derzeit arbeiten Stadtforscher/innen gemeinsam mit IT-Experten unter Hochdruck
an digitalen Konzepten, welche die Hürden zur Bürgerbeteiligung senken sollen.
Big Data liegt auf der einen Seite des Spektrums der Beteiligung: Der Ansatz liefert
Informationen zur Nutzung städtischer Infrastrukturen rein durch die Analyse von
Daten, zum Beispiel aus sozialen Netzwerken (Offenhuber & Ratti, 2014). Auf der
anderen Seite stehen Anwendungen, welche Bürger/innen bewusst nutzen. Ein
Mehrwert liegt hier in der Qualität der Daten, beispielsweise wenn Bürger/innen
durch Location-based Services (LBS) Aufenthaltsqualitäten vor Ort bewerten und
zusätzlich Biosignale wie Puls und EEG aufgezeichnet werden, um die psychophy-
siologischen Wirkungen von städtischen Umgebungen zu untersuchen (Aspinall, et
al. 2013). Folgt man Höffken (2015) in seiner Untersuchung zur „mobilen Partizipa-
tion“, sind es hauptsächlich Männer um die 30 Jahre, mit hohem Bildungsgrad und
technischem Verständnis, die sich als passionierte und intensive Nutzer von mobilen
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267Technische Unterstützungssysteme im
Wohnumfeld und Stadtraum
Applikationen bezeichnen. Der selbstverständliche und innovative Umgang werde
sich aber weiter auf das Verhalten einer breiten Mehrheit ausweiten und eröffnet
hierdurch große Potenziale, die „Stadt mitzugestalten“ (Höffken 2015). Bisher gibt es
erstaunlich wenig Forschung darüber, wie sich mobile Partizipation effektiv in der
gesundheitsfördernden Planung einsetzen lässt.
Dies überrascht, da aussagekräftige Stadtteilberichte als ein wesentliches Qualitäts-
merkmal der „gesundheitsfördernden Stadtentwicklung“ gelten (Reimann, Böhme
und Bär 2010). Sie werden eingesetzt, um Stärken (z. B. attraktive Grünanlagen) und
Schwächen (z. B. hohe Verkehrs- und Lärmbelastungen) eines Viertels und deren
Bedeutung für verschiedene Nutzergruppen abzufragen. Die Autorinnen kritisieren,
dass traditionelle Methoden zu wenig auf spezische Bedürfnisse zugeschnitten
seien und so nur wenige Kinder und Jugendliche, Migranten, aber auch Berufstätige
mittleren Alters und Senioren erreichen. Burton und Mitchell (2006) haben mit ihrer
Forschung auf die bedeutende Rolle eines „inklusiven Städtebaus“ hingewiesen,
durch den Senioren trotz eingeschränkter motorischer und kognitiver Fähigkeiten
möglichst lange im Stadtraum mobil sein können. Mobile Partizipation könnte hier
einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität liefern, indem
sie gesundheitsfördernde Planung mit hochaufgelösten und altersspezischen Daten
unterstützt. Ebenso dringlich erscheint daher die Frage, welcher konzeptionellen
Grundlagen es bedarf, vulnerable Bevölkerungsgruppen für die Teilnahme an mobi-
ler Partizipation zu ermächtigen.
An anderer Stelle haben Knöll et al. (2014) auf die Möglichkeiten hingewiesen, durch
Location-based Games (LBGs) technikafne Nutzergruppen in der aktiven Erholung
in städtischen Umgebungen zu unterstützen. Knöll et al. (2013) haben über Prototy-
pen berichtet, die Gestaltungsgrundlagen des „bewegungsfördernden Städtebaus“
in LBGs integrieren, um neben der Position auch die architektonische Qualität eines
Straßensegments zu berücksichtigen. Umgekehrt zeigen sich durch die spielerische
Interaktion mit LBGs im Stadtraum Perspektiven auf, georeferenziertes Wissen zu
generieren (Knöll, Bewegungswissen – Active Design Guidelines, 2014). Der vorlie-
gende Artikel fokussiert die Anforderungen von Senioren im Umgang mit LBGs zur
Bewertung der Aufenthaltsqualität in öffentlichen Freiräumen.
