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Monatsschr Kinderheilkd 2014 · 527–538
DOI 10.1007/s00112-014-3129-2
Online publiziert: 5. Juni 2014
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendmedizin (DGKJ) · C. Bührer · O. Genzel-Boroviczény · F. Jochum · T. Kauth ·
M. Kersting · B. Koletzko · W. Mihatsch · H. Przyrembel · T. Reinehr · P. Zimmer
Ernährung gesunder Säuglinge
Empfehlungen der Ernährungskommission
der Deutschen Gesellschaft
für Kinder- und Jugendmedizin
Einführung und Methodik
Die Ernährungskommission der Deut-
schen Gesellschaft für Kinder- und
Jugend medizin (DGKJ e. V.) hat ihre
Empfehlungen zur Ernährung gesunder
Säuglinge aus dem Jahr überarbei-
tet. Als Grundlage dienten eine elektro-
nische Literatursuche in der Datenbank
PubMed der National Library of Medi-
cine, frühere Stellungnahmen der Deut-
schen Gesellschaft für Kinder- und Ju-
gendmedizin und Empfehlungen der
Europäischen Gesellschaft für Pädiatri-
sche Gastroenterologie, Hepatologie und
Ernährung (http://www.espghan.org). Als
Stichtag wurde der .. gewählt. Da
nur in Ausnahmefällen Daten mit einem
hohen Evidenzgrad zur Praxis der Säug-
lingsernährung aus randomisiert kont-
rollierten Studien bzw. aus Meta-Analy-
sen solcher Studien vorliegen, wurde auf
eine systematische Bewertung des Evi-
denzgrads verzichtet.
Die vorliegenden Empfehlungen wur-
den im Rahmen der Kommissionssit-
zungen am .., .. und
am .. in Berlin formuliert und
im Rahmen der Sitzung am .. in
Dortmund verabschiedet.
Die gegebenen Empfehlungen sind
als Expertenmeinung anzusehen, sofern
nicht ausdrücklich anders angegeben.
Stillen
Vorteile des Stillens und Stilldauer
F Stillen ohne Zufütterung ist für fast
alle Säuglinge in den ersten 4 bis 6 Le-
bensmonaten die angemessene Er-
nährung. Auch kürzeres Stillen oder
teilweises Stillen mit Zufütterung von
Säuglingsanfangsnahrung ist sinnvoll.
F Auch nach der Einführung von Bei-
kost sollte weiter gestillt werden. Mut-
ter und Kind bestimmen, wann abge-
stillt wird.
Kommentar
Stillen ist die natürliche Ernährungsform
des Säuglings [, ]. Ausschließliches
Stillen durch eine ausgewogen ernährte
Mutter deckt den normalen Nährstoffbe-
darf eines gesunden Säuglings in den ers-
ten etwa Lebensmonaten [], mit Aus-
nahme von Vitamin K und Vitamin D, die
supplementiert werden sollen. Das gesun-
de, nach Bedarf gestillte Kind trinkt ent-
sprechend seinem Energiebedarf [, ,
]. Der Grad der Entleerung der Brust
stimuliert die Milchproduktion mehr als
die Frequenz des Anlegens []. Außer
Nährstoffen liefert Muttermilch eine Viel-
zahl von Substanzen, welche die immuno-
logische Abwehr und die immunologische
Reifung des Kindes beeinflussen, vor In-
fektionen schützen und antientzündlich
wirken. Stillende Frauen sollen nach den
aktuellen Handlungsempfehlungen des
Netzwerks Gesund ins Leben − Netzwerk
Junge Familie [] abwechslungsreich,
ausgewogen und regelmäßig essen, da
sich die Versorgung mit wichtigen Nähr-
stoffen (z. B. Vitaminen, langkettige Ome-
ga--Fettsäuren) unmittelbar auf die Zu-
fuhr des Säuglings auswirkt. Als Beitrag
zu einer guten Versorgung der stillenden
Frau mit Jod, Vitamin D und langketti-
gen Omega--Fettsäuren ist der Verzehr
von Portionen Seefisch pro Woche wün-
schenswert, wobei auch fettreiche Fische
(Lachs, Makrele, Hering, Sardine) regel-
mäßig verzehrt werden sollten. Für Frau-
en, die nicht regelmäßig Fisch verzehren
(z. B. Vegetarierinnen) ist die Einnah-
me von Supplementen ratsam, die Ome-
ga--Fettsäuren mit Docosahexaensäure
(DHA) enthalten. Bei einer rein pflanzli-
chen (veganen) Ernährung der stillenden
Frau ist die Einnahme von Supplementen
mit Vitamin B erforderlich, um den ge-
stillten Säugling vor einem Vitamin-B-
Mangel mit dem Risiko ernster neurologi-
scher Schäden zu schützen [, , , ].
Ausschließlich gestillte Kinder können
im Vergleich zu nichtgestillten Kindern
in den ersten bis Monaten rascher an
Gewicht zunehmen, sind jedoch im Alter
von einem Jahr im Mittel weniger schwer
als nichtgestillte Säuglinge [, , , ,
]. Kinder, die nach Einführung von Bei-
kost weiter gestillt wurden, wiesen am En-
de des . Lebensjahres im Mittel ein um
– g geringeres Gewicht auf als mit
Säuglingsnahrungen (Muttermilchersatz)
gefütterte Kinder [].
Säuglinge können und sollten auch
nach Beginn der Beikostfütterung weiter
Redaktion
A. Borkhardt, Düsseldorf
S. Wirth, Wuppertal
527Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
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Konsensuspapiere
gestillt werden, so lange Mutter und Kind
dies wollen und können.
Stillen und Perinatalperiode
(erste 7 Tage nach der Geburt)
F Informationen über das Stillen sollten
bereits in der Schwangerschaft erfol-
gen.
F Unmittelbar nach der Geburt soll-
te Müttern der Hautkontakt mit dem
Säugling ermöglicht werden. Ein ers-
tes Anlegen sollte innerhalb der ers-
ten 2 h erfolgen (bei Hypoglykämie-
gefährdeten Neugeborenen innerhalb
der ersten 30 Lebensminuten). Dies
gilt auch für Kaiserschnittentbindun-
gen, sofern diese nicht in Vollnarkose
durchgeführt wurden.
F Beim ersten Anlegen wird das Kind
auf die Brust der Mutter gelegt und
das spontane Finden der Brust und
das erste Saugen abgewartet.
F Das weitere Stillen sollte nach Bedarf
erfolgen.
F In den ersten Lebenstagen sollten
Neugeborene möglichst einmal am
Tag unter vergleichbaren Bedingun-
gen gewogen werden. Wenn die Ge-
wichtsabnahme mehr als 7–10% des
Geburtsgewichtes beträgt oder inner-
halb der ersten 7 Lebenstage keine
Gewichtszunahme erfolgt, sollte eine
Untersuchung und Abklärung der
Ursachen erfolgen.
Kommentar
Die Information über das Stillen soll-
te in der Schwangerschaft im Rahmen
der Schwangerenvorsorge durch Ärz-
te oder Hebammen erfolgen. Möglichst
sollte auch der Partner der Schwange-
ren informiert werden. Besprochen wer-
den sollten: Förderung der Milchproduk-
tion und -abgabe, Fütterung nach Bedarf
des Kindes, empfohlene Stilldauer, not-
wendiger Zeitaufwand und Mahlzeiten-
häufigkeit, Zeichen für korrektes Trinken
des Kindes, Kontrollmöglichkeiten für
die Mutter über ausreichende Milchpro-
duktion und -aufnahme, Positionierung
des Kindes, anatomische Besonderheiten
der Brust, Brustpflege, Vorbereitung der
Brust auf das Stillen, Verhalten der Mut-
ter (Rauchen, Alkohol, Drogen, Medika-
mente, Ruhebedürftigkeit), Hilfsangebo-
te bei Problemen. Eine vorbeugende Ein-
schränkung der mütterlichen Ernährung
oder spezielle Getränke (z. B. „Milchbil-
dungstees“) sind nicht erforderlich.
Wünschenswert ist ein erstes Anlegen
des gesunden Neugeborenen innerhalb
der ersten h nach der Geburt. Dazu wird
das Kind auf die Brust der Mutter gelegt
und das spontane Finden der Brust und
das erste Saugen abgewartet; dieses kann
− min dauern []. Auch gut ge-
meintes Eingreifen kann den natürlichen
Ablauf des Suchens, Findens und Saugens
und das Trinkverhalten stören und soll-
te unterbleiben. Das Kind soll mit dem
Mund Brustwarze und Teile des Warzen-
vorhofs erfassen []. Eine Beobachtung
von Neugeborenem und Mutter in dieser
Phase ist unbedingt erforderlich [].
