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Zum Zusammenhang von Verhaltensauffälligkeit und Lebenswelt, Alltagsästhetik und Didaktik demonstriert an einem Unterrichtsbeispiel zur `Trivialkultur´

Authors:
Zum Zusammenhang tltln
Ve rha llensa uffä I I i gke il
und lebenswell, Alltags-
äslhelik und Didaklik
- demonslriert an einem Unterrichlsbeispiel zur Trivialkultur
Verhaltensauffälligkeiten als Ausdruck
der Zerrissenheit des lebensweltlichen
Zusammenhangs
Der Schulunterricht der neunzi-
ger Jahre ist nicht nur an den Rändern
der Bildungswelt durch zunehmende
Lernprobleme und Lebensprobleme ge-
kennzeichnet. Die zahlreichen Bruch-
stellen in den Biographien der Schüler
zeigen Auswirkungen auf ihr Lernver-
halten, ihre Motivation und ihre Ein-
stellung dem schulischen Lernen ge-
genüber.
Die aktuellen soziologischen und
sozialphilosophischen Zeitdiagnosen
kreisen um fehlende Sinnperspektiven,
Auflösung,'Desintegration' (HEIT-
M EY ER 1997) und'Zerrissenheit' (vgl.
HONNETH 1990,1994), um 'Patholo-
gien in der Lebenswelr' (HABERMAS
1981,565). Ich habe die Untersuchung
des besonderen Lebensgeschehens ver-
haltensauffälliger Heranwachsender
unter den Titel 'Bilder einer zerrissenen
welr' (BRocHER 1995; 1998) gesetzt.
In der Sonderpädagogik setzt sich
zunehmend ein systemökologisches
Verständnis von Verhaltensauffälligkei-
ten durch (vgl. THEUNISSEN 1992,62
ff . ). Der zunehmend differenzierte Blick
auf die Ursachen und Hintergründe von
verbalen und handgreiflichen Aggres-
sionen, Renitenz, Widerstand und De-
linquenz, Realitätsverlusten, Konzen-
trationsstörungen usw. von seiten vieler
Schüler, Phänomene, die das Lernen in
einer Schulklasse zu einer äußerst kräf-
tezehrenden Veranstaltung machen
können, sowie die detailliertere Wahr-
nehmung der besonderen psychischen
Strukturbildungen, des jeweiligen psy-
chosozialen Konfliktgeschehens und
der dazugehörigen Abwehr- und Be-
wältigungsmechanismen (vgl. KERN-
BERG 1.975; MENTZOS 1982:'
RAUCHFLEISCH t98t; HAAN 1977)
motivieren die Suche nach Ansatzpunk-
ten nicht nur für die therapeutische För-
derung. sondern auch für didaktische
Konstruktionen, Realisationen und Va-
riationen.
Die Lebensweltanalyse als wissen-
schaftstheoretischer Ausgangspunkt
Die subjektive Erfahrungswelt
der Kinder und Jugendlichen, ihre Le-
benswelt des Alltags läßt sich auf derBa-
sis der durch SCI1ÜTZ/LUCKMANN
(197 5) explizierten räumlichen, zeitli-
chen und sozialen Aufschichtung der
Lebenswelt beschreiben. Speziell so-
zialökologische (BRONFENBREN-
NER 1979) und kultursoziologische
(S C H U L Z E 1992) Theorieansätze ver-
mögen diese Sichtweise zu ergänzen.
Die Lebenswelt läßt sich als Pro-
zeß auffassen. Sie ist kognitiv repräsen-
tiert und zeigt sich in thematischen
Strukturierungen (vgl.'Daseinsthemen'
beiTHOMAE 1968; 1988). Handeln läßt
sich als Eingreifen in die Lebenswelt
verstehen, als Reaktion auf Lebens-
probleme ('Daseinstechniken' bzw.'Re-
aktionsformen', ebd.), die sich etwa an
einem modernisierten Katalog, ur-
sprünglich von HAVIGHURST (1972)
postulierter'Entwicklungsaufgaben'
festmachen lassen (vgl. BROCHER
7997 a, 84 ff.). Entwicklungsaufgaben
sind etwa im Erwerb schulischen Wis-
sens, der Aneignung von Lernverhal-
tensweisen, dem Herstellen von Bezie-
hungen zu Gleichaltrigen beiderlei Ge-
schlechts, dem Aufbau einer Identität,
der Loslösung von den Eltern, dem Ent-
wickeln einer beruflichen Perspektive
usw. zu sehen. Daseinsthemen resultie-
ren folglich aus ungelösten Entwick-
lungsaufgaben, familiären Belastungen,
Schulkonflikten, sozialökologischen
Übergängen und Einschnitten (vgl.
hierzu speziell BROCHER 1996) oder
in sich zerrissenen Lebensräumen.
Die Rekonstruktion lebensweltlicher
Zusammenhänge über bildhermeneuti.
sche Yerfahren
Der Unterricht mit einer über-
durchschnittlich konfliktbelasteten
zEtTsc}lRtrl rÜR liflr.pÄDAcoorl( 99E 421-429
Schülerschaft macht es erforderlich.
dessen ,,anthropologisch-psychologi-
sche und sozialkulturelle Voraussetzun-
gen" (HEIMANN 1965,407 f.) so weit
wie möglich zu untersuchen und die Er-
gebnisse dieser Untersuchung der Pla-
nung und Durchführung didaktischer
Einheiten zugrunde zu legen. Genau in
diesem Prozeß können die bilddiagno-
stischen bzw. bildhermeneutischen Ver-
fahren, speziell die strukturanalytisch-
biographische Bildinterpretation
(RICHTER 1987), die Hermeneutik
von'Leidensbildern' (R1CI1T E R 1997)
und die lebensweltorientierte Explora-
tion auf der Basis ästhetischer und all-
tagsästhetischer Materialien und Pro-
zesse von großem Nutzen sein, weil sie
die eigentlichen Konfliktthemen freile-
gen, Anhaltspunkte über die Art der Be-
wältigungs- und Auseinandersetzungs-
prozesse, der eingesetzten Daseinstech-
niken bzw. Reaktionsformen (THO-
MAE) geben und Informationen über
die lebensweltlichen Kontexte bzw
Hintergründe von problematischen
Verhaltensweisen liefern.
Zugänge zu den Lebenswelten
der Heranwachsenden sind also zum ei-
nen über ihre Bilder bzw. Zeichnungen
(BRÖCHER 1993; 1994; 1998), zum
anderen über ihre alltagsästhetischen
Prozesse - etwa in Zusammenhang mit
Musik, Jugendzeitschriften, Kleidung
(vgt. BR)CHER 1997 a, f), bei jünge-
ren Schülern im Umgang mit Spielzeu-
gen, Trivialobjekten usw. gegeben. Die
bildhaften Produktionen lassen sich als
objektivierte Vorstellungen der Lebens-
welt, die'alltagsästhetischen Episoden'
(SCHULZE 1992) als symbolische Be-
deutungssysteme auffassen. Die Le-
benswelten werden von den Schülern
sozusagen verbildlicht.
