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Krankheit und Heilung (Ägypten)

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Abstract

https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/24048/
(WiBiLex)
Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet
Krankheit und Heilung (Ägypten)
Prof. Dr. Tanja Pommerening
erstellt: Februar 2009
Permanenter Link zum Artikel:
http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/24048/
1. Quellen1. Quellen
1.1. Hauptquellen sind heilkundliche Texte, die uns in Niederschriften aus dem 19.
Jh. v. bis 3. Jh. n. Chr. zunächst in Kursivhieroglyphen, dann in hieratischer und
später demotischer Schrift ( Schrift 2.3.) erhalten sind. Das heilkundliche
Schrifttum lässt sich unterschiedlichen Textgattungen zuordnen: tradiert sind
Handlungsanweisungen (sog. š
s3w
-Lehrtexte), Rezepte, Prognosen (über
Schwangerschaft, Geburt, Lebensfähigkeit), Sprüche und systematische
Zusammenstellungen (Titel
rch
„Wissen“; hierzu gehört das sog. Gefäßbuch und
eine Abhandlung über die medizinischen Verwendungsmöglichkeiten der
Rizinuspflanze).
Einige Papyri (Papyrus Ebers, Papyrus Berlin 3038, Papyrus Hearst u.a.)
behandeln Erkrankungen und Leiden unterschiedlichster Art; andere sind nur
einem Einzelthema gewidmet, so beispielsweise der Papyrus Kahun der
Gynäkologie, der Papyrus Brooklyn 47.218.48/85 den Schlangen und den Mitteln
gegen Schlangenbisse, der Papyrus Chester Beatty VI Erkrankungen, die mit
Eingüssen in den After behandelt wurden, und der Papyrus Edwin Smith
(Vorderseite) der chirurgischen Praxis. Einzelne Rezepte ndet man darüber
hinaus auf Ostraka (Tonscherben).
Die medizinischen Texte sind gut aufgearbeitet (Grapow 1954-1973, Westendorf
1999). Allerdings spart diese Standardliteratur die Beschwörungstexte gegen
Krankheiten zum Teil aus, wodurch das heilkundliche Gesamtbild verzerrt wird.
Uns „magisch“ anmutende Handlungen ( Magie in Ägypten) sind nämlich ein
nicht herauslösbarer Teil des ägyptischen „normalwissenschaftlichen
Paradigmas“, d.h. der ägyptischen „disziplinären Matrix“ (Kuhn 1962 / 1970, vgl.
bereits Fleck 1935) und demnach auch der ägyptischen Heilkunde.
In Grapow 1954-1973 und Westendorf 1999 wird das Corpus der
„medizinischen“ hieratischen Texte synchron betrachtet, demotische Texte sind
Krankheit und Heilung (Ägypten)
Prof. Dr. Tanja Pommerening
Institut für Ägyptologie und Altorientalistik, Fachbereich Geschichts- und
Kulturwissenschaften, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 1
nur rudimentär behandelt. Eine diachrone Betrachtungsweise wird auch hier
insgesamt neue Erkenntnisse bringen können. Im Rahmen dieses Beitrags wird
jedoch an der derzeit üblichen synchronen Betrachtung festgehalten.
2.2. Über Krankheit, den Umgang mit Kranken und die Gruppe der Heilkundigen
informieren auch nicht-heilkundliche Text- und Bildzeugen. In bildlichen
Darstellungen ndet man vor allem Personen mit chronischen
Krankheitszuständen vor; bei einem Grabherrn kann es dessen
Zwergwüchsigkeit, Blindheit oder Körperdeformation sein. Bestimmte
Berufsgruppen werden im Flachbild mit den Attributen der jeweiligen
berufstypischen Krankheit dargestellt, so den Schwellungen von Bauch (Aszites),
Hoden und Phallus (genitale Hyperplasie) bei Sumpfarbeitern, Fischern und
Schiern, die als Anzeichen für Schistosomiasis (= Bilharziose) gedeutet werden
(Ghalioungui 1962). Ferner geben gegenständliche Quellen über Krankheit und
Heilung Auskunft. Hierzu zählen Schutzamulette, Heilstatuen, Götterguren,
Salbgefäße, Drogenbehälter, medizinische Gerätschaften und architektonische
Elemente (z.B. die seit römischer Zeit belegten Tempelsanatorien) sowie
Mumien und Skelette.
2. Krankheit versus Gesundheit2. Krankheit versus Gesundheit
Das ägyptische Wort, das üblicherweise mit „Krankheit“ übersetzt wird, lautet
m
r(t)
und geht auf
m
r
„körperlich krank sein / leiden / Schmerzen haben /
seelisch schlimm sein“ zurück. Sowohl die afroasiatische als auch die
innerägyptische Etymologie von
m
r
(früher
mr
transkribiert) ist unklar.
Das Substantiv
mh
r(t)
steht für körperliche oder psychische
Beeinträchtigungen, die einem Menschen, einem Tier oder einer Gottheit
angetan werden können. Es hat stets eine negative Konnotation und bezeichnet
Abweichungen von dem, was als
snb
„gesund“ angesehen wird. Symptomatisch
äußert sich
m
r
ganz allgemein durch „leiden(
mn
), das, je nach Erkrankung,
den ganzen Körper oder bestimmte Körperstellen betrit. Zu den allgemeinen
Krankheitserscheinungen gehören u.a. „Druck“, „Steifheit“, „Ermüdung“,
„Schwäche“, „Schlaheit“, „Entzündung“, „Hitze“, „Brennen“, „Rötung“, „Fieber“,
„Anschwellung“, „Auftreibung“, „Zusammenziehung“, „Aususs“,
„Hervorquellen“, „Nässen“, „Zittern“ und „Zucken“. Vor allem in heilkundlichen
Texten werden Symptome und Spezialbezeichnungen angeführt, die unter die
Oberbegriffe
m
r(t)
und
mn(t)
fallen.
