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Die soziale und wirtschaftliche Situation der Rechtsreferendar*innen
in Berlin:
Auswertung der Online-Umfrage 2014
Tobias Wolf *
20. November 2014
Abstract
Der vorliegende Text fasst zentrale Ergebnisse einer Online-Befragung unter Berliner
Rechtsreferendar*innen im Sommer 2014 zusammen. Ziel der Befragung war die Erfassung
der ökonomischen und sozialen Lage der Referendar*innen in den Bereichen Wohnen,
Mobilität, Einkommen, Nebentätigkeiten und öffentliche/private Transfers. Insgesamt
konnten 332 vollständig ausgefüllte Onlinefragebögen ausgewertet werden.
Schlagwörter: Rechtsreferendare, Berlin, Einkommenssituation, Umfrage
_______________________________
*eMail: Tobias.Wolf@ymail.com
Die Onlineumfrage und der vorliegende Bericht wurden im Auftrag des Personalrats der Berliner
Rechtsreferendar*innen erstellt.
2
Inhalte
1. Einführung und Stichprobenerhebung ............................................................. 3
2. Soziodemographische Merkmale .................................................................... 4
3. Wohnen ............................................................................................................ 6
4. Mobilität .......................................................................................................... 8
5. Einkommenssituation .................................................................................... 10
6. Nebentätigkeiten ............................................................................................ 14
7. Unterstützung ................................................................................................ 17
8. Zusammenfassung ......................................................................................... 19
3
1. Einführung und Stichprobenerhebung
Die Befragung zur sozialen Situation der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in
Berlin wurde im Auftrag des Personalrats der Rechtsreferendar*innen Berlin mittels einer
Onlineumfrage durchgeführt. Ziel der Befragung war, die Lebenslagen der
Referendar*innen umfassend abzubilden, insbesondere ihre finanzielle Situation. Jede*r
Referendar*in erhält während der zweijährigen Ausbildung eine monatliche
Unterhaltsbeihilfe. Daneben ist die Aufnahme einer Nebentätigkeit möglich. Außerdem
kann in zwei der fünf Ausbildungsstationen (Rechtsanwalts- und Wahlstation) ein Entgelt
mit dem jeweiligen Stationsausbilder vereinbart werden.
Für die Untersuchung wurde ein Online-Fragebogen für insgesamt 36 Tage vom 27.06.-
01.08.2014 freigeschaltet. Die Teilnehmer*innen wurden durch eine E-Mail Anfang Juli
2014, sowie eine Erinnerungsmail am 25. Juli auf die Möglichkeit der Teilnahme
hingewiesen. Die E-Mail-Adressen liegen dem Personalrat für die regelmäßige Versendung
eines Newsletters vor. Des Weiteren wurden auch die Arbeitsgruppensprecher*innen über
die Umfrage informiert und gebeten, in ihren Arbeitsgemeinschaften entsprechend für die
Umfrage zu werben.
Insgesamt konnten in diesem Zeitraum 368 anonyme Datensätze erfasst werden, wobei der
Fragebogen von 332 Personen vollständig ausgefüllt wurde. Die Angaben dieser Personen
bilden die Grundlage für die Auswertungen im vorliegenden Text. Die Teilnehmer*innen
konnten einzelne Fragen auslassen ohne die Befragung abbrechen zu müssen. Des Weiteren
wurden je nach Angaben unterschiedliche Filterführungen gewählt. Teilnehmer*innen mit
einer Nebentätigkeit wurden so zusätzliche Fragen zur Belastung durch diese Nebentätigkeit
gestellt. Teilnehmer*innen ohne Nebentätigkeit wurden dagegen nach den Gründen für den
Verzicht auf einen Nebenjob gefragt. Die einzelne Fallzahl kann demnach je nach Frage
variieren.
Die abgefragten Themenfelder waren Wohnen, Mobilität, Einkommen, Nebentätigkeiten
und Unterstützung. Zentrale Ergebnisse dieser Bereiche werden im Anschluss an eine kurze
Darstellung sozio-demographischer Größen in der genannten Reihenfolge dargestellt.