Bilddiagnostische Verfahren im Kon-
text der Lebensweltorientierten Didak-
rik Versteht man Didaktik als ,,über-
greifende Bezeichnung für erziehungs-
wissenschaftliche Forschung, Theorie-
und Konzeptbildung im Hinblick auf
alle Formen intentionaler (zielgerichte-
ter), systematisch vorbedachter Lehre
(im weitesten Sinne von reflektierter
Lernhilfe) und das auf im Zusammen-
hang mit solcher Lehre sich vollziehen-
de Lernen" (KLAFKI1.985,39), so kön-
nen die wissenschaftlich Tätigen die
Bilddokumente zur Aufhellung der Ent-
stehungsgeschichte von Verhaltensauf-
fälligkeiten (Sozialisationsforschung,
Biographie- und Lebensweltforschung)
heranziehen und die gewonnenen Er-
gebnisse der Entwicklung didaktischer
Theorien und Konzepte zugrunde le-
gen. Die an den Sonderschulen und
den Allgemeinen Schulen Tätigen wer-
den vor allem an konkreten didakti-
schen Umsetzungsmöglichkeiten der
bilddiagnostisch gewonnenen Erkennt-
nisse in Form von Unterricht. Interven-
tion, Beratung, Therapie usw. interes-
siert sein.
Hilfen bei der Entscheidung über den
Förderort
Bei der Frage nach dem richtigen
Förderort muß zunächst überprüft wer-
den, welchen Schweregrad das jeweilige
Konfliktgeschehen aufweist. LEHR
(1987) und THOMAE (1,988,56) ordnen
die Begriffe Entwicklungsaufgabe, The-
men, Konflikt usw. in einer Dimension
an, die von 'weitgehender bzw. äußerst
geringer Beherrschbarkeit der Situati-
on' ausgeht: Am erstgenannten Pol
wären die Entwicklungsaufgaben einzu-
ordnen; in die Richtung abnehmender
Kontrolle über die Situation wären dann
'Thematik','Problematik','Konflikt'
und' Krise' einzuordnen.
Ein zweites entscheidendes Kri-
terium ist die Qualität der von einem
Heranwachsenden vorwiegend einge-
setzten Reaktionsformen bzw. Daseins-
techniken (fHOMAE) oder Bewälti-
gungsmechanismen (HAAN) im Um-
gang mit einer Thematik, einer
Problematik usw. Handelt es sich um de-
pressiv-resignative, anpassungs- bzw.
leistungsbezogene oder aggressiv-de-
struktive Reaktionsformen? Sind die
eingesetzten Strategien bzw. Mechanis-
men eher durch Bewältigung, Abwehr
oder (eine psychosenahe) Fragmentie-
rung (H AA N) gekennzeichnet?
Drittens: Gestaltet sich der, den
einzelnen Heranwachsenden umgeben-
de, lebensweltliche Kontext eher stabil
und unterstützend oder wirkt er desta-
bilisierend und in sich zerrissen?
Die Auswertung der Bildgestal-
tungen im Sinne von Einzelfallstudie
und Dokumentenanalyse (vgl. speziell
BROCHER 1.997 e), vermag hier Auf-
schluß zu geben, ob ein Kind oder ein
Jugendlicher mit oder ohne sonder-
pädagogische Betreuung (gemeinsamer
Unterricht o. ä.) an der Allgemeinen
Schule verbleiben kann. oder ob eine
durchgängige Förderung an einer Schu-
le für Erziehungshilfe erforderlich ist.
Lebensweltorientierte Didaktik
Unterrichtliche Einheiten lassen
sich als strukturierte und zugleich offe-
ne 'Handlungsrahmen' (KUHN 1'990)
konzipieren. Für die jeweilige Lern-
gruppe existentiell relevante Themen
müssen zunächst identifiziert werden,
bevor sie gemeinsam mit den Schülern
zum Dreh- und Angelpunkt (mögli-
cherweise fächerübergreifender) didak-
tischer Einheiten gemacht werden kön-
nen. In diesem Prozeß der Identifizie-
rung und Vorstrukturierung von The-
men können insbesondere die thema-
tisch freien Bildgestaltungen eine zen-
trale Rolle spielen, weil hier Spuren und
Richtungen erkennbar werden, denen
die Unterrichtenden folgen können.
Ein solcher Unterricht integriert
handlungsorientierte, schülerorientier-
te und intellektuelle Zugänge zum Ler-
nen. Im Sinne kritisch-konstruktiver
Didaktik (KLAFKI 1985) wird immer
dann zu stärker sachbezogenen oder
wissenschaftsorientierten Auseinan-
dersetzungsprozessen übergeleitet,
wenn die Motivation und die aktuell ver-
fügbaren Lernverhaltensweisen der
Schüler dies erlauben.
Speziell im Umgang mit den all-
tagsästhetischen Produkten, Trivialob-
jekten usw. lassen sich biographische
Bezüge erkennen, die zum Ausgangs-
punkt didaktischer Konstruktionen und
Variationen gemacht werden können.
Die Möglichkeiten zu konkretem Han-
deln, zur symbolisch-bildhaften Ausein-
andersetzung mit Konfliktthemen, zur
eigenen Identitätsentwicklung und zur
Erweiterung der eigenen Lebensmög-
Iichkeiten (vgl. auch RICHTER-REI-
CHENBACH 1992) sind hier in beson-
derem Maße gegeben.
Praxisbeispiel: Eine Archäologie des
täglichen Lebens
Es werden Verfahren benötigt,
die auch verhaltensautTälligen Schülern
eine symbolische Auseinandersetzung
mit ihren Lebenserfahrungen ermögli-
chen und die die weit verbreiteten Dar-
stellungsprobleme, die bekannten aus-
weichenden Reaktionen und Verweige-
rungshaltungen (vgl. RICHTER 1984,
157 f.) erfolgreich zu umgehen vermö-
gen. Habe ich an anderer Stelle
(BRÖCHER L99l;1997 c) für die An-
wendung bestimmter kombinatorischer
Collage-Zeichen-Verfahren plädiert,
mit denen sich der 'Lebensraum' im
'Bildraum' darstellen Iäßt, möchte ich
hier das Sammeln und Arrangieren von
Trivialobjekten, kleinen Spielzeugtei-
len, Gegenständen aus der Kramschub-
lade usw. in einem 'kleinen Museum'
vorstellen. Entsprechende Anregungen
ZIIßCtlRIIT f UR HIII.PADAGOOIK 9/98
lassen sich aus den Arbeiten bzw. Tex-
ten von EID (1974), WICHELHAUS
(1e81), OHLMANN (1988). KAMPF-
JANSEN (1981). WALCH (1988) und
KL,4S (1988)beziehen.
Aus Fundstücken, die der eigenen
Biographie entstammen, wird eine ka-
stenartige Assemblage zusammenge-
stellt. Es handelt sich quasi um 'Spuren-
sicherungskästen' (O H LMANN). in de-
nen ein Stück Alltagsgeschichte
dokumentiert wird. Dieses Verfahren
bietet eine unmittelbare Verbindung
von Schule. Elternhaus und Peer-group,
Alltag. Massenkultur und Kunst.
