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Schriftenreihe für die Lehrerfortbildung 1
Ausgabe 1 (2015)
Heiner Böttger & Julia Dose
Global Edu & die Sprachen
Towards peace on earth: Sprachkompetenzen im Kontext globaler Erziehung
Global Education ist ein ganzheitliches Kon-
zept, das sich als Antwort auf die Globalisie-
rung, auf kulturelle Diversität und die Erfor-
dernisse der Entwicklung der Weltgesellschaft
versteht (vgl. Maastricht Global Education
Declaration 2002).
Global Education ist werteorientiert, fokus-
siert dabei in erster Linie Toleranz, Solidari-
tät, Gleichheit, Gerechtigkeit, Inklusion, Kol-
laboration, Partizipation und Gewaltfreiheit.
Global Education stellt die Frage nach den
wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten
des Zusammenlebens auf der Erde, jetzt und
in Zukunft. Wichtige Rollen spielen die Ver-
wirklichung von Menschenrechten und die
Bedingungen für eine friedliche Welt als Basis
für eine wirksame Friedenserziehung.
1. Aus globaler Perspektive: Werte
Global Education ist kein Unterrichtsfach. Viel-
mehr zieht es sich als pädagogisches und didak-
tisches Konzept durch die Curricula aller Bil-
dungspläne aller Bildungsinstitutionen und des
informellen Lernens, ist ein Filter, durch den
aktiv sinnstiftend Informationen und Sichtweisen
anhand einer Wertematrix reflektiert werden
können.
Global Educators sollten während der Unter-
richtsplanung vor dem Hintergrund einer globa-
len Perspektive sowohl die räumliche als auch
die zeitliche Dimension von Global Education
beachten:
Die räumliche Dimension definieren dabei ver-
knüpfende Überschneidungen von lokalen und
globalen, sozialen und natürlichen Gemeinschaf-
ten, die die Identität und die Fähigkeit beeinflus-
sen, (Ver)Änderungen zu treffen.
Die zeitliche Dimension konkretisiert sich durch
Verbindungen zwischen Vergangenheit, Gegen-
wart und Zukunft in der sich ständig wandelnden
Welt, die die Identität sowie die Wechselbezie-
hungen zwischen Menschen und ihre Fähigkeit
beeinflussen, globale Themen zu verantworten
und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Durch eine globale Perspektive ist es den Schü-
lerinnen und Schülern (SuS) sowie den Lehre-
rinnen und Lehrern (LuL) möglich,
a) eine Annäherung unter Berücksichtigung
aller gesellschaftlichen Lebensformen und
-verhältnisse vorzunehmen
b) die Zukunft sowie die Dynamik der Gesell-
schaft zu betonen und darüber hinaus zu ver-
deutlichen, dass jeder Einzelne die Fähigkeit
hat, seine eigene Zukunft zu wählen und zu
gestalten,
c) sich mit wichtigen Themen wie Wandel,
Wechselseitigkeit, Identität und Vielfalt,
Rechten und Verpflichtungen, Friedensbe-
wegungen, Armut und Reichtum, Nachhal-
tigkeit und globalem Recht auseinander zu
setzen,
d) einen Fokus auf kooperatives Lernen und
Schüleraktivität zu legen und damit ein ge-
teiltes Verantwortungsbewusstsein aller SuS
hervorzurufen,
e) (selbst)kritisches Denken und Kommunizie-
ren bei den Lernenden zu fördern,
© EAP
Schriftenreihe für die Lehrerfortbildung 2
Ausgabe 1 (2015)
f) für die SuS positive Werte und Grundhaltun-
gen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten zu
entwickeln und ihnen nicht zuletzt eine Ori-
entierung für aktive Partizipation zu geben.
Global Education soll Augen öffnen, Horizonte
erweitern und ermutigen, über die lokale, regio-
nale und nationale eine globale Perspektive zu
erkunden und zu erproben. Ein erstes Verständ-
nis für die Welt kann so angebahnt werden.
Global Education ist eine bedeutende Expertise
und Ressource vieler Bildungsinstitutionen, ohne
dass dies immer auch als eine solche identifiziert
und wahrgenommen wird.
