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Sexueller Missbrauch in der Katholischen Kirche - Aktuelle Befunde

Authors:
  • Institut für Gerichts- und Kriminalpsychologie, Tübingen, Germany

Abstract

Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit Fakten das kursierende Bild vom „pädophilen katholischen Priester“, der überproportional unter Sexualstraftätern, die Kinder missbrauchen, zu finden sei, tatsächlich stützen. Schließlich existiert bis heute keine offizielle Statistik über geistliche Sexualstraftäter. Weiter gilt es, die Rolle streng hierarchischer Strukturen einer mit großem Einfluss ausgestatteten Organisation, wie die der katholischen Kirche, mit ihrer Forderung nach zölibatärem Ordensleben, bezüglich eines erhöhten Risikos, Sexualstraftäter in ihren Reihen anzutreffen, zu diskutieren. Übt im Ergebnis vielleicht gerade eine rigide Sexualpolitik besondere Anziehungskraft auf pädophil veranlagte Menschen aus oder fördert sie generell sexuelle Übergriffe? Im Fokus des Beitrags stehen die Resultate der bislang größten Studie aus den USA, welche ausführlich das Phänomen des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Priester der katholischen Kirche untersucht. Erstmals stammen die Daten dabei nicht etwa nur aus den Quellen der Ermittlungsbehörden oder der Justiz, sondern in erster Linie aus den Archiven der katholischen Kirche, welche diese zum Zwecke der Untersuchung öffnete.
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leicht gerade eine rigide Sexualpolitik be-
sondere Anziehungskraft auf pädophil
veranlagte Menschen aus oder fördert sie
generell sexuelle Übergriffe? Im Fokus des
nachfolgenden Beitrags stehen die Resul-
tate der bislang größten Studie, die aus-
führlich das Phänomen des Missbrauchs
von Kindern und Jugendlichen durch Pries-
ter der katholischen Kirche untersucht.
Erstmals stammen die Daten dabei nicht
etwa nur aus den Quellen der Ermitt-
lungsbehörden oder der Justiz, sondern in
erster Linie aus den Archiven der katholi-
schen Kirche, welche diese zum Zwecke
der Untersuchung öffnete.
Schlüsselbegriffe
sexueller Missbrauch, Priester, katholische
Kirche, Täterprofil, Tatneigung, Gewalt
URSULA GASCH
Zusammenfassung
Bezüglich des Kindesmissbrauchs er-
scheint der Anteil katholischer Würden-
träger als Täter jedenfalls in der öffentli-
chen Wahrnehmung herausragend. Ein
deutliches Signal setzte in diesem Zusam-
menhang der höchste katholische Wür-
denträger selbst zum Auftakt seines Ame-
rika-Besuchs bereits im April 2008: So hat
sich Papst Benedikt XVI. zur Häufung von
Missbrauchsfällen durch katholische
Priester in den USA »tief beschämt« geäu-
ßert – und hartes Vorgehen gegen Kindes-
missbrauch angekündigt. Für pädophile
Priester sei kein Platz in der katholischen
Kirche. Es stellt sich die Frage, ob und in-
wieweit Fakten das Bild vom »pädophilen
katholischen Priester«, der überproportio-
nal unter Sexualstraftätern, die Kinder
missbrauchen, zu finden sei, tatsächlich
stützen. Schließlich existiert bis heute
keine offizielle Statistik über geistliche
Sexualstraftäter. Weiter gilt es, die Rolle
streng hierarchischer Strukturen einer mit
großem Einfluss ausgestatteten Organisa-
tion, wie die der katholischen Kirche, mit
ihrer Forderung nach zölibatärem Ordens-
leben, bezüglich eines erhöhten Risikos,
Sexualstraftäter in ihren Reihen anzutref-
fen, zu diskutieren. Übt im Ergebnis viel-
Sexueller Missbrauch in der
katholischen Kirche
Aktuelle Befunde
Kindesmissbrauch durch
katholische Priester
Seit dem Jahr 2002 erschüttert das
Publikwerden einer Reihe von Miss-
brauchsfällen durch katholische
Priester in den USA die Kirche. Al-
lein in Boston wurden mehr als 500
Geistliche beschuldigt, in den ver-
gangenen 60 Jahren Kinder miss-
braucht zu haben. Im Jahr 2003 hatte
die Kirche 85 Millionen Dollar be-
zahlt, um Klagen im Rahmen soge-
nannter »Schlichtungen« abzuwen-
den. Die Summe von 398 Millionen
Dollar musste die katholische Kirche
in den USA im Jahr 2006 für Pro-
zesskosten, Wiedergutmachung und
Therapien wegen sexuellen Miss-
brauchs von Kindern ausgeben. Ein
kalifornisches Gericht genehmigte
im Juli 2007 die Zahlung einer Re-
kordentschädigung von 600 Millio-
nen Dollar der Erzdiözese an ca. 500
Opfer sexuellen Missbrauchs durch
Geistliche. Die umfassende Studie
des amerikanischen Kriminalitäts-
forschungsinstituts John Jay College
of Criminal Justice (2004, 2006) im
Auftrag der katholischen Bischofs-
konferenz ergab, dass zwischen
1950 und 2002 knapp 4400 US-
Eingegangen: 19. 02. 2010
Angenommen: 10. 03. 2010
SEXUELLER MISSBRAUCH IN DER
KATHOLISCHEN KIRCHE
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entstammen die Hochrechnungen
auf die Gesamtbevölkerung der Be-
obachtung von Stichproben derer,
die wegen einschlägiger Delikte
rechtskräftig verurteilt wurden bzw.
entsprechenden Anzeigen durch Ge-
schädigte. Dabei ist sich die Fach-
welt einig, dass es sich bei den ange-
zeigten und verurteilten Sexualstraf-
tätern nur um einen Bruchteil aller
Sexualstraftäter handelt, zumal Se-
xualstraftaten die vergleichsweise
geringste Anzeigerate aufweisen
(Schwind 2008, John Jay College
2004). Insofern bieten polizeiliche
Kriminalstatistiken sowie Verurtei-
lungszahlen lediglich ein vages Ab-
bild der objektiven Realität im Hin-
blick auf das tatsächliche Ausmaß
der Verbreitung von Sexualdelikten
sowie die Anzahl der Täter.
ohne Berücksichtigung der Dunkel-
ziffer auf wenigstens 1000 geschätzt.
Der Psychotherapeut Wunibald Mül-
ler, der Priestern Therapiehilfe an-
bietet, äußerte im Jahr 2002, dass er
die Zahl der in deutschen Gemein-
den tätigen und pädophil veranlag-
ten Priester auf etwa 300 Priester
schätze (Müller 2002).
Polizeiliche Kriminalstatis-
tik und sexueller Miss-
brauch von Kindern in der
öffentlichen Wahrnehmung
Es ist so gut wie unmöglich, sich ein
Bild über das tatsächliche Ausmaß
von Sexualstraftaten, deren Opfer
Kinder sind, in der allgemeinen Po-
pulation zu machen (John Jay Col-
lege 2004, 2006). Für gewöhnlich
amerikanische Priester mindestens
11 000 Kinder und Jugendliche sexu-
ell missbraucht hatten. Etwa 4 % der
in diesem Zeitraum tätigen katholi-
schen Kleriker in den USA wurden
nach dieser Studie zum Sexualver-
brecher. Rechtskräftig verurteilt
wurden davon nur 138 Priester.