Das weitere Stillen sollte nach Bedarf
erfolgen, d. h. wenn das Kind Zeichen von
Hunger zeigt (Unruhe, Strampeln, Such-
und Schmatzbewegungen, Saugen an Fin-
ger, Betttuch); Schreien ist ein eher spätes
Hungersignal. In der ersten Woche ist da-
rauf zu achten, dass der zeitliche Abstand
zwischen Stillmahlzeiten nicht länger
ist als h, ggf. sollte das Kind sanft ge-
weckt werden. In den ersten Lebenswo-
chen werden viele Kinder etwa - bis -
mal in h gestillt. Häufiges Stillen bzw.
Entleeren der Brust fördert den Übergang
von der Bildung der Vormilch (Kolost-
rum) zur . Phase der Milchbildung, die
ab dem . Tag mit Bildung größerer Men-
gen (mehr als ml/Tag) an transitori-
scher Milch beginnt [, ].
Es ist wünschenswert alle Neugebore-
nen in den ersten Lebenstagen täglich zu
wiegen, insbesondere nach Sectiogeburt.
Das tägliche Wiegen sollte erfolgen bis
eine stetige Gewichtszunahme beobach-
tet wird. Kinder, die nur zur Entbindung
in der Klinik waren, sollten spätestens
nach h wieder gewogen werden. Wenn
das zu Hause nicht möglich ist, sollte es
mit der ersten Vorstellung beim Kinder-
arzt (im Rahmen der U) oder durch die
Hebamme geschehen. Der Termin sollte
bei der Entlassung abgesprochen werden.
Eine unzureichende Gewichtszunahme
erhöht das Risiko für eine hypernatriämi-
sche Dehydratation und Hyperbilirubinä-
mie. Der durchschnittliche Gewichtsver-
lust ausschließlich gestillter Kinder in den
ersten Lebenstagen betrug in einer Stu-
die mit Kindern durchschnittlich ,%
des Geburtsgewichts []. Ein ähnlicher
Gewichtsverlust wurde in einer größe-
ren Studie an reifgeborenen Kindern
mit einem Geburtsgewicht von mehr als
g gemessen, von denen (%)
ausschließlich gestillt wurden: Median
des Gewichtsverlusts ,% (. Perzenti-
le ,%, ,. Perzentile ,%). Der ma-
ximale Gewichtsverlust bei den aus-
schließlich gestillten Kindern trat im Me-
dian mit , Tagen auf und das Geburts-
gewicht wurde im Median nach , Tagen
wieder erreicht (. Perzentile , Tage,
,. Perzentile Tage) []. Von ge-
sunden, gestillten, reifgeborenen Säuglin-
gen zeigten % einen Gewichtsverlust,
der mehr als % des Geburtsgewichts be-
trug. Betroffen waren überwiegend Kin-
der von Erstgebärenden, Kinder, deren
Entbindung lange gedauert hatte und Kin-
der, deren (mehrgebärende) Mütter Me-
dikamente unter der Geburt erhalten hat-
ten [].
Wenn die Gewichtsabnahme –%
des Geburtsgewichtes oder mehr beträgt,
bis zum . Tag keine Gewichtszunahme
erfolgt oder bis zum Alter von Tagen
das Geburtsgewicht nicht wieder erreicht
wird, sollte eine Untersuchung des Säug-
lings und Abklärung der Ursachen beim
Kinder- und Jugendarzt erfolgen [, ].
Wenn Ursachen wie eine ungenügende
Milchproduktion, Milchaufnahme oder
fehlerhaftes Saugverhalten nicht behoben
werden können und keine Krankheit vor-
liegt, ist entweder die Gabe abgepumpter
Milch der eigenen Mutter oder das Zufüt-
tern von Muttermilchersatz erforderlich.
Zufüttern gestillter Säuglinge
F Eine Zufütterung zum Stillen sollte
bei gesunden Säuglingen nicht routi-
nemäßig, sondern nur bei Vorliegen
medizinischer Indikationen erfolgen.
Kommentar
Reifgeborene, normalgewichtige Säuglin-
ge benötigen keine routinemäßige Zufüt-
terung von Flüssigkeiten. In einer kanadi-
schen Beobachtungsstudie von gesun-
den, reifgeborenen Neugeborenen, von
denen ein- oder mehrmalig eine Glu-
koselösung zugefüttert bekamen ( davon
auch Säuglingsmilch), war der Gewichts-
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Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
Konsensuspapiere
verlust bei supplementierten und nicht-
supplementierten Säuglingen gleich mit
,% (,–,) bzw. ,% (,–,)
[]. Jedoch wurde in der bisher größ-
ten deutschen prospektiven Feldstudie
mit einem Follow-up von Säuglin-
gen aus nach dem Zufallsprinzip aus-
gesuchten geburtshilflichen Kliniken über
Jahr unter Berücksichtigung des Still-
managements mit logistischer Regression
ein signifikant negativer Einfluss auf die
Dauer der Stillperiode nachgewiesen, so-
wohl für die Zufütterung von Säuglings-
milch [OR =, (% Konfidenzinter-
vall (KI) ,–,; p<,)] als auch für
die Zufütterung von Tee und Glukoselö-
sung (OR =, (% KI ,–,; p<,)
[]). Andere Autoren fanden keine Evi-
denz für Nachteile einer Zufütterung zum
Stillen in den ersten Lebenstagen auf die
Dauer des Stillens bzw. des späteren aus-
schließlichen Stillens [].
Falls eine Zufütterung nach dem Stil-
len in den ersten Lebenstagen erforder-
lich ist, kann dies mit abgepumpter Milch
der eigenen Mutter, mit Säuglingsanfangs-
nahrung oder hydrolisierter Anfangsnah-
rung erfolgen. Eine Zufütterung zum Stil-
len sollte nicht routinemäßig, sondern nur
bei medizinischer Indikation wie z. B. be-
stehender oder drohender Austrocknung,
nachgewiesener oder drohender Hypo-
glykämie (Blutglucosekonzentration
Zusammenfassung · Abstract
Monatsschr Kinderheilkd 2014 · [jvn]:[afp]–[alp] DOI 10.1007/s00112-014-3129-2
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014
Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) · C. Bührer · O. Genzel-Boroviczény ·
F. Jochum · T. Kauth · M. Kersting · B. Koletzko · W. Mihatsch · H. Przyrembel · T. Reinehr · P. Zimmer
Ernährung gesunder Säuglinge. Empfehlungen der Ernährungskommission
der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
Zusammenfassung
Die Ernährungskommission der Deutschen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
hat ihre Empfehlungen zur Ernährung gesun-
der Säuglinge aktualisiert und als Experten-
empfehlung in einer Übersicht zusammen-
gestellt. Zu 5 Hauptthemen (Stillen, Mutter-
milchersatz, Beikost, Familienkost, übergrei-
fende Aspekte) werden insgesamt 35 Kern-
aussagen formuliert und mit Hinweisen für
die praktische Anwendung kommentiert.
Empfohlen wird Stillen ohne Zufütte-
rung in den ersten 4 bis 6 Lebensmonaten,
und weitergeführtes Stillen neben der Bei-
kost. Vor allem postnatal ist eine Unterstüt-
zung beim Stillen wichtig, einschließlich Ver-
zicht auf routinemäßige Zufütterung. Nicht
gestillte Säuglinge sollen Säuglingsanfangs-
nahrung erhalten, ebenfalls zusätzlich zur
Beikost. Bei erhöhtem Atopierisiko wird Hy-
drolysatnahrung (HA) bis zur Einführung der
Beikost empfohlen. Die Verwendung von Fol-
genahrung ist nach Einführung der Beikost
möglich. Flaschennahrung muss frisch zube-
reitet und unmittelbar verfüttert werden. Bei-
kost sollte nicht vor dem Beginn des 5. Le-
bensmonats und nicht später als mit Beginn
des 7. Lebensmonats eingeführt werden.
Empfohlen wird gleichzeitig die Einführung
kleiner Mengen Gluten und eine Variation der
Lebensmittel. Als erste Beikostmahlzeit eig-
net sich ein Gemüse-Kartoffel-Fleisch- oder
-Fisch-Brei (gut bioverfügbares Eisen, Ome-
ga-3-Fettsäuren), gefolgt von einem (Kuh-)
Milch-Getreide-Brei und einem Getreide-
Obst-Brei, selbst hergestellt oder als indust-
riell hergestelltes Produkt. Etwa ab dem Al-
ter von 10 Monaten kann ausgewogene Fa-
milienkost eingeführt werden. Eine laktove-
getarische Ernährung ist möglich, eine vega-
ne Ernährung ohne Supplementierung ist für
Säuglinge abzulehnen. Die Supplementie-
rung von 2 mg Vitamin K oral (am 1. Lebens-
tag, zwischen dem 3. und 10. Lebenstag und
zwischen der 4. und 6. Lebenswoche) sowie
von Vitamin D (400–500 IU/d) ab der 2. Wo-
che kombiniert mit Fluorid (0,25 mg) als Tab-
lette wird empfohlen.
