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26. DfX-Symposium 2015
Systematisches Toleranz Design unter Be-
rücksichtigung von Funktions- und Kosten-
aspekten nach der robusten Zuverlässig-
keitsmethode SMAR2T
Kemmler, S. 1; F u c hs, A.2; Le o p o l d , T.2 und Bert s c h e , B.1
1Institut für Maschinenelemente IMA;
Universität Stuttgart
2Knorr-Bremse Systeme für Nutzfahrzeuge GmbH
Abstract
In today’s efficient development of technical products the tendencies and
challenges shift to simulative computer aided engineering. Therefore in the
industrial development of complex technical products, methods are applied
which provide realistic results and simultaneously economize the required
resources. These results become purposefully optimized regarding the respec-
tive requirement with in concurrently consideration of robustness, technical
feasibility as well as the cost by varying sets of tolerances. In this paper an
approach for the design of robust and reliable products with simultaneous
considering of functional and cost-related aspects, SMAR2T (Systematic Meth-
od for Axiomatic Robust Reliability-Testing Method), is discussed and visual-
ized by the application example of an overload clutch.
Keyword: Robust Design, Reliability Engineering, Design for cost, Toler-
ance Design
2
1
Einleitung und Motivation
Ein stetiger Zielkonflikt in der Produktentwicklung, vor allem in der Diszip-
lin der Optimierung, ist der Kompromiss zwischen der Definition von Toleran-
zen von Produktmerkmalen und den resultierenden Kosten für die Realisie-
rung dieser Merkmale hinsichtlich Herstellung und Fertigung. Prozessbedingt
variierende Toleranzen führen einerseits zur Abweichung von dem Qualitäts-
optimum und der geforderten Robustheit beziehungsweise Zuverlässigkeit des
Produkts. Die Disziplin der Optimierung kann diese Eigenschaft beherrschen.
Dies führt allerdings in den meisten Fällen zu engeren Toleranzfeldern, die
wiederrum signifikant die Kosten erhöhen.
Ein robustes Produkt muss nach [1] nicht zwingend zuverlässig sein und
konträr ein zuverlässiges Produkt nicht unbedingt robust. Ein Ansatz die zwei
Domänen Robustheit und Zuverlässigkeit mit ihren unterschiedlichen Definiti-
onen, aber einem gemeinsamen Ziel, in Zusammenhang zu bringen, wird in
[2] diskutiert und soll in diesem Beitrag um den Kostenaspekt erweitert wer-
den. Folglich wird das in [2] vorgestellte robuste Zuverlässigkeitsmodell R2-
Modell (Robust Reliability-Model – R2-Model) modifiziert.
Um die genannten Zielkonflikte zu steuern, werden heutzutage etablierte
Methoden zur Gestaltung von robusten und zuverlässigen Produkten ange-
wandt. Eine dieser Methoden ist die robuste Zuverlässigkeitsmethode (Robust
Reliability-Method – R2-Method) SMAR2T (Systematic Method for Axiomatic
Robust Reliability-Testing Method) nach [3]. Die Robust Design Methode
SMART nach [1] berücksichtigt in ihrer ersten Fassung nicht die ganzheitliche
Zuverlässigkeitsbetrachtung in allen drei Phasen. Mit der überarbeiteten
SMAR2T-Methode wird die Zuverlässigkeitsbetrachtung in allen Phasen ganz-
heitlich. Zudem ist das Toleranz Design um das in diesem Beitrag vorgestellte
Kostenmodell in Kapitel drei ergänzt und das R2-Modell nach [2] entsprechend
modifiziert.
2
Robust Reliability Method – SMAR²T
SMAR2T richtet sich nach dem Taguchi-Gedanken [4] und gliedert sich
analog in die drei Robust Design Phasen System, Parameter und Toleranz
Design. Zudem sind sowohl der Produktentwicklungsprozess (PEP) nach der
VDI-Richtlinie 2221 [5] als auch die Musterphasen nach VDA [6] als chronolo-
gische Orientierung integriert.
Während des System Design werden ein oder mehrere Konzepte mit der
Hilfe des Ansatzes der Robust Design Methode Axiomatic Design [7] gene-
3
riert. Hierbei wird die System bzw. Bauteilkomplexität im Design analysiert
und präventiv diese, in Form von Designanpassungen oder -änderungen,
reduziert.
