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Joachim Bröcher
Was bringen die Coaching-Tools
für die Sonderpädagogik?
Coaching boomt, jedenfalls in der Wirtschaftswelt. Nach fast zwanzig Jahren
Sonderpädagogik entschied ich mich für den Lehrgang Business Cooching, im
Hamburger lnstitut Coatrain, um zu einer veränderten Perspektive bezüglich der
eigenen Arbeit zu gelangen. Sich Coaching-Tools erarbeiten und an den eigenen
kommunikativen Kompetenzen feilen,gemeinsam mit Managern oder Personalern von
Daimler Chrysler oder der Kölner Rück? Anregend war das für beide Seiten. Und
womit wird da in der Businesswelt gecoacht? Können das Maßstäbe für uns Sonder-
pädagogen seinl Was wird da in den Artikeln in Wrtschort & Weiterblldung oder
14 a n age rS em inore abgehande lt?
Teilweise sind das originär pädagogische oder therapeutische Elemente, die wir
mehr oder weniger kennen.Aktives Zuhören nach Gordon, einfühlendes Verstehen
nach Rogers oder zirl<uläres Fragen nach Selvini-Palazzoli, dann aber auch viele kleine
nützliche Tools, die wir Pädagogen zumeist noch nicht so genau kennen, weil es sich
um Modifil<ationen oder Abwandlungen aus bestimmten therapeutischen Schulen
handelt, etwa der Hypnotherapie. Einerseits also eine Ressourcenanl<opplung für
an Coaching interessierte Sonderpädagogen, indem wir etwas Vertrautes wieder-
erl<ennen, aber auch eine fundamentale Erweiterung, denken wir einmal an die
Coaching-Prinzipien der Lösungsorientierung, desVermeidens von Problembefangen-
heit, der Orientierung an Ressourcen, das konsequente Belassen derVerantwortung
beim Coachee oder Beratungsnehmer, das Stimulieren von mentalen Suchprozessen,
die Konzentration auf beständige Veränderung: CHANGE.
Nach einer l<urzen Einführung ins Thema hatten die gut fünfzig Teilnehmer des
Worl<shops die Gelegenheit, in ebenso vielen auf Papier übersichtlich ausgedrucl<ten
Tools, Prinzipien und Modellen aus der Welt des Coaching zu stöbern. Man l<onnte
sich einlesen, einen Überblick verschaffen, hier und da vertiefen. Sodann gab ich
den lmpuls, sich eines der Tools auszuwählen, eine Verknüpfung zu einer aktuellen
beruflichen Situation oder Thematil< herzustellen, seine Gedanken und Einfälle zu
notieren, jeder für sich.
Es folgten auswertende Gespräche im Plenum. Eine ganze Reihe vonWerkzeugen,
die von den Teilnehmer/-innen entdeckt worden waren, l<amen zur Sprache, vor dem
Hintergrund einer bestimmen beruflichen Thematil<.
Etwa das Tool ,,immer durch wann" ersetzen. Wonn hottest du dieses Problem
und vor allem: Wann hattest du es weniger oder mal gor nicht? Oder dasTool ,,Konzen-
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trierte W-Fragen": Wie könnte deine Ausdouer und dein Wsse4 dass du bisher immer
olles geschofft host, dir jetzt eine Hilfe sein?
Eine veränderte Blicl<richtung erzeugt auch das Tool ,,noch nicht": ...sodoss du
noch nicht genug Wege gefunden host, es dir mit deiner schweren Arbeit etwos leichter zu
mochen.
Ein ebenfalls interessantes Tool ist das aus dem NLP stammende ,,Pacing und
Leading": (Pacing) Du siehst dich olso ols jemonden, der schon olles rersucht hot, um selne
Probleme zu lösen, und du slehst deine Probleme eigentlich ols unlosbor an . (Wechsel ins
Leading) ..sodoss es fiir dich wirklich eine neue Erfohrung wore, wenn du plötzlich
entdecken würdest, dass du Föhigkeiten hosl die du noch nlcht kennst, und dass du Wege
finden konnst, um deine Probleme zu lösen...
