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Hilfen zum Aufbau des Bildraumes und zur Erweiterung des darstellerischen Repertoires. Das Mobile Bildsystem im Kunstunterricht bei eingeschränkten Darstellungsfähigkeiten, Misserfolgserwartungen und Verweigerungsreaktionen

Authors:
Hillen zum Aulbau des Bild-
rautnes und ut [rweilerung des
darslel lerischen Reperloires
Das Mobile Bildsyslem im Kunstunterrichl bei eingeschränkten Darslel'
lungslähigkeilen, M isserfol gseruarlungen und Verueigerungsreaktionen
Ursprung und Entwicklung des Mobilen
Bildsystems
Bei der ldee, einzelne flgurative
Elemente vor einem Hintergrund zu
platzieren, diese hin- und herzuschie-
ben, bis die gewünschte Wirkung er-
reicht ist, und die endgültig getroffene
Anordnung schließlich zu reproduzie-
ren und weiter zu gestalten etc., handelt
es sich um ein Grundprinzip aus dem
Bereich der Graphik. Selbst in der Si-
tuation, eine hochgradig demotivierte
Gruppe von Jugendlichen an einer
Schule für Erziehungshilfe als Fachleh-
rer unterrichten zu müssen. machte ich
mir das oben genannte Prinzip zuerst im
Jahre 1990 mit didaktischer Absicht zu-
nutze. Mein Eindruck in dieser Lern-
gruppe war, dass die Schüler nicht mehr
bereit waren, irgendetwas Bildähnli-
ches zu Papier zu bringen. Vielmehr
ritzten sie mit Taschenmessern Kerben
in das Holz der Schulbänke, ließen die
frisch ausgehobenen Rillen und Ritzen
mit Tinte voll laufen. führten derbe Re-
den und warfen brennende Überresle
von Arbeitsblättern durch das Klassen-
zimmer. Farben und Ton rührte keiner
an. In den Bücherkisten des Modernen
Antiquariats fielen mir eine Reihe von
Bänden mit Graphiken und Zeichnun-
gen in die Hände. Ich wählte einiges aus.
legte die Zeichnungen auf den Kopie-
rer. schnitt Figuren aus. vergrößerte
Stadt- und Landschaftsansichten zu
D IN -A3-H int e rgründe n. arla ngierte
davor Frauen, Männer. Motorräder.
Autos usw., probierte, verschob, ko-
pierte. legte das Material versuchsweise
den Schülern jener Klasse vor und - sie
griffen zu. zuerst zögernd zwar, dann zu-
nehmend interessiert. Schnell erweiter-
te ich das Repertoire. Ich habe seitdem
auf allen Altersstut'en der Schule für Er-
ziehungshilfe bzw. Lernhilfe sowie in
der entsprechenden Integralion an
Grund- und Hauptschulen. in Ansätzen
auch bei geistig behinderten Schülern,
mit dem Verfahren experimentiert. Ei-
nen ersten Artikel zum Mobilen Bild-
system verfasste ich 1991 . ein zweiter er-
schien 1997 (b). Erst heute vermag ich
sagen zu können, was am Mobilen Bild-
system das eigentlich Sonderpädagogi-
sche ist und warum es als behinde-
rungsspezifi sches Verfahren weiter ent-
wickelt und in den einzelnen sonderpä-
dagogischen Fachrichtungen erprobt
werden sollte.
Vermitteln von gestalterischen
Erfolgserlebnissen
Wenn es etwas gibt. was ich nach
elf Jahren Unterrichtstätigkeit mit ver-
haltensauffälligen und lerngestörten
Kindern und Jugendlichen den nachrü-
ckenden jungen Lehrkräften unter bild-
nerischem Aspekt wirklich empfehlen
möchte, dann ist es das im Folgenden
näher darzustellende Mobile Bildsys-
tem. Das Verfahren funktioniert selbst
unter extrem schwierigen Bedingungen
und führt dabei immer noch zu akzep-
tablen Arbeitsprozessen und Ergebnis-
sen. Das Mobile Bildsystem lässt sich
unter Berücksichtigung zentraler Prin-
zipien der Pädagogischen Kunstthera-
pie wie Komplexitätsreduktion, In-
struktionserhöhung, Spiel. Experiment,
Montage und Variation (vgl. RICHTER
1999; BROCHER 1999 b)als eine spe-
ziflsch sonderpädagogische Form der
Bildproduktion realisieren. Von zentra-
ler Bedeutung ist hier das Prinzip der
didaktischen Reduktion (vgl. WIL-
LAN D 2000,28 ff.). Dies im Sinne einer
,,Reduzierung des Problemgehaltes",
hier des Bildaufbaus. der Perspektive
sowie der ,,Konzentration auf die
grundlegenden Sachverhalte" (ebd.),
hier als vorne-hinten. davor-dahinter.
Im Verbund mit dem Prinzip der Sub-
zfltScHRtrT FÜR HflIPADAG00IK I t/2000 462-468
stitution fehlender Darstellungssche-
mzrtzr bzw nur unzureichend vorhande-
ner kognitiver fisurativer Repräsenta-
tionen elmöglicht diese Reduktion auf
der inhaltlichen Ebene. d. h. der Ebene
der Bilderzählung und Bildmitteilung.
zugleich eine Iür die genannte Ziel-
gruppe ungewölrnlich hohe Kornple-
xität: Der Schüler bekommt die Mög-
lichkeit. sich detailliert und fundiert
bildnerisch n.ritzuteilen und dabei zu-
gleich eine ansehnliche Gesamtkompo-
sition zu präsentieren. Ich halte das Mo-
bile Bildsystern daher für geeignet. den
eigentümlichen. häufig eingeschr'änk-
ten Darstellungsmöglichkeiten von
Kindern und Jugendlichen mit Verhal-
tensauffälligkeiten, Entwicklungsver-
zögerungen und Lernstöl'ungen. viel-
leicht auch mit sensomotorischen und
psychomotorischen Problenren, auf
eine konstruktive Weise zu beeegnen.