Schlüsselwörter
Säuglingsernährung · Stillen · Beikost ·
Familienkost · Lebensmittelauswahl
Nutrition of healthy infants. Recommendations of the Nutrition
Committee of the German Pediatric Society
Abstract
The Nutrition Committee of the German Pe-
diatric Society has updated its recommenda-
tions for the nutrition of healthy infants. Five
main topics (breastfeeding, breast milk sub-
stitutes, complementary feeding, family di-
et and general aspects) are addressed in the
form of 35 key statements along with de-
tailed comments on their practical applica-
tion.
Exclusive breastfeeding is recommend-
ed as the most suitable for almost all infants
during the first 4–6 months, followed by par-
tial breastfeeding along with complementa-
ry feeding; breastfeeding needs specific sup-
port particularly postnatal and routine sup-
plementary feeding should be avoided. Non-
breast-fed infants should receive infant for-
mula, which should also accompany comple-
mentary feeding. In cases of increased risk for
atopy, a formula based on hydrolyzed pro-
tein (HA) should be given until the start of
complementary feeding. Follow-on formu-
la may be given together with complemen-
tary feeding. Bottle feeds should be freshly
prepared and given without delay. Comple-
mentary feeding should be introduced be-
tween the beginning of the fifth and the sev-
enth month and at this time small amounts
of gluten should also be introduced. Variation
of complementary feeds is recommended. A
vegetable-potato-meat or fish puree (highly
bioavailable iron, omega-3 fatty acids) is well-
suited to start complementary feeding, fol-
lowed by (whole) cow’s milk cereal meal and
a cereal–fruit meal, either homemade or as
a commercial product. At the age of approx-
imately 10 months infants can participate in
a healthy family diet. A lactovegetarian type
diet is possible; however a vegan diet if not
supplemented cannot be acceptable for in-
fants. Supplementation of 2 mg vitamin K
orally 3 times (on day 1, between days 3 and
10, and between weeks 4–6 after birth) and
of vitamin D (400–500 IU/day) starting from
the 2nd week of life combined with fluoride
(0.25 mg/day) in tablet form is recommended
for all healthy infants.
Keywords
Infant nutrition · Breastfeeding ·
Complementary feeding · Family diet · Food
selection
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< mg/dl bzw. , mmol/l; Kindern dia-
betischer Mütter, Geburtsgewicht unter
der . Perzentile oder über der . Per-
zentile), bei mangelndem Gedeihen oder
bei sehr unruhigen Kindern nach medi-
zinischem Ermessen erfolgen. Zu unter-
scheiden ist zwischen unzureichender
mütterlicher Laktation und Trinkschwä-
che des Kindes, etwa bei Frühgeborenen
oder phototherapiebedürftiger Hyperbi-
lirubinämie; in letzterem Fall bietet sich
auch die Gabe abgepumpter Muttermilch
via Flasche oder im Extremfall per Ma-
gensonde an.
Muttermilchersatz (Säug-
lingsanfangsnahrung
und Folgenahrung)
Kategorien
F Säuglinge, die nicht oder nicht voll
gestillt werden, sollen Säuglingsan-
fangsnahrungen (Pre-Nahrungen
oder 1-Nahrungen) erhalten. Beide
Nahrungen können im gesamten ers-
ten Lebensjahr gegeben werden.
F Folgenahrungen (2-Nahrungen) sol-
len erst gefüttert werden, wenn das
Kind bereits Beikost bekommt. Sie
sind nicht zwingend notwendig, da
grundsätzlich auch Säuglingsanfangs-
nahrungen im gesamten Säuglings-
alter eingesetzt werden können.
F Wenn bei Eltern oder Geschwistern
eines nicht gestillten Säuglings aller-
gische Erkrankungen vorliegen, sollte
nach pädiatrischer Beratung eine Hy-
drolysatnahrung (HA-Nahrung) bis
zur Einführung der Beikost gegeben
werden.
F Säuglingsnahrungen mit Sojaeiweiß
(die keine Laktose oder Galaktose
enthalten) sollten nur bei besonde-
rer Indikation (Galaktosämie, welt-
anschauliche Gründe) verwandt wer-
den.
F Selbst zubereitete Nahrungen für
Säuglinge aus Kuhmilch, ande-
ren Tiermilchen (Ziegen-, Stuten-,
Schafsmilch) oder anderen Rohstof-
fen (z. B. Mandeln) bergen erhebliche
Risiken für die Energie- und Nähr-
stoffversorgung sowie Hygienerisiken
und sollten nicht verwendet werden.
Kommentar
In den ersten etwa Lebensmonaten soll
nur Säuglingsanfangsnahrung (keine Fol-
genahrung) als Muttermilchersatz gefüt-
tert werden. Säuglingsanfangsnahrung
kann, muss aber nicht, mit der Einfüh-
rung von Beikost ab dem .–. Lebens-
monat durch Folgenahrung ersetzt wer-
den. Säuglingsanfangsnahrungen können
auch nach Beginn der Beikostfütterung
bis zum Ende des . Lebensjahres weiter
gefüttert werden.
Säuglingsanfangsnahrungen können
wie Muttermilch hinsichtlich Menge und
Mahlzeitenfrequenz ad libitum gefüttert
werden.
Die Zusammensetzung von Säuglings-
anfangsnahrungen und von Folgenahrun-
gen ist in der EU gesetzlich geregelt. Als
Eiweißquellen dienen Kuhmilcheiweiß
oder Sojabohneneiweiß isolate oder da-
raus gewonnene Eiweißhydrolysate. Die
EU-Kommission hat auch die Ver-
wendung von Ziegenmilchprotein zuge-
lassen []. Anfangsnahrungen auf Kuh-
milcheiweißbasis sollten die erste Wahl
sein.
Nicht gestillte Säuglinge aus atopie-
belasteten Familien sollten, falls ein Stil-
len nicht möglich ist, bis zur Einführung
der Beikost Anfangsnahrungen mit durch
Hydrolyse vermindert allergenem Eiweiß
(HA-Nahrungen) erhalten, da hierdurch
das Risiko eines atopischen Ekzems in ge-
ringem Maße reduziert wird [, , ,
]. Die multizentrische Studie German
Infant Nutrition Intervention (GINI) be-
legt, dass die Gabe bestimmter Säuglings-
nahrungen auf der Basis von Eiweißhy-
drolysaten in den ersten Lebensmona-
ten das Risiko für allergische Manifesta-
tionen, insbesondere der atopischen Der-
matitis, im ersten Lebensjahr signifikant
senken kann []. Für Prä- und Probioti-
ka sowie für Anfangsnahrungen auf Soja-
basis ist eine präventive Wirkung in Bezug
auf Allergien nicht ausreichend belegt [,
, , , –, ].
Säuglingsanfangsnahrungen auf Kuh-
milchbasis enthalten entweder nur Lakto-
se („Pre“ in der Bezeichnung) oder neben
Laktose auch andere Kohlenhydrate („“
in der Bezeichnung). Anfangsnahrungen,
die Saccharose enthalten, sollten Säuglin-
gen in den ersten Monaten nicht gefüt-
tert werden, da es beim Vorliegen einer
hereditären Fruktoseintoleranz zu le-
bensbedrohlichen Leberfunktionsstörun-
gen kommen kann.
Säuglingsnahrungen auf Sojabohnen-
eiweißbasis weisen einen hohen Gehalt
an sekundären Pflanzenstoffen (Flavo-
noiden) mit schwach östrogener Wirkung
sowie an Phytaten mit möglichen Nach-
teilen für die Nährstoffresorption auf; sie
sollten nicht ohne triftigen Grund einge-
setzt werden []. Säuglingsnahrungen
auf Sojabasis sind laktosefrei und können
daher zur Ernährung von Säuglingen mit
Galaktosämie verwandt werden. Anfangs-
nahrungen auf Sojabasis können auch bei
Familien eingesetzt werden, die aus welt-
anschaulichen Gründen eine Kuhmilch-
gabe ablehnen, z. B. bei Veganern.
Optionale Zusätze
F Der Zusatz von langkettigen, mehr-
fach ungesättigten Fettsäuren (LC-
PUFA) zu Säuglingsnahrung hat
mögliche Vorteile für die Entwick-
lung der Säuglinge.
F Für den Zusatz von marktüblichen
Prä- oder Probiotika zu Säuglings-
nahrungen sind klinisch relevan-
te Vorteile bisher nicht zweifelsfrei
nachgewiesen.
Kommentar
Die Zugabe von LC-PUFA wie DHA zu
Säuglingsnahrungen wirkt sich günstig
auf die Reifung des kindlichen Sehvermö-
gens aus, in einigen Studien wurden Vor-
teile hinsichtlich der kindlichen Entwick-
lung berichtet [, ].
