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Konstellationsanalyse: Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte

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Die Konstellationsanalyse wurde als Handwerkszeug für die problemorientierte Technik-, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung entwickelt. Sie ist hilfreich für die Integration unterschiedlicher disziplinärer und praktischer Wissensbestände. Sie bietet ein Instrumentarium für die Visualisierung und Analyse komplexer Zusammenhänge und fördert so den Dialog zwischen den Disziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis. Im vorliegenden Beitrag werden die einzelnen Arbeitsschritte idealtypisch vorgestellt und anhand von konkreten Projekten illustriert. Die Konstellationsanalyse eignet sich zur Wissensintegration, zur Validierung vorläufiger Forschungsergebnisse, zur Strukturierung von unterschiedlichen Perspektiven auf ein Problem sowie zur Entwicklung von Strategien. Die Erfahrungen mit der Konstellationsanalyse in diesen Einsatzbereichen zeigen sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen der Methode auf, die abschließend resümiert werden. So gewinnen die Leserinnen und Leser Einblick in die Spannbreite der Nutzungsmöglichkeiten dieses Instruments für die Beteiligung von Experten und Stakeholdern an interdisziplinärer Forschung.
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6 Konstellationsanalyse: Einbindung von Experten
und Stakeholdern in interdisziplinäre
Forschungsprojekte
Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
6 Einbindung von Experten und Stakehodern in interdisziplinäre Forschungs-
projekte
Zusammenfassung
Die Konstellationsanalyse wurde als Handwerkszeug für die problemorientierte
Technik-, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung entwickelt. Sie ist hilfreich
für die Integration unterschiedlicher disziplinärer und praktischer Wissensbestän-
de. Sie bietet ein Instrumentarium für die Visualisierung und Analyse komplexer
Zusammenhänge und fördert so den Dialog zwischen den Disziplinen sowie zwi-
schen Wissenschaft und Praxis. Im vorliegenden Beitrag werden die einzelnen
Arbeitsschritte idealtypisch vorgestellt und anhand von konkreten Projekten illus-
triert. Die Konstellationsanalyse eignet sich zur Wissensintegration, zur Validie-
rung vorläufiger Forschungsergebnisse, zur Strukturierung von unterschiedlichen
Perspektiven auf ein Problem sowie zur Entwicklung von Strategien.
Die Erfahrungen mit der Konstellationsanalyse in diesen Einsatzbereichen
zeigen sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen der Methode auf, die
abschließend resümiert werden. So gewinnen die Leserinnen und Leser Einblick
in die Spannbreite der Nutzungsmöglichkeiten dieses Instruments für die Betei-
ligung von Experten und Stakeholdern an interdisziplinärer Forschung.
6.1 Brückenkonzept „Konstellationsanalyse“
6.1 Brückenkonzept „Konstellationsanalyse“
Die Konstellationsanalyse ist ein Brückenkonzept für die Technik-, Nachhaltig-
keits- und Innovationsforschung. Sie wurde als Handwerkszeug für die inter-
und transdisziplinäre Zusammenarbeit konzipiert.1 Die Methodik ist keiner spe-
ziellen wissenschaftlichen Theorie oder Disziplin zuzuordnen, sondern soll vor
allem den problembezogenen Dialog verschiedener Disziplinen und Expertisen
sowie zwischen Wissenschaft und Praxis befördern. Ihr Instrumentarium ermög-
1 Die Konstellationsanalyse wurde von den Autoren des „Handbuchs Konstellationsanalyse“
(Schön et al. 2007) konzeptionell entwickelt und methodisch ausgearbeitet.
M. Niederberger, S. Wassermann (Hrsg.), Methoden der Experten- und Stakeholdereinbindung
in der sozialwissenschaftlichen Forschung, DOI 10.1007/978-3-658-01687-6_6,
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2015
96 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
licht es, den Blick auf einen wissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand für un-
terschiedliche Perspektiven und Zugänge zu öffnen. Denn in der Innovations- und
Nachhaltigkeitsforschung lassen sich Untersuchungsgegenstände meist nicht iso-
liert betrachten, sondern unterliegen technischen, sozialen und ökologischen Ent-
wicklungen, die eng miteinander verflochten sind. Unterschiedliche Einflussfakto-
ren spielen eine Rolle, die verstärkend oder hemmend auf die Entwicklung des
Untersuchungsgegenstandes wirken. Dies ist charakteristisch für viele Probleme,
die sowohl in der Wissenschaft als auch in der Alltagswelt als drängend wahrge-
nommen werden.