Die Kinder und Jugendlichen gelangen
mit dem Mohilen Bildsystem zu einer
komplexen Bildkomposition und
Raumorganisation. die den eigenen
Ansprücher-r weit eher gerecht ztl wer-
den vermag als eine freie Zeichnung
oder ein freier malerischer Entwurf. Die
Folge ist motiviertes und ruhiges Ge-
stalten. Darstellungsprobleme und Dar-
stellungsängste werden abgebaut. Auf-
kommende Frustrationen oder Aggres-
sionen. die häufig dazu führen. dass die
gestalterische Tätigkeit abgebrochen
oder gar nicht erst begonnen wird. ent-
fallen oder werden deutlich verringert.
Erkunden von räumlichen Beziehungen
und Realitätsverhältnissen
Besonders unter dem mimeti-
schen. d. h. abbildenden Aspekt ermög-
licht das Verfahren den Schülern ein
handelndes Erkunden von räumlichen
Beziehungen und perspektivisch sinn-
vollen Verhältnissen. Schüler. die in An-
teilen realitätsverzerrende Wahrneh-
mungen zeigen. arbeiten im Bildgestal-
tungsprozess an ihrem Realitätsverhält-
nis. Die real gegebene Gegenständlich-
keit und deren Ordnung kann durch den
Prozess des Anordnens im Bild besser
wahr genommen und akzeptielt wer-
den. Der Lehrer kann hier korrigierend
und erklärend eingreit'en. um die Wahr-
nehmung und Interpretation von Rea-
lität zu ermöglichen. Dies etwa ausge-
hend vom Phänomen der Perspektive:
Welche Bildinhalte überschneiden sich'?
Wie sind die GrölJenverhältnisse'? Wel-
che Personen. Tiere oder Gegenstände
befinden sich demzufolge vorne, welche
im Mittelgrund und welche hinten im
Bildraum? usw.
Abb. 2: Bilclclcmente vor cinetn Hintcrgruncl
gen crprobcn ...
Ein in sich bewegliches System von Bild-
hintergründen und Bildelementen
Um das Arbeiten nrit diesem Ver-
fahren zu ermöglichen. sollte man zu-
nächst eine Grundausstattung an Bild-
elementen und Bildhintergründen be-
reitstellen, etwa durch Kopien von
Zeichnungen bekannter Künstler und
von Abbildungen aus Zeichen-Lehlbü-
chern etc. Aus manchen Vorlagen lassen
sich Details entnehmen und mehlfach
auf dem Kopierer vergrößern. in be-
stimmten Fällen auch verkleinern. Die
Elemente werden ausgeschnitten. die
fertigen Bildhintergründe auf Plakat-
karton aufgezogen oder laminiert. um
sie haltbarer zu machen. Im Prinzip
können mit Hilfe dieses Verfahrens alle
möglichen Szenen oder Themen aus der
inneren und äußeren Welt eines Kindes.
;-:.*l -
-. .. .rt
trr.rordnen. vcrschieben ziusprobieren. Wirkun-
eines Jugendlichen abgebildet. gestaltet
und un-rgestaltet werden. In dem Ange-
bot der Figuren und Gesenstände sollte
ein möglichst breites Spektrum an in-
haltlichen Aspekten und Motiven vor-
handen sein. Die Auswahlkriterien lei-
ten sicl-r aus meinem Wissen um die al-
tersspezifischen Interessen der Schüler
ab. Entsprechend wird meine Samnl-
lung etwas anders zusammengestellt, je
nachdem. ob ich mit älteren Jugend-
lichen an einer Schule für E,rziehungs-
hitfe. mit überwiegend lernbehinderten
Kindern oder mit einer integrativen
Grundschulklasse arbeite. Das zur Zeit
von mir verwendete Repertoire besteht
aus Abbildungen von Männern. Frauen.
Kindern, Jugendlichen. Eltern-Kind-Fi-
gurationen und sonstigen Figurengrup-
pen. die von den Schülern vor der Ver-
Abb. l: Zwci han<.llichc Wcrkzeugkol[er. clcr cine mit clcn Bildhirllcrgrtinclcn. cler andere an-
gclüllt mit Bildclcmcnten. cinc Rolle Tesakre pp ...
/-
f*f''t'
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ZIITJC|IRIIT IUR lIEIIPADAGOOIK ] I 12OOO
wendung im Bild auch mit der Schere
zurecht geschnitten werden können, um
eine optimale Übereinstimmung mit
den persönlichen Darstellungsabsich-
ten zu erreichen. Ferner gibt es Abbil-
dungen von Fahrrädern. Motorrädern,
Autos, LKWs. Zigen. Flugzeugen. Kut-
schen, Möbeln, Häusern, Tieren und al-
len möglichen Gebrauchs- und Einrich-
tungsgegenständen. vom Wohnzimmer-
sessel bis zur Zahnbürste. Unter den
Bildhintergründen im DIN-A3-Forrnat
befinden sich die verschiedensten Land-
schaften: Sanfte. im Nebel liegende Hü-
gel genauso wie dichte Wälder oder kar-
ge. spröde Felsen. Häulig handelt es sich
bei diesen Hintergründen utn vott mir
mit Deckweiß überarbeitete. d. h. von
den zentralen Figuren, Tieren usw. be-
freite. Kupferstiche von DORE. Es gibt
Dorfansicl-rten. die sowohl zur Darstel-
luns von Idylle und Beschaulichkeit
(2. B. von UNGERER) wie auch von
Langeweile und Tristesse anregen kön-
nen. Manche Hintergrundszenen sind
bewusst sehr vage und undeutlich ge-
halten. um der Phantasie der Schüler
möglichst viel Raum zu geben. Die vor-
handenen Stadtszenen zeigen aufge-
räumte Alleen genauso wie Wohnsilos
und finstere U-Bahn-Schächte. Ferner
gibt es Innenrziume wie Küche rnit Ess-
tisch, Wohnzimmer rnit Sitzgarnitur.