Zunächst wird der Deckel eines
Schuhkartons mit Packpapier oder ein-
farbigem Geschenkpapier ausgeschla-
gen. Anschließend werden die von den
Schülern mitgebrachten Gegenstände
in dem Deckel arrangiert und mit Kleb-
stoff oder Nadel und Faden befestigt.
An den einzelnen Gegenständen
haftet die persönliche Erinnerung. ein
Stückchen Autobiographie. Es findet
eine rekonstruktive Arbeit statt. die das
Gewesene und das Gegenwärtige zu-
sammenfügt. Scheinbar unscheinbare
Dinge werden mit Alltagsgeschichte
verbunden. Die Erfahrungen und Be-
ziehungen der Schüler zu einzelnen Ge-
genständen werden ansatzweise aufge-
hellt. Bereits im Vorstadium des Sam-
melns, Mitbringens und Anschauens,
entsteht ein breites Spektrum an Er-
zählanlässen. des Austauschens von
persönlichen Geschichten und Erfah-
rungen innerhalb der Schülergruppe
und zwischen Lehrer und Schüler.
Die Schüler werden sich ihrer ei-
genen Identität bewußter, denn die ge-
sammelten und ausgestellten Dinge.
Gegenstände und Objekte sind auch
eine Dokumentation eigener Wünsche.
psychischer Zustände, Träume usw.
Auch lernen die Schüler auf diese Wei-
se etwas über ihre Klassenkameraden.
Der eigentliche Prozeß des Ar-
rangierens und Gestaltens fördert spe-
zifische Fähigkeiten, die sich dem Un-
terrichtsfach Kunst zuordnen lassen.
Die fertigen Objektkästen bzw.'kleinen
Museen' dienen als Grundlage für
Selbstvorstellungen, für die Artikulati-
on von persönlichen Interessen sowie
das Herstellen und Darstellen von eige-
nen biographischen Bezügen.
Die Assoziationen und E,rinne-
rungen lassen sich nicht nur mündlich
mitteilen, das heißt erzählen. sondern
auch schriftlich in Form kurzer Be-
schreibungen bzw. Aufsätze flxieren.
Neben die Förderung des bildhaften
Abbildung I
Ausdrucks wird somit die Förderung
des sprachlichen Ausdrucks gestellt.
Die in den Texten fixierten Gedanken
und Vorstellungen lassen sich im Rah-
men explorativer Gespräche vertiefen.
Impulsfragen sind etwa:
- Liste zuerst alle Gegenstände auf, die
sich in Deinem Karton befinden.
- Entscheide Dich nun für einen einzi-
gen Gegenstand, mit dem Du Dich ge-
nauer befassen willst. Welcher ist es?
- Aus welchem Material ist Dein Ge-
genstand gefertigt? Wie ist er herge-
stellt worden? Wie ist er aufgebaut?
- Wie ist dieser Gegenstand in Deinen
Besitz gekommen (geschenkt bekom-
men, gekauft, gefunden usw.)?
- Was gefällt Dir an diesem Gegenstand
besonders gut?
In welchem Zusammenhang hast Du
den Gegenstand früher einmal be-
nutzt? (Oder: In welchem Zusam-
menhang wurde er von anderen be-
nutzt?)
- Woran erinnert Dich dieser Gegen-
stand (2. B. Personen, Ereignisse
usw.)? Welche Gedanken oder Ge-
fühle löst er bei Dir aus?
- Denke Dir nun eine kleine Geschich-
te aus, in der der Gegenstand vor-
kommt. Es dürfen auch die anderen
Gegenstände aus Deinem kleinen
Museum in dieser Geschichte vor-
kommen.
Ich zeige im folgenden vier Bei-
spiele von verhaltensauffälligen Grund-
schülern, alles Jungen, die durch mich
im Rahmen des gemeinsamen Unter-
richts betreut worden sind.
Leben in der Offensive: Schießen, Krieg
spielen
Ich zähle einmal auf, was ein
Drittkläßler. nennen wir ihn Arik. in
sein Museum (Abbildung I) hinein-
montiert hat: zwei Armeehubschrauber
aus Kunststoff. ein Maschinengewehr,
einen Waffengürtel mit Messer, Hand-
granaten usw., eine Schreckschußpisto-
le. ein Soldatenbein. ein tellerartiges
Gebilde aus Metall. eine kleine Pla-
stikfigur. die evenluell einem 'Überra-
schungsei' o. ä. entstammt.
Der Objektkasten läßt sich als
Aussage über die individuellen Interes-
sen des Schülers lesen: Schießen, Krieg
spielen, Kriegsfilme ansehen usw. Zieht
man das abgerissene Soldatenbein
(oben links) in Betracht, ist eventuell
auch an einen sozialkritischen Bezug
der Objektgestaltung zu denken. Es gab
hierfür jedoch keine eindeutigen Hin-
weise in Form eines Kommentars durch
den Schüler. Eher scheint es so, daß von
dem Miniaturkriegsgerät eine besonde-
re Faszination auszugehen scheint, daß
der spielerische Umgang mit Armee-
hubschraubern, Handgranaten, Pisto-
len, Gewehren usw. ein Ausagieren ag-
gressiver bzw. destruktiver Impulse er-
möglicht. Die Zusammenstellung eines
solchen'kleinen Kriegsmuseums' bietet
ZIITSCHRIFl FÜR tlIILPADAGOGIK 9ß8
Abbildung 2
darüberhinaus eine willkommene Gele-
genheit zur Selbstdarstellung: So einer
bin ich. Nehmt euch vor mir in acht! Ein
eher labiles Ich geht hier in die Offensi-
ve und kaschiert möglicherweise seine
sozialen Angste.
Rückschlüsse auf die Familiensi-
tuation waren hier kaum möglich, weil
der betreffende Schüler. als Sohn einer
Aussiedlerfamilie. die sich auf der
Durchreise befand. die Klasse nur vor-
übergehend besuchte.
Die'blaue Geige' oder: Ertrinken unter
den hochaufgetürmten Erwartungen
der Eltern
Im 'kleinen Museum' des zehn-
jährigen Edelmar (vierte Klasse: Abbil-
dung 2) sehen wir zunächst einen Ker-
zenstummel und ein Teelicht. zwei Ob-
jekte, die Assoziationen an Licht und
Wärme nahelegen. Ferner entdecken
wir zwei Münzen (Lire. Kronen), die auf
bereits unternommene Reisen oder den
Wunsch danach hindeuten. Eine Bay-
ern-München-Plakette deutet auf die
Fußballinteressen des Schülers hin. Im
Zerftrrm des Kästchens befindet sich
eine blaue Plastikgeige. Sie zeigt an, daß
der Schüler nun seit zwei Jahren Gei-
genunterricht bekommt, an dem er je-
doch wenig Spaß zu finden scheint
(Selbstaussage des Schülers).
