Zahlreiche Arbeiten zeigen, dass weibliche Personen weniger positive computerbezogene Einstellungen aufweisen und Computer weniger häufig nutzen als männliche Personen. Die bisherigen Studien lassen jedoch eine klare theoretische Fundierung vermissen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, zu überprüfen, ob die beobachtbaren Geschlechtsunterschiede in der Computernutzung und verwandte Verhaltensgrößen durch ein etabliertes motivationspsychologisches Modell, nämlich durch eine adaptierte Version des model of achievement-related choices (Eccles, 1985; Wigfield & Eccles, 2000), erklärt werden können. Dieser adaptierten Form des Modells zufolge ist die Wahl von Computern (oder verwandte Größen wie Nutzungsintensität oder Persistenz) eine Folge der Höhe der subjektiven Erfolgserwartung und des wahrgenommen Wertes des Computers. Diese können zurückgeführt werden auf das computerspezifische Selbstkonzept eigener Begabung, die Attribution eigener Leistungen am Computer und auf Sozialisationseinflüsse.
Die Überprüfung des Modells erfolgte in fünf Studien sowohl im Setting Hochschule (Vorhersage von Nutzungsintensität sowie Wahl und Persistenz in einer Szenario-Situation) sowie in der Schule (Vorhersage der Wahl von Computerkursen). In den Studien wurden drei Hypothesen getestet: (H1) die Annahme, dass das Modell generell für die Erklärung von interindividuellen Differenzen in der Computernutzung geeignet ist, (H2) die Annahme, dass die dabei wirkenden funktionalen Mechanismen geschlechtsinvariant sind und schließlich (H3) die Annahme, dass sich männliche und weibliche Personen in den mittleren Ausprägungen der Prädiktoren unterscheiden.
Studie 1 (n = 175 Studierende) diente zunächst der Entwicklung von Messinstrumenten und einer ersten Modellprüfung. Es zeigte sich, dass die entwickelten Messinstrumente gute bis befriedigende psychometrische Qualitäten aufwiesen. Für die Vorhersage von Nutzungsintensität aufgrund von Erfolgserwartung, computerspezifischem Selbstkonzept eigener Begabung und computerspezifischen Attributionen konnte H1 bestätigt werden. Zur Vorhersage von Persistenz aufgrund von Erwartung, Wert und dem computerspezifischen Selbstkonzept eigener Begabung wurde zusätzlich ein Pfad von Wert auf Erwartung angenommen, der in dem Ursprungsmodell nicht enthalten ist, aber theoretisch dennoch gut begründet werden kann.
In Studie 2 (n = 200 Studierende) zeigten die Sequenz zur Vorhersage von Nutzung und eine modifizierte Sequenz zur Vorhersage von Wahl eine gute Anpassung an die Daten (H1). H2 konnte bestätigt werden. H3 konnte ebenfalls - außer für die Variablen Wert und Wahl - bestätigt werden.
Studie 3 (n = 68 Studierende) untersuchte experimentell die Effekte von Misserfolgsattributionen auf Erfolgserwartung. Dabei konnte H2 bestätigt werden. Ebenso wurden die Befunde herangezogen, um den Stabilitätsbegriff in attributionalen Theorien zu präzisieren.
Studie 4 (n = 327 Schüler/-innen) konnte für die abhängige Variable Wahl von Computerkursen in einem realen Wahlsetting die Hypothese signifikanter Geschlechtsunterschiede bestätigen (H3).
In Studie 5 (n = 159 Schüler/-innen, n = 139 Eltern) konnte die Wahl von Computerkursen aufgrund des revidierten Modells vorhergesagt werden (H1), wobei auch die Einstellungen der Eltern in die Vorhersage mit eingehen. Die Vorhersagemechanismen sind geschlechtsinvariant (H2), die Geschlechtsunterschiede in der Wahl konnten zurückgeführt werden auf analoge Differenzen in Wert und Erwartung und teilweise in den perzipierten Elterneinstellungen (H3). In den Elterneinstellungen zeigten sich keine Geschlechtsunterschiede.
Die Befunde zeigen, dass eine modifizierte Version des model of achievement-related choices in weiten Teilen in der Lage ist, Geschlechtsunterschiede in Computernutzung und Wahl von Computerkursen vorherzusagen. Die Befunde haben klare praktische Implikationen. So scheint es aufgrund der in den Studien 1, 2 und 3 gezeigten Bedeutung von Attributionen für nachfolgende Größen wie Erfolgserwartung und Nutzungsintensität denkbar, die Intensität der Nutzung von Computern von weiblichen Personen durch Reattributionstrainings zu steigern. Weiterhin werden grundlagenwissenschaftliche Implikationen der Befunde für attributionale Theorien (insb. hinsichtlich des Stabilitätsbegriffes) und für Erwartung-Wert-Modelle (insb. zu der Frage nach dem Zusammenhang von Wert und Erwartung) diskutiert. Numerous studies show that females have less favorable attitudes towards using computers and that they use computers less often than males. However, most studies on gender differences in computer work lack of theory. The studies reported here test whether a well-established expectancy-value-model (the model of achievement-related choices, Eccles, 1985; Wigfield & Ecces, 2000), can be used to explain gender differences in computer use, choice and persistence.
The model was tested in two educational settings, at universities (predicting computer use as well as choice and persistence in a scenario-based situation) and at schools (predicting the choice of computer courses). The studies tested three hypotheses: (H1) the hypothesis, that the model can effectively predict differences in computer-use (regardless of the subject's gender), (H2) the hypothesis, that the mechanisms of the prediction process are independent of subject's gender and (H3) the hypothesis, that males and females differ within the means of the variables.
Study 1 (n = 175 university students) was carried out to develop instruments assessing the interesting variables as well as to conduct a first test of the model. The psychometric quality of the new instruments was fount to be good to satisfactory. Within the prediction of computer use by expectation, self-concept of ability and attributions, H1 was confirmed. To predict persistence by expectation, value and self-concept of ability, a path from value to expectation was assumed to exist, which was not included in the original model. However, this path is theoretically well-justified.
In study 2 (n = 200 university students), the modified model showed a good fit in the prediction of computer use and choice (H1). H2 and H3 (except for the means of the variables value and choice, were no gender differences were found) were confirmed.
Study 3 (n = 68 university students) examined the effect of failure-attributions on the expectation of success. The effects were found to be gender-independent (H2). The results were used to develop a more precise definition of the concept of stability for attributional theories.
Study 4 (n = 327 students at comprehensive schools) showed, that there are significant gender differences in choosing computer courses at school (H3).
Study 5 (n = 159 students at comprehensive schools and n = 139 of their parents) confirmed the hypothesis, that the model can effectively predict the choice of computer courses on a general level (including parent's attitudes as predictors). The mechanisms of the prediction were found to be independent of student's gender. The gender differences in the choice of computer courses corresponded with differences in the predictors, i.e. expectation and value and partly in the perceived parent's attitudes. However, in the parent's attitudes, no gender differences could be observed.
The results indicate, that a modified version of the model of achievement-related choices can partly predict gender-differences in computer use and choice. There are practical implications of these findings. Given the influence of computer-specific attributions on expectation and computer use demonstrated in the studies 1,2 and 3, it can be hypothesized that the intensity of computer-use of females can be increased by attributional retraining. Furthermore, theoretical implications of the findings for attributional theories (esp. concerning the concept of stability) and for expectancy-value-models (esp. concerning the relation of value and expectation) are discussed.