ArticlePDF Available

Die Leiden der Angehörigen

Authors:
  • Ausbildungsinstitut für systemische Therapie und Beratung

Abstract

Suizidalität und Suizid haben oft ihre Mitbedingungen im Beziehungsgefüge, immer aber gravierende Auswirkungen auf das familiäre und soziale Umfeld des Betroffenen. Die Therapie eines suizidalen Menschen bezieht deshalb mit Vorteil die systemische Perspektive auf dessen Beziehungen mit ein. – Nach einem Suizid werden die Angehörigen durch (selbst-)stigmatisierende Prozesse zum Schweigen gebracht, können aber dadurch manch notwendigen Akt des Trauerns nicht machen. Aus dieser Erkenntnis werden Vorschläge für die Beratung und Therapie der Angehörigen nach einem Suizid abgeleitet. Eine oft übersehene Anspruchsgruppe für Therapie sind die Kinder, die durch Stigmatisierung und Schweigen besonders belastet sind. Ihnen ist der letzte Teil dieses Beitrags gewidmet.
Die Leiden der Angehörigen
Suizidalität und Suizid in der systemischen Therapie
Ulrike Borst · Urs Hepp1
Schlüsselwörter
"Suizidalität
"Suizid
"systemische Therapie
"Kinder nach Suizid eines Elternteils
Korrespondenzadresse
"Dr. Ulrike Borst
Ausbildungsinstitut für systemische
Therapie und Beratung Meilen
Klosbachstraße 123
8032 Zürich
Schweiz
borst@ausbildungsinstitut.ch
Die Leiden der Angehörigen36
Systemische Therapie und Sui-
zid: Ein schwieriges Verhältnis
Nicht umsonst sind die Begriffe Selbst-
mordund Freitodwenig gebräuchlich,
wenn über Selbsttötung gesprochen wird.
Denn der erstgenannte Begriff kriminali-
siert die Tat auf unangemessene Weise,
der zweite Begriff impliziert eine freie
Entscheidung für den Tod, und die wird
doch in den meisten Fällen und von den
meisten Fachleuten infrage gestellt. In
psychiatrischen Kontexten geht man da-
von aus, dass suizidale Gedanken und
Handlungen in der Regel auf das Konto
schwerer psychischer Störungen gehen.
Diese Annahme basiert auf einem Zusam-
menhang in beide Richtungen:
"Einem Suizid sind meist psychische
Störungen vorangegangen. Psycholo-
gische Autopsiestudien(Metaanalyse
z.B. bei Arsenault-Lapierre, Kim u. Tu-
recki 2004) stützen die Annahme, in-
dem sie bei fast 90 % aller Suizide psy-
chische Störungen im Vorfeld fanden.
Sie zeigen auch, dass für die Art der
psychischen Störung das Geschlecht
eine bedeutsame Rolle spielt: Männer,
die Suizid begangen hatten, wiesen
höhere Risiken von Substanzabhängig-
keiten, Persönlichkeitsstörungen und
Störungen mit Beginn in der Kindheit
auf. Suizidierte Frauen hatten höhere
Risiken von affektiven Störungen, vor
allem Depressionen.
"Psychische Störungen enden überzu-
fällig oft mit Suizid (Harris u. Barra-
clough 1997).
Mit dieser Annahme tut sich die systemi-
sche Therapie schwer, weil sie den Men-
schen als freier, autonomer und kompe-
tenter betrachtet, als es in der Psychiatrie
und in manch anderen Therapieverfahren
mehrheitlich üblich ist, und Krankheits-
begrifflichkeiten ablehnt. Und doch: Die
Positionen sind in ihren Implikationen
für die Therapie vielleicht nicht so unter-
schiedlich. So zu tun, als obdie Ent-
scheidung frei sei, kann therapeutisch
hilfreich sein wenn und sobald andere
Sicherheitsmaßnahmen greifen. Eine ähn-
liche, pragmatisch gut verwertbare Hal-
tung zwischen den beiden Positionen ver-
tritt Michel (2002), der Suizid als Hand-
lung, mit einem Entschluss, einem Ziel,
einem Plan und meist einer längeren Ge-
schichte des Abwägens, sieht. Sobald eine
andere Person per Gespräch in die Überle-
gungen einbezogen wird, erscheint der
suizidalen Person die Ausweglosigkeit
der Situation weniger absolut.
Auch die systemtheoretisch begründbare
Haltung der Problem- und Veränderungs-
neutralität lässt den systemischen Thera-
peuten relativ gelassen mit Suizidalität
umgehen und könnte besorgte Helfer irri-
tieren. Die in der systemischen Therapie
besonders hoch geschätzte Kontextab-
hängigkeit von Verhalten wird gerne so
ausgedrückt: Jedes Verhalten ergibt
einen Sinnin einem bestimmten Rah-
Zusammenfassung Suizidalität und Suizid haben oft ihre Mitbedingungen
im Beziehungsgefüge, immer aber gravierende Auswirkungen auf das familiäre
und soziale Umfeld des Betroffenen. Die Therapie eines suizidalen Menschen
bezieht deshalb mit Vorteil die systemische Perspektive auf dessen Beziehun-
gen mit ein. Nach einem Suizid werden die Angehörigen durch (selbst-)stig-
matisierende Prozesse zum Schweigen gebracht, können aber dadurch manch
notwendigen Akt des Trauerns nicht machen. Aus dieser Erkenntnis werden
Vorschläge für die Beratung und Therapie der Angehörigen nach einem Suizid
abgeleitet. Eine oft übersehene Anspruchsgruppe für Therapie sind die Kinder,
die durch Stigmatisierung und Schweigen besonders belastet sind. Ihnen ist
der letzte Teil dieses Beitrags gewidmet.