Es existieren nicht selten viele separate, einzelne
oder nur teilverbundene Forschungskonzepte und
Lehr-Lernansätze, so beispielsweise oft Multi-
lingualität und Nachhaltigkeit. Holistisch gese-
hen bilden die Felder der Global Education ein
zentrales Netzwerk aus, das sich von lokal zu
global erweitern kann. Als Matrix und Pla-
nungsvorlage dient sie auch einer möglichen
Curriculumsentwicklung.
Abb.: Fields of Global Edu (© EAP)
Schriftenreihe für die Lehrerfortbildung 3
Ausgabe 1 (2015)
2. Themenkomplexe für Global Education
Fünf thematische Lernfelder oder Handlungsfel-
der der Global Education lassen sich identifize-
ren:
Wechselbeziehungen und Globalisierung –
Dieser Aspekt meint das Verstehen von komple-
xen Sozialverhältnissen, ökonomischen und poli-
tischen Verbindungen zwischen Menschen und
die Auswirkungen, die Veränderungen auf ande-
re haben. Wechselbeziehungen verstehen sich als
Beziehungen gegenseitiger Abhängigkeit, die
sowohl zwischen allen Elementen als auch zwi-
schen Lebensformen (inklusive der der Mensch-
heit) existieren können.
Getroffene Entscheidungen an einem Ort können
damit an einem anderen Ort Auswirkungen ha-
ben. Somit können Wechselbeziehungen inner-
halb und zwischen Kulturen, Lebensumwelten
und sozialen Systemen bestehen.
In der heutigen Zeit, in der sich Menschen, Gü-
ter, Geld und Ideen immer schneller und für we-
niger Geld um den Planeten bewegen, wird das
Verständnis des wechselseitigen Beeinflussens
von Kulturen, Orten, Lebensumständen und so-
zialen Gefügen zu einer Grundbedingung und
damit notwendig für eine friedliche, gerechte
und nachhaltige Entwicklung.
Identität und kulturelle Vielfalt – Dieser Punkt
umfasst das Verständnis der eigenen Kultur und
der Offenheit anderen Kulturen gegenüber.
Sich selbst verstehen und schätzen bedeutet den
ersten Schritt zur Wertschätzung anderer. Eine
positive Grundeinstellung gegenüber der eigenen
Person ist demzufolge wesentlich für einen offe-
neren und toleranteren Umgang mit Vielfalt.
Durch die Entdeckung der eigenen Identität und
der mit ihr verknüpften kulturellen Vielfalt ler-
nen SuS, ihre eigene kulturelle Identität und ihr
kulturelles Erbe mit dem Kulturbewusstsein an-
derer zu verschiedenen Zeiten und Orten zu ver-
knüpfen.
Soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte –
Dieses Thema umschließt das Verstehen der
Auswirkungen von Ungleichheit und Diskrimi-
nierung, die Wichtigkeit, für die eigenen Rechte
einzustehen und unsere Verantwortung, die
Rechte anderer zu respektieren.
Soziale Gerechtigkeit unterstützt die angemesse-
ne und gerechte Behandlung aller Menschen und
zielt darauf ab, sie vor der Diskriminierung auf-
grund von Rasse, Geschlecht, Alter und Fähig-
keiten zu schützen. Die Konzepte der sozialen
Gerechtigkeit sind in den Menschenrechten fest-
geschrieben, internationalen Abkommen, um
ziviles und politisches Recht sowie ökonomi-
sches, soziales und kulturelles Recht zu schüt-
zen. Eine Erziehung und Bildung im Sinne von
sozialer Gerechtigkeit und Menschenrechten
ermöglicht es SuS, die Wichtigkeit des gleich-
wertigen Behandelns aller Menschen zu verste-
hen und die Verantwortung zu begreifen, die
jeder trägt, um die Rechte anderer zu schützen.
Friedensstiftung und Konfliktlösung – Das
Begreifen der Wichtigkeit des Aufbauens sowie
Pflegens positiver und vertrauensvoller Bezie-
hungen und des Erkennens von Möglichkeiten,
Konflikten vorzubeugen oder diese friedlich zu
lösen, werden unter diesem Punkt zusammenge-
fasst.