Dieser Umstand ist wesentlich auch
auf die zwischen Kirche und Opfer
geschlossenen Vergleiche zurückzu-
führen. Die Catholic League for Reli-
gious and Civil Rights führte im Jahr
2004 eine Literaturrecherche durch
und kam zu dem Ergebnis, dass sich
die Zahl missbrauchender Priester
zwischen 1 % und 1,8 % bewegt (vgl.
Terry 2008).
Natürlich handelt es sich beim
Missbrauch von Kindern durch Geist-
liche nicht um ein auf die USA be-
schränktes Phänomen. So wurde z. B.
bekannt, dass allein ein einzelner
Pfarrer in Weiden in 45 Fällen Kinder
sexuell missbraucht hatte. In Erman-
gelung des Vorliegens einer offizi-
ellen Statistik sammelte der Filme-
macher Thomas Leif für eine Do-
kumentation des Südwestfunks im
Jahr 2002 die Zahl der Missbrauchs-
fälle in den 27 deutschen Bistümern.
Leider antwortete nur die Hälfte der
angeschriebenen Bistümer, sodass
man der für die letzten 30 Jahre ein-
geräumten Zahl von 47 Missbrauchs-
fällen kaum Aussagekraft beimessen
kann. Die katholische Kirche käme
nach Aussage von Peter Wensierski
in dem Bericht des Nachrichtenma-
gazins SPIEGEL »Vertuschen und
Versetzen« aus dem Jahr 2002 hier zu
Lande in Not, wenn die Opfer wie in
den USA Interessengemeinschaften
bilden würden. Von 1972 bis heute
wird die Zahl der von Kirchenmitar-
beitern sexuell missbrauchten Opfer
LAIF: The NewYorkTimes/Redux
Pressekonferenz der katholischen Bischöfe beim National Press Club in Washington am
27. 02. 2004, wo die Ergebnisse zweier Studien vorgestellt wurden. Danach leidet die katholische
Kirche unter einer Epidemie sexuellen Kindesmissbrauchs, welche in den letzten 52 Jahren 4 %
ihrer Priester betraf.
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Obgleich die polizeiliche Kriminal-
statistik PKS in Deutschland für die
letzten Jahre keinen deutlichen An-
stieg der Sexualdelikte, deren Opfer
Kinder sind, zeigt, sind das Interesse
und die Aufmerksamkeit der Bevöl-
kerung an dieser Deliktsgruppe
stellung und Verbreitung bizarren
bis gefährlichen Gedankengutes er-
öffnen (vgl. Schwind 2008).
Bei dem sexuellen Missbrauch von
Kindern handelt es sich um einen
Deliktsbereich, über dessen absolute
Zahlen nur spekuliert werden kann.
Fiedler vom Psycho-
logischen Institut in
Heidelberg nennt im
Unterschied zu den
tatsächlich zur An-
zeige gebrachten Fäl-
len eine bis zu 30-mal
höhere Dunkelziffer.
Ein Grund dafür ist
die Tatsache, dass
Opfer sexuellen Miss-
brauchs in der Regel
erst Jahrzehnte nach
der Tat in der Lage sind, über ihre
Missbrauchserfahrungen zu berich-
ten. Erst allmählich entwickelt sich
ein gesellschaftliches Klima, das es
den Opfern ermöglicht, ihr Schwei-
gen zu brechen. Bei Durchsicht der
in den letzten Jahren durchgeführ-
ten Studien zur Häufigkeit sexuellen
Missbrauchs von Kindern ergibt sich
eine Zahl im Bereich von 3 % bis
30 % für Mädchen und von 2 % bis
20 % bei den Jungen. Berner geht
sogar davon aus, dass 7 % bis 50 %
aller Mädchen und 5 % bis 30 % aller
Jungen in der Allgemeinbevölke-
rung eine Missbrauchserfahrung in
ihrer Kindheit machen (vgl. Hell-
mann 2004).
Die »Nature and
Scope-Study of Child Abuse
by Priests«
Der sexuelle Missbrauch von Kin-
dern durch Angehörige des katholi-
schen Klerus ist lediglich Teil des
Gesamtproblems in der Bevölke-
rung. Die Nature and Scope-Study of
Child Abuse by Priests (John Jay
College 2004, 2006) ermöglicht dank
einer umfangreichen Datenbasis
zum Themenfeld sexuellen Kindes-
missbrauchs, in deren Mittelpunkt
die Gruppe der katholischen Geistli-
chen als Täter steht, einen bislang
einzigartigen Einblick. Bis zum Jahr
2002 wurde dieses Phänomen kaum
empirisch untersucht und die Be-
funde waren aufgrund der zumeist
geringen Stichprobengröße und Pro-
bandenauswahl bedingt aussage-
kräftig. So handelte es sich bislang
meist um rechtskräftig verurteilte,
inhaftierte Täter oder klinische Po-
pulationen, die untersucht wurden.
Im Rahmen der Nature and Scope-
Studie wurden Daten im Hinblick
auf Opfer, Täter, Tatbegehung sowie
die Struktur aller 195 Diözesen in
den USA betreffend die Jahre von
1950 bis 2002 einbezogen. Um das
Projekt zeitnah umsetzen zu können,
suchten die Untersucher nicht selbst
die einzelnen Diözesen auf, sondern
erhoben die Daten mittels Fragebö-
gen bei den einzelnen Diözesen und
Kirchengemeinden, welche ihrer-
seits durch die Bischofskonferenz
von der Studie informiert und zur
Kooperation mit dem Forschungs-
team angehalten wurden. Aufgabe
der kirchlichen Mitarbeiter war es,
die Fragebögen anhand der in den
Archiven vorhandenen Dokumente
auszufüllen. Das Fragebogeninstru-
mentarium setzte sich dabei wie
folgt zusammen:
Mittels dem aus 10 Fragen beste-
henden »Diocesan Profile-Survey«
galt es, sich ein Bild über die jewei-
lige Struktur einer Diözese, aber
auch einschlägige Anschuldi gun-
gen gegen Priester, zu verschaffen.
Der sexuelle Missbrauch von
Kindern durch Angehörige des
katholischen Klerus ist lediglich
Teil des Gesamtproblems in der
Bevölkerung.
deutlich gewachsen. Die öffentliche
Wahrnehmung ist nicht zuletzt ein
Resultat der Tatsache, dass die Me-
dien im Rahmen der Kriminalitäts-
berichterstattung dramatisch und
verzerrt informieren. Insbesondere
findet eine Fixierung auf Sexual- und
Gewalttaten statt (vgl. Schwind
2008). Der Anteil der Gewaltkrimi-
nalität, der um ca. 3 % liegt, macht in
der medialen Presseberichterstat-
tung 50 % und mehr aus. Diese Art
der Berichterstattung hat aber auch
bereits mit der Selektion der Polizei-
pressestelle im schriftlichen Presse-
bericht zu tun. Schäfer (2002) beo-
bachtete, dass die Polizei die Presse
eher über Gewaltdelikte als über an-
dere Straftaten informiert. Die Dikta-
tur der Quote führt letztlich auch zu
einer Aktualisierung der Kriminali-
tätsfurcht, der Überschätzung von
Kriminalitätsphänomenen und un-
terstützt mitunter gerade die Anlie-
gen mancher Gewalttäter, denen die
Medien eine Plattform zur Selbstdar-
SEXUELLER MISSBRAUCH IN DER
KATHOLISCHEN KIRCHE
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Von Interesse war daneben die
Reaktion der Kirche auf ein Vor-
kommnis.
