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Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
(Nachwuchs-))Wissenschaftler:
Strategien
und
Handlungsoptionen
im Kontext der Exzellenzinitiative
Sollte
auch
die
DFG
ein
EPSCoR-PProgramm
auflegen?
Ein
US-BBeispiel
zur
Gestaltung
von
fairen
Ausgangsbedingungen
im
Wettbewerb
um
öffentliche
Forschungsgelder
Ist
leistungsorientierte
Mittelvergabe
im
Hochschulbereich
„gerecht“
gestaltbar?
Integrierte
Analyse
von
Studierendenurteilen
und
hochschulstatistischen
Daten
für
eine
evidenzbasierte
Hochschulsteuerung
4. Jahrgang
ISSN 1860-3041
www.universitaetsverlagwebler.de
Zeitschrift für Qualitätsentwicklung in
Forschung, Studium und Administration
Qualität in der Wissenschaft
Hochschulen
im
Wettbewerb:
Ausgangsbedingungen
und
Gestaltungsmöglichkeiten
3
UUVVWW
UniversitätsVerlagWebler
2010
QiW
HHeerraauussggeebbeerrkkrreeiiss
Doris Carstensen,
Dr. Mag., Vizerektorin für Qualitätsma-
nagement, Gender Mainstreaming und Personalent-
wicklung an der KunstUniversität Graz
Hans-Dieter Daniel,
Prof. Dr., Professur für Sozialpsycholo-
gie und Hochschulforschung, ETH Zürich (CH), Leiter
der Evaluationsstelle der Universität Zürich
Michael Heger,
Dr., Evaluationsbeauftragter der Fachhoch-
schule Aachen, Leiter des Bereichs Hochschuldidaktik
und Evaluation in der zentralen Qualitätsentwicklung
ZQE
Achim Hopbach,
Dr., Geschäftsführer der Stiftung zur Ak-
kreditierung von Studiengängen in Deutschland, Bonn
Stefan Hornbostel,
Prof. Dr., Leiter des Instituts für For-
schungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ), Bonn,
Professur für Soziologie (Wissenschaftsforschung), Insti-
tut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität
zu Berlin
René Krempkow,
Dr., Institut für Forschungsinformation
und Qualitätssicherung (iFQ), Bonn
HHiinnwweeiissee
ffüürr
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AAuuttoorreenn
IImmpprreessssuumm
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Verlag,
Redaktion,
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Bünder Straße 1-3 (Hofgebäude), 33613 Bielefeld
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08.11.2010
Umschlagsgestaltung: Wolff-Dietrich Webler, Bielefeld
Gesetzt in der Linotype Syntax Regular
Druck: Sievert Druck & Service GmbH,
Potsdamer Str. 190, 33719 Bielefeld
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Beiträge
wer-
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wenn
die
Autor/innen
den
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nicht
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in
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ande-
ren
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berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages un-
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gungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein-
speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Sandra Mittag,
Dr., Bayerisches Staatsinstitut für Hoch-
schulforschung und Hochschulplanung, München
Philipp Pohlenz,
Dr., Geschäftsführer des Zentrums für Qua-
litätsentwicklung in Lehre und Studium an der Univer-
sität Potsdam
Uwe Schmidt,
Dr., Leiter des Zentrums für Qualitätssiche-
rung und -entwicklung der Universität Mainz, Ge-
schäftsführer des Hochschulevaluationsverbundes Süd-
west
Wolff-Dietrich Webler,
Prof. Dr., Leiter des Instituts für
Wissenschafts- und Bildungsforschung Bielefeld (IWBB),
Professor of Higher Education, University of Bergen
(Norway); Staatliche Pädagogische Universität Jaros-
lawl/Wolga
Don Westerheijden,
Dr., Center for Higher Education Policy
Studies (CHEPS), University of Twente, Netherlands
Lothar Zechlin,
Prof. Dr., ehem. Rektor der Universität
Duisburg-Essen, Vertreter der Agenturen im Akkreditie-
rungsrat
57
EEiinnffüühhrruunngg
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HHeerraauussggeebbeerr
QiW
4. Jahrgang
ISSN 1860-3041
Philipp Pohlenz & Markus Seyfried
Integrierte
Analyse
von
Studierendenurteilen
und
hochschulstatistischen
Daten
für
eine
evidenzbasierte
Hochschulsteuerung 79
Nadin Fromm & Gerd Grözinger
Sollte
auch
die
DFG
ein
EPSCoR-PProgramm
auflegen?
Ein
US-BBeispiel
zur
Gestaltung
von
fairen
Ausgangsbedingungen
im
Wettbewerb
um
öffentliche
Forschungsgelder 66
Zeitschrift für Qualitätsentwicklung in
Forschung, Studium und Administration
Qualität in der Wissenschaft
SSeeiitteennbblliicckk
aauuff
ddiiee
SScchhwweesstteerrzzeeiittsscchhrriifftteenn
IV
Hauptbeiträge
der
aktuellen
Hefte
Fo,
HSW,
HM,
P-OOE
und
ZBS
3322001100
Ruth Kamm & René Krempkow
Ist
leistungsorientierte
Mittelvergabe
im
Hochschulbereich
„gerecht“
gestaltbar? 71
Sebastian Bukow & Michael Sondermann
Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
(Nachwuchs-))Wissenschaftler:
Strategien
und
Handlungsoptionen
im
Kontext
der
Exzellenzinitiative 58
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84
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IIII QiW 3/2010
im
UniversitätsVerlagWebler
erhältlich:
Insbesondere für diejenigen, die genauer wissen wollen, was sich
hinter der Formel „die Humboldtsche Universität” verbirgt, bietet
sich die Gelegenheit, wesentliche historische Ursprünge der eige-
nen beruflichen Identität in der Gegenwart kennen zu lernen.
Die Grundlagen der modernen deutschen Universität sind in eini-
gem Detail nur Spezialisten bekannt. Im Alltagsverständnis der
meisten Hochschulmitglieder wird die Humboldtsche Universitäts-
konzeption von 1809/10 (Schlagworte z.B.: „Einheit von Forschung
und Lehre”, „Freiheit von Forschung und Lehre; Staat als Mäzen”,
„Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden”) häufig mit der mo-
dernen deutschen Universität gleichgesetzt, ihre Entstehung einer
genialen Idee zugeschrieben.
Die vorliegende Studie zeigt, unter welchen gesellschaftlichen und
universitären Bedingungen sich einige zentrale Merkmale ihrer Kon-
zeption schon lange vor 1800 entwickelt haben, die heute noch
prägend sind. Dies wird anhand der akademischen Selbstverwal-
tung, der Lehrfreiheit und der Forschung vorgeführt. Die über 50
Jahre ältere, seit mindestens Mitte des 18. Jahrhunderts anhaltende
Entwicklungsdynamik wird lebendig. Schließlich wird als Perspekti-
ve skizziert, was aus den Elementen der Gründungskonzeption der
Berliner Universität im Laufe des 19. Jahrhunderts geworden ist.
Der Text (1986 das erste Mal erschienen) bietet eine gute Gelegen-
heit, sich mit den wenig bekannten Wurzeln der später vor allem
Wilhelm von Humboldt zugeschriebenen Konzeption und ihren we-
sentlichen Merkmalen vertraut zu machen.
ISBN 3-937026-56-8, Bielefeld 2008,
30 Seiten, 9.95 Euro
Reihe:
Beruf
Hochschullehrer/in
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
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Wim
Görts
Projektveranstaltungen
–
und
wie
man
sie
richtig
macht
Wim Görts hat hier seinen bisherigen beiden Bänden zu Studienprojekten in die-
sem Verlag eine weitere Anleitung von Projekten hinzugefügt. Ein variationsrei-
ches Spektrum von Beispielen ermutigt zu deren Durchführung. Das Buch bietet
Lehrenden und Studierenden zahlreiche Anregungen in einem höchst befriedi-
genden Bereich ihrer Tätigkeit. Die Verstärkung des Praxisbezuges der Lehre
bzw. der Handlungskompetenz bei Studierenden ist eine häufig erhobene Forde-
rung. Projekte gehören - wenn sie gut gewählt sind - zu den praxisnächsten Stu-
dienformen. Mit ihrer ganzheitlichen Anlage kommen sie der großen Mehrheit
der Studierenden, den holistischen Lernern, sehr entgegen. Die Realisierung von
Projekten fördert Motivation, Lernen und Handlungsfähigkeit der Studierenden
erheblich und vermittelt dadurch auch besondere Erfolgserlebnisse für die Leh-
renden bei der Realisierung der einer Hochschule angemessenen, anspruchsvol-
len Lehrziele. Die Frage zum Studienabschluss, in welcher Veranstaltung Studie-
rende am meisten über ihr Fach gelernt haben, wurde in der Vergangenheit häu-
fig mit einem Projekt (z.B. einer Lehrforschung) beantwortet, viel seltener mit
einer konventionellen Fachveranstaltung. Insofern sollten Studienprojekte geför-
dert werden, wo immer es geht. Die Didaktik der Anleitung von Projekten stellt
eine „Königsdisziplin“ der Hochschuldidaktik dar. Projekte gehören zum an-
spruchsvollsten Bereich von Lehre und Studium. Nur eine begrenzte Zeit steht
für einen offenen Erkenntnis- und Entwicklungsprozess zur Verfügung. Insofern
ist auf die Wahl sowie den Zuschnitt des Themas und die Projektplanung beson-
dere Sorgfalt zu verwenden. Auch soll es der Grundidee nach ein Projekt der Stu-
dierenden sein, bei dem die Lehrperson den Studierenden über die Schulter
schaut. Die Organisationsfähigkeit und Selbstdisziplin der Studierenden sollen
gerade im Projekt weiter entwickelt werden. Der vorliegende Band bietet auch
hierzu zahlreiche Anregungen.
ISBN 3-937026-60-6, Bielefeld 2009,
138 Seiten, 19.80 Euro
Reihe
Motivierendes
Lehren
und
Lernen
in
Hochschulen:
Praxisanregungen
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
57
zeptionellen Teil ihres Beitrages diskutieren sie (die Wahrneh-
mung von) Fairness bzw. Gerechtigkeit als Faktor für die Akzep-
tanz und Wirksamkeit von Leistungs- und Qualitätsbewertungen
sowie Leistungsanreizen. Dies geschieht unter Einbeziehung ge-
rechtigkeitstheoretischer Perspektiven und bezieht auch empiri-
sche Forschungen zum Einfluss der Gerechtigkeitswahrnehmung
auf die Akzeptanz und Wirksamkeit von Leistungsanreizen ein. Im
empirischen Teil erfolgt anhand von zwei Praxisbeispielen die
Analyse zu (unterschiedlichen) Ausgangsbedingungen: Erstens zu
„Elite“- vs. „Normal“-Universitäten, zweitens zu „Metropol“- vs.
„Regional“-Universitäten. Für das letztgenannte Beispiel werden
zudem Ergebnisse multivariater Analysen der Zusammenhänge
mit den Absolventenquoten von 150 Studiengängen eines Bun-
deslandes vorgestellt. Im Ausblick werden mögliche Lösungen an-
gesprochen. Der Beitrag könnte für Hochschulforscher wie auch
für Praktiker in Hochschulverwaltungen von Interesse sein, die mit
steigenden Anteilen leistungsbezogener Finanzierung häufiger
damit konfrontiert werden, eine „gerechte“ Leistungs- und Qua-
litätsbewertung konzipieren zu sollen.