Ziel der Konstellationsanalyse ist es zum einen, Schnittstellen unterschied-
licher Disziplinen aktiv ins Auge zu fassen und zum anderen, Experten und
Stakeholder in den Forschungsprozess einzubinden und die verschiedenen Prob-
lemsichten, Wissensbestände und Lösungsansätze aufeinander zu beziehen
(Schön et al. 2007, S. 10). Die Methodik bietet den unterschiedlichen Perspekti-
ven gemeinsame analytische Anknüpfungspunkte, um das Zusammenwirken
problemrelevanter Faktoren in komplexen Konstellationen zu untersuchen.
Die Konstellationsanalyse wird für verschiedene Zwecke eingesetzt: zur Ana-
lyse, Beschreibung und Visualisierung komplexer Untersuchungsgegenstände, zur
Strukturierung von Problemfeldern oder Diskursen, zur Integration unterschiedli-
cher Wissensbestände, zur Validierung von Forschungsergebnissen, zur Strategie-
oder Projektentwicklung und zur Darstellung konträrer Sichtweisen. Im Mittel-
punkt steht dabei ein gemeinsames Problem oder ein gemeinsamer Untersu-
chungsgegenstand. Es wird davon ausgegangen, dass eine produktive Bezugnahme
von unterschiedlichen Perspektiven auf komplexe Problemlagen sowohl für deren
Analyse als auch für die Entwicklung von Lösungen nutzbringend ist. Die Konstel-
lationsanalyse soll einer Forschung nützlich sein, die ihre Fragestellungen nicht aus
rein wissenschaftlichem Erkenntnisinteresse heraus entwickelt, sondern zur Lö-
sung von gesellschaftlichen Problemen beitragen will.2
6.2 Durchführung der Konstellationsanalyse
6.2 Durchführung der Konstellationsanalyse
Mit der Konstellationsanalyse steht ein Instrument zur Darstellung und Analyse
komplexer Problemlagen bereit, mit dem ein Ordnungsmuster herausgearbeitet
werden kann, das im Idealfall von allen am Forschungsprozess beteiligten Parteien
geteilt oder zumindest akzeptiert wird. Ausgangspunkt ist ein Problem oder eine
Fragestellung und die entsprechenden, problemrelevanten Elemente, die zueinan-
2 Beispiele für die unterschiedlichen Einsatzfelder finden sich hier: http://www.tu-berlin.de/
ztg/menue/forschung/konstellationsanalyse/v-menue/beispiele/
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 97
der in Beziehung gesetzt werden. Im Rahmen der Konstellationsanalyse werden
verschiedene Elemente-Typen unterschieden (Abbildung 6.1 und Tabelle 6.1).
Elemente-
Typen
Was ist gemeint? Beispiele aus Projekten
Akteur Soziale Akteure und Akteurs-
gruppen, Stakeholder, Insti-
tutionen und Organisationen
Ministerium, Planungsbüros, For-
schungsprojekt, örtlicher Wasser-
versorger, Verbraucher, Landrat,
Forstverwaltun
g
Zeichen Ideen, Ideologien, Interessen,
Normen, Gesetze, Preise,
Programme und Konzepte,
Diskurse, Leitbilder, institu-
tionelle, rechtliche und öko-
nomische Faktoren
Sondergenehmigung, Monitoring,
Kosten, Wissen, Grundwasserver-
ordnung, Funktion der Naherho-
lung, Wertschöpfung, Natur-
schutzrecht, Erneuerbare-
Ener
g
ien-Gesetz
Natürliches
Element
Stoffe, Ressourcen, Umwelt-
medien, tierische und pflanz-
liche Lebewesen, die Land-
schaft sowie Naturphänome-
ne (z. B. Klima); Entwicklun-
gen in Natur und Umwelt
Grundwasser, Oberflächengewäs-
ser, Nordsee, Vögel, Uferfiltrat,
Trinkwasser, Rieselfelder, Boden-
eigenschaften, Bodenorganismen
Technisches
Element
Artefakte, technische Ein-
richtungen und Verfahren
Windkraftanlage, technische Rei-
nigungsverfahren, Kontamination,
Analytik, Schifffahrt
Tabelle 6.1: Elemente-Typen und Beispiele
technisches
Element Zeichen
natürliches
Element
Akteur
Abbildung 6.1: Die in der Konstellationsanalyse verwendeten Elemente-Typen
(Quelle: © Schön et al. (2007, S. 18))
98 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