Seit einiger Zeit werden Säuglings-
nahrungen mit unterschiedlichen Prä-
und Probiotika angereichert [, ]. Als
Präbiotika bezeichnet man unverdauli-
che Nahrungsbestandteile, meist komple-
xe Kohlenhydrate, die selektiv Wachstum
und Aktivität bestimmter Mikroorganis-
men vorwiegend im Dickdarm fördern
und dadurch gesundheitsfördernde Ef-
fekte erzielen sollen. Unter Probiotika ver-
steht man lebende, nicht pathogene Mik-
roorganismen, die den Intestinaltrakt ko-
lonisieren und gesundheitsfördernde Ef-
fekte erzielen sollen. In einigen Studien
wurde über günstige Effekte, z. B. auf die
Häufigkeit des Auftretens eines atopi-
schen Ekzems, nach Gabe von Prä- oder
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Konsensuspapiere
Probiotika im Säuglingsalter berichtet. Bei
gesunden Säuglingen ist ein klinisch rele-
vanter Vorteil von prä- oder probiotisch
angereicherten Säuglingsanfangsnahrun-
gen gegenüber nichtangereicherten Säug-
lingsanfangsnahrungen, der einen gene-
rellen Einsatz derart angereicherter Nah-
rungen rechtfertigen würde, nicht zwei-
felsfrei belegt [, , ].
Zubereitung
F Flaschennahrung muss immer frisch
zubereitet und sogleich gefüttert wer-
den. Reste müssen verworfen wer-
den, um der Vermehrung pathogener
Keime und dem Auftreten von Infek-
tionen beim Kind vorzubeugen. Dies
gilt auch für tiefgefroren aufbewahrte
und wieder aufgetaute Muttermilch.
Flasche und Sauger sind sorgfältig zu
reinigen und trocken aufzubewahren,
ein Auskochen ist nicht erforderlich.
Sterilisierbäder werden nicht empfoh-
len.
F Pulvernahrungen sollen mit frischem
Trinkwasser zubereitet werden; über
Nacht in der Leitung gestandenes
Wasser sollte zunächst ablaufen, bis
kaltes Wasser kommt. Von der Ver-
wendung von Wasserfiltern wird ab-
geraten. Bei hohem Nitratgehalt des
Wassers (>50 mg/l; vor allem bei
häuslichen Brunnen) und bei Wasser-
leitungen aus Blei (in manchen Alt-
bauten) sollte für die Säuglingsernäh-
rung geeignetes, abgepacktes Was-
ser benutzt werden. Die Eignung von
Wasser aus häuslichen Brunnen sollte
im Einzelfall überprüft werden.
F Pulverförmige Säuglingsnahrung
kann mit auf Trinktemperatur er-
wärmtem Wasser oder aber mit auf
Trinktemperatur abgekühltem abge-
kochtem Wasser zubereitet werden.
Von der Zubereitung von Säuglings-
nahrungen mit kochendem oder auf
70°C erhitztem Wasser wird wegen
der Risiken kindlicher Verbrühungen
und nachteiliger Veränderungen der
Nährstoffgehalte der Milch abgeraten.
Kommentar
Für die Zubereitung von Säuglingsnah-
rung ist grundsätzlich frisch aus der Lei-
tung entnommenes Trinkwasser einzuset-
zen. Dabei soll nicht „Standwasser“ ge-
nommen werden, also Wasser, das meh-
rere Stunden in den Hausleitungen ge-
standen hat, sondern Fließwasser, das
nach Ablaufen des Standwassers kalt ge-
wonnen wird.
Wasser aus haushaltsüblichen Wasser-
filtern sollte nicht verwendet werden, da
durch Wasserfilter Keimzahlen und Kon-
taminantenkonzentrationen erhöht wer-
den können. Im Sinne des vorbeugenden
Gesundheitsschutzes sollen pulverförmi-
ge Säuglingsnahrungen nicht mit Trink-
wasser zubereitet werden, welches durch
erhöhte Gehalte an Nitrat (> mg/l), Blei,
Kupfer oder anderen toxischen Substan-
zen belastet ist. Wasser, das durch Blei-
leitungen geleitet wurde, darf grundsätz-
lich nicht für die Säuglingsernährung ver-
wandt werden. Solche Leitungen finden
sich noch in vielen Altbauten. Wasser, das
über mehrere Stunden in Kupferleitun-
gen gestanden hat, kann sehr hohe Kup-
fergehalte aufweisen und sollte nicht ver-
wandt werden, da bei hoher Kupferzufuhr
besonders in den ersten Lebensmonaten
die Gefahr einer Lebertoxizität besteht.
Wasser aus Kupferrohrleitungen sollte
generell nicht verwandt werden, wenn es
einen pH-Wert unter , (Wasserhärtebe-
reich ) bis unter , (weichere Wasser)
hat. Besonders hohe Kupfergehalte wur-
den bei nichtüberwachten Hausbrunnen
und nach der Neuinstallation von unge-
schützten Kupferrohren beobachtet. Die
örtlichen Wasserversorger können Anga-
ben zur Qualität des von ihnen abgege-
benen Wassers machen. Bei Verwendung
von abgepacktem Wasser ist kohlensäu-
rearmes (sogenanntes stilles) Wasser mit
dem Hinweis „geeignet für die Zubereitung
von Säuglingsnahrung“ auszuwählen [].
Säuglingsnahrungen in Form von Tro-
ckenmilchprodukten sowie ultrahoch-
erhitzten (UHT) Produkten sind keim-
arm, aber nicht steril. Pulverförmige
Milchnahrungen können geringe Keim-
zahlen potenziell pathogener Bakterien
enthalten, z. B. Cronobacter spp. Zuberei-
tete und erwärmte flüssige Milchnahrung
ist besonders bei Temperaturen von –
°C ein sehr guter Nährboden für Kei-
me. Da sich Keime in Milchnahrung bei
Raumtemperatur rasch vermehren kön-
nen, wird dringend empfohlen, aus Pul-
ver zubereitete Milchnahrung sowie ge-
öffnete Flüssignahrung bis zur Fütterung
nicht länger als h der Raumtemperatur
auszusetzen.
Cronobacter spp. (früher als Enterbac-
ter sakazakii bezeichnet) aus zubereite-
ter Milchnahrung kann bei Säuglingen
vor allem in den ersten Lebenswochen
septische Infektionen, Meningitiden und
Hirnabszesse sowie nekrotisierende En-
terokolitiden hervorrufen, die zwar sehr
selten sind (:.), aber mit einer ho-
hen Letalität sowie bei überlebenden Kin-
dern häufig mit neurologischen Schäden
einhergehen []. Auf Säuglingsstationen
wurden auch epidemieartig auftreten-
de Infektionen beobachtet. Derartige In-
fektionen wurden bei Verwendung ver-
unreinigter Milchnahrung, kontaminier-
ter Utensilien wie Mixer und Löffeln zur
Zubereitung sowie bei längerer Aufbe-
wahrung zubereiteter Milch in Flaschen-
wärmern beobachtet.
Ein besonders hohes Risiko für Crono-
bacter-Infektionen besteht nach den vor-
liegenden Beobachtungen für gesunde
Neugeborene und junge Säuglinge in den
ersten Lebensmonaten, für Frühgebore-
ne sowie für andere abwehrgeschwächte
Kinder. Besonders für diese Risikogrup-
pen müssen die Bedingungen der Herstel-
lung, Zubereitung und Handhabung der
Milchnahrung so gewählt werden, dass
die Belastung der Nahrung mit potenziell
pathogenen Keimen so weit als möglich
reduziert wird. Cronobacter ist einer der
am wenigsten hitzeempfindlichen Ente-
robakterien. Zu seiner Inaktivierung in
Säuglingsnahrung sind hohe Temperatu-
ren ab etwa °C erforderlich. Von einer
häuslichen Zubereitung von Pulvernah-
rung mit kochendem oder auf °C er-
hitztem Wasser wird dennoch abgeraten.
Hierdurch drohen Nachteile durch Zer-
störung wichtiger Inhaltsstoffe der Nah-
rung sowie das Risiko für kindliche Ver-
brühungen. Andererseits sind bei sach-
gemäßer Zubereitung und unmittelbarer
Verwendung von Flaschennahrung kei-
ne erhöhten Infektionsrisiken bei gesun-
den Säuglingen erkennbar. Wenn man
einer denkbaren bakteriellen Verunreini-
gung des Wassers z. B. durch Verschmut-
zung am Wasserhahn begegnen möchte,
kann man das Wasser für die Zubereitung
der Säuglingsnahrung abkochen und da-
nach abkühlen lassen. Um Verbrühungen
531
Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
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zu vermeiden soll das Wasser beim An-
schütteln der Säuglingsnahrung lauwarm
(max. °C) sein [].