Der zweite Fragebogen »The
Cleric Survey« enthält insgesamt
35 Fragen und gibt Aufschluss über
die Geistlichen, gegen die Anschul-
digungen wegen Missbrauch von
Kindern in den Kirchenauf zeich-
nungen dokumentiert waren. Er-
fasst wurden beispielsweise das
Alter des Priesters zum Tatzeit-
punkt, der Zeitpunkt seiner Ordi-
nation, die Dauer von der Ordi-
nation bis zum ersten Übergriff,
Anzahl und Art der Ämter des
Priesters, ob er selbst als Kind
Missbrauchsopfer war oder psychi-
sche- oder Suchtprobleme hatte.
Der aus insgesamt 54 Fragen be-
stehende dritte Fragebogen »Vic-
tim Survey« widmete sich der
Informationen über die Opfer ein-
schlägiger Vorkommnisse. Hier
wurde auch die Täter-Opfer-Be-
ziehung erfasst.
Zusätzlich wurden mittels »Inci-
dent Surveys« tatbezogene Daten
bezüglich der Übergriffe erfasst.
In die Stichprobe wurden somit – un-
abhängig von einer polizeilichen
Anzeige durch die Opfer und auch
unabhängig von einer möglichen
Verurteilung eines Angeschuldigten
durch ein Gericht – Probanden mit-
einbezogen.
Ergebnisse der »Nature and Scope-
Study of Child Abuse by Priests«
An der Untersuchung beteiligten
sich 97 % aller US-amerikanischen
Diözesen. Im Ergebnis lagen 6700
ernst zu nehmende Anschuldigun-
gen gegen 4392 Priester durch 10 667
Opfer vor, was 4 % aller im Zeitraum
zwischen 1950 und 2002 tätigen
Priester entspricht.1 Die Miss-
brauchsraten über alle Diözesen hin-
weg erwiesen sich als konstant in
einem Bereich zwischen 3 % und 6 %
liegend – unabhängig von deren
Größe oder finanzieller Ausstattung.
Wegen der Verjährungsfristen
konnten nur wenige Fälle strafrecht-
lich verfolgt werden. Bis gegen Ende
des Jahres 2002 wurden insgesamt
640 Priester wegen des Missbrauchs-
vorwurfs bei der Polizei bekannt,
was 14 % aller Priester entspricht,
gegen die es Anschuldigungen gab.
Davon wurden 226 katholische
Priester strafrechtlich verfolgt. Ver-
urteilt wurden 3 % der beschuldig-
ten Geistlichen, was 138 Priestern
entspricht. Gefängnisstrafen erhiel-
ten 2 % der beschuldigten Priester.
Bezüglich der Anzahl der Beschul-
digungen durch Geschädigte ergab
sich folgendes Bild:
bei 753 Priestern (davon konsumier-
ten 89 % Alkohol und 3 % Drogen)
vor. Weitere, als »andere Probleme«
in der Studie erfasste Daten, betra-
fen insgesamt 1400 Geistliche. In ei-
ner sexuellen Beziehung befanden
sich 376 Priester, Probleme mit der
geistigen Gesundheit gab es bei 214
Geistlichen und anhängige Strafver-
fahren gegen 559 Priester.
Durchschnittlich versahen die Tä-
ter beim ersten Missbrauch bereits
11 Jahre lang ihr Amt. Täter, die zwi-
schen 10 und 19 Opfer hatten, be-
gannen nach 4 Jahren im Amt mit
dem sexuellen Missbrauch von Kin-
dern. Täter mit mehr als 20 Opfern
missbrauchten bereits im gleichen
Jahr ihrer Ordination Kinder. Nur 96
Täter, was 2 % der erfassten Priester
entspricht, wurden dabei als pädo-
phil klassifiziert. Als pädophil einge-
ordnet wurden Täter mit zwei oder
mehr Opfern, die beim ersten Miss-
brauch nicht älter als zehn Jahre alt
waren. Und gerade diese Täter-
gruppe begann mit den Tathandlun-
gen durchschnittlich 16 Jahre nach
Amtsantritt. Als ephebophil wurden
474 Täter klassifiziert. Das Kriterium
der Ephebophilie erfüllten Täter, die
zwei oder mehr männliche Opfer
hatten, deren Alter beim ersten
Missbrauch mindestens 13 Jahre alt
war.
Dabei waren bereits 149 Priester
mit über 10 Beschuldigungen für
2960 Opfer verantwortlich, was 26 %
aller Opfer entspricht. Täter, denen
nur eine Tat zur Last gelegt wurde,
missbrauchten eher Mädchen zwi-
schen 15 und 17 Jahren, während
Mehrfachtäter (44 % der Täter; n =
1916) meist Jungen missbrauchten.
Die Opferzahl erreichte bei einem
Täter das Maximum von 159 miss-
1 Weitere mögliche 3000 Opfer machten
selbst keine formalen Angaben; z. B. im
Falle des Missbrauchs von Zwillingen be-
richtete nur eine Person von dem
Missbrauch.
Eine Beschuldigung 55,7 %
2 oder 3 Beschuldigungen 26,4 %
4 bis 9 Beschuldigungen 17,8 %
über 10 Beschuldigungen 5,8 %
Das Alter der geistlichen Täter ran-
gierte zwischen 18 und 90 Jahren,
wobei sie in 40 % aller Fälle zwi-
schen 30 und 39 Jahre alt waren.
Zum Zeitpunkt der ersten Tat hatten
die Täter ein Durchschnittsalter von
38,9 Jahren. Dafür, selbst Miss-
brauchsopfer gewesen zu sein, gibt
es bei 6,8 % der Geistlichen Hin-
weise (279 Priester, von denen 178
sexuellen Missbrauch erlitten – Tä-
ter waren zumeist die eigenen Väter
oder Priester). Hinweise für den
Missbrauch von Substanzen liegen
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brauchten Kindern. Von den Mehr-
fachtätern2 hatten 70,6 % (n = 2963)
ausschließlich männliche Opfer. 855
Personen missbrauchten Kinder, die
in Alter und Geschlecht variierten,
während 693 Täter ihrer Alters- und
Geschlechterpräferenz beim Opfer
treu blieben. Sexuellen Missbrauch
durch verschiedene Priester erlebt
zu haben, gaben 5,4 % aller Opfer
an. Die Opfercharakteristik ergab,
dass die Opfer in 81 % der Fälle
männlich und in 42 % aller Fälle
Jungen zwischen 11 und 14 Jahren
waren. Durchschnittlich waren die
Opfer 12,8 Jahre alt. Ein deutlicher
Zusammenhang besteht zwischen
Anzahl, Geschlecht und Alter der
Opfer: Je mehr Opfer ein Täter hatte,
umso jünger waren diese und umso
höher lag der Anteil männlicher Op-
fer. Die Dauer des Missbrauchs er-
streckte sich bei 31 % der Täter bis
zu einem Jahr. Die Opferzahl ran-
giert bei dieser Gruppe zwischen 1
bis 9 Opfern. Durchschnittlich miss-
brauchten die Täter über eine Zeit-
spanne von 5 Jahren Opfer. Die ma-
ximale Missbrauchszeitspanne lag
bei 41 Jahren.