Arbeitszirnmer. Jugendzinrmer, Schlaf-
zimmer, alles Riiume. in denen die Schü-
ler ein für sie relevantes Geschehen bzw.
Thema inszenieren können. Anr besten
legt man sich zwei Werkzeugkoffer zu
(Abbildung l). In den einen Koffer
kommen die auf Karton aufgezogenen
Bildl.rintergründe. wobei idealerweise
Vorder- und Rückseite der Kartons be-
klebt welden, urn Gewicht zu sparen.
Ich verfüge zur Zeit über insgesamt 140
Bildhintergrür.rde. In den anderen Kof-
ler kornmen die beweglichen Elemente.
Werrn man die Sammlung übel die Jah-
re kontinuierlich ergänzt. beschüdigte
Teile neu kopiert und zrvischendurch
imnrer mal geeignete Zeichnungen, auf
die man stößt. einige Male kopiert. ver-
größert. verkleinert und in den Koffer
wandern lässt. kann man es nach einigen
Jahren auf 6000 - 8000 Elemente brin-
gen. Eine Sammlung, mit der dann fun-
diert gearbeitet werden kann. Starten
kann und muss man allerdings mit einer
weitaus kleineren Sammlung, die dann
kontinuierlich aufgebaut wird. Gele-
gentlich helfen auch die Schüler. neu
kopierte Bildteile auszuschneiden. Um
die Chancen. geeignete Motive und Ele-
mente zu finden. zu erweitern. wählen
die Schüler auch selbst aus Kunstbü-
chern, Katalogen oder anderem ge-
drucktem Bildmaterial aus. kopieren
dieses, vergrößern, verkleinern und fü-
gen die zusätzlich aufgefundenen E,le-
mente in ihre eigenen Bildentwürfe ein,
ergänzen diese zeichnerisch usw.
Themen stellen? - Arbeiten zunächst
ohne, später mit thematischem Impuls
Prinzipiell kann mit oder ohne
Themenstellung gearbeitet werden.
Wenn die Schüler zum ersten Mal mit
dem Mobilen Bildsystem arbeiten, emp-
fiehlt es sich. auf das Stellen eines The-
mas zunächst ganzzu verzichten. Meist
ist die Motivation auch so groß genug.
d. h. es wird anfangs sehr eifrig in den
Bildelementen herumgesucht. probiert,
arrangiert usw.. so dass eine Themen-
stellung zu diesem fiühen Zeitpunkt
kaum Beachtung finden würde. Später
kann es sinnvoll sein, Themen wie die
folgenden anzubieten: Ein Wochenende
bei mir zu Hause. Eine Sache. die hier
in der Schule passierte. Neulich passier-
te mir etwas Merkwürdiges. Mit meinen
Freunden unterwegs u. a. Durch diese
oder ähnliche Themen erhalten die
Schüler einen Impuls sowie eine Vor-
stellungsgrundlage. über die eine bild-
hafte Auseinandersetzung mit Erfah-
rungsinhalten erreicht werden kann.
Die einzelnen kognitiven und senso-
motorischen Operationen während des
Gestaltungsprozesses
A ttt t rd ttatt. P rt, l> i t rct t. A r rd t t giL' rc t t
Unabhängig von der thematisch
freien oder gebundenen Vorgabe ver-
läuft der Gestaltunesprozess ähnlich ab:
Die Schüler wählen zunächst einen
Hintergrund und anschließend eine Se-
rie von Zeichenelementen aus. Sie pro-
bieren. arrangieren, experimentieren.
verschieben (vgl. Abbildung 2). halten
an einel Idee fest oder verwerfen diese.
Sie rücken die Bildelemente wie Möbel,
Motorräder, Tiere. Menschen etc. auf
dem selbst ausgewählten Hintergrund
so lange hin und her. bis sie eine zufrie-
denstellende Anordnung gefunden ha-
ben. Gelegentlich möchte ein Schüler.
im Anschluss an diese einleitende E,r-
fahrung. seinen zuerst gewählten
Hintergrund gegen einen anderen aus-
tauschen. Ich halte es für ratsam, dem
Schüler diese Möglichkeit zu geben.
Auch habe ich es erlebt. dass ein Schü-
ler lieber einen eigenen Hinterglund
entwerfen wollte, um davor die fertigen
Bildteile zu platzieren. Eine solche In-
itiative sollte jederzeit Unterstützung
finden, etwa nach dem Grundsatz: So
viele Vorgaben und Vorstrukturierun-
gen durch den Lehrer wie nötig. so viel
Eigengestaltung durch den Schüler wie
mögtich.
