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Männer und Jungen im heutigen Japan

Authors:
  • Ryotokuji University

Abstract

Männer und Jungen im heutigen Japan
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Switchboard. Zeitschrift für Männer und Jungenarbeit |Nr. 181 |Sommer 2007 www.maennerzeitung.de
Männer und Jungen
im heutigen Japan
Vortrag an der Universität Hamburg, 24. Mai 2007
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ROF
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ISAO
I
KEYA
ge Ergänzung eines starken Neokonservativismus bedarf, müssen neu-
ere Männlichkeitsdiskurse insofern als ein Instrument der Sozialinte-
gration begriffen werden.
Um die japanische Kultur zu verstehen, muss Folgendes bedacht wer-
den: Ein wesentliches Kennzeichen liegt darin, ausländische Kulturen
unkritisch zu akzeptieren und japanspezifisch zu verarbeiten. In die-
sem Sinne ist japanische Kultur immer eine „hybride“ Kultur und hat
damit kaum eigenständige Wurzeln. Ebenso akzeptiert der japanische
Kapitalismus und die japanische Industrie auf sehr rationalistische
Weise jede fremde Kultur, jedoch nur um sie auszubeuten. In diesem
Sinne wird die japanische Gesellschaft weitgehend modernisiert und
stellt sich sehr stark als Konsumgesellschaft dar.
Männlichkeiten,
die von Unternehmen gefordert werden
Welche Art von Männlichkeit fordern japanische Unternehmen von ih-
ren Mitarbeitern?
Da ist zum einen eine „flexible Männlichkeit“ (nach Connells Begriff
der „transnational masculinity“), die insbesondere von elitären Mitar-
beitern [2] gefordert wird und Subjektivität, Selbstverantwortung, kre-
atives und flexibles Denken sowie kommunikative beziehungsweise
globale Kompetenz (global literacy) einschließlich emotionaler Kom-
petenz umfasst.
Zum zweiten bedürfen Unternehmen einer „marktzentrierten“ Männ-
lichkeit, die vor allem von nicht-elitären Mitarbeitern [3] erwartet wird.
Denn in der neuen, neoliberalen Marktgesellschaft werden Männer ge-
braucht, welche die Disziplinen und Spielregeln dieser neuen Gesell-
schaftsordnung strikter befolgen, sie niemals infrage stellen und dau-
erhafter konkurrieren.
Drittens ist auch eine so genannte „Metrosexualität“ für die Unterneh-
men nötig, denn in der expandierenden Dienstleistungsgesellschaft gilt
die bisherige traditionelle Männlichkeit nicht mehr als notwendig. Vor-
teilhafter ist hier eine Metrosexualität, welche die Gefühle von Kun-
den oder Klienten nicht verletzt. Diese drei Modelle sind die wesent-
lichen Säulen von Männlichkeit, die Unternehmen von Arbeitern und
Angestellten heute fordern.
Allerdings gibt es auch marginalisierte Männlichkeiten, wie zum Bei-
spiel die „Otaku“ (Jungen und junge Männer, die sich in die hübschen
Idole von Animationen oder in Mangas verlieben und masturbieren),
die „Okama“ (Männer, die nicht homosexuell sind, sich aber wie Frau-
en verhalten) und Schwule. In diesem Zusammenhang ist nicht uner-
heblich, dass in global isierten Zeiten und insbesondere im weltweiten
„alltäglichen“ Kriegszustand nach dem 11. September 2001 nicht nur
der japanische Staat eine wieder stärkere und härtere, um nicht zu sa-
gen „militärische“ Männlichkeit von Männern fordert.
Die japanische Kultur scheint Homosexuelle augenscheinlich zwar zu
akzeptieren und anzuerkennen, jedoch werden sie in der Zivilgesell-
schaft tatsächlich diskriminiert. Es wird mit Hilfe von Gender auch ver-
sucht, Frauen als humanes Kapital auszubeuten. Japanische Unterneh-
Das „Basisgesetz für eine geschlechter-
gleichberechtigte Gesellschaft"
und die Backlash-Bewegungen in Japan
Im Jahr 1999 trat das "Basisgesetz für eine geschlech-
tergleichberechtigte Gesellschaft" endlich in Kraft. Seit
etwa 2003 gibt es jedoch offensive Backlash-Bewegun-
gen gegen das Gesetz selbst, gegen feministische Be-
wegungen und gegen eine innovative Sexualpädagogik
sowie ihre Praxis. Der konservative Premierminister Abe
Shinzo gehört diesen Backlash-Bewegungen an und för-
dert sie; diese sprechen sich sogar gegen die öffentliche
Nutzung des Begriffs "Gender" aus, da sie befürchten,
er untergrabe die traditionellen Geschlechterrollen.
