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Martin Ebner, Sandra Schön, Kathrin Käfmüller
Inverse Blended Learning bei „Gratis Online Lernen“ –
über den Versuch, einen Online-Kurs für viele in die
Lebenswelt von EinsteigerInnen zu integrieren
Zusammenfassung
Unter der Abkürzung MOOC werden Online-Kurse verstanden, die sich poten-
tiell an viele hundert TeilnehmerInnen richten. Auch der Kurs „Gratis Online
Lernen“ ist auf den ersten Blick ein reines Online-Angebot. Da es sich bei der
Zielgruppe um EinsteigerInnen beim Lernen handelt, wurde jedoch besonderer
Wert darauf gelegt, den Kurs mit der Lebenswelt der TeilnehmerInnen zu ver-
knüpfen. Die entsprechenden Aktivitäten des so bezeichneten „Inverse-Blended-
Learning-Konzeptes“ führten zu einer beträchtlich hohen Abschlussquote: Von
den bis Dezember 2014 849 registrierten TeilnehmerInnen wurden 383 mindes-
tens einmal im Kurs aktiv, und von diesen wiederum haben 115 (30%) den Kurs
erfolgreich abgeschlossen.
1 Einleitung
Der kostenlose Online-Kurs „Gratis Online Lernen“ sollte Interessierte beim
Einstieg in das Lernen mit kostenfreien Angeboten im Internet unterstützen. Der
Kurs versprach Tipps und Tricks für das erfolgreiche Selbstlernen im Internet
und wurde von Oktober bis Dezember 2014 auf der MOOC-Plattform imoox.
at durchgeführt. Da sich der Kurs an AnfängerInnen wendete und damit eine
Zielgruppe erreicht werden sollte, die sich kaum durch ein Online-Angebot
ansprechen lässt, wurde bei der Kursplanung und -durchführung versucht, das
Kursangebot möglichst in die Lebenswelt potentieller TeilnehmerInnen zu inte-
grieren. Es wurde nicht wie so oft versucht, herkömmliche Präsenzseminare
durch Online-Aktivitäten zu erweitern (engl. „blended learning“, auf Deutsch
„vermischtes Lernen“), sondern in diesem Fall der umgekehrte Weg gegangen:
Ein reines Online-Angebot sollte so umgesetzt werden, dass es sich möglichst
auch mit der Lebenswelt von EinsteigerInnen vermischen kann. Wie die Idee des
„Inverse Blended Learning“ ausgesehen hat und umgesetzt wurde, wird in die-
sem Beitrag vorgestellt.
Publiziert in: Digitale Medien und Interdisziplinarität, Herausforderungen, Erfahrungen, Perspektiven. Nistor, N.
& Schirlitz, S (Hrsg.). Waxmann Verlag. Medien in Wissenschaft. Band 68
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2 Das Konzept des Kurses „Gratis Online Lernen“ als
xMOOC
Didaktisch-methodisch erfolgte die Aufbereitung des Kurses als sog. MOOC
(engl. Massive Open Online Course), d.h. als ein offener Kurs für sehr viele
(McAuley et al., 2010). Als „massive“ werden OOCs bezeichnet, wenn sie die
sogenannte Dunbar-Zahl überschreiten, welche die Zahl der sozialen Kontakte
angibt, die das menschliche Gehirn verarbeiten kann. Diese Zahl liegt ungefähr
bei 150. MOOCs kennzeichnet, dass sie offene Kurse sind. Das bedeutet, dass es
für sie keine Zugangsbeschränkungen gibt. Die Teilnahme an MOOCs ist meist
kostenfrei, wobei durchaus Gebühren für Prüfungen bzw. Prüfungsleistungen und
deren Zertifi zierung anfallen können (zu Geschäftsmodellen von MOOCs vgl.
Fischer et al., 2014). Diese Kurse fi nden demzufolge ausschließlich online statt
und das gewählte Konzept entspricht dem Modell eines xMOOC, worunter dar-
bietungsorientierte Online-Kurse für viele verstanden werden (Wedekind, 2013).
Bei ihnen werden Lernvideos und Materialien zum Selbstlernen in Kursform
angeboten. Eine intensive Betreuung und Kooperation der Lernenden ist dabei
vor allem auch aus Kostengründen nicht wesentlicher Bestandteil (Lackner et al.,
2014). Der Austausch der LernerInnen untereinander wird aber z.B. durch Foren
unterstützt. Diese soziale Komponente wird bei MOOCs als Mehrwert gegen-
über individuellen, rein modular angebotenen Selbstlernmaterialien betrach-
tet. Das Konzept des xMOOCs an sich setzt „hohe Medien-, Informations- und
Selbstlernkompetenz voraus“ (Wedekind, 2013, S. 53). Um die Hürden geringer
zu halten, wurde bei diesem Kurs auf Kooperationen mit Partnereinrichtungen
und auf zusätzliche (soziale) Angebote gesetzt.