Friedliche Grundeinstellungen sind ein wichtiger
Aspekt der individuellen Fähigkeit, auf Konflikt-
situationen und ihre Auslöser weltweit zu reagie-
ren. Lernende, die gute kommunikative Fähig-
keiten für Gewaltvermeidung und das Anwenden
von Problemlösestrategien bei Konflikten wie
knappen Ressourcen, unterschiedlichen Werten
und Machtausübung entwickeln, sind in der La-
ge, eine friedlichere Zukunft zu gestalten. Kon-
flikte gab es schon immer in der Vergangenheit,
gibt es in der Gegenwart und wird es in der Zu-
kunft geben. Sie können sowohl global als auch
regional, national, kommunal – sogar innerhalb
von Familien und zwischen einzelnen Personen
auftreten. Friedensstiftung zielt auf die Ursachen
der Konflikte und die Missstände der Vergan-
genheit ab. Sie muss Gerechtigkeit mit einbezie-
hen, um eine langanhaltende Stabilität und den
Menschen Sicherheit und Gleichheit zu gewähr-
leisten.
Nachhaltige Zukunft – Hiermit ist das Erken-
nen von Wegen und Möglichkeiten, mit denen
wir unsere gegenwärtigen Bedürfnisse ohne die
Verminderung der Lebensqualität und Lebens-
umgebung oder die zukünftiger Generationen
befriedigen können, gemeint.
Schriftenreihe für die Lehrerfortbildung 4
Ausgabe 1 (2015)
Die von der UN festgesetzte Dekade für nachhal-
tige Entwicklung begann 2005 und endet 2015.
Die Vision besagt Folgendes:
Education for sustainable develop-
ment is about learning to respect,
value and preserve the achievements
of the past; appreciate the wonders
and the peoples of the Earth; live in a
world where all people have sufficient
food for a healthy and productive life;
assess, care for and restore the state
of our planet; create and enjoy a bet-
ter, safer, more just world; be caring
citizens who exercise their rights and
responsibilities locally, nationally
and globally. (UNESCO, 2005)
Durch das Erkunden von Lern- und Arbeits-
schwerpunkten und Dimensionen der Global
Education werden den SuS Möglichkeiten gebo-
ten, Werte zu entwickeln, Wissen und Können
anzureichern sowie Handlungswillen zu entwi-
ckeln, um gute Weltbürger zu werden.
3. Global Education in alle Curricula
integrieren
Während der Kindergartenzeit erkunden die Ler-
nenden, wie Individuen, zu denen natürlich auch
Kinder zählen, mit anderen Menschen und Orten
in Verbindung stehen. Sie entwickeln ein erstes
Bewusstein für die Vielfalt der Menschheit, von
Orten, von Kulturen, von Sprachen und von Re-
ligionen. Des Weiteren werden sie ihrer eigenen
Rechte und Verantwortungen gewahr. Dieses
Verständnis können die Lernenden dabei in An-
sätzen auf andere übertragen, um sich mit den
Rechten dieser zu befassen. Darüber hinaus er-
kennen sie die Notwendigkeit, sich um andere
und die Lebensumwelt zu sorgen und rücksichts-
voll mit den Bedürfnissen und Ansichten anderer
umzugehen. Die Lernenden entwickeln ein inter-
kulturelles Verständnis innerhalb des Klassen-
raums, der Schule und der Gemeinde durch die
Partizipation in Handlungsfeldern die Bürger
oder die Umwelt betreffend.
Während der fortgeschrittenen Grundschulzeit
fangen die SuS an, ihr Verständnis von einer
umfassenden Welt sowie unterschiedlicher Ge-
sellschaften und Kulturen aufzubauen. Sie sind
zunehmend in der Lage, Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zwischen verschiedenen Men-
schen, Orten, Kulturen und Religionen zu erken-
nen. Darüber hinaus können sie über Beispiele
für Ungleichheiten diskutieren. Die Lernenden
verstehen, wie Menschen von globalen Entschei-
dungen, Abläufen und Bewegungen beeinflusst
sein können.
Sie entwickeln ihren Sinn für soziale Gerechtig-
keit und ethische Verantwortung und erkennen,
wie Entscheidungen von Menschen und Ländern
einen globalen Einfluss auf Bereiche wie Nach-
haltigkeit und nachhaltige Entwicklung haben
können.