Eine Konstellationsanalyse erfolgt idealtypisch in drei Arbeitsschritten (Schön et
al. 2007, S. 24ff.):
a) Kartierung der Konstellation
Als erster Arbeitsschritt werden diejenigen Elemente identifiziert, die das jeweili-
ge Problem prägen. Dies kann in unterschiedlicher Weise erfolgen, etwa im
Rahmen eines Workshops oder auf der Basis von Interviews mit Experten oder
Praxisakteuren. In jeder Konstellation stehen die als zentral erachteten Wirkfak-
toren im Mittelpunkt. Dieser Kern der Konstellation kann durch einen Kreis
gekennzeichnet werden. Durch die räumliche Nähe oder Entfernung wird ge-
zeigt, ob die Elemente in enger oder loser Beziehung stehen. Diese Elemente
können in gerichteten oder ungerichteten, konflikthaften oder ungeklärten Be-
ziehungen zueinander stehen. Es kann positive oder negative Rückkopplungen
zwischen Elementen geben. Die Relationen zwischen den Elementen werden
durch entsprechende Linien oder Pfeiltypen gekennzeichnet (vgl. Abbildung
6.2). Dabei sind die Beziehungen zwischen den Elementen nicht notwendiger-
weise „hart“ im Sinne einer Messbarkeit, sondern der Indikator ist die empirisch
festgestellte Beziehung und ihre Intensität. Schließlich wird der Konstellation ein
Name gegeben. Diese Schritte werden vom Konstellationsanalyse-Team durch-
geführt, das sowohl inter- als auch transdisziplinär zusammengesetzt sein kann.
Abbildung 6.2: Beispiele für Relationstypen in der Konstellationsanalyse
(Quelle: eigene Darstellung)
Diese Kartierung von Elementen (Einflussfaktoren im Sinne der Fragestellung
bzw. des Problems) und ihren Relationen bildet den methodischen Kern der
Konstellationsanalyse. Die Konstellation ist jedoch nicht selbsterklärend, son-
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 99
dern erfordert eine textliche Beschreibung. Bild und Text ergänzen sich und
kompensieren so ihre jeweiligen Defizite: Während die Kartierung zur Konzent-
ration auf die wesentlichen Einflussfaktoren und deren Beziehungen zwingt,
wird die schriftliche Analyse und Interpretation der komplexen Realität gerecht
(Schön et al. 2007, S. 17, 62).
Die Konstellation ist jeweils in einen Kontext eingebettet. Als Kontextbe-
dingungen werden gesamtgesellschaftlich bedeutsame, übergeordnete Rahmen-
bedingungen bezeichnet, die nicht nur auf einzelne Elemente innerhalb der
Konstellation, sondern auf die Konstellation als Ganzes Einfluss haben (z. B.
politische Machtwechsel, Katastrophen oder Ereignisse, die die Problemwahr-
nehmung verändern). Sie bilden den Hintergrund, der bestimmte Entwicklungen
katalysiert oder erschwert.
Ein zentraler konzeptioneller Grundsatz der Konstellationsanalyse besteht
darin, dass die heterogenen Elemente, aus denen sich die Konstellation zusam-
mensetzt, als gleichrangig betrachtet werden. Dadurch soll eine voreilige Unter-
scheidung in wichtige und unwichtige Elemente verhindert werden. Zudem soll
dieser Grundsatz eine gleichrangige Zusammenarbeit der beteiligten Partner
ermöglichen (Schön et al. 2007, S. 22). Die Relevanz der Elemente und Beziehun-
gen wird im Diskurs herausgearbeitet, sie existiert nicht per se.
b) Analyse und Interpretation der Charakteristika
In einem zweiten Schritt werden die Funktionsprinzipien und Charakteristika
der Konstellation durch das Konstellationsanalyse-Team analysiert und interpre-
tiert. Es wird herausgearbeitet, nach welchen Prinzipien die Konstellation funk-
tioniert, welche Eigenschaften und Besonderheiten sie aufweist und ob Allianzen
zwischen Elementen existieren. Die Ergebnisse werden grafisch und textlich
festgehalten, möglicherweise wird die Kartierung dabei modifiziert.