Rechts davon sehen wir das Bild
eines Fernglases, aus einem Katalog
ausgeschnitten, wohl eher ein ge-
wünschter Gegenstand, schließlich ein
kreisrundes, bedrucktes Pappscheib-
chen, das zum 'Caps'-Spiel gehört, dem
sich die Schüler mit Leidenschaft in den
Pausen hingeben. Das zufällig auf einem
Regal des Klassenzimmers entdeckte
Sägemehl wurde von Edelmar, wie von
einigen anderen Schülern auch. als Bei-
gabe miteingestreut. Edelmar schrieb
unter dem Titel 'Der gerettete Junge'
den folgenden Text zu seinem Kästchen:
'Ich war an einer Talsperre und
bin auf den Turm gegangen. Ich habe mit
dem Fernglas aufdie Sperre geguckt. An
der Sperre kam ein Taucher hoch. Er
hatte einen Jungen gerettet. Dann kam
ein Rettungsboot und hat den Jungen
auf die Untersuchungsstation gebracht.
Es hat nicht einmal eine halbe Stunde
gedauert, dann war er wieder in Ord-
nung. Da haben wir eine Party gemacht,
denn der Junge war mein Freund. Er hat
erzählt, wie es war. als er ertrunken ist.
Dann waren wir alle froh. daß er wieder
da war.'
Die manifeste Beziehung zwi-
schen Objektkasten und Text ist
zunächst nur über das Fernglas gegeben.
Gleichzeitig zeigt sich hier ein dichtes
Geflecht an symbolischen Einkleidun-
gen und Querverbindungen, die es zu
entschlüsseln gilt. Um mehr Hinter-
grund für eine abschließende Ausle-
gung zu erhalten, referiere ich zunächst
den Inhalt eines explorativen Ge-
spräches mit Edelmar. einige Wochen
nach der Entstehung von Museum und
Text. Zunächst fragte ich den Jungen
nach den Erlebnissen des zurückliegen-
den Wochenendes.
Edelmar erzählte. er sei zum Fuß-
ballspiel England-Deutschland zusam-
men mit Freunden nach London gefah-
ren und zwar mit der Fähre. Sie hätten
ein Taxi zum Stadion genommen und in
einem Hotel übernachtet. Zufällig sei es
genau dasselbe Hotel gewesen, in dem
auch die deutsche Nationalmannschaft
übernachtet hätte. Er habe von allen
Spielern Autogramme bekommen und
auch die Trikots. in denen sie zuvor ge-
spielt hätten. Seine Freunde hätten aber
in einem anderen Hotel übernachtet,
nur Edelmar selbst sei mit den Fußbal-
lern in einem Hotel gewesen. Es sei so-
gar zufällig so gewesen, daß er ein Zim-
mer mit Berti Vogts, dem Mann-
schaftstrainer, geteilt habe. Vogts habe
ihrn auch einen Trainingsanzug ge-
schenkt. der ihm jedoch noch zu groß sei.
Er treffe Vogts bald wieder bei einer an-
deren Gelegenheit. Zuhause habe Edel-
rnar eine Geheimkammer in seinem
Zimmer. wo er all die Geschenke. Po-
kale. Trikots usw. aufbewahre.
Der Lehrer lenkte nun das Ge-
spräch auf das Geige-Spielen, fragte
Edelmar nach seinen Fortschritten, be-
vorzusten Komponisten, Musikstücken
usu. Edelmar räumte ein. daß er lieber
heute als morgen mit dem Geigespielen
authören uürde. Er würde lieber in ei-
nen FufSballverein eintreten. Seine El-
tern rrürden dagegen den Standpunkt
vertreten: \\'as man angefangen hat,
muß man auch zu Ende führen. Und:
Man kann nicht iedes halbes Jahr etwas
Neues machen. Z*'eieinhalb Jahre spie-
le er nun schon die Geige, zwei Jahre
müsse er noch durchhalten, dann dürfe
er vielleicht in eincn Fußballverein ein-
treten.Gehen u ir nun zu Edelmars klei-
nem Museum zurtick. so wird deutlich,
daß die kleine blaue Geige aus Kunst-
stoff und die Fußballplakette sich nicht
grundlos im Zentrum des Kästchens be-
finden. Geigenhais und Plakette über-
schneiden sich. geraten miteinander in
Konflikt. Die Interessen und Sehnsüch-
te des Jungen. die er in die Welt des Fuß-
balls hineinproiiziert und die Welt der
aufstiegsorientierten Eltern fallen aus-
einander. Die aus Rußland ausgesie-
delten Eltern. der Vater arbeitete dort
als Schweißer und die Mutter als
Schneiderin. folgen den Grundsätzen
Arbeiten. Karriere machen, sozial Auf-
steigen. Bildung erwerben, Durchhal-
ten. Trotz einer eher mittelmäßigen
Begabung und wenig ausgeprägten In-
teressen nicht nur im Bereich der Musik
- der Junge u'ußte etwa nach zweiein-
halb Jahren Geigenunterricht spontan
keinen Komponisten anzugeben, des-
sen Stücke er besonders gerne spielt,
und auch das sprachliche Niveau des
Aufsatzes zum'kleinen Museum' zeigt
es - bestanden die Eltern anfangs auf ei-
ner Anmeldung Edelmars am Gymnasi-
um. Die von der Grundschullehrerin
empfohlene Gesamtschule wurde aus
'ideologischen' Gründen abgelehnt.
Man versteifte sich fortan auf die Real-
schule. trotz der grundlegenden Proble-
me des Schülers in den Kulturtechniken
und im Lernverhalten.
ZEII§CtlRIIT f ÜR t|IITPÄDAGOGIl( 9/98
Der soziale und kulturelle Auf-
stiegszwang der Eltern setzt das älteste
von drei Kindern derartig unter Druck,
daß der Junge nur noch ins Phantasti-
sche und Irrationale ausweichen kann.
Er erfindet unentwegt tolldreiste Ge-
schichten. die er seinen Klassenkamera-
den und dem Lehrer auftischt, mit dem
Ergebnis. daß er nicht mehr ernstge-
nommen wird und immer weiter ins so-
ziale Abseits gerät. Aus dieser Randpo-
sition heraus antwortet er mit inad-
äquaten Verhaltensweisen.
Die Geschichte vom 'geretteten
Jungen' erscheint auf diesem Hinter-
grund als Hilfeschrei. Der Junge in der
Geschichte ist niemand anderes als das
alter ego unseres Schülers. Edelmar
droht unter den hochaufgetürmten Er-
wartungen, an den Sohn delegierten
Karrierewünschen seiner Eltern unter-
zugehen. Er spürt, daß er deren An-
sprüche nie erfüllen kann und sieht zur
Zeit keine Möglichkeit. einen eigenen
Weg zu gehen, der ihm mehr entspricht.
Die Macht der aufstiegsbesessenen El-
tern ist noch zu groß. Der Kerzenstum-
mel und das Teelicht erscheinen even-
tuell als ein Hoffnungsschimmer.
