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[Language Delay: What is the Prognosis of Late Bloomers?]

Authors:

Abstract

Background: 30-50% of late talkers catch-up their language delay during the third year of life. So far it is unclear whether this is a permanent or an illusionary recovery. The aim of the study was to examine the further language development of late bloomers. Method: Language skills of 83 three-year-old children (16 late bloomers [LB], 29 late talkers [LT] with persistent language problems, 38 Non-LT) were assessed with a standardized language test. Before school entry formal language skills, expressive and receptive vocabulary and precursors of written language (verbal memory, phonological awareness, verbal information-processing speed) were assessed. Results: At follow-up before school entry LB scored below Non-LT on phonological memory test. 31% of the LB in contrast to 3% of the Non-LT had slight language problems. 38% had received speech-language therapy. Nevertheless, no LB met the criteria of developmental language disorder. The language skills of LT with persistent language problems remained significantly below the level of LB and Non-LT. Every fourth of these children was language impaired. Conclusion: LB as a group are not at risk for later clinically relevant language disorders. However, their language abilities are often within the lower range of normal variation. Therefore, it is recommended to facilitate their language acquisition either by kindergarten training programs or by parent-directed intervention programs to provide a more stimulating environment. © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York.
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ISSN
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P. Kühn, S. Sachse, W. von Suchodoletz
Sprachentwicklungs-
verzögerung: Was wird aus
Late Bloomern?
DOI 10.1055/s-0035-1547310
Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
0300-8630
213Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus … Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Bibliograe
DOI http://dx.doi.org/
10.1055/s-0035-1547310
Online-Publikation: 3.6.2015
Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
ISSN 0300-8630
Korrespondenzadresse
Dr. Philipp Kühn
Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik, Psychotherapie
kbo-Heckscher Klinikum
Deisenhofener Straße 28
81539 München
Tel.: + 49/89/9999 1154
kuehn_p@web.de
Schlüsselwörter
Sprachentwicklungs-
verzögerung
Spätsprecher
Spätstarter
Prognose
Key words
language delay
late talker
late bloomer
outcome
Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Late
Bloomern?
Language Delay: What is the Prognosis of Late Bloomers?
Autoren P. Kühn
1
, S. Sachse
2
, W. von Suchodoletz
3
Institute
1
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, kbo-Heckscher-Klinikum, München
2
Institut für Psychologie, Pädagogische Hochschule, Heidelberg
3
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität
München, München
Zusammenfassung
Hintergrund: 30–50 % der Spätsprecher (Late
Talker; LT) holen den Sprachentwicklungs-
rückstand bis zum Ende des dritten Lebensjahres
auf (Late Bloomer; LBl). Bislang ist unklar, ob es
sich dabei um eine scheinbare Normalisierung
(illusionary recovery) oder ein dauerhaftes Auf-
holen handelt. Zur Klärung dieser Frage wurde
in der vorliegenden Studie erstmals der weitere
Sprachverlauf bei LBl untersucht.
Methodik: Die sprachlichen Fähigkeiten von
83 dreijährigen Kindern (16 LBl, 29 LT mit per-
sistierenden Sprachauälligkeiten, 38 Nicht-
LT) wurden mit einem Sprachentwicklungstest
(SETK 3–5) erfasst. Eine Nachuntersuchung mit
dem SETK 3–5 erfolgte im Einschulungsalter.
Zusätzlich wurden der aktive und passive Wort-
schatz (AWST-R bzw. MSVK) sowie Vorläuferfer-
tigkeiten für den Schriftspracherwerb (verbale
Merkfähigkeit, phonologische Bewusstheit, ver-
bale Abrufgeschwindigkeit) beurteilt.
Ergebnisse: Im Einschulungsalter unterschie-
den sich LBl von Nicht-LT in der phonologischen
Merkfähigkeit. 31 % der LBl gegenüber 3 % der
N-LT hatten leichtere Sprachschwächen, aber
kein Kind eine Sprachentwicklungsstörung. 38 %
der LBl waren logopädisch behandelt worden.
Die Sprachfähigkeiten und die Vorläuferfertig-
keiten der LT mit persistierenden Sprachauäl-
ligkeiten verblieben bis zum Einschulungsalter
signikant unter dem Niveau der LBl und der
Nicht-LT. Jedes vierte Kind dieser Gruppe hatte
eine Sprachentwicklungsstörung.
Schlussfolgerung: LBl haben kein erhöhtes
Risiko für spätere Sprachstörungen. Ihre sprachli-
chen Fähigkeiten liegen aber häug an der unte-
ren Grenze des Normbereichs. In Anbetracht der
großen Bedeutung von Sprachkompetenz für den
Schulerfolg ist zu empfehlen, dass LBl im Kinder-
garten oder zu Hause gezielt gefördert werden,
z. B. durch eine systematische Anleitung der Be-
zugspersonen zu sprachförderndem Verhalten.
Abstract
Background: 30–50 % of late talkers catch-up
their language delay during the third year of life.
So far it is unclear whether this is a permanent or
an illusionary recovery. The aim of the study was
to examine the further language development of
late bloomers.
Method: Language skills of 83 three-year-old
children (16 late bloomers [LB], 29 late talkers
[LT] with persistent language problems, 38 Non-
LT) were assessed with a standardized language
test. Before school entry formal language skills,
expressive and receptive vocabulary and pre-
cursors of written language (verbal memory,
phonological awareness, verbal informa tion-
processing speed) were assessed.
Results: At follow-up before school entry LB
scored below Non-LT on phonological memory
test. 31 % of the LB in contrast to 3 % of the Non-LT
had slight language problems. 38 % had received
speech-language therapy. Nevertheless, no LB
met the criteria of developmental language dis-
order. The language skills of LT with persistent
language problems remained signicantly below
the level of LB and Non-LT. Every fourth of these
children was language impaired.
Conclusion: LB as a group are not at risk for
later clinically relevant language disorders. Ho-
wever, their language abilities are often within
the lower range of normal variation. Therefore, it
is recommended to facilitate their language
acquisition either by kindergarten training pro-
grams or by parent-directed intervention pro-
grams to provide a more stimulating environment.