Die Interpretation der Konstellationen ist ein diskursiver Aushandlungs-
prozess über die beste Abbildung der Realität. Dabei reflektiert und integriert das
Modell der Konstellation nicht die Realität, sondern das Verständnis der beteilig-
ten Perspektiven von der Realität. Sie dient so der inter- und transdisziplinären
Verständigung.
c) Analyse der Veränderungsprozesse
Im dritten Schritt wird danach gefragt, welche Veränderungsprozesse in der
Konstellation wirken oder wirken könnten. Es geht darum zu identifizieren,
welche Elemente die Konstellation in welcher Form verändern. Es wird gefragt,
wie stabil die Konstellation ist und was sie möglicherweise destabilisiert. Dabei
werden zum einen bisherige Verläufe in den Blick genommen. Zum anderen
geht es darum, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren und danach zu fragen,
100 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
welche Elemente in einer Konstellation verändert werden müssten, um bestimm-
te Ziele zu erreichen oder Strategien umzusetzen.
Diese drei Schritte, die aufeinander aufbauen, vermischen sich in der prak-
tischen Konstellationsarbeit und stellen eher iterative Prozesse dar, die in Schlei-
fen wiederholt werden können. Wichtig ist, dass alle drei Stadien mindestens
einmal durchlaufen werden.
Im Folgenden sollen vier Beispiele illustrieren, wie mit Hilfe dieses metho-
dischen Ansatzes Experten und Stakeholder in die Forschung eingebunden wer-
den können.
6.3 Einbindung von Experten und Stakeholdern mit der
Konstellationsanalyse
6.3 Einbinden von Experten und Stakeholdern mit der Konstellationsanalyse
6.3.1 Synthese von Wissen verschiedener Disziplinen und der Praxis
(Wissensintegration)
Inter- und transdisziplinäre Forschungsprojekte sind mit besonderen Anforde-
rungen konfrontiert. Wesentlich für ihr Gelingen ist die Integration unterschied-
licher Wissensbestände, sowohl aus verschiedenen Disziplinen als auch aus Pra-
xisfeldern. Ziel ist es, im Rahmen eines Forschungsteams oder -verbundes ein
gemeinsames Produkt zu entwickeln, das mehr ist als die Summe der einzelnen
Ergebnisse. Diese Integration sollte nicht erst zum Ende des Projektes, sondern
systematisch von Beginn an erfolgen. Von grundlegender Bedeutung ist dabei ein
gemeinsames Verständnis des zu untersuchenden Problems als Basis für die
Integration von Ergebnissen und Wissen (Defila et al. 2006, S. 35f.; Bergmann et
al. 2010, S. 266). Im Folgenden wird der Einsatz der Konstellationsanalyse am
Beispiel des Projekts ELaN3 vorgestellt und diskutiert (Kröger et al. 2012).
Wissensintegration am Beispiel von ELaN
Im Verbundprojekt ELaN werden die Potentiale und Risiken der Nutzung gerei-
nigten Abwassers im Rahmen eines nachhaltigen Landmanagements in der Re-
gion Berlin-Brandenburg untersucht. Ausgangspunkt ist die bisherige Praxis
gereinigtes Abwasser über die Oberflächengewässer abzuleiten, wodurch es der
Landschaft verloren geht. ELaN soll einen Beitrag zur Klärung der Fragen leisten,
ob der regionale Wasserhaushalt durch den Einsatz dieses Wassers punktuell
3 ELaN – Entwicklung eines nachhaltigen Landmanagements durch nachhaltige Wasser- und
Stoffnutzung in Nordostdeutschland, Laufzeit: 2011 bis 2015, gefördert durch das BMBF,
www.elan-bb.de.
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 101
unterstützt werden und ob damit wertvolle Feuchtgebiete renaturiert und Bio-
masse erzeugt werden kann. Die Untersuchungen beziehen sich auf zwei Flä-
chentypen in der Region Berlin-Brandenburg: ehemalige Rieselfelder im Umland
Berlins und Niedermoore unterschiedlicher Degradationsstufen im ländlichen
Raum.