Philipp Pohlenz & Markus Seyfried
stellen unter dem Titel „Inte-
grierte
Analyse
von
Studierendenurteilen
und
hochschulstatis-
tischen
Daten
für
eine
evidenzbasierte
Hochschulsteuerung“
Ver-
fahren der Leistungsbeurteilung vor, die auf statistischen Indika-
toren oder studentischen Befragungsdaten beruhen. Diese sind
Gegenstand einer anhaltenden Kontroverse. Ihnen wird vorge-
worfen, dass sie Gerechtigkeitslücken bei der Beurteilung und
Honorierung von Hochschulleistungen aufreißen, sofern nicht si-
cher gestellt ist, dass sie diese in belastbarer Weise widerspie-
geln. Der Beitrag zeigt anhand der kombinierten Analyse von Be-
fragungs- und Hochschulstatistikdaten, inwieweit durch diese
Daten ein zutreffendes Bild der Realität in der Bewertung von
Lehre und Studium gezeichnet werden kann.
Dass die QiW mit „Hochschulen im Wettbewerb“ dieses Heft zu
einem Thema publiziert, welches offenbar nicht nur der Heraus-
geberkreis spannend findet, zeigt der (neben einer Ausschrei-
bung für Hochschulforscher-Nachwuchspreise) aus aktuellem An-
lass in dieses Heft aufgenommene Call
for
Papers
zur
Jahresta-
gung
2011
der
Gesellschaft
für
Hochschulforschung
, überschrie-
ben mit dem Titel „Wettbewerb und Hochschulen“ (deadline
28.01.2011). Der Hefttitel wurde zwar bereits formuliert, als der
Titel des CfP noch nicht bekannt war und die Herausgeber hatten
daran keinen direkten Anteil. Aber wie ein Autor dieses Heftes
dazu schmunzelnd anmerkte, sieht es damit so aus, als wäre dies
Thema ganz auf der Höhe der Zeit.
R. Krempkow & P. Pohlenz
Philipp Pohlenz
Nicht erst seit der Exzellenzinitiative des Bundes befinden sich
die deutschen Hochschulen im nationalen und internationalen
Wettbewerb – aber seitdem stärker sichtbar. Das vorliegende
Heft versammelt hierzu Beiträge, die sich aus unterschiedlichen
Perspektiven mit Ausgangsbedingungen und Gestaltungsmög-
lichkeiten dieses Wettbewerbes befassen. Alle Beiträge bearbei-
ten dies (auch) empirisch, die ersten beiden stärker für den Be-
reich der Forschung, die letzten beiden für den Bereich Lehre.
Der Beitrag „Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
(Nach-
wuchs-))Wissenschaftler:
Strategien
und
Handlungsoptionen
im
Kontext
der
Exzellenzinitiative“ von
Sebastian Bukow & Michael
Sondermann
verweist darauf, dass deutsche Hochschulen in
einem zunehmend anspruchsvolleren (inter-)nationalen Wettbe-
werbsumfeld nicht nur um finanzielle Ressourcen und Reputation
konkurrieren, sondern verstärkt auch um qualifiziertes wissen-
schaftliches Personal. Vor dem Hintergrund ihres am Institut für
Forschungsinformation und Qualitätssicherung – iFQ Bonn ange-
siedelten Projektes „Monitoring der Exzellenzinitiative“ führen
sie aus, dass in dieser Situation die Exzellenzinitiative von zentra-
ler Bedeutung ist: Sie wirkt als Wettbewerbsbeschleuniger, soll
dazu beitragen, (internationale) Spitzenwissenschaftler zu gewin-
nen, und sie eröffnet zugleich Möglichkeiten, institutionelle
Neuerungen im Bereich der Personalrekrutierung einzuführen.
Der „Wettbewerb um die besten Köpfe“ wird dabei genauer un-
tersucht. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den (überwiegend)
neu eingeführten Tenure-Modellen: Welche Abwägungsprozesse
führen zur (Nicht-)Einführung dieses Instrumentes? Welche Rolle
spielt dieses Instrument für die Hochschulen im Wettbewerb um
die besten Köpfe?
NNadin Fromm & Gerd Grözinger
diskutieren anhand eines bislang
wenig bekannten US-Beispiels Möglichkeiten zur Gestaltung von
Ausgangsbedingungen im Wettbewerb um öffentliche For-
schungsgelder und formulieren hierzu im Titel ihres Beitrages die
Frage: „Sollte
auch
die
DFG
ein
EPSCoR-PProgramm
auflegen?“
Denn in den USA, die ja durchaus als wettbewerbsorientiert gel-
ten, führten die starken Unterschiede zwischen den Bundesstaa-
ten bei der Einwerbung von öffentlich vergebenen Drittmitteln
bereits vor Jahrzehnten zu Auseinandersetzungen darüber, ob
dies für die Leistungsfähigkeit des nationalen Hochschul- und
Wissenschaftssystem nachteilig ist. Im Anschluss an diese Debat-
te wurde ein auf mehr (Chancen-)Gleichheit bzw. Gerechtigkeit
in den Wettbewerbs-Startbedingungen zielender Ansatz durch
die National Science Foundation eingeführt, der zugleich das
Prinzip eines leistungsbasierten Antragsverfahrens berücksichtigt
– das EPSCoR-Programm. Der Beitrag fasst zunächst die wichtig-
sten Merkmale des Programms und seine Wirkung hinsichtlich
der Verbesserung der Antragsfähigkeit/-erfolgschancen und dem
Auf-/Ausbau wissenschaftlicher Infrastruktur zusammen. Danach
folgt eine Darstellung der Regionalverteilung der öffentlichen
Forschungsmittel in Deutschland. Schließlich wird basierend dar-
auf die Frage diskutiert, inwiefern das Prinzip ‚EPSCoR’ auf das
deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem übertragbar ist.
Ruth Kamm & René Krempkow
greifen von verschiedenen Seiten
formulierte Ansprüche an eine „gerechte“ Bewertung von Leistun-
gen und eine (leistungs-)gerechte Finanzierung von Hochschulen
auf und verdichten dies zu der Frage: „Ist
leistungsorientierte
Mit-
telvergabe
im
Hochschulbereich
„gerecht“
gestaltbar?“
Im kon-
Seite
66
Seite
71
Seite
58
QiW 3/2010
Seite
79
Einführung
der
geschäftsführenden
Herausgeber
QiW
René Krempkow
Seite
84
58 QiW 3/2010
Forschung
über
Qualität
in
der
Wissenschaft QiW
Deutsche
Hochschulen
agieren
in
einem
zunehmend
an-
spruchsvolleren
(inter-))nationalen
Wettbewerbsumfeld.
Sie
konkurrieren
u.a.
um
finanzielle
Ressourcen,
Reputation
und
wissenschaftliches
Personal.
Gerade
der
Personalrekru-
tierung
wird
eine
wichtige
Rolle
zugeschrieben,
schließlich
ist
für
den
Erfolg
einer
Hochschule
die
„Qualität“
ihrer
Wis-
senschaftler
elementar.
In
dieser
Situation
ist
die
Exzellenz-
initiative
von
zentraler
Bedeutung:
Sie
wirkt
als
Wettbe-
werbsbeschleuniger,
soll
dazu
beitragen,
(internationale)
Spitzenwissenschaftler
zu
gewinnen
und
sie
eröffnet
zu-
gleich
Möglichkeiten,
institutionelle
Neuerungen
im
Be-
reich
der
Personalrekrutierung
einzuführen.
Der
„Wettbe-
werb
um
die
besten
Köpfe“
wird
nachfolgend
genauer
un-
tersucht.
Im
Mittelpunkt
stehen
dabei
folgende
Fragen:
Welche
Aspekte
sind
aus
Sicht
der
Hochschulen
für
die
Ge-
winnung
exzellenter
(Nachwuchs-))Wissenschaftler
von
Re-
levanz?
Welche
Gestaltungs-
bzw.
Handlungsmöglichkeiten
bestehen
hierbei,
welche
Strategien
werden
ergriffen,
wo
werden
Veränderungen
angegangen,
wo
wird
bewusst
auf
Veränderungen
verzichtet?
Ein
besonderes
Augenmerk
liegt
dabei
auf
den
(überwiegend)
neu
eingeführten
Te-
nure-MModellen:
Welche
Abwägungsprozesse
führen
zur
(Nicht-))Einführung
dieses
Instrumentes?
Welche
Rolle
spielt
dieses
Instrument
für
die
Hochschulen
im
Wettbe-
werb
um
die
besten
Köpfe?
11..
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EExxzzeelllleennzziinniittiiaattiivvee
DDas Wettbewerbsprinzip hat sich als Steuerungsmodell in
der deutschen Hochschullandschaft weitgehend durchge-
setzt (vgl. Krücken 2008, S. 165-166). Zwischen den Uni-
versitäten, aber auch in der außeruniversitären Forschung
hat der Ressourcen- und Reputationswettbewerb zuge-
nommen (vgl. Heinze/Arnold 2008, S. 686, 715). Dabei ist
ein gesamtgesellschaftlicher Paradigmenwechsel zu erken-
nen: Wettbewerb, verbunden mit Ausdifferenzierung und
Systemstratifizierung, wird nunmehr überwiegend positiv
bewertet und als entscheidendes Instrument zur Erhöhung
der wissenschaftlichen Qualität verstanden (vgl. Krücken
2008, S. 165-166; zur Wettbewerbskritik bspw. Münch
2007; Hartmann 2010). Mit Blick auf die deutsche Hoch-
schullandschaft, ehedem eher von einem Gleichheitsideal
(das wohl schon immer mehr Ideal denn Realität war) ge-
prägt, ist dies ein durchaus bemerkenswerter Wandel (vgl.
Würmseer 2010). Dabei ist das Wettbewerbsparadigma
keineswegs nur Ausdruck eines gesellschaftlich-politischen
Diskurses. Auch die organisationale Handlungsebene, die
arbeitsalltägliche Praxis an den Hochschulen, wird durch
den (zunehmenden) Wettbewerb geprägt.1Die deutschen
Hochschulen stehen inzwischen in einem komplexen natio-
nalen und internationalen Wettbewerb. Sie konkurrieren
also in verschiedenen Dimensionen miteinander, gerungen
wird u.a. um finanzielle Ressourcen, Reputation und wis-
senschaftliches Personal.
In diesem Kontext kommt der Exzellenzinitiative eine
Schlüsselrolle zu. Sie steht wie kein anderes Förderpro-
gramm für interuniversitären Wettbewerb und damit den
erwähnten Paradigmenwechsel (vgl. dazu Hartmann 2006).
Sie führt zu einer ökonomischen Stärkung der geförderten
Hochschulen bzw. Bereiche und bringt als „Reputationsma-
schine“ (Simon zit. nach Bebber 2010) eine Umverteilung
wissenschaftlicher Reputation mit sich, nicht nur auf Ebene
der einzelnen Wissenschaftler, sondern auch auf institutio-
neller Ebene. Darüber hinaus ermöglicht sie schon auf-
grund ihres Programmauftrags strukturelle Veränderungen
an den Hochschulen und hat ein variantenreiches Experi-
mentierfeld eröffnet (vgl. Sondermann et al. 2008). Vor
allem aber bietet sie im globalen „Wettbewerb um die bes-
ten Köpfe“ großes Potential: Ein Großteil der bereitgestell-
ten Fördermittel (2006-2012: 1,9 Mrd. Euro) wird für die
Beschäftigung wissenschaftlichen Personals genutzt.2Die
finanziellen Mittel der Exzellenzinitiative haben auf allen
Karrierestufen umfangreiche Personalaufstockungen in den
geförderten Einrichtungen ermöglicht (Tabelle 1), wobei
sich auch ein Wettbewerb der Exzellenzeinrichtungen un-
tereinander um die besten Köpfe entwickelt hat: Die Kon-
kurrenz zwischen Exzellenzeinrichtungen wird als vierthäu-
figstes Problem im Bereich der Personalgewinnung genannt
(11,3% der Nennungen, vgl. Sondermann et al. 2008, S.