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Fragestellung
1. Alter und Gender: Welche Altersgruppen werden durch LBGs adressiert?
Wie hoch ist der Anteil der Altersgruppe 60+ im Vergleich zu Projekten der
digitalen Bürgerbeteiligung?
2. Anforderungen: Was sind besondere Anforderungen für Senioren im Umgang
mit LBGs und wie hoch ist die Akzeptanz in dieser Altersgruppe?
3. Mehrwert: Können die erhobenen Daten Unterschiede und Gemeinsamkeiten
in den Altersgruppen herausarbeiten?
Methode
Der Artikel wertet die Daten einer begleitenden Studie des Prototypen „Stadtucht“1
aus. Bei Stadtucht handelt es sich um ein LBG für Android Smartphones zur aktiven
Erkundung des Frankfurter Osthafens, das an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen
im September 2014 mit 42 Teilnehmern im Rahmen der Kunstaktion „Frankfurt Eva-
kuieren“2 getestet wurde. Die Smartphones mit vorinstallierter Applikation wurden
am Treffpunkt an die Teilnehmer ausgegeben, die nach einer kurzen Einführung
selbstständig für etwa eine Stunde im Stadtgebiet zu Fuß unterwegs waren (Abb. 1).
▲ Abb. 1 zeigt Screens der Applikation Stadtucht (a. & b.) sowie Teilnehmerinnen während
der Studie im September 2014 (c.) und einen Überblick in die 6 Stationen im Stadtgebiet (d.).
1 Für weitere Informationen sehen Sie die Video-Dokumentation auf
https://vimeo.com/126797890, sowie eine Beschreibung auf http://
www.stadtspiele.tu-darmstadt.de/.
2 http://blog.evakuieren.de/wordpress/
a. b. c. d.
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Im ersten Abschnitt werden Alter und Gender der Teilnehmer/innen von Stadtucht
mit 3 ausgewählten Fallbeispielen der digitalen Bürgerbeteiligung vergleichend ana-
lysiert. Im zweiten und dritten Abschnitt werden die besonderen Anforderungen für
Senioren auf Basis der erhobenen quantitativen und qualitativen Daten fokussiert. In
dem zweigeteilten Fragebogen (vor und nach der Interaktion mit dem LBG) wurden
Daten zur Person, Nutzung von Fitness-Apps, Einschätzung des persönlichen Wohl-
bendens sowie Daten zur Wahrnehmung der Aufenthaltsqualitäten an insgesamt 4
„Stationen“ des LBGs erhoben. Eine typische Frage lautete dabei: „Wie empnden Sie
den Platz am Hafenbecken (Station Atemübung)?“. Diese Frage konnte durch ein Set
gegensätzlicher Adjektive (z. B. „eng/weit“) zur Beschreibung der Aufenthaltsquali-
tät auf einer 10-Punkte-Skala beantwortet werden, die an anderer Stelle eingehend
vorgestellt wurde (Knöll, Neuheuser, et al. 2014).
Ergebnisse
Aus Interviews mit Experten zur digitalen Bürgerbeteiligung konnten Nutzerdaten
zu digitalen Anwendungen auf verschiedenen Plattformen (Web oder Mobile), zum
Anwendungskontext (Freizeit oder Bürgerbeteiligung), den Beobachtungszeit-
räumen und absolute Teilnehmerzahlen gesammelt werden. Daraus wurden vier
Fallbeispiele ausgesucht, um eine mögliche Altersstruktur und Genderverteilung
abzubilden (Tab.1).
▲ Tabelle 1 listet die untersuchten Fallbeispiele.