Coaching ist an vorhandenen Ressourcen, Fähigl<eiten, Lösungen und permanenter
Veränderung orientiert. Damit wird es zur echten Chance für die sonderpädagogische
Arbeit, die ja oft genug etwas Schweres oder schwer Vercjndeiliches mit sich bringt.
Auf die Aussage ,,Letzte Woche war es in der Heimgruppe nicht so stressig"
l<önnen wir etwa das Tool ,,...sondern wie war es?" einsetzen. So verändert sich die
Wahrnehmung. Solche Sprachmuster schaffen eine andere Art von Wirl<lichl<eit,
neue Zugänge zu bisher nicht gesehenen Lösungen. Sprachbilder und Metaphern
vermitteln Verständnis und bringen die Dinge auf den Punkt, ermöglichen Verän-
derung: Dos ßt jo wie eineAchterbohnfohrt, deln Leben im A4oment wenn lch dos so höre.
Auch Suggestionen l<önnen hilfreich sein: Es konn lns Stocken kommen, stehen b/eiben,
Rückschlöge geben, bevor es wieder vorangeht.
Auch Truismen können ein nützliches Coaching-Tool sein: fulenschen können
oufLösungen kommen, ohne es zu wissen. Jeder hot Erfahrungen, die er nutzen konn. Die
von mir verfassten Didoktischen Voriotionen, besonders der dritte Band, enthalten eine
Fülle solcherTools und zeigen deren Anwendung in der sonderpädagogischen Praxis.
Und das Buch Coaching ols cisthetischer Prozess gibt eine bündige Einführung insThema.
Es enthält ferner Bildmaterialien, die zeigen, was in den verschiedenen Berufswelten
erlitten wird und welche Ansätze für Veränderungen, für ein Wiedergewinnen
von Handlungspotenzialen sich in den gestalterisch fundierten Coachingprozessen,
sichtbar im Bild, herausbilden, als Probehandeln. Umfassende Literaturhinweise finden
sichunter:@.
Die abschließende Feedbackrunde zum Worl<shop schwankte von Zustimmung,
Wohlbefinden, Erstaunen, Überraschung bis hin zu leichter lrritation angesichts
der gerade erlebten entdecl<enden, impressionistischen Methode. Die Worl<shop-
Gruppe wurde zum Archäologen-Team, das gemeinsam aus vielen kleinen Fund-
stücl(en Sinnzusammenhänge rel<onstruierte. Eine Verl<nüpfung des Vorgefundenen
mit bereits vorhandenenWissensbeständen und Erfahrungshintergründen fand exem-
plarisch, im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten, statt.
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Stv. Schulleiter & Privatdcz:-:
Mattheis Kamp 4
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Was bringen die Coaching-Tools für die Sonderpädagogikl
Auch Grundsätzliches gelangte am Ende plötzlich zur Klärung: Kann Coaching
etwa die Erziehung ersetzen? Wohl kaum. Eher macht das coaching die pädagogik
reicher.wer soll denn nun in der sonderpädagogik gecoacht werden? Eigentlich alle,
die Pädagogen genauso wie die Kinder und Jugendlichen. Der eine bekam Appetit, sich
mehr mit dem Thema zu beschäftigen, bei einem anderen hatte sich die sl<epsis
gegenüber dem Coaching immerhin ein wenig verringert.
Lebendig wurde es auch durch die al<tive Beteiligung zweier gehörloserTeilnehmer
und ihrer Gebärdendolmetscherinnen. Die gesamte Kommunikation wirl<te dicht,
zugleich entspannt, von einer besonderen Leichtigl<eit. ob das auch was mit dem
Thema Coaching zu tun hatte? Ob auch die eher freie und variable Workshop-
Methode einen Anteil daran hattel
Wer wollte, bekam die Coaching-Prinzipien und Tools per E-Mail zugesandt, um
sie für slch selbst und die eigene Arbei( zu nutzen.
Dr. Joachim Bröcher
Stv. Schulleiter & Privatdozent
Mattheis Kamp 4
51588 Nümbrecht
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