63), wenn man die maßgeblich beteiligten Wissenschaftler
SSeebbaassttiiaann
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EExxzzeelllleennzziinniittiiaattiivvee
Michael
Sondermann
Sebastian Bukow
1 Die Unterscheidung zwischen der institutionell-gesellschaftlichen Ebene
einerseits und der organisationalen Praxis andererseits ist für das Verständ-
nis von Hochschulen zentral und theoretisch im organisationssoziologi-
schen Neoinstitutionalismus begründet (vgl. einführend bspw. Hasse/
Krücken 2005). So muss sich bspw. die alltägliche Praxis der Organisation
nicht verändern, auch wenn in Folge gesellschaftlicher Erwartungen for-
male Strukturen verändert werden.
2 Grundlage hier und nachfolgend sind die im Rahmen des Monitoring der
Exzellenzinitiative erhobenen Daten des iFQ.
59
QiW 3/2010
S.
Bukow
&
M.
Sondermann
Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
...
QiW
der Exzellencluster befragt. Darüber hinaus hat die Initiati-
ve „wie ein Brennglas auf die Probleme der Karrierebedin-
gungen, -entwicklung und -systeme im deutschen Wissen-
schaftssystem aufmerksam gemacht“ (Sondermann/Bukow/
Simon 2010, S. 271).
Die Exzellenzinitiative ist dabei nicht bloß ein besonders
prestigeträchtiger Wettbewerb um Fördergelder, sondern
führt auch zu einem besonderen Erfolgsdruck bei den
Hochschulen bzw. Antragsstellern. Ein Grund hierbei ist
auch die große öffentliche Aufmerksamkeit, die der Exzel-
lenzinitiative zukommt (vgl. dazu bspw. Hornbostel/
Simon/Heise 2008). Drittmittelerfolge und -misserfolge
einzelner Hochschulen werden bundesweit so intensiv und
breit diskutiert wie bei keinem anderen Förderprogramm
zuvor. Offen ist derzeit, ob langfristig ein Erfolg oder eine
„Bruchlandung“ der eingereichten Anträge schwerer wiegt
(zu abgelehnten Exzellenzclustern siehe Simon/Schulz/Son-
dermann 2010). Ein Vorgeschmack auf das, was bei der
nächsten Auswahlrunde 2012 passieren kann, zeigt
womöglich die speziell in Berlin geführte Debatte um das
Abschneiden der Freien Universität (Überraschungsgewin-
nerin) und der Humboldt-Universität (Überraschungsverlie-
rerin) im Wettbewerb um den Zuschlag in der dritten För-
derlinie der Exzellenzinitiative. Insgesamt dürfte sich der
Wettbewerbsdruck in der 2012 anstehenden zweiten
Runde der Exzellenzinitiative noch verstärken, konkurrieren
doch dann (voraussichtlich) alle derzeit geförderten Ein-
richtungen und Hochschulen mit den zahlreichen neu ein-
gereichten Konzepten um die auf 2,7 Mrd. Euro aufge-
stockten Fördergelder (vgl. DFG 2010). Um in diesem
Wettbewerb reüssieren zu können, müssen die bereits ge-
förderten Exzellenzeinrichtungen zum Zeitpunkt der (er-
neuten) Begutachtung nachweisen können, dass das ange-
strebte „Exzellenzniveau“ auch erreicht werden konnte.
Das heißt, von Beginn an bestand ein massiver Erfolgs-
druck, der sich auch als Zeitdruck bemerkbar macht. Es war
unabdinglich, die Arbeit zügig aufzunehmen und die bean-
tragten Projekte und Maßnahmen umzusetzen, um die Er-
folgschancen für die neuerliche Runde (mit der viele da-
mals bereits fest gerechnet haben) zu steigern. Die Folge
hiervon war, dass nach der arbeitsintensiven Antragsphase
eine noch arbeitsintensivere Aufbauphase folgte, in der
nach Einschätzung der maßgeblich beteiligten Wissen-
schaftler mehr Zeit in die Gremien- und Verwaltungsarbeit
floss und somit oftmals weniger Zeit für die eigene For-
schungsarbeit zur Verfügung stand (iFQ-Befragung 2008,
siehe Sondermann et al. 2008, S. 104-105).
Der Wettbewerb der Projekte und Konzepte ist auch ein
Wettbewerb um die besten Köpfe. Zentraler Baustein für
exzellente Forschung ist die Rekrutierung exzellenter For-
scherinnen und Forscher, weshalb der angesprochene Zeit-
druck gerade im Bereich der Personalgewinnung Erstaunli-
ches bewirkte: So wurden bspw. die Berufungsverfahren für
deutsche Verhältnisse sehr schnell durchgeführt. Im Mittel
gelang es den Graduiertenschulen und Exzellenzclustern,
Berufungsverfahren in 12 Monaten erfolgreich zum Ab-
schluss zu bringen; 59% der Verfahren wurden in weniger
als einem Jahr abgeschlossen (von Ausschreibung bis Ernen-
nung; Median 11 Monate, Standardabweichung 5,2 Mona-
te).3Auch wenn ein direkter Vergleich nur eingeschränkt
möglich ist: Diese mittlere Verfahrensdauer bei „Exzellenz-
berufungen“ liegt deutlich unter dem in Deutschland gängi-
gen Wert. Nach Analysen des Deutschen Hochschulverban-
des wurden zwischen Mitte 2007 und Anfang 2009, also in
einem ähnlichen Zeitraum wie die „Exzellenzberufungen“,
deutschlandweit rund 37% der untersuchten Verfahren in
weniger als einem Jahr abgeschlossen (Detmer/Metzler
2009). Dies lässt im Vergleich zu früheren Studien eine ge-
nerelle Verfahrensverkürzung vermuten (vgl. WR 2005 mit
einem Mittelwert von ca. 23 Monaten (1997-2001)). Der
Druck wirkt offensichtlich beschleunigend: Die Sprecher der
laufenden Exzellenzeinrichtungen gehen sicher zu Recht
davon aus, dass in den anstehenden Fortsetzungsbegutach-
tungen auch die Personalrekrutierung eine gewichtige Rolle
spielen dürfte; ein Kriterium dürfte dabei sein, in wie weit
Tabelle 1: Rekrutierung wissenschaftlichen Personals aus Mitteln der Exzellenzinitiative
3 Aktuelle Erhebungen des iFQ zeigen, dass lediglich 3,3% der „Exzellenzbe-
rufungsverfahren“ länger als 1,5 Jahre dauerten. Darüber hinaus zeigt sich,
dass Berufungen auf W3-Professuren im Mittel etwas mehr Zeit in An-
spruch nehmen als Berufungen auf W1/W2-Professuren, aber selbst bei
W3 liegt die durchschnittliche Berufungsdauer bei lediglich 14,6 Monaten
(Median nur W3: 13,2 Monate). Datengrundlage ist eine iFQ-Datenerhe-
bung (Stichtag 15.10.2009) zu Verfahren für diejenigen Professuren an
Gra-duiertenschulen und Exzellenzcluster, die zu mindestens 50% aus Mit-
teln der Exzellenzinitiative finanziert werden. Für 183 von 211 Professuren
liegen Daten zur Verfahrensdauer vor.
60 QiW 3/2010
FFoorrsscchhuunngg
üübbeerr
QQuuaalliittäätt
iinn
ddeerr
WWiisssseennsscchhaaffttQiW
die Geförderten bereits in den Anträgen formulierte Ziele
und Ansprüche hinsichtlich Verbesserungen der Rekrutie-
rungsverfahren, der wissenschaftlichen Reputation der Re-
krutierten und ggf. der Einhaltung von Frauenquoten erfül-
len konnten. In den Förderanträgen der laufenden Exzellen-
zeinrichtungen finden sich vielfach Aussagen über neue
Wege in der Personalrekrutierung und ambitionierte Ziele,
wie man sich ab sofort im Wettbewerb optimal zu positio-
nieren beabsichtigt (für eine Übersicht der Maßnahmen
siehe Sondermann et al. 2008, S. 33-37 und 56-67).
Damit sind wesentliche Rahmenbedingungen, unter denen
die Exzellenzeinrichtungen gegenwärtig agieren, aufge-
zeigt. Insbesondere der verschärfte Wettbewerb der Hoch-
schulen bzw. Forschungseinrichtungen (und damit auch der
Exzellenzeinrichtungen) um die besten Köpfe ist in diesem
Zusammenhang von Bedeutung; die Exzellenzinitiative
stellt dabei die finanziellen Mittel bereit, um sich an diesem
Wettbewerb verstärkt zu beteiligen. Zudem schafft sie die
legitimatorischen Vorraussetzungen für institutionelle
Neuerungen im Sinne einer Reaktion auf Wettbewerbser-
fordernisse. Es ist somit nun zu klären, über welche Gestal-
tungs- und Handlungsmöglichkeiten die geförderten Hoch-
schulen verfügen, welche Aspekte im Wettbewerb um die
besten Köpfe von Relevanz sind, welche Strategien von Sei-
ten der Hochschulen ergriffen und wo zielgerichtet Verän-
derung angegangen werden (bzw. wo dieses aus welchen
Gründen nicht geschieht).
22..
GGeessttaallttuunnggss-
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HHaannddlluunnggssmmöögglliicchhkkeeiitteenn
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WWeettttbbeewweerrbb
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KKööppffee
EEine Grundvoraussetzung für die beobachtete Ausdifferen-
zierung institutioneller Handlungsmöglichkeiten und -stra-
tegien als organisationsindividuelle Reaktion auf die neue
Wettbewerbssituation ist die
Föderalismusreform I
, die
„größte Grundgesetzreform in der Geschichte der Bundes-
republik“ (Reutter 2010, S. 86). Die Große Koalition zielte
mit dieser Verfassungsänderung u.a. auf eine Stärkung der
Länderkompetenzen und des innerstaatlichen Wettbe-
werbs. Die Reform soll hier nicht im Detail betrachtet wer-
den. Entscheidend ist, dass die Gesetzgebungskompetenz
im Hochschulbereich fast vollständig an die Länder übertra-
gen wurde. Auch hier tritt der eingangs erwähnte Paradig-
menwechsel klar zu Tage, soll doch mit der Reform die
Hochschulautonomie gestärkt werden um den Wettbewerb
zu intensivieren und so die Qualität der Hochschulen zu
verbessern:
„Der Schlüssel zur Exzellenz liegt in den Hochschulen
selbst. Sie müssen ihre Strukturen den Bedürfnissen der
Zeit anpassen und sich entsprechend weiterentwickeln.
Die Föderalismusreform ist ein entscheidendes Signal,
die Hochschulen aus der staatlichen Detailsteuerung zu
entlassen und ihnen mehr Autonomie einzuräumen.
Nach Abschaffung der Rahmengesetzgebungskompetenz
des Bundes liegt es nun in der Verantwortung der Län-
der, Ihren Spielraum zu nutzen“ (BMBF o.J.).
Erst die Grundgesetzänderung erlaubt es also, dass der
„Wettbewerb (…) künftig über die Gestaltung der Landes-
hochschulgesetze geführt werden“ (Westerburg 2006, S.
343) kann. Die Verfassungsreform ist damit der rechtliche
Nukleus der zwischenzeitlich erkennbaren Diversifizierung
hochschulrechtlicher Regelungen, etwa im Bereich der Pro-
fessorenbesoldung, der Ausgestaltung von Berufungsver-
fahren, der Zulässigkeit „proaktiver“ Rekrutierungsverfah-
ren oder von Hausberufungen (vgl. zu den Auswirkungen
der Föderalismusreform Anbuhl 2008; konzeptionell
Stock/Reisz/König 2009). Die Handlungs- und Gestaltungs-
spielräume der einzelnen (institutionellen) Akteure haben
sich damit in wichtigen Bereichen vergrößert. Zwar blieben
einzelne Bereiche unverändert (bspw. die Ausgestaltung ar-
beitsrechtlicher Befristungsregeln, siehe dazu BMBF/BReg
2008, S. 19-21), in der Summe haben sich in den letzten
Jahren aber neue, je nach Bundesland (noch) unterschied-
lich ausgeprägte Freiheitsgrade ergeben (vgl. CHE 2010).
