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Die Frage, woher in der Pädagogik und Didaktik
konzeptionelle Innovation kommt und wie diese ge-
neriert wird, haben Akteurinnen und Akteure der E-
Learning-Szene viel zu lange unbeantwortet ge-
lassen. Wir haben in Bezug auf die Generierung kon-
zeptioneller Innovation im Lernen und Lehren mit
digitalen/vernetzten Medien lange keinen unserer
Disziplin eigenen Zugang entwickelt und die Frage
der Zugangsweisen anderen Disziplinen überlassen,
obwohl die Didaktik, beziehungsweise das didak-
tische Design eine gestalterische Disziplin ist. Zum
einen erscheint es als geeignete Strategie auf Innova-
tionen aus anderen Disziplinen zu setzen (hier: der
Entwicklung digitaler vernetzter Medien wie Wikis,
Social Media) und zu hoffen, dass der Einsatz inno-
vativer Technologien auch das Lernen und Lehren
gewinnbringend verändert. Zum anderen haben wir
uns in unserem Forschungszugang oft und gerne an
deskriptive analytische Wissenschaften wie der Psy-
chologie angepasst – dies zeigt sich sogar oftmals in
der Lehre, wenn wir Vorlesungen zum Thema
„Lernen und Lehren mit Technologien“ anhand der
lerntheoretischen (siehe Kapitel #lerntheorie) und
kognitionspsycholologischen Grundlagen aufbauen
(siehe Kapitel #gedaechtnis).
Ob elektronische, vernetzte und soziale Medien
Einzug in Schule, Unterricht und Lehre halten
sollten, ob die Risiken schwerer wiegen als die
Chancen und wie man jeweils neu zur Verfügung ste-
hende Technologien und Applikationen, vom
Newsforum über Lernmanagementsysteme, Weblogs
und Wikis zu mobilen Geräten in Lehr- und Lernpro-
zessen einsetzen kann – solche Fragen bestimmen
immer wieder Debatten um das Lernen und Lehren
mit Technologien. Wo r t bildungen wie E-Learning,
M-Learning und E-Learning-Szenarien deuten be-
grifflich darauf hin, dass der Einsatz elektronischer
und mobiler Technologien oft als prägend, als trei-
bende Kraft oder sogar als Ziel in sich wahrge-
nommen wird. Fast scheint es, dass bei der Suche
nach pädagogisch-didaktischer Innovation die Über-
nahme von Innovationen anderer Disziplinen, wie
zum Beispiel der Informatik, zum Mittel der Wahl ge-
worden ist (siehe auch Kapitel #innovation). Dies
mag in zahlreichen Fällen funktionieren - dennoch
stellen sich aus pädagogischer Perspektive Fragen,
deren Ausgangspunkt nicht allein in der bloßen Ver-
fügbarkeit von Technologien liegt: Welche Prozesse
führen zu konzeptioneller Innovation im Lehren und
Lernen? Wie kann die Forschung der pädagogischen
Disziplin zu Innovation in der Praxis beitragen? Wie
werden Innovationsprozesse aus pädagogischer Per-
spektive initiiert und getrieben? Welche Rolle spielen
Technologien darin? Und wie kann pädagogisch-di-
daktische Innovation in die Technologieentwicklung
einfließen?
Neben der Entwicklung pädagogisch-didaktischer
Innovation sind Pädagoginnen und Pädagogen in be-
sonderer Weise befähigt, sich unmittelbar und kon-
zeptionell an Technologieentwicklung zu beteiligen
und die Entwicklung innovativer Lösungen, Pro-
dukte, Strategien, Services und Interventionen als
Wissensarbeit zu konzipieren. Zu diesem Verständnis
der Pädagogik als Disziplin und Profession möchte
das Kapitel beitragen. Dazu werden Fragen des Zu-
sammenspiels von Untersuchung und Design sowie
wissenschaftlicher Erkenntnis und Gestaltung er-
örtert, ein Designprozess der als Untersuchung an-
gelegt ist beschrieben und anhand einer allgemeinen
Designtheorie den Status des durch Designprozesse
generierten Wissens klären (wie wird das im Design
generierte Wissen artikuliert und formuliert und
welche For m hat es). Der dargelegte Designprozess
zeichnet sich durch seine Orientierung an Tätigkeiten
und Praktiken aus (engl.: practice-oriented design)
und stellt eine Alternative zu Produkt-orientierten
und Nutzer-orientierten Ansätzen dar, die grund-
sätzlich ebenfalls denkbar sind (Shove et al., 2007).
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,-.(;3$<+,,+(
Dieses Kapitel beschreibt einen Forschungszugang
auf das Praxisfeld Lernen und Lehren mit Techno-
logien aus pädagogischer Perspektive. Einen for-
schenden Zugang zur pädagogischen Praxis zu finden
bedeutet, eine vermeintlich unmögliche Verbindung
zwischen der Gestaltung innovativer Lehr-/Lern-Sze-
narien und wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn
herzustellen. Der Begriff „Didaktisches Design“
bezeichnet die praktische Tätigkeit der Pädagoginnen
und Pädagogen sehr gut: Sie entwerfen, gestalten, er-
proben Interventionen und Produkte und bewerten
deren Nützlichkeit in einem konkreten Anwendungs-
kontext. Demgegenüber zielt Forschung gemeinhin
auf die Generierung von Wissen mit Hilfe eines wis-
senschaftlichen Methodenrepertoires, auf die Formu-
lierung möglichst allgemeingültiger Regeln, auf ein
tieferes Vers tändnis sowie auf die systematische Un-
tersuchung, Beschreibung und Erklärung von Zu-
sammenhängen. Designprozesse zur Generierung
von innovativen Lösungen auf der einen Seite und
wissenschaftliche Forschung zur Generierung von
Wissen und tieferem Verständnis auf der anderen
scheinen in ihrem Vor gehen und ihrem Ergebnis
9%:05-%-1;0*<4)-5=">-'%5)-5%-"?):"9%:05-1&%3'0%")-."9%:05-+3':*&)-5#"7
grundsätzlich verschiedene Vorhaben zu sein. Sowohl
die Pädagogik als Disziplin, als auch Arbeiten der
Designtheorie und jüngeren Wissenschaftsforschung
diskutieren deren Zusammenspiel: „Fragen zum
Status von Wissen in gestalterischen Praktiken und
Objekten sowie zur Genese von Design als ‚Wissens-
kultur’ sind nicht bloß ein aktuelles Desiderat der De-
signwissenschaften, sondern korrespondieren mit
Fragen und Modellen der jüngeren Wissenschaftsfor-
schung bzw. der Science and Technology Studies.“
(Mareis, 2010, 178).
Für die Pädagogik lassen sich in der Frage des Zu-
sammenspiels von Design und Forschung grob vier
Ansätze differenzieren. Diese unterscheiden sich zu-
mindest hinsichtlich der folgenden Aspekte: der Rolle
des Wissens im Gestaltungsprozess; der Vorgehens-
weise beim Voranschreiten von Analyse und Synthese
zur Untersuchung der Nutzungspraktiken bzw.