„Gesundheit“ gilt als erhaltenswerter Normalzustand. Das Wort tritt häug in
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)2
Wunschformeln und Gebeten auf, besonders in der Verbindung
‘nch w
3 snb
„möge er leben, heil (im Sinne von „ganz“) und gesund sein“. Das ägyptische
Gesundheitskonzept ergibt sich einerseits aus dem Kontrast zu den
konkretisierten Krankheiten, andererseits tritt es uns in Totentexten und
Altersklagen entgegen. Optimale Gesundheit zeigt sich danach im Vollbesitz
aller Sinne, in der Vollzähligkeit und Unversehrtheit der Glieder, in
Arbeitsfähigkeit, Stärke und guter Stimmung.
Ist Krankheit eingetreten, dienen heilkundliche Handlungen dazu, gesund zu
machen / zu heilen (
snb
). Hierbei werden Krankheiten und Leiden beseitigt bzw.
vertrieben (
rwj mr
/
dr mnt
).
3. Spektrum der Leiden und Krankheiten3. Spektrum der Leiden und Krankheiten
3.1. Nach altägyptischen Textquellen3.1. Nach altägyptischen Textquellen
Die heilkundlichen Texte überliefern eine große Zahl an Krankheits- und
Symptombezeichnungen, deren Übersetzung gesamtphilologisch d.h. hier
sowohl in sprachwissenschaftlicher als auch in medizinischer Hinsicht – oft
erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Manche Übersetzer haben versucht, die
altägyptische Krankheitenlehre in unsere moderne, naturwissenschaftlich
geprägte Nosologie (Krankheitslehre) zu konvertieren (so Ebbell 1938);
dementsprechend wurden Fachtermini der heutigen, meist griechischen oder
lateinischen medizinischen Nomenklatur in die Übersetzungen eingebracht.
Dies verkennt indes, dass die ägyptische Heilkunde von der unseren
systematisch und historisch-philologisch sehr weit entfernt ist. Hinzu kommt,
dass in allen vormodernen Medizintraditionen die „pathologischen“ und
„physiologischen“ Begriichkeiten aus heutiger Sicht schwer fassbar sind; und
sogar die ägyptische „Anatomie“ unterscheidet sich radikal von der modernen
(und auch schon von derjenigen der antiken griechisch-lateinischen Tradition):
So kennen die Ägypter ein den ganzen Körper durchziehendes „Gefäßsystem“
(Papyrus Berlin Nr. 163, Papyrus Ebers Nr. 854 & 856) bereits dieser
Übersetzungsversuch ist auf dem ja nicht wegzudenkenden Hintergrund des
Gefäßbegris der heutigen Medizin problematisch –, das im After mündet und
dessen Zentrum das
3tj
-Herz ist. In diesen „Gefäßen“ werden Luft und Wasser
transportiert, aber auch Kot und Krankheitsstoe wie „Schmerzstoe“,
„Schleimstoffe“ und Eiter.
Hinweise zur begriichen Stemmatik der ägyptischen Nosologie verdanken wir
insbesondere den heilkundlichen Sammelhandschriften wie dem Papyrus Ebers,
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 3
in dem 36 Abschnitte mit dem Wortlaut „Anfang von“ beginnen, jeweils gefolgt
von einer Aufzählung entsprechender Heilmittel. Die dortigen
Ordnungskategorien sind neben den von Krankheit betroenen Körperpartien
(Augen, Ohren, Nase, Zähne, „Leib“ etc.) auch veränderte Körperstoe (Harn,
Nahrung, „Schleimstoe“ etc.), sichtbare Krankheitssymptome (Bisswunden,
Ausschlag, Haarveränderungen, Brandwunden, Geschwülste, Husten) und
Arzneiformen (Salbmittel, Einläufe, Trankmittel etc.).
Im Folgenden wird (nach den Übersetzungen von Grapow u.a. 1954-1973 und
Westendorf 1999, jedoch bewusst ohne deren interpretierende Zusätze) eine
Auswahl von Leiden und Symptomen vorgestellt, die dem Papyrus Ebers
(kompiliert um 1550 v. Chr.) entnommen sind.