ELaN zielt auf die Verknüpfung technologischer und organisatorischer
Innovationen sowie Formen innovativer sozio-ökonomischer Steuerung. Ein
inter- und transdisziplinäres Wissensmanagement soll die Tragfähigkeit der
erarbeiteten Lösungen sicherstellen. Die Konstellationsanalyse wird als Instru-
ment zur Synthese von Wissen verschiedener Disziplinen und von Praxisakteu-
ren eingesetzt. Als erster Schritt der kommunikativen Integration wurde ange-
strebt, im Gesamtverbund zunächst das Problem gemeinsam zu beschreiben, was
in der einschlägigen Literatur als wesentliche Basis für alle weiteren Schritte
empfohlen wird4 (Defila et al. 2006, S. 73; Kröger et al. 2012, S. 5).
Konstellationen kartieren
Im Projekt ELaN waren 17 leitfadengestützte Interviews mit Experten aus der
Wasser- und Landwirtschaft, dem Umwelt- und Naturschutz, aus Politik, Ver-
waltung und Wissenschaft Basis für die Erstellung der Konstellationen. Gefragt
wurde nach Problemen des Landschaftswasserhaushalts sowie nach Potentialen
und Risiken der Nutzung gereinigten Abwassers. Im Zuge der Auswertung wur-
de deutlich, dass sich die Expertensicht für die beiden Flächentypen signifikant
unterschied. Daher wurde für jeden Flächentyp eine eigene Status-Quo-
Konstellation mit jeweils eigener Leitfrage erstellt. Die Frage für den Flächentyp
Rieselfeld lautete: Welche Probleme und Risiken sind derzeit mit der Nutzung
gereinigten Abwassers verbunden (vgl. Abbildung 6.3)? Für den Flächentyp
Niedermoor war die Frage leitend: Mit welchen Problemen und Risiken ist das
gegenwärtige Wassermanagement für Niedermoorflächen verbunden?
Eine der beiden Status Quo-Konstellationen, mit denen die ELaN-
Problembeschreibungen grafisch dargestellt wurden, findet sich in Abbildung
6.3. Die Konstellationen wurden durch eine umfassende textliche Beschreibung
und Analyse ergänzt.
4 Im Falle von ELaN wurde die Problembeschreibung im ersten Projektjahr parallel zu den
anderen Teilprojekten erstellt. Auch wenn eine Problembeschreibung idealerweise in Vorbe-
reitung eines Projektes erfolgen sollte, war dies aufgrund der herrschenden Projektlogik und -
finanzierung des Drittmittelprojekts nicht realisierbar.
102
Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
Abbildung 6.3: Status Quo Konstellation Rieselfeld (Quelle: © Kröger et al. 2012)
5
Inter- und transdisziplinäre Abstimmung
Zur Erstellung der Problembeschreibung wurden folgende Schritte vollzogen:
1.
Erstellung eines ersten Entwurfs der Konstellationen nach Transkription
und inhaltsanalytischer Auswertung der Interviews und Sichtung der Lite-
ratur.
2.
Ausführliche Besprechung des Entwurfs im Rahmen des Koordinations-
teams des Projekts. Erste Modifizierung der Konstellationen sowie der
Problem- und Fragestellung des Verbundprojekts.
5 Legende für die Abbildung:
BWB=Berliner Wasserbetriebe; BWG=Berliner Wassergesetz; GrwV=Grundwasserverord-
nung; MAP=Magnesium-Ammonium-Phosphat Dünger; SenStadt=Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und Umwelt; WRRL=Europäische Wasserrahmenrichtlinie; gestrichelte Li-
nie: Potenziale der heller unterlegten Elemente sind noch nicht voll entfaltet; Fragezeichen:
zentrale Fragestellungen im ElaN-Projekt.
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 103
3. Validierung: Modifizierte Konstellationen als Basis für eine Reihe von
Feedback-Interviews mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen.
Nach Auswertung der Interviews Überarbeitung der Konstellationen.
4. Diskussion im Rahmen eines Gesamtverbundtreffens, erneute Überarbei-
tung. Aufforderung an alle Wissenschaftler, zu den Kartierungen und zur
textlichen Analyse Stellung zu nehmen. Auswertung der Rückmeldungen.
Abschließende Fertigstellung einer interdisziplinär abgestimmten Prob-
lembeschreibung mit entsprechender Konstellationsabbildung.