Der Kurs „Gratis Online Lernen“ sollte über einen Zeitraum von acht Wochen
den TeilnehmerInnen eine Einführung in das Selbstlernen mithilfe des Internets
bieten. Jede Woche wurde eine neue Einheit freigeschaltet, in der mittels Videos
eine Einführung in die jeweilige Thematik geboten wurde. Die Videos waren
dabei handgezeichnete, teils animierte Filme im Stile von Erklärvideos (vgl.
Schön & Ebner, 2013, vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Eindrücke der Gestaltung der Videos (Einführungsvideo 1. Einheit)
In einem zusätzlich angebotenen Arbeitsheft, das sowohl in ausgedruckter
Form als auch online verfügbar war, befanden sich weiterführende Hinweise
und Übungen zu jeder Kurseinheit. Des Weiteren wurden im Forum Fragen
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Inverse Blended Learning bei „Gratis Online Lernen“
bzw. Arbeitsaufträge von der Kursleitung gestellt, um den Austausch zwischen
den TeilnehmerInnen zu fördern. Es gab auch die Möglichkeit eine kostenlose
Teilnahmebestätigung zu erhalten, wenn die wöchentlichen Quiz positiv bestan-
den wurden und am Ende ein Feedbackformular ausgefüllt wurde. Um das
Lösen der Quiz zu erleichtern, wurde bei falscher Beantwortung einer Frage ein
Hinweis angezeigt. Somit wurde ein besseres Abschneiden beim Wiederholen
des Quiz gefördert.
Technisch wurde der Kurs auf der MOOC-Plattform imoox.at angeboten und
durchgeführt (Kopp & Ebner, 2013).
3 Inverse Blended Learning
Mit dem Kurs sollten vor allem Bildungsferne (Personen mit niedrigem Bil-
dungs niveau) erreicht werden, die nicht viel Erfahrungen mit dem Selbst lernen
im Internet hatten. Um diese Zielgruppe mit einem Online-Angebot besser
ansprechen zu können, wurde das Inverse-Blended-Learning-Konzept eingeführt.
Was bedeutet „Inverse Blended Learning“? Bei der Kursplanung wurde disku-
tiert, wie man die Zielgruppe erreicht und welche Angebote man machen sollte,
damit sie auch erfolgreich teilnimmt. Dabei ist aufgefallen, dass alle Maß-
nahmen etwas damit zu tun haben, dass man den Kurs in die „Präsenz“-Welt
holt. Beispielsweise entstand die Idee eines gedruckten Arbeitshefts, damit „der
Kurs“ noch „da“ ist, auch wenn man sich als AnfängerIn mal im Browser ver-
tippt „und alles weg ist“. Es handelt sich dabei jedoch nicht ausschließlich um
„Offl ine-“ Aktivitäten, da es auch hilfreich ist, andere lebensweltnahe Internet-
Kanäle und Angebote zu nutzen. Die AutorInnen haben also eine umgekehrte
Version des „Blended Learning“ (Reinmann, 2005) genutzt, indem ein reines
Online-Angebot mit Offl ine-Materialien und -Angeboten angereichert wurde
(vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Blended Learning und Inverse Blended Learning
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Wie man Online-Kurse in die Lebenswelt bringt: Beispiele. Mittlerweile gibt
es viele MOOCs, bei denen sich lokale Lerngruppen gebildet haben, damit die
TeilnehmerInnen über die Inhalte des Kurses diskutieren, ihre Erfahrungen aus-
tauschen und die Aufgaben gemeinsam erledigen können. Es ist aber schwie-
rig über die MOOC-Plattformen andere TeilnehmerInnen kennenzulernen und
sich mit ihnen regional zu vernetzen. Die Foren sind oft unübersichtlich und
es gibt kaum Werkzeuge, die eine Vernetzung ermöglichen (Bruff, 2013). Um
eine Vernetzung zu erreichen, versuchen manche Ersteller von MOOCs mit
Anbietern von lokalen Lerngruppen zusammen zu arbeiten. So werden beispiels-
weise von Coursera weltweit „Learning Hubs“ veranstaltet. Solche Learning
Hubs bieten einen Internetzugang, bei dem Interessierte an Online-Kursen teil-
nehmen können. Außerdem werden hierbei interaktive Lerngruppen veranstal-
tet.1 Ein Beispiel für einen Anbieter solcher Learning Hubs ist die New York
Public Library, die solche Treffen organisiert und ausgebildete Fachkräfte zur
Unterstützung bereitstellt (Kolowich, 2014). Damit das Lernen auch mit der
Lebenswelt der TeilnehmerInnen verknüpft wird, wurden MOOCs auch mit den
sozialen Medien verknüpft. So gibt es beispielsweise für zahlreiche MOOCs
eigene Gruppen auf Facebook oder Google+. Außerdem wurden auch von eini-
gen eigene Hashtags eingeführt, um auf den MOOC insbesondere auf Twitter
aufmerksam zu machen.