Etttscheitlett, Attha.ftetr der Bilclelenrctt'
le, Fotokopie ren das Layouts
Dann heften die Schüler die losen
Elernente mit kleinen - beidseitig kle-
benden - Tesakrepp-Streifen an und
stellen eine oder mehrere Fotokopien
her. Diese Kopien (2. B. die Abbildun-
gen 3 - 5) werden dann rnit verschiede-
nen bildnerischen Verfahren weiter be-
arbeitet. Die Repertoires (Hintergrün-
de und bewegliche Elemente) sind wie-
der verwendbar und wandern erneut in
die Koffer.
Die kopierten Bildetrnuiir.fa tttit
kiitrstIerischett Mittaltr lusges\rtItett
Beim spielerischen Umgang mit
den vorgeforrnten Bildelementen flie-
ßen auch aleatorische, zufzrllsgesteuerte
Momente in die Gestaltungen ein. Die-
se können zu kreativen, schöpferischen
Bildentwürfen führen. die sich in die
verschiedensten Richtungen weiterent-
wickeln lassen.
KoIorieren, Weiterz.eit'Itttett, Ergättzen
Schüler mit Lernstörungen oder'
Lernbehinderungen beginnen in der
Regel zunächst damit. ihre Bilder mit
Filzstiften auszumalen. Variationsmög-
lichkeiten liegen hier zunächst clarin.
clen Schülern Wnchsmalkleiclen. Öl-
kreiden oder Wasserfarben anzubieten.
Doch selbst das Kolorieren besitzt als
Einstieg in weiter führende Gestal-
tungsprozesse durchaus einen Sinn, weil
das fast imrner ansehnliche Bildergebnis
den oftmals misserfolgsgewöhnten Pro-
duzenten zufrieden stellt. vielleicht so-
gar mit Stolz erfüllt und somit zum
Weitelmachen motiviert. Besondets
verhaltensauffällige Jugendliche arbei-
ten auch gerne mit Bleistiften oder
schwarzen Filzstiften. Wo immer mög-
lich. ermutige ich dazu. fehlende Figu-
renteile oder bloße Linien zeichnerisch
zu ergänzen, zu verlängern oder völlig
neue Details in die Bilder hineinzu-
zeichnen.
U t t t ge.sln I tett, E-r ltc ritrre n tie rc tt,
Ver.frentden
Schüler mit Verhaltensauffällig-
keiten neigen nach meinen Beobachtun-
gen eher als diejenigen mit gravierenden
Lernstörungen dazu. spontan in die ko-
pierten Entwürfe hinein zu zeichnen,
diese inhaltlich umzugestalten. Eine wei-
tere Möglichkeit für das künstlerische
Bearbeiten der Kopien neben dem
-l6l
ZEIISCIIRIII FÜR llAPADAGOGIK I I/2OOO
Zeichr.ren mit Bleistifi. Füller oder Feder
ist das Malen mit Pinsel und deckenden
Farben. wobei die Konturen der zeich-
nerischen Elemente nach Möglichkeit
überdeckt werden, n:rch und nach ganz
unsichtbar werclen. lnteressante Ergeb-
nisse lassen sich aucl.t mit Hilfe der
Monotypie (Durchdrückverfahren bzw.
Flachdruck) erzielen. bei der mehrere
Glasplatten clünn mit verschiedenen
Druckfarben eingewalzt werden. die
Kopie mit clem Bilclmotiv nach oben [o-
cker aufgelegt wird und die Konturen der
Häuser. Menschen etc. mit einem Blei-
stifl nachgezogen und damit durchge-
drtickt werden. Ferner lüsst sich in das
durch die Monotypie gewonncne Bil-
clergebnis wiederurr hineinmalen. in-
clem man dic wasserlöstich bleibende
Falbe rvieder wolkig auflöst. vernebelt
oder hiel und cla einen neuen Farbakzent
hineinsetzt. Um solcl-re Versuche und
Spielereien zu fijrdern, macht ntau am
bestcn gleich r.nehrerc Kopien von der
dr"rrch den Schüler elstellten Bildvorlage.
Möglich sind auch Experirnettte atti clem
Kopiergerät. indem man clie Vorlage
wiihrencl des Belichtungsvorsanges
dreht oder seitlich wegzicht. Es entste-
hen Verfremdungs- und Verzerrungsef-
Iekte. Je naclrderr. in welche Richtung
rran das Blatt wegzieht, entstehen Stre-
ckungcn oder Stauchungen. Drehun[en
der Figuren. Geb2iude usw. Aus diesert
Kopien lassen sich völlig neue Bildent-
würt'e collagiet'en. It.t diese Bildergeb-
r-risse lässt sich wiederunr l-rineinmalcl-r.
Sie lassen sich auch regelrecht übernra-
len. Auf cliese Weise entsteht zuneh-
mend mehr Freiheit in.r Umgang mit dern
urspr'ünglichen Entwurf. Die zuletzt ge-
nannten .qestalterischen Vorschläge las-
sen sich jedoch zumeist nur mit den mo-
tivierteren und interessierteren Schülern
verwirklichen. Das Then.ra Verfremduns
stellt bereits deutlich höhere Ansprüche
uncl wird nicht von allen Schülern glei-
chermaßen nachvollzogen.
Die didaktische Einbettung des
Mobilen Bildsystems
D t r rc lt.f ii lt rt r tt g tt I s Le lt rgu tr g
Das Verfahren lässt sich in unter-
schiedlichen didaktischen Kontexten
einsetzen. So habe ich das Mobile Bild-
system zum Gegenstand einer stark leh-
rergesteuerten Unterrichtsreihe ge-
macht und die genannten Arbeits-
schritte uncl Variationsmöglichkeiten
systematisch mit den Schülern erarbei-
tet, sozusagen in Form eines Lehrgangs.