Zu Beginn der Sekundarstufe erweitern die SuS
ihr Verständnis von globalen Themen. Sie setzen
sich mit den Verantwortungen auseinander, die
eine Weltbürgerschaft für jeden Einzelnen, für
Unternehmen, Produzenten und Konsumenten in
Relation zur Armut, sozialen Gerechtigkeit und
nachhaltiger Entwicklung mit sich bringt. Sozia-
le, kulturelle und politische Verbindungen wer-
den zwischen ihrem Land und anderen Ländern
untersucht und die SuS erkunden, wie globale
Entwicklungen Auswirkungen auf ihr Land ha-
ben. Die Lernenden setzen sich mit den Beiträ-
gen von Menschen auseinander, die dabei mit-
gewirkt haben, Bürgerrechte und politische
Rechte in anderen Ländern zu etablieren. Des
Weiteren erkunden sie die Wege und Möglich-
keiten, wie Länder zusammenarbeiten, um die
Umwelt zu schützen.
In der Mitte der Sekundarstufenzeit und zu ihrem
Ende hin verstehen die SuS die lokalen, regiona-
len und globalen Auswirkungen, die ein Welt-
bürgertum für sie impliziert. Sie wenden kom-
plexere Denkmuster an, um spezifische politi-
sche, soziale, kulturelle und ökonomische Ange-
legenheiten zu erkunden und zu prüfen. Auch die
überregionale Umsetzung der Menschenrechte
weltweit wird mithilfe dieser kognitiven Fähig-
keit analysiert und hinterfragt.
Dass spezifische Gruppen wie Kinder, Frauen
und Indigene Rechte haben, die verteidigt wer-
den müssen, erkennen die SuS auch in dieser
Phase der Entwicklung. Ebenso evaluieren sie
die Rolle, die internationale Organisationen beim
Schutz von Menschenrechten spielen.
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Ausgabe 1 (2015)
Effektive Global Education ist nicht nur eine
curriculare Angelegenheit. Sie erfordert die Be-
teiligung der gesamten Schule. Die Durchfüh-
rung von Global Education in Schulen benötigt
die Entwicklung einer gemeinsamen Vision, von
Zielen und Grundsätzen. Faktoren, die wahr-
scheinlich positive Veränderungen hervorrufen
können, beinhalten:
a) aktive Partizipation der Schulleitung von der
Planung bis hin zur Durchführung
b) und Evaluation,
c) eine Vision der zukünftigen Schulziele, die
mit der Schulgemeinschaft geteilt werden,
d) Global Education Richtlinien, die in die
Schulrichtlinien eingebettet sind,
e) eine Gruppe oder ein Kommitee, die/das die
Umsetzung überwacht und sich aus der
Schulgemeinschaft zusammensetzt (ein-
schließlich Lehrern, nicht unterrichtendem
Personal, Eltern, SuS und Experten), um je-
den Bereich der Schulgemeinschaft anteilig
zu involvieren und eine Struktur vorzugeben,
die sicherstellt, dass der Arbeitsaufwand auf-
geteilt wird,
f) das Identifizieren von Umsetzungsmöglich-
keiten, die im Rahmen von Global Education
möglich sind und nationale, staatliche und
territoriale Richtlinien und Curricula ergänzt,
g) das Befolgen von koordinierten, strukturier-
ten und gut dokumentierten Ansätzen für cur-
riculare Entwürfe und Designs, das entspre-
chende Möglichkeiten für die professionelle
Entwicklung und das Lernen für Lehrer zu-
lässt,
h) Umsetzungsplanungen, die mit den Umset-
zungsmöglichkeiten der Schule kompatibel
sind,
i) ständigen Informationsfluss an die Schule
und die lokale Gemeinde und Sicherstellung,
dass Erfolge entsprechend gewürdigt werden.
4. Globale Didaktiken
Die Ideen und Werte, die der Global Education
innewohnen, setzen eine tolerante, inklusive,
unbefangene, gerechtigkeitsliebende, verantwor-
tungsvolle und empathische Grundeinstellung
voraus. LuL sollten eine Entwicklung dieser Ein-
stellungen während des Unterrichtens von Glo-
bal Education anstreben.