4
2. Soziodemographische Merkmale
Insgesamt waren 192 der 332 Befragten Frauen (58,54 %) und 136 Männer (41,46 %). Das
durchschnittliche Alter aller Teilnehmer*innen zum Befragungszeitpunkt lag bei 28,3
Jahren. Je nach Alter sind Männer und Frauen unterschiedliche stark repräsentiert (siehe
Abbildung 1). Frauen sind insbesondere unter den jüngeren Teilnehmer*innen stark
vertreten, auch ist ihre Altersspanne insgesamt größer. Männer hingegen sind um den
Durchschnittswert herum vergleichsweise stark repräsentiert.
Nach den amtlichen Angaben durch das Kammergericht gab es zum 15.10.2014 in Berlin
1510 Referendar*innen, von den 53 % Frauen und 47 % Männer waren. Ihr
durchschnittliches Alter lag gerundet bei 29 Jahre. Es zeigt sich also, dass die Stichprobe der
Onlineumfrage gegenüber den amtlichen Zahlen nur geringfügig jünger und Frauen leicht
überrepräsentiert sind.
Die Umfrageteilnehmer*innen haben ihr Referendariat zu unterschiedlichen Zeitpunkten
begonnen. Dabei wurde zwischen dem Jahr des Ausbildungsbeginns (2010-2014) und
Anfangsmonat (Februar, Mai, August, November) differenziert. Insbesondere die drei
aktuellsten Jahrgänge weisen dabei eine große Anzahl an Teilnehmer*innen auf. So haben
140 Teilnehmer*innen ihr Referendariat im Jahr 2013 begonnen. Davon starten 26 im
Februar, 33 im Mai, 32 im August und 49 im November (weitere Details in Abbildung 2).
0
10
20
30
40
50
60
70
23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Anzahl der Teilnehmer*innen
Alter
weiblich männlich
Abbildung 1: Alter und Geschlechter der Befragungsteilnehmer*innen
5
0
20
40
60
80
100
120
140
160
2010 2011 2012 2013 2014
Anzahl der Teilnehmer*innen
Februar Mai August November
Abbildung
2: Teilnehmer*innen nach Anfangszeitpunkt des Referendariats
6
3. Wohnen
Die Wohnsituation der Rechtsreferendar*innen stellt sich heterogen dar. Insgesamt lebt eine
Mehrheit zur Miete mit einer/m Partner/in zusammen (40 %). Aber auch
Wohngemeinschaften (24 %) und das alleine Leben in Mietwohnungen (29 %) zählen zu
den präferierten Wohnformen. Ein Anteil von unter 4 % wohnt bei Eltern oder Verwandten.
Tabelle 1: Wohnform der Rechtsreferendar*innen in Berlin
Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in Prozent)
Bei Eltern oder Verwandten
12
3,6
(Studenten-) Wohnheim
1
0,3
Mietwohnung (alleine)
97
29,4
Mietwohnung (mit Partner/in)
132
40,0
Wohngemeinschaft
79
23,9
Untermiete bei Privatpersonen
2
0,6
Sonstiges
*
7
2,1
Summe
330
100,0
*Offene Antworten: Wohneigentum in unterschiedlicher Form.
Der durchschnittliche Haushalt der Referendar*innen besteht aus zwei Personen, die
maximale Anzahl an zusammenwohnenden Personen ist sieben. Insgesamt leben 7,6% der
Referendar*innen in einem Haushalte mit mindestens einem Kind.1
Die Gesamtausgaben für Miete sowie Betriebs- und Nebenkosten liegen im Schnitt bei 692
Euro monatlich. Da die Anzahl der zusammenlebenden Personen aber stark variiert, sind
vielmehr die Wohnkosten pro Kopf vergleichbar. Sie liegen im Durchschnitt bei 374 Euro.
Bei der differenzierten Betrachtung nach Wohnformen zeigt sich, dass insbesondere
Wohngemeinschaften vergleichsweise hohe Ausgaben für Wohnen haben (813 Euro), pro
Kopf dort aber lediglich 318 Euro ausgegeben werden müssen. Alleinlebende (474 Euro)
und Paarhaushalte (365 Euro) haben demgegenüber pro Kopf deutlich höhere Ausgaben für
Wohnen zu tragen.