Eine Schreibfeder als Symbol einer
zurückliegenden, glücklichercn Zeit
Als nächstes wende ich mich dem
Objektkasten des zehnjährigen Martin
(Abbildung 3) zu. Einige Anmerkungen
zu den gezeigten Auffälligkeiten im
Lern- und Sozialverhalten seien voraus-
geschickt. Martin war kaum in der Lage,
sich über einen längeren Zeiiraum zu
konzentrieren und ließ sich sehr schnell
ablenken. Auffällig waren seine extre-
me motorische Unruhe und seine über-
schießenden Reaktionen auf Bewe-
gungsangebote oder szenisches Spiel.
D. h.. er lief sehr oft durch die Klasse,
konnte nur schwer ruhig auf dem Stuhl
sitzen.lag eigentlich mehr auf dem Tisch
und tobte exzessiv bei Bewegungsspie-
len. Berührungen - etwa bei psychomo-
torischen Übungen - erfolgten oft hef-
tig und der Situation unangemessen. Bei
szenischen Spielen oder Pantomimen
etc. warf er sich oft auf den Boden. Emo-
tional geprägte Situationen zog er ins
Lächerliche und agierte seine Spannun-
gen albern aus. Viele seiner Bilder sind
in dunklen Farben gehalten und stellen
Waffen, Foltermethoden und Fäkalsi-
tuationen dar. Oft sind sie, wie Martins
übriges Verhalten, hochgradig sexuali-
siert. Von seinen Mitschülern wurde er
oft wegen seiner Clownerien. seiner
Kaspereien nicht ernstgenommen oder
kritisiert. Daß auf dem Hintergrund der
bestehenden Auffälligkeiten überhaupt
ein künstlerisch produktives Ergebnis
zustande gebracht worden ist, muß als
besonderes Ereignis gewürdigt werden.
Die in Martins Karton befindlichen Ge-
genstände sind rasch aufgezählt: Ein mit
Sägemehl gefülltes Plastikkästchen,
eine Plastikspule, wohl von einer Garn-
rolle, zwei weiße Knöpfe, eine leere Pa-
trone, ein Federkiel aus Holz, eine
Schreibfeder und auf den Boden des
Kästchens gestreutes Sägemehl. Martin
hat die folgende Geschichte zu seinem
'kleinen Museum' geschrieben:
'Ich und mein Opa und mein Füller.
Ich war gespannt auf meine erste
Wanderung. Also ging ich los. um zu
meinem Opa zu kommen Ich machte
mich auf den Weg, Als ich bei meinem
gen. Die erzählte Handlung gliedert sich
in bestimmte zeitliche Episoden wie Los-
gehen, Rastmachen, Weitergehen, An-
kommen an einem Baum, nach Hause
gehen usw. Die erzählte Abfolge wirkt
stellenweise fragmentarisch. die Über-
gänge sind zum Teil etwas hart, ein Merk-
mal, daß sich in allem mündlichen oder
schriftlichen Erzählen des Jungen wie-
derfindet. Neben den eher zufällig auf-
gefundenen Gegenständen wie den
Knöpfen, der Garnspule, dem Plastik-
kästchen, ist es - folgt man dem Text des
Jungen - wohl vor allem der'Federkiel',
der hier unsere Beachtung verdient.
Dieses Schreibwerkzeug ist in ho-
hem Maße affektiv besetzt, weil es den
Jungen an seinen Großvater erinnert,
dem er eine Reihe unvergeßlicher Kind-
Abbildung 3
Opa war, hatte er schon gewartet undwir
gingen los. Als wir angekommen waren,
war es 3.00 Uhr nachmittags und wir gi-
nen los zum ferstele (eventuell: Feuer-
stelle?, J.B.) im Wald als wir angekomen
waren haben wir Rast gemacht und ich
fand meinen Federkiel. Da sagte mein
Opa: Ich habe noch ein altes tintenfaß
das kannst du haben, ich brauche es
nicht mehr. Also gingen wir los. Und wir
gingen und gingen bis wir bei einem
Baum waren. Dort holte mein Opa ein
Messer raus und fragt mich, ob ich einen
Stock haben will. Ich sagte: 'Ja' und er
machte einen schönen Stock. Danach
gingen wir nach Hause und ich schrieb
den ganzen Tag mit meinem neuen Fe-
derkiel Mein Opa sagte wenn du das
nächste Mal kommst gehen wir angeln.'
Dieser Text handelt von frühen,
positiv besetzten Kindheitserinnerun-
heitserinnerungen verdankt. Der Vater
der Mutter hatte sich - vor seinem Tod
- sehr um Martin und dessen älteren
Bruder gekümmert, während die Eltern
mit dem Aufbau einer kleinen Bauflrma
beschäftigt waren. Im Grunde war der
Großvater eine Zeitlang stärker für den
Jungen präsent als der leibliche Vater.
Der Großvater ist viel mit Martin und
dessen älterem Bruder in die Natur, in
den Wald gegangen, hat ihnen die Pflan-
zen erklärt und hat sich überhaupt viel
gekümmert. Sein langsames, qualvolles
Sterben an einem Krebsleiden stellte für
Martin einen schweren Einschnitt dar.
Mit dem Großvater hat er einen Men-
schen verloren, der speziell in den Jah-
ren der mittleren Kindheit eine sehr
wichtige Rolle für ihn spielte.
In der Gegenwart ist Martin viel
sich selbst überlassen. Er schaut sehrviel
ITITSCHRIIT IÜR llt|IPÄDAGOGIK 9/98
ten Didaktik. In: Musik-, Tanz- und Kunst-
therapie 8 (1997b) l-12
BROCHER, -/.: Bildraum und Lebensraum.
In: Förderschulmagazin Heft 7-8 (1997c)
4749
BROCHER, "I.: Didaktik: Niemandsland
oder Spielwiese der Verhaltensauffälligen-
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als lebensweltorientierten Gesamtzusam-
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derpädagogischen Unterricht - Didaktische
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Anschrift des Verfassers
PD Dr. Joachim Bröcher
Heddinghausen 99 a
51588 Nümbrecht
Milton-Erickson-Gesellschaft für
Klinische Hypnose e. V (M.E.G.)
HYPNOTHERAPEUTISCHE
KONZEPTE f. d. GESPRACHSFÜHRUNG
(nach M. ERICKS0N)
Fortbildung für Angehörige lehren-
der, beratender und klinischer Beru-
fe: Gesprächsmuster, Körperwahr-
nehmung, Arbeit mit Metaphern
und Geschichten, suggestestive Stra-
tegien, u. a.