Originalarbeit
214 Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Einleitung
Die Variabilität des Spracherwerbs ist erheblich [25]. Bis zu
einem Alter von etwa 1½ Jahren lassen sich umschriebene
Sprachentwicklungsstörungen und Normvarianten des Sprach-
erwerbs nicht voneinander trennen. Sprachentwicklungsverzö-
gerungen sind deshalb, wenn keine weiteren Entwicklungsauf-
fälligkeiten vorliegen, bis zur Vorsorgeuntersuchung U6 (10.–12.
Monat) nicht als Frühsymptom einer späteren Sprachentwick-
lungsstörung anzusehen [23]. Erst mit etwa 2 Jahren, d. h. bei
der U7, lassen sich Kinder mit einem erhöhten Risiko für länger
anhaltende Sprachauälligkeiten erkennen. Als sprachgestört
sind diese Spätsprecher (Late Talker, LT) allerdings nicht anzuse-
hen. Jedes zweite bis dritte der 2-jährigen sprachverzögerten
Kinder holt den Sprachrückstand auch ohne Intervention inner-
halb von 12 Monaten weitgehend auf [5, 20, 24]. Diese Kinder
werden als Spätstarter (Late Bloomer; LBl) bezeichnet [2]. Unklar
ist allerdings, ob ein solches Aufholen von Dauer ist. Möglicher-
weise handelt es sich, wie in den AWMF-Leitlinien zur Diagnos-
tik von Sprachentwicklungsstörungen [2] betont wird, nur um
eine vorübergehende Besserung, die spätere Sprachstörungen
nicht ausschließt (illusionary recovery).
Bisherige Längsschnittstudien mit LT zeigen, dass die Zahl
sprachauälliger Kinder mit zunehmendem Alter abnimmt.
Vollständig gleichen viele LT ihren Sprachrückstand aber nicht
aus. Auch noch im Pubertätsalter haben ehemalige LT im Durch-
schnitt schlechtere sprachliche Fähigkeiten als vergleichbare
Kinder ohne eine primäre Sprachentwicklungsverzögerung
(Übersicht [12, 19]).
Die Frage, wie sich LBl weiter entwickeln und ob diese einer län-
gerfristigen Beobachtung bedürfen, ist bislang ungeklärt. Anga-
ben in der Literatur, dass LBl bis ins spätere Schulalter sprachli-
che Schwächen hätten [2, 19], beruhen auf Längsschnittstudien
bei LT. Diese sprechen dafür, dass LT, bei denen zum Zeitpunkt
der Nachuntersuchung keine Sprachstörung nachweisbar ist,
gegenüber Kindern mit einer altersgerechten Sprachentwick-
lung signikant schlechtere Sprachleistungen haben [17]. Ob der
Sprachrückstand wie bei LBl bis zum Ende des dritten Lebens-
jahres oder aber erst später aufgeholt wurde, geht aus diesen
Studien nicht hervor. Damit bleibt oen, ob LT, bei denen bereits
mit 3 Jahren keine Sprachauälligkeiten mehr nachweisbar sind,
als Risikokinder anzusehen sind.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Informationen über die wei-
tere Sprachentwicklung von Late Bloomern zu erhalten. Geklärt
werden soll, ob die sprachlichen Fähigkeiten dieser Kinder dau-
erhaft im Bereich der normalen Variationsbreite bleiben oder ob
vermehrt mit späteren Sprachstörungen zu rechnen ist und des-
halb regelmäßige Überprüfungen des Sprachentwicklungs-
stands auch bei LBl erforderlich sind.
Kindergruppen und Methoden
Stichprobe
Die Stichprobe bestand aus 83 dreijährigen Kindern: 16 LBl, 29
LT mit persistierenden Sprachauälligkeiten (Persist. LT) und 38
Kinder mit einer primär unauälligen Sprachentwicklung
(Nicht-Late Talker; N-LT). Die Kinder waren Teil einer Längs-
schnittstudie. Zur Rekrutierung der Stichprobe wurde Eltern
von etwa 23 Monate alten Kindern der „Elternfragebogen für die
Früherkennung von Risikokindern – ELFRA-2“ [11] zugeschickt.
Die Adressen wurden dem Geburtsanzeiger einer Zeitung ent-
nommen. Alle einsprachig deutsch aufwachsenden Kinder mit
einem ELFRA-Wortschatz 50 und eine Zufallsstichprobe der
Kinder mit einem größeren Wortschatz (unter Berücksichtigung
der Geschlechtsverteilung bei den LT) wurden zu einer genaue-
ren Untersuchung eingeladen. 56 % der angeschriebenen Eltern
erklärten sich mit einer Teilnahme einverstanden. Kinder, bei
denen aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Verdacht auf
eine Intelligenzminderung (n = 4), auf Hörstörungen (n = 16)
oder sonstige Behinderungen (n = 1) bestand, wurden ausge-
schlossen. Von den 60 LT und 47 N-LT, die bei der Untersuchung
mit 2 Jahren (25 ± 0,5 Monate) die Einschlusskriterien erfüllten,
konnten im Alter von 3 Jahren (37 ± 0,5 Monate) 49 LT und 42
N-LT und im Einschulungsalter (70 ± 0,5 Monate) 45 LT und 38
N-LT (Ausfallquote 25 bzw. 19 %) nachuntersucht werden. Eine
Ausfallsanalyse ergab, dass zwischen den ausgefallenen und den
in der Studie verbliebenen Kindern keine signikanten Unter-
schiede hinsichtlich demograscher oder Sprachvariablen mit 2
Jahren bestanden. Dies spricht gegen eine Verzerrung der Ergeb-
nisse durch den Ausfall einiger Kinder.
Die Untersuchungen wurden jeweils auf 2 Termine verteilt. Bei
der Nachuntersuchung im Einschulungsalter konnten 15 Kinder
nur einen Termin wahrnehmen. Bei ihnen fehlen Daten für die
phonologische Bewusstheit (betrit Tabelle 4). Zur Ausfallsana-
lyse wurden die Ergebnisse der Kinder mit bzw. ohne Untersu-
chung der phonologischen Bewusstheit hinsichtlich der anderen
in diesem Alter erhobenen Variablen (Sprach-, Wortschatz-,
Lautbildungs- und Intelligenztestergebnisse) verglichen. In kei-
nem Bereich waren die Unterschiede signikant (t-Test für un-
abhängige Stichproben, 2-seitig), sodass eine bedeutsame Ver-
zerrung der Ergebnisse in Tabelle 4 durch die Verkleinerung der
Gruppengröße unwahrscheinlich ist.