Um die Belastung durch die Wohnkosten abzubilden, sollte möglichst auch die finanzielle
Leistungsfähigkeit der Haushalte einbezogen werden. Hierzu wurde die
Wohnbelastungsquote errechnet. Sie ist der Anteil der gesamten monatlichen Ausgaben für
Wohnen am verfügbaren Haushaltseinkommen.2 Der Anteil des Einkommens eines
Haushalts, der bereits durch die fixen Ausgaben für Wohnen gebunden ist, stellt dabei ein
1 Absolut sind dies 25 Teilnehmer*innen, die mit Kindern zusammen leben.
2 Nach Bereinigungen um fehlende und unplausible Werte standen Informationen für 273 Fälle zu
Verfügung.
7
Maß für dessen ökonomische Belastung dar. Aus Tabelle 2 ist ersichtlich, dass insbesondere
allein lebende Personen und Referendar*innen in Wohngemeinschaften mit rund 45 % des
monatlich verfügbaren Haushaltseinkommens einen vergleichsweise großen Anteil für
Wohnen ausgeben.
Tabelle 2: Belastung durch Wohnkosten nach Wohnform
Wohnausgabenquote
(in % )
Bei Eltern oder Verwandten
./.
(Studenten-) Wohnheim
./.
Mietwohnung (alleine)
44,0
Mietwohnung (mit Partner)
34,9
Wohngemeinschaft
45,1
Untermiete bei Privatpersonen
./.
Sonstiges
*
./.
Alle Wohnformen (N = 273)
39,1
*Offene Antworten: Wohneigentum in unterschiedlicher Form.
./. Sehr geringe Fallzahl (N < 10) bzw. keine Mietkosten.
Im Durchschnitt liegt der Wert bei rund 39 %. Diese Quote ist etwas niedriger als bei
Wohngemeinschaften, da insbesondere Paarhaushalte zumeist ein höheres
Haushaltseinkommen aufweisen. Der Anteil der Wohnkosten am Nettohaushaltseinkommen
der Gesamtbevölkerung Berlins lag im Jahr 2013 bei 22,5 %.3 Es zeigt sich also, dass die
Referendar*innen einen erheblich größeren Anteil ihres Einkommens durch Wohnkosten
gebunden haben.
3 Quellen: Immobilienverband Deutschland, Statistisches Bundesamt nach dem Onlineportal Statista 2014 am
27.10.2014.
8
4. Mobilität
Die durchschnittliche, einfache Fahrzeit zur Dienststelle beträgt für die Teilnehmer*innen
32 Minuten.4 Nach den unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln zur Dienststelle gefragt,
ergeben sich die in Tabelle 3 dargestellten Anteile.
Tabelle 3: Fortbewegungsmittel zur Dienststelle (Mehrfachnennung möglich)
Weg zu Arbeit wird (teilweise) mit dem Verkehrsmittel zurückgelegt Ja
(in %)
Fahrrad
46,1
PKW
9,3
ÖPNV
80,4
Fernverkehrszüge
0,3
Zu Fuß
10,5
Sonstiges
*
0,9
*Offene Antworten: Unterschiedliche motorisierte Zweiräder.
Die mit Abstand beliebtesten Verkehrsmittel auf dem Weg zur Dienststelle ist der öffentliche
Personennahverkehr (ÖPNV). Demnach legen über 80 % der Referendar*innen zumindest
eine Teilstrecke mit dem ÖPNV zurück. Am zweithäufigsten - und auch fast von der Hälfte
genannt - wird das Fahrrad als Transportmittel zur Arbeit genutzt. Da Mehrfachnennungen
ausdrücklich zugelassen waren, erlauben die in Tabelle 3 genannten Anteile nur
Rückschlüsse darauf, dass zumindest eine Teilstrecke mit dem genannten Verkehrsmittel
zurückgelegt wird. So legen viele Referendar*innen Teile der Strecke mit dem Fahrrad und
der S-Bahn zurück. Insgesamt 13 % der Referendar*innen geben an, die Strecke zur
Dienststelle ausschließlich mit dem Fahrrad zurückzulegen. Circa 10 % der
Referendar*innen legen die Strecke zur Dienststelle mit dem Auto zurück.5
Ein Anteil von 22 % besitzt ein eigenes Auto. Aber offenbar verwenden viele Besitzer*innen
ihren PKW nicht für den Weg zu Dienststelle. Eine Mehrheit von 70 % der
Rechtsreferendar*innen hat eine Zeitkarte des ÖPNV (siehe Abbildung 3). Hierbei wird
deutlich, dass nicht alle Personen, die eine Teilstrecke mit dem ÖPNV zurücklegen, auch
über eine entsprechende Zeitkarte verfügen.