1Wir danken Dr. med. Isabel Böge, ZfP Südwürt-
temberg, für Literaturhinweise zum Thema
Entwicklung von Kindern nach Suizid eines El-
ternteilsund Dr. med. Dagmar Pauli, KJPD Uni-
versität Zürich, für die wertvollen Kommentare
zum Manuskript.
Suizid PID 2/2012 · 13. Jahrgang · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304975
Heruntergeladen von: Universitätsbibliothek Bern. Urheberrechtlich geschützt.
men!Diesen Rahmen zu entdecken und
das (suizidale) Verhalten hineinzustellen
ist die entsprechende therapeutische
Strategie. Ob das Verhalten dann tatsäch-
lich geändert wird, steht auf einem ande-
ren Blatt und bleibt weitgehend dem
Klienten überlassen. Problem- und Verän-
derungsneutralität ist ein Grundsatz, der
dem systemischen Therapeuten gebietet,
die Suizidalität eines Klienten mit all ih-
ren Ambivalenzen zu akzeptieren. Dazu
ist aus unserer Sicht zu sagen, dass Neu-
tralität fehl am Platze ist, wenn keine Am-
bivalenz mehr da ist, etwa weil wahnhafte
Überzeugungen oder schwer depressive
Gedankengänge den Betroffenen nur
noch zum Sterben auffordern.
Suizid als Thema in der Therapie löst oft
sowohl bei Betroffenen als auch bei The-
rapeuten Angst aus. Angst engt den
Handlungsspielraum ein. Der therapeuti-
sche Prozess kann ins Stocken geraten,
Entwicklungen können blockiert werden.
Suizidalität muss immer ernst genommen
werden, soll aber nicht dazu verleiten, nur
noch auf Sicherheit bedacht zu sein und
als einzige Möglichkeit die Klinikeinwei-
sung, und sei es gegen den erklärten Wil-
len der Betroffenen, zu sehen. Die syste-
mische Perspektive sucht nach mehr
Möglichkeiten, lässt suizidalen Menschen
möglichst viel Autonomie und versucht
die Verantwortung zu teilen.
Im Lehrbuch der systemischen Therapie
und Beratung II (Schweitzer u. von Schlip-
pe 2006) gibt es viele Anregungen für die
Therapie bei Suizidalität, aber nur wenige
Hinweise zu den Wechselwirkungen im
System. Die Schwerpunkte in diesem Bei-
trag sollen deshalb eher auf diesen Wech-
selwirkungen liegen. Die Rolle suizidaler
Äußerungen in der Kommunikation wird
dargestellt, und es wird gezeigt, wie Fami-
lien und andere Systeme auf einen Suizid,
der ja die Kommunikation abrupt been-
det, reagieren.
Suizid(alität): Zwei Beispiele
für die Wechselwirkungen im
System
Beispiel 1 –„Warum hast du uns
verlassen?“–eine Familie nach
Suizid des Mannes und Vaters
»Eine 34-jährige Frau kommt auf Drän-
gen ihres Mannes in die Einzeltherapie. In
ihrem Beruf als Pharmareferentin kommt
sie zwar gut zurecht, aber in der Beziehung
zu ihrem Mann kriselt es immer wieder,
weil sie unter der massiven Angst, verlas-
sen zu werden, leidet. Sie spürt diese Angst
sehr stark und in Verbindung mit vielen
körperlichen Symptomen, äußert sie aber
nie als solche. Wenn sie unter Druck gerät,
versucht sie im Gegenteil alle Gefühle abzu-
schalten und reagiert dann laut Mann wie
ein Zombie. Ihre Lebensgeschichte war bis
zum zehnten Lebensjahr unbeschwert. Von
den wirtschaftlichen Sorgen ihrer Eltern
hatte sie nichts mitbekommen, und es er-
schien ihr wie ein Sturz aus heiterem Him-
mel, als sich der Vater suizidierte. Sie weiß
zwar, dass er mit seinem Suizid wirtschaft-
liche Not und sozialen Abstieg von der Fa-
milie abwenden konnte, gesprochen wurde
aber darüber in der Familie nie. Die Mutter
versank nach dem Tod ihres Mannes in De-
pression und Fatalismus. Die vier älteren
Geschwister gingen jeweils eigene Wege
und konnten der jüngsten Schwester nicht
beistehen, auch, weil diese sich als Jugendli-
che sehr coolgab.
Im Verlauf der Therapie werden die Gefüh-
le, die mit dem Suizid des Vaters verbunden
waren und noch sind, angesprochen. Ganz
prominent ist die Wut auf die Mutter, die
nach dem Suizid nicht die Unterstützung
geben konnte, die die Tochter gebraucht
hätte: plausible Erklärungen für die Hand-
lungsweise des Vaters, gemeinsames Trau-
ern, Sicherheit wenigstens der Mutter-
Tochter-Beziehung. Erst allmählich erlangt
die Klientin ein Verständnis dafür, warum
ihre Mutter damals nicht anders hat han-
deln können. Sie fängt an, die Mutter und
die Geschwister nach ihren damaligen
Wahrnehmungen und heutigen Erinnerun-
gen an den Vater zu fragen. Sie lernt, in
Auseinandersetzungen mit ihrem Mann zu
unterscheiden, wie bedrohlich die jeweilige
Situation für die Paarbeziehung ist. Sie geht
nicht mehr in die Notabschaltung, son-
dern teilt ihrem Mann ihre Sorgen und Be-
fürchtungen mit.