In den darauffolgenden Phasen, Parameter und Toleranz Design, wird De-
sign of Experiments (DoE) in Kombination mit dem stochastischen Simulati-
onsmodell (SIM-SMAR2T) [8] angewandt, um die optimalen Parametereinstel-
lungen sowie deren Toleranzgrenzen zu bestimmen, die sowohl unempfindlich
gegenüber äußeren Störeinflüssen als auch technisch und wirtschaftlich reali-
sierbar sind. Zudem können Zufallsausfälle analysiert und deren Erprobung
durch virtuelle oder reale Versuche durchgeführt werden [9]. Die Bestimmung
von Toleranzparametern für die Kostenoptimierung ist der letzte Schritt in
SMAR2T und wird detailliert im Beitrag diskutiert. Ziel von SMAR2T ist die Ge-
staltung eines robusten, zuverlässigen sowie kosteneffektiven Produktes,
welches für Analysen bezüglich Fehlerprognosen und Lebensdauer mit Be-
rücksichtigung der Qualitätsanforderungen angewendet werden kann.
Hauptrichtung
1. Schleife
2. Schleife
Anpassen
der
Toleranzen
Analyse anhand
statistischer
Methoden
Quantitative
Kostendaten
vorhanden?
Varianz-
Zerlegung
&
Quality-Loss-
Function
Robustheit &
Kosten im
Zielbereich?
DOE
Technische
Realisierbarkeit
Ausgangs-
Toleranzen
definieren
Optimier-
ungs-
Parameter
ermitteln
Varianz-
zerlegung
(Semi-)
Quant.
Betrachtungs-
ebene
Qual.
Technische
Realisierbar-
keit
Grenzmuster-
versuch
Aussagen
bzgl.
Zuverlässigkei
t
Handlungs-
schritte
empfehlen
Prognose
System-
qualität
Aussagen
bzgl.
Zuverlässig-
keit
Bild 1: SMAR2T – Toleranz Design
4
Das modifizierte Toleranz Design nach SMAR2T, vergleiche Bild 1, be-
schreibt eine Vorgehensweise für eine detaillierte Bestimmung der System-
und Komponentenrobustheit in Verbindung mit deren Kosten. Sie prognosti-
ziert kumulative Kosten in Abhängigkeit von verfügbaren Herstellungsdaten,
beispielsweise Materialkosten und Bearbeitungsdauer. Das Ziel des modifizier-
ten Toleranz Designs nach SMAR2T ist es, die optimalen Toleranzen der De-
signparameter (DP) bezüglich der Herstellung eines hoch qualitativen Pro-
dukts unter Beibehaltung der Wirtschaftlichkeit, zu bestimmen.
3
Modifiziertes Toleranz-Design
Das modifizierte Toleranz Design nach SMAR2T gewährleistet eine optima-
le Toleranzsynthese mit integrierter Robustheits- und Kostenbewertung, in
Abhängigkeit der verfügbaren Bauteilkostendaten. Dabei kann die Beurteilung
der Bauteilkosten auf quantitativer, semi-quantitativer oder rein qualitativer
Betrachtungsebene erfolgen. Die folgenden Unterkapitel beschrieben die Vor-
gehensweise im modifizierten Toleranz Design nach SMAR²T chronologisch.
3.1
Definition der Ausgangstoleranzen des Produkts
Im ersten Schritt müssen Startwerte für die Toleranzoptimierung festge-
legt werden. Ebenso müssen die systeminternen, invarianten Parametertole-
ranzen ermittelt werden, dazu gehören funktionale Toleranzen, die aufgrund
der Qualitätsanforderungen invariant sind und daher zur iterativen Toleranz-
synthese nicht berücksichtigt werden können. Die Voraussetzung zur Definiti-
t
SLmin
SLmax
SLmax
SLmin DP
t0
t1
t2
t1
t2
FR
t0
λ(t)
ϭDP,1(t1)ϭDP,2(t1)
ϭDP(t2)
Bild 2: R2-Modell [2]
5
on der Ausgangstoleranzen ist in jedem Fall die Erfüllung der technischen
Realisierbarkeit, welche im Vorfeld abgeklärt werden muss.