Die von den LuL ausgewählten Lernumgebun-
gen und Lehr-, Lernmethoden werden Auswir-
kungen auf den Grad der SuS-Aktivierung und
damit deren Engagement haben. Annährungen an
das Thema durch traditionelle lehrerzentrierte
Unterrichtsformen dürften daher nur in Ansätzen
die Werte und Fähigkeiten reflektieren, die im
Sinne einer Global Education entwickelt werden
sollten. Die Berücksichtigung einiger oder aller
der folgenden Lernprozesse sollte daher von LuL
in Betracht gezogen werden.
Inklusive Klassenzimmer
Um Interaktionen und Kommunikationen zwi-
schen einzelnen Lernenden – jedoch auch gene-
rell für Gruppenarbeiten – zu fördern, ist es
wichtig, die Ausstattung des Klassenraumes zu
optimieren. Bei der Auswahl von Gegenständen
für Ausstellungen im Klassenraum sollten Bilder
gewählt werden, die die Vielfalt und den sozia-
len/gesellschaftlichen Hintergrund aller SuS der
Klasse widerspiegeln. Genderstereotype sind zu
vermeiden. Bei der Präsentation und/oder Aus-
stellung von Arbeitsergebnissen der Lernenden
sollten alle Lernenden und alle Lerntypen reprä-
sentiert sein.
Partizipation für alle
Man muss berücksichtigen, dass sozialer Druck
möglicherweise die Ausbreitung von genderspe-
zifischer Partizipation und Rollenstereotypen
innerhalb einer Aktivität oder einer Klasse beein-
flussen kann. Es sollte sichergestellt werden,
dass alle Lernenden die Möglichkeit haben, un-
terschiedliche Rollen im Klassengefüge zu über-
nehmen und ihre Bedürfnisse und Wünsche
wahrgenommen werden – unabhängig von Ras-
se, Gender oder Fähigkeiten. Die im Klassen-
raum verwendete Sprache muss für jeden Lerner
einschließlich indigener SuS und der Kinder
nicht deutscher/englischer Muttersprache ver-
ständlich sein.
Schülerzentriertes Lernen
Es sollten Aktivitäten und Materialien gestaltet
und ausgewählt werden, die für die Lernenden
einen Alltagsbezug und damit für sie eine Rele-
vanz besitzen, wodurch ihr Vorwissen und die
vorhandenen Fähigkeiten reaktiviert werden.
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Verbindungen zwischen den Lernerfahrungen
der SuS oder ihren Familien und global relevan-
ten Themen und Ereignissen sollten hergestellt
werden.
Die Bekräftigung von Entscheidungsfindungen
ist wünschenswert. Des Weiteren sollten die
Lernenden im Fragenstellen, Diskutieren, Ver-
handeln und Aktivwerden bei sie betreffenden
Themen unterstützt werden.
Fragenbasierter Unterricht
Aus auf Fragen basiertem Lernen, forschend-
entdeckendem Lernen oder problembasiertem
Lernen/Lernen auf Grundlage eigenen Forschens
kann in jeder Phase der schulischen Ausbildung
eine Entdeckungsreise werden.
Diese Art des Lernens kann eine starke Zielori-
entierung hervorrufen, da die SuS für den eige-
nen Lernprozess Verantwortung übernehmen
und jeden Arbeitsschritt und jedes Ergebnis kri-
tisch hinterfragen müssen, wodurch auch diese
Fähigkeiten gefördert werden. Darüber hinaus
können auch dabei Lernformen wie die des ko-
operativen Lernens weiter eingeübt und vertieft
werden.
Experimentallernen
Das Lernen durch eigene Erfahrungen prägt sich
tiefgreifend und langanhaltend ins Gedächtnis
ein. Die Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu
sammeln (beispielsweise durch die ,,Hands-on-
Methode”, Hospitationen, dem Prinzip der offe-
nen Tür), sollte daher immer geboten und ge-
nutzt werden.
Das Generieren von authentischen Aufgaben ist
darüber hinaus wesentlich, um Arbeitsaktivität
und Lernbeteiligung zu fördern. Durch Diskussi-
onen mit Experten oder Personen mit besonde-
rem Wissen und Fähigkeiten kann bei SuS die
Entwicklung eines Verständnisses unterstützt
werden, das multiperspektivisch ist.