Augenleiden:Augenleiden: „Gewächs von Schmerzstoen“, Ritzung, „Schmerzstoe im
Auge“, Zusammenziehen der Pupille, Unebenheit, weiße Stelle, Blut,
Tränen, Hitze, Blindheit, Wüten, Schnupfen, Stauung von Wasser,
Entzündung, Dunkelheit, Schwachsichtigkeit, Verschleierung, Kügelchen,
Fettes im Auge, Einbiegung von Haaren;
Ohrenleiden:Ohrenleiden: Abspaltung, Bruch, fauliges Wasser, Nässen, Eiter,
Wundsekret, Schwellung, Taubheit;
Kopfleiden:Kopfleiden: Verletzungen (im Detail im Papyrus Edwin Smith beschrieben),
Kopfschmerzen, Zittern, Erkrankungen der Kopfhaut (u.a. nässender
Ausschlag), Haarschwund, Ergrauen, fleckige Kahlheit;
Zahn- / Mundleiden:Zahn- / Mundleiden: lockere Zähne, Geschwüre, Schwellung, Fressen, Eiter,
„Blutfraß“, „Ansammlung von Schmerzstoffen“;
HerzleidenHerzleiden (das Herz ist auch Sitz des Verstandes): Hitze, Herzschmerzen,
Mattigkeit, Schwäche, Stechen, Klopfen, Enge, Vergesslichkeit, Überflutung,
Zittern, Vergrößerung, Verlagerung, schwacher Puls, Flattern, Tanzen;
„Leiden des Leibes“:„Leiden des Leibes“: Verstopfung, schmerzhafter Kot, Schwellung, Hitze,
Wurmerkrankungen, Hautausschlag, Hautentzündung, Schmerzstoe,
Verschiebung im After, Zauber, Fäulnisprodukte, „Giftsamen“,
„Schleimstoffe“, Durst, Erbrechen;
Harnleiden:Harnleiden: Stauung, Überfluss, Nässen;
durch „Schleimstoe“ bedingte Leiden:durch „Schleimstoe“ bedingte Leiden: im Becken, im Bauch oder im
Nacken, Schnupfen;
HustenHusten;
Leiden der Blase:Leiden der Blase: Hitze, Verstopfung;
„Gefäßleiden“:„Gefäßleiden“: Schwäche, Steifheit, Hitze, Knoten, Luft, Zittern, Schlängeln,
Überschwemmung, Ertaubung, Zucken, Absterben;
Hautleiden:Hautleiden: Falten, Flecken, Hautausschlag, Hautblasen, Hautentzündung,
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)4
Hautflechte;
Frauenleiden:Frauenleiden: Aususs, Schmerzen, Schwellungen im äußeren
Genitalbereich, Unfruchtbarkeit, Blutungen, Geburtsverzögerung, kranke
Brust; außerdem nach dem Papyrus Kahun: Erkrankungen der
Gebärmutter (
jdt
) wie Blutstau, Erguss, Hitze, Geschwüre, Kratzstelle;
Leiden der Gliedmaßen:Leiden der Gliedmaßen: Zittern, Lahmheit, Schwäche, Schmerzen,
Entzündung;
dämonische Erkrankungen:dämonische Erkrankungen: Behexung, Bitternis, Dumpfheit, Schatten,
Schlag, Seuche, Zauber;
ferner:ferner: Wunden und Geschwülste unterschiedlichster Art, Brüche,
Verstauchungen, Bisse, Stiche, Schläge, Verbrennungen,
Kinderkrankheiten.
3.2. Nach paläopathologischen Ergebnissen3.2. Nach paläopathologischen Ergebnissen
Unter welchen Krankheiten die Ägypter aus heutiger Sicht litten, lässt sich
anhand von Mumien und Skeletten untersuchen; daraus, dass nur nachweisbar
ist, was sich in Knochen oder Weichteilen dauerhaft manifestiert hat und den
derzeitigen Analysemethoden zugänglich ist, ergibt sich ein entsprechend
eingeschränkter Blick. Ein neues, aber wegen der Schwierigkeit,
nichtkontaminierte Proben zu entnehmen, umstrittenes und aufwändiges
Hilfsmittel sind Nachweise auf molekularer Ebene, so die Isolierung von
Krankheitserreger-DNA.
Inzwischen konnten zahlreiche Forscherteams größere Mumien- und
Skelettkollektive aus Ägypten und Nubien untersuchen (u.a. Smith & Jones 1908;
Parsche 1991; Strouhal u.a. seit 1976; Nerlich u.a. 2000, 2002a, b; Bibliographie
bis 1996: Rose 1996). Danach starben die meisten Menschen zwischen dem 20.
und dem 30. Lebensjahr. Die somit insgesamt niedrige Lebenserwartung wird
auf das Auftreten von Infektionskrankheiten, Parasitenbefall und Sepsis
zurückgeführt. Bislang wurden folgende Erreger identiziert: An Parasiten fand
man verschiedene Gattungen von Eingeweidewürmern (Bandwurm, Spulwurm,
Guineawurm, Zwergfadenwurm, Trichine) und Läuse, ferner Eier von
Schistosoma, dem Erreger der Bilharziose, und die DNA des einzelligen
Parasiten Plasmodium falciparum, des Erregers der Malaria. Bakterien konnten
im Einzelfall bereits ebenfalls durch ihre DNA nachgewiesen werden, so die
Erreger von Tuberkulose und Diphtherie; der Fund von DNA des
Darmbakteriums Escherichia coli im Mittelohr einer Kindermumie weist auf eine
erlittene Escherichia coli-Sepsis hin. Inwieweit die Bevölkerung von diesen
Erkrankungen durchseucht war (in Nerlich u.a. 2002a wird beispielsweise
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 5
angenommen, dass die Hälfte aller Ägypter unter Tuberkulose gelitten habe), ist
im Einzelnen noch ungewiss. Für Pocken, Lepra oder Pest gibt es keine
gesicherten Belege; auch r eine frühe ägyptische Existenz des Polio-Virus hat
man bislang nur indirekte, nicht eindeutige Anhaltspunkte, nämlich die bildliche
Darstellung des Türhüters Rama mit atrophiertem Fuß (Stele Ny Carlsberg
Glyptothek AEIN 134, Abb. bei Nunn 1996, 77) und den ebenso verformten F
der Mumie des Pharaos Siptah (um 1200 v. Chr., Abb. bei Nunn 1996, 79): beide
könnten Opfer der Kinderlähmung gewesen sein.
Degenerative Veränderungen von Gelenken und Wirbelsäule sind ein Zeichen
für starke körperliche Beanspruchung. Die Untersuchungen von Nerlich u.a.