Lehr-/Lern-Prozesse; der Frage der For m des gene-
rierten Wissens und seiner Generalisierbarkeit bzw.
Übertragbarkeit in verschiedene Kontexte. Unter
diesen Aspekten werden die Ansätze im Folgenden
diskutiert.
9-,,+(/&$3/*+,-.(
Eine oft auch in der Lehre reflektierte Position geht
davon aus, dass Wissen bereits vor dem Desi-
gnprozess zur Verfügu n g steht und in der Ge-
staltung angewandt wird. Dieses Wissen besteht zum
Beispiel in lerntheoretischen Grundlagen, anthropo-
logischen Grundorientierungen oder Medientheorien.
Es wird in deskriptiv-analytisch orientierten Diszi-
plinen wie Teilgebieten der Psychologie, Anthropo-
logie und Medienwissenschaft generiert und in Pra-
xisfeldern angewandt. Schnotz (2009, 3) bezeichnet
die Disziplin als Handlungslehre und als angewandte
Wissenschaft. Dieser Kontext wirft unter anderem
die Frage auf, wie Ergebnisse und Wissen aus der
Forschung in die Praxis gelangen.
*+,-.(=',-+3>+/2$3,450(.
Eine andere Position bei der Frage nach der Rolle des
Wissens im Gestaltungsprozess nimmt hingegen die
sogenannte designbasierte Forschung (E ngl.
„design-based research“) ein – auch unter den Be-
griffen Design Experiments (Brown, 1992, Collins,
1992), Development Research (van den Akker, 1999),
Design Research (Kelly et al., 2008) bekannt. Dieser
Forschungsansatz in der Pädagogik und Lehr-/Lern-
Forschung versucht die zielgerichtete Gestaltung von
Lehr-/Lern-Umgebungen mit der systematischen
Untersuchung der Lernprozesse in diesen Lernumge-
bungen zu integrieren. Kennzeichen designbasierter
Forschung sind die Verschränkung praktischer und
wissenschaftlicher Interessen, die Betonung des De-
signs einer Intervention, die theoretische Veran-
kerung des Forschungsprozesses, die iterative Vorge-
hensweise und die Anwendungsorientierung. Ab-
bildung 1 zeigt nach Reeves (2006) den Status des
Wissens und des Designs in den beiden bisher darge-
legten Positionen. Der Ansatz designbasierter For-
schung wird insbesondere im anglo-amerikanischen
Raum in diversen Forschungs- und Entwicklungspro-
jekten verfolgt. Die Diskussion um seine forschungs-
methodologischen Grundlagen hält jedoch an wobei
die „klassische“ empirische Forschung als Maßstab
angelegt, Forschung auf Basis vorangegangenen
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Designs betrieben wird und das zu generierende
Wissen die Form kontextfreier Aussagen gewinnen
soll.
Designbasierte Forschung legt den Fokus auf ein
forschungsbasiertes und ingenieursmäßiges Vor-
gehen, was darin begründet wird, dass die Inge-
nieurswissenschaften in ihren Forschungsprozessen
Innovation entwickeln und diese Vorgehensweise auf
die Pädagogik übertragen werden kann um pädago-
gisch didaktische Innovation zu befördern. Bei-
spielhaft werden am Modell von Bannon-Ritland
(2003) die impliziten Annahmen der designbasierten
Forschung skizziert: Die empirische Analyse ist die
treibende Kraft in einem Prozess der von Analyse
(„informed exploration“) zur Synthese („enactment“)
und dann zur Evaluation („local impact“, „broader
impact“) voranschreitet. Die umfassende (und ob-
jektive) Bestimmung von Ist- und Sollzustand bildet
den Ausgangspunkt des Designprozesses. Analyse
und Synthese werden als zwei voneinander getrennte
Phasen verstanden und die Lösung von Designpro-
blemen basiert auf der Auswahl und Kombination
bekannter Operationen. In der designbasierten For-
schung ist der gestalterische Part selbst nicht als Wis-
sensgenerierungsprozess konzeptioniert, die Vorge-
hensweise ist nicht designgetrieben.
9-,,+(,.+(+3-+30(./10345/*+,-.(
Eine weitere Position bezieht den Designprozess in
die Forschung mit ein, bzw. konzeptionalisiert Design
selbst als epistemischen, also erkenntnisgenerie-
renden Prozess. Wissensgenerierung findet durch
Design statt. Im Designprozess werden immer
wieder gut informierte Entscheidungen getroffen, die
in wissenschaftlichen Theorien fundiert werden
können - entscheidend ist jedoch, dass der Desi-
gnprozess selbst als objektorientierte Untersuchung
angelegt wird, in dem sowohl innovative Produkte
und Services als auch Wissen generiert wird. Die Po-
sition des Design als objektorientierter Untersuchung
oder Design als Wissensgenerierung wird in diesem
Kapitel genauer dargelegt. Sie nutzt Vorgehensweisen
des sogenannten Design Thinking, Methoden der
Designforschung und des Interaktionsdesigns und
basiert auf designtheoretischen Überlegungen.
?@;'(,-&+/A+'3(-(./
Der vierte Ansatz, hier nur kurz skizzierte Position,
geht ebenfalls von der Generierung von Wissen im
Design aus. Dieses Wissen bleibt auf den lokalen
Kontext, wie zum Beispiel die Organisation in der die
Lösung entwickelt wird, bezogen. Engeströms (2005)
Ansatz des Expansive Learning der auf die Transfor-
mation von Handlungssystemen im Sinne Lernender
Organisationen abzielt, und Schöns Ansatz des Re-
flective Practitioner werden beispielhaft dieser Po-
sition zugeordnet (Schön, 1983).
*+,-.(B-,,+(
Die For m des Wissens, das in Designprozessen gene-
riert wird hat einen anderen Status als das kontext-
freie und wertfreie Wissen „klassischer“ empirischer
Wissenschaften. Es wird in lokalen Kontexten gene-
riert, da Design spezifische Anwendungskontexte im
Blick hat. Design und Artefakte bestimmen die Er-
kenntnis mit – dies wird im Forschungsprozess be-
reits in der (Design-) Hypothese formuliert. Design-
Wissen ist Wissen über die Wirksamkeit von Handeln
und das Wissen um die Bedingungen unter denen das
Handeln wirksam wird. Es beantwortet die Frage:
„Was funktioniert unter welchen Bedingungen?“ und
sucht die Wirkung zu erklären. Die Wissenspro-
duktion erfolgt durch die Beschreibung der Bedin-
gungen und der Intervention (als Faktoren) und
durch die Suche nach Erklärungen für die Wirk-
samkeit (Wirkmechanismen). Während die Bedin-
gungen lokal sind, verweisen die Erklärungen über
den einzelnen Kontext hinaus.