Diese Methode eignet sich etwa dann,
wenn ich in einer Klasse als Fachlehrer
mit zwei Wochenstunden unten'ichte.
Abbildung -5 stammt aus einem solchen
Kontext. Ahnliches gilt für den ge-
meinsamen Unterricht. wo ich nur stun-
denweise mit in einer Klasse tätig bin.
Ei t r sot z i ttt o.f.'f'ette tr U tt te rricltt
Als Klrssenlehter art citter
Sonclerschule dagegen stelle ich rneinert
Schülern die Bildhintergrüncle uncl
se Weise sind mehr Möglichkeiten für
beratende und explorative Gespräche
eegeben. Auch zeigen ja nicht alle Schü-
ler clas gleiche Durchhaltevermögen in
der Bildbearbeitung. Die erste Phäse
des Suchcns uncl Arrangierens verliiuft
meist sehl motiviert. Wenn die Kopie
dann vorliegt. sieht es schon mehr nacl-t
Arbeit aus. Mar-rche Schüler', besonders
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Abh. 3: Werk cincs Sclrtilcrs. 10 Jahrc
Bilclelen-rerrte nalrezu clen ganzcll diejcnigen rnit Verhaltensprohlenleu.
Schulvorrnittag übel zur Verfügung. maleu clas Bild sehr obcrflächlich uncl
Das Mobile Bilclsl,stem ist hier Teil ci- frasrrenthaft aus oder brechen ihre ge-
ner unterrichtlichen Angebotspalette. stalterische Tätigkeit schon balcl äb.
aus cler von clen Schülern ausgewählt Das parallele Installicren von inhaltlich
wer.den kann. Dic in den Abbilclunsen und rnethodisch andcren Stationen (2.
3 und 4 gezeigten Bilclbeispiele ent- B.Buchstabenstempelrl.Geschäftspie-
standen im Rahrnen einer Stationen- len usw.) ermöglicht solchen Schüleln
Didaktik in einer Klasse 4/-5 der Schule einen ploblemlosetl Wechsel von der ei-
für Lernhilfe. In einer Ecke des Klas- nenzuranderenAktivitätuncler.rtlastet
senraumes wurclen unter Rückgl'iff auf nticl] von dern Druck. den Schüler ge-
leichtes Lesematerial oder nach eige- gen seinetl Willen zur Weiterarbeil ztt
nen Icleen cler Schüler Buchstaben und bringen ocler rrir sogleich in dcr Situa-
Wörter gesternpelt. In eir-rer ancleren tion eine erneLlte Beschäftigungsalter-
Ecke wurde rnit Spietgeld Bank und Ge- native für cliese unsteten. hastigen. ut.t-
schäft eespielt. Gegenstände wurderl geclulcligen Lerner ausdenken zu t-tltis-
rnit Pleisen ausgczeichne t, gekauft. sen. Oftmals kehren sie truch nach zehn
verkauft. Es wurcle Geld gezählt. Wech- oder zwar]zig Minuten Spie len. Rech-
selgelcl herausgegeben. Eine weitere nen u. a. wieder zu ihre m Bild zurück.
Gruppe spielte Mernory. Auf einem um für eine kurze Zeit claran weiterzu-
Tisch schließlich lasen die mit dem Mo- arbeiten.
bilen Bildsystem erstellten Entwürfe
zur weitergestaltung aus. nebst Stiften. Fächerübergreif'ende verknüpfungen
Farben usw. Die erste Phase cles Ar'- herstellen: Geschichten zu den Bildern
rangierens. Sucher-rs usw. ist leichter mit Das Verfahren erlaubt die Kon-
cler ganzen Lerngruppe. hier einer struktion kornplexer. Bilderzählungen.
Gruppe von l9 Schülern. durchzufüh- anders als herkömrnliche Bilder. wes-
ren. Man benötigt eine Doppelstunde halb clie Chance. auch sprachlich mit
tang alle zur Verfügung stehenden Ti- den Bilclwerken der Schtiler zu arbei-
sche. um clas gesamte Material auszu- ten. nicht ungenutzt bleiben sollte. Dies
breiten. Ich l.ralte es für ratsam. die wei- kann irn Gespräch geschehen. aber auch
tere Ausgest:rltung integriert in offene- irl Form von kleinererr Auf'sätzen. Im
re Lernabläufe durchzuführen. Auf die- gemeinsamen Unterricht an GIund-
--l6i ZTITSCHRIFT fÜR HEII.PADAGOGIK 1 I/2OOO
schulen habe ich meist die ganze Klas-
se Geschichten zu ihren fertigen Bil-
dern schreiben lassen. Dies ist bei Klas-
sengrößen bis zu 30 Kindern oft der ein-
zige Weg. von allen etwas zu hören und
zu erfahren. Bei Schülern mit Lernstö-
rungen ist es dagegen oft günstiger. die-
se zu ihrem Bild erzählen zu lassen und
selbst zu protokollieren. Der vom Leh-
rer mitgeschriebene Text wird wiede-
rum dem Schüler zum Lesen und Er-
gänzen. Andern usw. ausgehändigt.
Auch bei verhaltensauffälligen Schü-
lern kann es sinnvoll sein, diese beim
Aufschreiben ihrer Geschichte a)
unterstützen. Grundsätzlich müssen die
schriftlichen Ausdrucksfähigkeiten in
jedem einzelnen Falle sorgfältig abge-
schätzt werden. um keine Verweige-
rungsreaktionen aufgrund von Misser-
folgserwartungen zu provozieren. An
den Grundschulen lassen sich die Texte
in Kleingruppen lesen und diskutieren.