Diese neue Handlungsfreiheit führt in Verbindung mit der
zunehmenden „Verwettbewerblichung“ des Personalmark-
tes (besonders plakativ etwa die Debatte um so genannte
„Ablösesummen", vgl. Prußky 2010; auch §27 NHG) dazu,
dass sich für jede einzelne Hochschule verstärkt die Frage
nach ihrer Attraktivität im Wettbewerb um die besten
Köpfe stellt, denn: Attraktive Angebote steigern die Nach-
frage und erhöhen die Chance, die Wunschkandidaten zu
gewinnen. In der Wirtschaft gelten insbesondere Lohn,
Aufstiegschancen und Arbeitsklima als attraktivitätsrelevan-
te Faktoren (vgl. Buchholz et al. 2009, S. 20). Auf der Mi-
kroebene dürfte dies in der Wissenschaft nicht grundlegend
anders sein.4Auch hier dürften das direkte Arbeits-, also
Forschungsumfeld oder die jüngst häufiger thematisierte
Work-Life-Balance und damit verbundene familienbezoge-
ne Angebote von Relevanz sein. Wichtig ist zudem der
Aspekt der verbesserten Planbarkeit der eigenen Karriere.
33..
TTeennuurree
aallss
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RReedduukkttiioonn
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UUnnssiicchheerrhheeiitt
MMit Blick auf die Rekrutierung von exzellenten Nachwuchs-
wissenschaftlern und vor dem Hintergrund der langjährigen
Debatte um die Defizite im deutschen Hochschulsystem ist
an dieser Stelle die Strukturierung von Unsicherheit – im
Sinne einer gezielten Reduktion von Karriereunsicherheit –
ein (mit-)entscheidender Faktor. Unsicherheitsreduktion ist
dabei einerseits ein möglicher Weise wettbewerbsrelevan-
ter Faktor, andererseits wird so eine für deutsche Hoch-
schulen vergleichsweise neue Personalentwicklungsstrate-
gie möglich. Das zentrale Instrument ist dabei der
Tenure
,
das heißt, dass schon mit der Einstellung auf eine (befriste-
te) Nachwuchswissenschaftlerstelle (bspw. als Juniorprofes-
sur) die Aussicht auf eine unbefristete Professur an der sel-
ben Hochschule eröffnet wird. Die „Zielgruppe“ von Te-
nure-Modellen sind promovierte Nachwuchswissenschaft-
ler, die sich für einen Verbleib in der (universitären) Wissen-
schaft entschieden haben, aber noch nicht auf eine un-
befristete Professur berufen wurden.5Ein Ziel des Tenure ist
es somit, die Karriere in Richtung einer Professur planbarer
4 Wohingegen für die Makro-/Systemebene argumentiert wird, dass sich
Wirtschaft und Wissenschaft unterscheiden; für die Wissenschaft benen-
nen Buchholz et al. (2009, S. 26) als relevante Faktoren: Bedingungen für
Selbstbestimmtheit und Kreativität, Strukturierung von Unsicherheit, Fi-
nanzierung und materielle Bedingungen sowie alternative Karriereoptio-
nen. Zur Entscheidung „Wissenschaft oder Wirtschaft?“ vgl. auch Kremp-
kow (2010).
61
S.
Bukow
&
M.
Sondermann
Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
...
QiW
QiW 3/2010
zu gestalten. Dabei steht im Kern ein US-amerikanisches
Vorbild Pate, bei dem mit der Einstellung des Postdocs eine
an klar definierte Kriterien gebundene Verstetigungsper-
spektive vereinbart wird, so dass an ein und der selben
Hochschule ein intraorganisationaler Aufstieg vom Assi-
stant über den Associate bis hin zum Full Professor möglich
wird. Allerdings wird in der deutschen Rezeption oft über-
sehen, dass es sich dabei eher um einen Ideal- als einen Re-
altyp handelt. Es ergibt sich auch in den USA mitnichten
immer ein Aufstiegsautomatismus: Gerade an prestige-
trächtigen US-amerikanischen Spitzenuniversitäten („Ivy-
League“) greift der regelmäßig gewährte Tenure letztlich
doch nur selten. Die Umwandlung der befristeten in eine
dauerhafte Professur ist die Ausnahme, nicht die Regel (vgl.
Herkommer 2007).
Davon unbenommen besticht die Idee der verbesserten
Planbarkeit der Karriere, weshalb Tenure-Modelle auch in
Deutschland seit einigen Jahren verstärkt diskutiert werden
(dazu WR 2005; BMBF/BReg 2008). Der Tenure ist somit
auch als Reaktion auf ein schon lange bekanntes Problem
des deutschen Wissenschaftssystems zu deuten: Das deut-
sche System gilt in Folge der geringen Planbarkeit wissen-
schaftlicher Karrieren als (international) nicht wettbewerbs-
fähig. Dies bestätigt sich in den Erhebungen zur Exzellenz-
initiative, hier rangiert das Problem, dass die angebotenen
Stellen auf Grund ihrer Befristung nicht attraktiv sind, an
dritthäufigster Stelle bei der Frage nach Schwierigkeiten bei
der Personalgewinnung (aus Sicht der maßgeblich beteilig-
ten Wissenschaftler an Exzellenzclustern; 14% der Nennun-
gen, vgl. Sondermann et al. 2008, S. 63). Gerade deshalb
könnte der Tenure im (inter-)nationalen Wettbewerb um
die besten Nachwuchswissenschaftler ein wichtiges Ele-
ment sein, auch weil davon ausgegangen werden kann,
dass insbesondere im Kontext der Exzellenzinitiative alle
beteiligten Projekte in den anderen attraktivitäts- bzw.
wettbewerbsrelevanten Bereichen (u.a. Gehalt, Infrastruk-
tur/Mittelausstattung, Forschungsumfeld, Reputation u.ä.)
auf hohem Niveau im Wettbewerb mithalten können. Des-
halb ist der Bereich der Unsicherheitsreduktion besonders
spannend, zumal hier eine jeweils durch die lokalen Aus-
gangsbedingungen beeinflusste organisationale Vielfalt zu
erwarten ist.6
In der Realität waren Tenure-Angebote aber bis vor einigen
Jahren noch die Ausnahme (Buch et al. 2004, S. 31; Feder-
keil/Buch 2007; BMBF/BReg 2008, S. 91), nicht zuletzt be-
dingt durch rechtliche Hindernisse. So kann der Tenure mit
dem Hausberufungsverbot kollidieren, wenn nämlich die
mit Tenure ausgestattete Person bereits an der Tenure-ge-
benden Hochschule promoviert hat und dort ggf. auch ha-
bilitiert wurde. Allerdings wurde dieses Hausberufungsver-
bot nach der Föderalismusreform teilweise etwas
gelockert, so dass dieses Verbot bspw. nur noch „in der
Regel“ gilt (bspw. § 48 (3) LHG BaWü; geändert durch Nr.
20 b EHFRUG). Ein Tenure-Angebot kann darüber hinaus
problematisch werden, wenn die später zu besetzende Pro-
fessur ohne Ausschreibung besetzt werden soll. Ein solcher
Ausschreibungsverzicht liegt zunächst einmal nahe, wenn
es sich bei dem Tenure wirklich um ein personenbezogenes
Angebot handeln soll. Zugleich ist ein Ausschreibungsver-
zicht im deutschen Hochschulrecht aber meist nicht ohne
weiteres möglich. Doch auch hier zeichnet sich seit der Fö-
deralismusreform eine Lockerung der rechtlichen Bestim-
mungen ab, wie bspw. in Baden-Württemberg. Dort heißt
es nun mit Blick auf Tenure-Optionen:
„Professuren sind in der Regel international auszuschrei-
ben. (…) Ferner kann von der Ausschreibung abgesehen
und das Berufungsverfahren angemessen vereinfacht
werden, wenn eine Juniorprofessur oder ein Dozent der
eigenen Hochschule auf die entsprechende Professur be-
rufen werden soll, bereits in der Ausschreibung der Ju-
niorprofessur oder Dozentur die spätere Übernahme auf
die Professur in Aussicht gestellt worden ist, die Anfor-
derungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung
erfüllt sind und eine entsprechende Stelle zur Verfügung
steht“ (§48 (2) LHG BaWü, geändert durch Nr. 20 (a)
EHFRUG).
Die rechtlichen Hindernisse wurden also bereits reduziert
und Abweichungsregelungen in einzelnen Landeshoch-
schulgesetzen verankert. In Folge der angesprochenen
rechtlichen Diversifizierung entstehen neue Freiheiten,
nicht zuletzt auch durch Experimentierklauseln, die sich ex-
plizit oder implizit auf die Exzellenzinitiative berufen (bspw.
§46 NHG, „Exzellenzklausel“). Davon unabhängig stellen
selbst die „alten“ Regelungen kein absolutes Hindernis dar:
Zum einen kann eine gezielte „Unterbrechung“ der univer-
sitätsinternen Karriere durch eine (in der Regel mind. zwei-
jährige) Tätigkeit an einer anderen Hochschule das Hausbe-
rufungsproblem lösen, zum anderen kann der Ausschrei-
bungspflicht durch eine rein formale Erfüllung entsprochen
werden. Festzuhalten ist damit, dass aus rechtlicher Sicht
ein Tenure mittlerweile oftmals darstellbar ist.
44..
UUnnssiicchheerrhheeiittssmmaannaaggeemmeenntt
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WWeettttbbeewweerrbbssvvoorrtteeiill??
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TTeennuurree
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DDamit ist nun der Fokus auf die Frage zu richten, welche
Abwägungsprozesse hinter der Entscheidung für oder
gegen den Tenure liegen. Mit Blick auf das Tenure-Angebot
sind analytisch zwei idealtypisch sequentiell angeordnete
Entscheidungsprozesse zu unterscheiden: (1.) Die Entschei-
dung für oder gegen ein Tenure und (2.) im Bedarfsfall die
Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung des Tenure
(vgl. Abbildung 1). Eine solche Entscheidungsprozess-Mo-
dellierung erfordert dabei zwei Grundprämissen: (A) Die
Tenure-Entscheidung ist kein Selbstzweck, sondern Ergeb-
nis strategischer Überlegungen der handelnden Akteure.
Das heißt, mit der Entscheidung für (oder gegen) den Tenu-
re werden bestimmte Ziele verfolgt und Kosten-Nutzen-
5 Die W2- bzw. W3-Professur ist in Deutschland die übliche und bis auf we-
nige Ausnahmen alternativlose Möglichkeit für einen unbefristete Beschäf-
tigung an den Hochschulen, wobei auch diese Stellen beim „ersten Ruf“
immer häufiger befristet sind. Der DHV weist in einer aktuellen Untersu-
chung (Untersuchungszeitraum 06/2007 bis 02/2009) eine Befristungsan-
teil von knapp 18% aus (vgl. Detmer/Metzler 2009, S. 248). Damit wird
die Frage der Entfristung auch bei diesen Professuren zunehmend virulent.
6 Dabei sei angemerkt, dass sich die Untersuchung an dieser Stelle auf die
Perspektive der Anbieter, also der Hochschulleitungen bzw. der Exzellenz-
einrichtungen, Institute oder Fakultäten, fokussiert. Für die Betrachtung
der Nachfrageseite – also die Bewertung seitens der Rekrutierten – liegen
noch keine Daten vor, diese werden jedoch gegenwärtig erhoben.