Die Veränderung der männlichen
Adoleszenz nach dem Krieg
Seit Mitte der 90er Jahre verändert sich die Ausge-
staltung der Arbeitsverträge großer Unternehmen von
den bisher traditionellen (Einstellung von neuen Ab-
solventen, lebenslange Anstellung, Anciennitätsprin-
zip [1]) zu flexiblen und stark leistungsgeprägten Be-
dingungen. Das heißt, dass die Unternehmen bisheri-
ge typische Eigenschaften der japanischen Männer –
wie zum Beispiel Treue und Engagement für das
Unternehmen – nicht mehr benötigen.
Damit wird den Jugendlichen und jungen Männern
der Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert, weil An-
stellungssysteme abgeschafft werden, welche den
Übergang von der Schule zum Beruf stabil absicher-
ten. Die Jugendlichen können somit keine stabile Le-
bensplanung entwerfen wie es ihre Väter noch konn-
ten. Während bisher ältere Männer die jüngeren Män-
ner im Unternehmen ausgebildet haben (on the job
training), müssen letztere nun selbst für ihre Qualifi-
kation und ihre Kompetenzen sorgen. Mit völlig neu-
en Herausforderungen, denn: Bisher gehörten die
Unternehmen – neben der Schule – zu den wichtig-
sten Trägern der sozialen Integration junger Männer.
Die japanische Regierung ebenso wie die Unterneh-
men gaben diese Rolle jedoch auf. Womit aber ver-
suchen sie stattdessen, Jungen sozial zu integrieren?
Was ist ihre Strategie? Einerseits schließen sie Jun-
gen weiter aus, indem sie das Jugendgerichtsgesetz
revidierten, um Jungen noch strenger zu bestrafen.
Andererseits versuchen sie mittels eines verstärkten
Nationalismus, Jungen an sich zu binden. Tatsächlich
verschlechterte die japanische Regierung in den letz-
ten Jahren die Bildungsverfassung, das so genannte
„Basisgesetz für Bildung“, um damit den Patriotismus
zu befördern. Da der Neoliberalismus als notwendi-
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Studentinnen. Dies waren im Jahr 2006 wieder in der Mehr-
zahl Männer, nämlich etwa 620.000, und sie waren kaum mo-
tiviert oder willens, zu studieren oder zu arbeiten. Arbeiten
oder nicht arbeiten wird damit zu einer zentralen Frage für
das Selbstverständnis und die Gesellschaft.
„Ijime“ und „Hikikomori“
Dazu kommen die „Hikikomori“ – junge Leute, auch hier
mehrheitlich junge Männer, die sich zu Hause in ihr Zimmer
zurückziehen und dauerhaft (mindestens über sechs Mona-
te) keinen Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen, außer
zu ihren Familienmitgliedern. Sie ähneln ein bisschen den
„Nesthockern“ in Deutschland. Ihre Zahl beläuft sich ver-
mutlich auf etwa 700.000.
Hikikomori steht im Zusammenhang mit dem Mobbing („Iji-
me“) in der Schule. Weil diese Jungen in der Klasse meistens
ausgeschlossen und zu Außenseitern wurden, vertrauen sie
keinen anderen Menschen und fürchten sich vor sozialen
Kontakten. Sie bleiben im Elternhaus, ohne Zukunftsper-
spektiven zu entwickeln. Einige von ihnen üben manchmal
Gewalt an ihren Familienmitgliedern, vor allem ihren Müt-
tern aus.
In den Schulen gibt es sehr viel Mobbing unter den Schülern
und Schülerinnen, wenngleich körperliche Gewalt keine so
große Rolle in Japan spielt. Mobbing als Psychoterror (in-
klusive körperlicher Gewalt) entsteht in allen Schularten
(20.143 Fälle in 2005). Da jede und jeder vom Mobbing be-
troffen sein kann, haben alle Schüler und Schülerinnen Furcht
und Angst davor. Eindeutige Ursachen sind nicht auszuma-
chen, häufig eskaliert Mobbing aus Spaßsituationen, und nie-
men versuchen nach wie vor, an der auf der traditionellen Ge-
schlechterrollenverteilung basierenden Familienform festzu-
halten. Deshalb wenden sie sich gegen Feminismus und nutzen
Frauen aus, indem diese Berufsarbeit mit Hausarbeit und Kin-
dererziehung vereinbaren sollen.