In diesem Fall kann man durchaus von
einer traumatischen Er fahrung der Klientin
sprechen. Stressreiche Interaktionen in
aktuellen wichtigen Bindungsbeziehungen
führten bei der Klientin zu nahezu dissozi-
ierten Zuständen. Erst dadurch, dass die Er-
eignisse um das zehnte Lebensjahr herum
in eine erzählbare Form und damit ins ex-
plizite, biografische Gedächtnis gebracht
wurden, konnte die Erstarrung als Urform
der Angstreaktion aufgelöst werden. Dies
geschah aber erst in der Therapie und nicht
schon in der Familie. Der relativ schnelle
Erfolg lässt vermuten, dass es wohl hilfreich
gewesen sein muss, einen Bezug zwischen
aktueller Symptomatik und Lebens- / Fami-
liengeschichte herzustellen. «
Beispiel 2 –„Ständige Bedrohung
eine Familie lebt mit der Suizida-
lität der Frau und Mutter
»Eine 30-jährige Frau wird nach einem
schweren Suizidversuch erst im Spital ver-
sorgt, dann in die psychiatrische Klinik ver-
legt. Nach einigen Tagen sagt sie, dass sie
selbst nicht versteht, wie es zu dem Suizid-
versuch hat kommen können. Sie sei zwar
sehr unglücklich und unzufrieden mit ih-
rem Leben, aber sie wisse doch eigentlich,
dass sie ihren Kindern keinen Suizid zumu-
ten könne. Ihren Mann dagegen wolle sie
nicht unbedingt verschonen. Er sei in sei-
nem Beruf als Mechatroniker sehr erfolg-
reich, wohingegen sie sich mit den drei
noch recht kleinen Kindern ans Haus ge-
bunden fühle und dort verkümmere. Sie
empfinde das als sehr ungerecht. Mann
und Kinder werden zu Gesprächen eingela-
den. Es stellt sich heraus, dass die Kinder
nicht genau wissen, was geschehen ist,
aber auf je eigene Weise auf den Suizidver-
such reagieren: Der achtjährige Sohn hat
massive Einschlafstörungen und kann sich
in der Schule nicht mehr konzentrieren.
Die sechsjährige Tochter ist plötzlich sehr
brav und hilft ihrem Vater ungefragt im
Haushalt. Der vierjährige Sohn scheint in
seiner Entwicklung zurückgefallen zu sein
und muss nachts wieder Windeln tragen.
Weil der Vater die Kinder nicht allein ver-
sorgen kann, ist seine Mutter von weither
angereist und wohnt nun bei der Familie.
Was nun nötig ist, ist nicht nur Therapie,
sondern Beratung und Hilfe auf vielen Ebe-
nen und in vielen Settings, die hier nicht
alle aufgeführt werden sollen. Hier soll der
Schwerpunkt auf die Paar- und Familienge-
spräche gelegt werden. In den Paargesprä-
chen wird zu erreichen versucht, dass beide
Partner ihre Bedürfnisse ausdrücken und
sich gegenseitig dabei unterstützen, sie zu
erfüllen. Die von der Frau angesprochene
Gerechtigkeitsthematik stellt sich als
Knackpunkt heraus: Während sie ihrem
Mann verübelt, dass sie ihren erlernten Be-
ruf als Podologin nicht ausüben kann, wirft
er seiner Frau Undankbarkeit und Egois-
mus vor. In weiteren Familiengesprächen
wird den Kindern von Vater und Mutter
(die sich zuvor von einer Kinder- und Ju-
gendpsychiaterin haben beraten lassen) er-
klärt, was geschehen ist. Die Kinder reagie-
ren mit Schrecken und gleichzeitiger Ent-
lastung auf das Gehörte. Zwar kann die
Mutter nicht versprechen, dass sie nie wie-
der versuchen wird, ihr Leben zu beenden;
aber sie kann den Kindern doch vermitteln,
dass ihr das Leben nun wieder lebenswert
erscheint, und dass sie sich Hilfe holen wird ,
Aus der Praxis 37
PID 2/2012 · 13. Jahrgang · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304975 Suizid
Heruntergeladen von: Universitätsbibliothek Bern. Urheberrechtlich geschützt.
wenn es ihr wieder einmal schlecht gehen
sollte. Angst, übermäßige Anpassung und
Regression verschwinden bei den Kindern
in der Folge aber nur sehr langsam; zu be-
drohlich bleibt die Situation zunächst. «
Suizidalität in der systemischen
Einzel-, Paar- und Familienthe-
rapie
Wenn in der Therapie Suizidgedanken ge-
äußert werden, können sich damit ver-
schiedene Themen in der Therapie eröff-
nen, von denen hier nur eine kleine Aus-
wahl dargestellt werden soll. Ausgespart
werden hier die Themen, die an anderen
Orten sicher ausführlicher und besser ab-
gehandelt werden können und die z.B.
unter den Stichwörtern Ausweglosig-
keit,Verzweiflungund Sinnverlust
zu subsumieren sind. Im Blickfeld sind
diese Themen aber auch in einer systemi-
schen Therapie.
Hier sollen vor allem die Themen zur
Sprache kommen, für die eine systemi-
sche Herangehensweise besonders frucht-
bar erscheint.
Umgang mit Ambivalenz Zu den Grund-
sätzen und Grundhaltungen der systemi-
schen Therapie gehört die Problemneu-
tralität, und zu den bewährten Methoden
die Darstellung und Externalisierung in-
nerer Stimmen (White u. Epston 1990).
Wir können wohl davon ausgehen, dass
Suizidgedanken in der Regel ambivalent
sind. Beide Seiten der Ambivalenz, leben
oder sterben, sollten von der Therapeutin
aufgenommen und diskutiert werden.
Natürlich ist dabei zu hoffen, dass in der
Folge die positiven Seiten des Lebens vom
Klienten wieder gesehen werden können
und schließlich der Überlebenswille Ober-
hand gewinnt.
Blick in die Zukunft und Finden neuer Lö-
sungen Kaum jemand sagt: Ich will
nicht mehr leben, meistens heißt es: Ich
will so nicht mehr leben.Durch die Frage,
was sich denn ändern müsste, damit das
Leben wieder lebenswert erscheint, tun
sich Fenster zu Veränderungen auf. Gar
nicht mehr problemneutral, sondern lö-
sungsorientiert ist ein Vorgehen, wie es
Grabbe (2003) beschreibt: Auf einer Zeit-
linie wird die Zukunft betrachtet, für die
angenommen wird, dass das Problem
nicht mehr besteht.