4 Der kürzeste Weg dauert 3 Minuten, die längste Anfahrt dauert 120 Minuten.
5 Sowohl mit eigenem PKW als auch Carsharing als mögliche Optionen.
9
0,00%
10,00%
20,00%
30,00%
40,00%
50,00%
60,00%
70,00%
80,00%
90,00%
Ja Nein
Nennung
PKW-Besitz
Zeitkarte ÖPNV
Abbildung
3: Verfügbarkeit von Transportmitteln
10
5. Einkommenssituation
Individuell steht den Referendar*innen monatlich ein Betrag von durchschnittlich 1.106
Euro zur Verfügung. Von entscheidender Bedeutung ist allerdings, welche Einkünfte neben
der Unterhaltsbeihilfe (genannt: rund 860 Euro) zusätzlich zur Verfügung stehen. Eine
Minderheit von 23,5 % gibt keine weiteren Einkünfte an. Es wurde explizit nach Einkünften
aus Nebentätigkeiten6, Unterstützungszahlungen (privat oder staatlich), sowie sonstigen
Einkünften wie Zinseinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gefragt.
Tabelle 4: Monatliche Einkünfte neben Unterhaltsbeihilfe (Mehrfachnennung möglich)
Zusätzliche Einkünfte Ja
(in %)
Durchschnittsbetrag
(in Euro)
Einkommen aus Nebentätigkeit
47,89
406,63
Unterstützungszahlungen
*
35,54
302,63
Sonstige Einkünfte
7,83
249,38
*Zahlungen aus privaten und öffentlichen Mitteln.
Das durchschnittliche, individuelle Einkommen errechnet sich aus dem durchschnittlichen
Betrag der jeweiligen Einkommensart gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit, dass diese
Einkommensart überhaupt vorliegt.
6 Nebentätigkeiten werden ausführlich in Abschnitt 6 betrachtet.
€1.106,24 €1.150,49 €1.089,12 €1.149,49 €1.143,46 €1.096,41
€-
€200,00
€400,00
€600,00
€800,00
€1.000,00
€1.200,00
€1.400,00
Alle
Männer
Frauen
Jahrgang: 2012
Jahrgang: 2013
Jahrgang: 2014
Abbildung
4: Individuelles Einkommen nach Subgruppen
11
Neben der durchschnittlichen Betrachtung bietet es sich an, diesen Wert unterteilt nach
Untergruppen zu betrachten. Es zeigt sich, dass es Unterschiede zwischen den Geschlechtern
sowie den Jahrgängen gibt (Abbildung 4). Frauen haben demnach durchschnittlich 60 Euro
weniger individuelles Einkommen zur Verfügung und der jüngste Referendar*innen-
Jahrgang verfügt über ein etwas niedrigeres durchschnittliches Einkommen.
Neben der Unterhaltsbeihilfe besteht die Möglichkeit, in der Anwalts- und der Wahlstation
Entgelte zu erhalten. Wie sich in Tabelle 5 und Tabelle 6 zeigt erhalten bzw. werden rund
die Hälfte der Referendar*innen in der Anwaltsstation ein Entgelt erhalten. Dabei ist
allerdings zu beachten, dass fast 30 % noch nicht absehen konnten, ob sie tatsächlich ein
Entgelt erhalten werden.