Untersuchungsinstrumente
Im Alter von 2 Jahren wurde der Sprachentwicklungsstand mit
dem „Sprachentwicklungstest für 2-jährige Kinder – SETK-2“ [9]
eingeschätzt. Der SETK-2 beurteilt mit insgesamt 4 Untertests
die Produktion und das Verstehen von Wörtern und Sätzen.
Außerdem wurden die nonverbalen Fähigkeiten mit den Unter-
tests „Perzeption“ und „Handgeschicklichkeit“ der „Münchner
funktionellen Entwicklungsdiagnostik – MFED“ [13] erfasst und
ein Hörscreening durchgeführt. Wie zu allen Untersuchungs-
zeitpunkten wurden die Eltern gebeten, Anamnese- und Verhal-
tensfragebögen auszufüllen.
Im Alter von 3 Jahren und im Einschulungsalter wurden die for-
malen sprachlichen Leistungen mit dem „Sprachentwicklungs-
test für 3–5-jährige Kinder – SETK 3–5“ [10] und die non-verba-
len Fähigkeiten mit dem „Snijders-Oomen Non-verbaler Intelli-
genztest – SON-R 2½-7“ [26] beurteilt. Der SETK 3–5 besteht aus
den Untertests „Verstehen von Sätzen - VS“ (Sprachverständnis),
„Morphologische Regelbildung - MR“ (Pluralbildung) und „Pho-
nologisches Gedächtnis für Nichtwörter - PGN“ (phonologische
Merkfähigkeit). Zur Beurteilung sprachproduktiver Fähigkeiten
enthält die Version für 3-jährige Kinder zusätzlich den Untertest
„Enkodierung semantischer Relationen - ESR“ (Bildbeschreibung)
und die Version für 4–5-jährige den Subtest „Satzgedächtnis-SG“
(Nachsprechen von grammatikalisch komplexeren Sätzen und
Pseudosätzen). Der Untertest PGN war bei den 3-Jährigen wegen
Aussprachefehlern (phonetisch-phonologische Auälligkeiten)
und/oder einer unzureichenden Mitarbeit häug nicht auswert-
bar und bleibt deshalb in dieser Altersstufe unberücksichtigt.
215Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Im Einschulungsalter wurden zusätzlich Wortschatz, Lautbil-
dungsfähigkeit und Vorläuferfertigkeiten für den Schriftsprach-
erwerb (phonologische Bewusstheit, verbale Merkfähigkeit, ver-
bale Abrufgeschwindigkeit) beurteilt. Der aktive Wortschatz
wurde mit dem „Aktiven Wortschatztest für 3–5-jährige Kinder
– AWST-R“ [15] und der passive Wortschatz mit dem „Marbur-
ger Sprachverständnistest für Kinder – MSVK“ [7] eingeschätzt.
Eine Beurteilung der Lautbildungsfähigkeit erfolgte mit dem
„Lautbildungstest für Vorschulkinder – LBT“ [8]. Die phonologi-
sche Bewusstheit (PB) im weiteren Sinn wurde mit den Unter-
tests „Reimen“ und „Silben-Segmentieren“ und die PB im
engeren Sinn mit den Untertests „Laut-zu-Wort-Vergleich“ und
Laute-Assoziieren“ des „Bielefelder Screenings zur Früherfas-
sung von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten – BISC“ [14]
erfasst. Eine Beurteilung der verbalen Merkfähigkeit erfolgte mit
den Untertests „Wortreihe – WR“ und „Zahlen nachsprechen –
ZN“ der „Kaufman Assessment Battery for Children – K-ABC“
[16] und der verbalen Abrufgeschwindigkeit („Schnelles Benen-
nen“) mit einer Tafel mit in zufälliger Abfolge immer wiederkeh-
renden Bildern von 5 Tieren (Hund, Pferd, Frosch, Fisch, Kuh).
Zuordnung zu den Gruppen
Im Alter von 2 Jahren erfolgte eine Gruppeneinteilung in LT, N-LT
und Grenzfälle. Kinder wurden als LT eingestuft, wenn sie im
ELFRA-2 und im SETK-2 als sprachretardiert auelen (ELFRA-2:
Wortschatz 50; SETK-2: in mindestens einem sprachprodukti-
ven Untertest T-Wert 35, d. h. mindestens Standardabwei-
chungen [SD] unter dem Mittelwert). Kinder, die sowohl im
ELFRA-2 als auch im SETK-2 altersentsprechende Werte erreich-
ten (ELFRA-2-Wortschatz > 80; SETK-2: T-Werte in allen Unter-
tests > 40), wurden der N-LT-Gruppe zugeordnet. Kinder mit
einem ELFRA-Wortschatz von 51–80 oder widersprüchlichen
Ergebnissen im ELFRA-2 und SETK-2 wurden als Grenzfälle
(n = 34) angesehen und bleiben im Folgenden unberücksichtigt.
Bei der Gruppeneinteilung im Alter von 3 Jahren wurden als Per-
sist. LT diejenigen LT eingestuft, die in diesem Alter eine Sprach-
schwäche oder Sprachstörung aufwiesen. Eine Klassikation als
Sprachschwäche erfolgte bei Sprachleistungen mit einem
T-Wert von 36–40 in mindestens einem Untertest des SETK 3–5
(entsprechend 1 bis 1½ SD unter dem Durchschnitt) und als
Sprachstörung bei mindestens einem T-Wert 35 (entspre-
chend SD unter dem Durchschnitt). Als LBl wurden Kinder
klassiziert, die mit drei Jahren in allen Untertests des SETK 3–5
durchschnittlich abschnitten (alle T-Werte > 40). In
▶ 
Tab. 1 sind
wesentliche Merkmale der Kindergruppen zusammengestellt.