Nicht nur in der Pädagogik, sondern auch im In-
teraktionsdesign und in den Designwissenschaften,
die teilweise bestrebt sind Design als akademische
Disziplin zu fundieren, existieren entsprechende desi-
gntheoretische Positionen, die Wissensgenerierung
durch Design zu konzipieren, unter anderem.: re-
search through design (Findeli et al., 2008),
thoughtful interaction design (Löwgren & Stol-
termann, 2007), cognitive design und gestalterische
Epistemologie (Stephan, 2006) und Design als Wis-
sensgenerierung (Allert & Richter, 2009). Im Fol-
genden wird das Kapitel den Begriff „Design“ skiz-
zieren, die epistemische Rolle von Artefakten im ob-
jektorientierten Untersuchungsprozess darlegen,
einen Designprozess, der als Untersuchung angelegt
ist, beschreiben und anhand einer allgemeinen Desi-
gntheorie den Status des durch Designprozesse gene-
rierten Wissens klären (wie wird das im Design gene-
rierte Wissen artikuliert und formuliert und welche
Form hat es). Der dargelegte Designprozess zeichnet
sich durch seine Orientierung an Tätigkeiten und
Praktiken aus (Engl. „practice-oriented design“) und
stellt eine Alternative zu Produkt-orientierten und
Nutzer-orientierten Ansätzen dar, die grundsätzlich
ebenfalls denkbar sind (Shove et al., 2007). So wie in
der Mediennutzung häufig von Nutzungspraktiken
9%:05-%-1;0*<4)-5=">-'%5)-5%-"?):"9%:05-1&%3'0%")-."9%:05-+3':*&)-5#"A
gesprochen wird, wird im Folgenden für Praktiken
des Lernen und Lehrens auch der Begriff der Wis-
senspraktiken verwendet.
C" DE1'.$.-F/'8,/*+,-.(B-,,+(,45'G
DE1'.$.-F/'8,/9-,,+(,45'G/&$H/IJ(,>8-45+(
Um sich der pädagogischen Perspektive und der Päd-
agogik als Wissenschaft zu nähern, betrachten wir zu-
nächst die Disziplin selbst. Herbert Simon (1969) un-
terscheidet die Naturwissenschaften von den Wissen-
schaften vom Künstlichen. Er bezieht sich zunächst
auf das Ingenieurswesen, bevor er wissenschaftliche
Disziplinen wie die Medizin, Wirtschaftswissen-
schaften und Pädagogik den Wissenschaften vom
Künstlichen zuordnet und sie dann auch die Wissen-
schaften vom Entwerfen oder Designwissenschaften
nennt. „Wir sprechen vom Ingenieurwesen als von
etwas, das die ‘Synthese’ betrifft, während sich Natur-
wissenschaft mit der ‘A nalyse’ befasst. (…) Der Inge-
nieur und allgemeiner der Entwerfer beschäftigen
sich damit, wie die Dinge sein sollten – wie sie sein
sollten um Zielen zu genügen und zu funktionieren.
(…) Mit dem Streben und ‘Sollen’ bringen wir die Di-
chotomie ‘normativ’ – ‘deskriptiv’ ins Bild. Die Na-
turwissenschaft hat einen Weg gefunden, das Nor-
mative auszuschließen und sich alleine damit zu be-
fassen, wie die Dinge sind. Können oder sollen wir
diese Ausschließlichkeit beibehalten, wenn wir von
den natürlichen Erscheinungen zu den künstlichen
übergehen, von der Analyse zur Synthese?“ (Simon,
1969, 4). Designwissenschaften sind demnach Diszi-
plinen, die entwerfen und synthetisieren, das heißt
das Künstliche konzipieren und planen, Artefakte
und Lösungen entwickeln.
K-810(.<-+8+/0(1/:($3H+(
Wenn Pädagoginnen und Pädagogen als Designwis-
senschaftlerinnen und Designwissenschaftler Lö-
sungen in die Welt bringen, befassen sie sich mit dem
normativen „Sollen“ und nicht mit dem Beschreiben
der Welt wie sie ist. Designwissenschaften unter-
suchen nicht das Bestehende (zum Beispiel einen
Lernprozess wie er ist), sondern entwickeln Lö-
sungen in Form von Intervention und Produkten
und führen so eine Veränderung herbei. Handeln und
Erkennen konstituieren den Untersuchungsprozess.
Wir können uns fragen ob eine Intervention in einem
gegebenen Kontext wirksam wird, ob sie funktioniert
und ein gesetztes Ziel erreicht. Wir können die
Wirkung beschreiben und gegebenenfalls erklären
wie sie zustande kommt. Die Frage, wie Welt sein
sollte bezieht normative Aspekte ein. Design bedarf
eines Ziels, einer Vision, wobei diese nicht wertfrei
ist.
Die Synthese in unserer Betrachtung bezieht sich
auf die Förderung lernrelevanter und wissensinten-
siver Prozesse, in denen die Interaktion mit Techno-
logien eine Rolle spielt. „Didaktisches Design ist eine
Theorie die Leitlinien darüber bereitstellt, wie man
Menschen unterstützen kann, besser zu lernen und
sich zu entfalten“ (Reigeluth, 1999, 5, Übersetzung).
Entwerfen und Synthetisieren sind nicht wertfrei
oder wahr. Eine Lösung kann bewertet werden
anhand ihrer Nützlichkeit und ihrem Funktionieren
unter gegebenen Bedingungen in einem lokalen
Kontext und in Bezug auf ein Ziel. Evaluation be-
deutet dementsprechend die Bewertung der Lösung
anhand der gesetzten Ziele. In diesem Zusam-
menhang kann in der Pädagogik die Kategorie
Bildung als prägnantes Beispiel für eine nicht wert-
freie normative Setzung im Sinne einer Designwis-
senschaft gesehen werden. Die Pädagogik hat sich in
der Auseinandersetzung um die Modelle der allge-
meinen Didaktik intensiv mit der Frage der Verant-
wortung bei der Definition von Zielen und norma-
tiven Setzungen befasst. Bildung gilt der bildungs-
theoretischen Didaktik als Ziel, auf das sie sich bei
der Planung didaktischer Intervention verpflichtet.
Auch weniger allgemein vereinbarte Ideale stellen Vi-
sionen und normative Setzungen dar, zum Beispiel
individuelle Vorstellungen einer wünschenswerten
Zukunft im eignen Lernumfeld, wobei der Designer
die Verantwortung für die dem Design zugrundelie-
genden Wer te nicht abgeben kann. Auch gesellschaft-
liche Verantwortung wird von Designern diskutiert:
„In den 60ern begannen Designer über die Implika-
tionen ihres Designs für die Gesellschaft nachzu-
denken“ (Wood, 2007, Übersetzung). Deskriptive
(Natur-)Wissenschaft hingegen „hat einen Weg ge-
funden, das Normative auszuschließen“ (Simon,
1969, 4), analysiert die Welt wie sie ist und zielt auf
die Formulierung allgemeiner Gesetzmäßigkeiten und
Regeln, die unabhängig von einzelnen Situationen
und Kontexten universell gültig und wertfrei sind.