Tabelle 5: Erhalt von Stationsentgelt in der Anwaltsstation
Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
Ja
117
35,6
Nein
117
35,6
Unklar / keine Angabe
95
28,9
Summe
329
100,0
Bei der Frage nach der Möglichkeit, ein Stationsentgelt in der Wahlstation zu erhalten, zeigte
sich, dass über 40 % keine Angaben machen konnten. Während rund 12 % tatsächlich ein
Entgelt erhalten bzw. zugesagt bekommen haben, ist für eine Mehrheit (46,3 %) klar, dass
sie kein Entgelt erhalten oder zukünftig erhalten werden.
Tabelle 6: Erhalt von Stationsentgelt in der Wahlstation
Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
Ja
38
11,7
Nein
151
46,3
Unklar / keine Angabe
137
42,0
Summe
329
100,0
Die durchschnittliche Höhe des Entgelts aus Wahl- und Anwaltsstation konnte somit auf
Grundlage der Personen, die bereits ein Entgelt erhalten oder dieses bereits zugesagt
bekommen haben, erfragt werden. Die 117 Personen mit Entgelt in der Anwaltsstation
erhalten durchschnittlich einen monatlichen Betrag von 1.146 Euro, bei den 38 Personen der
Wahlstation beläuft sich dieser Betrag auf 1.272 Euro. Hierbei ist allerdings anzumerken,
12
dass die Verteilung der Entgelte sich besonders im oberen Bereich unterscheidet. In der
Wahlstation werden häufiger Entgelte von 2000 Euro und mehr gezahlt, dafür erhalten aber
offenbar deutlich weniger Referendar*innen überhaupt ein Entgelt.
Eine Mehrheit der Referendar*innen lebt in Haushalten, die aus mehr als einer Person
bestehen. Von dieser Haushaltszusammensetzung geht ein erheblicher Einfluss auf die
tatsächlichen Konsummöglichkeiten der Referendar*innen aus. So ergeben sich mit
steigender Größe des Haushalts Vorteile im Konsum. Fixe Ausgaben, die in jeder Wohnung
anfallen, -wie etwa für die Küchenausstattung - können je nach Haushaltsgröße auf
unterschiedlich viele Personen verteilt werden.
Tabelle 7: Monatliches, verfügbares Haushaltseinkommen
Arith. Mittel
(in Euro)
Median
(in Euro)
Haushaltseinkommen
1928,28
1500,00
Haushaltseinkommen pro Person
1089,53
1000,00
Äquivalenzgewichtetes
1
Haushaltseinkommen p. Person
1419,83
1240,00
1 Gewichtung erfolgt mittels der Quadratwurzel der Personen im Haushalt. Mit jeder zusätzlichen Person
im Haushalt ergibt sich ein Kostenvorteil. Dieser Kostenvorteil ist aber wiederum abnehmend mit jeder
weiteren Person.
Wie aus Tabelle 7 entnommen werden kann, liegt das durchschnittliche
Haushaltseinkommen bei etwa 1900 Euro monatlich.7 Dieser Wert ist allerdings durch
einige sehr hohe Einkommen am oberen Ende der Einkommensverteilung verzerrt. Die
Betrachtung des Medianeinkommens von 1500 Euro ist hier deutlich realistischer, da dieses
stabiler gegenüber extrem hohen Werten ist.8 Teilt man diesen Wert durch die Anzahl der
Personen im Haushalt steht jeder Person im Median 1000 Euro zur Verfügung. Da aber die
erwähnten Größenvorteile beim Wohnen beachtet werden müssen, ist ein
äquivalenzbereinigtes Medianeinkommen pro Kopf von 1240 Euro eine realistische
Annährung an die tatsächlichen Konsummöglichkeiten der Rechtsreferendar*innen.
In der gängigen Armutsberichterstattung wird davon ausgegangen, dass eine Person mit
weniger als 60 % des medianen Äquivalenzeinkommens armutsgefährdet ist. Die aktuellsten
Werte stammen aus dem Jahr 2013. Demnach waren Personen in Deutschland mit einem
monatlichen Äquivalenzeinkommen von unter 979 Euro armutsgefährdet.9 Dies trifft auf
7 Das höchste monatliche Einkommen wurde mit 25.003 Euro angegeben. Dieser Wert verzerrt das
arithmetische Mittel (Durchschnitt) nach oben.
8 Der Median ist der Wert, der die nach Größe aufsteigenden Einkommen genau in der Hälfte teilt. Somit
sind 50% der Einkommen größer und 50% der Einkommen kleiner als der Median.