Überarbeitung bis zum Tod oder Selbstmord
Auf Grund der Umstrukturierung der Arbeitsbedingungen
nimmt die Zahl arbeitsloser Männer zu, insbesondere unter
Männer im mittleren Alter; die Arbeitslosenrate beträgt aller-
dings „noch“ 4,1% und ist damit niedriger als in Deutschland
mit 10,8%. Aufgrund der Arbeitslosigkeit jedoch begehen mehr
und mehr Männer dieser Altersgruppe Selbstmord bzw. Frei-
tod, ohne dies ihren Frauen zuvor anzukündigen. Im Jahr 2001
waren dies 11.287 Männer im Alter von 40 bis 59 Jahren (ge-
samt: 23.396 Männer), im Gegensatz dazu 2.746 Frauen der-
selben Altersgruppe (gesamt: 8.713 Frauen). Andererseits
überarbeiten sich berufstätige Männer bis hin zum Todesfall
(„Karoshi“): etwa 20% der männlichen Vollzeitarbeiter arbei-
ten über 60 Stunden pro Woche (Angabe für 2002; von Rechts
wegen sind es 40 Wochenstunden).
Unter diesen Arbeitsbedingungen nimmt die Anzahl so ge-
nannter „Freeter“ zu – freie Arbeiter im Alter von 15 bis 34 Jah-
ren, die keinen Vollzeitarbeitsplatz haben oder haben möchten
und daher in Teilzeit arbeiten (permanent part timer). Insgesamt
gab es 2004 über 2 Millionen Freeter, in der Mehrzahl Männer.
Dazu gibt es die so genannten NEET (Not in Education, Em-
ployment or Training) – ebenfalls junge Menschen von 15 bis
34 Jahren, die weder arbeiten noch eine Ausbildung bekom-
men, exklusive Hausfrauen und eingeschriebene Studenten und
Foto: photocase.com/Exusu
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mand weiß vorher, wann er (oder sie) vom Mobbing betrof-
fen sein kann. In den letzten Jahren begingen mehrere Schü-
ler und Schülerinnen Selbstmord wegen Mobbing.
Zur weiteren Verunsicherung der Schüler und Schülerinnen
führt der starke Konformitätsdruck in der Schule und Kon-
sumgesellschaft, der sich z.B. in Kleidung und Frisurstil aus-
drückt. Darüber hinaus gibt es aufgrund des starken Lei-
stungsdrucks in Form von Aufnahmeprüfungen in die Se-
kundarstufen zusätzlichen Stress und Angst. Dabei müssen
sie sich zugleich gegenüber ihren Eltern, vor allem gegenü-
ber ihren Müttern, so verhalten, als seien sie „gute“ Schüler
und Schülerinnen ohne Sorgen. Das führt letztendlich auch
dazu, dass manche Jungen plötzlich Gewalt an anderen Men-
schen verüben – insbesondere an Obdachlosen, Behinderten
oder ihren Müttern – und sie in manchen Fällen sogar grau-
sam töten.
Eine ähnliche Situation gilt auch für Erwachsene: Auch die
Gewalt von (jungen) Männern gegenüber (jungen) Frauen und
Kindern nimmt sehr stark zu (domestic violence, dating vio-
lence, abuse). Als ein Grund dafür wird Stress durch Überar-
beitung und Angst vor einem unsicheren Leben in der Zukunft
genannt.
Ich möchte mich an der Familienarbeit
beteiligen, aber …
Viele jüngere Männer möchten sich an der Familienarbeit be-
teiligen und sich auch um ihre Kinder kümmern. Aber sie kön-
nen es kaum, weil ...
japanische Männer (und auch Frauen) nach wie vor den
klassischen Geschlechterrollen verhaftet sind: 50% der
Männer und 40% der Frauen stimmen der traditionelle
Arbeitsverteilung zu,
aufgrund der genannten sehr langen Arbeitszeiten Männer
kaum Zeit für Hausarbeit und Kindererziehung haben,
darüber hinaus eine Beteiligung der Männer an der
Familienarbeit durch die Lohndiskriminierung der Frauen
verhindert wird: In Japan herrscht besonders in den Lohn-
arbeitsverhältnissen noch keine Gleichberechtigung der
Geschlechter. Zwar haben heute mehr Frauen einen Beruf,
in dem sie arbeiten (44% vom Gesamt aller Angestellten),
sie haben jedoch eine Dreierbelastung:
a. Der weibliche Arbeitslohn bei Vollzeitbeschäftigung im
Jahr 2004 betrug nur 65,7% vom männlichem Arbeits-
lohn (in Deutschland 74% im Jahr 2002 [4]).