Bei der Nachuntersuchung im Einschulungsalter erfolgte die
Gruppeneinteilung – wie im Alter von 3 Jahren – anhand der
Ergebnisse im SETK 3–5 (sprachunauällig: alle T-Werte > 40;
sprachschwach: in mindestens einem Untertest T-Wert 36–40;
sprachgestört: in mindestens einem Untertest T-Wert 35).
Statistische Analysen
Mit multivariaten Varianzanalysen (Statistikprogramm SPSS
Version 19) wurde überprüft, ob Unterschiede zwischen den
Gruppen (N-LT, LBl, Persist. LT) nachweisbar sind und auf welche
Variablen diese Unterschiede zurückzuführen sind. Mittels Post-
Hoc-Tests nach Bonferroni wurden Gruppenunterschiede im
Paarvergleich genauer zugeordnet.
Sprach- u. a. Tests für das Kindergartenalter sind zum Teil unzu-
reichend normiert (kleine, nicht repräsentative Normierungs-
stichproben; breite Altersgruppenbildung usw.). Deshalb
wurden Rohwerte anstelle von Normwerten in die Analysen
eingegeben. Dies war möglich, da die Kinder zu den einzelnen
Untersuchungszeitpunkten fast gleich alt waren.
Ergebnisse
In einem ersten Schritt wurde überprüft, ob sich im Alter von 3
Jahren die sprachlichen Fähigkeiten der Gruppen signikant
voneinander unterschieden. Dabei zeigte sich, dass die Persist.
LT im Sprachtest in allen Untertests die schlechtesten und die
N-LT die besten Sprachleistungen erreichten. Die Werte der LBl
lagen zwischen denen der beiden anderen Gruppen. Eine multi-
variate Varianzanalyse ergab einen signikanten Eekt der
Gruppenzuordnung (Pillai-Spur: F(6,158) = 14,360, Signikanz:
p 0,001). Dies war auch zu erwarten, da die Gruppen nach den
Ergebnissen im SETK 3–5 gebildet worden waren. Durch eine
genauere Aufschlüsselung wurde deutlich, dass signikante
Gruppenunterschiede in allen Untertests des SETK 3–5 bestan-
den und diese vorwiegend durch schlechtere Leistungen der
Persist. LT hervorgerufen waren (
▶ 
Tab. 2).
Zur Beantwortung der Hauptfragestellung nach der weiteren
Sprachentwicklung bei LBl im Vergleich zu der von N-LT und
Persist. LT wurden die sprachlichen Leistungen der 3 Gruppen
im Einschulungsalter miteinander verglichen. In diesem Alter
zeigten sich ähnliche Gruppenunterschiede wie mit 3 Jahren,
allerdings weniger stark ausgeprägt. Die multivariate Varian-
zanalyse unter Einbeziehung aller Sprachvariablen belegte einen
signikanten Gruppeneekt (Pillai-Spur: F(14,150) = 3,601, Sig-
nikanz: p 0,001). Nachfolgende Analysen ergaben, dass sich
die Gruppen auf allen erfassten Sprachdimensionen signikant
unterschieden. Post-Hoc-Tests zeigten, dass die Gruppendie-
renzen überwiegend Ausdruck geringerer Sprachfähigkeiten der
Persist. LT waren. LBl hatten gegenüber N-LT schlechtere Leis-
tungen im Untertest PGN des SETK 3–5 (
▶ 
Tab. 3).
Bei den Vorläuferfertigkeiten für den Schriftspracherwerb waren
in der multivariaten Varianzanalyse gleichfalls signikante
Gruppendierenzen nachweisbar (Pillai-Spur: F(14,120) = 2 949,
Signikanz: p 0,001). Außer in 2 Untertests des BISC unter-
schieden sich die Gruppen durch schwächere Leistungen der
Persist. LT auch auf Einzeltestebene (
▶ 
Tab. 4).
Nicht-Late Talker
(N = 38)
Late Bloomer
(N = 16)
Persistierende Late
Talker (N = 29)
Geschlecht Jungen/Mädchen 58 %/42 % 63 %/37 % 69 %/31 %
Alter in Monaten 37,0 ± 0,7 37,1 ± 0,3 37,1 ± 0,5
Schulabschluss der
Mutter
Hauptschule 11 % 13 % 24 %
Realschule 26 % 6 % 45 %
Abitur 63 % 81 % 31 %
nonverbaler IQ * SON-R 2½–7 107 ± 12 107 ± 14 102 ± 18
* IQ-Bestimmung im Alter von 5 Jahren
Tab. 1 Charakteristika der
Kindergruppen. (Anzahl,
Prozent bzw. Mittelwert und
Standardabweichung).
Originalarbeit
216 Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Um zu klären, ob bei LBl vermehrt mit späteren Sprachstörun-
gen zu rechnen ist, wurde überprüft, wie häug in den einzel-
nen Kindergruppen im Einschulungsalter Sprachauälligkeiten
auftraten. Bei dieser kategorialen Betrachtung wurde deutlich,
dass nicht nur Persist. LT, sondern auch LBl im Vergleich zu N-LT
häuger sprachliche Schwächen hatten (Signikanz im Chi-Qua-
drat-Test bei 2-seitiger Fragestellung, p 0,01). Aber bei keinem
Kind der LBl-Gruppe waren die Sprachauälligkeiten so ausge-
prägt, dass nach den Kriterien der ICD-10 (F80.1 bzw. F80.2) [6]
von einer Sprachentwicklungsstörung auszugehen war. In der
Gruppe der Persist. LT hingegen waren 14 % der Kinder als
sprachschwach und 24 % als sprachgestört anzusehen (
▶ 
Abb. 1).
Auällige Werte im Lautbildungstest hatten 5 % der N-LT, 13 %
der LBl und 28 % der Persist. LT. 55 % der Eltern der Persist. LT und
38 % der LBl gaben an, dass ihr Kind logopädisch behandelt wor-
den war. In der N-LT-Gruppe hatten lediglich 3 % der Kinder eine
logopädische Therapie erhalten.
Tab. 2 Sprachleistungen im Alter von 3 Jahren. (N-LT: Nicht-Late Talker, LBl: Late-Bloomer, Persist. LT: Persistierende Late Talker; Mittelwerte [M] und
Standardabweichungen [SD] der Rohwerte in den Untertests des SETK 3–5; n.s.: nicht signikant; Berechnung mittels multivariater Varianzanalyse).