Anzumerken ist, dass Simon eine klassische Wissen-
schaftsauffassung vertritt, die sich wie zuvor be-
schrieben, stetig verändert. Knorr-Cetina (2002, 151)
und Latour (2010) anerkennen die Rolle materialer
Artefakte bzw. die materialen Aspekte technischer In-
strumente im Erkenntnisprozess und beschreiben
Praktiken heutiger Wissensarbeit.
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L" M+3E (1 +3 0( .+(/10345/*+,-.(
I$:?&$80%$(/&$(/D3$=8+H/0(1/AN,0(.
Auch Designwissenschaften betreiben Analyse wenn
sie Probleme, für die Lösungen gesucht werden,
identifizieren und beschreiben. Aus der Analyse lässt
sich allerdings die Synthese bzw. aus dem Problem
die Lösung nicht ableiten. Auch greift die Vorstellung
zu kurz, dass eine geschaffene Realität beobachtet
wird. Eher wird durch das Schaffen selbst die Realität
beobachtbar. Cross (1995) spricht von der Ko-Evo-
lution von Problem und Lösung und geht davon aus,
dass die Generierung einer Vielzahl von Lösungsop-
tionen als Mittel verstanden werden kann das
Problem zu analysieren, zu explorieren und zu ver-
stehen. Gestaltung und Synthese ermöglichen das
Problem zu erkennen und zu benennen: „Häufig
zeigt sich, dass der gestalterische Ansatz überhaupt
erst dazu führt, Problemlagen zu erkennen und zu
beschreiben.“ (Stephan, 2009). Ein tieferes Ver-
ständnis des Problems gelingt durch den Entwurf, die
Konzeption und das Testen möglicher Lösungen.
Das Ergebnis (nicht der Start) eines Designpro-
zesses ist demgemäß neben einer Lösung auch das
Verständnis des Problems, also Wissen über den
Problem- und Lösungsraum. Allerdings kann die Be-
schreibung und Lösung des Problems wie es ist nicht
gelingen weil es sich stetig verändert. „Dies bezieht
sich auf Design als projektive Disziplin, welche ver-
sucht, existierende Situationen in bevorzugte zu ver-
wandeln. Wenn das Problem gelöst ist, wird die
Lösung zumeist zum Keim eines neuen Problems.
(...) Kontextualisierte wissenschaftliche Probleme
sind, wie Designprobleme, niemals gelöst.“ (Jonas,
2005).
Problem und Lösung schreiten ko-evolutionär
voran, sie entwickeln sich in und mit ihrem Umfeld
gegenseitig weiter und werden nicht getrennt gefasst,
sondern als Designraum beschrieben. Als Desi-
gnraum wird der Realitätsraum gefasst, in dem sich
Problem, Lösungen und äußere Randbedingungen
gegenseitig bedingen (Burckhardt, 1995). Einen Ein-
fluss auf die Konzeptualisierung des Designraum hat
das Framing: In der Art der Beschreibung des
Problem- und Lösungsraums liegt eine Perspektive.
Bei der Beschreibung des Designraums definiert die
Designerin oder der Designer den Realitätsraum und
die Aspekte die sie oder er für relevant erachtet unter
einer Perspektive, die sie oder er einnimmt und einer
Rahmung, die sie oder er vornimmt. Im Design als
Untersuchung wird der Frame, der in der Praxis
immer gesetzt aber meist implizit bleibt, offengelegt,
um implizite Annahmen aufzudecken und reflek-
tieren zu können. Der Frame bestimmt Forschungs-
frage und Designentscheidungen mit, da Annahmen
in For m einer Frage zu einem Phänomen gestellt
werden können. Das Framing bestimmt, welche
Theorien aktualisiert werden um informierte Desi-
gnentscheidungen zu treffen. Als Beispiel: Eine Bi-
bliothek könnte als Buchabholstation oder als so-
zialer Treffpunkt gefasst werden.
M+3E (1 +3 0( ./ &$(/A+53:/0(1/A+3(;3$<+,,+(/10345/*+,-.(
Obwohl Cross (1995) von der Ko-Evolution von
Problem und Lösung spricht, bedeutet Design nicht
Problemlösung, sondern die Entwicklung und Bereit-
stellung von Handlungsoptionen, die Einfluss auf die
reale Welt nehmen und die, wenn sie genutzt werden,
die Art und Weise wie wir Dinge tun, verändern
können. Im Falle des Lernens und Lehrens mit Tech-
nologien kann die Bereitstellung interaktiver Medien
zur Ver ä nderung von Lehr-/Lern-Prozessen führen.
Die Aneignung, Nutzung und Umnutzung einer in-
novativen Technologie ist Teil des Designprozesses
und schließt diesen erst ab. Carroll (2004) betitelt
dieses produktive Moment menschlicher Tätigkeit als
„completing design in use“. Die Nutzung eines Me-
diums (oder Artefakts im weitesten Sinne) kann Prak-
tiken transformieren ebenso wie die Nutzung das Ar-
tefakt wie es vom Designer intendiert war, verändern
kann. Der Nutzer wird durch die Nutzung zum Mit-
designer. Das an Praktiken orientierte Design nimmt
an, dass die Bedeutung eines Artefakts (eines Pro-
duktes, einer Technologie) nicht im Artefakt selbst
liegt sondern durch die Tätigkeit und Nutzung kon-
stituiert werden (Shove et al. 2007). Die Nutzung von
Technologien transformiert Wissenspraktiken ebenso
wie neu entstehende Wissenspraktiken die Techno-
logien verändern. Medien können die Art und Weise,
wie wir mit Wissen arbeiten verändern, Wissensprak-
tiken also transformieren. Technologien determi-
nieren Nutzungspraktiken nicht – vielmehr gestalten
die entstehenden Nutzungspraktiken die Techno-
logien mit.
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Design umfasst neben logischem Denken Aspekte
wie etwa Kreativität, Intuition, Inspiration, Zufall
(Jonas, 2005). Frühere Sichtweisen verstehen Design
deshalb als oft unbeschreibbare Kunst und den
Designer als geniale Heldenfigur (Cross, 1995) – das
Denken und die Prozesse im Design erscheinen als
wenig systematisierbar. Darüber hinaus ist Design
weder als Begriff noch konzeptionell eindeutig ge-
fasst. Fallman (2003) unterscheidet eine als roman-
tisch bezeichnete Position, die den Kern von Design
als Intuition beschreibt, von einer als konservativ be-
zeichneten Position die Design als angewandte Wis-
senschaft ansieht. Beiden Positionen stehen aktuelle
Ansätze, Denkweisen und Strömungen gegenüber,
die designerisches Denken und Vorgehen methodo-
logisch fundieren und systematisch fassen. Cross
(1995) beschreibt designerische Fähigkeiten als arti-
kulierbar, charakterisierbar, erlernbar und pflegbar.