3.2
Statistische Versuchsplanung
Um die Beeinflussung der Zielfunktion durch die toleranzbedingte Streu-
ung der Parameter zu untersuchen, werden Versuche auf Basis der statisti-
schen Versuchsplanung durchgeführt. Nach SMAR2T werden hierfür Taguchi-
Versuchspläne [4] angewendet. Die Produktmerkmale des inneren Feldes
werden in einer dreistufigen Versuchsanordnung variiert, was zu einer aussa-
gekräftige Untersuchung der Varianz und Linearität beiträgt. Die Einstellstufen
des inneren Feldes müssen so gewählt werden, dass die Parameterstreuung
mit hinreichender Genauigkeit abgebildet wird. Die Parametergrenzen (SL)
werden nach [10] folgendermaßen bestimmt:
. (1)
Die Verwendung dieser Parametergrenzen beugt einer Überschätzung der
Parameterstreuung vor, indem die Gleichverteilung der Parameter in eine
Normalverteilung transformiert wird. Im Anschluss werden die geplanten Ver-
suche mit den definierten Toleranzeinstellungen mittels Simulation oder durch
reale Versuche durchgeführt.
3.3
Robustheits- und Kostenanalyse
Die gekoppelte Robustheits- und Kostenanalyse kann in unterschiedlichen
Betrachtungsebenen erfolgen. Die Wahl der Betrachtungsebene erfolgt im
Toleranz Design nach SMAR²T anhand den vorliegenden Kostendaten sowie
deren Vollständigkeit und Anwendbarkeit. Wird das zu untersuchende Produkt
beispielsweise in eigener Produktion gefertigt, können quantitative Kostenda-
ten durch abteilungsübergreifende Zusammenarbeit beziffert werden. Falls
der Kenntnisgrad der Fertigung eine Bestimmung von zuverlässig quantitati-
ven Kostendaten nicht zulässt, kann die Kostenbetrachtung auf qualitativer
oder semi-quantitativer Ebene durchgeführt werden. Während die qualitative
Betrachtung darauf abzielt, dem Entwickler Handlungsempfehlungen hinsicht-
lich des Zielkonflikts Herstellungskosten und Robustheit zu erarbeiten, wird
mit der quantitativen Kostenanalyse eine Einschätzung der realen Kosten für
die Herstellung mit den definierten Toleranzfeldern durchgeführt und in einer
frühen Phase Optimierungspotential zur Kosteneinsparung aufgezeigt. Sind
die vorliegenden Kostendaten unvollständig oder mit Unsicherheiten behaftet,
kann die semi-quantitative Betrachtung angewendet werden. Die Vorgehens-
6
weise der semi-quantitativen Kostenbeurteilung wird im folgenden Unterkapi-
tel näher erläutert.
3.4
Semi-quantitative Betrachtungsebene
Die semi-quantitative Kostenbetrachtung wird angewendet, wenn eine
rein quantitative Untersuchung durch fehlende Kostendaten nicht möglich ist.
Um die semi-quantitativen Kostenfunktionen zu bestimmen wird eine empi-
risch ermittelte Annahme von Herstellungskosten in Abhängigkeit der einge-
stellten Toleranzklasse angewendet, vergleiche Bild 3. Durch die bekannte
Bezugsgröße der Bauteileinkaufskosten kann mit Untersuchungsergebnissen
des VDI [11], wonach sich die Einkaufskosten in einen fixen Anteil aus Mate-
rial- und Personalkosten sowie eines variablen Anteils durch die eingestellten
Toleranzklassen gliedert, auf die Kostenanteile zurückgeschlossen werden
(45% Materialkosten, 17% Personalkosten). Dieser Zusammenhang kann wie
folgt definiert werden:
. (2)
Durch Tabellen mit herstellbaren Toleranzklassen bezogen auf das Ferti-
gungsverfahren, können unter Verwendung der Kostenentwicklung nach
Bild 3 die variablen Kostenanteile der Bauteile berechnet werden. Dabei müs-
sen Kostensprünge durch zusätzliche Schritte beispielsweise erhöhter Ferti-
gungsaufwand oder Folgeverfahren, berücksichtigt werden.