Bei angemessener Durchführung können auch
Rollenspiele und Simulationen nützliche Metho-
den sein. Kommunikationen müssen durch
Wechselseitigkeit effektiv gemacht werden. Des
Weiteren muss es den SuS möglich sein, ihre
Gedanken, Gefühle und Einstellungen auszudrü-
cken. Simulationsspiele helfen Lernenden dabei,
sich in die Rolle anderer hineinzuversetzen, un-
terschiedliche Persepektiven zu erkunden und ihr
Verständnis von komplexen Themen in konkre-
ten Anlässen zu vertiefen. LuL sollten eine der-
artige Interaktivität in Lernaktivitäten und Mate-
rialien einbauen, wann immer dies möglich ist.
Kooperatives Lernen
Es sollten Situationen erzeugt werden, in denen
die SuS zusammenarbeiten, um ein gemeinsames
Ziel zu erreichen. Kollaboratives Arbeiten in
Paaren oder Gruppen ermutigt Lernende zu ver-
handeln, Kompromisse zu schließen und zu-
sammenzuarbeiten, um Probleme zu lösen. Ko-
operative Aufgaben sind bei der Förderung eines
Verantwortungsbewusstseins gegenüber anderen,
aber auch bei der Bereitschaft, das Arbeitsergeb-
nis zu reflektieren, nützlich.
Aufbau eines Selbstwertgefühls
SuS sollten dabei unterstützt werden, ein positi-
ves Selbstwertgefühl und ein Gefühl persönli-
chen Erfolgs zu entwickeln. Das Beachten von
unterschiedlichen Lerntypen und Bedürfnissen
ist dabei wichtig.
Wesentlich ist es, herausfordernde, aber erreich-
bare und explizit benannte Ziele zu setzen. Alle
SuS sollten ermutigt werden, einen Beitrag wäh-
rend Gruppenarbeiten und in Diskussionen zu
leisten und zu partizipieren.
Kritische Literacy ermöglichen
Zum Vergleichen und Evaluieren von Texten
und Abbildungen sollte eine breite Auswahl von
traditionellen und aktuellen gedruckten und digi-
talen Informationsquellen ausgewählt werden.
Texte, die von verschiedenen Kulturen und/oder
in verschiedenen Ländern verfasst wurden, soll-
ten kontrastierend gegenüber gestellt werden.
Die Entstehungsbedingungen und die Zielgrup-
pe(n) der Medien sollten identifiziert und analy-
siert werden.
Es ist wünschenswert, die Lernenden bei der
Entwicklung der Fähigkeit kritisch über Mei-
nungen, Argumente und Beweise zu reflektieren
und Befangenheit und Vorurteile zu bemerken,
zu unterstützen.
Es müssen Möglichkeiten für SuS vorhanden
sein, den Einfluss von medialer Berichterstat-
tung, Werbung und Bildern auf das Denken und
Handeln von Menschen zu identifizieren und
darüber zu diskutieren.
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Mehrdimensional unterrichten
Der Grad der Tiefe und der Komplexität, in wel-
che jede Lerndimension in jeder Phase der schu-
lischen Ausbildung eintaucht, muss umsichtig
durchdacht sein. Eine Entscheidungseingrenzung
erfolgt sowohl durch die kognitive Entwicklung
der SuS als auch durch die Anforderungen der
Curricula und Lehrpläne. Darüber hinaus wird zu
jeder Phase der schulischen Ausbildung eine
Vielfalt und Verschiedenheit zwischen den Er-
fahrungen der Lernenden, ihrem Verständnis und
der Wahrnehmung von Themen existieren. Um
Wiederholungen zwischen Klassen und Level zu
vermeiden, sollte die Planung des gesamten
Schulcurriculums genutzt werden, um auch dar-
über hinaus Bereiche zu finden, die für vertie-
fende Studien und Arbeiten genutzt werden kön-
nen.
Traditionelle und zeitgenössische Quellen
verwenden
Während des Unterrichtens einiger oder aller
Lerndimensionen sollte eine Bandbreite von tra-
dionellen und aktuellen Quellen aus und über
andere(n) Regionen und Länder(n) genutzt wer-
den. Beispielsweise könnten angemessene Ver-
bindungen zwischen zeitgenössischen Australi-
ern und Australien aufgezeigt werden (z.B. indi-
gene Menschen, kulturelle Vielfalt).