Ebenso können sie verloren gehen. Gedenryd (1998)
und Lawson (2005) haben ebenfalls zur Entmystifi-
zierung mit der Analyse designerischer Denk- und
Arbeitsweisen beigetragen. Ein ähnliches Spannungs-
verhältnis um vermittelbare Fähigkeiten, sowie um
die Frage des Status von Theorie und Praxis und die
Frage ob Unterrichten Kunst oder Wissenschaft sei,
wurde in der Pädagogik um die 70er Jahre diskutiert.
Heute befassen sich wissenschaftliche Arbeiten
um das Schlagwort Design Thinking entweder mit
individuellen kognitiven Prozessen im Design oder
aber mit kollaborativen Denk- und Handlungsweisen
und einer designerischen Art voranzuschreiten:
„Design steht im Ansatz des Design Thinking nicht
erst am Ende eines Entwicklungsprozesses, sondern
wirkt als zentrales Element bei der strategischen und
operativen Ausrichtung. Gestaltung wird damit zum
enabler der nachfolgende Maßnahmen anstößt.”
(Stephan, 2009). Mit Fokus auf strategische Prozesse
kann Design als Antrieb für eine Lernende Organi-
sation begriffen werden, wobei Design alle Prozesse
in einer Organisation antreiben und zu konzeptio-
neller Originalität führen soll (Shamiyeh, 2010). [ge-
kürzt]
U nt e r Designwissenschaften (engl. „design
studies“) sind Beiträge und Arbeiten zusammenge-
fasst, die sich mit der Rolle des Wissens und der Ent-
stehung von Wissen im Design befassen und wissens-
generierende Momente fundieren. Wen n wir Design
nicht nur als Anwendung bestehenden Wissens aus
deskriptiven Wissenschaften ansehen sondern wis-
sensgenerierend nutzen, so hat dies Konsequenzen
für die Beziehung zwischen Theorie und Praxis, für
Forschung und Design in der Pädagogik sowie für die
wissenschaftstheoretische Fundierung von Design.
Der Prozess der Ko-Evolution von Analyse und
Synthese unter sich gleichzeitig verändernden Kon-
textbedingungen kann als Untersuchungsprozess an-
gelegt werden. Dies setzt voraus, dass der Desi-
gnprozess unbestimmte Momente enthält in welchen
Wissen nicht angewandt, sondern generiert wird.
Diese Momente ermöglichen eine kreative und re-
flektierte Auseinandersetzung mit Undetermi-
niertheit. Um dies zu klären und diese Momente sys-
tematisch zu identifizieren betrachten wir die Fun-
dierung von Designentscheidungen, die Rolle des
Wissens im Designprozess und die Artikulation von
Designwissen aus der Sicht einer allgemeinen Desi-
gntheorie (Goldkuhl, 2004). Um die Technologien
und Medien im Lernprozess ins Blickfeld zu rücken
betrachten wir im nächsten Abschnitt zunächst das
Artefakt, seine Rolle in der objektorientierten Unter-
suchung und seinen Status als Untersuchungsin-
strument.
P" Q3>+R'F>/'8,/ST;$>5+,+/0(1/D3$>$>T;-(./'8,/U(>+3,0:
450(.
Für den Forschungsansatz wie er nach und nach dar-
gelegt wird, ist es notwendig, sich über Rolle und
Status der Technologien und Medien (kurz: Arte-
fakte) sowohl im Lehr-/Lern-Prozess als auch im Un-
tersuchungsprozess klar zu werden. Ein Artefakt hat
im Untersuchungsprozess die Rolle eines epistemi-
schen Artefaktes. Ein Artefakt und sein Einsatz im
Lehr-/Lern-Prozess kann weder induktiv aus den
Anforderungen noch deduktiv aus seiner Theorie ab-
geleitet werden (zum Status von Artefakten in Desi-
gnprozessen, siehe: Models of Design, Coyne, 1988).
Als Beispiel: Die Erkenntnisse deskriptiver Wissen-
schaften aus der Analyse kollaborativer Prozesse im
Lernen stellen keine Handlungsanleitung zur Kon-
zeption oder zum Einsatz von Technologien zur För-
derung kollaborativen Lernens in einem bestimmten
Kontext dar.
Das Artefakt, bzw. eine Aussage über seine Ge-
staltung und angenommene Wirkung in einem lo-
kalen Kontext in Hinblick auf ein Ziel kann im Pla-
nungsprozess als Designhypothese begriffen und als
präskriptive Aussage formuliert werden (siehe Ab-
schnitt 8). Umgangssprachlich ließe sich formulieren:
Was ist das Spezifische der Technologie und wie wird
sich Lernen dadurch verändern – welche Art von
Lernen wird sie befördern? Ausgangspunkt der
Nutzung und des Einsatzes der Technologie sind be-
stehende Nutzungspraktiken. Durch die Bereit-
S"#"$%&'()*&"+,'"$%'-%-")-."$%&'%-"/01"2%*&-34350%-"6$728
stellung des Artefakts können Wissenspraktiken
transformiert werden und unerwartete Nutzungs-
praktiken entstehen. Erst durch den Einsatz des Ar-
tefakts in einem gegebenen Kontext kann die prä-
skriptive Aussage empirisch fundiert werden. In der
Evaluation wird also die tatsächlich entstandene Nut-
zungspraktik in einem lokalen Kontext untersucht
und mit den Annahmen und der Hypothese in Be-
ziehung gesetzt, das heißt designrelevante Phä-
nomene können erklärt werden.
Artefakte stellen Handlungsoptionen bereit, die
eine Transformation eines Lehr-/Lern-Prozesses
oder einer Wissenspraktik anregen können .
Grundlage dieser Sichtweise ist ein Medienbegriff
der Medien als Katalysatoren der Veränderung kultu-
reller Strukturen konzeptioniert (Eisenstein, 1997).
Medien sind Katalysatoren sofern sie in die latente
oder manifeste soziale Vision einer Gruppe oder Ge-
sellschaft passen (Giesecke, 1991). Die Nutzung von
Medien kann Praktiken auf sozialer, epistemischer
und pragmatischer Ebene transformieren (Boedker &
Andresen, 2005).
Eine präskriptive Aussage über das Artefakt und
seine angenommene Nutzung in einem Lehr-/Lern-
prozess stellt zunächst eine Hypothese über den De-
signraum und eine Annahme über ein Problem und
die Wirkung einer Lösung (eine didaktische Inter-
vention, in der die Interaktion mit Technologien eine
Rolle spielt) unter bestimmten Bedingungen (lokaler
Kontext) dar. Die Formulierung einer Designhypo-
these in Form einer präskriptiven Aussage und die
Evaluation der Nutzung des Artefakts bzw. der
Transformation der Wissenspraktik kann als untersu-
chendes Voranschreiten („open-ended inquiry“) be-
zeichnet werden.