Überblick über die Aktivitäten bei „Gratis Online Lernen“. Der Kurs „Gratis
Online Lernen“ möchte möglichst gut seine Zielgruppe erreichen – und dazu
viele PartnerInnen einbinden. Die Maßnahmen dazu werden im Folgenden vor-
gestellt:
Grundlage für Vernetzung und Partnerschaften: Offene Lizenzierung der
Materialien. Damit unkompliziert Partnerschaften eingegangen werden können,
wurden alle Materialien selbst erstellt und unter der offenen Creative-Commons-
Lizenz „CC BY“ zur Verfügung gestellt. Alle Kursmaterialien sind daher soge-
nannte offene Bildungsressourcen (engl. Open Educational Resources, kurz
OER) (vgl. Mruck et al., 2013). Dies erlaubt eine freie Nutzung, Veränderung
und Wiederveröffentlichung aller Bestandteile der Videos, der Arbeitsmaterialien
sowie der Fragen der Quizzes (soweit es sich nicht um externe Materialien han-
delt, dann gelten die jeweiligen Bedingungen). Eine nachhaltige Nutzbarkeit und
Nutzung ist somit möglich, auch über die Kurs- und Projektlaufzeit von iMooX
hinaus. Die offene Lizenzierung ist übrigens (leider) kein Merkmal von soge-
nannte MOOCs. Auch wenn sie das Wort „offen“ beinhalten, wird hiermit nur
der hürdenfreie Zugang zum Kurs gemeint (vgl. Ebner et al., 2014).
Gedrucktes bzw. druckbares Material zum Kurs. Damit den TeilnehmerInnen
nicht nur online Lernmaterialien zur Verfügung stehen, sondern sie diese auch
„in die Hand nehmen“ können, wurde ein Arbeitsheft zu diesem Kurs gestaltet.
1 https://www.coursera.org/about/programs/learningHubs
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Inverse Blended Learning bei „Gratis Online Lernen“
Dieses Arbeitsheft konnte zu Hause ausgedruckt oder auch in bereits gedruckter
Form an zahlreichen Ausgabestellen in Österreich und Deutschland gratis abge-
holt werden. Diese Ausgabestellen waren in einem Hotel und in verschiedenen
Bildungseinrichtungen zu fi nden. Das Heft wurde unter eine Creative-Commons-
Lizenz gestellt, die es auch ermöglichte, dieses Arbeitsheft kommerziell zu nut-
zen und zu verändern.
Da sich der Kurs „Gratis Online Lernen“ vor allem an AnfängerInnen richtete,
wurde darauf geachtet, die Sprache sehr einfach zu halten und fachspezifi sche
Begriffe zu erklären. Um auch Personen mit diesem Kurs zu erreichen, die nur
geringe Erfahrungen mit dem Internet haben, wurde zu Beginn des Arbeitsheftes
Schritt für Schritt mithilfe von Screenshots erklärt, wie man sich bei iMooX
registrieren und sich zu diesem Kurs anmelden kann. Passend zu den Einheiten
lassen sich im Arbeitsheft Lernpläne anlegen und Lernziele notieren, auch sind
Kreuzworträtsel und Rechercheaufträge enthalten (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Einige Seiten des Arbeitshefts von „Gratis Online Lernen“
Bildungsmarketing: Wie erreiche ich KursteilnehmerInnen außerhalb
des Online-Kosmos? Damit nicht nur Personen auf diesen Kurs aufmerksam
werden, die schon einige Online-Kurse besucht und mit dem Selbstlernen im
Internet vertraut sind, wurde dieser Kurs auch offl ine beworben. Es gab zwar
viele Hinweise auf diesen Kurs in den sozialen Medien und über Newsletter,
aber damit auch andere Personen erreicht werden, die nicht regelmäßig online
sind, wurde dieser Kurs auf eine für MOOCs eher untypische Weise beworben.