Im Hinblick auf den Konsum por-
nografischen Materials ergab sich,
dass 3,35 % der Priester ihren Op-
fern pornografisches Material zeig-
ten. Knapp 4 % der Täter fertigte Fo-
tos von ihren Opfern an.
Bezüglich der Missbrauchshand-
lungen ergaben sich folgende 20 Va-
rianten, welche allerdings durch
spezielle paraphile Verhaltensmus-
ter wie insbesondere sadomasochis-
tische Praktiken zu ergänzen sind:
siehe Tabelle Seite 7.
Tatort war in 41 % der Fälle die
Wohnung des Geistlichen und in
16 % die Kirche selbst. Der Miss-
brauch ereignete sich in 12 % der
Fälle beim Opfer zu Hause und in je-
weils 10 % aller Fälle in einem Feri-
enhaus, der Schule oder im Auto des
Priesters. Bedroht wurde das Opfer
in 7,8 % der Fälle (meist spirituelle
Manipulation), während in 25 % der
Fälle die Täter mittels Geschenken
und dem Gewähren von Vorteilen
die Gunst der Opfer zu erhalten
suchten. Die Vorteile bestanden in
den meisten Fällen in der Überlas-
sung von Alkohol, Drogen und Geld,
der Erlaubnis, über Nacht in der
Wohnung des Geistlichen zu bleiben
sowie besondere Sport- und Freizeit-
angebote.
Die Reaktion der Kirche auf Miss-
brauchsvorwürfe gegen ihre Wür-
denträger variierte. In 72 % der Fälle
(6696), von denen die Kirche zwi-
schen 1950 und 2002 Kenntnis er-
hielt, fanden innerkirchliche Unter-
suchungen statt. Von diesen An-
schuldigungen wurden 80 % als
substanziiert erachtet. Als falsch er-
wiesen sich 1,5 der Anschuldigun-
gen und als unsubstanziiert wurden
18 % der Vorwürfe eingestuft. Insge-
samt 298 Priester verloren ihre Ordi-
nation. Die Statistik für diese Pries-
ter ist in der Nature and Scope-Stu-
die allerdings nicht enthalten, da für
diese Personen (aus nicht genannten
Gründen) keine Fragebogenerfas-
sung stattfand. Fast 40 % der über
4000 Priester, gegen die Miss-
brauchsvorwürfe erhoben wurden,
erhielten Behandlungen und ca.
45 % wurden für den Fall einer als
substanziiert eingestuften Anschul-
digung suspendiert. Die kirchlichen
Aufzeichnungen belegen, dass 1627
Priester infolge eines Missbrauchs-
vorwurfs beraten oder psychologisch
bzw. psychotherapeutisch behan -
delt wurden. Unabhängig von der
Schwere der Tat(en), nahmen Pries-
ter mit mehr als einer Anschuldi-
Der von Reverend Shanley sexuell missbrauchte Gregory Ford verlässt eine Pressekonferenz in
Boston, in deren Rahmen sein Anwalt Dokumente vorlegte, welche belegten, dass die Kirchen-
leitung von dem Missbrauch wusste und den Reverend schützte.
2 In diese Berechnung flossen nur solche
Daten ein, die bezüglich Täter- und
Opfervariablen komplett vorlagen.
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KATHOLISCHEN KIRCHE
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gung eher an Behandlungsprogram-
men teil. Dabei reichte die Palette
der durchgeführten Interventionen
von spiritueller Beratung (13,8 %)
und Psychotherapie (25,3 %) bis hin
zu einem speziellen Behandlungs-
programm für geistliche Sexualstraf-
täter (41 %) und Rückfallpräventi-
onstraining (10,4 %). Dabei erhielten
die Priester meist verschiedene For-
men der Behandlung gleichzeitig
oder konsekutiv.
Katholische Kirche – ein
attraktiver Lebensraum für
(potenzielle) Täter?
Nachfolgende Ausführungen be-
schäftigen sich mit der Frage, ob die
Strukturen der katholischen Kirche
diese zu einem attraktiven Lebens-
raum für (potenzielle) Sexualstraf-
täter, die Kinder missbrauchen, ma-
chen könnten. Erhöht ein etwaiger
Zusammenhang zwischen religiöser
Orientierung sowie Struktur der ka-
tholischen Kirche mit der Forderung
nach Zölibat die Wahrscheinlichkeit,
Täter in den Reihen der katholischen
Kirche anzutreffen?
Restriktive Sexualpolitik und
Zölibat – Ursache für sexuelle
Übergriffe auf Kinder?
Erfahrungsgemäß werden von pädo-
philen Tätern meist bestehende Ver-
trauens- und Abhängigkeitsverhält-
nisse, insbesondere die Beziehung
und Nähe zu den Familien, aber
auch das eklatante Machtgefälle
(Erwachsener – Kind) zum Opfer in
subtiler Weise ausgenutzt – es be-
darf daher keiner offenen Gewalt,
um die Opfer gefügig zu machen
und sich ihr Schweigen zu sichern.
Die strukturellen Gegebenheiten
der mit Autorität, Macht und Anse-
hen ausgestatteten Institution bieten
insofern Tätern bzw. Tatgeneigten
relativ einfachen und risikoarmen
Zugang zur bevorzugten Opfer-
gruppe.
Die Frage, ob die gängige Sexual-
politik der Kirche erst dazu führt,
dass Männer Kinder sexuell miss-
brauchen, bezieht sich auf einen
möglichen Zusammenhang der per-
sönlichen bzw. psychosexuellen Ent-
wicklung von Priestern vor dem Hin-
tergrund der Forderung nach zöli-
batärem Leben in der katholischen
Kirche. Sie resultiert insbesondere
aus der Beobachtung, dass offenbar
ein nur geringer Prozentsatz der Tä-
ter pädophil veranlagt ist.
Zölibat bedeutet, dass man sich im
vollen Bewusstsein der geschlecht-
lichen Ausübung seiner Sexualität
»entschließt« und auf die Ehe ver-
zichtet. Natürlich gibt es unter dem
Priesternachwuchs Personen, wel-
che dieses Amt gerade in der Hoff-
nung antreten, sich niemals mit ihrer
Sexualität auseinanderzusetzen. Die
zölibatäre Lebensform begünstigt
diese Tendenz insofern zumindest.
Legen wir psychosexuelle Ent-
wicklung, Sexualität und sexuelle
Aktivität als notwendige Teilkompo-
nenten im Gesamtentwurf von Per-
sönlichkeit zugrunde, besteht kaum
Zweifel daran, dass ein Unterdrü-
cken sexueller Aspekte im Leben ei-
nes Menschen in der Regel zu Defor-
mationen und Abweichungen führt.