2002a an über 700 Individuen aus Nekropolen in Theben-West (15.-5. Jh. v. Chr.)
weisen hier auf epochen- und statusabhängig unterschiedliche Krankheitsraten
(vgl. auch Nerlich u.a. 2000). Von den in der Spätzeit (nach 600 v. Chr.) in Theben
Bestatteten zeigen 18,5% Arthrosezeichen und rund 38% Spondylose, bei
weitem mehr als zu den Blütezeiten des ägyptischen Reiches (2% / 12%).
Im Skelett gut sichtbar sind Traumata mit anschließender Heilung. Hier wurden
orts- und zeitabhängig recht unterschiedliche Raten festgestellt; im Durchschnitt
sind 10 bis 20% der Bestatteten betroen, wobei sich Frakturen aufgrund von
Unfällen oder Schlägen sowie durch Geschosse (Pfeile oder Steinkugeln) zeigen.
An älteren Individuen ließen sich die heute noch allgemein üblichen
arteriosklerotischen Veränderungen feststellen, auch benigne und maligne
Tumorerkrankungen waren gut nachweisbar.
Der vermutlich durch chronische Erkrankungen erhöhte Vitamin- /
Mineralstobedarf der Ägypter wurde durch die Ernährung nicht vollständig
gedeckt: An vielen Knochen zeigen sich Mangelerkrankungen wie Anämie
(Eisenmangel), Skorbut (Vitamin C-Mangel) und Osteomalazie (Vitamin D3-
Mangel). Die Zähne, auch die der Pharaonen, weisen in der Regel eine hohe
Abnutzung infolge von Sandbeimengungen in der Nahrung auf, was verstärkt zu
Karies und Zahnausfall geführt hat wie auch zu – damals oft lebensgefährlichen
– Abszessen (zu einem besonderen Zahnbefund siehe Harbort u.a. 2008).
4. Erklärung und Prävention4. Erklärung und Prävention
Als Urheber verschiedenster Arten von Krankheiten und Leiden werden Götter,
Tote, Feinde, Priester und Dämonen sowie deren Schatten angesehen. Sie
können mittels Hauch, Schlag,
k3
-Zauber oder des „Gift-Samens“ auf die zu
schädigenden Körper einwirken.
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)6
Auch wenn die unmittelbare Ursache eines Leidens beobachtet werden konnte
(Biss eines Tieres, Verbrennung, Sturz u.ä.) oder theoretisch-naturkundlich
erklärt wurde (Umwandlung nicht ordnungsgemäß verdauter Speisen in
Krankheitsstoe, Eigenleben der weiblichen inneren Genitalien u.ä.), wurde der
Verlauf der Krankheit ganz gemäß dem innerägyptischen Weltbild auf den
Willen der Götter zurückgeführt. Der Textabschnitt
Papyrus Ebers Nr. 1 =
Papyrus Hearst Nr. 78
, in welchem der Heiler über seine Initiation, seinen
eigenen Schutz vor Krankheiten, seine Aufgabe und den Willen Gottes spricht,
verdeutlicht dies besser als jede moderne Darstellung:
Anfang vom Spruch für das Auegen eines Heilmittels auf irgendeine
Körperstelle des Mannes.
Aus Heliopolis bin ich herausgekommen / zusammen mit den Großen des
Großen Hauses (Tempel von Heliopolis), / den Herren des Schutzes, / den
Herrschern der Ewigkeit.
Aus Sais bin ich herausgekommen / zusammen mit den Müttern der Götter, /
nachdem sie mir ihren Schutz gegeben haben.
Es gehören mir Sprüche, verfasst vom Allherrn, / um zu vertreiben (
dr
) die
Einwirkung / eines Gottes, einer Göttin, / eines Toten, einer Toten /
und so
weiter –, /
die in diesem meinem Kopf sind, / in diesem meinem Nacken, / in
diesen meinen Schultern, / in diesem meinem Fleisch, / in diesen meinen
Körperstellen, / um zu bestrafen den Verleumder, / den obersten derer, die
Störung eindringen lassen in dieses mein Fleisch / (und) ein Hineinplatzen in
diese meine Körperstellen als etwas, das eindringt / in dieses mein Fleisch, / in
diesen meinen Kopf, / in diese meine Schultern, / in diesen meinen Körper, / in
diese meine Körperstellen.
Zugehörig bin ich zu Re. / Er hat gesagt: / „Ich bin es, der ihn (den Kranken) vor
seinen Feinden schützt.“ / Thot ist sein Führer. / Er veranlasst, dass die Schrift in
Rede umgesetzt wird; / er verfasst die Sammelhandschriften; / er gibt
Zauberkraft den Weisen und den Heilern (
swnw
), die in seinem Gefolge sind, /
um zu befreien den, von dem (s)ein Gott will, dass er ihn am Leben lässt. /
Derjenige, von dem (s)ein Gott will, dass er am Leben bleibt, bin ich.
Werde rezitiert während des Auegens eines Heilmittels auf irgendeine
Körperstelle des Mannes, die krank ist. Wirklich vorzüglich; unzählige Male
(erprobt).
Schutz vor Krankheiten war möglich, indem man Götter und Ahnen gnädig
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 7
stimmte und sich gegen negative Mächte zur Wehr setzte. Dies geschah durch
ein Leben im Sinne der Maat, Verehrung der Götter, Versorgung der Ahnen
und Schutzamulette.