9 Die Angaben stammen aus der amtlichen Sozialberichterstattung des Bundes und der Länder auf Basis von
EU-SILC und sind online abrufbar unter:
13
27,1 % der Teilnehmer*innen zu. Da die Grenze seitdem gestiegen sein dürfte, muss dieser
Wert als Untergrenze interpretiert werden und die tatsächliche Armutsgefährdungsquote
dürfte somit unterschätzt sein.
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/10/PD14_374_634.html;jsessioni
d=13804447DD49151555521AA285C57107.cae2, Stand: 28.10.2014.
14
6. Nebentätigkeiten
Wie sich bereits bei den individuellen Einkünften aus Nebentätigkeit gezeigt hat, geht etwa
die Hälfte der Rechtsreferendar*innen einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Direkt danach
gefragt, geben 157 Personen an, einer Nebentätigkeit nachzugehen (Tabelle 8).
Tabelle 8: Bezahlte Nebentätigkeiten
Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
Ja
157
47,3
Nein
175
52,7
Summe
332
100,0
Die Personen, die einer Nebentätigkeit nachgehen, wurden Fragen zu Gründen für und
Belastung durch diese Tätigkeit gestellt. In Tabelle 9 sind zunächst die genannten Gründe
für das Ausüben einer Nebentätigkeit zusätzlich zu den normalen Aufgaben als
Referendar*in aufgeführt.
Häufige Mehrfachnennungen zeigen, dass die Motivlage vielfältig ist. Zentral bei fast allen
Referendar*innen mit Nebentätigkeit ist allerdings das finanzielle Motiv. Alle anderen
Gründe werden dagegen von einer Minderheit genannt. So können etwa weniger als ein
Drittel auf eine Nebentätigkeit verweisen, die ausbildungsrelevant ist.
Diese mehrheitlich aus finanziellen Gründen ausgeübte Tätigkeit bringt sowohl zeitliche wie
auch psychische Belastungen mit sich. Die Rechtsreferendar*innen mit Nebentätigkeit
arbeiten zusätzlich zu ihrer regulären Wochenarbeitszeit im Durchschnitt 8,37 Stunden pro
Woche in ihrer Nebentätigkeit. Die allergrößte Mehrheit bleibt dabei unter der Grenze von
10 Stunden pro Woche. Dabei gehen sie zu rund 80 % einer juristischen Nebentätigkeit nach.
7 % der Referendar*innen mit Nebentätigkeit arbeiten mehr als 10 Stunden, größtenteils
zwischen 10 und 20 Stunden pro Woche.
Tabelle 9: Gründe für die Ausübung einer Nebentätigkeit (Mehrfachnennung möglich)
Genannter Grund Anteil*
(in %)
Finanzielle Gründe
93,6
Spaß an der Nebentätigkeit
33,8
Ausbildungsrelevante Inhalte
31,2
Interessanter Arbeitgeber
20,4
*Anteil von 157 Referendar*innen mit Nebentätigkeit.
15
Gefragt nach der subjektiven Bewertung dieser Zusatzbelastung ergibt sich, dass unter 1 %
der nebenher Arbeitenden keine zusätzliche Belastung empfinden. Demgegenüber bewerten
über 10% der Referendar*innen ihre Nebentätigkeit als extreme zusätzliche Belastung
(Abbildung 5).
Betrachtet man die 175 Referendar*innen, die keiner Nebentätigkeit nachgehen (53 % aller
Befragten), zeigt sich auch hier eine unterschiedliche Motivlage für den Verzicht auf einen
Nebentätigkeit (Tabelle 10).