Eine Erklärung des Funktionierens der Lösung
kann in wissenschaftlichen Theorien (Lerntheorien,
Theorien zur Kollaboration usw.), technologischen
Theorien, Handlungswissen und Erfahrung fundiert
werden. Dabei wird sie zum Beispiel auf ihre Kon-
sistenz zu theoretischen Konzepten deskriptiver Wis-
senschaften überprüft. Wir schließen dabei in einem
abduktiven Schluss auf die beste Erklärung, da die
Lösung weder deduktiv aus der Theorie noch in-
duktiv aus den erhobenen Anforderungen abgeleitet
werden kann. Zum induktiven, deduktiven und ab-
duktiven Schließen im wissenschaftlichen Arbeiten
findet sich eine ausführliche Erläuterung bei Sha-
miyeh (2010).
Der Design- und Untersuchungsprozess erlaubt
die kontinuierlich tiefere Exploration des Design-
raums. Im Folgenden wird der Design- und Untersu-
chungsprozess genauer beschrieben.
V" *+3/*+,-.(;3$<+,,
*+3/*+,-.(;3$<+,,/-H/W=+3=8-4F
Eine designgetriebene Untersuchung will neben
einem Produkt oder Service (zum Beispiel eine Inter-
vention, Technologie) Wissen und Erkenntnisse über
den Designraum generieren. Die Exploration beste-
hender Praktiken, die Betrachtung von Phänomenen
und Formulierung von Fragen unter einer gewählten
Perspektive (Framing und Re-Framing), das Design
eines Prototypen um zugrundeliegende Annahmen
zu erproben und zu untersuchen (designing a pro-
totype to probe some of the underlying design ass-
umptions), sowie die Erklärung der Wirkungsweise
der Lösung und der Bedingungen unter denen ein ge-
nerativer Mechanismus wirksam wird, sind Teil des
Untersuchungsprozesses im Design.
Design als Untersuchungsprozess anzulegen be-
deutet nicht in der Analyse zu verbleiben, sondern
fragend voranzuschreiten. Die erste Frage entsteht
aus dem Framing. Der gesamte Designprozess stellt
eine wissensgenerierende Exploration des Desi-
gnraums dar. Eine frühe Designfixierung hieße, be-
stehende Annahmen nicht zu hinterfragen, bekannte
Lösungen zu replizieren und sich nicht mehr durch
überraschende Antworten, das Hinterfragen zu
Grunde liegender Annahmen oder ein Re-Framing
auf neue Fragen einzulassen. Der Designraum selbst
kann im Prozess neu definiert werden, zuvor als Rah-
menbedingungen angesehene Faktoren können in die
Intervention integriert und verändert werden.
23'H-(./0(1/7+:23'H-(.
Das Framing bildet den Einstiegspunkt in den unter-
suchenden Designprozess und dient der Abgrenzung
des Designgegenstandes sowie der Bestimmung allge-
meiner Rahmenbedingungen. Jeder Designprozess
basiert auf den expliziten oder impliziten Annahmen
des Designers oder der Designerin über den Gegen-
stand des Designs. Diese Annahmen betreffen einer-
seits die Frage was zu gestalten ist, welche Perspek-
90%" J'3131NJ0:*&%"$M:)-5";0'."%0-5%:%1I1" )-.".0%
T)1I)-5" (%3(?*&1%1" )/".0%" 1?1:P*&40*&%" 2'?-:+3'F
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K%'L%Y%"9%:05-&NJ31&%:%-"+3'/)40%'1=
!
9%:05-%-1;0*<4)-5=">-'%5)-5%-"?):"9%:05-1&%3'0%")-."9%:05-+3':*&)-5#"Z
tiven eingenommen werden können, schließen ande-
rerseits aber auch grundlegende Annahmen darüber
ein, was es beispielsweise bedeutet Mensch zu sein, in
einer Gesellschaft zu leben, zu arbeiten oder zu
lernen (Löwgren & Stolterman, 2007, 10). Entspre-
chende Annahmen bieten wichtige Orientierungs-
und Bezugspunkte im Designprozess da sie einen
Rahmen (Frame) für die Interpretation des Designge-
genstandes bilden. Bleiben entsprechende Annahmen
aber unausgesprochen und somit implizit, kann es zu
Missverständnissen und blinden Flecken bei der wei-
teren Exploration des Designraums kommen.
Framing und Re-Framing generieren zum einen
eine Perspektive auf den Designgegenstand, die zu
originellen und innovativen Lösungen führen kann,
zum anderen reduzieren sie die Komplexität der Un-
tersuchung. Eine Untersuchung in einem situtierten,
lokalen Kontext ist mit der vollen Komplexität der
Realität konfrontiert. Das Framing bildet die Per-
spektive unter der die Frage gestellt und Theorien zur
Formulierung informierter Entscheidung im Design
aktualisiert werden.
?@;8$3'%$(/=+,>+5+(1+3/I$(>+@>+
Im Mittelpunkt einer Exploration bestehender Kon-
texte steht die Untersuchung bestehender Praktiken
und Prozesse und die Entdeckung möglicher Hand-
lungsräume. Neben dem Aufdecken existierender
Abbildung)2:)Der)Designprozess)als)kontinuierliche)Exploration)in)der)voranschreitend)Fragen)gestellt)werden.)Der)Ablauf
ist)iterative)und)nicht)streng)linear.
[\"#"$%&'()*&"+,'"$%'-%-")-."$%&'%-"/01"2%*&-34350%-"6$728
Probleme, kritischer Ereignisse, Spannungsverhält-
nisse, Rahmenbedingungen und Handlungsmuster,
besteht das Ziel dieser Phase der Exploration im Auf-
spüren möglicher Alternativen. Ausgangspunkte
hierfür bieten sowohl bestehende Praktiken wie auch
die Ziele und Visionen der beteiligten Akteure. In
dieser Phase lassen sich Methoden aus den Bereichen
Designforschung und Interaktionsdesign nutzen
(Buxton, 2007, Laurel, 2003, Löwgren & Stolterman,
2007). Ethnographische und phänomenologische An-
sätze eignen sich, Phänomene und Praktiken zu er-
kunden. Am Ende der Exploration steht die Be-
stimmung der Designaufgabe unter einer Frage-
stellung. Die Exploration zeigt kritische Ereignisse
auf, die als Spannungsverhältnis beschrieben und
zum Ausgangspunkt für die Entwurfsphase werden
können. Eine ausbleibende Exploration birgt die
Gefahr, bestehende Annahmen nicht in Frage zu
stellen und wenig originelle Lösungen zu produzieren
- die Synthese könnte bestehende Annahmen unre-
flektiert in das Artefakt, also das Untersuchungsin-
strument, einzubauen („Designfixierung“). Ein Ver -
bleiben in der Analyse wiederum würde die vertiefte
Exploration durch Entwurf verhindern. Auch aus
einer detaillierten Analyse kann kontingente Zukunft
nicht abgeleitet werden. Im Entwurf und der Ent-
wicklung von Produkten, Interventionen, Strategien
und Konzepten (Synthese) werden Entscheidungen
getroffen, die nicht vollständig aus der Analyse be-
gründet werden können. Verständnis des Desi-
gnraums erfordert weiteres Vo ranschreiten im Desi-
gnprozess über die Bereitstellung von Handlungsop-
tionen bis hin zum Verständnis transformierter Nut-
zungspraktiken.