5. Vorstellung und Diskussion der Problembeschreibung und -konstellation
im Rahmen einer Veranstaltung mit Akteuren aus relevanten Praxisberei-
chen unter der Fragestellung: Welche Vorteile können sich aus ihrer Sicht
aus einer Nachnutzung gereinigten Abwassers in der Region Berlin-
Brandenburg ergeben? Welchen Problemen könnte man hiermit begegnen?
Welche Fragen müssten ihrer Meinung nach geklärt werden, damit eine
solche Nutzung eine realistische Option darstellt?
Die Erstellung der inter- und transdisziplinär abgestimmten Problembeschrei-
bung vollzog sich in rekursiven Schleifen und wurde 13 Monate nach Beginn der
Arbeit abgeschlossen. Durch das Durchlaufen der einzelnen Stufen konnten die
Kartierungen sukzessive mit Wissen, Fakten und unterschiedlichen Sichtweisen
angereichert werden, bis ein Einvernehmen aller Beteiligten erreicht wurde
(Kröger et al. 2012).
In der Zusammenschau der Rückmeldungen ergab sich ein differenziertes
Bild eines veränderten Umgangs mit gereinigtem Abwasser in der Region. Die
Konstellationen konnten durch Praxiswissen ergänzt werden. Die sich als fehler-
haft herausstellenden Aspekte wurden modifiziert und bislang fehlende Fakten
wurden aufgenommen. So wurde beispielsweise berücksichtigt, dass die Bundes-
länder – entgegen ursprünglicher Annahmen bzgl. ihrer Handlungsspielräume –
keine Kompetenzen bei Gesetzesnovellierungen im Bereich des Grundwasser-
schutzes haben. Auch wurde deutlich herausgestellt, dass die Ausbringung gerei-
nigten Abwassers zwingend jeweils standortspezifisch geprüft werden muss. Die
Stakeholder benannten darüber hinaus Themen, die im Projekt zukünftig stärke-
re Beachtung finden sollten, etwa die Übernahme der Haftung bei möglichen
Kontaminationen durch Schadstoffe im Abwasser, die Sanierung der Infrastruk-
tur für Be- und Entwässerung als Gelegenheitsfenster für neue Strategieentwick-
lungen sowie die zukünftige Verfügbarkeit von Abwasser. Auch wurden kon-
flikthafte Sichtweisen deutlich, die zum einen stärker auf die Wasserqualität, die
Gewährleistung der Daseinsvorsorge und den Besorgnisgrundsatz fokussierten.
Dem gegenüber steht eine eher ganzheitliche Betrachtung der Potenziale und
Risiken einer Ausbringung gereinigten Abwassers, die den schützenswerten
104 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
Zustand renaturierter Flächen und der Landschaft herausstellte und für einen
umfassenden Qualitätsbegriff plädierte (Kröger et al. 2012, S. 28).
Ein Gutteil der Anmerkungen wurde im Nachgang der Veranstaltung ent-
weder in die Kartierungen oder schriftliche Analyse aufgenommen oder verwor-
fen, je nachdem, was bei dem gegebenen Abstraktionsniveau sinnvoll erschien.
Darüber hinaus verblieben wenige Konflikte und Widersprüche, die zum gege-
benen Zeitpunkt nicht aufgelöst werden konnten. Diese wurden im Rahmen der
Analyse schriftlich zusammengefasst und somit dokumentiert; da hierüber je-
doch kein Konsens herrschte, gingen sie nicht in die Kartierung ein.
Konstellation analysieren und interpretieren
In einem zweiten Schritt analysierte das Projektteam die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede der Konstellationen für die beiden Flächentypen sowie die sich
hieraus ergebenden Problemlinien und Risiken (Kröger et al. 2012). Dabei wur-
den unterschiedliche Handlungslogiken zentraler Akteure im Wasser- und
Landmanagement deutlich und anhand zweier Konfliktlinien in Textform her-
ausgearbeitet. Es zeigte sich, dass die Logik der Daseinsvorsorge, welche das
Handeln der Verwaltung prägt, in einem Spannungsverhältnis zur Logik der
Wirtschaftlichkeit steht, welche für die Wasserver- und Abwasserentsorger
handlungsleitend ist. Des Weiteren konnte das konfliktgeladene Verhältnis zwi-
schen effizienzorientierter Landnutzung und ressourcenschonendem Natur-
schutz sowie den dahinterliegenden Logiken der Akteure herausgearbeitet wer-
den. Diese Betrachtungen verdeutlichen nicht nur die unterschiedlichen Prob-
lemwahrnehmungen und Interessen, sondern auch die Schwierigkeiten einer
Vermittlung zwischen den Akteuren.