Die Gruppen mit den Integrations-
schülern werden von mir darin unter-
stützt, aufkommende Unstimmigkeiten
zu bewältigen. Ziel meiner Interventio-
nen ist es. eine aktive Teilnahme aller
Schüler und eine konstruktive Arbeits-
atmosphäre im Umgang mit den Bil-
dern und selbst geschriebenen Ge-
schichten zu erreichen.
Explorative und beratende Gespräche
Gespräche mit den Schülern über
ihre Arbeiten können schon wäl.rrend
der Bildproduktionsphase stattfinden.
Es ist sogal ratsam, dies zu tun. weil -
rein zeitlich betrachtet - nicht alles ge-
gen Ende einer Stunde besprochen wer-
den kann. Solche Gespräche können
sich sowohl auf die inhaltlichen als auch
auf die formalen Aspekte des Bildes be-
ziehen. Da die Schüler zunächst mit ge-
stalterischen. formalen Problemen kon-
frontiert sind. beziehe ich mich in der
Regel erst einmal auf diese Aspekte.
Später dann versuche ich, etwas von den
inhaltlichen Zusammenl.rängen, mög-
lichen biographischen. lebensweltlichen
Bezügen zu verstehen. Vieles kann da-
bei zur Sprache kommen, was dem Schü-
ler nicht bewusst zu sein braucht. Ich
verzichte auf tiefgreifende, für den
Schüler vielleicht nicht nachvollziehba-
re Deutungen und halte mich an das, was
ich sehe oder vom Schüler erzählt be-
komme.
Beispiele aus der Schule für Lernhilfe
Im Folgenden werden drei Bild-
beispiele näher vorgestellt. Sie entstan-
den alle ohne thematischen Impuls von
meiner Seite.
Der Voter liest die Zeitung. Der sucht
eine Arbeit ...
Abbildung 3 zeigt das Bild eines
zehnjährigen Schülers. der vor vier Jah-
ren mit seiner Familie aus dem Kosovo
nach Deutschland gekommen ist. Wäh-
rend um mich herum Bücher. Spiele,
Tassen und Blumen zum Kauf angebo-
ten wurden und eifrig Geld gezählt
wurde. setzte ich mich zu dem Jungen
und schaute ihm eine Weile beim Ma-
len zu.
S.: Oh Mann! Hier ist was verlaufen!
Iversucht, braune Wasserfarbe vom
gelbblonden Haar des Mädchens
links von der Wanduhr mit einem
Taschentuch wegzuwischen]
L.:Wenn du wartest, bis die Farbe tro-
cken ist, kannst du später drüber-
malen. [der Junge beruhigt sich;
kurze Malpause]
L.:Willst du nicht hier im Hintergrund
noch was malen? [zeigt auf die noch
weißen Wände]
S.: Heh?
L.:Das ist doch ein großer Wohnraum,
oder?
S.: Ja.
L.:Vielleicht gibt es ia Tapeten oder
irgendeinen farbigen Anstrich hin-
ten an den Wänden?
S.:Ja. Blau. [fängt an zu malen; malt
eine Weile mit Blau]
S.: Hier über dem Bett male ich die
Wand braun. Das wäre Holz. [malt
mit Braun] Aber das Fenster hier
über dem Bett male ich nicht braun.
L.:Vielleicht ist es ja auch ein Bild oder
ein Spiegel.
S.: Ja. ein Spiegel.
L.:Hast du nicht Lust. mir etwas zu
deinem Bild zu erzählen?
S.: Die Mutter fzeigt auf die sitzende
Frau in der linken Bildmitte] tele-
foniert. Und die Kinder spielen.
L.:Und wer ist das. hier vorne links auf
dem Bett?
S.: Das ist der Sohn. Und der hier [zeigt
auf den Jungen in dem Sessel ganz
rechts] langweilt sich. Er weiß nicht.
was er machen soll.
L.: Gibt es noch was Interessantes, was
in diesem Haus passiert?
S.: Der Vater [zeigt auf den Mann un-
ten in der Mitte] liest die Zeitung.
Der sucht eine Arbeit.
L.:Der hat im Moment keine Arbeit?
S.: Nein.
L.:Was hat er vorher gemacht, bevor
er arbeitslos wurde?
S.: Irgendwas in einem Büro.
L: Gibt es noch etwas anderes. was dir
zu deinem Bild einfällt? Vielleicht
eine kleine Geschichte?
S.: Ich weiß nicht. Ich hab'das einfach
so reingeklebt.
L.: Ist ja auch eine Frage der Fantasie.
oder?
S.: Ich mag keine Fantasie.
L.:Weißt du. was ich damit meine?
S.: Ein bisschen. Was alles passieren
könnte...
L.:Genau. Und was könnte da in dem
Haus alles passieren?
S.: Dass der Junge, da auf dem Bett.
weint.
L.: Hast du eine Idee. warum er weint'?
S.: Vielleicht weil der Vater ihn ge-
schlagen hat und die Mutter tröstet
ihn.
L:Jetzt ist dir doch noch was eingefal-
len.
S.: Ja. Und die kleinen Kinder da
oben wollen rausgehen und sPie-
len. Die große Schwester [rechts da-
neben] will irgendwas zu essen ho-
len.
L.:Willst du dein Bild noch ein wenig
verbessern?
S.: Wie denn?
L.:Hier hinten fehlt noch was von
der Wandfarbe oder Tapete. Da
hast du einfach aufgehört.
