Das Projekt »ToleranzRäume« verfolgt das allgemeine Ziel, das ›moralische Aktionspotenzial‹ für Toleranz und Menschlichkeit zu stärken. Dieses Ziel ist nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil die implizite wie explizite Bezugnahme auf rassistische und antisemitische Denk-, Empfindungs-und Handlungsformen, in und mit denen die Ungleichheit von Menschen durchgesetzt und legitimiert wird, in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Das grundlegende Ziel des wissenschaftlichen Begleitprojekts besteht darin, empirisch (Beobach-tungen, Interviews, Fragebogen) fundierte Aussagen über die Bedingungen und Settings zu ma-chen, aufgrund derer Bildungsprozesse ermöglicht werden, die das Wissen entsprechender Ziel-gruppen in Bezug auf die Auseinandersetzung mit historischen und gegenwärtigen Herrschafts-und Gewaltverhältnissen erhöhen und differenzieren, und die darüber hinaus die Empathiefähig-keit und gewaltkritische Handlungsbereitschaft erhöhen. Hierbei gehen wir davon aus, dass Bildungs-und Lernprozesse bezüglich historischer und gegen-wärtiger Herrschafts-und Gewaltverhältnisse von unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen und Bildungsprozesse ermöglichenden wie erschwerenden Voraussetzungen vermittelt werden. Das Arbeitspapier ist Teil des Reflexions-und Arbeitsprozesses des wissenschaftlichen Begleitpro-jektes. Die »Working Paper Series« des Projektes präsentiert fortlaufend Reflexionen zu Themen, die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts »ToleranzRäume« bedeutsam sind. Die Papiere werden vor ihrer Präsentation im Projektteam diskutiert. Abstract The exhibition »ToleranzRäume« [Spaces of Tolerance], which aims to convey perspectives for more respect and tolerance in society, is examined as part of a scientific evaluation. The working paper presents an excerpt from the study of the exhibition and reception practices of visitors from an educational theory perspective. In an initial approach to the empirical analysis, the text first develops a critical understanding of education: Education is seen as a subject-forming transformation process in the confrontation with epochally significant issues and global social power relations, and thus goes beyond the institutionalised acquisition of skills. Following this understanding of education, a heuristic is developed for the investigation of educational processes in the context of exhibitions. Using an empirical example from the research project, the reception of the exhibition content by two young people is examined and then analysed in relation to pedagogically relevant aspects. The analysis shows that the visitors' engagement with the exhibition content is spontaneous and individual and can only be influenced to a limited extent by didactic concepts. Rather, exhibitions as educational spaces are complex learning and educational contexts that are characterised by the randomness, obstinacy , unpredictability, and inaccessibility of education. At the same time, the working paper illustrates the importance of exhibitions as educationally relevant spaces for public discourse. Zusammenfassung Im Rahmen einer wissenschaftlichen Evaluation wird das Ausstellungsprojekt »ToleranzRäume« un-tersucht, dessen Ziel es ist, Perspektiven für mehr Respekt und Toleranz in der Gesellschaft zu vermit-teln. Das Arbeitspapier stellt einen Auszug aus der Untersuchung der Ausstellungs-und Rezeptions-praktiken von Besucher*innen aus bildungstheoretischer Perspektive dar. In erster Annäherung an die empirische Analyse entwickelt der Text zunächst ein kritisches Verständnis von Bildung, in dem Bildung als subjektbildender Transformationsprozess in der Auseinandersetzung mit epochal bedeut-samen Fragestellungen und globalgesellschaftlichen Machtverhältnissen gesehen wird, der somit über den institutionalisierten Kompetenzerwerb hinausgeht. Dem Bildungsverständnis folgend wird eine Heuristik zur Untersuchung von Bildungsprozessen im Ausstellungskontext entwickelt. Anhand eines empirischen Beispiels aus dem Forschungsprojekt wird anschließend die Auseinandersetzung zweier Jugendlicher mit den Ausstellungsinhalten untersucht und im Hinblick auf pädagogisch rele-vante Aspekte analysiert. Die Analyse zeigt, dass die Auseinandersetzungen der Besucher*innen mit den Ausstellungsinhalten spontan und individuell sind und nur bedingt durch didaktische Konzepte beeinflusst werden können. Ausstellungen als Bildungsräume sind komplexe Lern-und Bildungskon-texte, die durch die Zufälligkeit, Eigensinnigkeit, Unvorhersehbarkeit und Unzugänglichkeit von Bil-dung gekennzeichnet sind. Das Arbeitspapier verdeutlicht gleichzeitig die Bedeutung von Ausstellun-gen als bildungsrelevante Orte für öffentliche Diskurse. Schlüsselwörter Ausstellung-Rezeption-politische Bildung-qualitative Forschung-Toleranz