Beobachtungen im Zusammenhang
mit Einsamkeit und Isolationseffek-
ten belegen beispielsweise regelmä-
ßig, dass Inhaftierung über einen
längeren Zeitraum zu einem hohen
Aggressionspotenzial und auch von
der bislang präferierten sexuellen
Ausrichtung abweichendem Sexual-
Tabelle 1: Missbrauchshandlungen katholischer Priester, die Kinder sexuell missbrauchen
Missbrauchshandlung Fälle in %
Anfassen unter der Kleidung des Opfers 57,25
Anfassen über der Kleidung des Opfers 56,80
Entkleiden des Opfers 27,46
Oralsex durch Geistlichen 27,30
Versuch oder Vollendung der Penetration mit Penis 25,07
Unspezifischer sexueller Missbrauch 22,71
Geistlicher entkleidet sich 21,54
Verbaler Missbrauch 19,43
Oralsex durch Opfer 18,38
Gegenseitige Masturbation 18,19
Anfassen unter Kleidung des Priesters 17,33
Anfassen des Priesters über der Kleidung 15,26
Masturbation 14,59
Quelle: Terry (2008) Stained Glass. The Nature and scope of child sexual abuse in the catholic church (S. 561).
Die Ergebnisse der Tabelle basieren auf einem Mehrfachantwortverfahren. Eine Person kann daher durchaus während eines
Vorfalls in mehrere Missbrauchshandlungen involviert gewesen sein.
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verhalten führen kann. So stellte
schon Kinsey (1948) fest, dass unter
Bedingungen, die zu sozialer Isola-
tion oder Einsamkeit führen, Ersatz-
handlungen zu beobachten sind, die
sich in sexueller Aktivität mit von
der eigentlichen Präferenz abwei-
chenden Partnern oder Aktivitäten
niederschlagen. Dies kann auch in
Form sexuellen Kindesmissbrauchs
stattfinden (vgl. Langevin 2000,
2003).
Nun kann man entgegnen, dass
sich Priester den Verzicht doch frei-
willig und bewusst auferlegen. Re-
gelmäßig bringt diese Entscheidung
aber mittel- oder langfristig doch
auch massive Probleme mit sich – ins-
besondere kämpfen viele Priester er-
fahrungsgemäß mit dem Gefühl der
Einsamkeit und der Hoffnung, diese
durch die »Zwiesprache« mit Gott
überwinden zu können. Dies gelingt
nicht allen (vgl. Hasenhüttl 2002; vgl.
Cozzens 2003). Zum einen gibt es
Priester, die sich als Reaktion für ein
(heimliches) Doppelleben entschei-
den, parallel in einer Beziehung le-
ben und sogar Kinder haben. Andere
üben sich weiter in Enthaltsamkeit
und begnügen sich mit ihren Fan-
tasien. Wieder andere entwickeln
infolge eines hohen Leidensdruck
erzeugenden Isolationszustandes pa-
thologische Effekte – dazu können
neben eskalierenden Gewaltfanta-
sien auch impulsive Übergriffe sexu-
eller Natur auf leicht zugängliche
Opfer zählen.
In den letzten Jahrzehnten fand
eine enorme gesellschaftliche Ent-
tabuisierung der Sexualität statt,
was sich in der Veränderung der Ge-
setze und Rechtsprechung nieder-
schlägt. Seit die Opferrechte zuneh-
mend Stärkung erfahren, wagen
Polizeiliche Kriminalstatistik oder
gar Verurteilungszahlen Eingang
fanden, da sie längst verjährt sind
oder nie einem Beamten berichtet
wurden. So bezogen sich die An-
schuldigungen in 75 % der Fälle auf
den Zeitraum von 1960 bis 1984.
Entgegen dem in der öffentlichen
Wahrnehmung herrschenden Ste-
reotyp des »pädophilen Priesters,
der Kinder missbraucht« war ein nur
geringer Anteil pädophiler Priester
(2 %) unter den Tätern zu finden. Es
handelt sich beim sexuellen Kindes-
missbrauch deutlich um ein eher he-
terosexuelle Männer betreffendes
Problem.
Dieser Befund deckt sich mit inter-
nationalen Ergebnissen (vgl. Beier
1995; Brunnhuber 2008; Tallon &
Terry 2008; Smallbone & Wortley
2004). Laut Berner vom Hamburger
Institut für Sexualforschung gehen
aktuelle Schätzungen davon aus,
dass bis zu 5 % der Männer zu Tä-
tern werden (Hellmann 2004). Über
die Zahl pädophiler Menschen in
der Allgemeinbevölkerung existie-
ren ebenfalls keine zuverlässigen
Zahlen. Briere (1989) schätzt, dass
bei etwa einem Prozent aller er-
wachsenen Männer eine primärpä-
dophile Ausrichtung vorliegt.
Ob sich gerade innerhalb der
katholischen Priesterschaft ein über-
proportional hoher Anteil von Män-
nern befindet, der Kinder miss-
braucht, kann nur beantwortet wer-
den, sofern taugliche Vergleichs-
möglichkeiten vorliegen. Ein Ver-
gleich wäre unter der Voraussetzung
möglich, dass es eine entsprechend
der vorliegenden Studie durchge-
führte Untersuchung bezüglich sexu-
ellen Kindesmissbrauchs z. B. durch
Vertreter anderer Berufsgruppen,
sich Menschen aus ihrer Isolation,
um zu berichten, was ihnen angetan
wurde. Hingegen trug gerade der
bislang innerhalb der Kirche vor-
herrschende durch Verdrängung
und Verleugnung geprägte Stil im
Umgang mit dem Thema Sexualität
an sich und der Problematik sexuel-
len Missbrauchs insbesondere dazu
bei, dass sich Täter relativ unbehel-
ligt hinter dem Schutz kirchlicher
Strukturen verstecken konnten. Ein
Zitat des ehemaligen St. Pöltener Bi-
schofs Kurt Krenn im Zusammen-
hang mit dem Fall Groër3 (Laun
1998) unterstreicht einen in der Kir-
che offensichtlich lange Zeit verbrei-
teten Grundtenor, der Missbrauchs-
opfer zu Mittätern stempelt und
ihnen so Schuld zuweist: »Ich glaube
nicht, dass jemand in etwas invol-
viert ist, ohne auch selber ein Sünder
zu sein«.
Diskussion
Erstmalig liefert die Nature and
Scope-Studie aus den USA umfas-
send Zahlen im Zusammenhang mit
sexuellem Kindesmissbrauch für die
Gruppe der katholischen Geistli-
chen, indem sie die über einen Zeit-
raum von 52 Jahren vorliegenden
kircheninternen Daten über Täter,
Opfer und Tathandlungen systema-
tisch aufbereitet. Darunter befinden
sich somit auch Angaben über De-
likte, welche niemals in die offizielle
3 Am 27. März 1995 erhob im Nachrichten-
magazin »profil« (Ausgabe 13/95) ein ehe-
maliger Schüler Groërs schwere Vorwürfe
wegen seinerzeitigen Missbrauchs von
Kindern gegen den Kardinal. Dieser hüllte
sich darauf in Schweigen, trat jedoch als
Vorsitzender der Bischofskonferenz am 6.
April 1995 zurück.