N-LT
(N = 38)
LBl
(N = 16)
Persist. LT
(N = 29)
Signikanz in der
Varianzanalyse
Signikanz der Gruppenunterschiede
(Post-Hoc, Bonferroni)
M SD M SD M SD F Sign. N-LT vs.
LBl
LBl vs.
Persist. LT
Persist. LT
vs. N-LT
Sprachverständnis (VS) 12,2 3,0 11,1 2,6 7,1 2,5 29,68 < 0,001 n.s. < 0,001 < 0,001
Pluralbildung (MR) 15,7 2,6 14,0 2,6 6,0 4,7 57,04 < 0,001 n.s. < 0,001 < 0,001
Bildbeschreibung (ESR) 3,9 1,3 3,3 1,3 1,7 0,7 44,18 < 0,001 n.s. < 0,001 < 0,001
Tab. 3 Sprachleistungen im Einschulungsalter. (N-LT: Nicht-Late Talker, LBl: Late-Bloomer, Persist. LT: Persistierende Late Talker; Mittelwerte [M] und
Standardabweichungen [SD] der Rohwerte; n.s.: nicht signikant; Berechnung mittels multivariater Varianzanalyse).
N-LT
(N = 38)
LBl
(N = 16)
Persist. LT
(N = 29)
Signikanz in der
Varianz-analyse
Signikanz der Gruppenunter
-
schiede (Post-Hoc, Bonferroni)
M SD M SD M SD F Sign. N-LT
vs. LBl
LBl vs.
Persist. LT
Persist. LT
vs. N-LT
SETK 3–5 Sprachverständnis (VS) 12,8 1,2 12,6 1,5 11,1 2,0 10,53 < 0,001 n.s. < 0,01 < 0,001
Pluralbildung (MR) 28,7 4,8 29,6 3,8 24,2 5,7 8,52 < 0,001 n.s. < 0,01 < 0,01
Sätze nachsprechen (SG) 100,2 18,5 100,5 6,8 90,7 15,5 3,42 < 0,05 n.s. n.s. n.s.
Nichtwörter nachsprechen (PGN) 12,5 2,7 10,3 3,8 8,8 2,6 13,22 < 0,001 < 0,05 n.s. < 0,001
AWST-R aktiver Wortschatz 57,9 9,7 55,9 6,3 45,1 13,6 12,30 < 0,001 n.s. < 0,01 < 0,001
MSVK passiver Wortschatz 16,0 3,5 15,5 2,6 12,6 3,2 9,99 < 0,001 n.s. < 0,05 < 0,001
LBT Lautbildung 16,5 0,9 15,9 1,3 15,4 2,6 3,43 < 0,05 n.s. n.s. < 0,05
Tab. 4 Vorläuferfertigkeiten für den Schriftspracherwerb im Einschulungsalter. (N-LT: Nicht-Late Talker, LBl: Late-Bloomer, Persist. LT: Persistierende Late
Talker; Mittelwerte [M] und Standardabweichungen [SD] der Rohwerte, n.s.: nicht signikant; Berechnung mittels multivariater Varianzanalyse).
N-LT
(N = 33)
LBl
(N = 13)
Persist. LT
(N = 22)
Signikanz in der
Varianzanalyse
Signikanz der Gruppenunter
-
schiede (Post-Hoc, Bonferroni)
M SD M SD M SD F Sign. N-LT
vs. LBl
LBl vs.
Persist. LT
Persist.
LT vs. N-LT
K-ABC Wortreihe (WR) 10,6 2,3 9,3 2,3 7,8 2,4 9,08 < 0,001 n.s. n.s. < 0,001
Zahlen nachsprechen (ZN) 8,6 1,9 8,5 1,8 7,7 2,4 13,17 < 0,001 n.s. < 0,001 < 0,001
schnelles Benennen Zeit in Sekunden 80,6 19,4 86,9 16,8 97,9 19,8 5,38 < 0,01 n.s. n.s. < 0,01
BISC Reimen 9,5 0,9 9,3 0,9 8,3 1,6 7,40 < 0,001 n.s. < 0,05 < 0,001
Silben segmentieren 8,4 1,9 7,4 2,6 8,1 1,7 1,13 n.s. n.s. n.s. n.s.
Laut-zu-Wort-Vergleich 9,7 0,8 9,7 0,5 8,4 1,7 9,41 < 0,001 n.s. < 0,01 < 0,001
Laute-Assoziieren 9,7 0,8 9,9 0,3 9,4 1,0 2,38 n.s. n.s. n.s. n.s.
Nicht-LT
Late Bloomer
Persist. LT
0% 20%40% 60%80% 100%
97
69
62
14
24
31
3
sprachunauff. sprachschwachsprachgestört
Abb. 1 Häugkeit von Sprachauälligkeiten im Einschulungsalter.
217Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Diskussion
Die sprachlichen Fähigkeiten von LT verbessern sich bis zum
Ende des dritten Lebensjahres erheblich und 30–50 % der LT
erreichen bis zu diesem Zeitpunkt Sprachleistungen, die im
Normbereich liegen [19, 24]. In welchen Schritten die normale
Sprachentwicklung verläuft und welche sprachlichen Meilen-
steine in einzelnen Altersstufen erreicht werden, ist z. B. in Leit-
linien ausführlich beschrieben [2]. Die Ergebnisse dieser Studie
verdeutlichen, dass insbesondere Kinder von Müttern mit höhe-
rer Schulbildung den Sprachrückstand aufholen. In der Gruppe
der LBl hatten 81 % der Mütter Abitur, während es in der Gruppe
der Persist. LT nur 31 % waren. Die Studie zeigt des Weiteren,
dass sich die Unterschiede zwischen den sprachlichen Fähigkei-
ten von LT und N-LT auch noch während der Kindergartenzeit
verringern. Eine solche Annäherung der Sprachkompetenzen
entspricht den Erfahrungen aus anderen Längsschnittstudien
[18, 22]. LT verbessern somit ihre sprachlichen Fähigkeiten über
das dritte Lebensjahr hinaus und der Rückstand zu sprachunauf-
fälligen Kindern nimmt im Kindergartenalter weiter ab.