62 QiW 3/2010
FFoorrsscchhuunngg
üübbeerr
QQuuaalliittäätt
iinn
ddeerr
WWiisssseennsscchhaaffttQiW
Kalküle verbunden. (B) Die Akteure verfügen über (forma-
le) Handlungs- und Entscheidungsautonomie. Dabei hängt
der tatsächliche Handlungs- und Entscheidungsspielraum
nicht nur von der formalen Autonomie ab; er wird zugleich
durch landesrechtliche Vorgaben, hochschulspezifische
Pfadabhängigkeiten sowie (nicht) vorhandene Ressourcen
eingeschränkt. Unter Berücksichtigung dieser Prämissen ist
nun zu betrachten, welche Aspekte bei der Entscheidung
für oder gegen den Tenure eine Rolle spielen und wie der
Tenure ausgestaltet wird.
1. Die Grundsatzentscheidung:
Tenure oder kein Tenure?
Ein Blick in die Exzellenzeinrichtungen zeigt, dass schon
diese Entscheidung keine einfache ist, sondern durchaus
konfliktbehaftet sein kann. Im Ergebnis wurde nicht allen
Juniorprofessoren bzw. Nachwuchsgruppenleitern eine
Tenure-Option angeboten, das heißt, nicht alle Graduier-
tenschulen und Exzellenzcluster entscheiden sich in jedem
Fall für den Tenure (vgl. hierzu und nachfolgend Sonder-
mann/Bukow/Simon 2010). Die geführten Interviews7be-
stätigen, dass es sich durchaus um einen bewussten Abwä-
gungsprozess handelt, der dieser Entscheidung vorausgeht
– wobei nicht immer das Wunschziel der Antragsteller
durchgesetzt werden konnte und zu Teilen hochschulspezi-
fische Vorgaben die Spielräume stark begrenzen. Geht man
davon aus, dass der Tenure meist ein neu einzuführendes
Instrument ist, so ist zunächst zu klären, was zu einer sol-
chen Innovation führt. Schließlich ist mit Blick auf den be-
kannten Strukturkonservativismus formaler Organisationen
(also auch der Hochschulen, vgl. bspw. Schimank 2008)
davon auszugehen, dass strukturelle Neuerungen nur mit
einem gewissen argumentativen Aufwand durchzusetzen
sind und auch nicht immer organisational wirksam imple-
mentiert werden (vgl. Fußnote 1).
Die Befürworter nennen unterschiedliche Gründe für den
Tenure. Ein institutionelles Argument ist die Möglichkeit
der längerfristigen Planung gerade auch für die Hochschule
selbst: Der Tenure dient damit als Bestandteil der Entwick-
lungsstrategie und soll zu einer planbareren Entwicklung
des Forschungsbereichs beitragen – so soll auch dem in der
Exzellenzinitiative geforderten Gedanken der Nachhaltig-
keit Rechnung getragen werden. Man kann also davon aus-
gehen, dass der Tenure schon in der Antragsphase als be-
gutachtungsrelevantes Element (weil Zeichen einer glaub-
würdigen Nachhaltigkeitsstrategie,
die über bloßes „Projektdenken“
hinausgeht) verstanden wurde. Be-
merkenswert ist (dies bestätigt das
Vorhandensein einer Entschei-
dungsautonomie/-fähigkeit), dass
das Argument der institutionellen
Nachhaltigkeit auch als Gegenargu-
ment herangezogen wird: „(…) der
Institutionsgedanke der Selbstver-
ewigung ist zwar ein Hintergedan-
ke, aber zunächst wollen wir wirk-
lich auch sehen, ob wir mit unserer
Agenda das schaffen, was wir schaf-
fen wollen.“ (Sprecher-Interview)
Ein weiteres zentrales Argument für
den Tenure ist die gesteigerte At-
traktivität der ausgeschriebenen Stellen, die ein Tenure
nach Einschätzung einiger Einrichtungen bringt. Dies ist ge-
rade dann der Fall, so wird berichtet, wenn Wunschkandi-
daten weitere Angebote (mit Tenure) aus dem Ausland
haben. Hier soll das Angebot eines Tenure also Wettbe-
werbsnachteile verhindern. Gleichwohl führt dieser Aspekt
nicht zwangsläufig zum Angebot eines Tenure, die Anbieter
nutzen ihre Entscheidungsfreiheit und nehmen ggf. auch
den Nachtteil, „dass Sie ein bestimmtes Bewerberfeld inter-
nationaler Art nicht bekommen“ (Sprecher-Interview), in
Kauf, wenn andere, wichtigere Gründe gegen ein Tenure-
Angebot sprechen.
Ein solcher Grund gegen den Tenure kann bspw. organisa-
tionsstrategischer Natur sein: Denn ein verlässliches Tenu-
re-Angebot erfordert oftmals bereits in der Antragsphase
eine konkrete, bindende Entscheidung darüber, aus wel-
chen Mitteln und vor allem auf wessen Kosten die Versteti-
gung gewährleistet werden soll (dies ist bspw. dann der
Fall, wenn entsprechende Angebote schon vorab mit „Stel-
lenhülsen“ abgesichert sein müssen, bspw. Berlin und
Schleswig-Holstein). Dass es hierbei in Zeiten knapper fi-
nanzieller Ressourcen zu Verteilungskämpfen kommt, liegt
auf der Hand. Daher kann der Verzicht auf den Tenure als
Instrument einer intraorganisationalen Friedenssicherung
verstanden werden. Konflikte werden vermieden, das Stör-
potenzial etwaiger Veto-Player, das gerade bei der Ein-
führung neuer Instrumente beträchtlich sein kann, wird
vorab antizipiert. In dieser Lesart ist ein Tenure stets auch
als finanzieller Zukunftsverbrauch, als (zu) frühe Festlegung
auf bestimmte Forschungsfelder zu verstehen, was zwar ei-
nerseits (von der „Nehmerseite“) gewünscht sein kann, an-
dererseits (bei der „Geberseite“) auf wenig Gegenliebe
stoßen dürfte. Insofern überrascht es nicht, dass ein Tenure
dort leichter angeboten werden kann, wo es bereits institu-
tionelle Erfahrungen mit diesem gibt: „(…) die Tenure Track
Geschichte ist Gott sei Dank (…) üblich. (…) Das ist quasi
ein Automatismus.“ (Sprecher-Interview) Doch auch nor-
mativ-kulturelle Gründe spiele ein Rolle bei der Ablehnung
des Tenure: „Ich finde, das hat sich bewährt, dass die Leute
Abbildung 1: Entscheidungsweg zum Tenure-Angebot
7 Die nachfolgende Betrachtung beruht auf leitfadengestützten Interviews,
die das iFQ von 10/2009 bis 02/2010 mit Sprecher/innen von Graduier-
tenschulen und Exzellenzclustern geführt hat. Diese werden nachfolgend
mit „Sprecher-Interview“ gekennzeichnet.
63
S.
Bukow
&
M.
Sondermann
Verschärfter
Wettbewerb
um
exzellente
...
QiW
QiW 3/2010
(…) ein zweites Buch schreiben, und dann müssen sie eben
in die Tretmühle des Bewerbungsprozesses. Also solche
Entfristungsgeschichten finde ich nicht erstrebenswert.
Und deswegen wird es das hier auch nicht geben.“ (Spre-
cher-Interview) Schließlich ist es vielen Einrichtungen auch
gar nicht möglich, umfassende Tenure-Angebote zu ge-
währen: „Wir können realistischer Weise nicht alle guten
jungen Leute halten, und wir sollten das vielleicht auch gar
nicht wollen. Denn es gehört ja auch dazu, dann mal wie-
der woanders hinzugehen.“ (Sprecher-Interview). Hier wird
deutlich, dass mit dem Tenure teilweise auch die Gefahr
verbunden wird, dass durch diese lokale Entfristung mit der
tradierten Praxis des mehrfachen Ortswechsels (mit dem
Ziel, unterschiedliche Forschungskontexten bzw. -kulturen
zu erfahren) gebrochen wird. Insofern wird ein Verzicht auf
Tenure durchaus positiv gedeutet: „Also wenn wir für die
eine Art Durchlauferhitzer sind und die daraufhin attraktive
andere Angebote bekommen, ist uns das ja nur recht.“
(Sprecher-Interview) Zudem zeigen unsere Interviews, dass
einige Sprecher (gerade von Exzellenzclustern) davon aus-
gehen, dass „ihre“ Nachwuchswissenschaftler durch die
„exzellenten“ infrastrukturellen Rahmenbedingen ohnehin
rasch Rufe von außerhalb erhalten werden. Interessanter-
weise wird dieser „Verlust“ der (aufwändig) rekrutierten
Clusterwissenschaftler auch als Nachweis zugleich exzellen-
ter Personalauswahl und Forschungsbedingungen im Exzel-
lenzcluster interpretiert. Allerdings zeigen sich hier grund-
legende normativ-kulturelle Unterschiede innerhalb der
Gruppe der Exzellenzeinrichtungen, andere Sprecher ver-
treten eine diametral unterschiedliche Position: „(…) wir
kriegen hervorragende Postdocs und hervorragende Dokto-
randen (…) Die etablieren sich hier. (…) Die können teil-
weise super gut werden, ja? (…) Die sind voll ausgebildet,
sind gerade im vollen Saft, dann werden sie rausgeschmis-
sen. Das ist doch bizarr!“ (Sprecher-Interview)
2. Die Tenure-Ausgestaltung: Tenure Option oder Tenure
Track?
So schwierig die Entscheidung für einen Tenure sein
mag: Das „Ja“ zum Tenure sagt noch nicht alles darüber aus,
was sich dahinter verbirgt.
Den
Tenure kann man an exzel-
lenzgeförderten Hochschulen bis dato (noch) nicht erken-
nen. Es gibt vielmehr eine Reihe unterschiedlicher Tenure-
Varianten. Zwei Grundmodelle lassen sich jedoch heraus-
destillieren: Die
Tenure Option
und der
Tenure Track
(vgl.
Abbildung 1). Beiden Varianten ist gemein, dass sie an der
jeweiligen Hochschule (zumeist) „Neuland“ sind. In einigen
Fällen sind diese Tenure sogar so neu, dass die Entwicklung
der Verfahren und Kriterien, die letztendlich zur Entschei-
dung über die Dauerprofessur führen sollen, hinterher-
hinkt. Dies führt dazu, dass an einigen Exzellenzeinrichtun-
gen Wissenschaftler zwar grundsätzlich über einen Tenure
in der einen oder anderen Form verfügen, sie aber über das
(in wenigen Jahren bevorstehende) Evaluationsverfahren
nicht im Detail Bescheid wissen können. Hier spiegelt sich
die Neuheit des Instruments Tenure wider. Problematisch
kann dabei sein, dass diese Nachwuchswissenschaftler
dann im Extremfall gewissermaßen auch zum „Erprobungs-
fall“ für zweckmäßige Verfahren werden können.
Dennoch lassen sich schon jetzt die beiden Varianten
Te-
nure Option
und
Tenure Track
hinsichtlich einer Dimension
klar voneinander abgrenzen, nämlich hinsichtlich der indi-
viduellen Planungssicherheit, die der Tenure ja eigentlich
zu bieten verspricht. Konkret meint die
Tenure Option
, in
der Praxis häufig als
Kompetitiver Tenure
betitelt, dass im
Grundsatz eine Verstetigung der Position möglich und vor-
gesehen ist, hierbei aber kein auf eine Person zugeschnitte-
nes Verfahren stattfindet. Vielmehr stehen die (internen)
Kandidaten im (internen) Wettbewerb, wobei in diesem
Fall auf eine externe Ausschreibung verzichtet werden
kann. In diesen Fällen liegt die Zahl der Dauerstellen deut-
lich unter der Zahl potenzieller Bewerber. Der dabei entste-
hende Wettbewerb wird innerhalb der Exzellenzeinrichtung
generiert, so dass hier schon früh ein interner Konkurrenz-
druck entsteht. Die Effekte und Konsequenzen dieser Situa-
tion lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht
einschätzen; sicher ist, dass diese Situation jedoch die in-
terne Konkurrenz verschärft, was auch von Seiten der
Nachwuchswissenschaftler durchaus wahrgenommen wird,
wie bspw. der Sprecher einer Graduiertenschule, an wel-
cher für knapp eine Hand voll Nachwuchswissenschaftler
nur ein Tenure eingeplant ist, betont.