3.5
Erweiterung des R
2
-Modells
Das ursprüngliche R2-Modell, vergleiche Bild 2 und [2], wird um das zuvor
vorgestellte Kosten- und Qualitätsmodell in den zweiten Quadraten mittels der
Übertragungsfunktion nach der semi-quantitativen Kostenbetrachtung, ver-
gleiche Bild 3 und Gleichung (2), erweitert. Hierbei ist zu beachten, dass die
Betrachtungstiefe und die Anzahl der Designparameter (), der Funk-
IT4IT5IT6IT7IT8IT9IT10 IT11 IT12 IT13
50%
100%
150%
200%
250%
300%
350%
400%
450%
Herstellungskosten
Toleranzklassen
Bild 3: Empirisch ermittelter Verlauf der Herstellungskosten
7
tionsanforderungen () und deren Qualitäts- bzw. Kostenbetrachtung
() entsprechen. In der Ebene wird das Gesamtsystem, bei
die Komponentenebene und bei die Merkmalsebene betrachtet. Aus
diesem Zusammenhang ergibt sich folgende Gleichung (3):
(3)
wobei und ist. Es ist zu beachten, dass die Qualität
zeitabhängig ist und bei Überschreitung der Qualitätsgrenzen in einen merkli-
chen Verlust für den Kunden resultiert. Die Kosten hingegen unterstehen
keiner zeitlichen Änderung und sind einmalige Kosten aus Fertigung und Her-
stellung zum Zeitpunkt . Allerdings können diese für eine bessere Ein-
schätzung auf deren Verhalten über der Zeit, für eine transparente Betrach-
tung, separiert werden. Die diskrete Einteilung des zweiten Quadranten ist
abhängig von der Betrachtungstiefe. Eine auf der Betrachtungstiefe 3 (Merk-
malsebene), wie sie in Bild 4 dargestellt ist, beschreibt die Qualität und die
Kosten anhand der IT-Klassierung. In der oberster Ebene (Systemebene) wird
der Quadrant in sogenannte Qualitätsklassen eingeteilt.
4
Toleranz Design – Anwendung anhand einer Überlastkupplung
Das Toleranz Design nach SMAR2T mit der semi-quantitativen Kostenbe-
IT4IT5IT6IT 7IT8IT... ITn
t1
t2
t0
Q/C
t
SLmin
SLmax
SLmax
SLmin DP
t0
t1
t2
t1
t2
FR
t0
λ(t)
ϭDP,1(t1)ϭDP,2(t1)
ϭDP(t2)
Bild 4: Erweitertes R2-Modell mit dem Qualitäts- und Kostenaspekt
8
trachtung soll im Folgenden am Anwendungsbeispiel Überlastkupplung aufge-
zeigt werden.
4.1
Funktionsweise
Die Überlastkupplung hat die Aufgabe, eine konstante Kraft bzw. Moment
vom Antrieb zum Abtrieb zu übertragen. Zudem soll sie bei einem zu großen
Moment des Abtriebs eine Schutzfunktion auslösen, indem das zu übertra-
gende Moment im Kraftfluss unterbrochen wird. In dieser vorgestellten Aus-
führung wird diese Schutzfunktion infolge des Anpressdrucks einer vorge-
spannten Tellerfeder (3) über eine Bremsscheibe (2) auf das Zahnrad (1)
umgesetzt. In diesem Beispiel soll die Schutzfunktion der Kundenanforderung
(CA), die Anpresskraft der Funktionsanforderung (FR) und die Federvorspann-
länge des Design Parameters (DP) entsprechen.
Für eine genauere Kennung und für die weitere Toleranzanalyse werden
die DPs mittels P-Diagramm in Stell-, Steuer-, und Störgrößen eingeteilt sowie
deren FR als Zielfunktion, vergleiche Bild 5. Die Herausforderung ist, das Sys-
tem Überlastkupplung gegenüber den Einfluss der Störgrößen unempfindlich
zu gestalten und die Funktion durch das Reibmoment
gewährleisten.
4.2
Bauteilklassifizierung nach Herstellungs- und Kostenaufwand
In diesem Teilschritt müssen die systemeigenen Bauteile nach Herstel-
lungsverfahren und vorliegender IT-Toleranzklasse klassifiziert werden. Als
Basis der Kostenbetrachtung dient der Einkaufspreis der Bauteile. Mit der
vorgestellten, empirischen Kostenfunktion nach Bild 3 sowie den erreichbaren
Toleranzklassen nach Tabelle 2, können semi-quantitative Kostenkurven er-
Bild 5: Überlastkupplung
Nabe (5)
Einstellmutter (6)
Tellerfeder (3)
Druckscheibe (4)
Bremsscheibe (2)
Zahnrad (1)
9
stellt werden. Weiter müssen Zusatzfaktoren für erhöhten Aufwand sowie für
anfallende Folgeverfahren berücksichtigt werden, falls die geforderte Tole-
ranzklasse durch das gewählte Fertigungsverfahren nicht realisierbar ist. Die-
se Zusatzfaktoren müssen für jedes Verfahren separat beziffert werden. Fol-
gende Tabelle zeigt die Bauteilklassifizierung der Rutschkupplung.