(Abschluß mit Zertiflkat)
10 Wochenenden in Hannover;
Beginn 24.125. Oktober 1998,
Abschluß 2000
INFORMATION UND ANMELDUNG
Dr. I. Pütter,
Bischofsholer D amm 1 42,
30173 Hannover.
Telefon/Fax: 05 11/85 38 51
ZTITSCHRIIT IÜR tlIITPÄDAGOGIK 9/98
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The model »Lifeworld-oriented Didactics« (in German: »Lebensweltorientierte Didaktik«) has been developed by Joachim Broecher, through his own educational practice as a classroom teacher during the 1990s while teaching in West Germany in both urban and rural specialized schools for children and youth with emotional, social, and behavioral needs. Active with participation and dialogue, this educational and didactic approach encourages the students to share their social, cultural and biographical experiences. Working cooperatively, students engage in experiential, hands-on, and person-centered learning activities utilizing creative arts, play, self-expression and self-exploration around topics within youth culture, media and everyday aesthetics -- areas that have a central role in this educational work. As a majority of the children and youth in the field of special or inclusive education reject traditional school learning, they embrace the experiential, hands-on, person-centered learning activities in connection with Lifeworld-oriented Didactics. These activities first serve to build educational relationships and create a basis for curricular learning, which is then initiated step by step through interwining both levels of learning. Broecher‘s model is based upon the educational ideals of freedom, emancipation, autonomy, co-determination, and solidarity, as they have been defined in Wolfgang Klafki's (1985) critical-contructive educational sciences approach, drawing from the philosophies of the Classical period, Enlightenment and encorporating the critical theory of the Frankfurt School. Lifeworld-oriented Didactics is not only an enabling, empowering, non-labeling, non-categorizing approach for challenging classrooms and school settings, but also it's purpose is to contribute to existing research by exploring the »torn world of the social«, as it has been described by Axel Honneth in his social-philosophical discourses. Lifeworld-oriented Didactics is based on qualitative research principles and draws from field studies, ethnographical studies, and uses collaborative cultural mapping as a methodology. Winfried Kuhn and Ulrike Kocks, the former leaders of the teachers' College in Düsseldorf, Germany, provided their teacher trainees (J.B. was one of them) with an interdisciplinary educational framework. This longterm, project-oriented, flexible didactic structure, in which person-centered and curricular learning unites with counseling efforts around learning and social behavior, and integrates with life issues and coping strategies. Early criticisms of this model, by a certain part of the academic world, included the argument that not every teacher knows about working with the diversified field of creative arts, youth culture etc., so the model is not replicable. Additionally: the researcher (J.B.), who developed the model, participated in his own field research, thus he was lacking the neccessary distance. This critique viewed the whole approach as lacking reliability scientifically because it was not measurable and not repeatable. Other concerns were the unspairingly open documentation of the conflict-loaden biographies and life stories of a majority of students. However despite these criticisms, this didactic model, at least temporarily, became part of pre-service teacher education at the universities of Gießen, Cologne, Halle, Hamburg and Munich with Joachim Broecher's lecturing, during the years 1998-2008. The students of these universities were more than interested and motivated to discuss the opportunities and challenges which came with this didactic approach. The contributions, questions, proposals and ideas of these students in pre-service teacher education, in special education and inclusive education, became a strong, encouraging factor for the further development of the model. Furthermore, a series of productive cooperative relationships were established within the German children and youth welfare system, in cities like Berlin, Frankfurt or Potsdam. Through these cooperations Lifeworld-oriented Didactics became a conceptual element of programs and research projects with the focus on prevention and intervention in connection with school dropout and truancy. Further development of the original model of the 1990s might include connecting it with international approaches, e.g. Teaching for Social Justice, Urban Education, Experiential Education, Citizenship Education, Student Voice-Models, Hip Hop and Rap Pedagogies, Gender- and Queer Studies, Critical Discourse Analysis, or Critical Race Studies. Lifeworld-oriented Didactics could also be linked with some single components of School-wide Positive Behavior Support, like Check & Connect, Choice-Making, Opportunities-to-Respond, and Behavior-specific Praise. Also this model could connect with some selected social skills trainings focused on self-regulation or self-management, even if the general structure of both models is completely contrary. Contrasts such as those found in evidence-based practices, hermetical structure, behavior-orientation versus open educational and didactic structure, with an orientation to the lifeworld, to youth cultures, media and digital worlds, also integrate philosophical inquiry in the educational work. The Lifeworld-oriented Didactics model also strives to understand what is happening beneath the surface of the pure behavior, in terms of emotions, identities, internal troubles and conflicts. Building from the model of the 1990s, a modern contemporary design considers digital worlds, virtual realities, social networks, youth cultures, and more. The didactical framework of the model is open and flexible in structure, interdisciplinary, and is relevant particular with its intertwine of experiential, subject-centered learning activities, curricular learning activities, and with emphasis on the reflection on the youths' existing patterns of learning behavior and social behavior, their internal and external conflicts, their emotional troubles and concerns, and their coping strategies in dealing with their life issues.
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Theoretisch basiert die seit den 1990er Jahren von Joachim Bröcher entwickelte Lebensweltorientierte Didaktik auf der—am Bildungsideal der Freiheit, der Emanzipation, der Selbst– und Mitbestimmung und der Solidaritätsfähigkeit des Einzelnen ausgerichteten—kritisch-konstruktiven Erziehungs– und Bildungswissenschaft, wie sie von Wolfgang Klafki (1927-2016), von 1963 bis 1992 Professor an der Philipps-Universität in Marburg, seit 1985 ausgearbeitet worden ist. Die Lebensweltorientierte Didaktik versteht sich nicht nur als pädagogisches Handlungsmodell, sondern will selbst auch Beiträge zur Forschung leisten, indem sie die „zerrissene Welt des Sozialen“ (Axel Honneth) mit der Absicht einer positiven Veränderung ausleuchtet (qualitativ, gesellschaftskritisch). Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen werden ihre Lebenswelten (vgl. die Konzeptualisierung der Lebenswelt bei Schütz und Luckmann, im Anschluss an Husserl) und die hierin liegenden Daseins– und Lebensthemen (im Sinne von Hans Thomae) sowie die eingesetzten Daseinstechniken bzw. Auseinandersetzungsstrategien (Thomae) untersucht. Bei alldem spielen symbolbildende Prozesse (Spiel, Zeichnen, Malen und Gestalten, Jugendkultur, Jugendsprache, Medien, Musik, virtuelle Welten, Welt der virtuellen Spiele, Alltagsästhetik, Körperkulte, Mode, Tattoos etc.) eine zentrale Rolle (vgl. Helmut Hartwig u.a.). Die Lebensweltorientierte Didaktik sucht dann im nächsten Schritt nach Übergängen und Anknüpfungspunkten für curriculares, sachbezogenes Lernen in den Unterrichtsfächern. Subjektzentriertes Arbeiten wird mit sachorientiertem Lernen verschränkt. Lernen vollzieht sich im Sinne Klafkis exemplarisch, es hat Gegenwarts– und Zukunftsbedeutung. Je mehr Konfliktpotenzial, desto mehr Subjektbezug. Mit Bezug auf Paolo Freire lässt sich hier auch von generativen didaktischen Themen sprechen, die aufgefunden und bearbeitet werden müssen. Generative Themen sind Themen, die für die Kinder, Jugendlichen und ihre Familien und Communities von existenzieller Bedeutung sind. Generative Themen haben immer eine soziale und kulturelle Komponente, sie sind niemals rein psychologisch zu sehen. Winfried Kuhn und Ulrike Kocks, in den 1990er Jahren Leiter_innen des Düsseldorfer Studienseminars, entwickelten das Konzept des fächerübergreifenden Handlungsrahmens, d.h. es werden längerfristige, projektartige, prozesshafte und variable didaktische Einheiten kreiert, in denen mal mehr die Subjektanliegen geklärt und mal mehr die Sachanliegen weiter vorangebracht werden, je nach Situation, je nachdem, was möglich ist. Es findet eine in den didaktischen Prozess integrierte pädagogische Reflexion zu den Daseinsthemen, Lebenskonflikten, inklusive ihrer sozialen und kulturellen Hintergründe etc. statt, wie auch zu den Daseinstechniken, die sich als Lern-, Arbeits– und Sozialverhalten zu erkennen geben. Auch die von Jean-Paul Sartre in „Das Sein und das Nichts“ explizierten existentialistischen Konzepte (die Art der Beziehungsgestaltung, um solche Reflexionen überhaupt in Gang zu bringen, die Gespräche über Vergangenheit, Faktizität und Transzendenz, das Überschreiten des Alten und das Entwerfen des Neuen etc.) gingen in die Lebensweltorientierte Didaktik ein.