Gestaltung von Beziehungen zwischen
dem suizidalen Klienten und seinem Um-
feld Oft verbirgt sich hinter Suizidge-
danken und der Äußerung suizidaler Ab-
sichten ein Bedürfnis nach einer Verände-
rung der Beziehung, das (im Moment) nur
so und (noch) nicht anders ausgedrückt
werden kann. Die suizidalen Äußerungen
sind mehr oder weniger verklausulierte
Kommunikationsbeiträge innerhalb der
Beziehung. Unter der Voraussetzung, dass
die Beziehung zwischen dem Klienten
und der Therapeutin gut ist und die Fra-
gen keinesfalls zynisch aufgefasst werden,
kann der suizidale Klient in der Therapie
nach den Bedeutungen seiner Botschaften
gefragt werden. Dies kann im Einzel-, aber
auch im Paar- oder Familiensetting ge-
schehen; Kinder suizidaler Eltern sollten
jedoch besser nicht mit solchen Fragen
belastet werden. Fragebeispiele sind in
Schweitzer u. von Schlippe (2006, S.
225ff.) zu finden; die Fragen zielen darauf
ab, die Reaktionen des sozialen und fami-
liären Umfelds auf den Suizid vorwegzu-
nehmen. Darum ist es nur auf den ersten
Blick befremdlich zu fragen: Wer soll
denn bei Ihrer Beerdigung dabei sein,
und wer wird dort wohl am meisten wei-
nen?Auf den zweiten Blick enthüllt die
Antwort, welche Beziehungen in der Fa-
milie und im Freundeskreis am wichtigs-
ten sind und im Moment am wenigsten
befriedigend und enttäuschend sind. Da-
rüber zu reden, wie die sozialen Bezie-
hungen neu und anders gestaltet werden
können, kann den Wunsch zu leben stär-
ken.
Krisen in der Paarbeziehung Depression
und Partnerschaft stehen in einer komple-
xen Wechselwirkung (Borst 2011). Ist die
Depression eines der Partner im Vorder-
grund, ist der andere Partner eine wichti-
ge Stütze. Ist dagegen die Partnerschafts-
krise im Vordergrund, hat Suizidalität
einen anderen Stellenwert. Bei Paaren,
wo einer der Partner eine Trennung will,
eine Außenbeziehung hat und nicht auf-
geben möchte, oder auf andere Art in
einer stärkeren Position ist, kann die Dro-
hung mit Suizid eine sehr wirksame Waffe
im Kampf um den Fortbestand der Bezie-
hung sein. Langfristig führt ihr Einsatz er-
fahrungsgemäß aber nicht zur erwünsch-
ten Wirkung, nämlich den Partner an sich
zu binden, sondern oft zum Gegenteil. Für
die Therapeutin ist es ein schwieriges Un-
terfangen, das Paar aus diesem Zwangs-
prozessherauszuführen.
Therapie der Angehörigen
nach Suizid
Wenn suizidale Gedanken und Verhal-
tensweisen als Kommunikationsbeiträge
betrachtet werden, ist Suizid eine Hand-
lung ohne Antwortmöglichkeit. Die Frage
Warum?ist, wenn sie nicht bereits vor
dem Suizid besprochen wurde, nie mehr
zu beantworten. Anders als bei vielen an-
deren Verlusten durch Tod, z.B. nach
Krebserkrankung oder Unfall, bleibt diese
Frage in Raum und Zeit hängen und ver-
hindert in vielen Fällen so, dass die Trauer
über den Verlust die notwendigen Phasen
(vgl. Kast 1999) durchläuft und abge-
schlossen werden kann. Die Reaktionen
der Hinterbliebenen sind vielfältig und
können noch Jahrzehnte später in Erschei-
nung treten. Einige davon werden im
nächsten Abschnitt beschrieben, mögli-
che therapeutische Ansätze im übernäch-
sten Abschnitt. Die längerfristige Entwick-
lung von Kindern und Jugendlichen nach
Suizid eines Elternteils ist sehr vom Alter
des Kindes und vom Umgang des verblie-
benen Elternteils mit dem Verlust abhän-
gig und wird im letzten Abschnitt ange-
schnitten.
Mögliche Reaktionen
der Angehörigen
Einen Überblick über mögliche Reaktio-
nen auf einen Suizid gibt Paul (2006); er
unterteilt dabei in vier Zeiträume: die ers-
ten Stunden, die ersten Tage und Wochen,
das erste Jahr und die weiteren Jahre. Mit
einfachen Aufgaben gibt er jeweils Anlei-
tungen, wie mit dem Verlust besser fertig
zu werden ist.
In der systemischen Therapie und Bera-
tung von Einzelnen, Paaren und Familien
nach Suizid eines Angehörigen sind neben
der je persönlichen Traurigkeit, Schuld,
Angst und Wut folgende Gefühle, die die
Interaktionen bestimmen oder sogar be-
herrschen können, relevant:
"Traumatisierung durch Schocknach-
richt und/oder Zeugenschaft: Bei
manchen kommt es zu Symptomen
einer posttraumatischen Belastungs-
störung (unfreiwilliges Wiedererleben,
ständige Übererregung bis hin zu
schweren psychosomatischen Störun-
gen, sowie Vermeidung aller Situatio-
nen, die an das Geschehene erinnern).
In solchen Fällen muss sich die Familie
dann außer mit dem Suizid noch mit
Krankheit und langdauernder Arbeits-
Die Leiden der Angehörigen38
Suizid PID 2/2012 · 13. Jahrgang · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304975
Heruntergeladen von: Universitätsbibliothek Bern. Urheberrechtlich geschützt.
unfähigkeit eines Familienmitglieds
auseinandersetzen.