3 Daten am 19.6.2015 durch die Wer denkt Was GmbH zur Verfügung
gestellt, https://da-bei.darmstadt.de
4 Daten am 26.6.2015 durch I. Schweizer zur Verfügung gestellt
5 Daten aus nicht-repräsentativer Umfrage, die am 23.01.2013 ver-
öffentlicht wurde http://simulacrum.cc/2013/01/23/the-demogra-
phics-of-ingress/
6 http://www.stadtspiele.tu-darmstadt.de/media/stadtspiele/
ws14___1/150123_Exposee_Stadtucht_MHM.pdf
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Alter und Gender
Die hier ausgewerteten Daten der Beteiligungsplattform Da-bei der Wissenschaftsstadt
Darmstadt umfassen 593 Nutzer (46,2 % weiblich). Es gibt keine Teilnehmer/innen zwi-
schen 0 und 18 Jahren, da der Service nur für wahlberechtigte Bürger/innen zugänglich
ist. Der Schwerpunkt liegt in der Gruppe 40–49 Jahren (26,6 %). Daran schließen sich
zu vergleichbaren Anteilen die Gruppen 30–39 (18,2 %) und 50–59 Jahre (22,9 %) an.
Beachtlich ist der Anteil der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen (15,4 %) sowie der Anteil der
Teilnehmer mit 70 Jahren und älter, der immerhin bei 5,1 % liegt (Abb. 2a).
In der Studie zu Noisemap, einem Beispiel für kollektives Erheben von Daten zur
Lärmbelastung auf Android-Geräten (Schweizer, et al. 2012), nahmen 56 Teilnehmer/
innen (35,7 % weiblich) teil. Der überwiegende Anteil ist 19–29 Jahre (66,1 %) alt. Es
gibt wenige Teilnehmer/innen in der Gruppe 10–18 (3,6 %) und 50–59 Jahre (1,8 %) und
keine in den übrigen Altersgruppen 60 Jahre und älter (Abb. 2b). Die Daten des Augmen-
ted Reality Games Ingress der Google Tochter Niantic Labs7 umfassen 1545 Spieler (6,9 %
weiblich). Der überwiegende Anteil ist 19–29 (46,1 %) oder 30–39 (38,1 %) Jahre alt. Der
Anteil der Gruppen 0–9 Jahre (0,1 %), 60–69 Jahre (0,1 %) sowie 70 Jahre und älter (0) ist
äußerst gering.
An der begleitenden Studie zu Stadtucht haben 42 Bürger/innen (61,9 % weiblich)
teilgenommen. Der Schwerpunkt liegt in der Gruppe 19–29 Jahren (42,9 %). Jeweils
gleich hoch ist der Anteil der 30–39- und 40–49-Jährigen (19,1 %) und der Gruppen 0–9
Jahre und 10–18 Jahre (jeweils 4,8 %). Es gab eine Teilnehmerin in der Gruppe 50–59
Jahre (2,4 %) und 3 Teilnehmer/innen in der Gruppe 60–69 Jahre (7,1 %) (Abb. 2d).
7 https://www.ingress.com
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▲ Abb. 2 zeigt die Verteilung auf die Altersgruppen in den Fallbeispielen.
Stadtucht hat einen höheren Teilnehmerinnen-Anteil (61,9 %) als Da-bei (46,2 %),
als die mobile App Noisemap (35,7 %) sowie als das Augmented Reality Game Ingress
(6,9 %). Der Schwerpunkt bei allen mobilen Applikationen liegt in der Gruppe 19–29
Jahren. Bei der webbasierten Beteiligungsplattform Da-bei liegt der Schwerpunkt bei
40–49 Jahren. Da-bei erreicht den größten Anteil der Gruppe 60–69 Jahren (15,4 %)
sowie 70 und älter (5,1 %). Das LBG Stadtucht erreicht immerhin 3 Teilnehmer/
innen der Altersgruppe 60–69 Jahre, was einen deutlich erkennbaren Anteil (7,1 %)
ausmacht. Insgesamt decken die Teilnehmer/innen der Studie Stadtucht ein breites
Spektrum von Nutzern ab, das von Familien mit Kindern über junge Erwachsene zu
Senioren reicht (Abb. 2d).