Die Sprachleistungen von LT liegen im Mittel auch noch im Ein-
schulungsalter unter dem Niveau von N-LT. Verminderte Kom-
petenzen sind in zahlreichen Sprachdimensionen wie Gramma-
tik, Semantik und Phonologie nachweisbar. Selbst im Schulalter
erreichen LT, wie in mehreren Längsschnittstudien gezeigt wur-
de, nicht die gleichen Sprachleistungen wie N-LT [3, 21]. Somit
kann als ausreichend belegt angesehen werden, dass viele LT,
auch wenn sie später nicht sprachgestört sind, ihren Sprach-
rückstand nur unvollständig kompensieren und im Vergleich zu
Kindern mit einer altersentsprechenden primären Sprachent-
wicklung längerfristig über geringere sprachliche Kompetenzen
verfügen.
Ob spätere Sprachauälligkeiten bestehen, hängt entscheidend
von der Entwicklung im dritten Lebensjahr ab. Die vorliegenden
Ergebnisse sprechen dafür, dass LT mit bis zum dritten Geburts-
tag persistierenden Sprachauälligkeiten im Einschulungsalter
signikante Einschränkungen in verschiedenen sprachlichen Be-
reichen und Minderleistungen in Vorläuferfertigkeiten für den
Schriftspracherwerb haben. Die Leistungen von LBl hingegen
sind nur gering eingeschränkt. Ob ein LT seinen Sprachrückstand
bis zum Ende des dritten Lebensjahres weitgehend kompensiert
oder nicht, erlaubt somit eine Vorhersage des späteren Sprachni-
veaus. Vergleichbar wurden in einer anderen Studie relativ kon-
stant bleibende Sprachleistungen im späten Kindergarten- und
frühen Schulalter beobachtet. Die Sprachentwicklung von LT
wurde in Abhängigkeit davon verfolgt, ob im Alter von 4½ Jah-
ren Sprachauälligkeiten nachweisbar waren oder nicht. Bei
einer Nachuntersuchung in der fünften Klasse hatten LT mit an-
haltenden Sprachauälligkeiten die schlechtesten und Nicht-LT
die besten Sprachleistungen, während die sprachlichen Fähig-
keiten der LT mit einer Rückbildung der Sprachauälligkeiten
bis zum Alter von 4½ Jahren zwischen denen der beiden ande-
ren Gruppen verblieben [1].
Leichtere Sprachauälligkeiten sind, wie die Ergebnisse zeigen,
auch bei LBl häuger anzutreen. Ihre Sprachkompetenzen
liegen nicht selten im unteren Grenzbereich. Auch nden sich
Minderleistungen in der phonologischen Merkfähigkeit, die als
Marker für eine eingeschränkte Sprachkompetenz gelten [4].
Ähnlich elen die Ergebnisse einer anderen Längsschnittstudie
aus. LT, die auch noch im Alter von 4 Jahren Sprachauälligkei-
ten hatten, hatten mit 5 Jahren im Vergleich zu Nicht-LT signi-
kant geringere Leistungen in der phonologischen Merkfähigkeit.
Die Testergebnisse von LT mit einer Rückbildung der Sprachauf-
fälligkeiten bis zum Alter von 4 Jahren lagen zwischen den Wer-
ten dieser beiden Gruppen [17].
Obwohl in unserer Studie kein LBl eine Sprachentwicklungsstö-
rung entsprechend den Kriterien der ICD-10 [6] hatte, war jeder
dritte LBl logopädisch behandelt worden. Dies ist wohl am ehes-
ten damit zu erklären, dass LBl vorwiegend in Familien mit
einem höheren Bildungsniveau aufwachsen. Es ist anzunehmen,
dass diesen Familien die Bedeutung von Sprachkompetenz für
die schulischen und sozialen Entwicklungschancen bewusst ist
und dass schon leichtere sprachliche Schwächen oder Auällig-
keiten bei der Lautbildung mit Sorge betrachtet werden. Solche
Eltern werden sich frühzeitig und nachdrücklich um eine logo-
pädische Betreuung ihres Kindes bemühen, auch wenn keine
Sprachstörung im klinischen Sinn vorliegt.
Bislang wurde nicht untersucht, ob bei LBl die Rückbildung der
Sprachretardierung während des dritten Lebensjahres nur eine
scheinbare ist und ob in späteren Jahren erneut mit Sprachauf-
fälligkeiten zu rechnen ist [2]. Die Ergebnisse der vorliegenden
Studie scheinen zunächst die Hypothese einer „illusionary reco-
very“ zu stützen, denn im Einschulungsalter hatten 31 % der LBl
eine Sprachschwäche, deutlich mehr als in der Gruppe der N-LT.
Sprachschwächen bei LBl im Einschulungsalter sind neu aufge-
tretene Sprachauälligkeiten, denn laut Denition sind LBl Kin-
der, die im Alter von 3 Jahren weder sprachschwach noch
sprachgestört sind.
Vermutlich handelt es sich aber bei diesem scheinbaren Wieder-
auftreten von Sprachauälligkeiten in der LBl-Gruppe um ein
methodisch bedingtes Artefakt. In der vorliegenden Studie wur-
den als LBl diejenigen LT klassiziert, deren Sprachleistungen im
Alter von 3 Jahren im Sprachtestergebnis oberhalb eines Cut-
Os von 1 SD lagen. Viele der LBl überschritten diesen Cut-O
nur geringfügig. In Anbetracht der Ungenauigkeit der Messung
von Sprachleistungen ist zu erwarten, dass Testergebnisse auch
ohne eine Veränderung der tatsächlichen Sprachfähigkeiten bei
einer Wiederholungsmessung bei einigen Kindern unter dem
Cut-O liegen. Diese Kinder werden dann trotz gleichbleibender
Sprachkompetenzen bei der Nachuntersuchung in die Gruppe
der sprachschwachen Kinder eingeordnet. Für eine solche Inter-
pretation spricht, dass keines der Kinder der LBl-Gruppe ausge-
prägte Sprachauälligkeiten im Sinne einer klinisch relevanten
Sprachstörung hatte. Die Klassikation einiger LBl bei der Wie-
derholungsmessung im Einschulungsalter als sprachschwach ist
somit aus methodischen Gründen zu erwarten und kann nicht
als Beleg für ein Wiederauftreten einer Sprachauälligkeit ange-
sehen werden. Die Aussage, dass die sprachlichen Leistungen
der LBl oenbar längerfristig im unteren Durchschnittsbereich
bzw. leicht darunter verbleiben, wird dadurch allerdings nicht
infrage gestellt.