Redner aus dem lokalen Umfeld könnten dazu
beitragen, unterschiedliche Perspektiven über ein
Thema oder ein Ereignis in einem anderen Land
zu liefern. Der Gebrauch einer Vielzahl von
Quellen kann ein Stereotypisieren und die Ver-
breitung von Fehlinformation verhindern.
Kooperation und Wechselbeziehungen entwi-
ckeln
Kooperation und Wechselbeziehung sollten ein
integraler Bestandteil des Lehrens und Lernens
sein. Kollaborative Projekte und Aktivitäten
können für die Lernenden die Verbindung zur
Welt außerhalb des Klassenzimmers darstellen.
Dies kann die Zusammenarbeit mit lokalen Ge-
meindegruppen, größeren nationalen oder inter-
nationalen Organisationen oder anderen Schulen
beinhalten. Es bestehen Möglichkeiten für kurz-
zeitige Projekte oder langfristige Arbeitsbezie-
hungen. Verbindungen mit Schulen anderer Län-
der zu suchen, kann eine wertvolle Erfahrung
sein – dennoch sind kulturelle Sensibilität und
die Beachtung von wesentlichen Details unbe-
dingt notwendig.
Professionelles Lernen anstreben
Lehrende, die an Global Education interessiert
sind, werden vom Austausch mit Kollegen und
Kolleginnen sowohl innerhalb ihrer Schulge-
meinschaft als auch außerhalb profitieren. Auf
dem neuesten Stand zu sein, Ideen und Materia-
lien zu teilen, Strategien und Lösungen für auf-
tauchende Schwierigkeiten zu identifizieren,
Enthusiasmus beizubehalten und Möglichkeiten
für kollaborative Projekte und professionelle
Entwicklung zu finden, sind nur einige der Vor-
teile.
5. Die Rolle der Spracherziehung
Das Lernen einer zweiten Sprache ist nicht mehr
ein Luxusgut; es ist eine wesentliche Fähigkeit
und Bedingung, um sich in der globalen Ökono-
mie zu behaupten. Der Zugang zu einer weiter-
führenden Bildung wird durch das Erlernen und
Beherrschen vereinfacht. Darüber hinaus zeigen
Forschungsergebnisse, dass das Lernen einer
zweiten Sprache Kinder in ihrer generellen kog-
nitiven Entwicklung unterstützt.
Eine Vielzahl von Studien hat gezeigt, dass Kin-
der, die eine Fremdsprache lernen:
a) besser standardisierte Tests durchführen und
höhere Ergebnisse erzielen,
b) eine größere kognitive Entwicklung in Berei-
chen wie mentale Flexibilität, Kreativität, di-
vergentes Denken und bei komplexen Denk-
prozessen aufweisen,
c) einen Sinn für kulturellen Pluralismus entwi-
ckeln,
d) ihr Selbstkonzept und allgemeines Leis-
tungsgefühl in der Schule verbessern
e) und zusätzlich: SuS, die das Sprachenlernen
in einem jungen Alter, jünger als das Grund-
schulalter, beginnen, haben eine größere
Chance, diese Sprache beinahe muttersprach-
lich und sogar fließend zu beherrschen
f) und nicht zuletzt: Bilingualität oder partielle
Bilingualität öffnet die Tür für Mehrspra-
chigkeit.
In der derzeitigen Welt werden mehrsprachige
Fähigkeiten für die Möglichkeit der höheren Bil-
dung sowie auf dem globalen Markt benötigt. Es
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ist immer noch eine Frage der Gerechtigkeit,
Schulkinder nicht von diesen Möglichkeiten und
von kognitiven und wettbewerblichen Vorteilen,
die das Lernen einer zweiten Sprache bietet, aus-
zuschließen.
6. Die globale Perspektive im Sprachen-
curriculum
Mit Bezug auf die Lehr- und Lernschwerpunkte
unter 2. lassen sich abschließend folgende globa-
le Sprachkompetenzen für Englisch und andere
Sprachen in der Primar- sowie in der Sekundar-
stufe identifizieren und entwickeln:
Primarstufe
Englisch
Sprachen außer Englisch
Wissen und Verstehen – Wechselbeziehungen und Globalisierung
Vokabeln, den literarischen Stil und die Sichtwei-
sen in einer Vielzahl von gesprochenen oder ge-
schriebenen Texten lesen und analysieren.