5. Umgang mit Kranken und heilkundliche Berufe5. Umgang mit Kranken und heilkundliche Berufe
Paläopathologische Befunde (Nerlich u.a. 2002b; Strouhal 2005) zeigen, dass
Personen, die sich wegen körperlicher Gebrechen nicht mehr selbst versorgen
konnten, dennoch mitunter ein hohes Lebensalter erreicht haben; ihre Pege
wird von Familienmitgliedern übernommen worden sein. Aus der Lehre des
Amenemope (Kap. 25; Weisheitsliteratur in Ägypten) geht hervor, dass
Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen nicht ausgegrenzt
werden sollten:
„Lache nicht über einen Blinden / und verhöhne nicht einen Zwerg / und
erschwere nicht den Zustand eines Lahmen! / Verhöhne nicht einen Mann, der
in der Hand des Gottes ist, / und sei nicht grimmig gegen ihn, um ihn zu
verletzen.“
Blindheit, Zwergwuchs und diverse Deformierungen von Körperteilen begegnen
in Flach- und Rundbildern hoher Beamter, was eine soziale Integration dieser
Personenkreise belegt. Der (spätzeitlich bezeugten) Theorie nach, d.h. gemäß
dem „Buch vom Tempel“ (Quack 2005), waren Personen mit bestimmten
körperlichen und charakterlichen Auälligkeiten vom Tempeldienst
auszuschließen, so u.a. solche, deren Glieder zu groß, zu klein oder verstümmelt
waren, und solche, deren Haut weiß, rot oder mit Pusteln bedeckt war. Über die
soziale und religiöse Praxis im Einzelfall z.B. darüber, ob hochgestellte
Personen wie der Pharao Siptah (zu dessen möglicherweise durch
Kinderlähmung atrophiertem Fuß vgl. Abschnitt 3.2) oder der Amunpriester
Nesparehan mit seinem durch spinale Tuberkulose verformten Rücken (Nunn
1996, 74) zum Kultdienst noch zugelassen waren – weiß man indes kaum etwas.
Der Ansteckungsgefahren bei gewissen Erkrankungen war man sich durchaus
bewusst, wie aus dem Aufgabenbereich der Sachmetpriester und
Skorpionbeschwörer hervorgeht (Quack 2005; Engelmann / Hallof 1996; Känel
1984): Sie sollten Aussatz (
mw.t-s3
) aus der Stadt fernhalten, Seuchen von
Mensch und Tier melden und spezielle Hauterkrankungen behandeln. Zum
Berufsfeld der Sachmetpriester, die insoweit mit den
swnw
konkurrierten,
gehörte auch die medizinische Versorgung von erkrankten oder verwundeten
Soldaten. Heilkundliche Betreuung genossen ferner die Arbeiter in den
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)8
Werkstätten, beim Pyramidenbau, in den Steinbrüchen und in den Bergwerken,
wie verschiedenartige Quellen (z.B. die Wandmalerei im Grab des Bildhauers
Ipui, Abb. bei Nunn 1996, 57; Urk. I, 40-44; Gardiner / Peet / Černý 1952, Taf. 23,
Stele 85) bezeugen. Amtsbezeichnungen wie „Oberster Arzt der thebanischen
Totenstadt“ oder „Arzt der königlichen Nekropole“ verdeutlichen den
administrativen Charakter dieses Gesundheitswesens.
Schon die Ausbildung der
swnw
imHaus des Lebens“ (
pr ‘nch
) kam den
Kranken zugute, die man hier zunächst ambulant und in späterer Zeit, in der
sich alsdann ein Sanatoriumsbetrieb herausbildete, zudem stationär
behandelte. Dem Patienten war es aber auch möglich, einen Arzt zu sich nach
Hause zu bestellen (vgl. Westendorf 1999, 472ff.).
In den medizinisch relevanten Titulaturen wird zwischen „Arzt“ (
swnw
), „Priester
der Sachmet“ (der Seuchen- und Kriegsgöttin), „Leiter der Selkis“ (der
Skorpiongöttin), „Priester des
k3
-Zaubers“ und „Zauberer“ (
s3w
) unterschieden.
Es sind jedoch zahlreiche Personen bezeugt, die mehrere dieser Titel tragen
(Ghalioungui 1983, Känel 1984), so dass sich die Tätigkeitsfelder und
Zielgruppen dieser jeweils spezialisierten Heiler breit überlappt haben müssen.
Eigene
swnw
standen der Königsfamilie und dem Hofpersonal zur Verfügung,
was in Titeln wie „Arzt des Leibes des Königs“ und „Arzt im Hause der
Königlichen Gemahlin“ zum Ausdruck kommt.
Nach Herodot (II 84), der Ägypten im 5. Jh. v. Chr. bereist hatte, gab es dort für
jede Krankheit einen eigenen Arzt (vgl. auch Homer, Odyssee IV 231f.):
„Die Heilkunst ist so verteilt, dass jeder Arzt nicht mehr als je nur eine Krankheit
zu heilen versteht. Daher ist alles voll von Ärzten. Da gibt es besondere Ärzte für
die Augen, für den Kopf, für die Zähne, für den Bauch und für die inneren
Krankheiten.“ (Übersetzung von Heinrich Stein, Herodot, Neun Bücher der
Geschichte, Essen 1990; Text gr. und lat. Autoren)
Dies lässt sich durch Titel zwar nachweisen: bekannt sind „Augenärzte“,
„Zahnbehandler“ und „Ärzte für den Leib“, bedenkt man aber, dass die
letztgenannten Titel eher selten sind, und berücksichtigt man die Vielzahl der
mehrfach titulierten Heiler, so wird klar, dass man hier von Fachärzten im
modernen Wortsinn nicht sprechen kann.