SEXUELLER MISSBRAUCH IN DER
KATHOLISCHEN KIRCHE
TRAUMA & GEWALT 4. Jahrgang Heft 2/2010 101
wie beispielsweise Lehrer, gibt. Bis-
herige Untersuchungen stammen je-
doch zumeist aus der Population be-
reits inhaftierter Straftäter bzw. kli-
nischer Populationen. Die Nature
and Scope-Studie, deren Datenbasis
(erstmals!) aus kirchlichen Archiven
stammt, zeigt auf, wie gering die
Aussagekraft offizieller Zahlen, also
der polizeilichen Kriminalstatistiken
und Verurteilungszahlen, ist. Diese
spiegeln lediglich das geringe Anzei-
geverhalten der Opfer in dieser De-
liktssparte bzw. deren Bereitschaft
zum Vergleich mit der Kirche wider.
Kriminalstatistiken dürfen nicht als
Realitätsstatistiken gehandelt wer-
den (vgl. Göppinger 2008). Vor dem
Hintergrund der hohen Unzuverläs-
sigkeit der statistischen Abbilder des
tatsächlichen Kriminalitätsgesche-
hens in Form von An zeigen und Ver-
urteilungszahlen wäre es methodisch
bedenklich, eine Aussage bezüglich
dem Aufkommen Kinder sexuell
missbrauchender Täter in der katho-
lischen Kirche im Vergleich zur son-
stigen Population zu machen. Die
Vermutung liegt nahe, dass Anzeige-
und Verurteilungszahlen nur den
Gipfel des Phänomens abbilden.
Auch die Aussage Berners, wonach
der Anteil missbrauchender Männer
in der Gesamtpopulation auf 5 % ge-
schätzt wird, bietet einen nur unzu-
reichenden Anhaltspunkt, um einen
vertretbaren Schluss zuzulassen.
Die Studie zeigt neben den Ge-
meinsamkeiten mit »gewöhnlichen«
Sexualstraftätern auch deutlich die
Besonderheiten der Gruppe geistli-
cher Täter, die Kinder sexuell miss-
brauchen, auf. Erstaunlicherweise
finden wir mit 81 % männlichen Op-
fern eine Umkehrung des sonstigen
für sexuellen Kindesmissbrauchs üb-
lichen Geschlechterverhältnisses der
Opfer.4 Erstaunlich scheint, dass
nur 2 % aller in Erscheinung getrete-
nen geistlichen Kindesmissbraucher
als pädophil einzustufen waren. Es
ist hier anzumerken, dass die Einstu-
fung nicht streng nach klinischen
Kriterien erfolgte, sondern nach äu-
ßeren Kriterien wie der Anzahl und
dem Alter der jeweiligen Opfer beim
ersten Missbrauch. In der »Diag-
nose« wurde nur ein Teil der klini-
schen Kriterien erfasst. So verlangt
DSM-IV-TR (Saß, Wittchen, Zaudig
2003) wiederkehrende intensiv se-
xuell erregende Fantasien oder se-
xuell dranghafte Bedürfnisse, die
sexuelle Handlungen mit einem
präpubertären Kind oder Kindern,
die 13 Jahre oder jünger sind, bein-
halten. Allerdings war die Erfassung
intrapsychischer Vorgänge im Hin-
blick auf die mitunter lange zurück-
liegende Sachverhaltserfassung in-
nerhalb der einzelnen Diözesen und
mitunter unvollständigen Angaben
in den Akten auch kaum möglich. Es
wurden Daten von über 50 Jahren
anhand vorliegender Register er-
fasst, wobei sich die Modalitäten der
Erfassung in den Registern über die
Zeit veränderten – es fehlten in vie-
len Fällen Angaben zum psychi-
schen Status der Geistlichen. Inso-
fern bietet die von den Untersuchern
gewählte Methode zur Feststellung
pädophiler Neigungen anhand äu-
ßerer Kriterien noch die beste Vari-
ante der Feststellung – mit der Folge,
dass die Zahl von 2 % den tatsäch-
lichen Anteil pädophil veranlagter
Täter unter den Kindesmissbrau-
chern eher unterrepräsentiert. Dies
4 David Finkelhor et al. fanden in einer
Metaanalyse aus dem Jahr 1998 heraus,
dass etwa 13 % aller Jungen und zwischen
30 und 40 % aller Mädchen Opfer sexuellen
Missbrauchs werden.
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WISSENSCHAFT
TRAUMA & GEWALT 4. Jahrgang Heft 2/2010
102
zu können, könnte in diesem Zusam-
menhang eine wichtige Rolle spie-
len. Auch diejenigen, welche sich in
sehr jungen Jahren für den Weg zum
Priesteramt entscheiden, verfügen
selten über genügend Reife und Le-
benserfahrung, um die Tragweite
ihrer Entscheidung auch im Hinblick
auf ihre weitere persönliche Reifung
absehen zu können. Gefordert ist
hier die innerkirchliche Auseinan-
dersetzung mit der aus der zöliba-
tären Lebensform möglichen resul-
tierenden Problematik der Überfor-
derung und Entwicklung abwei-
chender Persönlichkeitsstrukturen
sowie (sexueller) Verhaltensmuster
bereits während der Ausbildung der
Priesteramtskandidaten und insbe-
sondere im Verlauf der Amtszeit.
Es besteht die Gefahr, dass die ka-
tholische Kirche anziehend auf Se-
xualstraftäter wirkt – gerade auch
vor dem Hintergrund der Zurückhal-
tung der Kirche im Umgang mit dem
Thema Sexualität und sexuellem
Missbrauch, da dies ein Faktor ist,
welcher die Gefahr der Entdeckung
und der Entlarvung minimiert. Der
mögliche Zugang zur präferierten
Opfergruppe ist außerdem optimal.
Der Befund, dass ein Bruchteil der
Täter (ca. 5 %) für einen Großteil
(26 %), noch dazu sehr junger Opfer,
verantwortlich ist, zeigt, dass es Tä-
ter gibt, welche ungehemmt von
den Strukturen profitieren. Trost und
Vergebung suchen viele Täter dann
nicht selten eben in ihrer Religion.
Fazit
Die Ausgangsfrage bezog sich auf
das in der Öffentlichkeit herrschende
Stereotyp vom »pädophilen katholi-
schen Priester«, der überproportional
unter Sexualstraftätern, die Kinder
missbrauchen, zu finden sei. Die Er-
gebnisse der Nature and Scope-Stu-
die sprechen gegen diese Annahme
und zeigen auf, dass es sich bei den
Priestern, die Kinder sexuell miss-
brauchen, um einen vergleichsweise
kleinen Anteil von Personen mit pä-
dophilem Profil handelt. Die Taten
scheinen vielmehr Ausdruck einer
Überforderungsproblematik und der
Entwicklung abweichender Persön-
lichkeitsstrukturen so wie (sexueller)
Verhaltensmuster vor dem Hinter-
grund einer zunehmenden Isolati-
onstendenz im Verlauf der Amtszeit
der missbrauchenden Priester zu
sein. Wie auch bei Tätern außerhalb
des Klerus steht bei der Tatbegehung
die Ausnutzung eines vorhandenen
Macht- und Kompetenzgefälles von
den Tätern zur eigenen sexuellen Sti-
mulation in einer günstigen Situation
im Vordergrund.