S.: Stimmt. [beginnt erneut zu malen]
L.:Und hier fehlt noch ein Stück vom
Fußboden oder Teppich. Hinter
dem Rücken des Vaters, der gerade
Zeitung liest. Oder hier: Das Kopf-
kissen im Bett ist auch noch weiß,
obwohl du die Bettdecke doch gelb
gemacht hast. Soll das so bleiben?
S.: Mir egal. Ich will jetzt lieber ver-
kaufen spielen.
Die Prinzessin reilet allein utts ...
Wenig später sprach ich mit einer elf-
jährigen Schülerin derselben Klasse
(Abbildung 4):
L.:Hast du nicht Lust. dein Bild noch
ein wenig zu verbessern?
S.: Und wie?
L.:Du könntest das Dach von dem
Haus hier rechts noch verlängern.
So sieht es aus, als würde ein ganzes
Stück von dem Haus fehlen. Neben
dem halben Haus ist ganz viel blau-
er Himmel bis runter auf den Bo-
den. Das geht eigentlich nicht. [das
Mädchen schweigt, nickt mit dem
Kopf und beginnt das Vorgeschla-
gene umzusetzen]
L.:Vielleicht bringst du in der Wand
auch eine Art Scheunentor an. Was
denkst du selber?
S.:Gut. [malt]
L.:Seitlich von dem Haus hinter der
--l (r('r
ZIIT5CHRIIT IÜR HEITPÄDAGOGIK 1 1/2OOO
li'*. ' -1.* §'ff;i:'-
'1
Die Brückenfunktion des Mobilen Bild-
systems: Spielerisch hineinführen in den
Bereich des Künstlerischen
Selbst hochgradig verhaltensauf-
fällige Jugendliche. die sor.rst keiner.t
Pinsel mehr angerührt hätten. befinden
sich unversehens in einem vielschichti-
gen Prozess des Plobierens und E,xpe-
rimentierens (vgl. auch die in BRÖ-
C H E R 1997 und 1999a veröffentlichten
Bildbeispiele). Die Schüler machen
sich zunehmend frei von der ursprüng-
lichen Vorlage. Hier beginnt echtes,
spontanes künstlerisches Gestalten
und Umgestalten. Im Nachhinein er-
scheinen die Hintergründe und Bild-
elemente nur noch als Hilfsmittel. Das
Mobile Bildsystem besitzt eine Art
Brückenfunktion. Mit seiner Hilfe
lassen sich fehlende Darstellungsmög-
lichkeiten substituieren. Die Komple-
xität der Bildkomposition wird redu-
ziert. Der Schüler wird relativ mühelos
und erfolgreich ins künstlerische Ge-
lände hineingeführt sowie zu eig,en-
ständigen Gestaltungen angeregt und
ermutigt.
Literatur
IJRÖCH ER,./..' Bctrrbciten von Erfzrhrung
durch collage-unterstütztes Zcichncn. Thc-
rapicoricntierter Kunstuntcrricht an dcr
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In: Färdcrschulmagazin ( l997tr)7 8. 47-49
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Kunslthcrapcutischcs Vcrstehcn urrcl Itltcr-
vcnicrcn bei aulllillig,cm Vcrhallcn an Gruncl-
und Sonclerschulen. Hcidclberg I t)t)9a
g ROC H t'.R../..' Kunsttherapic als Chancc.
Das Asthctischc in clcr Gruncl- ttnd Soudcr-
schuldidaktik bci aulllilligcm Vcrhalten. Hci-
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phasising thc Social Hatritat as an Altcmpl [o
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astrilitr,& Socictv 3 ( l-5) l(XX)..1ä9-506
RIC I ll- I'- R. //.-(i.: Plidagogischc Kunsttl.tc-
rapic. Cirundlcgung. Diclaktik. Auregungctl.
Hanrbttrtl I lt)t)t)
lltl Ll,AN D. /l.. Didaktischc Rccluktiorr
als Kcrnsttick dcs Llntcrrichts in sciner Bc-
cleutung lür lernschuachc und lernbchin-
dcrte Schülcr. I n: vcls-N RW ( tJ rsg. ): Sonclcr-
yrüclagogischc Förclcrung in NRW (2(XX))1.
l-1 -5.+
Anschril't des Verlassers
PD Dr. Joachim Brc)chcr
J ust us-Licbig-Univcrsitlit C icl.]cn
lnstilut lür He il- und Sonderpiitlaqogik
Karl-Gli)ckncr-Stratic I I B
i53t)l CiicfJcn
Das Mobile Bildsy$em slelll aulgrund mei-
ner Irlah]ungen im Kunslunlerichl mil verhahens-
aullälligen, lern- und geisligbehinderlen Schülern
an Sondenchulen sovlie im gemeinsamen Unlerrichl
an Orund- und Hauplschulen eine praklikable Mög-
lichkeil dar, auch 5chülern mit slark eingeschränk'
len Dantellungslähigkeilen, zum leil hohen Misser-
lolgserwarlungen und dusgepräglen Verweige-
rungshallungen Iu gelungenen und perspeklivisch
anspruchsvollen Bildkompositionen zu verhellen. Zu-
nächsl aus den angebolenen Bildhintergründen und
Bildelemenlen auswählend, beginnen sie zuneh-
mend zu experimenlieren, in Schwarzweiß oder in
larbe zu geslallen und umzugesldllen. Während aul
der lomalen Ebene eine grundsälzliche Vereinla-
chung perspeklivischer und komposilioneller Zu-
sammenhänge slalllindel, bielel sich aul der inhalt
lichen Ebene aulgrund der angebolenen Hilhmillel
die Möglichkeil einer komplexen, vielschichligen
und delaillierlen Bildmilleilung oder Bildenählung.