Tabelle 1: Bauteilklassifizierung und deren Kostenaufwand
Bauteil
Herstellungsverfahren
IT-Klasse
Einkaufspreis [€]
Zahnrad
Sintern
IT-10
0,55
Bremsscheibe
Spritzguss (Kunststoff)
IT-11
0,26
Tellerfeder
Stanzen, Drehen
IT-10
0,43
Druckscheibe
Sintern
IT-11
0,32
Einstellmutter
Normteil
-
0,05
Nabe
Drehteil
IT-10
0,75
Tabelle 2: Erreichbare Genauigkeit ausgewählter Fertigungsverfahren
Verfahren
Toleranzklassen
IT5
IT6
IT7
IT8
IT9
IT10
IT11
IT12
IT13
Sintern
Stanzen
Drehen
Spritzguss
Normal erreichbar Mit Sondermaßnahmen erreichbar
Bild 5: Verallgemeinertes P-Diagramm der Überlastkupplung
Stellgrößen
Signal Factors
Federweg s
Überlastkupplung
Zielfunktion
Response
Reibmoment MR(200 ± 40 Ncm)
Störgrößen
Noise Factors
E-Modul E
Temperatur T
Reibungskoeffizient µ
Steuergrößen
Control Factors
Bauteil n:
- Dicke tn
- Außendurchmesser Da,n
- Innendurchmesser Di,n
- Mittl. Reibdurchmesser Dm,n
- Bauhöhe lo,n
10
Tabelle 2 gibt einen Auszug aus einer Auflistung der erreichbaren Genau-
igkeit verschiedener Fertigungsverfahren, vergleiche [12].
Bild 6 zeigt beispielhaft die semi-quantitative Kostenfunktion am Beispiel
der Bauteile Zahnrad und Bremsscheibe. Den sprunghaften Anstieg im Kur-
venverlauf lässt sich durch den notwendigen Einsatz eines Folgeverfahrens
bzw. durch erhöhten Fertigungsaufwand zur Erzielung der Toleranzklassen
erklären.
Bild 6: Semi-quantitative Kostenfunktionen
4.3
Optimierungspotential des Designs
In Abhängigkeit von Sensitivitätsstudien im Rahmen der Methode SMAR2T
ist die Bremsscheibe als hochsignifikanter Parameter und die DPs des Zahn-
rads als weniger signifikant hinsichtlich der Zielfunktion Rutschmoment be-
stimmt. Eine genauere Untersuchung ergibt, dass die geforderten Festigkeits-
eigenschaften des Zahnrads bei Änderung des Prozesses weiterhin gewähr-
leistet werden. Im Gegensatz dazu müssen die Topologie-Merkmale, bei-
spielsweise die Reibwertänderung, anhand eines geänderten Prozessverfah-
rens mit einer höheren Qualität gefertigt werden
Basierend auf dieser Untersuchung wird das iterative Vorgehen, verglei-
che Bild 1, mit einer Toleranzaufweitung des Zahnrads sowie einer Toleranz-
einengung der Bremsscheibe durchlaufen. Die kumulierten Kosten des Aus-
gangsdesigns ergeben sich nach Addition der Bauteilkosten zu 2,36 €.
4.4
Optimiertes und kosteneffektives Design
Die Ergebnisse vor und nach dem modifizierten Toleranz Design sind in
Bild 7 dargestellt. Die in Kapitel 4.3 durchgeführten Maßnahmen führen einer-
seits zur Mittelwertverschiebung ( ) und andererseits zur
Streuungsreduzierung ( ) auf die geforderte Kundenanforde-
0
0,5
1
1,5
2
2,5
IT5 IT6 IT7 IT8 IT9 IT10 IT11 IT12 IT13
Kosten [€]
Zahnrad Bremsscheibe
0,55 €
0,37 €
0,31 €
0,26 €
11
rung und folglich zur Realisierung der Qualität innerhalb der Grenzen. Die
kumulierten Kosten des Systems Rutschkupplung ergeben sich durch die ge-
änderten Toleranzeinstellungen zu 2,23 €, was einer Kostenreduzierung um
5,5% bei optimierter Funktionalität, entspricht, vergleiche Bild 6.