"Depression oder sogar Nachfolgen-
wollen: Für die zurückgebliebenen
Angehörigen kann es doppelt schwie-
rig werden, wenn nach dem Suizid des
einen nun etwa der andere Elternteil
in tiefe Depression verfällt, den Alltag
nicht mehr schafft oder sogar sterben
will.
"Angst vor dem Verlassensein und
-werden: Diese Angst kann so groß
sein, dass sie Paar- und Familienbezie-
hungen schwer belastet (siehe oben,
Beispiel 1).
"Selbstvorwürfe und Vorwürfe an an-
dere: Neben der Frage, ob jemand
Schuld hat, ist auch nicht selten Kon-
fliktstoff, dass sich der eine zu wenig,
der andere zu viel Gedanken darüber
macht.
"Chronischer Ärger auf den Verstorbe-
nen bzw. totschweigen:Die Bedürf-
nisse, zu reden oder zu schweigen, und
die Arten, wie liebevoll oder ärgerlich
über den Verstorbenen gesprochen
wird, können sehr unterschiedlich
sein und zu Konflikten führen.
"Hilflosigkeit und chronische Opferrol-
le: Die erlebte Hilflosigkeit führt bei
manchen zu einem dauerhaften Ge-
fühl, nichts bewirken zu können und
dem Schicksal ausgeliefert zu sein.
Diese Haltung kann für das soziale
und familiäre Umfeld sehr schwer zu
ertragen sein.
"(Selbst-)Stigmatisierung und Scham:
Von vielen Hinterbliebenen wird es als
Makel empfunden, den Verstorbenen
nicht im Leben gehalten zu haben.
Selbstzweifel sind die Folge: War ich
als Partnerin gut genug? Habe ich als
Vater versagt? Offene Gespräche mit
Außenstehenden werden vermieden.
Überhaupt scheint in der Trauer nach dem
Suizid eines Familienmitglieds besonders
häufig geschwiegen zu werden. Für Eltern
nach dem Suizid eines Kindes im jungen
Erwachsenenalter haben Maple et al.
(2010) in einer qualitativen Studie be-
schrieben, auf welche Weise sie von ande-
ren zum Schweigen gebracht werden und
sich selbst zum Schweigen bringen. In der
Folge kann keine Erzählung über den Sui-
zid entstehen, und die dringend benötigte
soziale Unterstützung wird nicht erreicht.
Therapeutische Vorgehensweisen
Das eben Gesagte bedeutet, dass Thera-
peutinnen und Berater aktiver als ge-
wohnt auf Familien nach einem Suizid zu-
gehen müssen.
In der systemischen Therapie und Bera-
tung von Familien nach Suizid haben sich
ähnliche Vorgehensweisen bewährt, wie
sie Paul (2006) und vor ihm etwas allge-
meiner für Trauerprozesse Kast (1999)
und Worden (2007) beschrieben haben.
Sie fokussieren die vier Aufgaben, die in
der Trauerzeit zu erfüllen sind, sind aber
keineswegs als linear zu durchlaufender
Prozess zu verstehen und werden von
uns deshalb auch nicht als Trauerarbeit
bezeichnet. Die vier Aufgaben (die Wirk-
lichkeit des Todes begreifen; die Vielfalt
der Gefühle durchleben; Veränderungen
in der Umwelt wahrnehmen und gestal-
ten; der oder dem Toten einen neuen Platz
zuweisen) werden mit Vorteil in Familien-
sitzungen besprochen, damit die im vori-
gen Abschnitt genannten, möglicherweise
konflikthaften Interaktionen gemildert
und Gemeinsamkeit/Gegenseitigkeit ge-
fördert werden.
Besonders geachtet wird darauf, dass die
Betroffenen eine wichtige Unterschei-
dung machen: Was hat die Beziehung zu
Lebzeiten für mich bedeutet? Was haben
die Todesabsicht und das Sterben für
mich bedeutet? Was bedeutet mir der
Tote in meinem Weiterleben? Ziel ist,
dass es den einzelnen Familienmitglie-
dern gelingt, der oder dem Toten jeweils
drei ganz persönliche Bedeutungen zu ge-
ben und die Bedeutungen der Anderen zu
akzeptieren.
Für Kinder ist es nach dem Suizid eines El-
ternteils wichtig, dass der verbliebene El-
ternteil als verlässlich und stark genug
erlebt wird, und dass das Sprechen über
den Suizid weder tabuisiert noch zu früh
abgeschlossen wird. Gespräche über den
Suizid sollten immer wieder möglich sein,
z.B. wenn im Laufe der Entwicklung neue
Fragen auftauchen. Die Familientherapeu-
tin kann dabei, je nach Ressourcen und
Bewältigungsstrategien der Familie, mehr
oder weniger im Hintergrund bleiben, sie
kann die Angehörigen in ihrer Kommuni-
kation mit den Kindern und im gemeinsa-
men Gedenken indirekt oder direkt unter-
stützen. Die im folgenden Abschnitt kurz
zusammengefassten Befunde mögen da-
bei Entscheidungshilfen geben.
Entwicklung von Kindern nach
Suizid eines Elternteils: Daten und
Schlussfolgerungen
Die Trauer von Kindern nach dem Suizid
von Vater oder Mutter verläuft anders, als
wenn Kinder den Tod eines Elternteils
durch eine andere Ursache zu betrauern
haben. Qualitative Tiefeninterviews mit
erwachsenen Töchtern und Söhnen von
Eltern, die sich Jahre zuvor suizidiert ha-
ben, zeigen Folgendes (Ratnarajah u.