Ein ungleich höheres Maß an Planbarkeit verspricht dage-
gen der
Tenure Track
. In diesen Fällen wurde eine perso-
nenbezogene Zusage auf Entfristung gegeben, mit Blick auf
das US-amerikanische Vorbild also gewissermaßen ein
„echter“ Tenure. Vorgesehen ist hier zum Ende eines be-
stimmten Dauer als befristet Beschäftigter eine Evaluation
der individuellen Leistung des Tenure Kandidaten. Die Ver-
fahren waren zum Zeitpunkt unserer Interviews noch nicht
durchgeführt und auch beim Tenure Track sind wie bei der
Tenure Option verschiedentlich die genauen Details des
Verfahrens und auch der Kriterien inkl. ihrer Gewichtung
noch nicht klar definiert (siehe oben). Geplant ist bei den
Tenure Tracks auf eine Ausschreibung zu verzichten. Dies
schafft damit für den Nachwuchswissenschaftler eine ver-
lässlichere Planungsgrundlage. Vor allem dann, wenn die
Evaluationskriterien frühzeitig klar vereinbart sind. Im Ge-
genzug ist jedoch für die Hochschulen der „Zukunftsver-
brauch“ größer. Frühe Festlegung auf bestimmte Personen
(und ihre Forschungsschwerpunkte) bedingen eine langfris-
tige forschungsstrategische Schwerpunktsetzung. Dieser
Aspekt ist durchaus gewünscht und liegt im Zielraster der
Exzellenzinitiative. Gleichwohl stellen diese Zusagen die
geförderten Hochschulen teilweise vor ernorme Herausfor-
derungen. Einige interviewte Sprecher schilderten, dass sie
deswegen eine Verhandlung mit den beteiligten Fakultäten
darüber, für welche Professuren im Zuge der Antragstellung
für eine Graduiertenschule oder einen Exzellenzcluster nun
Verstetigungszusagen gemacht werden sollten, für nicht
Ziel führend erachtet haben: „Ich muss jetzt sagen, ich habe
das (Anm.: Tenure) nicht zu einem besonders starken Punkt
gemacht. Warum nicht? Weil (…) bevor wir überhaupt
erste Meriten verdient haben, bevor überhaupt irgendet-
was klar ist…mit Fachbereichen…in Verhandlungen einzu-
treten über Fixierungen von Stellen, ... das habe ich ehrlich
gesagt für fruchtlos und sinnlos gehalten.“ (Sprecher-Inter-
view)
Andererseits sind vielerorts tatsächlich zahlreiche Tenure-
Angebote gemacht worden. Diese nun erfüllen zu können,
gleichzeitig genügend Manövriermasse für die Weiterent-
wicklung der Hochschule zu erhalten und nun auch noch
für die in 2012 anstehende neue Antragsrunde zur Exzel-
64
FFoorrsscchhuunngg
üübbeerr
QQuuaalliittäätt
iinn
ddeerr
WWiisssseennsscchhaaffttQiW
QiW 3/2010
lenzinitiative erneut Zusagen zu machen, kommt gegen-
wärtig zwischen Kiel und Konstanz für manche Hochschule
der Quadratur des Kreises gleich. Dieser Herausforderung
sind sich die Sprecher der Exzellenzeinrichtungen durchaus
bewusst. Die Konsequenzen der Schwerpunktbildung im
jeweiligen Themenbereich – so sehr die beteiligten Wissen-
schaftler der Graduiertenschulen und vor allem der Exzel-
lenzcluster davon sicher profitieren – werden durchaus mit-
gedacht. Pars pro toto sei hier folgende Einschätzung eines
Interviewten angeführt: „Und was halt jetzt sicher stattfin-
det, dass (…) da irgendwelche Leuchttürme hinein konzen-
triert werden. Und andere Bereiche im gewissen Sinn ver-
nachlässigt werden. (…) so ein bisschen konzentrieren ist
gut, aber wenn das in krebsartige Geschwulste irgendwo
ausartet, dass der Krebs den anderen alles wegfrisst, dann
ist das krank. Und in dem Sinn ist es sicher für die Univer-
sitäten langfristig nicht so einfach, sozusagen ein wirklich
gut ausgewogenes Maß zu finden, dass man einerseits
diese Leuchttürme schön vernetzt und voranbringt, aber
umgekehrt trotzdem einen gesunden Grundsockel für alle
Ausbildungen hat.“ (Sprecher-Interview)
55..
ZZuussaammmmeennffaassssuunngg
uunndd
AAuussbblliicckk
AAusgangspunkt der Betrachtung war der Befund, dass sich
die Hochschulen zunehmend in einem wettbewerblichen
Umfeld befinden. Dabei kommt dem Wettbewerb um die
besten Köpfe auch und gerade im Bereich der Nachwuchs-
wissenschaftler eine zentrale Rolle zu. Die Exzellenzinitiati-
ve hat hier die Einführung neuer Rekrutierungsstrategien
befördert. Ein Instrument zur Steigerung der Attraktivität
einer Hochschule ist dabei der Tenure, der in Deutschland
bis dato oftmals noch Neuland ist. Es wurden einige Aspek-
te aufgezeigt, die die Entscheidungsfindung zur Einführung
und Ausgestaltung des Tenure beeinflussen und welche
zentralen Überlegungen dabei eine Rolle spielen.
Abschließend gilt es festzuhalten, dass die Realität in der
Organisationspraxis naturgemäß vielfältiger und fluider ist
als hier dargestellt werden kann. Gerade das neue Instru-
ment „Tenure“ ermöglicht und erfordert unterschiedliche
Ausgestaltungsvarianten und ist vielfach ein
(institutional)
learning on demand
, also ein Prozess, der erst dann zu kon-
kreten (Ausgestaltungs-)Entscheidungen führt, wenn diese
unmittelbar erforderlich sind. Der dynamische Wettbewerb
und die Neuheit des Instruments erlauben den Hochschu-
len dabei einen in gewisser Weise experimentellen Umgang
mit diesem Instrument, man könnte auch von einer organi-
sationalen „Muddling-Trough-Strategie“ sprechen. Denn im
Zweifel vertraut man in der Umsetzung der Tenure-Zusagen
auf „die Kurzfristigkeit von Verwaltungsentscheidungen“
und die Erfahrung, dass „am Ende immer (…) Lösungen ge-
funden werden“ (Sprecher-Interview).
So kann gegenwärtig noch nicht gesagt werden, in wie weit
sich der Tenure an den Hochschulen durchsetzen wird. Er-
kennbar ist gleichwohl schon jetzt, dass die Hochschulen
im Wettbewerb um die besten Köpfe auf dieses Instrument
setzen. Zugleich zeigen die Daten, dass manche Akteure
auch bewusst auf ein Tenure-Angebot verzichten, auch
wenn damit ggf. ein Wettbewerbsnachteil in Kauf genom-
men wird. Das Instrument „Tenure“ erfordert ganz offen-
sichtlich einen komplexen und nicht immer einfachen Ab-
wägungsprozess, in dem – geprägt von den jeweiligen insti-
tutionellen Rahmenbedingungen – unterschiedliche ratio-
nal-strategische und normativ-individuelle Argumente eine
Rolle spielen. So werden anhand des Tenure durchaus un-
terschiedliche Handlungsstrategien seitens der Hoch-
schulakteure erkennbar. Es gibt hier weder ein regelmäßi-
ges Tenure-Angebot noch (im Angebotsfall) ein Tenure-
Standardmodell. Bezogen auf die Positionierung im Wett-
bewerb heißt das, dass es auch hier keine Standardlösung
gibt, die eine optimale Positionierung garantiert, vielmehr
prägen hochschul- oder gar einzelfallspezifische Lösungen
das Bild. Deutlich wird jedoch, dass die seit kurzem beste-
henden rechtlichen Freiheiten (teilweise extensiv) genutzt
werden, um im Wettbewerb um die Besten mithalten zu
können. So führt dieser Wettbewerb zunächst einmal zu
einer größeren Vielfalt an Rekrutierungsstrategien, und es
wird sich noch herausstellen, ob und ggf. welches Vorge-
hen sich als besonders erfolgreich herausstellt. Offen bleibt
an dieser Stelle gleichwohl, ob die aus Anbietersicht (teil-
weise) als wichtig eingestuften Tenure-Angebote auch von
Seiten der Nachfrager – den Wissenschaftlern – als attrakti-
vitätssteigerndes Element bewertet werden. Hierzu erhebt
das iFQ gegenwärtig Daten, um so zu klären, ob die Strate-
gie der Hochschulen bzw. Exzellenzeinrichtungen auch die
Interessenlage der Bewerber trifft.
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um
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Dipl.-Geogr., Institut für
Forschungsinformation und Qualitätssicherung (iFQ
Bonn), E-Mail: sondermann@forschungsinfo.de
Dr. des. Sebastian Bukow, Dipl.-Soz., wissen-
schaftlicher Mitarbeiter, Institut für Forschungsin-
formation und Qualitätssicherung (iFQ Bonn),
E-Mail: bukow@forschungsinfo.de
RReennéé
KKrreemmppkkooww
Leistungsbewertung,
Leistungsanreize
und
die
Qualität
der
Hochschullehre
Konzepte,
Kriterien
und
ihre
Akzeptanz
Mehr als eineinhalb Jahrzehnte sind vergangen, seit das Thema Bewertung der
Hochschulleistungen und dabei vor allem der „Qualität der Lehre” in Deutsch-
land auf die Tagesordnung gebracht wurde. Inzwischen wird eine stärker leis-
tungsorientierte Finanzierung von Hochschulen und Fachbereichen auch im Be-
reich der Lehre immer stärker forciert. Bislang nur selten systematisch unter-
sucht wurde aber, welche (auch nicht intendierten) Effekte Kopplungsmechanis-
men zwischen Leistungsbewertungen und Leistungsanreizen wie die Vergabe fi-
nanzieller Mittel für die Qualität der Lehre haben können. Für die (Mit-)Gestal-
tung sich abzeichnender Veränderungsprozesse dürfte es von großem Interesse
sein, die zugrundeliegenden Konzepte, Kriterien und ihre Akzeptanz auch em-
pirisch genauer zu untersuchen. Nach der von KMK-Präsident Zöllner angereg-
ten Exzellenzinitiative Lehre und der vom Wissenschaftsrat angeregten Lehrpro-
fessur sowie angesichts des in den kommenden Jahren zu erwartenden Erstse-
mesteransturms könnte das Thema sogar unerwartet politisch aktuell werden.
Im Einzelnen werden in dieser Untersuchung die stark auf quantitative Indika-
toren (v.a. Hochschulstatistiken) bezogenen Konzepte zur Leistungsbewertung
und zentrale Konzepte zur Qualitätsentwicklung bezüglich ihrer Stärken und
Schwächen sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten diskutiert. Bei der Diskus-
sion von Leistungsanreizen wird sich über den Hochschulbereich hinaus mit
konkreten Erfahrungen in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung auseinander-
gesetzt – auch aus arbeitswissenschaftlicher und gewerkschaftlicher Sicht. Bei
der Diskussion und Entwicklung von Kriterien und Indikatoren zur Erfassung
von Qualität kann auf langjährige Erfahrungen und neuere Anwendungsbei-
spiele aus Projekten zur Hochschulberichterstattung mittels Hochschulstatisti-
ken sowie Befragungen von Studierenden und Absolventen sowie Professoren
und Mitarbeitern zurückgegriffen werden. Abschließend werden Möglichkei-
ten zur Einbeziehung von Qualitätskriterien in Leistungsbewertungen und zur
Erhöhung der Akzeptanz skizziert, die zumindest einige der zu erwartenden
nicht intendierten Effekte und Fehlanreizwirkungen vermeiden und damit zur
Qualität der Lehre beitragen könnten.