Tabelle 10: Gründe für den Verzicht auf Nebentätigkeit (Mehrfachnennung möglich)
Grund Anteil
(in %)
Keine Zeit neben dem Referendariat
80,0
Konzentration auf das Referendariat
68,0
Gute finanzielle Situation ermöglicht Verzicht auf Nebentätigkeit
20,0
Keine Genehmigung erhalten
00,0
Am häufigsten genannt wurde hier die zeitliche Belastung, die sich durch die Tätigkeit als
Referendar*in auch ohne Nebentätigkeit ergibt (80 %). Der Wunsch, sich auf die Ausbildung
zu konzentrieren, spielt ebenfalls eine starke Rolle und wird von 68 % der Referendar*innen
genannt. Durch die Eröffnung der Möglichkeit von Mehrfachnennungen überlagern sich
Abbildung
5: Subjektive Belastung durch Nebentätigkeit
0,6
19,9
36,5 32,1
10,9
0
5
10
15
20
25
30
35
40
1 (keine zusätzliche
Belastung)
2345 (extreme
zusätzliche
Belastung)
Anteil (in %)
Belastung durch Nebenjob
16
diese Motivlagen aber auch hier in vielen Fällen. Bei 20 % der Referendar*innen scheint die
finanzielle Situation den Verzicht auf eine belastende Nebentätigkeit zu ermöglichen.
Stellt man die finanzielle Situation der Referendar*innen mit und ohne Nebentätigkeit
gegenüber, wird deutlich, dass Referendar*innen ohne Nebentätigkeit über 25 % weniger
Einkommen haben (Tabelle 11).
Tabelle 11: Finanzielle Lage mit/ohne Nebentätigkeit
Individuelles Einkommen im Monat Betrag
(in Euro)
ohne Nebentätigkeit
947,50
mit Nebentätigkeit
1283,73
Diese deutlich schlechtere finanzielle Ausstattung ohne Nebentätigkeit ist offensichtlich der
Preis dafür die Zusatzbelastung zu vermeiden und die Konzentration auf die Tätigkeit als
Referendar*in zu ermöglichen. Auch die Haushaltsäquivalenzeinkommen unterscheiden
sich, wenn auch nicht in gleichem Umfang. So haben Referendar*innen mit Nebentätigkeit
im Durchschnitt 1392 Euro und damit rund 5 % weniger als mit einer Nebentätigkeit. Die
daraus resultierende, höhere Armutsgefährdungsquote liegt bei den Referendar*innen ohne
Nebentätigkeit bei 35,4 %.
17
7. Unterstützung
Für Referendar*innen bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, ihr Einkommen auch ohne
eine Nebentätigkeit aufzubessern. Dabei kann unterschieden werden zwischen privater
Unterstützung und öffentlichen Transfers.
Betrachtet man zunächst die privaten Unterstützungszahlungen, so wird deutlich, dass ein
erheblicher Anteil der Teilnehmer*innen ergänzende private Zahlungen erhält.
Tabelle 12: Private Unterstützungszahlungen
Unterstützung von Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
Eltern
115
34,6
Großeltern
20
6,0
Freunden
0
0,0
Sonstige Unterstützung
1
9
2,7
Keine Unterstützung
166
50,0
Keine Angabe
22
6,6
Summe
332
100,0
1Insbesondere Darlehen und Ersparnissen.
Demnach beziehen über 40 % der Referendar*innen finanzielle Unterstützung von Eltern,
Großeltern oder leben von zuvor für sie gespartem Einkommen.
Der Bezug von staatlichen Transferzahlungen ist dagegen wenig vorherrschend. Lediglich
eine kleine Minderheit von rund 8% der Referendar*innen geben an, öffentliche Transfers
zu beziehen (Tabelle 13).
Tabelle 13: Staatliche Transferzahlungen
Transferart Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
Arbeitslosengeld II
10
3,0
Wohngeld
11
3,3
Zahlungsbefreiung Krankenkasse
2
0,6
Sonstige Finanz-/ und Sachmittel
5
1,5
Keine staatlichen Transfers
275
82,8
Keine Angabe
29
8,7
Summe
332
100,0
Zu etwa gleichen Teilen werden dabei ergänzendes Arbeitslosengeld II und Wohngeld als
Form der Unterstützung genannt. Auffällig ist aber, dass trotz des oft relativ geringen
18
Haushaltseinkommens ein sehr hoher Anteil der Referendar*innen angibt, keinerlei
staatliche Transfers zu erhalten (83 %).