Beikost
Beikosteinführung
F Beikost sollte nicht vor dem Alter von
17 Wochen (dem Beginn des 5. Le-
bensmonats) und nicht später als mit
26 Wochen (zu Beginn des 7. Lebens-
monats) eingeführt werden. Der indi-
viduelle Zeitpunkt ergibt sich in Ab-
hängigkeit vom Gedeihen und der
Essfähigkeit des Kindes.
F Auch Beikostprodukte mit starken
Nahrungsmittelallergenen sollten wie
alle anderen Beikostprodukte ab dem
5.–7. Lebensmonat eingeführt wer-
den. Eine späte Einführung der Bei-
kost nach dem 7. Monat oder eine ge-
nerell allergiearme Beikost haben kei-
nen Nutzen für die Allergiepräven-
tion und werden nicht empfohlen.
F Glutenhaltige Getreide (Weizen, Rog-
gen, Gerste, Dinkel, z. B. in Breien,
Brot, Keksen, Zwieback) sollen zu-
nächst nur in kleinen Mengen und
wenn möglich noch während der
Stillzeit (ab dem 5. Lebensmonat) ge-
geben werden, um das Risiko der Ent-
stehung einer Unverträglichkeit (Zö-
liakie) zu vermindern. Sowohl eine
frühe (<4 Monate) als auch eine späte
(≥7 Monate) Einführung von Gluten
sollte vermieden werden
Kommentar
Die Empfehlung zum Zeitpunkt der Ein-
führung von Beikost entspricht der Mei-
nung internationaler Fachgesellschaften
[, ]. Die genannte Zeitspanne zur Ein-
führung der Beikost wird insbesonde-
re unter Berücksichtigung der Nährstoff-
zufuhr, der neuromotorischen Entwick-
lung, der Toleranzentwicklung gegenüber
Fremdantigenen und der Geschmacks-
prägung ausgesprochen.
Ausschließliches Stillen versorgt den
gesunden, reif geborenen Säugling in den
ersten etwa Lebensmonaten ausreichend
mit Energie und Nährstoffen mit Ausnah-
me von Vitamin D und Vitamin K [].
Ab dem Ende des ersten Lebenshalbjahres
benötigen Säuglinge zusätzlich zur Mut-
termilch Energie und Nährstoffe aus Bei-
kost. Rechnerisch defizitär werden in ab-
steigender Reihenfolge Eisen, Vitamin B,
Zink, Phosphor, Magnesium und Kalzium
[]. Die neuromotorische und psychoso-
ziale Entwicklung und die Entwicklung
der Verdauungs- und Ausscheidungska-
pazitäten für konzentriertere Nahrung als
Milch unterliegen einer großen interindi-
viduellen Variabilität []. Im Alter von
– Monaten verschwindet bei den meis-
ten Kindern der Extrusionsreflex, wäh-
rend die Fähigkeit, Nahrungsbrei mit der
Zunge zu transportieren, sich entwickelt.
Mit – Monaten zeigen die Kinder In-
teressen- und Verweigerungsreaktionen
gegenüber dem Essen. Einige Kinder es-
sen Brei bereits mit Monaten, die meis-
ten mit – Monaten, manche erst mit
– Monaten [].
Für einen präventiven Effekt in Bezug
auf Allergien durch Verzögerung der Ein-
führung von Beikost über den vollendeten
. Monat hinaus gibt es keine Belege, auch
nicht bei Kindern aus atopiebelasteten Fa-
milien. Dies gilt auch für hochallergene
Lebensmittel wie Fisch und Ei. Vielmehr
liegen Hinweise dafür vor, dass Fischkon-
sum im . Lebensjahr einen protektiven
Effekt hinsichtlich der Entwicklung ato-
pischer Manifestationen hat [, , ].
Eine späte Einführung bestimmter Le-
bensmittel könnte das Risiko für eine al-
lergische Sensibilisierung sogar erhöhen
[, , , ].
Die Ätiologie der Zöliakie ist multi-
faktoriell. Als notwendige Faktoren für
die Entstehung einer Zöliakie gelten die
genetische Disposition und das Vorkom-
men von Gluten in der Nahrung. Als kau-
sale Teilfaktoren werden u. a. das Nicht-
Stillen, die Glutenmenge in der Nahrung
und das Alter bei Gluteneinführung dis-
kutiert [].
Eine Beobachtungsstudie in Schweden
zeigte einen starken Anstieg der diagnos-
tizierten Zöliakie-Fälle nach einer allge-
meinen Empfehlung, Gluten erst nach
dem . Monat einzuführen [] und einen
anschließenden Rückgang mit der Emp-
fehlung, Gluten schon am Ende des ers-
ten Lebenshalbjahres (vor dem Alter von
Monaten) einzuführen []. Zusätzlich
konnte aus den Daten entnommen wer-
den, dass die Einführung von Gluten
noch während der Stillzeit mit einem ge-
ringeren Risiko für Zöliakie assoziiert war.
Größere Mengen Gluten erhöhten das Ri-
siko im Gegensatz zu kleineren Gluten-
mengen []. Eine Metaanalyse von Be-
obachtungsstudien kam ebenfalls zu dem
Schluss, dass Stillen während der Gluten-
einführung das Risiko senkte, an Zölia-
kie zu erkranken []. In einer Studie mit
Säuglingen mit erhöhtem Risiko für Zö-
liakie wurde sowohl für die frühe (in den
ersten Monaten) als auch für die späte
(ab Monaten) Einführung von Gluten
ein erhöhtes Risiko, eine Zöliakie zu ent-
wickeln, festgestellt [].
Aufgrund der bestehenden Datenlage
wird unter Abwägung möglicher Vor- und
Nachteile die Einführung von Gluten in
kleinen Mengen (z. B. /− Teelöffel Ge-
treidebrei, einige Nudeln) ab dem Beginn
des . Monates und spätestens bis zum Be-
ginn des . Monats empfohlen [].
Mahlzeiten und Lebensmittel
F Die Einführung und Zusammenset-
zung der Beikostmahlzeiten kann
dem Schema des Ernährungsplans für
das 1. Lebensjahr (. Abb. 1) folgen,
wobei in etwa monatlichen Abstän-
den jeweils eine Milchmahlzeit durch
eine Beikostmahlzeit ersetzt wird.
F Als erste Beikostmahlzeit eignet sich
ein Brei aus Gemüse, Kartoffeln und
Fleisch, um dem Kind gut verfügba-
res Eisen und Zink aus Fleisch zuzu-
führen.
F Beikost sollte mit dem Löffel gefüttert
und nicht aus der Flasche oder dem
Becher getrunken werden.
Kommentar
In Deutschland hat sich die Umsetzung
des in . Abb. 1 gezeigten Schemas für die
Einführung von Beikost und Familienkost
bewährt. Es berücksichtigt die Daten zur
wünschenswerten Dauer des ausschließ-
lichen Stillens, ernährungs- und entwick-
lungsphysiologische Anforderungen und
die Grundsätze für lebensmittelbezogene
Ernährungsempfehlungen einschließlich
des Angebots industriell hergestellter Le-
bensmittel für Säuglinge und wurde hin-
sichtlich der Zufuhr an Energie und Nähr-
stoffen mit den aktuellen Referenzwerten
für die Nährstoffzufuhr abgeglichen [].
Die Zeitpunkte für die Einführung neuer
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Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
Konsensuspapiere
Mahlzeiten sind nicht als fixe Altersanga-
ben zu verstehen, sondern als Orientie-
rungswerte, die Spielraum zur Berück-
sichtigung der interindividuellen Varia-
bilität der kindlichen Entwicklung lassen.
Die Eisenvorräte sind nach – Mo-
naten ausschließlichen Stillens in der Re-
gel weitgehend erschöpft. Der Eisenbedarf
pro kg Körpergewicht erreicht im . Le-
benshalbjahr ein Maximum. Daher wird
empfohlen, eisenreiche Beikost einzufüh-
ren. Dieser Empfehlung entspricht der in
Deutschland traditionelle Gemüse-Kar-
toffel-Fleisch-Brei [].
Fleisch enthält Hämeisen mit einer ho-
hen Bioverfügbarkeit, während in pflanz-
lichen Lebensmitteln Eisen in Form von
Nicht-Hämeisen vorliegt, welches erheb-
lich schlechter absorbiert wird []. Ne-
ben Fleischprotein [] fördert Vitamin C
die Absorption von Nicht-Hämeisen [,
, ]. Zur Förderung der Eisenabsorp-
tion wird daher für alle Beikostmahlzei-
ten der Zusatz von Vitamin-C-haltigem
Obstsaft bzw. Obstpüree empfohlen. Be-
sonders reich an Eisen und Zink ist Rind-
fleisch, welches sich daher besonders als
Zutat für den Gemüse-Kartoffel-Fleisch-
Brei eignet (. Abb. 2).