Besondere Anforderungen für Senioren
In den folgenden Abschnitten sind die Altersgruppen in die Gruppen 0–22 Jahre
(n=8), 23–44 Jahre (n=24) sowie 45 Jahre und älter (n=6) aufgeteilt. Der Prototyp
wurde von allen Teilnehmer/innen (n=38) auf einer Skala von 1 bis 10 (1 – „sehr
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gut“) mit einem Mittelwert (MW) von 2,66 bei einer Standardabweichung (SD) von
1,34 bewertet. Die Gruppe 45 Jahre und älter bewertete das Spiel leicht schlechter
(MW=3,00; SD=0,63) als die Gruppe 23–44 Jahre (MW=2,75; SD=1,55) und 0–22 Jahre
(MW=2,13; SD=0,99). Typische Antworten auf die Frage nach Schwierigkeiten im
Umgang mit dem Prototypen waren die Hinweise auf kleinere Fehler mit der Anzeige
oder Mängel in der Verständlichkeit der Funktionalität. Hier verteilen sich die 25
Angaben gleichmäßig auf alle Altersgruppen.
▲ Abb. 3 zeigt Teilnehmer/innen während der Atemübung am Hafenbecken (a. – c.), Slalom-
lauf im Unionshof (d. – f.) und Photo Dance an der Hanauer Landstraße (g. – i.).
g. h. i.
d. e. f.
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Die Stationen stellen unterschiedliche motorische und kognitive Anforderungen. Das
Spektrum reicht von einer Atemübung am Hafenbecken, bei der die Teilnehmer/
innen ihren Puls mithilfe der Smartphone-Kamera messen konnten (Abb. 3a) über
einen bewegungsintensiven Slalomlauf (Abb. 3d-f) bis hin zum Fotograeren von
Objekten an der stark befahrenen Hanauer Landstraße. Der Fragebogen erfasste
keine quantitativen Angaben zur Nutzerzufriedenheit an den einzelnen Stationen.
Die qualitative Auswertung der begleitenden Fotodokumentation legt jedoch Vorlie-
ben der Altersgruppen für bestimmte Stationen nahe. Bei der bewegungsintensiven
Übung Slalom überwiegen die Aufnahmen von jüngeren Teilnehmer/innen bis 44
Jahre (Abb. 3d–f), während die Aufnahmen der Atemübung am Hafenbecken vor-
wiegend Teilnehmer/innen von 45 Jahren und älter zeigen (Abb. 3a–c). Die Station
„Photo Dance“ an der Hanauer Landstraße ist deutlich weniger bewegungsintensiv,
erfordert dafür aber das schnelle Erkennen von Gegenständen in der Umgebung
und auf dem Bildschirm des Smartphones. Die Aufnahmen dieser Station zeigen alle
Altersgruppen (Abb. 3 g–i). Es deutet sich an, dass die Teilnehmer/innen mit unter-
schiedlicher Geschwindigkeit mit dem LBG im Stadtraum interagieren. Beispielswei-
se fotograeren sie die Objekte aus unterschiedlichen Positionen in Abhängigkeit zu
individuellen Präferenzen und Beweglichkeit.