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Die kognitive sowie die emotionale und soziale Entwicklung sind in den frühen Lebensjahren zum einen an verlässliche, förderliche Bindungsbeziehungen und zugleich an sinnliche Wahrnehmung, den handelnden Umgang mit den Dingen und die damit verbundene Materialerfahrung gebunden. Wenn Kinder spielen, malen und gestalten, eignen sie sich neues Wissen an und bilden interne kognitive Repräsentationen und Schemata aus. Zugleich bringen sie ihre Erlebnisse und Emotionen und all das, was verbalsprachlich noch nicht mitgeteilt werden kann, symbolisch zum Ausdruck. Eine Reihe von psychosozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Faktoren können diese Prozesse beeinflussen, unterstützen oder erschweren. Bezogen auf Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf in der emotionalen oder sozialen Entwicklung lassen sich spezielle Förderangebote in den Kontext Schule und Unterricht, aber auch in vorschulische und außerschulische pädagogische Handlungsfelder einbringen, als Impulse für eine ausgeglichene Entwicklung. Die an Spiel, Kunst und Gestaltung orientierten Lernangebote haben dabei einerseits eine diagnostische Bedeutung, weil wir in den entstehenden Bildresultaten und Gestaltungen der Kinder und Jugendlichen formale Besonderheiten erkennen können, die Rückschlüsse auf die jeweilige Problematik erlauben. Zum anderen erzählen die Kinder und Jugendlichen in ihren Bildern und Gestaltungen von ihrem „besonderen Lebensgeschehen“ (H.-G. Richter). Die Prozesse des Spiels und des bildhaften Gestaltens, teils auch in jugendkulturellen und alltagsästhetischen, medialen Kontexten, werden in den vorhandenen Theorien und Handlungsansätzen zum einen mehr psychologisch-therapeutisch, zum anderen stärker pädagogisch-didaktisch betrachtet. Auf der einen Seite wird das Kind bzw. der Jugendliche in seiner individuellen psychosozialen Entwicklung in den Blick genommen. Auf der anderen Seite wird eine Verknüpfung mit den schulischen, curricularen Inhalten und Lernzielen hergestellt. Die Übergänge zwischen diesen beiden Herangehensweisen sind fließend.
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Die Lebensweltorientierte Didaktik wurde von Joachim Bröcher seit Anfang der 1990er Jahre aus der pädagogischen Praxis an spezialsierten Förderschulen heraus entwickelt, während seiner Jahre als Lehrer, in der Großstadt (Köln, Solingen) und auf dem Land (Oberbergischer Kreis, Nordrhein-Westfalen), später auch in inklusiven Settings an Grundschulen und Hauptschulen. Die Modell– und Konzeptentwicklung vollzog sich in hohem Maße dialogisch-partizipativ, d.h. unter maximaler Einbindung und Mitgestaltung der unterrichteten Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung, oftmals zusätzlich mit Förderbedarf im Lernen. Das Modell ist von der Forschungsmethodik her qualitativ fundiert, subjektzentriert ausgerichtet und orientiert sich an Feldforschung und Handlungsforschung. Theoretisch basiert die Lebensweltorientierte Didaktik auf der am Bildungsideal der Freiheit, der Emanzipation, der Selbst– und Mitbestimmung und der Solidaritätsfähigkeit des Einzelnen ausgerichteten kritisch-konstruktiven Erziehungs– und Bildungswissenschaft, wie sie von Wolfgang Klafki seit 1985 formuliert und ausgearbeitet worden ist. Die Lebensweltorientierte Didaktik versteht sich nicht nur als pädagogisches Handlungsmodell, sondern will selbst auch Beiträge zur Forschung leisten, indem sie die „zerrissene Welt des Sozialen“ (Axel Honneth) mit der Absicht einer positiven Veränderung ausleuchtet. Gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen werden ihre Lebenswelten und die hierin liegenden Daseins– und Lebensthemen sowie die eingesetzten Daseinstechniken bzw. Auseinandersetzungsstrategien untersucht. Bei alldem spielen symbolbildende Prozesse (Spiel, Zeichnen, Malen und Gestalten, Jugendkultur, Umgang mit Medien, Alltagsästhetik) eine zentrale Rolle. Die Lebensweltorientierte Didaktik sucht dann im nächsten Schritt nach Übergängen und Anknüpfungspunkten für curriculares, sachbezogenes Lernen in den Unterrichtsfächern. Subjektzentriertes Arbeiten wird mit sachorientiertem Lernen verschränkt. Winfried Kuhn und Ulrike Kocks, die damaligen Leiter_innen des Düsseldorfer Studienseminars entwickelten hierzu das Konzept des fächerübergreifenden Handlungsrahmens. Dabei handelt es sich um längerfristige, projektartige didaktische Einheiten, in denen mal mehr die Subjektanliegen geklärt und mal mehr die Sachanliegen weiter vorangebracht werden, je nach Situation, je nachdem, was möglich ist, und ebenfalls eine in den didaktischen Prozess integrierte Beratung zum Lern-, Arbeits– und Sozialverhalten stattfindet. Die Lebensweltorientierte Didaktik hatte schon früh ihre Kritiker, insbesondere aus dem rein akademischen Lehr-/Forschungsbetrieb. Argumente gegen dieses Modell waren: Nicht jeder kenne sich mit bildhafter Symbolik aus, insofern sei das nicht durch andere wiederholbar, sodann: der Forscher (J.B.) habe sich zugleich als Lehrer im Feld befunden, folglich habe ihm die notwendige Distanz gefehlt (Würde man eine solche Kritik auch gegenüber einem Forscher in der Medizin äußern, der zugleich als Arzt in der Praxis tätig ist und dort seine Erfahrung sammelt?) Vor allem: Das Ganze sei wissenschaftlich nicht haltbar, da nicht überprüfbar, nicht messbar und nicht wiederholbar, die altbekannte Ablehnung qualitativer Forschung durch das empirisch-quantitative Lager. Andere stießen sich an der schonungslosen Dokumentation des teils sehr konflikthaften Lebensgeschehens (Sex & Crime). Zugleich war die Lebensweltorientierte Didaktik Gegenstand der universitären Lehre im Förderschwerpunkt der emotionalen und sozialen Entwicklung, parallel zur Arbeit an den Schulen, an der Justus-Liebig-Universität Gießen, an der Universität zu Köln (hier im Bereich Kunst), an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, an der Universität Hamburg und an der Ludwig-Maximilians-Universität München (1998-2008). Die Studierenden aller dieser genannten Universitäten waren stets überaus interessiert und motiviert, wenn es darum ging die Lebensweltorientierte