Bei Verzehr industriell hergestellter
Menüs mit einem Fleischanteil von Ge-
wichtsprozent (Gew-%) gegenüber Me-
nüs mit Gew-% im .–. Monat fand
sich am Ende des . Monats eine ten-
denziell niedrigere Hämoglobinkonzen-
tration und bei einigen, über – Mona-
te voll gestillten Säuglingen eine Anämie
(Hb <, g/dl) [, ]. In einer Beobach-
tungsstudie war Fleischverzehr in der Bei-
kost positiv mit dem kindlichen Gedeihen
und mit der kognitiven Entwicklung im
Kleinkindalter verbunden [].
Fleisch im Gemüse-Kartoffel-Brei
kann - bis -mal pro Woche durch fett-
haltigen Fisch (z. B. Lachs) ersetzt werden
(. Abb. 3).
Als Alternative für den Gemüse-Kar-
toffel-Fleisch/Fisch-Brei könnte im Hin-
blick auf die Eisenversorgung ein vegeta-
rischer Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei
verwendet werden (. Abb. 3).
In jüngerer Zeit wird unter dem Be-
griff „baby led weaning“ die Beikostein-
führung in Form von mundgerechten
Stücken propagiert, welche ein Säugling
selbst mit der Hand zum Munde führt,
während auf die Gabe von Breien verzich-
tet werden soll []. Der Begriff „weaning“
ist gleichbedeutend mit Abstillen und in
diesem Zusammenhang ungeeignet, da
auch nach der Einführung von Beikost
eine weiteres Stillen erwünscht und emp-
fohlen ist. In einer jüngeren Publikation
des Forschungsinstituts für Kinderernäh-
rung wurde die vorhandene Datenla-
ge zum Konzept des „Baby led weaning“
systematisch erfasst und beurteilt [].
Hilbig und Mitarbeiter folgern, dass eine
konsequente Verfolgung der Selbstfütte-
rung von Beikost mit der Hand zu einer
nicht erwünschten verzögerten Einfüh-
rung erst im Lauf des . Lebenshalbjahres
führte, mit möglichen Nachteilen für die
Allergie- und Zölikieprävention sowie das
kindliche Aspirationsrisiko []. Des Wei-
teren folgern die Autoren, dass die Selbst-
fütterung von Beikost mit der Hand in
der Regel zu geringen Verzehrmengen an
Beikost und insbesondere einer niedrigen
Zufuhr an nährstoffreicher Nahrung mit
ausreichender Energiedichte und somit
zu erheblichen Risiken für eine angemes-
sene Nährstoffversorgung führt []. Sie
empfehlen deshalb weiterhin die Anwen-
dung des Ernährungsplanes für das . Le-
bensjahr mit Verwendung von Breien als
Leitlinie für die Säuglingsernährung, wo-
bei Säuglinge selbstverständlich zusätzlich
Abb. 1 8 Schema des „Ernährungsplans für das 1. Lebensjahr“ mit Milchernährung und Beikost sowie
Nährstoffsupplementen. (Stand: 2013, aktualisiert nach [62])
Erster Brei Zweiter Brei Dritter Brei
Gemüse-Kartoel-
Fleisch-Brei
Milch-Getreide-Brei
Getreide-Obst-
Brei
90–100 g Gemüse
40–60 g Kartoeln
15–20 g Obstsaft
20–30 g Fleisch
8–10 g Rapsöl
Selbstzubereitung
200 g Milch
20 g Getreideocken
20 g Obstsaft, -püree
20 g Getreideocken
90 g Wasser
100 g Obst
5 g Rapsöl
oder
industriell hergestellte Beikostmahlzeiten
(nach RL 2006/125/EG)
Baby-/Junior-Menü Milchfertigbrei Getreide-Obst-Brei
Gläschen, Becher Trockenprodukte, Gläschen Gläschen, Trockenprodukte
Abb. 2 8 Rezepte für die Selbstherstellung der Beikost im „Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr“ und
geeignete industriell hergestellte Beikostmahlzeiten. (Stand: 2013, aktualisiert nach [62])
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auch stückige Lebensmittel mit der Hand
zu sich nehmen können.
Herstellung
F Für die Beikost eignen sich sowohl
selbsthergestellte als auch industriell
hergestellte Mahlzeiten.
F Die Beikost sollte Fett in ausreichen-
der Menge und von guter Qualität
enthalten.
F Die Verwendung von Honig in selbst-
hergestellter Säuglingsnahrung ist we-
gen des Botulismusrisikos zu vermei-
den.
Kommentar
Sowohl selbsthergestellte als auch indus-
triell hergestellte Beikostmahlzeiten ha-
ben ihre jeweils spezifischen Vorteile
(. Abb. 2, 3, []). Eltern können sich
für unterschiedliche Arten der Beikost
entscheiden, je nachdem, welche gesund-
heitlichen, sensorischen und ökonomi-
schen Argumente für sie besonders wich-
tig sind. Fertigprodukte sparen Zeit und
Arbeit. Industriell hergestellte Beikost ist
praktisch frei von Rückständen von Pflan-
zenschutzmitteln und muss Grenzwer-
te für Nitrat und Mykotoxine einhalten
[]. Aber auch die Selbstzubereitung aus
Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs
ist geeignet, wobei die Zutaten preiswer-
ter sind als Fertigprodukte. Beispiele für
geeignete Rezepte sind in . Abb. 2 und 3
dargestellt. Bei Selbstzubereitung ist eine
Geschmacksvariation leichter erreichbar
als bei industrieller Fertigung. Eine höhe-
re Geschmacksvariabilität in der Beikost
erhöht die Akzeptanz verschiedener Le-
bensmittel [].
Ein niedriger Nitratgehalt des Gemü-
ses für die Beikost ist anzustreben. Aus
Nitrat kann durch bakterielle Reduktion
im Lebensmittel und im Körper Nitrit
entstehen, welches zu einer Methämoglo-
binämie führen kann. Des Weiteren kön-
nen aus Nitrit im Stoffwechsel Nitrosa-
mine entstehen, die sich im Tierversuch
kanzerogen zeigen []. Alle bekannten
Fälle von durch Nitratzufuhr verursach-
ter Methämoglobinämie sind auf unsach-
gemäße Aufbewahrung selbsthergestell-
ter Breie zurückzuführen []. Um Into-
xikationen mit Nitrit zu vermeiden, soll-
ten daher neben der Vermeidung nitrat-
reicher Gemüsesorten in der Beikost fol-
gende Hygienemaßnahmen bei der Ver-
wendung von Gemüsezubereitungen be-
achtet werden []:
F sofortiger Verzehr nach Zubereitung,
F maximale Aufbewahrungszeit 24 h
im Kühlschrank,
F tiefgefrieren zur längeren Lagerungs-
dauer.
Kommerzielle Beikost für Säuglinge und
Kleinkinder darf maximal mg Nitrat
pro kg verzehrfertiges Produkt enthalten.
Die übliche Praxis der Nährstoffanrei-
cherung von Fertigprodukten bietet kei-
nen zusätzlichen Vorteil [] mit Ausnah-
me von Jod, dessen Zufuhrempfehlung
mit selbst hergestellten Breien nicht er-
reicht wird [].
Zur Sicherung der Jodzufuhr bei Er-
nährung mit selbst zubereiteten Breien
bei gestillten Säuglingen empfiehlt sich
ein teilweiser Austausch eines selbsther-
gestellten Getreide-Milch-Breis gegen
einen jodangereicherten, industriell her-
gestellten Getreide-Milch-Brei oder aber
eine Jodsupplementation (etwa g pro
Tag) [].
Als Speiseöl für die Selbstherstellung
der Beikost eignet sich besonders Rapsöl.
Rapsöl weist ein Verhältnis der mehrfach
ungesättigten Fettsäuren α-Linolensäure
(n-) zu Linolsäure (n-) von etwa :
auf. Eine hohe Zufuhr an α-Linolensäure
über längere Zeit kann zur Versorgung
mit DHA beitragen. Eine gute DHA-Zu-
fuhr bzw. –Versorgung im . Lebenshalb-
jahr wirkt sich günstig auf die mit einem
Jahr erreichte Sehschärfe aus [, ]. Eine
Zufuhr von präformierter DHA im Bei-
kostalter (z. B. aus Eigelb, Leber und fett-
reichen Fischen wie Lachs, Makrele, He-
ring) ist wünschenswert.
Honig kann Sporen von Clostridium
botulinum enthalten. Honigverzehr war
wiederholt Auslöser von Säuglingsbotu-
lismus []. Daher sollte Honig nicht vor
dem Alter von Monaten verzehrt wer-
den. Davon ausgenommen sind indus-
triell hergestellte Produkte, in denen die
hitzeresistenten Sporen durch adäquate
Verfahren unter hohem Druck und hoher
Temperatur inaktiviert worden sind [].