AltersspezischeBewertungen
Neben Vertrautheit („Familiarity“), Lesbarkeit („Legibility“), Unterscheidbarkeit
(„Distinctiveness“) und Erreichbarkeit („Accessibility“) nennen Burton und Mitchell
(2006) Aufenthaltsqualität („Comfort“) und Sicherheit als wesentliche Eigenschaften
eines inklusiven Städtebaus. Burton und Mitchells Denition von Aufenthaltsqualität
setzt sich aus Eigenschaften zusammen, die in der vorliegenden Studie unter ande-
rem durch die Adjektive „maximal stressig“, „maximal entspannend“, „Lautheit“,
Anzahl der „Sitzgelegenheiten“ sowie der Einschätzung „sicher/unsicher“ abgefragt
wurden. Zur Untersuchung wurde mit der Hanauer Landstraße die Station ausge-
wählt, die von allen Teilnehmer/innen als „maximal stressig“ bewertet wurde. Hier
soll auf die Unterschiede eingegangen werden, die sich in Größe und Vorzeichen des
Delta zwischen Bewertungen (MW und SD) der Gruppe 45 Jahre und älter und allen
Teilnehmer/innen ergeben (Tab. 2).
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Die Gruppe 45 Jahre und älter bewertet die Station Hanauer Landstraße als „maximal
stressig“ (MW=9,00; SD=1,10). Die Gruppe bewertet die stark befahrene Straße im Mit-
tel als stressiger (Delta MW=-1,34) und ist sich bei dieser Einschätzung sicherer (Delta
SD=0,96) als das Mittel aller Teilnehmer/innen. In der Frage wie „entspannend“ die
Station sei, spiegelt sich dieses Ergebnis. Die Gruppe 45 und älter bewertet die Hanau-
er Landstraße als deutlich weniger entspannend als das Mittel aller Teilnehmer/ in-
nen (Delta MW=0,68). In zwei der hier ausgewählten Bewertungen unterscheidet sich
die Gruppe 45 Jahre und älter vom Mittel aller Teilnehmer/innen. Sie bewertet den
Anteil an Vegetation (Delta MW=0,82) sowie die Anzahl der Sitzgelegenheiten (Delta
MW=0,50; Delta SD=1,31) als niedriger. Bei Lautheit und Sicherheit dagegen liegen die
Bewertungen der Gruppe 45 Jahre und älter nahe an den Bewertungen aller Teilneh-
mer/innen (Tab. 2).
▲ Tabelle 2 listet Mittelwerte (MW) und Standardabweichung (SD) der Bewertungen auf
einer Skala von 1 für Minimalwerte bis 10 Maximalwerte für die Hanauer Landstraße.
Diskussion
Die Aussagen zum erreichten Altersspektrum haben aufgrund der geringen Anzahl
der Fallbeispiele (n=4) sowie der Teilnehmer/innen der Studie Stadtucht (n=42)
explorativen Charakter. Der gefundene große Anteil an Senioren der Gruppe 60–69
bzw. 70 und älter in der Beteiligungsplattform Da-bei lässt sich unter anderem durch
die webbasierte Applikation erklären, die sich zum Beispiel auch bequem von zu
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Hause benutzen lässt. Diese Ergebnisse decken sich mit dem sonstigen Nutzungs-
verhalten dieser Altersgruppe von sozialen Netzwerken. Maßgebliche Faktoren wie
die Akquise der Teilnehmer/innen wurden nicht analysiert. Die Strategie, das LBG
Stadtucht als Teil der Kunstaktion „Frankfurt Evakuieren“ im Kontext Freizeitge-
staltung zu organisieren, scheint erfolgreich. Tatsächlich wurde ein größerer Anteil
an Teilnehmerinnen sowie ein ausgewogeneres Altersspektrum im Vergleich zu den
analysierten Fallbeispielen der mobilen Partizipation gefunden. Die Skalierbarkeit
auf größere Teilnehmerzahlen und die Übertragbarkeit auf größere Beobachtungs-
zeiträume müssen in weiteren Studien getestet werden.