?(>B03R
Der anschließende Entwurf mehrerer alternativer
Lösungsoptionen stellt einen weiteren Schritt zur
tieferen Exploration dar, da jeder Entwurf neue
Fragen zum Verständnis des Problems erzeugt und
erlaubt zugrundeliegende Annahmen der Lösungsop-
tionen zu erkennen, zu hinterfragen und dadurch die
eigene Vision zu schärfen.
D3$>$>T;+(
Dann wird eine vielversprechende Lösungsoption
ausgewählt und prototypisch umgesetzt. Prototypen
sind Repräsentationen bevor das finale Produkt exis-
tiert. Ein Prototyp wird gezielt auf die Beantwortung
einer Fragestellung hin konzipiert, umgesetzt und
eingesetzt, das heißt, die der Lösungsoption zugrun-
deliegende Annahme bzw. Designhypothese sollen
untersucht werden können. Bei ihrer Herstellung
zeigt sich, welche konkreten Designentscheidungen
noch zu treffen sind. Prototypenarten die zur tieferen
Exploration des Designraums geeignet sind wirken
wie Erfahrungssubstitute und Sonden in einem
sozio-kulturellen Kontext. Sie machen die Erfahrung
allen vom Design Betroffenen erlebbar, erlauben die
Beobachtung der Transformation von Praktiken
sowie der Umnutzung des Prototypen durch die ent-
stehende Praktik. Formen sind unter anderen:
▸Storyboards und visuelles Story Telling (Illus-
tration zentraler Handlungsschritte in Form einer
Bildergeschichte),
▸Wireframe-Modelle und Interface-Skizzen (Ab-
bildung der strukturellen und funktionalen Ele-
mente der Benutzeroberfläche, ohne Berücksich-
tigung der graphischen Ausgestaltung),
▸Video Prototypen (Videoaufzeichung von Per-
sonen die mit dem „System“ interagieren und ty-
pische Aufgaben lösen),
▸dynamische Papierprototypen (jedes Blatt Papier
oder Post-It repräsentiert eine Bildschirmseite
oder ein Bildschirmelement. Während die An-
wender so tun, als ob sie mit dem Papierproto-
typen interagieren, wechselt oder ändert die Desi-
gnerin oder der Designer das Papier entsprechend
der „Eingaben“),
▸dynamische digitale Prototypen (das Erschei-
nungsbild und die Funktionalitäten des inten-
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!
Abbildung)3:)Paralyse)durch)Analyse)vs.)Designfixierung
9%:05-%-1;0*<4)-5=">-'%5)-5%-"?):"9%:05-1&%3'0%")-."9%:05-+3':*&)-5#"[[
dierten Systems werden bis zu einem gewissen
Grad in digitaler Form nachgebildet (zum Beispiel
in MS PowerPoint),
▸Bricolage-Prototpen (Simulation intendierter
Funktionalitäten mit Hilfe bereits existierender
Systeme wie EtherPad, BSCW, YahooPipe, Posit-
log bzw. der Re-Kombination dieser Systeme).
Ein Prototyp erlaubt den Beteiligten mit dem vor-
gestellten Artefakt zu interagieren, Erfahrung bei der
Nutzung in einer realistischen Situation zu sammeln
(Preece et al., 2002). Praxisbeispiele für „Erfahrungs-
prototypen“ finden sich bei Buchenau & Suri (2000).
Diesen Schritt des Designprozesses kann man Proto-
typing als Untersuchung nennen. Der Prototyp wird
mit möglichst minimalem Einsatz umgesetzt, gerade
tauglich um eine aus den Annahmen gewonnene Fra-
gestellung zu beantworten. Annahmen und Frage-
stellung werden aus der präskriptiven Aussage gene-
riert (präskriptive Aussagen sind Annahmen über den
Designraum und die Wirkung der Intervention). Bis
zu diesem Schritt im Designprozess existieren aus-
schließlich Hypothesen über die Wirkung der Inter-
vention, die Nutzung des Prototypen im Lehr-/Lern-
prozess und die Transformation der Praktik. Im
Sinne einer Untersuchung sind neben der Designhy-
pothese (siehe letzter Abschnitt) vor und während
der Intervention alternative Hypothesen formu-
lierbar, für die in der Evaluation Belege gesammelt
werden.
?-(,'></0(1/?&'80'%$(
Einsatz und Evaluation stellen den nächsten Schritt
im Untersuchungsprozess dar. Ziel der Evaluation ist
die Prüfung der Designhypothese in einem lokalen
Kontext. Durch Einsatz und Evaluation wird die prä-
skriptive Annahme empirisch fundiert. Je nach Frage-
stellung soll nicht nur die Interaktion mit dem techni-
schen System (operative Ebene), bzw. das Interface
getestet, sondern im weiteren Sinne die Nutzung des
Artefakts und die Transformation der Wissenspraktik
in Erfahrung gebracht werden. Das Funktionieren
der Lösung wird in Bezug auf das gesetzte Ziel ge-
prüft. Die Evaluation vertieft wiederum die Explo-
ration des Designraums und kann das Ergebnis
bringen, dass das Problem ganz andere Facetten hat
oder anders gelagert ist als bisher angenommen. Der
Designprozess kann zum vertieften Verständnis des
Problems oder zu einem Re-Framing des Desi-
gnraums führen. Das Verständnis der entstehenden
Wissens- und Nutzungspraktiken kann außerdem zur
konzeptionellen Innovation im Sinne einer Weiterent-
wicklung oder Neukonzeption von Technologien
führen. Evaluationsmethoden finden sich u.a. bei
Preece et al. (2002) und bei Löwgren und Stolterman
(2007).
X" *+,-.(>5+$3-+/0(1/*+,-.(B-,,+(
Eine allgemeine Designtheorie stellt abstrahiertes
praktisches Wissen über Designaktivitäten und ihre
Fundierung dar. Im Prozess des didaktischen Designs
wird Designwissen generiert und artikuliert. Desi-
gnhypothesen werden in Theorie und Empirie fun-
diert. Abbildung 4 zeigt die allgemeinen Desi-
gntheorie nach Goldkuhl (2004, annotiert). Anhand
dieser wird die Form von Wissen, die in Designpro-
zessen gewonnen wird, einführend dargelegt:
Bei der Planung wird die Designhypothese gene-
riert, die die Form einer präskriptiven Aussage hat.
Zur Formulierung einer Designhypothese lässt sich
die folgende Form nutzen: Wenn, unter den Bedin-
gungen K1, K2, ... Kn, das Artefakt mit seinen spezi-
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?