Geschmacksqualität
F Beikost sollte abwechslungsreich sein,
um eine positive Geschmacksprägung
des Säuglings zu fördern.
F Bei der Herstellung sollte auf den Zu-
satz von Salz und Zucker verzichtet
werden, um eine entsprechende Prä-
gung des kindlichen Geschmacks zu
vermeiden.
Kommentar
Abwechseln der Gemüsesorten bei der
Einführung der Beikost und somit Er-
höhung der geschmacklichen Variabilität
fördert die Akzeptanz neuer Lebensmittel,
die für eine ausgewogene Ernährung er-
wünscht sind []. Das Risiko des Auftre-
tens von Allergien wird durch eine größe-
re Variabilität der Gemüsearten bei Ein-
führung der Beikost nicht erhöht.
Die Vorliebe für salzigen und süßen
Geschmack sowie die Ablehnung sauren
und bitteren Geschmacks ist genetisch
prädisponiert, aber durch Erfahrung be-
einflussbar. Daher spielen die Eltern eine
wichtige Rolle bei der Geschmacksent-
wicklung ihres Kindes [].
In den ersten Monaten zeigen Neu-
geborene und Säuglinge keine Vorliebe
für Salzlösungen gegenüber Wasser, da
ihre Fähigkeit Salz zu schmecken noch
Gemüse-Kartoel-
Fisch-Brei
Selbstzubereitung
Gemüse-Kartoel-
Getreide-Brei
90–100 g Gemüse
40–60 g Kartoeln
15–20 g Obstsaft
20–30 g Fisch
8– 10 g Rapsöl
90–100 g Gemüse
40–60 g Kartoeln
30–45 g Obstsaft
10 g Getreide
8–10 g Rapsöl
oder
industriell hergestellte Beikostmahlzeiten
(nach RL 2006/125/EG)
Fischmenüs
Gläschen, Becher
Vegetarische Menüs
Gläschen, Becher
Abb. 3 9 Rezepte
für die Selbstherstel-
lung eines Gemüse-
Kartoffel-Fisch-Breis
und eines vegetari-
schen Gemüse-Kartof-
fel-Getreide-Breis im
„Ernährungsplan für
das 1. Lebensjahr“ so-
wie geeignete indus-
triell hergestellte Bei-
kostmahlzeiten. (Nach
[67])
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Konsensuspapiere
nicht ausgeprägt ist. Ältere Säuglinge
zeigten eine verstärkte Präferenz für Salz-
lösungen (mit deutlich höherem Salzge-
halt) gegenüber Wasser, was auf eine zu-
nehmende Fähigkeit, Salz schmecken zu
können, hinweist []. Kleinkinder ab dem
Alter von etwa Monaten haben gelernt,
welche Speisen salzig schmecken, und
lehnen solche ab, die nicht in gewohntem
Maß salzig sind. Regelmäßige Zusätze von
Salz zu Speisen bei jungen Kindern för-
dern demnach die Gewöhnung an salzi-
ge Nahrung.
In einer randomisierten, kontrollier-
ten, doppelblinden Studie mit nieder-
ländischen Neugeborenen wurden Kurz-
und Langzeiteffekte der Natriumzufuhr
auf den Blutdruck untersucht. Säuglin-
ge mit moderater Natriumzufuhr hat-
ten einen niedrigeren systolischen Blut-
druck als Säuglinge mit normaler Nat-
riumzufuhr []. Die Salzzufuhr im ers-
ten Lebenshalbjahr wirkte sich noch nach
Jahren auf den Blutdruck aus [].
Zucker
Süßer Geschmack wird von Geburt an
präferiert [, , , ]. Diese angebo-
rene Präferenz lässt sich durch Erfahrun-
gen mit Süßem verändern [, ]. Ein frü-
her Kontakt mit Zuckerlösung bestimmt
die Vorliebe für Süßes auch noch im . Le-
bensjahr. Kinder, die frühzeitig regelmä-
ßig Zuckerlösungen erhielten, tranken
mehr von der getesteten Zuckerlösung
als Kinder ohne diese Erfahrung. Ähnli-
che Ergebnisse wurden in einer Studie mit
unterschiedlich süßem Apfelsaft bei Vor-
schulkindern gefunden [].
Übergang auf die Familienkost
Etwa ab dem . Lebensmonat sollte die
spezielle Säuglingsernährung schrittwei-
se durch Speisen aus der ausgewogenen
Familienernährung ergänzt werden.
Kommentar
Zwischen und Monaten ist ein Kind
soweit entwickelt, dass es durch Nach-
ahmung lernt, aus der Tasse zu trinken
und mit einem Löffel zu essen. Von fes-
ter Nahrung kann das Kind abbeißen
[]. Die spezielle Säuglingsernährung
geht, beginnend mit der Einführung von
Brot, nach und nach in die Hauptmahl-
zeiten (Frühstück, Mittagessen, Abendes-
sen) und Zwischenmahlzeiten (vormit-
tags, nachmittags) einer Familienernäh-
rung über (. Abb. 4). Vorsicht ist gebo-
ten bei kleinen festen Lebensmitteln bzw.
sehr harten aber brechbaren Wurzelge-
müsen. Nüsse oder rohes Wurzelgemüse
sollten wegen der möglichen Aspirations-
gefahr nicht gegeben werden.
In der Familienernährung sollte das
verwendete Speisesalz einen Zusatz von
Jod, Fluorid und Folsäure enthalten und
sparsam verwendet werden. Auf den Ver-
zehr von stark gezuckerten Produkten (Sü-
ßigkeiten, Getränke) sollte soweit als mög-
lich verzichtet werden (Kariesgefahr, Ge-
schmacksprägung, Übergewichtsrisiko).
Übergeordnete Gesichtspunkte
Kuhmilch
F Für die Herstellung von Milchbreien
können bis zu etwa 200 ml Kuhmilch
pro Tag verwendet werden.
F Kuhmilch (pasteurisierte Frischmilch
oder H-Milch) sollte als Getränk erst
gegen Ende des 1. Lebensjahres in
kleinen Mengen gegeben werden, um
nachteilige Wirkungen, u. a. auf die
Eisenabsorption, zu vermeiden.
Kommentar
Der Hauptgrund für eine restriktive Ein-
führung von Kuhmilch ist die Vermei-
dung eines Eisenmangels, da Kuhmilch
eisenarm ist. Manche Studien weisen zu-
dem darauf hin, dass das frühe Einführen
von Kuhmilch mikroskopische intestina-
le Blutungen hervorrufen kann, was aller-
dings nach einem Alter von Monaten
nicht mehr nachgewiesen werden konnte
[]. Kuh-Vollmilch (,% Fett) eignet sich
als Bestandteil des Milch-Getreide-Breis
zur Protein- und Mineralstoffversorgung,
die Tageszufuhr sollte jedoch etwa ml,
wie sie für den Brei vorgesehen sind, nicht
überschreiten (. Abb. 2).
Als Getränk sollte Kuhmilch erst gegen
Ende des . Lebensjahres gegeben wer-
den, wenn das Kind aus der Tasse trinken
kann. Die Kuhmilch sollte altersgerecht
aus der Tasse getrunken werden, nicht aus
der Flasche, um einen unnötig hohen Ver-
zehr zu vermeiden. Eine hohe Proteinzu-
fuhr mit Milch gegen Ende des . Lebens-
jahres war mit einem höheren Risiko für
Übergewicht im Alter von Jahren asso-
ziiert [, ].
Getränke
F Nach der Einführung von 3 Brei-
mahlzeiten pro Tag sollten Säuglingen
als Getränk Wasser oder für Säuglin-
ge geeignete, nicht gesüßte Tees ange-
boten werden. Erst ab der Fütterung
des 3. Breis sind Getränke zusätzlich
zu Muttermilch oder Säuglingsnah-
rung erforderlich (Ausnahme: Fieber,
Erbrechen, Durchfall).
Kommentar
Eine zusätzliche Flüssigkeitszufuhr (ca.
ml Wasser pro Tag) wird erst bei der
Einführung des . Breis in der Beikost er-
forderlich. Mit der Einführung der Bei-
kost (gemäß dem Ernährungsplan) sinkt
der Wassergehalt der Nahrung (Wasser-
dichte ml/kcal). Dies bedeutet eine Ver-
minderung der Gesamtwasserzufuhr
(Summe von Wasser aus Nahrungsmit-
teln, Getränken und Oxidationswas-
ser) bezogen auf das Körpergewicht bzw.
ein Stagnieren der Gesamtwasserzufuhr.
Gleichzeitig steigt die renale Molenlast an.
Ohne zusätzliche Getränke bedeutet dies
einen Anstieg der Urinosmolarität. Hin-
zu kommt ein Anstieg der Wasserverlus-
te mit zunehmendem Alter durch Perspi-
ratio insensibilis und Stuhl, sodass dem
Säugling weniger Wasser zur renalen Aus-
Frühstück
Brot
a
+ Obst + Milch
b
Stillen/Säuglingsmilch
oder
Zwischenmahlzeit
morgens
Brot
a
+ Obst
oder Vollkornkeks + Obst
Mittagessen
warme Mahlzeit
Stückiger Gemüse-Kartoel-Fleisch-Brei
Pro Tag ca.