Didaktik, ihre Möglichkeiten und die sich stellenden Herausforderungen zu diskutieren. Die Skepsis der etablierten, älteren Generation von rein akademischen Hochschullehrer/innen (auch einiger Jüngerer im Elfenbeinturm der Wissenschaft) gegenüber der Lebensweltorientierten Didaktik teilten sie ganz und gar nicht. Insofern waren auch die Beiträge und Gedanken dieser Generation von Studierenden für die weitere Entwicklung des Modells von großer Bedeutung, denn sie wirkten als Treiber und erzeugten Motivation, weiterzumachen. Ferner ergaben sich eine Reihe von sehr fruchtbaren Kooperationen mit der Welt der Kinder– und Jugendhilfe bzw. Sozialpädagogik (Landeskooperationsstelle Schule-Jugendhilfe, Potsdam; Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt am Main), in deren Verlauf die Lebensweltorientierte Didaktik auch in die Konzeptentwicklung auf dem Gebiet der Prävention und Intervention bei Schulverweigerung bzw. Schulabsentismus einging (z.B. Projekt "Coole Schule"). Möglichkeiten der Weiterentwicklung könnten darin liegen, die Lebensweltorientierte Didaktik mit internationalen Modellen (Teaching for Social Justice, Urban Education, Experiential Education, Citizenship Education, Student Voice-Modelle, Hip Hop und Rap Pedagogies) zu verknüpfen, auch einige Komponenten aus dem Bereich Positive Behavior Support einzubauen, sowie das Ganze zeitgemäß zu aktualisieren, denn auch die Weiterentwicklung der Medien, sozialen Netzwerke, Jugendkulturen etc. erfordert neue didaktische Formen. Aber die Lebensthemen, an denen sich die jungen Menschen oftmals aufreiben und dabei durch Einsatz problematischer Daseinstechniken „auffällig“ werden, dürften noch dieselben sein….
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Art therapy in special education and its function for developing new scientific insights - Didactical variations to the drawings of a boy with behavioral disorders: On the basis of qualitative research methods, the extensive drawing work of an eight year old pupil is examined. Under aspects concerning the content a phantastical and bizarre private world of this boy is getting visible in his pictures - and later in his narrations. After the analysis of the aesthetical aspects of his pictures and the examination of his biographical particulars, the establishing of his phantasy-world is related to specific family problems. Under formal points of view the drawings of the eight year old boy show a series of characteristics, that can be found in personality changes close to psychosis (autistic and schizophrenic tendencies). It is presented, how the gained realisations on the basis of his pictures are attempted to be put in didactical consequences and variations, to bring the boy out of his social isolation and the world of his own, back to the integration in general working-processes with his schoolmates. Auf der Basis qualitativer Forschungsmethoden wird das umfangreiche zeichnerische Werk eines achtjährigen Schülers untersucht. Unter inhaltlichem Aspekt wird in den Bildern und in den - später hinzukommenden - Erzählungen des Jungen eine phantastische und bizarre Privatwelt sichtbar. Die Errichtung dieser Phantasiewelt wird im Anschluss an die Analyse der ästhetischen Produktionen und die Auswertung biographischer Daten mit einer spezifischen familiären Problematik in Verbindung gebracht. Unter formalen Gesichtspunkten weisen die Zeichnungen des Achtjährigen eine Reihe von Merkmalen auf, wie sie bei bestimmten psychosenahen Persönlichkeitsveränderungen (autistische und schizophrene Tendenzen) anzutreffen sind. Es werden Versuche dargestellt, die anhand der Zeichnungen gewonnenen Erkenntnisse in didaktische Realisationen bzw. Variationen umzusetzen, um den Jungen aus seiner sozialen Isolation und seiner entrückten Wirklichkeit herauszulösen und in die allgemeinen Themenbearbeitungsprozesse der Lerngruppe zu integrieren.
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"A developmental task is a task which arises at or about a certain period of life of the individual, successful achievement of which leads to his happiness and to success with later tasks, while failure leads to unhappiness in the individual, disapproval by the society, and difficulty with later tasks." Developmental tasks may arise from physical maturation, from pressures of cultural processes, or from the emerging personality, usually from the interaction of these factors. Understanding of these tasks is useful in defining educational objectives and timing educational efforts. The developmental tasks of infancy and early childhood, of middle childhood, of adolescence, early adulthood, of middle age, and of later maturity are discussed in terms of their nature, their biological, psychological, and cultural basis, and their educational implications. (PsycINFO Database Record (c) 2012 APA, all rights reserved)
Kunsttherapie bei auffälligem Verhalten an Grund-und Sonderschule
  • Welt
Welt. Kunsttherapie bei auffälligem Verhalten an Grund-und Sonderschule. Heidelberg 1998 (in Druck)
Die Ökologie der menschlichen Entwicklung
  • U Bronfenbrenner
BRONFENBRENNER, U.: Die Ökologie der menschlichen Entwicklung. Frankfurt am Main 1989
Coping and defending. Process of self-environment organization
  • N Haan
HAAN, N: Coping and defending. Process of self-environment organization. New York 1,977
Die zerrissene Welt des Sozialen. Sozialphilosophische Aufsätze
  • Honneth
HONNETH,,4.: Die zerrissene Welt des Sozialen. Sozialphilosophische Aufsätze. Frankfurt am Main 1990
Desintegration. Bruchstücke einer soziologischen Zeitdiagnose. Frankfurt am Main
  • Honneth
  • H Kämpf-Jansen
HONNETH,,4.: Desintegration. Bruchstücke einer soziologischen Zeitdiagnose. Frankfurt am Main 1994 KÄMPF-JANSEN, H.: Objekte und Dinge. In: Kunst + Unterricht 66 (1981) 4-15
Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus
  • O E Kernberg
KERNBERG, O. E (1975): Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus. Frankfurt am Main 1988
Allerlei Gerät zum Nachtvogelfangen
  • R Klas
KLAS, R.: Allerlei Gerät zum Nachtvogelfangen. Objektkästen im Unterricht der Grundschule. In: Kunst + Unterricht 123 (1,e88) 23-2s