[!"#"$%&'()*&"+,'"$%'-%-")-."$%&'%-"/01"2%*&-34350%-"6$728
fischen Qualitäten Q1, Q2, ... Qn eingebracht wird,
dann sollte dies das Auftreten des Mechanismus M
unterstützten/zur Folge haben und dadurch zu den
Zuständen/Ereignissen Z1,Z2, ... Zn führen. Die Be-
dingungen, unter denen die Intervention (Einsatz des
Artefakts und pädagogisch-didaktische Maßnahmen)
wirksam werden soll und die Intervention selbst,
können in Form von Faktoren beschrieben werden.
In Erweiterung der allgemeinen Designtheorie von
Goldkuhl (siehe Abb. 4) können auch Erklärungen
für die angenommene Wirksamkeit formuliert
werden: Welcher Mechanismus kann die Transfor-
mation erklären? Vor und auch während der Inter-
vention werden neben der Designhypothese alter-
native Hypothesen gebildet, denn es könnte auch
andere Gründe und Erklärungen für die Transfor-
mation geben: es ist denkbar, dass andere Faktoren
als die Intervention selbst zum Ziel führen.
▸Die empirische Fundierung: Die pädagogische
Planung bzw. der Prototyp kommt in einem lo-
kalen Kontext zum Einsatz. Aktion x’ sowie
Effekt y’ und Kontext z’ können beschrieben
werden. Die entstehenden Nutzungs- und Wissen-
spraktiken können beobachtet werden und die De-
signhypothese kann geprüft werden. Alternative
Hypothesen und Erklärungen können ggf. in der
empirischen Fundierung ausgeschlossen werden.
Die alternativen Hypothesen können bestätigt
werden falls der beobachtete Effekt y’ vom ge-
planten Ziel y abweicht oder falls andere gene-
rative Mechanismen als die angenommenen die
Wirkung besser erklären.
▸Die theoretische Fundierung: Präskriptive und
empirische Aussage werden auf Konsistenz zu ex-
ternen wissenschaftlichen und technologischen
Theorien geprüft. Durch abduktives Schließen
kann ein Schluss auf die beste Erklärung ge-
wonnen werden.
▸Ethische Entscheidungsmöglichkeiten: Der
Designer hat Vera ntwo r tung bezüglich der Vi-
sionen und Wer t e , die seinem Design zugrunde
liegen.
!""#$%&'()*+))!$$(,-,#',).,/#('01,23#,)'451)62$%7&1$)89::*;<)4''20#,30)&'%)=,3>'%,30
9%:05-%-1;0*<4)-5=">-'%5)-5%-"?):"9%:05-1&%3'0%")-."9%:05-+3':*&)-5#"[7
▸Ontologien und Begriffe: In Bezug auf den Ge-
genstandbereich und das Design liegen weitere
Rahmenkonzepte zugrunde, die die Konzeption
beschreibbar machen.
Ergebnis der Untersuchung ist eine Erklärung der
Mechanismen und unter welchen Bedingungen sie
wirksam werden. Die Generierung und Modellierung
von Designwissen kann in allen Phasen des Desi-
gnprozesses stattfinden. Die Artikulation des Desi-
gnwissens, das in Lehr-Lernkontexten generiert wird,
unter Nutzung einer Modellierungssprache, stellt
letztendlich die Beschreibung eines didaktischen Mo-
dells dar.
Y" Z0,'HH+(R',,0(.
Pädagogische Situationen sind offen, komplex, ziel-
orientiert, einem Ziel verpflichtet, situationsge-
bunden, einmalig, unvorhersehbar, inhomogen und
finden unter gegebenen lokalen Bedingungen statt.
Designer entwickeln Strategien und Vorgehens-
weisen, um in solchen Problemlagen Lösungen zu
finden: Designerisches Denken erfordert Kreativität
und produktives Denken um kontingente Lösungen
zu entwickeln, die sich nicht direkt aus einer Analyse
ableiten lassen. Design bedeutet jedoch auch Me-
thoden und Vorgehensweisen, die beschreibbar, sys-
tematisierbar und erlernbar sind, zu nutzen. Dieses
Kapitel entwickelte einen Designansatz zur Lösungs-
findung, das heißt zur Planung eines Lehr-/Lern-Sze-
narien in dem die Interaktion mit Technologien eine
Rolle spielt. Der Designprozess wurde als objektori-
entierte Untersuchung angelegt. Durch die Formu-
lierung von Designhypothesen und Fragen, durch die
Konzeption und Erprobung von Prototypen und die
Erklärung der Veränderung von Wissenspraktiken,
wird Wissensgenerierung durch Design angestrebt.
Die materiale/zeichenhafte Qualität des Artefakts als
Untersuchungsinstrument wird in die Hypothese
(Designhypothese) einbezogen. Pädagoginnen und
Pädagogen sind als Designerinnen und Designer be-
fähigt, konzeptionelle Ideen in die Technologieent-
wicklung einzubringen und mittels Designrepräsenta-
tionen zu formulieren. Zu den Designwissenschaften
kann die Pädagogik in mehrfacher Hinsicht beitragen:
Zum einen kann sie in wissensintensiven Gegen-
standsbereichen durch designgetriebene Prozesse
konzeptionelle Innovation generieren zum anderen
kann sie wissensgenerierende Prozesse im Design
fördern und untersuchen. Sie kann die Entwicklung
didaktischer Modelle als Design anlegen und den
Status von Designwissen wissenschaftstheoretisch
fundieren.
*'(F,'.0(.
Wir danken unseren Studierenden an der FH Oberösterreich,
Studiengang Kommunikation, Wissen, Medien und an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Pädagogik,
Schwerpunkt Medienpädagogik/Bildungsinformatik für die Er-
probung des Ansatzes Design als Wissensgenerierung als For-
schungsansatz und für die Bereitstellung zahlreicher Designre-
präsentationen und Designideen für unsere Untersuchung der
Rolle und materialen/zeichenhaften Qualität von epistemi-
schen Artefakten in Wissensgenerierungsprozessen. Ein Bei-
spiel aus der Praxis von Florian Scheppelmann und Sven Meier
(Sommersemester 2010) kann auf den eigens für dieses Kapitel
bereitgestellten Wikiseiten unter der folgenden Adresse abge-
rufen werden: http://ukzizm-s04.izm.uni-kiel.de/tiki5/tiki-in-
dex.php?page=L3T-Startseite. Für Rückmeldungen auf frühere
Versionen des Textes, die erheblich zur Verbesserung beige-
tragen haben, danke ich den MitarbeiterInnen am Institut für
Pädagogik, Abteilung Medienpädagogik/Bildungsinformatik,
insbesondere Dr. F.-W. Lehmhaus, Dr. W. v. Grone-Lübke und
G. Tanski, StR i.H.
9+->+3RJ53+(1+/ A->+3'>03
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