Die Kinder und Jugendlichen erleben sich in ihren
neu eßchlossenen bildnerischen Darslellungs, Mil-
teilungs- und Ausdruckmöglichkeilen ah rclaliv
kompelenl und erlolgreich. Sie gelangen aul eine
spielerische Weise in das vleile [eld kilnsllerischer
Möglichkeilen. Dem Mobilen Bildsyslem komml
hierbei eine Brückenlunklion zu.
--1()S
ZEITSCIIRIIT FÜR HIIIPADAGOGI( 1 1/2OOO
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Gegenstände des ersten Teils „Verhalten, Schule, Gesellschaft, Wissenschaft“ sind das Verhältnis von Theorie und Praxis, die Rolle der Sprache, wissenschaftstheoretische Paradigmen, das fragmentierte Subjekt und die Fiktionalisierung von Wirklichkeit. Der zweite Teil thematisiert Facetten einer „lebensweltorientierten Pädagogik und Didaktik“: Lernen aus konstruktivistischer Sicht, Selbststeuerung durch Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion, die Frage nach der Offenheit und dem adaptiven Charakter des Unterrichts sowie das Möglichkeitsfeld der Didaktik. Der Band enthält ferner Tagebuchaufzeichnungen aus einer großstädtischen Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung sowie die Dokumentation von Diskussionen zur lebensweltorientierten Pädagogik und Didaktik mit Studierenden. Im dritten Teil „Kommunikation, Beratung, pädagogische Beziehung“ geht es um die anwendungsbezogene Auswertung und Diskussion der „Kölner Beziehungsethik“ sowie um Modelle, Prinzipien und Techniken des Coachings. Der vierte Teil „Verhalten steuern und stabilisieren“ gibt Einblicke in das britische Behavior Management. Der fünfte Teil „Sozialpädagogische Intervention“ beschäftigt sich mit der US-amerikanischen „Positive Peer Culture“. Im sechsten Teil „Kollektives Lernen“ geht es um internationale Ansätze, die auf die Verknüpfung von Schulleben und umgebender Community abzielen. Dieser Band ist der dritte Teil einer pädagogischen Trilogie zum herausfordernden Verhalten, deren Bände jeweils den gleichen Aufbau haben.
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Wie vermögen Prozesse der Materialerfahrung und des Gestaltens die Auseinandersetzung mit der Welt und dem eigenen Selbst zu fördern? Dieser Studienband bietet Grundlagenwissen zur ästhetischen Bildung, zur ästhetischen Sozialisation und zur Entwicklung der Bildnerei im Kindes- und Jugendalter. Geschöpft wird dabei aus kunstpädagogischen, kunsttherapeutischen und medientheoretischen Diskursen. Sodann geht es um die Anwendung dieses Wissens, in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, in der Familienbildung, in Kindertagesstätten, in Grund-, Sekundar- und Förderschulen, in integrativen und europäischen/internationalen Freizeitprogrammen. In weit über 300 Abbildungen wird eine grosse Bandbreite an ästhetisch-bildenden Prozessen dokumentiert, mit einer ebenso grossen Vielfalt von Kindern und Jugendlichen, vom sonderpädagogischen Forderbedarf bis hin zur besonders hohen Lernmotivation.
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Die kognitive sowie die emotionale und soziale Entwicklung sind in den frühen Lebensjahren zum einen an verlässliche, förderliche Bindungsbeziehungen und zugleich an sinnliche Wahrnehmung, den handelnden Umgang mit den Dingen und die damit verbundene Materialerfahrung gebunden. Wenn Kinder spielen, malen und gestalten, eignen sie sich neues Wissen an und bilden interne kognitive Repräsentationen und Schemata aus. Zugleich bringen sie ihre Erlebnisse und Emotionen und all das, was verbalsprachlich noch nicht mitgeteilt werden kann, symbolisch zum Ausdruck. Eine Reihe von psychosozialen, kulturellen und gesellschaftlichen Faktoren können diese Prozesse beeinflussen, unterstützen oder erschweren. Bezogen auf Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf in der emotionalen oder sozialen Entwicklung lassen sich spezielle Förderangebote in den Kontext Schule und Unterricht, aber auch in vorschulische und außerschulische pädagogische Handlungsfelder einbringen, als Impulse für eine ausgeglichene Entwicklung. Die an Spiel, Kunst und Gestaltung orientierten Lernangebote haben dabei einerseits eine diagnostische Bedeutung, weil wir in den entstehenden Bildresultaten und Gestaltungen der Kinder und Jugendlichen formale Besonderheiten erkennen können, die Rückschlüsse auf die jeweilige Problematik erlauben. Zum anderen erzählen die Kinder und Jugendlichen in ihren Bildern und Gestaltungen von ihrem „besonderen Lebensgeschehen“ (H.-G. Richter). Die Prozesse des Spiels und des bildhaften Gestaltens, teils auch in jugendkulturellen und alltagsästhetischen, medialen Kontexten, werden in den vorhandenen Theorien und Handlungsansätzen zum einen mehr psychologisch-therapeutisch, zum anderen stärker pädagogisch-didaktisch betrachtet. Auf der einen Seite wird das Kind bzw. der Jugendliche in seiner individuellen psychosozialen Entwicklung in den Blick genommen. Auf der anderen Seite wird eine Verknüpfung mit den schulischen, curricularen Inhalten und Lernzielen hergestellt. Die Übergänge zwischen diesen beiden Herangehensweisen sind fließend.
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