Schofield 2008): Oft bestanden lange vor
dem Suizid andere gravierende Familien-
probleme wie Armut, Scheidung, Ver-
nachlässigung, Gewalt, übermäßiger Al-
koholkonsum und/ oder Depressionen.
Das Familienklima nach dem Suizid wird
in der Regel geprägt von zensierter Kom-
munikation, Geheimnissen und der Unfä-
higkeit, sich über Gefühle auszutauschen.
Als sekundäre Verlustenach dem Suizid
treten Wohnungswechsel, Schulwechsel
und vermehrte Abwesenheiten des ver-
bliebenen Elternteils ein; diese schwä-
chen die Fähigkeiten zum Coping und die
Entwicklung von Resilienz. Als mittel-
und langfristige Folgen des Suizids sind
die frühen und häufig ungünstig verlau-
fenden Partnerschaften sowie die erhöhte
Suizidalität zu betrachten.
Ein Review über neun quantitative, größ-
tenteils kontrollierte Studien zu psy-
chischen und psychosozialen Auswirkun-
gen elterlichen Suizids auf Kinder (Kura-
moto et al. 2009) bestätigt viele dieser
Aussagen. In der Mehrheit der Studien
wurden bei den Kindern von suizidierten
Eltern häufiger als bei Kindern anders ver-
storbener Eltern Depressionen, Angst-
symptome und Traumafolgestörungen
festgestellt. Die Symptome waren umso
stärker ausgeprägt, je mehr Partner-
schaftsprobleme bzw. Trennungen der El-
tern vor dem Suizid zu verzeichnen waren
und je mehr Schulwechsel die Kinder
nach dem Suizid zu bewältigen hatten.
Die emotionalen Reaktionen von Kindern
nach dem Suizid eines Elternteils sind,
stärker als bei anderen Todesarten, von
Traurigkeit, Angst, Ärger und Scham ge-
prägt (Übersichten bei Mitchell et al.
2006, Hung u. Rabin 2009). Im Verlauf
scheint die emotionale Reaktion von
Angst (kurz nach dem Suizid), Ärger (im
Mittel etwa ein halbes Jahr später), Scham
(circa ein Jahr später) zu Depression (an-
derthalb Jahre später) zu reichen. Kinder
haben nach dem Suizid ihrer Eltern somit
länger mit emotionalen Problemen zu
kämpfen als Kinder nach andersartigen
Verlusten.
Aus der Praxis 39
PID 2/2012 · 13. Jahrgang · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304975 Suizid
Heruntergeladen von: Universitätsbibliothek Bern. Urheberrechtlich geschützt.
Neuere Konzepte von Verlust und Trauer
(z.B. Hagman 2001) legen nahe, dass es
nach dem Verlust nicht nur um die Neu-
zuweisung libidinöser Energie geht, son-
dern um eine Neudefinition des Selbst
und vieler Bedeutungen und Beziehun-
gen. Je nach Alter des Kindes ist Unter-
schiedliches dafür nötig, jedoch, wie
oben gesagt, nach zwei Grundsätzen:
"Altersgerechte, offene Kommunikation
tut not.
"Jahrelange Offenheit der Erwachsenen
für das Thema ist angebracht.
Kinder unter etwa zehn bis zwölf Jahren
verstehen noch nicht komplett, was der
Tod bedeutet; die Universalität und Irre-
versibilität des Todes ist ihnen noch nicht
bewusst. Dennoch sollten keine verharm-
losenden oder metaphorisch aufgelade-
nen Erklärungen gewählt werden (Die
Mama ist weggegangen,Der Papa
schläft ganz lange), sondern klargemacht
werden, dass Vater oder Mutter nicht
mehr zurückkommen werden, dass sie
vielleicht in Analogie zu etwas, was ka-
puttgegangen ist nicht mehr funktionie-
ren und auch nicht mehr heile gemacht
werden können, und dass sie keinen
Schmerz und keine Traurigkeit mehr füh-
len.
Mit jedem Stadium sprachlicher und ko-
gnitiver Entwicklung braucht das Kind
neue bzw. wieder aufs Neue den Tod be-
stätigende Informationen und neue Gele-
genheiten, seine Gefühle gegenüber dem
Verlust auszudrücken. Nicht nur diesen
Kindern zuliebe muss dafür gesorgt wer-
den, sondern auch um deren Kinder wil-
len. Denn wie Cain (2006) aufzeigt, kann
ein Suizid nicht nur auf die davon direkt
betroffenen Angehörigen, sondern bis in
die dritte Generation hineinwirken.
Scham, Schweigen, Geheimnisse, Ängst-
lichkeit, Fatalismus und andere Hinder-
nisse offener Kommunikation tun ihre
Wirkung. Wenn es überhaupt eine dritte
Generation gibt denn oft verhindert die
Angst, selbst Kinder zu bekommen, die
dritte Generation nach dem Suizid.
Literatur
Arsenault-Lapierre G, Kim C, Turecki G. Psychia-
tric diagnoses in 3275 suicides: a meta-ana-
lysis. BMC psychiatry 2004; 4: 37
Borst U. Wenn die Liebe überschattet wird. Le-
ben mit einem depressiven Partner. Stutt-
gart: Patmos; 2011
Cain AC. Parent suicide: pathways of effects into
the third generation. Psychiatry 2006; 69:
204227
Grabbe M. Time Line in der Krisenintervention.
Psychotherapie im Dialog 2003; 4: 376379
Hagman G. Beyond decathexis: Toward a new
psychoanalytic understanding and treat-
ment of mourning. In: Neimeyer R, Hrsg.