An zwei Tagen wurde auf den Infoscreens in Grazer Bussen und Straßenbahnen
eine Werbung für diesen Kurs geschaltet. Des Weiteren wurde in einem kosten-
losen Kundenmagazin eines großen Elektronikfachmarktes auf den Kurs hinge-
wiesen. Auch über die insgesamt 32 Ausgabestellen der Arbeitshefte wurde auf
diesen MOOC aufmerksam gemacht. Dass man das Arbeitsheft dort gedruckt
abholen konnte, sollte, wie oben erwähnt, dafür sorgen, das virtuelle Angebot
auch als präsent zu erleben.
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Präsenztreffen, auch in bestehenden Strukturen. Online-Kurse bieten kaum
Möglichkeiten, die anderen TeilnehmerInnen kennenzulernen. Oftmals gibt es
zwar eine Vorstellungsrunde, aber eine Vernetzung untereinander fi ndet nur in
seltenen Fällen statt (Khalil & Ebner, 2013). Nach einem Aufruf meldeten sich
12 Freiwillige sowie Einrichtungen, die in Österreich und Deutschland Treffen
für KursteilnehmerInnen angeboten haben. In diesen Präsenztreffen wurden
Inhalte des Kurses „Gratis Online Lernen“ besprochen und vertieft. Im Laufe
des Kurses entstand noch in Israel ein Stammtisch, da es auch dort einige
TeilnehmerInnen an diesem Kurs gab. Einige dieser Präsenztreffen wurden auch
noch nach Kursende weitergeführt.
Virtuelle Begleitangebote. Neben den Präsenztreffen gab es auch Online-
Möglichkeiten zum Austausch durch Begleitangebote. Hierbei fanden in drei
verschiedenen bereits bestehenden Netzwerken wöchentliche Treffen statt. Zwei
dieser Angebote befassten sich mit den Fragen der TeilnehmerInnen, die wäh-
rend der Lektüre der Kurseinheiten entstanden. In diesem geschützten Rahmen
fi el es den TeilnehmerInnen leichter ihre Fragen zu stellen, als in einem Forum
mit mehreren hundert LeserInnen.
4 Vorgehen bei der Bewertung des Inverse-Blended-Learning-
Konzepts
Zur allgemeinen Evaluation des Angebots und insbesondere zur Bewertung
des Inverse-Blended-Learning-Konzepts wurden auf unterschiedliche Weise
Daten erhoben. So wurden alle TeilnehmerInnen bei der Anmeldung nach
ihren Motiven befragt (N = 849), im Rahmen jedes Tests am Ende der Einheit
wurden zwei Fragen zum Kurs gestellt und am Ende um eine abschließende
Rückmeldung gebeten (N = 146). Des Weiteren wurden zehn AnbieterInnen
von Zusatzangeboten und KursteilnehmerInnen zu ihren Erfahrungen befragt.
Da sich viele Personen an den Diskussionen im Forum beteiligt hatten, wur-
den auch diese Beiträge analysiert. Im nachfolgenden Abschnitt werden Teile der
Ergebnisse dargestellt.
5 Ergebnisse
Ob und inwieweit die Überlegungen hinsichtlich der Möglichkeiten und Erfolge
des Inverse-Blended-Learning-Konzeptes eingetroffen sind, wird in diesem
Abschnitt vorstellt.
Die TeilnehmerInnen im Überblick. Die TeilnehmerInnen wurden bereits
im Video der ersten Einheit mehrfach auf das Forum und die darin enthalte-
nen Aufgabenstellungen hingewiesen. Um den Austausch und die Diskussion
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Inverse Blended Learning bei „Gratis Online Lernen“
im Forum zu aktivieren, wurden zu jeder Einheit Fragen gestellt. Dadurch ent-
stand eine rege Beteiligung. In der ersten Einheit wurden die TeilnehmerInnen
aufgefordert, sich vorzustellen und eventuell auch ihre Beweggründe für
die Teilnahme an diesem Kurs zu nennen. 142 Personen (17%) beteilig-
ten sich an dieser Vorstellungsrunde und viele Personen nannten hierbei auch
ihr Herkunftsland). 44 Personen (31%) waren aus Österreich, 38 (27%) aus
Deutschland, 8 (6%) aus Russland und 3 (2%) aus der Schweiz. 20 Personen
(14%) nannten anderen europäische, asiatische und südamerikanische Länder.