Ein bislang innerhalb der Kirche
noch immer überwiegend durch
Verdrängung und Verleugnung ge-
prägter Stil im Umgang mit dem
Thema Sexualität und der Problema-
tik sexuellen Missbrauchs durch
geistliche Würdenträger trägt insbe-
sondere dazu bei, dass sich Täter re-
lativ unbehelligt hinter dem Schutz
kirchlicher Strukturen verstecken
bzw. von diesen Strukturen profitie-
ren können. Dafür spricht unter an-
derem die Tatsache, dass trotz den in
den Archiven dokumentierten An-
schuldigungen gegen knapp 4400
Priester im Laufe von 52 Jahren nur
14 % der Polizei überhaupt bekannt
wurden. Mit anderen Worten wurde
gegen 86 % potenzieller Täter, ge-
gen die ein ernsthafter Missbrauchs-
vorwurf durch die Kirche sogar
doku mentiert wurde, nicht einmal
polizeilich ermittelt. Die Modalitäten
spiegelt aber dennoch die auch bei
nicht dem Klerus zugehörigen Sexu-
alstraftätern zu beobachtende Ten-
denz, dass das Tatmotiv in den
wenigsten Fällen auf pädophile Nei-
gungen zurückzuführen ist. Im Hin-
blick auf die Missbrauchsmotivation
spricht der Befund für die Annahme
dafür, dass für diese Tätergruppe die
Surrogatfunktion des Kindes, aber
möglicherweise auch andere psychi-
sche Störungen im Vordergrund
stehen. Die Studie kommt auch zu
dem Ergebnis, dass Missbrauchs-
handlungen an Opfern oft mit sado-
masochistischen Elementen gepaart
auftrat. Dieser Befund spiegelt
in ter nationale Ergebnisse zur Tatbe-
gehung bei sexuellem Missbrauch
von Kindern durch Priester wider
(vgl. Hanson 2003).
Pädophil veranlagte Täter begin-
gen ihre erste Tat nach durchschnitt-
lich 16 Jahren im Amt. Die Tatsache,
dass die Täter im Allgemeinen viel
früher, nämlich schon nach durch-
schnittlich 11 Jahren im Amt erstmals
ein Kind sexuell missbrauchten, legt
nahe, dass in vielen Fällen zumindest
auch mit der Amtszeit einherge-
hende Faktoren und Entwicklungen
ursächlich für eine fatale Entwick-
lung der Person des Geistlichen,
der – unabhängig von seiner sexuel-
len Präferenz – zum Täter wird, sind.
Die Ausführungen zeigen auf, in-
wiefern im Ergebnis eine rigide Se-
xualpolitik und die Forderung nach
zölibatärem Leben ein im Ergebnis
dem Isolationseffekt vergleichbarer
»Zünder« für sexuell deviantes Ver-
halten sein können. Die Motivation
für die Wahl des Priesteramtes, bei-
spielsweise gerade durch diese Be-
rufswahl der Auseinandersetzung
mit der eigenen Sexualität entfliehen
SEXUELLER MISSBRAUCH IN DER
KATHOLISCHEN KIRCHE
TRAUMA & GEWALT 4. Jahrgang Heft 2/2010 103
der Durchführung der Nature and
Scope-Studie machen ein wachsen-
des Interesse der Kirche an Fakten
zum Thema sexueller Kindesmiss-
brauch durch katholische Geistliche
offensichtlich. Erst auf der Basis wis-
senschaftlicher Auseinandersetzung
kann Missständen effektiv begegnet
und auch präventiv gehandelt wer-
den. In Ermangelung von weiteren
Studien, die sich unabhängig von
der juristischen Ahndung mit dieser
Tätergruppe auseinandersetzt, wäre
es dringend geboten, weitere Unter-
suchungen in der Art der Nature and
Scope-Studie z. B. für andere Popu-
lationen sowie auch für deutsche
Verhältnisse durchzuführen.
Leider erntet die kritische und ins-
besondere kriminalistische Ausei-
nandersetzung mit Themen, die im
Zusammenhang mit dem Klerus ste-
hen, selbst unter Wissenschaftlern oft
betretenes Schweigen bis Ableh-
nung. Umso erstaunlicher und umso
mehr zu würdigen ist der Schritt der
Kirche selbst, ihre Archive zum Zwe-
cke der Forschung und Veröffentli-
chung der Resultate zu öffnen. Ge-
rade hier wurde ein bedeutender
Beitrag zur Erhellung eines der bis-
lang schwerst zu durchdringenden
Dunkelfelder geleistet. Es ist im Hin-
blick auf einen nachhaltigen und
effek tiven Opferschutz an der Zeit,
einer bisweilen missverstandenen
Ehrfurcht, welche Täter schützt, die
Stirn zu bieten und bislang auch tat-
geneigten Personen Möglichkeiten
und Auswege aufzuzeigen. Bei der
Verfolgung von Missbrauchsfällen
spielen nach wie vor zu viele Tabus
eine Rolle, geprägt durch die Angst
vor möglichem Gesichtsverlust auch
einzelner Würdenträger der Insti-
tution Kirche. Wünschenswert sind
fortgesetzte Bemühungen zur wei-
teren Erhellung des Dunkelfeldes.
Daneben gilt es, auf eine uneinge-
schränkte Kooperation mit den Straf-
verfolgungsbehörden hinzuwirken.
Dabei zeigt das Beispiel der Nature
and Scope-Studie aus den USA, dass
die Zeit offensichtlich reif dafür ist
und die Protagonisten bereit sind für
eine sachliche Auseinandersetzung
mit dem Phänomen des sexuellen
Kindesmissbrauchs durch Priester.
Sexual Abuse in the Catholic
Church
Summary
In the public eye at least, the number of
Catholic dignitaries involved in child ab-
use appears to be disproportionately
large. In this connection, the supreme Ca-
tholic dignitary made a clear statement at
the outset of his visit to America in April
2008. Pope Benedict XVI announced that
he was »deeply ashamed« at the accumu-
lation of cases of abuse by Catholic priests
in the United States and announced rigo-
rous measures to combat this phenome-
non. Pedophile priests, he said, had no
place in the Catholic Church. The question
arises whether and to what extent the
facts of the matter substantiate the
image of the »pedophile Catholic priest«
and confirm the disproportionate inci-
dence of such cases among the total num-
ber of sexual offences involving children.
After all, there are as yet no official statis-
tics on clerical miscreants of this kind.
Another point urgently in need of discus-
sion is the role played by the strict hierar-
chical structures of the Catholic Church
and its celibacy requirements in connec-
tion with the above-average risk of en-
countering sexual offenders in its ranks.
Is it ultimately conceivable that a rigid se-
xual policy of this kind may exert a special
attraction on men with pedophile
leanings or generally pave the way for
Kontaktadresse
Dr. rer. soc. Ursula Gasch
Privates Institut für Kriminalpsycho-
logie
Fürststr. 17
72072 Tübingen
Tel.: 07071-255509
mail@dr-gasch.de
www.dr-gasch.de
Ursula Gasch ist Diplom-Psycho-
login und Kriminologin, Fachpsy-
chologin für Klinische Psychologie
und Psychotherapie BDP sowie
Notfallpsychologin BDP. Sie leitet
das Private Institut für Kriminal-
psychologie in Tübingen.