In den heilkundlichen Texten kommen als deren Nutzer je nach Abschnitt Ärzte,
Sachmetpriester, Zauberer und der „Leiter der Selkis“ vor; dabei begegnet der
„Arzt“ insgesamt am häugsten. Als „Kunst des Arztes“ wird die Behandlung
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 9
durch den Einguss bezeichnet, der „Schnitt des Arztes“ weist ihn als Chirurgen
aus. Als Theoretiker erscheint er uns im sog. „Gefäßbuch“ (Papyrus Ebers Nr.
854), das die Überschrift „Anfang vom Geheimwissen des Arztes (
swnw
)“ trägt.
Er beherrscht wie auch der Sachmetpriester und der Zauberer die Technik des
Pulsmessens (Papyrus Edwin Smith, Fall 1; Papyrus Ebers, Nr. 854a).
Der Sachmetpriester kommt in den heilkundlichen Texten sonst nicht vor, oft
hingegen seine Göttin, die es zu besänftigen galt. Sie und ihre „Boten“ werden
mit der Entstehung von Seuchen in Verbindung gebracht. Eine große Rolle spielt
sie daher in den Beschwörungen gegen epidemische Krankheiten (Papyrus
Edwin Smith, Rückseite). Ein „Leiter der Selkis“ hat die Rezepte und Sprüche
gegen Skorpion- und Schlangenbisse im therapeutischen Teil des Papyrus
Brooklyn kompiliert. Sein Tätigkeitsfeld war die Bekämpfung von Vergiftungen
und Verletzungen durch Schlangen und Skorpione mittels Beschwörung und
Behandlung.
6. Heilmaßnahmen6. Heilmaßnahmen
Heilbehandlungen richten sich sowohl gegen die Leiden als auch gegen die vom
ägyptischen Paradigma vorausgesetzten Urheber der Leiden (vgl. Abschnitt 4).
Eine Therapie bestand in der Regel aus chirurgischen Maßnahmen und / oder
der Verabreichung von Heilmitteln. Es ist davon auszugehen, dass jede
derartige Handlung durch die Rezitation von magischen Sprüchen begleitet
wurde, die für einzelne Hilfsstoe wie Bier, Honig und Fett, für einzelne Drogen,
für das Abmessen der Drogen, für bestimmte Heilmittelzubereitungen und für
deren Applikationen (Trinken oder Auegen eines Heilmittels, Lösen eines
Verbandes, Erbrechen) belegt sind; ferner hat man bestimmte Krankheiten oder
deren Verursacher durch Beschwörungen direkt angesprochen. In diesem
Spruchgut werden der Heilkundige und häug auch der Kranke je mit einer
Gottheit identiziert, indem ein Vorfall in der Götterwelt erzählt wird, der als
mythische Präzedenz für die irdische Situation galt. Oft ist hierbei der Kranke
durch den kindlichen Horus vertreten, der von seiner Mutter Isis vor
Verbrennungen, Schlangenbissen, Nachstellungen durch Seth usw. gerettet
wird.
Den größten Einzelbestand innerhalb der heilkundlichen Texte machen Rezepte
aus; heute liegen rund 2000 in Edition vor. Sie geben Aufschluss über Indikation,
Zusammensetzung, Zubereitung und Anwendungsweise der Arzneimittel. Der
altägyptische Drogenschatz umfasst (wenn die Verarbeitungszustände einzelner
Drogen gesondert gezählt werden, um dem ägyptischen Denken gerechter zu
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)10
werden) insgesamt etwa 1400 unterschiedliche Zutaten aus dem Panzen-, Tier-
und Mineralreich. Es bestehen erhebliche Probleme bei der Übersetzung. Nur
ein Bruchteil der Ingredienzien ist eindeutig identiziert. Die Herstellung wird
mit rund 100 unterschiedlichen Verben (zerreiben, kochen, mischen,
durchpressen, über Nacht dem Tau aussetzen etc.) beschrieben, zur Angabe der
Anwendung dienen rund 30 unterschiedliche Verben (trinken, essen, eingießen,
salben, verbinden etc.), hinzu kommen rund 50 verschiedene Applikations- bzw.
Zubereitungsformen (Pillen, Tränke, Einläufe, Salbmittel, etc.). Dies zeigt, wie
elaboriert dieser Bereich der Heilkunde war (u.a. zu den Konzepten hinter der
Drogenauswahl und der Herstellung ist eine Monographie der Verf. in
Vorbereitung). Eine Besonderheit der altägyptischen Rezepte sind sehr
ausführliche Maßangaben, die bei einem Großteil der innerlich anzuwendenden
Arzneimittel auftreten und die nach der neuerdings erfolgten Aufklärung
(Pommerening 2003; 2005) eine neue Einschätzung der tatsächlichen
Wirksamkeit und Toxizität aus heutiger Sicht erlauben (Pommerening 2006).
Die richtige Anwendung ergab sich nach erfolgter Diagnose. Dazu leiteten
Lehrtexte an. Derartige Texte untergliedern sich in eine Überschrift, eine
Symptombeschreibung, die Diagnose, eine Beurteilung der Heilungsaussichten
(„eine Krankheit, die ich behandele“; „eine Krankheit, mit der ich kämpfe“; „eine
Krankheit, die man nicht behandeln kann“) und die Behandlung durch
chirurgische Maßnahmen und/oder Arzneimittel, auf die nur im letzten Falle
verzichtet wurde.
WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 11
LiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnis
1. Lexikonartikel1. Lexikonartikel
Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
2. Weitere Literatur2. Weitere Literatur
Bardinet, T., 1990, Dents et mâchoires dans les représentations
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Bardinet, T., 1995, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique:
Traduction intégrale et commentaire (Collection „Penser la
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Ebbell, B., 1938, Altägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und
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Repräsentant der Hygiene und des Seuchenschutzes, SAK 23, 103-146
Fischer-Elfert, H.-W., 2005, Abseits von Ma'at. Fallstudien zu
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Altägyptens Kulturgeschichtliche Beiträge zur Ägyptologie 1),
Würzburg
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WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten)14
ImpressumImpressum
Herausgeber:
Alttestamentlicher Teil
Prof. Dr. Michaela Bauks
Prof. Dr. Klaus Koenen
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Deutsche Bibelgesellschaft
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WiBiLex | Krankheit und Heilung (Ägypten) 15
... Many translators (e.g., Ebbell 1938) have tried to convert such ancient Egyptian terms into our modern, scientifically cast nosology (categorization of diseases), and so disciplinary terms are introduced directly into the translations from today's medical nomenclature, which comes mostly from Greek or Latin. This is misleading because ancient Egyptian medicine is distant from ours both systematically and historically (Pommerening 2009). Since they had no separate concept of disease, but only symptoms and causes are given, the ancient Egyptian words cannot be translated with a modern terminology of illness. ...
... If, in spite of the efforts to protect, illnesses did break out and people wanted to heal them through the application of remedies (also in combination with incantations), the calling of a healer was unavoidable. Therapy consisted usually of surgical measures and/or supplying remedies in combination with the recitation of magical spells (Pommerening 2009). The tradition of prescriptions is especially comprehensive. ...
... This included, among others, those people whose body parts were too big, too little or somehow mutilated, and such people who had white skin, or red skin or were covered with pustules. We know almost nothing about the social and religious practice in individual cases, for example, whether highly placed people like the pharaoh Siptah or the Amun priest Nesparehan could still serve in the temple service despite his ill-formed back because of spinal tuberculosis (Pommerening 2009;Fischer-Elfert 2005b). ...
Chapter
This chapter provides an overview of the essence of ancient Egyptian medicine and presents a culturally immanent view of ancient Egyptian medicine around assumptions based on interdisciplinary scientific work. The most important sources for the reconstruction of a culturally immanent view are medical texts from Egypt. They are handed down on papyri and ostraca, or pottery shards. Treatments are directed against the symptoms and against the causers of the sufferings according to the assumed Egyptian paradigm, that is, against the direct cause of illness and the indirect causers of illness. The task of one proficient in healing was based on the superior understanding of causes mediating between the world of the gods and the sick person. The composition of remedies and the individual stages of preparation of ancient Egyptian prescriptions cannot always be reconstructed according to today's science, but they could be established with the help of the reconstruction of culturally immanent systems.
Chapter
Bereits innerhalb der frühen Hochkulturen, wie im Pharaonenreich des alten Ägypten, haben sich Fachärzte auf bestimmte Krankheiten spezialisiert, machten Hausbesuche und trieben durch persönliche Untersuchungen, individuelle Diagnostik und zielgerichtete Behandlungsmethoden die Personalisierte Medizin bereits vor 4000 Jahren voran. Herodot stellte bei einem Besuch erstaunt fest: „Jeder Arzt behandelt nur eine bestimmte Krankheit, nicht mehrere. Alles ist voll von Ärzten! Es gibt Ärzte für die Augen, für den Kopf, für die Zähne, für den Leib und für innere Krankheiten.“ Innerhalb der Tempel des Landes wurden die angehenden Mediziner im sogenannten „Haus des Lebens“ unterrichtet und lernten chirurgische Eingriffe, die Wirkung verschiedener Mittel wie Heilpflanzen sowie die Anatomie des Menschen. Die Branche der Mumifizierung und der Spezialisten, die für die Einbalsamierung der Leichen zuständig waren, wurde jedoch als völlig eigener Berufszweig von dem der Ärzte getrennt. Einige Vertreter ihrer Zunft reisten beispielsweise mit der ägyptischen Armee, um die Toten zu versorgen, wenn sie gestorben waren – ganz unabhängig von medizinischem Personal, das selbstverständlich bei Auslandseinsätzen ebenfalls vor Ort war. Für die alten Ägypter waren beiden Branchen aus verschiedenen, zumeist religiösen Vorstellungen nicht miteinander vereinbar. Aus heutiger Sicht ein klares Versäumnis: Wären diese Akteure des altägyptischen Gesundheitswesens besser vernetzt gewesen, hätten beispielsweise Zusammenhänge, die den Blutkreislauf betreffen – welche in pharaonischer Zeit, trotz zahlreicher anderer Kenntnisse, noch unerforscht waren – vermutlich erkannt werden können. Sektorenübergreifende Zusammenarbeit fördert also Innovationen im Bereich der Forschung und gleichzeitig wird dabei die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Patientenversorgung verbessert.
Article
Full-text available
Starting point of this article is a problem obvious to anybody who reads the medical papyri of ancient Egypt from the New Kingdom and the Late Period: the prescriptions contain two dyadic systems of notation for measures of capacity without specifying the unit of measurement, firstly the Horus eye fractions 1/2, 1/4, 1/8, 1/16, 1/32 and 1/64 which are unanimously assumed to refer to the single Heqat and secondly the ‘normal’ dyadic fractions from 1/2 to 1/128, which have been interpreted in widely different ways, as fractions of the Henu‐, the Ro‐, the single Heqat‐, the 5‐Ro‐ or the Dja‐measure, respectively. Interpretations suggested in translations and commentaries have remained inconclusive and unsatisfactory. Based on new findings and readings, the present study sets out to show that •the hieratic Horus eye fractions in the medical papyri of the New Kingdom and the Late Period refer to the quadruple and not to the single Heqat; •the ‘normal’ fractions refer to the smallest Horus eye fraction 1/64 quadruple Heqat which corresponds from the New Kingdom (at the latest) to 1 Dja; •the units Dja and Henu are in a ratio of 5:8 and not of 2:3, this unusual ratio of 5:8 makes sense in Egyptian thought when expressed as 40:64; 40 Henu (= 1 Oipe = 1 quadruple Heqat) equal 64 Dja and therefore the complete Horus eye, the smallest fraction of the Horus eye, 1/64 is 1 Dja; •hence, the capacity markings of the two complete vessels known to exist with marked volumes of 1 and 1/2 Henu and 1, 1/2, 1/4, 1/8, 1/16, 1/32 and 1/64 Dja, allow all relevant volumes to be measured which are required in the preparations mentioned in extant medical papyri.