Mithilfe des Feedbackformulars konnte festgestellt werden, ob die angestrebte
Zielgruppe der Bildungsfernen erreicht wurde. Da 94% der Personen, die ein
Feedback lieferten, mindestens eine Hochschulreife bzw. eine abgeschlossene
Berufsausbildung hatten und AkademikerInnen mit 64% eindeutig überwogen,
kann festgehalten werden, dass dies nur bedingt gelungen ist.
Aktivität und Abschluss beim Kurs. Die Beteiligung an den Forumsdiskussionen
war in der ersten Einheit mit 194 Beiträgen sehr hoch und sank danach stark,
vor allem ab der fünften Kurseinheit gab es nur noch maximal 17 Beiträge
pro Einheit. In der ersten Einheit nutzten 142 Personen die Möglichkeit sich
mit ihren KollegInnen über das Forum auszutauschen. Nur 24 (16%) der 146
Personen, die das Feedbackformular ausgefüllt haben, haben sich öfters als
fünf Mal an den Diskussionen im Forum beteiligt. 68 Personen (47%) hingegen
schrieben nach eigenen Angaben nie etwas in das Forum.
Am MOOC nahmen bis Ende Dezember 849 Personen teil, von denen 115
Personen (14%) eine Teilnahmebestätigung erhalten haben. Wenn man nur jene
Personen als aktiv bezeichnet, die zumindest einen Fragebogen bzw. Quizz
ausgefüllt haben, erhöht sich die Quote sogar auf beträchtliche 30%. Auch
wenn die angestrebte Zielgruppe von völligen NeueinsteigerInnen und Nicht-
AkademikerInnen bzw. Studierenden nur teilweise erreicht wurde, wurden mit
diesem MOOC andere Erwartungen erfüllt. Bei vielen MOOCs wird die hohe
Dropout-Rate oft kritisiert, da bei weitem nicht einmal 10% der angemeldeten
TeilnehmerInnen den Kurs erfolgreich abschließen (vgl. Khalil & Ebner, 2014).
Bei der Anmeldung zu diesem MOOC wurde nach der Motivation für die
Teilnahme gefragt. Es zeigt sich, dass die Abschlussquoten bei Personen, die
angaben, dass sie am Ende eine Teilnahmebestätigung haben wollen (38% von
849) überdurchschnittlich sind (23%).
Rückmeldung zum Arbeitsheft. Die StammtischleiterInnen und TeilnehmerInnen
waren sich einig, dass das Arbeitsheft für die Zielgruppe hilfreich sei. Von
einem Anbieter eines Begleittreffens kam der Hinweis, dass die Personen der
angestrebten Zielgruppe noch andere Lerngewohnheiten mitbringen. Früher lern-
ten sie, indem sie sich beispielsweise Notizen im Heft machten und für diese
Personen sei das Heft bestimmt eine große Erleichterung. Das Arbeitsheft
diente demnach auch als Werbung. Die befragten Personen waren zudem ein-
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hellig der Meinung, dass das Heft viele hilfreiche Tipps und interessante Auf-
gaben enthalte. Es wurde meist als Leitfaden für die Begleitangebote ver-
wendet. AnbieterInnen, deren Treffen eher AnfängerInnen besuchten, sahen
das Arbeitsheft als motivierendes Begleitmaterial. Ein Anbieter war auch der
Meinung, dass ein solches Heft immer bei Online-Kursen dabei sein sollte.
Am Ende des Kurses füllten 146 Personen das Feedbackformular aus. Darin
gaben mehr als die Hälfte dieser Personen an, mit dem zur Verfügung gestell-
tem Unterrichtsmaterial sehr zufrieden zu sein. Ein Teilnehmender wies darauf
hin, dass er das angebotene Begleitheft zwar gut fand, es aber lieber online ver-
wendete. Denn dadurch hatte er die Möglichkeit die Schriftgröße zu verändern.
Wie wurden die Kursteilnehmer/innen erreicht? In dem Feedbackformular
wurde auch danach gefragt, wie die TeilnehmerInnen auf diesen Kurs aufmerk-
sam wurden. 49 Personen (34%) erfuhren von diesem Kurs durch persönliche
Empfehlung aus dem Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis. Über Social-
Media-Plattformen sind 40 Personen (27%) zu diesem Kurs gelangt. Nur 18
(12%) der 146 Personen wurden durch die iMooX-Plattform über diesen MOOC
informiert. Aufgrund der Ausgabestellen beziehungsweise der Präsenztreffen und
deren Bewerbung meldeten sich 26 Personen (18%) an.