Der beschriebene Verständigungsprozess auf eine gemeinsame Problembe-
schreibung und die Kommentierung der Konstellationen durch Wissenschaftler
des Verbunds, externe Experten und Praxisakteure war eine wesentliche Voraus-
setzung dafür, vorhandenes wissenschaftliches und praktisches Wissen frühzeitig
aufzugreifen. Mit Hilfe des Instrumentariums der Konstellationsanalyse wurde
eine integrierte Sicht auf das Problem entwickelt und eine erste Syntheseleistung
erbracht. So konnte eine wesentlich umfassendere, stärker differenzierte und
fundierte Beschreibung des Status Quo erstellt werden, als die ursprüngliche, im
Projektantrag formulierte Problembeschreibung. Diese Einschätzung wird ge-
stützt durch eine qualitative telefonische Befragung der Wissenschaftler aus den
vier Themenbereichen des ELaN-Verbunds.
Die Problembeschreibung bietet Wissenschaftlern, die an Teilfragestellun-
gen arbeiten, die Möglichkeit, ihre Arbeit in den übergreifenden Fragestellungen
zu verorten. In späteren Projektphasen und mit anderen Instrumenten (bspw.
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 105
Szenarien) kann auf diesen Rahmen zurückgegriffen werden, um neu generiertes
Wissen zu integrieren.
Mit Hilfe der Konstellationsanalyse konnten komplexe Sachverhalte visua-
lisiert und analysiert werden. Sie lieferte zudem eine Systematik für die Aufarbei-
tung des empirischen Materials. Ihr Mehrwert in der interdisziplinären Verstän-
digung bestand nicht nur in der Reduktion von Komplexität, sondern auch in
der systematischen und übersichtlichen Abbildung des Wissens der teilnehmen-
den Akteure über Einflussfaktoren, deren Beziehungen und Wirkungsweisen
sowie die Einschätzungen der Wissenschaftler und Praxisakteure über die jewei-
ligen Funktionsprinzipien der Konstellationen (Kröger et al. 2012).
Das Vorgehen, das idealerweise von allen Beteiligten getragen wird, ist
zwar zeitaufwendig und bindet Ressourcen. Es gewährleistet aber, dass die Kons-
tellationsanalyse ihre Funktion erfüllt: Anschlüsse für die verschiedenen beteilig-
ten Disziplinen und Praxispartner bereitstellen, ihr Wissen integrieren und die-
ses im Gesamtprojekt verorten.
6.3.2 Validierung von Forschungsergebnissen durch konstellationsgestützte
Interviews
Ein weiteres Anwendungsfeld der Konstellationsanalyse ist es, Zwischenergeb-
nisse aus der interdisziplinären, wissenschaftlichen Forschung auf Basis des Wis-
sens von Experten und Stakeholdern zu validieren, die nicht Teil des Projekt-
teams sind. Dies kann durch konstellationsgestützte Interviews erfolgen. Ziel ist
es zu prüfen, ob die konsultierten Personen mit der Darstellung in der Konstella-
tionsabbildung einverstanden sind oder ob sie eine abweichende Sicht auf den
Untersuchungsgegenstand haben.
Zu diesem Zweck werden leitfadengestützte Experteninterviews durchge-
führt. Während des Interviews werden den befragten Personen eine oder mehre-
re Konstellationsabbildungen vorgelegt, die das Wissenschaftlerteam zuvor auf
der Basis von Literatur-, Internet- und Datenrecherchen, teilnehmender Be-
obachtung erarbeitet hat. Die Interviewpartner werden um Kommentierung,
Kritik sowie Ergänzungen gebeten. Ihre Aussagen fließen später in den Aushand-
lungsprozess über die „bestmögliche Abbildung der Realität“ ein.
Vorgehen
Im interdisziplinären Projekt „Innovationsbiographie der Windenergie“ wurde
die Entwicklung der Windenergie in Deutschland mit der Frage nach den zentra-
len treibenden und hemmenden Kräften analysiert. Es ging darum, den Innova-
tionsverlauf als einen Prozess aus sich verändernden sozio-technischen Konstel-
106 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
lationen zu beschreiben (Bruns et al. 2008). Ziel war eine schrittweise Annähe-
rung an eine von allen Beteiligten geteilte Gesamtsicht des Prozesses.