Gefragt nach den Motiven für den Nicht-Bezug von staatlichen Transferzahlungen wird
wiederum deutlich, dass zwei Motivlagen dominieren. Von den 275 Personen ohne Transfers
bezieht etwas mehr als die Hälfte (55,27 %) keine staatlichen Transfers, weil sie zu der
Einschätzung gekommen sind, dass bei ihnen die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt
wären.
Tabelle 14: Ursachen für Nicht-Bezug staatlicher Transfers (Mehrfachnennung möglich)
Genannte Gründe Häufigkeit
(absolut)
Anteil
(in %)
kein Anspruch auf Transfers
152
55,3
Möglichkeit bisher unbekannt
70
25,5
Beantragung unangenehm
69
25,3
Staatliche Transfers nicht gewünscht
62
22,6
Sonstige Gründe
30
10,9
Aber auch die anderen Antwortkategorien wurden jeweils von rund einem Viertel der
Befragten genannt (siehe Tabelle 14). Dies zeigt deutlich, dass sowohl Informationsdefizite
bezüglich der Möglichkeit von staatlichem Transferbezug vorherrschen, als auch Vorbehalte
gegen die Antragsstellung sowie den Transfereinkommensbezug selbst eine Rolle spielen.
Auch die hohe Zahl an offenen Angaben (29) unter den sonstigen Gründen macht deutlich,
dass der Bezug von Transfereinkommen im Referendariat sehr kontrovers betrachtet wird.
Die finanzielle Situation der Rechtsreferendar*innen in Berlin wird zu einem erheblichen
Anteil durch ausbildungsunabhängige Unterstützungszahlungen stabilisiert. Auffällig ist
dabei die große Diskrepanz zwischen privater Unterstützung, in erster Linie durch die Eltern,
und dem kaum vorhandenen Rückgriff auf staatliche Transfers.
19
8. Zusammenfassung
Die vorliegenden Ergebnisse der Online-Umfrage unter den Berliner
Rechtsreferendar*innen geben einen Einblick in die soziale und wirtschaftliche Lage von
Personen in juristischer Ausbildung. Insgesamt konnten 332 ausgefüllte Interviews
ausgewertet werden. Während die Wohnlage und auch das Mobilitätsverhalten nicht
untypisch für diese Generation von Berliner*innen sind, bedarf insbesondere die finanzielle
Lage einer genaueren Betrachtung. So zeigt sich, dass die Einkommenssituation teilweise
sehr angespannt ist. Dies kann wenig überraschen, da die ausgezahlte Unterhaltsbeihilfe mit
rund 860 Euro unterhalb des Bereiches der relativen Armutsgefährdungsgrenze für einen
Ein-Personenhaushalt in Deutschland liegt. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass
automatisch alle Referendar*innen sich in einer prekären Situation befinden. Stattdessen
lassen sich drei Bewältigungsstrategien in der Auswertung erkennen: (1.) Durch den
Haushalts-/Familienkontext können manche finanziellen Härten vermieden werden.
Insbesondere durch gemeinsames Wohnen können entstehende Fixkosten geteilt und so
erheblich besser getragen werden. (2.) Etwa die Hälfte der Referendar*innen geht einer
Nebentätigkeit nach. Diese führt zu erheblichen zeitlichen und psychischen
Mehrbelastungen, aber auch zu einer deutlichen Verbesserung der finanziellen Situation. (3.)
Die finanziellen Härten werden durch Unterstützungszahlungen Dritter, insbesondere der
Eltern, abgefedert. Auf die Prüfung und Beantragung von staatlichen Transfers,
insbesondere von Wohngeld und ergänzendem Arbeitslosengeld II, wird bisher weitgehend
verzichtet. Für einen Teil der Teilnehmer*innen kann dies auf Informationsdefizite oder die
Sorge vor Stigmatisierung zurückgeführt werden.
Für einen Teil der Referendar*innen bieten zusätzliche Einkünfte aus der Anwalts- und
Wahlstation zumindest temporär eine weitere Finanzquelle. Aber auch hier wird deutlich,
dass diese lediglich von einer Teilgruppe in Anspruch genommen werden kann. Als
generelle Lösungsstrategie für eine schlechte finanzielle Ausstattung scheint sie nicht
geeignet, da sie nur abschnittsweise und schlecht planbar erfolgen kann.