5
Zusammenfassung und Ausblick
Mit dem in diesem Beitrag vorgestellte modifizierten Toleranz Design ist
die Robust Design Methode SMART nach [2] anhand der semi-quantitativen
Kostenbetrachtung und deren Integration zum erweiterten R2-Modell zur
ganzheitlichen robusten Zuverlässigkeitsmethode (Robust Reliabilty Method –
R2-Method) SMAR2T komplettiert. Das R2-Modell ist um den Qualitäts-/Kosten-
Quadranten ergänzt und bietet dem Anwender eine umfassend zusammen-
hängende Betrachtungsweise bezüglich der zeitabhängigen Design-, Funkti-
ons-, Kosten- und Qualitätsänderung.
Anhand der Ergebnisse des einfachen Anwendungsbeispiels Überlastkupp-
lung ist die Herangehensweise von SMAR2T bezüglich Kostenreduzierung und
Erreichung der geforderten Qualität und Funktion verifiziert. Folglich kann das
modifizierte Toleranz Design in SMAR2T, als Tool in der Produktentwicklung
oder als Analysemethode um die Kostenentwicklung in frühen Entwicklungs-
phasen zu steuern, angewendet werden.
In zukünftigen Forschungsarbeiten soll das R2-Modell bis auf Merkmals-
ebene ausgerollt und als dynamisches Modell für die ganzheitliche Entwick-
lung in SMAR2T integrieren werden. Anschließend soll sie in einem aktuellen
Industrieprojekt umgesetzt und validiert werden. Für eine verbesserte An-
wendung des semi-quantitativen Kostenmodells und umfassende Kostenbe-
trachtung soll eine Datenbank mit weiteren empirisch ermittelten Kostenfunk-
tionen von verschiedenen Verfahren erstellt werden.
Bild 7: Ergebnisse der Verteilungen des Rutschmoments MR vor (links) und nach
(rechts) dem modifiziertem Toleranz Design
12
Literatur
[1] Kemmler, S.; Bertsche, B.: "Gestalten robuster und zuverlässiger Pro-
dukte mit der SMART-Methode", Proc. 25. DfX-Symposium, TuTech
Verlag, Hamburg, 2014.
[2] Kemmler, S. et al.: "Robust reliability or reliable robustness – integrat-
ed consideration of Robustness- and reliability-aspects", Proc. 27th VDI-
Fachtung Technische Zuverlässigkeit, VDI-Verlag, Düsseldorf, 2015.
[3] Kemmler, S., Bertsche, B.: "Systematic Method for Axiomatic Robust-
ness-Testing (SMART)", International Symposium on Robust Design
2014, Copenhagen.
[4] Taguchi, G. et al.: "Taguchi’s Quality Engineering Handbook", John
Wiley & Sons, Inc., New Jersey, 2005.
[5] VDI – Verein Deutscher Ingenieure: "VDI Richtlinie 2221", Beuth Verlag
GmbH, Düsseldorf, 1993.
[6] Hab, G. ; Wagner, R.: "Projektmanagement in der Automobilindustrie",
Springer Gabler, Wiesbaden, 2013.
[7] Suh, N.: "Axiomatic Design – Advances and Applications", Oxford Uni-
versity Press, New York, 2001.
[8] Kemmler, S. et al.: "Method for the development of a functional adap-
tive simulation model for designing robust products", Proc. 11th Wei-
mar Optimization and Stochastic Days, Weimar, 2014.
[9] Bertsche, B.; Lechner, G.: "Zuverlässigkeit im Fahrzeug- und Maschi-
nenbau", Springer-Verlag, Berlin, 2004.
[10] D’Errico, J.; Zaino, N.: "Statistical Tolerancing using a Modification of
Taguchi’s Method", Journal of American Society for Quality, Taylor &
Francis Group, London, 1988.
[11] VDI – Verein Deutscher Ingenieure: "Qualifizierung Ressourceneffizienz
für Berater", Seminarbeitrag Beraterqualifizierung Ressourceneffizienz,
Stuttgart, 2014.
[12] Haberhauer, H.; Bodenstein, F.: "Maschinenelemente: Gestaltung, Be-
rechnung, Anwendung”, Springer-Verlag, Berlin, 2007