200 ml
Wasser
Zwischenmahlzeit
nachmittags
Brot
a
+ Obst
oder Vollkornkeks + Obst
Abendessen
Brot
a
+ Rohkost/
Obst + Milch
b
Milch-Getreide-Brei
oder
Abb. 4 9 Ernährung
im 10.–12. Monat,
Mahlzeiten beim Über-
gang von der Säug-
lingsernährung auf die
Familienkost. (Stand:
2013, aktualisiert nach
[67]).
a
zur Hälfte als
Vollkorn,
b
Vollmilch
3,5%, Tasse
535
Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
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scheidung zur Verfügung steht. Zwar reift
gleichzeitig der Konzentrationsmechanis-
mus der Niere, der funkionelle Spielraum
wird aber insgesamt immer enger. Bereits
geringe zusätzliche Belastungen (Fieber,
Durchfall, starkes Schwitzen) können so
zu einer gefährlichen Störung des Wasser-
haushaltes führen.
Aus praktischer Sicht ist zu bedenken,
dass Kinder dieses Alters zwar motorisch
in der Lage sind aus dem Becher zu trin-
ken, aber ihren Wunsch nach zusätzlicher
Flüssigkeit nur sehr ungerichtet äußern
können. Sie muss ihnen darum angebo-
ten werden.
Supplemente (Vitamin K
und D, Fluorid)
F Alle gesunden Säuglinge erhal-
ten insgesamt 3 Mal nach der Ge-
burt Vitamin K p.o. (2 mg) als Trop-
fen (am 1. Lebenstag, zwischen
3. und 10. Lebenstag und zwischen
der 4. und 6. Lebenswoche).
F Nach Etablierung der vollen Milch-
zufuhr (in der Regel spätestens in
der 2. Lebenswoche) bis zum 2. er-
lebten Frühsommer erhalten sie je-
den Tag eine Tablette mit Vitamin D
(400–500 IU/Tag) und 0,25 mg Fluo-
rid/Tag. Nach dem Ende der Vitamin-
D-Supplementierung wird die Gabe
von Fluoridtabletten fortgeführt, bis
das Kind zur Zahnpflege fluoridier-
te Zahnpasta verwendet (d. h., sobald
es Zahnpasta ausspucken kann, in der
Regel ab dem 5. Lebensjahr). Liegt die
Fluoridkonzentration im Trinkwas-
ser über 0,3 ppm aber unter 0,7 ppm,
werden reduzierte Dosierungen für
Fluorid empfohlen. Wenn das Trink-
wasser mehr als 0,7 ppm Fluorid ent-
hält, sollten keine Fluoridsupplemen-
te gegeben werden.
Kommentar
Die in Deutschland übliche -malige ora-
le Gabe von mg Vitamin K jeweils am
. Lebenstag (U), zwischen dem . und
dem . Lebenstag (U) und erneut zwi-
schen der . und der . Lebenswoche
(U) ist effektiv und wird weiterhin emp-
fohlen. Diese Form der Prophylaxe kann
aber nicht alle Fälle von späten Vitamin-
K-Mangel-Blutungen verhindern, insbe-
sondere bei gestillten Kindern mit Cho-
lestase [].
Kinder mit dunkler Haut und Kinder,
die nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt wer-
den, haben ein höheres Risiko für einen
Vitamin-D-Mangel []. Der Kinder-
und Jugendarzt sollte im Einzelfall ent-
scheiden, ob die Gabe von – IU
Vitamin D/Tag insbesondere in den Win-
termonaten fortgesetzt werden muss.
Die Fluoridkonzentration des örtli-
chen Trinkwassers kann bei den zuständi-
gen Wasserwerken oder Gesundheitsäm-
tern erfragt werden. Wird Mineralwasser
verwendet, ist darauf zu achten, dass das
Wasser als geeignet zur Zubereitung von
Säuglingsnahrung ausgewiesen ist [].
Vegetarische Ernährung
Eine ovo-laktovegetarische Ernährung
von Säuglingen ist möglich, erfordert
aber wegen des Risikos einer marginalen
Eisenversorgung eine sorgfältige Lebens-
mittelauswahl und bei klinischer Indika-
tion eine Überwachung des Eisenstatus.
Eine vegane Ernährung (rein pflanzliche
Ernährung ohne Gabe von Milch und Ei)
ohne Nährstoffsupplementierung ist ab-
zulehnen, da sie zu schwerwiegenden
Nährstoffdefiziten führt. Eine sorgfältige
Überwachung von Wachstum und Gedei-
hen ist notwendig, ggf. ergänzt durch La-
borbestimmungen.
Kommentar
Die Lebensmittelauswahl bei vegetari-
scher (fleischfreier) Säuglingsernährung
orientiert sich an dem allgemeinen Bei-
kostschema. Wird der Gemüse-Kartof-
fel-Fleisch-Brei durch einen fleischfreien
Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei ersetzt
(. Abb. 3), wird eine ähnliche Nährstoff-
zufuhr wie mit fleischhaltiger Nahrung
und eine ausreichende Proteinzufuhr er-
reicht [].
Wird industriell hergestellte Beikost
verwendet, können vegetarische Gemüse-
Vollkorngetreide-Breie (Gläschenkost) als
Alternative zu den üblichen fleischhalti-
gen Menüs verwendet werden (. Abb. 3).
Falls beim fleischfreien Fertigprodukt ein
Zusatz von Vitamin C nicht ausgewiesen
ist (Zutatenliste), sollten dem Gemüse-
Vollkorngetreide-Brei – Esslöffel Vita-
min-C-reicher Obstsaft oder -brei zuge-
setzt werden, um die im Vergleich zu Hä-
meisen schlechtere Bioverfügbarkeit des
Nicht-Hämeisens [] zu verbessern [].
Der fleischfreie Gemüse-Getreide-Brei
sollte milchfrei sein, damit nicht durch
Milch die Bioverfügbarkeit von Eisen in
der Mahlzeit vermindert wird [].
Eine vegane Ernährung von Säuglin-
gen ohne spezielle Nährstoffsupplemen-
tierung ist mit hohen Risiken für Nähr-
stoffdefizite verbunden, insbesondere
dem Risiko eines Vitamin-B
-Mangels
mit schwerer irreversibler neurologischer
Schädigung [].
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. B. Koletzko
Ernährungskommission der Deutschen
Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
Chausseestr. 128–129, 10115 Berlin
info@dgkj.de
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. C. Bührer erhielt finanzielle Mit-
tel zur Durchführung von Symposien, Vortragshonora-
re und Reisekostenerstattungen von den Firmen Milu-
pa, Nutricia, Nestlé und Humana. F. Jochum führte For-
schungsvorhaben durch, organisierte Symposien und
hielt Vorträge finanziert durch verschiedene Hersteller
von Säuglingsnahrung und parenteraler Ernährungs-
produkte. M. Kersting führte Forschungsvorhaben
durch und hielt Vorträge, finanziert durch verschiede-
ne Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie. Die Zu-
wendungen gingen an das Forschungsinstitut für Kin-
derernährung. B. Koletzko ist Mitglied der Nationalen
Stillkommission und räumt ein, für das Stillen vorein-
genommen zu sein. Die Ludwig-Maximilians-Univer-
sität München und ihr Mitglied B. Koletzko erhielten
finanzielle Unterstützung für wissenschaftliche und
edukative Projekte durch Hersteller von Säuglingsnah-
rungen (Abbott, Danone, Fonterra, Hipp, Mead John-
son, Nestlé), überwiegend als Teil und im Rahmen öf-
fentlich geförderter Forschungsprojekte mit finanziel-
ler Förderung durch die Europäische Kommission, das
Bundesministerium für Bildung und Forschung und
die Deutsche Forschungsgemeinschaft. W. Mihatsch
hat folgende Firmen oder Institutionen wissenschaft-
lich beraten, mit ihnen Studien durchgeführt, Sympo-
sien organisiert oder von ihnen Vortragshonorare oder
Reisespesenerstattungen erhalten: AlzChem, Arde-
ypharm, Baxter, Danone, DMS, FHI, HIPP, Humana, Me-
ad Johnson, Nestle, Milupa, Numico und Pfizer. T. Rei-
nehr erhielt Vortragshonorare von den Firmen Nest-
le und Hipp. O. Genzel-Boroviczény, T. Kauth, H. Przy-
rembel und P. Zimmer geben an, dass kein Interessen-
konflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen
oder Tieren.
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Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
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Monatsschrift Kinderheilkunde 6 · 2014
Konsensuspapiere