In den öffentlichen Verkehrsmitteln in Graz wurde an zwei Tagen erstmals ein
iMoox-Kurs beworben, was zu ca. 30 Neuanmeldungen im Kurs führte. Laut
Resultaten des Feedbackformulars wurden aber keine der TeilnehmerInnen durch
diese Werbung auf den Kurs aufmerksam. Diese bedeutet, dass es vermutlich
niemand aus dieser Gruppe zu einem Abschluss brachte.
Präsenztreffen und virtuelle Begleitangebote. Es wurden zehn AnbieterInnen
von Begleittreffen interviewt, wobei vier solcher Treffen aufgrund mangeln-
der Nachfrage nicht stattgefunden haben. Auf der Kursseite gab es einen eige-
nen Bereich mit einer Übersicht und Informationen zu den einzelnen Präsenz-
treffen. Diese Treffen wurden teilweise auch im Forum und auf den Homepages
der VeranstalterInnen sowie in den sozialen Medien beworben. Für einen
Stammtisch erfolgte die Bekanntmachung auch in lokalen Zeitungen, wobei
dies nicht erfolgreich war. Zwei Präsenztreffen entstanden durch die persön-
liche Ansprache der VeranstalterInnen. Die Teilnehmerzahl der verschiede-
nen Präsenztreffen variierte sehr stark, wobei durchschnittlich ca. vier bis acht
Personen anwesend waren. Bei einem Treffen war die Nachfrage so groß, dass
parallel noch zwei andere hätten stattfi nden können.
Die TeilnehmerInnen bei den Online-Begleittreffen wurden aufgrund von News-
lettern innerhalb der vorhandenen Netzwerke darauf aufmerksam. Zwei dieser
Begleitveranstaltungen richteten sich vor allem an LehrerInnen und das dritte an
TrainerInnen. Zu einem dieser Begleitangebote gab es Anmeldungen aus 33 ver-
schiedenen Ländern, was auch der Grund für die hohe Zahl der internationalen
TeilnehmerInnen an dem deutschsprachigen Kurs ist.
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Inverse Blended Learning bei „Gratis Online Lernen“
Der im Vergleich zu anderen MOOCs hohe Prozentsatz von erfolgreichen
Abschlüssen ist wohl auch im Zusammenhang mit den Begleitangeboten zu
sehen: Am Ende führten mehr als die Hälfte von 155 Personen, die ein Feedback
lieferten, an, dass sie ein Begleitangebot besucht hatten und dass es ihnen gehol-
fen hatte.
6 Diskussion und Ausblick
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass insbesondere die Begleitangebote
eine sehr positive Auswirkung auf eine erfolgreiche Teilnahme hatten. Dies
überrascht wenig, da gerade oftmals der Verlust von persönlichen Kontakten in
Online-Settings beklagt wird.
Überraschend ist, dass die (ersten) PR-Versuche in öffentlichen Verkehrsmitteln
sich nicht auf die TeilnehmerInnenzahl niederschlug: Die meisten Teil neh-
merInnen wurden durch persönliche Empfehlungen auf den Social-Media-Platt-
formen, wie Facebook, Twitter und Google+, erreicht.
Offen bleibt, dass wir in diesem Fall nur von Personen wissen, die an dem Kurs
teil genommen haben – nicht, welche Auswirkungen das Arbeitsheft oder auch
die Videos sonst haben (beides ist ja längerfristig verfügbar und kann auch
anderweitig genutzt werden). Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die
zur Verfügung gestellten Materialien überarbeitet wurden, da es diese Mög lich-
keit aufgrund der Creative-Commons-Lizenz gibt.
Anhand des Feedbacks der TeilnehmerInnen und der AnbieterInnen der
Begleitprogramme sowie der hohen Zahlen der erfolgreichen Abschlüsse kann
gefolgert werden, dass das „Inverse-Blended-Learning-Konzept“ die Motivation
der Teilnahme an MOOCs verstärkt. Daraus resultiert die Empfehlung, je nach
Möglichkeiten auch bei anderen MOOCs ein solches Konzept zu verfolgen: Es
könnten neue Wege der Bewerbung ergründet, durch andere Personen Begleit-
treffen organisiert und gedruckte Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt wer-
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