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sprechen dafür, dass bei
sprachentwicklungsverzögerten Kindern ein weitgehendes Auf-
holen des Rückstands im Verlauf des dritten Lebensjahres als
eine anhaltende Verbesserung der sprachlichen Fähigkeiten zu
bewerten ist. Ein späteres Auftreten einer Sprachentwicklungs-
störung ist nicht zu befürchten. Die schnelle Kompensation der
Sprachverzögerung bei LBl ist somit keine „illusionary recovery“.
Die sprachlichen Fähigkeiten von LBl liegen allerdings oft im Be-
reich der unteren Grenze der normalen Variationsbreite und
Originalarbeit
218 Originalarbeit
Kühn P et al. Sprachentwicklungsverzögerung: Was wird aus Klin Padiatr 2015; 227: 213–218
Schwächen in der phonologischen Merkfähigkeit sprechen für
eine verminderte Sprachkompetenz.
Für die Betreuungspraxis bedeutet dies, dass auf die sprachliche
Entwicklung von LBl während der gesamten Kindergartenzeit
genauer geachtet werden sollte. Sobald Sprachschwächen auf-
fallen, sollte eine gezielte Förderung veranlasst werden. Dazu
eignen sich direkte Ansätze, wie z. B. Sprachförderangebote im
Kindergarten, aber auch indirekte Interventionen, wie eine sys-
tematische Beratung und Anleitung der Bezugspersonen zur
Schaung eines sprachfördernden Umfelds vergleichbar dem
Heidelberger Interaktionstraining.
Stellungnahme zur Autorenschaft
P. Kühn: contribution to study design, acquisition of data, analy-
sis and interpretation of data, revising the manuscript S. Sachse:
contribution to study concept and design, analysis and interpre-
tation of data, revising the manuscript W. v. Suchodoletz: contri-
bution to study concept and design, interpretation of data,
drafting or revising the manuscript.
Interessenkonikt: Die Autoren erklären hiermit, dass kein
Interessenkonikt besteht.
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... Desta forma, a revisão evidenciou a importância de monitorar o desenvolvimento do vocabulário, inclusive pela importante relação para o desenvolvimento de habilidades posteriores, como a decodificação e compreensão leitora (19,25) , bem como as formas de uso dos instrumentos para elaboração desta triagem em questão. Com isso, as habilidades de vocabulário receptivo e expressivo foram escolhidas para compor o instrumento, pois a produção de poucas palavras pode ser um dos principais indicadores de atrasos no desenvolvimento da linguagem (19) , característica que pode ser observada em diagnósticos, como no transtorno do desenvolvimento da linguagem (TDL) (26) , transtorno do espectro do autismo (27) e atraso de linguagem (28) . ...
Article
Full-text available
Objetivo construir um instrumento de triagem do vocabulário para crianças entre 3 e 7 anos de idade. Métodos a etapa 1, de construção do instrumento, consistiu em revisão da literatura nacional e internacional, para verificar os instrumentos utilizados para triagem do vocabulário, por meio de pesquisa nas bases de dados SciELO, LILACS, ERIC e PubMed. Na etapa 2, denominada formulação de itens e manual de uso, foi elaborado um instrumento direcionado para o vocabulário, com a criação de um banco de dados de palavras para crianças de 3 a 7 anos, de acordo com 11 categorias semânticas, em habilidades expressivas e receptivas. Por fim, a etapa 3 consistiu na criação das fichas de aplicação do instrumento. Resultados na primeira etapa do estudo, foram identificados três instrumentos internacionais para triagem do vocabulário. Nenhum instrumento nacional foi encontrado. Quanto à segunda etapa, o banco de dados consistiu em um total de 210 palavras, dentre elas, substantivos, adjetivos e verbos. Na terceira etapa, foram criadas as imagens, manual e folhas de resposta. Conclusão verificou-se escassez de instrumentos de triagem do vocabulário na literatura internacional e nacional. Portanto, foi construído um instrumento de triagem do vocabulário infantil para crianças entre 3 e 7 anos de idade.
Article
Onset of language development begins early and even prenatally. In the first 3 years of life children enter into language development at different levels and show a dramatic development with respect to production and reception. Although language development as such appears to be very robust, developmental language impairments are common and are associated with severe consequences for further child development. Delays in language development can first be identified at the age of 2 years. These can either be the expression of late talking, which is a circumscribed delay in language development or an indication of other disorders and impairments (e.g. cognitive impairments, sensory disorders and disorders from the group of autistic forms). Not all late talkers develop a language impediment disorder as a consequence; however, in individual cases so far only very limited reliable predictions can be made. In addition, early diagnosis is made more difficult because not all children who later develop a circumscribed disorder in language development are already conspicuous at the age of 2 years; therefore, screening at 2 years alone is insufficient.
Article
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Parent-based assessments of vocabulary, grammar, nonverbal ability, and use of language to refer to past and future (displaced reference) were obtained for 8,386 twin children at 2 years of age. Children with 2 year vocabulary scores below the 10th centile were designated the early language delay (ELD) group, and their outcomes at 3 and 4 years were contrasted with the remainder of the sample, the typical language (TL) group. At 3 and 4 years old, children were designated as language impaired if their scores fell below the 15th centile on at least 2 of the 3 parent-provided language measures: vocabulary, grammar, and use of abstract language. At 3 years, 44.1% of the ELD group (as compared to 7.2% of the TL group) met criteria for persistent language difficulties, decreasing slightly to 40.2% at 4 years (as compared to 8.5% of the TL group), consistent with previous reports of frequent spontaneous resolution of delayed language in preschoolers. Although relations between language and nonverbal abilities at 2 years and outcome at 3 and 4 years within the ELD group were highly statistically significant, effect sizes were small, and classification of outcome on the basis of data on 2-year-olds was far too inaccurate to be clinically useful. Children whose language difficulties persisted were not necessarily those with the most severe initial difficulties. Furthermore, measures of parental education and the child's history of ear infections failed to substantially improve the prediction.