Gegenseitiges Bedingen und Gemeinsamkeiten
von Sprachen erkennen und begreifen.
Wissen und Verstehen – Identität und kulturelle Vielfalt
Ein Verständnis für verschiedene Identitäten und
Perspektiven ausgedrückt in mündlichen, schriftli-
chen und virtuellen Texten entwickeln.
Sprachliche Vielfalt im Heimatland und in Ländern
der ganzen Welt schätzen.
Wissen und Verstehen – Soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte
Vorurteile und kulturelle Stereotype in Texten be-
merken und hinterfragen.
Ein Verständnis für Wahrnehmungen von
,,Gerechtigkeit” und Wohlstand anhand von
sprachlichen Kennzeichen entwickeln.
Wissen und Verstehen – Friedensstiftung und Konfliktlösung
Mündliche und schriftliche Texte zur Lösungsfin-
dung in Konfliktsituationen und zur Friedensstif-
tung nutzen.
Interkulturelle Kommunikationsfähigkeiten zur
Überwindung von möglichen Missverständnissen
entwickeln.
Wissen und Verstehen – Nachhaltige Zukunft
Mündlich und schriftlich überzeugende Texte über
nachhaltige Zukunft präsentieren.
Ideen über mögliche und erstrebenswerte Zukunft
erdenken.
Fähigkeiten und Entwicklungen
Kommunikationsfähigkeiten durch Zuhören, Er-
kennen von Perspektiven und Formulieren von
mündlichen/schriftlichen Antworten entwickeln.
Die Darstellung von unterschiedlichen Perspekti-
ven durch eine andere Sprache verstehen.
Sekundarstufe
Englisch
Sprachen außer Englisch
Wissen und Verstehen – Wechselbeziehungen und Globalisierung
Eine Vielzahl von Texten über und von verschie-
dene(n) Kulturen und Traditionen erkunden und
diskutieren.
Besondere Themen, Techniken und Traditionen
verschiedener Kulturen und Gemeinsamkeiten
menschlicher Erfahrungen wertschätzen.
Das Verständnis von den Konzepten und Verbin-
dungen zwischen Sprachen und Kulturen vertie-
fen.
Schriftenreihe für die Lehrerfortbildung 9
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Wissen und Verstehen – Identität und kulturelle Vielfalt
Die Darstellung von Menschen anderer Kulturen
in den Medien analysieren, Tendenzen und ge-
gensätzliche Interessen identifizieren.
Das Verständnis der traditionellen und gegenwär-
tigen Kulturen vertiefen.
Das Verständnis von Kultur als ein facettenrei-
ches, variables, dynamisches Konstrukt entwi-
ckeln.
Wissen und Verstehen – Soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte
Vorurteile und kulturelle Stereotype in Texten be-
merken und hinterfragen.
Den ,,kultiviertesten” Weg finden, um für soziale
Gerechtigkeit und Menschenrechte in einer spezi-
fischen Kultur aktiv zu werden.
Wissen und Verstehen – Friedensstiftung und Konfliktlösung
Mündliche und schriftliche Texte zur Lösungsfin-
dung in Konfliktsituationen und zur Friedensstif-
tung nutzen.
Gemeinschaftliche Formen zur Lösung kultureller
Konflikte suchen und Wege eines angenehmen
Miteinanders finden.
Wissen und Verstehen – Nachhaltige Zukunft
Mediengestützte Präsentationen oder Kampag-
nen kreieren, um Verhaltensweisen für eine
nachhaltigere Zukunft zu ändern.
Das Umrahmen unseres Denkens über Vergan-
genheit, Gegenwart und Zukunft durch Sprachen
und Kulturen beschreiben.
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Impressum
Böttger, H./Dose, J.: Global Edu & die Sprachen. Towards peace on
earth: Sprachkompetenzen im Kontext globaler Erziehung. Ausgabe 1
(2015)
Die Eichstätter Schriftenreihe zur Lehrerfortbildung erscheint im Verlag
Eichstaett Academic Press UG. ©
Herausgeber: Heiner Böttger & Gabriele Gien
www.eichstaett-academic-press.com
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