Meaning reconstruction and the experience
of loss. Washington, DC: APA; 2001: 1331
Harris EC, Barraclough B. Suicide as an outcome
for mental disorders. A meta-analysis. Br J
Psychiatry 1997; 170: 205228
Hung NC, Rabin LA. Comprehending childhood
bereavement by parental suicide: a critical
review of research on outcomes, grief pro-
cesses, and interventions. Death Stud 2009;
33: 781814
Kast V. Trauern. Phasen und Chancen des psy-
chischen Prozesses. Stuttgart: Kreuz; 1999
Kuramoto SJ, Brent DA, Wilcox HC. The Impact of
Parental Suicide on Child and Adolescent
Offspring. Suicide and Life-Threatening
Behavior 2009; 39: 137151
Maple M, Edwards H, Plummer D et al. Silenced
voices: hearing the stories of parents be-
reaved through the suicide death of a young
adult child. Health Soc Care Community
2010; 18: 241248
Michel K. Der Arzt und der suizidale Patient. Teil
2: Praktische Aspekte. Schweiz Med Forum
2002; 2: 730734
Mitchell AM, Wesner S, Brownson L et al. Effec-
tive Communication With Bereaved Child
Survivors of Suicide. J Child Adolesc Psychi-
atr Nurs 2006; 19: 130136
Paul C. Warum hast du uns das angetan? 5. Aufl.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus; 2006
Ratnarajah D, Schofield MJ. Survivorsnarratives
of the impact of parental suicide. Suicide Life
Threat Behav 2008; 38: 618630
Schweitzer J, Schlippe A von. Lehrbuch der syste-
mischen Therapie und Beratung II. Das Stö-
rungsspezifische Wissen. Göttingen: Van-
denhoeck & Ruprecht; 2006
White M, Epston D. Die Zähmung der Monster.
Heidelberg: Carl-Auer; 1990
Worden JW. Beratung und Therapie in Trauerfäl-
len. Bern: Huber; 2007
Fazit
Im Rahmen einer tragfähigen therapeuti-
schen Beziehung kann mit systemischer
Methodik die Ambivalenz hinter den Suizid-
gedanken erforscht und der Möglichkeits-
raum für den suizidalen Menschen erweitert
werden. Suizidale Äußerungen können in
Beziehungen als Kommunikationsbeitrag
verstanden und allmählich ersetzt werden
durch andere Mittel, die Beziehung zu ge-
stalten. Wenn ein Suizid vollendet wurde,
ist das so stigmatisierend für die Familie wie
kaum ein anderes Ereignis und kaum eine
andere Störung. Auf der anderen Seite ist
es dann besonders wichtig, dass gemein-
sam getrauert wird. Aufgabe der Therapie
ist also vorrangig, das Sprechen über den
Suizid zu fördern und die Bedeutungen des
Suizids für jede und jeden Einzelnen zur
Sprache zu bringen. Daneben gilt es, dafür
zu sorgen, dass vor allem für die Kinder
nicht zu viele sekundäre Verluste durch Be-
treuungs-, Wohnungs- und Schulwechsel
entstehen.
Ulrike Borst
geb. 1955, Dr. rer. nat.,
Dipl.-Psych., Fachpsycholo-
gin für Psychotherapie und
Klinische Psychologie FSP,
Lehrtherapeutin und Leh-
rende Supervisorin SG.
1989 bis 1995 Stationspsy-
chologin, 1995 bis 2002
Oberarzt-Funktion und Lei-
terin Qualitätsmanagement in der Psychiatri-
schen Klinik Münsterlingen (CH), 2002 bis 2007
Leiterin Unternehmensentwicklung in den Psy-
chiatrischen Diensten Thurgau (CH). Seit 1998
Mitglied des Dozenten- und Supervisorenteams
des Ausbildungsinstituts für systemische Thera-
pie und Beratung in Meilen /Zürich. Seit 2006
Leiterin des Ausbildungsinstituts. Eigene Praxis
in Zürich.
Arbeitsschwerpunkte: Systemische Einzel-, Paar-
und Familientherapie, Supervision, Team- und
Organisationsentwicklung in der Psychiatrie und
in anderen Organisationen des Sozial- und Ge-
sundheitswesens.
Urs Hepp
geb. 1965, PD Dr. med.,
Facharzt für Psychiatrie
und Psychotherapie. 1999
bis 2005 Oberarzt, Klinik
für Psychiatrie und Psycho-
therapie, Universitätsspital
Zürich. 2006 bis 2009
Stellvertretender Chefarzt,
seit 2009 Chefarzt Externer
Psychiatrischer Dienst, Psy-
chiatrische Dienste Aargau (CH). 2007 Habilita-
tion, Medizinische Fakultät, Universität Zürich.
Seit 2004 Mitglied des Dozenten- und Supervi-
sorenteams des Ausbildungsinstituts für syste-
mische Therapie und Beratung in Meilen/Zü-
rich.
Forschungsschwerpunkte: Psychotraumatolo-
gie, Suizidologie, Psychiatrische Versorgung.
Die Leiden der Angehörigen40
Suizid PID 2/2012 · 13. Jahrgang · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0032-1304975
Heruntergeladen von: Universitätsbibliothek Bern. Urheberrechtlich geschützt.
... Die systemische Haltung der Problem-und Veränderungsneutralität ist da in Krisensituationen und insbesondere in suizidalen Krisen besonders hilfreich (Hepp, 2018). Das Akzeptieren von Suizidwünschen oder Suizid als denkbare Handlungsoption ermöglicht eine ganz andere therapeutische Auseinandersetzung (Borst & Hepp, 2012 ...