Die Ergebnisse zu altersspezischen Anforderungen des LBGs Stadtucht haben
ebenfalls explorativen Charakter. Durch die kleine Anzahl der vollständigen Daten-
sätze (n=38) musste in drei Altersgruppen von 0 bis 22, 23 bis 44 und ab 45 Jahren
unterteilt werden. Außerdem wurde die Akzeptanz des Prototypen im Fragebogen
nicht spezisch für alle Stationen erfasst. Hervorzuheben sind die Ergebnisse der
qualitativen Auswertung der Fotodokumentation, welche hauptsächlich die Gruppe
ab 45 Jahren während der „entspannenden“ Stationen zeigen, während die jüngeren
Teilnehmer/innen bei bewegungsintensiven Übungen überwiegen. Die Übung im
LBG, welche motorische und kognitive Anforderungen balanciert, zeigt Teilnehmer/
innen aus allen Altersgruppen. Die vorgestellten qualitativen Beobachtungen bilden
allenfalls einen Trend ab. Weitergehende Studien müssen diese mit quantitativen
Daten, beispielsweise zu den aufgezeichneten GPS-Positionen, Aufenthaltszeiten und
erzieltem Score im LBG, kombinieren.
Die hier gefundenen Unterschiede in der Bewertung von Aufenthaltsqualitäten de-
cken sich zum Teil mit der ausgewerteten Literatur. Die größere Vulnerabilität von
Senioren gegenüber Umweltstressoren, mangelndem Grün und Sitzgelegenheiten in
öffentlichen Räumen spiegelt sich in den entsprechenden Bewertungen der Grup-
pe 45 Jahre und älter. Gleichzeitig wurde eine Reihe der abgefragten Eigenschaften
über alle Altersgruppen hinweg gleich bewertet. Naturgemäß wirft eine explorative
Studie viele Fragen auf. Zum Beispiel konnte in diesem Rahmen nicht untersucht
werden, ob die altersspezischen Unterschiede nur auf die als extrem negativ bewer-
teten Stationen zutreffen oder auch für „neutrale“ oder für die als positiv bewerteten
Räume gelten. Schließlich wurde die Frage aufgeworfen, welchen Anteil die äußeren
Einussfaktoren der betreffenden Locations zur anschließenden Bewertung der
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Aufenthaltsqualität beitragen, bzw. welchen Anteil die Zufriedenheit mit der dort
durchgeführten (Spiel)-Aktivität beiträgt.
Zusammenfassung und Ausblick
Die vorgestellten Ergebnisse deuten an, dass ein LBG zur Bewertung von Aufenthalts-
qualitäten in öffentlichen Freiräumen neue Nutzergruppen in der mobilen Partizipa-
tion adressieren kann. Neben jungen Erwachsenen und Familien mit Kindern wurden
auch Senioren als Teilnehmer gewonnen. Es besteht weiterer Forschungsbedarf in
der theoretischen Einbindung in Partizipationsmodelle und -stufen. Zum anderen
besteht vor dem Hintergrund der gesundheitsfördernden Planung Forschungsbedarf
an den technisch-gestalterischen Grundlagen von LBGs, die es ermöglichen sollen,
besonders vulnerable Gruppen zur mobilen Partizipation zu ermächtigen. Der hier
vorgestellte Prototyp Stadtucht bildet erste Erkenntnisse, die in weiteren Studien,
zum Beispiel in Planungsvorhaben und Stadtteilberichten, eingesetzt werden kön-
nen. Eine weitere Perspektive ist der Einsatz von LBGs in der Bewertung und Opti-
mierung von Immobilien Objekten aus Sicht der Nutzer. Die Ergebnisse zeigen, dass
der Ansatz altersspezische und georeferenzierte Daten hervorbringt, die für die
Grundlagenforschung mit Blick auf die altersspezische Stadtwahrnehmung genutzt
werden können. Zur Präzision der gesammelten Daten, möglichen Erweiterungen
durch Sensordaten des Smartphones wie Beschleunigungsmesser und Kompass sowie
deren Kombination zu etablierten räumlichen Analysemethoden wie Space Syntax
(Varoudis 2012) sind derzeit Publikationen in Arbeit.
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