Book
Diese umfassende Monographie über die altägyptischen Hohlmaße von der Frühzeit bis zur griechisch-römischen Zeit führt in komplexer Methode erstmals Fundobjekte, bildliche Darstellungen und Textbelege zum Thema Hohlmaß unter Berücksichtigung anthropologischer, metrologischer und naturwissenschaftlicher Sachverhalte zusammen. Sie bietet der nachfolgenden Forschung ein stabiles Fundament und kann in Bezug auf Hohlmaßeinheiten und deren Standards sowie die Typisierung von Meßgefäßen als Nachschlagewerk dienen. Für diese Publikation wurde die Autorin mit dem "Dalberg-Preis für transdisziplinäre Nachwuchsforschung" der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt in Verbindung mit den Thüringer Hochschulen ausgezeichnet. Inhalt: Teil 1: Analytisch-theoretischer Teil Einleitung - Verkörperung der Maßeinheiten: das Messgefäß - Vorratsgefäße mit Maßangaben - Vom ds-Gefäß zum ds-Maß und zurück zur Verpackungseinheit - Das Kornmaßsystem - Vom Hin-Gefäß zum Hin-Maß - Das Maß zu Hin im Choiaktext - Das Dja-Maß und seine möglichen Vorläufer - Zusammenfassung der Hauptergebnisse - Anhang: Das Längenmaßsystem. Teil 2: Katalog: Bildliche Darstellungen von Messgefäßen - Modelle von Messgefäßen und Schreibtafeln - Reale Messgefäße und ihre Abgrenzung - Markierte Vorratsgefäße. Teil 3: Verzeichnisse (Abkürzungen, Literatur, Tabellen, Bildnachweis, Indizes).
Les papyrus médicaux de l'Égypte pharaonique: Traduction intégrale et commentaire (Collection "Penser la médicine
  • Weitere Literatur
  • T Bardinet
Weitere Literatur Bardinet, T., 1990, Dents et mâchoires dans les représentations religieuses et la pratique médicale de l'Égypte ancienne, Rom Bardinet, T., 1995, Les papyrus médicaux de l'Égypte pharaonique: Traduction intégrale et commentaire (Collection "Penser la médicine"), Paris
Der Sachmetpriester, ein früher Repräsentant der Hygiene und des Seuchenschutzes
  • B Ebbell
  • H Oslo Engelmann
  • J Hallof
Ebbell, B., 1938, Altägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Oslo Engelmann, H. / Hallof, J., 1996, Der Sachmetpriester, ein früher Repräsentant der Hygiene und des Seuchenschutzes, SAK 23, 103-146
Abseits von Ma'at. Fallstudien zu Außenseitern im Alten Ägypten (Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens -Kulturgeschichtliche Beiträge zur Ägyptologie 1)
  • H.-W Fischer-Elfert
Fischer-Elfert, H.-W., 2005, Abseits von Ma'at. Fallstudien zu Außenseitern im Alten Ägypten (Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens -Kulturgeschichtliche Beiträge zur Ägyptologie 1), Würzburg Fischer-Elfert, H.-W., 2005, Pap. Ebers Nr. 1-3 -Re exionen eines altägyptischen Heilers über seine Initiation?, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde, Wiesbaden, 133-147
Altägyptische Zaubersprüche (mit Beiträgen von Tonio Sebastian Richter)
  • H.-W Fischer-Elfert
Fischer-Elfert, H.-W., 2005, Altägyptische Zaubersprüche (mit Beiträgen von Tonio Sebastian Richter), Stuttgart
Health and Healing in Ancient Egypt
  • L Fleck
Fleck, L., 1935, Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv, Basel Ghalioungui, P. / el Dawakhly, Z., 1965, Health and Healing in Ancient Egypt, Kairo Ghalioungui, P., 1983, The Physicians of Pharaonic Egypt (SDAIK 10), Mainz
Extraordinary dental ndings in an Egyptian mummy skull by means of Computed Tomography
  • H Grapow
  • H V Deines
  • W Westendorf
Grapow, H. / Deines, H. v. / Westendorf, W., 1954-1973, Grundriss der Medizin der Alten Ägypter, 9 Bde, Berlin Harbort, J. / Özlem, G. / Beck L. / Pommerening, T., 2008, Extraordinary dental ndings in an Egyptian mummy skull by means of Computed Tomography, PalArch's Journal of Archaeology of Egypt/Egyptology 1,1, 1-8
Les prêtres-ouâb de Sekhmet et les conjurateurs de Serket (Bibliothèque de l'école des hautes études, section des sciences religieuses
  • F V Känel
Känel, F. v.,1984, Les prêtres-ouâb de Sekhmet et les conjurateurs de Serket (Bibliothèque de l'école des hautes études, section des sciences religieuses, Bd. 87), Paris