Tätigkeiten u. a. als forensisch-
psychologische Sachverständige,
Dozentin an der Deutschen
Psychologen Akademie und
Beraterin für verschiedene
Institutionen. Mitglied der GPTG.
Zur Person
sexual assaults? The article focuses on the
outcome of the largest study so far to exa-
mine in detail abuse of children and ado-
lescents by priests of the Catholic Church.
For the first time, the data stem not only
from police or court records but for the
most part from the archives of the Catho-
lic Church, which has made them availa-
ble for investigation purposes.
Keywords
sexual abuse, priests, Catholic Church,
perpetrator profile, proclivity, violence
WISSENSCHAFT
TRAUMA & GEWALT 4. Jahrgang Heft 2/2010
104
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Literatur
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Article
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It is a common belief that priests who sexually abused minors specialized in victim type, particularly in regard to age and gender. The Nature and Scope study showed that 81% of the victims of sexual abuse by priests were male, and more than half the sample was aged 11 to 14 years. However, a closer analysis of victim type shows that only 693 of the 4,392 priests with sexual abuse allegations “specialized,” or abused multiple victims of the same gender and age. Few studies compare child sexual abusers who are versatile in their victim choice and those who sexually abuse a particular type of victim. Findings here indicate that priests who were versatile in their choice of victim differed from specialists in that they had more victims over a longer period of time, more grooming behavior, and an earlier onset of abusive behavior. There are also differences among various specialist groups in regard to age of onset and duration of abusive behavior.
Article
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This article presents the results of the Nature and Scope of Child Sexual Abuse by Catholic Priests from 1950 to 2002. Ninety-seven percent of dioceses (representing 99% of diocesan priests) and 64% of religious communities (representing 83% of religious priests) responded to the request for data. Findings showed that 4,392 priests (4%) had allegations of abuse, 10,667 victims made allegations, and the Church paid (at the time surveys were completed) $572.5 million for legal and treatment fees and as compensation to the victims (more than $1.3 billion to date). The study also provided information on the circumstances of the abuse (e.g., types of sexual acts, location, duration), the offenders (e.g., year of ordination, age, ministry duties, other behavioral problems), the victims (e.g., age and gender, family situation), and the dioceses (e.g., differences in abuse rates by region and population size). Importance of these results for policy and practice is discussed.
Article
Full-text available
A survey was administered to 193 male undergraduate students regarding their sexual interest in children, as well as their responses to a number of questions theoretically relevant to pedophilia. In total, 21% of subjects reported sexual attraction to some small children, 9% described sexual fantasies involving children, 5% admitted to having masturbated to such fantasies, and 7% indicated some likelihood of having sex with a child if they could avoid detection and punishment. These sexual interests were associated with negative early sexual experiences, masturbation to pornography, self-reported likelihood of raping a woman, frequent sex partners, sexual conflicts, and attitudes supportive of sexual dominance over women. The data did not, however, support clinical theories regarding sexual repression or impulse-control problems among potential pedophiles.
Article
Obwohl Polizeipressestellen seit den 70er-Jahren existieren, gibt es bisher kaum Analysen der polizeilichen Pressearbeit. Dabei kommt der Polizeipressestelle zumindest für die lokale Berichterstattung über Kriminalität ein Monopol als Nachrichtenquelle zu, da sie über den unmittelbaren Zugang zu Informationen über Kriminalität verfügt. Anhand von Ergebnissen einer Inhaltsanalyse von Polizeipresseinformationen zeigt der vorliegende Beitrag, dass die Polizeipressestelle die Medienberichterstattung über Kriminalität weitgehend vorwegnimmt. Dies betrifft vor allem die zeitliche Verteilung der Informationen (Berichterstattung in Wellen) und die Struktur der Delikte. Im Vergleich mit der Polizeilichen Kriminalstatistik fallen hier erhebliche Verzerrungen auf, die sich tendenziell ebenfalls auf den Umgang mit Informationen bezüglich der Tatverdächtigen erstrecken, auch wenn der Persönlichkeitsschutz der Beteiligten insgesamt (Tatverdächtige und Opfer) eingehalten wird.
Article
The goal of this study was to determine if cleric-sex offenders differed significantly from other sex offenders when compared to a control group and assessed with standard instruments that examine the major factors important in sexual offenses. Twenty-four male clerics accused of sexual offenses were compared to 24 male sex offender controls, matched on offense type, age, education, and marital status. Both groups were compared to a general sample of sex offenders (n = 2125) matched only for offense type. The three groups were compared on sexual history and preference, substance abuse, mental illness and personality, history of crime and violence, neuropsychological impairment, and endocrine abnormalities, using reliable and valid measures. The clerics in this study formed a statistically significant highly educated, older, and predominantly single subgroup of sex offenders. The majority of cleric-sex offenders suffered from a sexual disorder (70.8%), predominantly homosexual pedophilia, as measured by phallometric testing, but did not differ from the control groups in this respect. The clerics were comparable to the other two groups in most respects, but tended to show less antisocial personality disorders and somewhat more endocrine disorders. The most noteworthy features differentiating the clerics from highly educated matched controls were that clerics had a longer delay before criminal charges were laid, or lacked criminal charges altogether, and they tended to use force more often in their offenses. In spite of differences in age, education, and occupation between cleric-sex offenders and sex offenders in general, the same procedures should be used in the assessment of this group as for the sex offender population in general. Hypotheses about reduced sexual outlet and increased sexual abuse of clerics in childhood were not supported. Assessment and treatment of cleric-sex offenders should focus especially on sexual deviance, substance abuse, and endocrine disorders.
Article
Official demographic and offense history data (n = 362) and confidential self-report data on paraphilic interests and behavior (n = 221) obtained on adult males convicted of sexual offenses against children were analyzed. Considerable criminal diversity was observed, with all standard categories of offenses represented in offenders' criminal histories. Most (86%) of the offenders' previous convictions were for nonsexual offenses, and most (92%) of the recidivist offenders had previously been convicted of at least one nonsexual offense. The prevalence of diagnosable paraphilias was low, with only 5% meeting formal diagnostic criteria for multiple (two or more) paraphilias other than pedophilia. Sexual offenders' paraphilic interests were unrelated to the extent of their sexual offense convictions but were significantly related to the extent of their nonsexual offense convictions. The results are better explained by a general theory of crime than by traditional clinical conceptions linking sexual offenses specifically with sexual psychopathology.
Verbrechen Kindesmissbrauch. Interview mit Prof. Berner vom Hamburger Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Themenabend bei ARTE am 12
  • N Hellmann
Hellmann, N. (2004). Verbrechen Kindesmissbrauch. Interview mit Prof. Berner vom Hamburger Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie, Themenabend bei ARTE am 12. Oktober 2004.
The nature and scope of sexual abuse of minorsby catholic priests and deacons in the United States -supplementary data analysis
  • John Jay College
John Jay College (2006). The nature and scope of sexual abuse of minorsby catholic priests and deacons in the United States -supplementary data analysis. Washington, DC: USCCB.