RReeiihheeQQuuaalliittäätt
-
EEvvaalluuaattiioonn
-
AAkkkkrreeddiittiieerruunngg
ISBN 3-937026-52-5, Bielefeld 2007,
297 Seiten, 39.00 Euro
Bestellung - Mail: info@universitaetsverlagwebler.de, Fax: 0521/ 923 610-22
66
FFoorrsscchhuunngg
üübbeerr
QQuuaalliittäätt
iinn
ddeerr
WWiisssseennsscchhaaffttQiW
QiW 3/2010
In
den
USA
führten
die
starken
Unterschiede
zwischen
den
Bundesstaaten
bei
der
Einwerbung
von
öffentlich
verge-
benen
Drittmitteln
bereits
in
den
späten
1970iger
Jahren
zu
politischen
Auseinandersetzungen
darüber,
ob
sich
dies
ge-
genüber
einer
Leistungsfähigkeit
des
nationalen
Hochschul-
und
Wissenschaftssystem
nachteilig
erweist.
Im
Anschluss
an
diese
Debatte
wurde
ein
auf
(Chancen-))Gleichheit
zie-
lender
Ansatz
bei
der
Verteilung
öffentlicher
Forschungsgel-
der
durch
die
National
Science
Foundation
eingeführt.
Das
Programm
„Experimental
Program
to
Stimulate
Competitive
Research“
hat
das
Ziel,
der
zunehmenden
geografischen
Ungleichverteilung
und
steigenden
Konzentration
von
öf-
fentlichen
Drittmitteln
für
universitäre
Forschung
durch
eine
Regionalverteilung
entgegen
zu
wirken.
Zugleich
wird
das
Prinzip
eines
leistungsbasierten
Antragsverfahrens
berücksichtigt,
da
sich
die
Bundesstaaten
um
diese
zusätzli-
chen
Gelder
ebenfalls
bewerben
müssen.
Die
Teilnahme
am
Wettbewerb
wird
solchen
Bundesstaaten
bewilligt,
die,
laut
NSF-FFörderranking,
nur
geringfügig
Drittmittel
für
univer-
sitäre
Forschung
einwerben.
Der
Beitrag
fasst
zunächst
die
wichtigsten
Merkmale
des
amerikanischen
Regionalpro-
gramms
und
seine
Wirkung
hinsichtlich
der
Verbesserung
der
Chancengleichheit
durch
Steigerung
der
Antragsfähig-
keit/-eerfolg
und
dem
Auf-//Ausbau
wissenschaftlicher
Infra-
struktur
zusammen.
Danach
folgt
eine
Darstellung
der
Re-
gionalverteilung
der
öffentlichen
Forschungsmittel
in
Deutschland.
Schließlich
wird
im
Anschluss
daran
die
Frage
gestellt,
ob
das
Prinzip
‚EPSCoR’
auf
das
deutsche
Hoch-
schul-
und
Wissenschaftssystem
übertragbar
ist.
11..
DDaass
aammeerriikkaanniisscchhee
RReeggiioonnaallpprrooggrraammmm
EEntgegen einiger zunächst kritischer Stimmen durch die
National Science Foundation (NSF) wurde 1979/80, in Zu-
sammenarbeit mit dem amerikanischen Kongress, die zu-
sätzliche Förderlinie „Experimental Program to Stimulate
Competitive Research“ (kurz: EPSCoR), zunächst als ‚Experi-
ment’ für den Zeitraum von fünf Jahren, eingeführt. Die Kri-
tik richtete sich zuvorderst gegen die Einführung einer
Quotierung der Mittelvergabe durch einen Regionalansatz.
Die Einführung eines solchen Schlüssels würde der bishe-
rigen Leistungs- resp. Exzellenzorientierungen im Wettbe-
werb um öffentliche Forschungsgelder entgegen stehen:
„The NSF should continue to support the presently existing
concentrations of scientific R&D activity; this is extremely
important to the national welfare. To destroy them because
they are successful would be the height of folly.“ (Hauger,
2004, S. 98). Darüber hinaus wurde angemerkt, dass der
Bereich der universitären Forschung, Schwerpunkt im För-
derportfolio der NSF, zu wenig Berücksichtigung fand. Die
Abgeordneten waren hingegen stark motiviert, günstigere
Voraussetzungen für ihre Bundesstaaten zu schaffen, um so
deren Potenzial besser zu nutzen. Vor diesem Hintergrund
der Auseinandersetzung lässt sich die Einführung EPSCoRs
durchaus als eine für beide Seiten gewinnbringende Kom-
promisslösung bezeichnen. Denn EPSCoR bedeutet: (1)
Berücksichtigung der Regionalverteilung durch Stärkung
schwächerer Bundesstaaten, (2) Vergabe der Gelder durch
ein integriertes Wettbewerbsverfahren, gemäß der Perfor-
manzorientierung der NSF und (3) eine Schwerpunktset-
zung auf universitäre Forschung. Damit soll erreicht wer-
den: „(...) to strengthen research and education in the
sciences and engineering, including independent research
by individuals, throughout the United States, and
to avoid
undue concentration
of such research and education.“
(Legal Act NSF, 1950; §1862: Function (e), siehe:
http://www4.law.cornell.edu/uscode/uscode42/usc_sec_4
2_00001862----000-.html, letzter Zugriff: November
2009). Das Ziel ist Bestandteil des übergeordneten Man-
dats der NSF, das bei Gründung der Institution, 1950, fest-
gelegt wurde, und welches nun mit dem Regionalpro-
gramm prinzipielle Umsetzung findet.
Die weiteren Ziele, die die NSF mit dem Programm verbin-
det, lauten: „(...) Increase the R&D competitiveness of an
eligible state through the development and utilization of
the science and technology (...) resources residing in its
major research universities (...). EPSCoR achieves its objec-
tives by: (1) stimulating sustainable S&T infrastructure im-
provements at the state and institutional levels that signifi-
cantly increase the ability of EPSCoR researchers to compe-
te for federal and private sector R&D support, and (2) pro-
viding means to accelerate the movement of EPSCoR re-
searchers and institutions into the mainstream of federal
and private sector R&D support“ (s. http://www.ehr.nsf.
gov/EHR/EPSCOR/info.HTM, letzter Zugriff: Juli 2010, zi-
tiert nach: Matthews 2008, S. 7).
Im Jahr 2010 verfügt EPSCoR über ein Budget von 147,1
Mio. Dollar. Ein Großteil der Mittel werden im Rahmen des
sog. Research Infrastructure Improvements (2010/114,4
Mio. Dollar), als eine von mehreren Programmlinien verge-
ben. Diese Gelder werden in erster Linie, wie der Name
schon sagt, genutzt, um die wissenschaftliche Infrastruktur
in den Bundesstaaten auf- und auszubauen. (Darüber hin-
aus verfügt das Programm noch über weitere Investitions-
NNaaddiinn
FFrroommmm
&&
GGeerrdd
GGrröözziinnggeerr
SSoollllttee
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DDFFGG
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EEPPSSCCooRR-PPrrooggrraammmm
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GGeessttaallttuunngg
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uumm
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FFoorrsscchhuunnggssggeellddeerr
Gerd Grözinger
Nadin Fromm
67
N.
Fromm
&
G.
Grözinger
Sollte
auch
die
DFG
ein
EPSCoR-PProgramm
auflegen?
QiW
QiW 3/2010
strategien, wie: „Co-Funding“, „Outreach
and Workshops“, ausführliche Informatio-
nen s. http://www.nsf.gov/od/oia/pro-
grams/epsc or/about.jsp, letzter Zugriff:
September 2010).
Ingesamt erhalten nach 30jähriger Laufzeit
gegenwärtig 25 Bundesstaaten plus zwei
Außenterritorien, im Rahmen von EPSCoR,
Mittel zur Unterstützung des universitären
Forschungsbereichs, zwei weitere sind im
Antragsstatus. Anspruch zur Teilnahme am
EPSCoR-Verfahren erhalten nur solche
Bundesstaaten, die im Drei-Jahres-Ranking
der NSF weniger als 0,75% Drittmittel für
ihre Forschung einwerben konnten. (Für
den Beispielzeitraum 2006-2008 lassen
sich ausführliche Angaben zu den einge-
worbenen NSF-Drittmittel je Bundesstaat
finden, s. http://www.nsf.gov/ od/oia/pro-
grams/epscor/eli gibilitytable09.pdf, letzter
Zugriff: September 2010). Doch eine gerin-
ge Drittmittelquote ist allein keine Garantie, um zusätzliche
Gelder zu erhalten. Die für befugt erklärten Bundesstaaten
müssen sich im weiteren Verlauf in einem Wettbewerb
durchsetzen. Laut Auskunft der Programmverantwortlichen
entspricht das Verfahren der üblichen Bewertungspraxis der
NSF (s. Merit Review Process der NSF, s. http://www.nsf.
gov/bfa/dias/policy/meritreview/, letzter Zugriff: Septem-
ber 2010).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich EPSCoR in den
letzten Jahrzehnten vierfach ausgedehnt hat: (1) umfasst die
Zahl der berechtigten Einheiten mittlerweile mehr als die
Hälfte der amerikanischen Bundesstaaten, (2) sind auch die
dafür allozierten Mittel der NSF im Steigen begriffen, (3)
haben andere öffentliche Forschungsförderungen ihrerseits
EPSCoR-ähnliche Programme aufgelegt. (Insgesamt umfas-
sen die solcherart vergebenen Mittel über 400 Mio.
Dollar/FY2008) und (4) schließlich hat sich die mit EPSCoR
verbundene Strategie der Steigerung der Wettbewerbsbe-
fähigung universitärer Forschung auf die sozio-ökonomische
Entwicklung eines Bundesstaates auf Grundlage eines wis-
senschaftsbasierten Technologietransfers erweitert.
Die Frage, ob EPSCoR positive Auswirkungen auf die An-
tragsfähigkeit und die Drittmittelquote der teilnehmenden
Universitäten bedeutet, kann nur eingeschränkt beantwor-
tet werden. Denn der Einfluss der zusätzlichen EPSCoR-
Dollar auf die wissenschaftliche Wettbewerbsfähigkeit
eines Bundesstaates lässt sich nur schwer quantifizieren.
Bisher sind keine Daten verfügbar, um die Wirkung einer
einzelnen Programmlinie auf die gesamte wissenschaftliche
Leistungsfähigkeit eines Bundesstaates zu berechnen.
Allerdings lässt sich ein positiver Trend abbilden. So unter-
streicht Tabelle 1 zunächst anhand des Publikationsoutputs
die anhaltenden bestehenden Unterschiede zwischen den
US-Bundesstaaten. In Abbildung 1 kann anhand der Daten
zum durchschnittlichen Publikationsoutput je Tsd. promo-
vierter Wissenschaftler aber auch gezeigt werden, dass sich
die Regionen im Zeitverlauf leicht annähern. Die nachfol-
gende Abbildung 2 bietet einen weiteren Grund zur positi-
ven Bilanzierung und macht erkennbar, dass die Bundes-
staaten mit EPSCoR ihre Drittmittelquote fast immer stei-
gern konnten. Und die strukturelle Drittmittelwettbe-
werbsfähigkeit zu steigern ist das zentrale Ziel des Pro-
gramms.