Japan: 17-Jähriger trug Kopf seiner Mutter zur Polizei. Wie auf
SN berichtet, hatte ein 17-jähriger Japaner seine Mutter geköpft
und den Kopf auf eine Polizeiwache gebracht. Die Zeitung Asahi
hat nun weitere Details zum Vorgehen des Jungen nach der Tat
bekannt gegeben. Laut Zeitungsbericht soll der 17-Jährige nach
der Tat noch für zwei Stunden in einem Internet-Café zugebracht
und Musik gehört haben. Der Kopf seiner Mutter befand sich in sei-
ner Schultasche. Erst am Morgen stellte er sich der Polizei. Die
Zeitung Mainichi-Shinbun schreibt (16.5.07), dass der Junge psy-
chische Probleme gehabt und sich in ärztlicher Behandlung be-
funden haben soll. Auch sei er schon geraume Zeit nicht mehr zum
Unterricht an einer namhaften Oberschule erschienen.
Foto: photocase.com/bakanahito
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Hisao Ikeya
Philosoph und Genderforscher, lehrt an der Nihon
Fukushi Universität in Japan. Zur Zeit ist er noch
bis September 2007 Gastwissenschaftler an der
Universität Hamburg, um über Jungen- und
Männerprobleme sowie Jungenarbeit in Deutsch-
land zu forschen.
ikeya@n-fukushi.ac.jp
b. Die Mehrzahl der Frauen sind Teilzeitarbeiterinnen (38%,
gegenüber Männern mit 34%) und ihr Arbeitslohn beträgt
45,2% des Männervollzeitarbeitslohns; insgesamt
beträgt der Frauenarbeitslohn damit 51,3% vom Männer-
arbeitslohn.
c. Frauen müssen Beruf und Familie alleine miteinander
vereinbaren, da Männer sich kaum an der Hausarbeit
beteiligen oder beteiligen können, wenn sie aufgrund
diverser Bedingungen zur Vollzeitarbeit gezwungen sind.
Die oben genannten Punkte führen dazu, dass die Zeitaufwendung
im Haushalt von arbeitenden Männern 21 Minuten und von arbei-
tenden Frauen 3 Stunden und 8 Minuten pro Tag beträgt (Daten
2000); nach einer Gender-Empowerment-Skala nimmt Deutsch-
land den 9. Rang ein, Japan den 43. Rang.
Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mutter
und Sohn / Rolle der Väter
Die Frau muss ohne Mithilfe von ihrem Mann die Kinder alleine
erziehen und die Verantwortung dafür übernehmen. Dazu kommt
vor allem bei Familien der Bildungsmittelschicht die Verantwor-
tung der Mutter für die Schulleistungen ihres Sohnes; viele Eltern
erwarten von ihrem Sohn mehr Leistung als von ihrer Tochter. Das
führt dazu, dass Mutter ihre Söhne kontrollieren („manövrieren“)
und versuchen, einen „guten Sohn“ zu „dressieren“. Der Sohn
wiederum versucht, ein „guter Sohn“ zu werden, um seiner Mutter
zu genügen – was dazu führt, dass er kaum eine Chance hat, unab-
hängig von seiner Mutter zu werden. Dieses Verhältnis dauert oft
noch nach einer Heirat an – meiner Meinung nach eines der japan-
spezifischen Jungen- und Jugendlichenprobleme.
In Japan sind viele Väter zwar meistens von zu Hause abwesend.
Aber ihre Frauen versuchen manchmal mit Hilfe der indirekten
Autorität ihres Mannes die Kinder zu erziehen. Insofern sind Vä-
ter im Erziehungsprozess mittelbar eingebunden. Jedoch wissen sie
nicht, wie sie sich ihrem Sohn gegenüber verhalten sollen, wenn er
Probleme macht. Denn sie nehmen alltäglich kaum Kontakt mit ihm
auf. Wenn er dann z.B. „Schulverweigerer“ oder „Hikikomori“
wird, üben sie urplötzlich Gewalt gegen ihn aus – um ihn nach-
drücklich zur Schule oder Arbeit zu schicken.