Article
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At the beginning the course of language acquisition has a high degree of variability and it is unclear so far, at what age language delay is of clinical relevance. The present study addresses the question whether language skills at the age of 2 years allow prognostic statements and whether children with language delay at this age, are to be considered as children of risk.Starting from birth announcements children of average (n=42), borderline (n=28) and below-average stage of language development (n=50) were recruited. The language skills were assessed at the age of 2 (25+0.6 months) and 3 years (37+0.6 months) using standardized language tests.The correlation between the global stage of language development at the age of 2 and 3 years was strong (rsp=0.78, p<0.001). At 3 years of age one third of the former late talkers reached language abilities within the normal range (late bloomers), one third showed language difficulties and the last third met the criteria of specific language impairment. The risk for language difficulties was increased in these children to the 13-fold. Even the late bloomers scored significantly lower in the language test compared to the control children.From the third year of live language development is relatively stable, and language skills at the age of 2 allow a prediction of the stage of language development one year later. Late talkers are at high risk for persistent language difficulties. A general language screening at the age of 2 years would enable an early identification of children at risk and an early parent-based intervention. © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York.
Article
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Purpose The evidence of a deficit in working memory in specific language impairment (SLI) is of sufficient magnitude to suggest a primary role in developmental language disorder. However, little research has investigated memory in late talkers who recover from their early delay. Drawing on a longitudinal, community sample, this study compared the memory profiles of 3 groups of 5-year-olds: children with SLI who had been identified as late talkers, resolved late talkers (RLTs), and children with typical language development (TLD). Method Participants were 25 children with SLI, 45 RLTs, and 32 children with TLD. Subtests from the Working Memory Test Battery for Children and the Children’s Memory Scale plus recalling sentences and nonword repetition tasks were administered to test the components of Baddeley’s working memory model. Results The SLI group showed significantly poorer performance than the RLT and TLD groups on measures of the phonological loop and episodic buffer. The RLT and TLD groups scored similarly on all memory measures. Conclusions The results support previous findings that sentence recall and nonword repetition are markers of SLI. Although residual effects of late-talking status may emerge over time, RLTs do not necessarily show memory deficits at 5 years of age despite delayed early vocabulary development.
Article
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Toddlers who demonstrate delayed onset and progression of expressive language in conjunction with otherwise age-appropriate development are often referred to as “late talkers.” For speech-language pathologists who provide early identification and intervention of children who are late talkers, the ability to ascertain whether children ultimately recover or go on to experience difficulties throughout their school years into adulthood is of significant interest. This article summarizes criteria for the identification of late talkers based on research to date, and considers outcomes of late talking toddlers in preschool, kindergarten, and beyond.
Article
"Late talkers" is a term used in the scientific field of atypical language development to describe toddlers who exhibit delay in expressive language skills, although they do have intact receptive skills. This article provides an overview of the literature on late talking toddlers. Specifically, it underscores the risk factors for late talking as well as the parenting and individual characteristics of this group of children. It also presents the association between expressive language delay and the behavioral and socio-emotional development of late talkers, and the language outcomes of late talking toddlers at a later point in development. Our review culminates with recommendations and intervention guidelines for clinicians.
Article
Hintergrund: Die Früherkennung sprachentwicklungsgestörter Kinder ist Voraussetzung für eine Frühförderung und damit ein wichtiges klinisches Anliegen. Der „Elternfragebogen für einjährige Kinder: Sprache, Gesten, Feinmotorik - ELFRA-1” ist ein Screening-Instrument, das zur Früherfassung von Sprachentwicklungsstörungen im Rahmen der U6 konzipiert wurde. Ziel der Studie war es, die prognostische Validität dieses Screenings zu überprüfen. Probanden und Methoden: Zur Auswertung lagen 121 ELFRA-1-Bögen vor, die von den Eltern zum Zeitpunkt der U6 ausgefüllt worden waren. Ein Jahr später wurde der Sprachentwicklungsstand der Kinder mit dem ELFRA-2 beurteilt. Ergebnisse: Der ELFRA-1 erreichte bei der Erkennung von „Late talkers” eine Gesamttrefferquote von 63 %. Für die Sensitivität ergab sich ein Wert von 52 % und für die Spezifität von 65 %. Der relative Anstieg der Trefferquote gegenüber der Zufallstrefferquote (RATZ-Index) war mit 23 % eher gering. Als ungünstige Prädiktoren für die Sprachentwicklung von Risikokindern erwiesen sich männliches Geschlecht und ein niedriges Ausbildungsniveau der Mutter. Schlussfolgerungen: Die prognostische Validität des ELFRA-1 erwies sich als unbefriedigend. Mit dem Screening werden zu viele Kinder mit Spracherwerbsstörungen übersehen und Kinder mit altersgerechter Sprachentwicklung als Risikokinder eingestuft. Der ELFRA-1 kann somit nicht zur routinemäßigen Anwendung im Rahmen der U6 empfohlen werden.
Article
Both small-scale and epidemiological longitudinal studies of early language delay indicate that most late talkers attain language scores in the average range by age 5, 6, or 7. However, late talker groups typically obtain significantly lower scores than groups with typical language histories on most language measures into adolescence. These findings support a dimensional account of language delay, whereby late talkers and typically developing peers differ quantitatively on a hypothetical language ability spectrum. Variation in language ability is presumed to derive from variation in skills subserving language, such as auditory perception/processing, word retrieval, verbal working memory, motor planning, phonological discrimination, and grammatical rule learning. Expressive language screening at 18-35 months can serve an important public health function by identifying children whose expressive delay is secondary to autism spectrum disorder, intellectual disability, hearing impairment, receptive language delay, or demographic risk. Finally, the review suggests that demographic risk associated with low SES may become more important as a causal factor in language delay as children get older. © 2013 Wiley Periodicals, Inc. Dev Disabil Res Rev 2011;17:141-150.