Abschließend können noch einige Bemerkungen qualitati-
ver Art hinzugefügt werden. Die Programmverantwort-
lichen verweisen auf die dynamisierende Wirkung, die EPS-
CoR bedeuten kann. Nach den Wirkungen des Programms
befragt, sind sich die Verantwortlichen in den Bundesstaa-
ten einig, dass EPSCoR eine Stimulanz der Forschungsorien-
tierung, eine Anleitung zur Schwerpunksetzung der univer-
sitären Forschung und die Entwicklung einer allgemeinen
Innovationsstrategie in den berechtigten Bundesstaaten be-
wirkt hat. Oftmals stellt das Programm eine der ersten Ini-
tiativen in der Richtung vor Ort dar und darf als kompensa-
torisch für einen kaum existierenden ‚policy-body’ (zitiert
nach: Hauger 2004) in dem Bereich auf Bundesstaaten-
ebene bezeichnet werden. Das hat dann u.a. zur Folge, dass
weitere politische Maßnahmen durch State & Local Gov-
ernment folgen, um die Wirkungen des Programms weiter
auszubauen und nachhaltig zu unterstützen.
22..
ÖÖffffeennttlliicchhee
FFoorrsscchhuunnggssfföörrddeerruunngg
iinn
DDeeuuttsscchhllaanndd
––
EEPPSSCCooRR
mmeeeettss
DDFFGG
AAuch in Deutschland besteht ein erhebliches regionales
Ungleichgewicht von Forschung. Soweit das private Mittel
Tabelle 1: Publikationsoutput nach EPSCoR und Non-EPSCoR-Bundesstaaten
Abbildung 1: Publikationsoutput je Tsd. Wissenschaftler (mit Promotion)
nach EPSCoR und Non-EPSCoR-Bundesstaaten
Quellen der Daten: Science and Engineering Indicators 2010,
Tabelle 8-42, S. 8-93
68
FFoorrsscchhuunngg
üübbeerr
QQuuaalliittäätt
iinn
ddeerr
WWiisssseennsscchhaaffttQiW
QiW 3/2010
betreffen, ist dies oft dem Industrieanteil im jeweiligen
Bundesland geschuldet (hier hat etwa Baden-Württemberg
mit seiner Zentrierung auf Automobil, Maschinenbau und
Elektrotechnik eine Spitzenposition, indem es gut ein Vier-
tel aller FuE-Ausgaben auf sich vereinigt). Aber die öffent-
liche Forschungsförderung versucht hier gar nicht erst dem
entgegen zu wirken, sondern schafft ganz eigene Ungleich-
gewichte. In Tabelle 2 ist dargestellt, welche Mittel jedes
Land für FuE selbst ausgibt und was es aus Bundesmitteln
erhält. Angegeben ist auch die Relation zum „Königsteiner
Schlüssel“ (K.S.), der im Wissenschaftsbereich den meistbe-
nutzten Standard für eine ‚angemessene’ Aufteilung der
Länder darstellt. Dieser berechnet sich zu zwei Drittel nach
dem aktuellen Steueraufkommen und zu einem
Drittel nach der Bevölkerungsgröße. Der
Schlüssel wird seit 1949 für zahlreiche Bund-
Länder-Aufteilungen vor allem im Wissen-
schaftsbereich angewandt. Alternativberech-
nungen ändern dabei wenig, da der K.S. mit
anderen Gewichtungen hoch korreliert (r =
0,985** mit dem BIP, r = 0,999** mit der Bevöl-
kerung).
In der Tabelle wird deutlich, dass sowohl bei
den Länder- wie den Bundesmitteln erhebliche
Differenzen herrschen. Auf Seiten der Länder
haben vor allem die relativ wirtschaftsstarken
Stadtstaaten immer hohe Mittel zu veraus-
gaben und die in ihrer Wirtschaftsstruktur tra-
ditionell geprägten westlichen Flächenländer,
wie Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein oder
Nordrhein-Westfalen dagegen besonders nied-
rige. Die neuen Bundesflächenländer weisen
sowohl Werte über als auch unter dem Durch-
schnitt auf, wobei die positive Seite nur durch
Sachsen repräsentiert wird. Und besonders auf-
fällig ist der bestehende Zusammenhang von
FuE-Ausgaben des Bundes und der jeweiligen
Länder. Beide Verteilungen korre-
lieren eng (die beiden letzten
Spalten mit r = 0,783**).
Wenn einzelnen Bundesländern
mit schwachen finanziellen Mög-
lichkeiten die Kraft fehlt, in wis-
sensbasierte Einrichtungen zu in-
vestieren, scheint es auch der
Bund nicht als seine Aufgabe an-
zusehen, hier ausgleichend tätig
zu werden. Im Gegenteil. Die
Zahlungen der Zentralebene ak-
zentuieren sogar noch das Un-
gleichgewicht der Bundesländer.
Während bei den Länderausga-
ben das adjustierte Minimum 70
und das Maximum 135 beträgt,
erreichen die Werte für den Bund
33 und 265.
Hochschulen in Ländern, die re-
lativ finanzschwach sind bzw. die
der Wissenschaft weniger Bedeu-
tung als anderen Politikfeldern
zuweisen, haben zumindest
theoretisch eine gewisse Chance
sich von ihren Regierungen unabhängiger zu machen, wenn
sie bei der Einwerbung von Drittmitteln besonders erfolg-
reich sind. Es lässt sich sogar von einem zunehmenden
Druck in diese Richtung ausgehen, denn die - ihre Hoch-
schulen via Grundmittel finanzierenden - Länder scheinen
immer weniger gewillt, Forschung auf diesem klassischen
Weg mitzufinanzieren. Ein Indikator dafür ist die Entwick-
lung des Verhältnisses dieser beiden Größen. Drittmittel
Abbildung 2: NSF Research Support Funding, by cohorts (1980-2004)
Quelle: NSF 2009
Tabelle 2: FuE-Ausgaben der öffentlichen Hand
nach Bundesländern (2007)1
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung 2010, S. 441, 446
1In der Tabelle 2 sind die Werte über 100 in den letzten beiden Spalten
fettgedruckt, um hervorzuheben, wann die Bundesländer überdurch-
schnittlich viele Mittel ausgeben bzw. erhalten.
69
QiW 3/2010
N.
Fromm
&
G.
Grözinger
Sollte
auch
die
DFG
ein
EPSCoR-PProgramm
auflegen?
QiW
pro 100 Euro Grundmittel umfassten 1996 14 Euro, 2000
schon 18 Euro und 2005 21 Euro (Wissenschaftsrat 2008,
S. 16).
Von besonderer Bedeutung ist dabei die DFG, da hier so-
wohl vom Auftrag - Grundlagenforschung zu finanzieren -
wie von der Größenordnung des Budgets her der einfluss-
reichste Geldgeber für die Hochschulen benannt ist. Der
statistische Zusammenhang zwischen den Drittmitteln
überhaupt und den DFG-Bewilligungen hat die DFG selbst
einmal mit einem r=0,96 angegeben, einem Wert der
„praktisch kaum zu überschreiten“ ist (Deutsche For-
schungsgemeinschaft 2003, S. 35).
In Tabelle 3 ist deshalb die Regionalverteilung ihrer Zuwen-
dungen angegeben und wieder in Relation zum ‚Königstei-
ner Schlüssel’ gesetzt.2Und zwar geht es hier um die ‚Net-
toverteilung’, also was ein Land nach Abzug seines Beitrags
zur (Bund-Länder-finanzierten) DFG erhält. Neben den Zu-
wendungen insgesamt sind noch die besonders wichtigen
Programmarten Allgemeine Forschungsförderung, Sonder-
forschungsbereiche, Graduiertenkollegs und Exzellenzinitia-
tive angegeben. Nicht berücksichtigt ist der – relativ gerin-
ge – Anteil nicht-regionalisierbarer Mittel, etwa für die Ge-
schäftsstelle der DFG.
Die Größen zeigen die schon bekannte ungleiche Regio-
nalverteilung. Für die hier dargestellten DFG-Mittel insge-
samt reicht die Spannbreite der Relation von 10 (Branden-
burg) bis 420 (Bremen). Bei der detallierteren Betrachtung
ergibt sich, dass in der Allgemeinen Forschungsförderung
(‚Normalverfahren’) das Verhältnis am wenigsten verzerrt
ist. Hier beträgt die Relation 21 zu 297. Die Einzelförde-
rung im Normalverfahren ist - noch - das relativ finanz-
stärkste Programm der DFG, dicht gefolgt von den Sonder-
forschungsbereichen. Aber seine Bedeutung nimmt weiter
ab. Wurden 2003 noch 35,1% der Mittel
hierin verausgabt, sank dieser Anteil 2006
auf 31,9% und 2007 auf 29,3% (Wissen-
schaftsrat 2008, S. 27).
Bei den Sonderforschungsbereichen dage-
gen ist das Verhältnis besonders polarisiert.
Es beginnt mit minus 28 (bei einem negati-
ven Wert zahlt ein Land mehr ein, als es er-
hält) und geht bis zu einem Wert von 480.
Vor diesem Hintergrund ist die Stellung-
nahme des Wissenschaftsrats zu den SFBs
interessant, die eine gewisse Skepsis ge-
genüber der Bedeutungssteigerung dieser
Förderlinie erkennen lässt: „Zum anderen
müssen notwendigerweise auch angemes-
sene Möglichkeiten zur Förderung anderer
Forschungsverbünde (wie etwa Forscher-
gruppen) sowie v.a. auch von Einzelprojek-
ten bestehen. Diese Instrumente sollten
großen Forschungsverbünden gegenüber
nicht als nachrangig betrachtet werden, da
sie unabdingbare Erfolgsmodelle der For-
schungsförderung sind, mit deren Hilfe ent-
scheidend zum Erkenntnisfortschritt beige-
tragen wird. Zudem existieren keine Daten,
die nahe legen würden, dass ihre wissen-
schaftlichen Erträge denen von SFB oder
FZT nachstehen“ (Wissenschaftsrat 2009,
S. 6).
Bei den Graduiertenkollegs lautet die Relation der Bundes-
länder -34 zu 198. Die Exzellenzinitiative reicht von 0 bis
191 und scheint damit wieder gleich verteilter. Es muss
aber darauf hingewiesen werden, dass hier der Finanzie-
rungsschlüssel ein etwas anderer ist. Der Bund trägt dabei
75%, während bei der DFG es sonst nur 58% (bzw. 62%
einschließlich der vollständigen Übernahme der Kosten für
die Programmpauschale) sind (Gemeinsame Wissenschafts-
konferenz 2010, S. 7). Damit zeigt sich als Gesamteindruck:
Auch die DFG-Bewilligungen zeigen das Muster starker re-
gionaler Ungleichheit im Zufluss von Bundesmitteln, wobei
besonders die Koordinierten Programme dazu beitragen.
33..
WWiisssseennsscchhaaffttssppoolliittiisscchhee
SScchhlluussssffoollggeerruunnggeenn
EEPSCoR-Programme haben in den USA erfolgreich dahinge-
hend gewirkt, dass sie ‚zu starke’ Regionaldifferenzen in der
öffentlichen Forschungsförderung zu einem gewissen Anteil
kompensiert haben, so dass Anreize zur Anschlussfähigkeit
Tabelle 3: DFG-Mittel nach Bundesländern in Prozent / K.S. * 1003(2008)
Quelle der Daten: Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, 2010
2Eine Berechung auf Hochschulebene wäre wünschenswert. Leider sind die
Angaben für dieses Aggregatsniveau nur unvollständig verfügbar, da das
Forschungsförderranking der DFG nur solche Hochschulen in ihren Publi-
kationen namentlich nennt, die oberhalb der 0,5 Mio. Euro Förderungs-
grenze (gemessen am Drei-Jahres-Zeitraum des DFG-Rankings) liegen.
Dazu kommt das Problem, Ausgaben für Programmtypen nicht nach
Fächergruppen aufteilen zu können. Auch auf Anfrage waren detalliertere
Daten leider nicht erhältlich.
3Der K.S. bildet hier die Grundlage für einen adjustierten Wert, der sich
daraus ergibt, wenn die Ausgabenverteilung der Forschungsmittel mit der
relativen ökonomischen Bedeutung des Bundeslands gewichtet und auf
einen Durchschnittswert von 100 adjustiert wird. In der T