Geschlechterhierarchie in der sexuellen
Beziehung zwischen Jungen und Mädchen
Augenscheinlich sind japanische Mädchen stark und Jungen zu-
rückhaltend. Aber in der sexuellen Beziehung zwischen beiden
herrscht nach wie vor Geschlechterhierarchie.
Während Mädchen eine Persönlichkeit entwickeln möchten, die
zart und gehorsam, gleichzeitig aber auch willensstark ist, erwar-
ten Jungen von ihren Freundinnen traditionelle Weiblichkeitsbil-
der, die zwar zart und gehorsam, dann aber ausschließlich hübsch
sind. Gleichzeitig sehnen sich Jungen nach einer Männlichkeit, die
zart und willensstark, ruhig und kräftig ist. Auch Mädchen erwar-
ten von ihrem Freund diese männlichen Eigenschaften. Bei diesem
„untereinander sich ergänzenden Prinzip“ stärken sich die Männ-
lichkeitsvorstellungen von Jungen zunehmend. Während sich Jun-
gen jedoch kaum im Widerspruch in der Beziehung zu ihrer Freun-
din fühlen, geraten Mädchen in den Konflikt zwischen traditionel-
len Weiblichkeitsbildern einerseits und ihrer Willensstärke ande-
rerseits.
Vor diesem Hintergrund können Mädchen in sexuellen Beziehun-
gen kaum „Nein“ sagen, wenn ihr Freund von ihnen eine sexuelle
Beziehung begehrt. Im Gegensatz dazu glauben Jungen fest, dass
sie als Mann in dieser Beziehung die Hauptrolle spielen und
ihre Freundinnen immer führen müssen, wie sie das von
Männern in pornographischen Darstellungen kennen.
Außerdem möchten viele Jungen Sex ohne Kondom haben
(der Anteil der Oberschüler, der immer verhütet, beträgt
21,9%, dagegen liegt der Anteil der Oberschülerinnen bei
48,2%; Daten für 2002). Daraus resultieren viele Schwan-
gerschaften bei Mädchen, welche dann abtreiben müssen,
da sexuelle Beziehungen in japanischen Schulen, wo eine
Pädagogik für Reinheit bzw. Keuschheit vertreten wird,
verboten sind. Wenn eine Schwangerschaft bekannt wird,
muss ein Mädchen die Schule abbrechen (2001 gab es
46.511 Fälle von Schwangerschaftsabbrüchen bei Frauen
unter 20 Jahren und 82.540 Fälle bei Frauen zwischen 20
bis 24 Jahren).
Umgekehrt haben Jungen Angst vor einer sexuellen Be-
ziehung, weil sie sich „wie ein Mann“ verhalten müssen.
Wenn sie in der sexuellen Beziehung keine Initiative er-
greifen, dann – so glauben sie fest – wird damit ihre Männ-
lichkeit vernichtet.
Vorläufiges Fazit
Es scheint, dass es vor dem Hintergrund der oben genann-
ten Situationen folgende männliche Probleme gibt:
Männer (und Jungen) können kaum mit ihren Frauen oder
ihrer Freundin über ihre Leiden, Trauer und Probleme
sprechen. Daher müssen sie diese Probleme allein
bewältigen.
Männer (und Jungen) wissen nicht, wie sie ihren Stress
oder ihre Angst auf verbale und gewaltfreie Weise äußern
können. So versuchen sie, sich von Stress und Angst zu
entlasten, oder versuchen sie, zu vergessen, indem sie
Gewalt gegen sich selbst oder andere Menschen, ins-
besondere Schwächere ausüben. Sie haben kaum eine
andere Möglichkeit, sich selbst darzustellen und wenig
hilfreiche kommunikativ-soziale Kompetenzen.
Männer und Jungen kennen mehrheitlich noch keine
anderen als die traditionellen männlichen Selbst-
präsentationen. Sie haben noch kein neueres alternatives
Bild von Humanität und einer geschlechtergleich-
berechtigten Gesellschaft erworben. Dafür wäre zu-
nächst einmal die Wahrnehmung von eigener innerer
Männlichkeit, eine Auseinandersetzung damit und eine
Reflexion darüber unabdingbar.
Anmerkungen
[1] Prinzip der Beförderung nach dem Dienstalter, nicht nach Leistung.
[2] Europa: Führungskräfte
[3] Europa: Mitarbeiter, Angestellte
[4] vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
[2005]: Frauen in Deutschland, Tabelle 9
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Angestellte [4] vgl. Bundesministerium für Familie
  • Europa
Europa: Mitarbeiter, Angestellte [4] vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [2005]: Frauen in Deutschland, Tabelle 9