Article
Full-text available
Zusammenfassung Der Beitrag ist erstmals als Handreichung der Fachgruppe "Onlineberatung und Medien" der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) unter www.dgsf.org erschienen. Er richtet sich an Berater*innen, die während der akuten Ansteckungsgefahr während der Corona-Krise 2020 kaum noch Face-to-Face beraten können und übergangslos von Face-to-Face-Beratung zu Telefon-und/oder Videoberatung wechseln müssen. Besonderheiten der beiden letztgenannten Settings werden aufgezeigt. Dabei wird die herausfordernde Situation der Beratenden und der Klient*innen während der Krisenzeit aufgegriffen und angeregt, Selbstfürsorge zu betreiben sowie ressourcenorientiert mit den Herausforderungen umzugehen. Ein Schwerpunkt liegt auf Krisenintervention sowie dem Umgang mit suizidalen Krisen in der Telefon-und Videoberatung. Abstract This article was first published at dgsf.org as a guideline by the Online Counseling and Media section of the German Society for Systemic Therapy, Counseling and Family Therapy (Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie-DGSF). It is intended for counselors at times of high infection risk during the corona-crisis 2020 when face-to-face counseling is rarely possible, making an abrupt shift to telephone or video counseling mandatory. The specific features of the two latter settings are described. Focus is placed on the challenging situation for both counselors and clients during times of crisis, and advice is given on self-care and wise use of resources when dealing with the challenges. Key aspects of the article are crisis intervention and dealing with suicide crises by telephone and video.
Article
Full-text available
Zusammenfassung. Um die Suizidprävention an Schulen zu verbessern, wurden psychoedukative Workshops für Schüler_innen implementiert und angeboten. N=200 Schüler_innen der 8.–10. Jahrgangsstufe wurden zufällig einer Experimental- oder Kontrollgruppe zugewiesen. Vor und nach dem Training sowie nach drei Monaten wurden sie zu ihrem hilfesuchenden und hilfegebendem Verhalten sowie ihrer depressiven Symptomatik befragt. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass besonders die als stärker suizidgefährdet eingestuften Jugendlichen von dem Training durch eine Abnahme ihrer depressiven Symptomatik profitierten. Schüler_innen der Kontrollgruppe verbesserten sich demgegenüber nicht signifikant in ihrer depressiven Symptomatik. Für das hilfesuchende ebenso wie das hilfegebende Verhalten zeigten sich positive Trends, die jedoch nicht statistisch signifikant wurden. Diese Ergebnisse zeigen – wenn auch mit Limitationen aufgrund von Ausfällen durch die Coronapandemie 2020 und durch ein restriktives Vor-Screening – die Wirksamkeit einer aufwändigen außerschulischen Suizidprävention auf Befinden und Verhalten.
Article
Full-text available
Siebte, unveränderte Aufl age, 2013 Übersetzt aus dem Englischen von Marion Balkenhol und Dietmar Fulde MW_Zä hmung 1-220.indd 3 MW_Zä hmung 1-220.indd 3
Article
Full-text available
This chapter examines recent developments in psychoanalytic theory and treatment of bereavement, mourning, and grief. The author shows how some contemporary analysts have proposed changes in the psychoanalytic model of mourning, which echo many of the points made by other disciplines. He begins with a brief overview of the standard psychoanalytic model of mourning, which was based primarily on Freud's early metapsychological theories, and more specifically, on his 1917 article "Mourning and Melancholia." Next, a number of recent critiques of the standard model as well as some proposals for its revision are discussed. These critiques target the asocial, intrapsychic nature of the standard model and its failure to address the full complexity of mourning reactions. The author then suggests an outline of a new psychoanalytic model of mourning that appears to be emerging from current debate. Finally, a case report is discussed that illustrates the implications of the new model of mourning for clinical practice. (PsycINFO Database Record (c) 2012 APA, all rights reserved)
Article
Full-text available
The current paper reports findings from a qualitative research project that aimed to explore parents' experiences following the suicide death of their young adult child. Twenty-two Australian parents told of the suicide death of their son or daughter during the data collection period (2003 to late 2004). One narrative theme drawn from the interview data is reported here: the way in which suicide-bereaved parents feel unable to talk about their child's life and death, their experience of suicide and their resultant bereavement. Parents reported being silenced by others and silencing themselves in relation to talking about their bereavement. Parents' private stories are used to explain the difficulties they faced given the contemporary social and cultural context of grief and suicide. Then follows an examination of the impact these difficulties had on their ongoing grief narrative and availability of social support. Implications for health and social care intervention are presented to assist in better preparing support workers in their interactions with parents bereaved in this manner.
Article
Full-text available
The impact of parental suicide on surviving children and their family system has received inadequate research attention. Using a qualitative narrative methodology with thematic analysis, we explored the short-term and lifelong impact of parental suicide among 10 adults who, as children or adolescents, had lost a parent through suicide. The suicide triggered a wide range of structural and relational changes to the family, resulting in a cascading series of negative outcomes. These systemic issues are discussed and recommendations made about support structures for bereaved children and their families. Limitations of the study are discussed and future research directions identified.
Book
in large parts newly written book, the former version from 1996 had been sold more than 100.000 times
Article
Zugl.: Zürich, Universiẗat, Habil.-Schr. u.d.T.: Kast, Verena: Die Bedeutung der Trauer im therapeutischen Prozess.
Article
The experience of bereavement by parental suicide is not well understood, as evidenced by the lack of empirically supported interventions for this underserved population. This article reviews quantitative and qualitative research on the psychopathological outcomes and thematic characteristics of childhood and adolescent suicide survivorship and moderating variables such as life stressors, stigma, the manner of communication about the suicide, and the surviving parent's functioning. The authors outline several approaches to intervention and address conceptual and methodological challenges within the field. With the ultimate goal of efficacious intervention, recommendations for future priorities and the use of unconventional research methods are offered.
Article
Child and adolescent survivors of parental suicide experience two stressful events simultaneously: (1) the loss of a primary caregiver, and (2) suicidal death of a significant person. These youths are thought to be at increased risk for mental health problems, but a systematic review of studies on these survivors has not yet been conducted. A comprehensive search for published literature identified nine studies. The existent studies provided modest yet inconsistent evidence on the impact of parental suicide on offspring psychiatric and psychosocial outcomes. More methodologically rigorous research is needed to inform and guide postvention efforts for these survivors.