Dazu teilte das interdisziplinär zusammengesetzte Projektteam den Prozess
zunächst in Phasen ein, die sich aufgrund bedeutender Ereignisse und Verände-
rungen voneinander abgrenzen lassen. In einem zweiten Schritt kartierte das
interdisziplinäre Projektteam für jede der identifizierten Phasen eine Konstellati-
on zentraler Einflussfaktoren sowie deren Beziehungen und Wechselwirkungen
auf der Basis von Literaturauswertungen und wissenschaftlicher Expertise. Jede
dieser Konstellationen zeigt die sozio-technische Konfiguration für einen be-
stimmten, zeitlich abgegrenzten Abschnitt des Entwicklungsprozesses („Phasen-
konstellationen“). Das Aneinanderreihen von einzelnen Phasenkonstellationen
verdeutlicht sowohl die individuelle Charakteristik der jeweiligen Phase als auch
die Charakteristik des Entwicklungsverlaufs (Schön et al. 2007, S. 82). Die Pha-
senkonstellationen bildeten die Basis für eine gemeinsame textliche Beschrei-
bung und Interpretation des Verlaufs – die „Innovationsbiographie“ (vgl. Abbil-
dung 6.4).
Abbildung 6.4: Phasen der Innovationsbiographie der Windenergie in
Deutschland (Quelle: © Bruns et al. 2008)
Mit dem Instrumentarium der Konstellationsanalyse wurde das Feld heterogener
Einflussfaktoren aufgespannt, in dem sich die Windenergie dynamisch entwi-
ckelt hat. Ausgangspunkt war die Annahme, dass multiple Einflussbereiche sich
gegenseitig bedingen und dass es ganz unterschiedlicher Wissensbestände be-
darf, um den Innovationsprozess angemessen analysieren zu können. Ein mehr-
dimensionaler Blick erschien wichtig für die Erklärung des Innovationsprozesses.
Für die Analyse war es daher von wesentlicher Bedeutung, Personen einzubin-
den, die den Prozess oder Teile des Prozesses aus der Perspektive ihrer wissen-
schaftlichen oder praktischen Arbeit erlebt hatten. Ziel war es, die Perspektiven
und Wissensbestände dieser Experten in die Analyse einzubeziehen.
Das Wissenschaftlerteam führte Interviews mit einer Reihe von Experten
aus der Praxis, in die eine Diskussion über Konstellationsabbildungen integriert
wurde. Den Interviewpartnern wurden der methodische Ansatz und das Vorge-
1986-1990
Aufbruch-
st i m mu n g
1991-1995
Das S trEG
sorg t für den
Durchbru ch
1975-1986
Pio nie re er obern
das Feld
1995-97
Sa nd im
Get ri e be
1997-2002
Windenergie-
boo m
1985 1990 1995 2000 2005 2010
1
970
Entwicklung der Windenergie
ab 2002
Festigung der Entwick-
lung und Planun g der
Offshore-Windkraft
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte
107
hen der Konstellationsanalyse anhand der kartierten Konstellationsentwürfe
kurz erläutert. Ziel war es, eine Diskussion mit den Interviewpartnern darüber
anzuregen, welche Einflussfaktoren eine zentrale oder weniger wichtige Rolle im
Entwicklungsprozess gespielt haben, ob Elemente in der Abbildung fehlten oder
ob Elemente in ihrer Beziehung oder Nähe zu anderen Elementen richtig oder
falsch bewertet und platziert wurden. Die Interviewpartner wurden aufgefordert,
die Konstellation in ihrer Struktur und ihren Schwerpunktsetzungen zu kom-
mentieren. Auch die Charakterisierung der jeweiligen Phase des Prozesses und
ihre Bedeutung für den Innovationsverlauf wurden zur Diskussion gestellt.
Abbildung 6.5: Phasenkonstellation „Sand im Getriebe“ 1995-1997
(Quelle: © Bruns et al. 2008)
Die Kommentierung der Konstellationsabbildungen durch die Befragten vertief-
te das Verständnis des Untersuchungsgegenstands. In manchen Fällen wurde der
bisherige Kenntnisstand des Wissenschaftlerteams bestätigt, in anderen ergänzt
oder es wurde widersprochen. Im Fall abweichender Aussagen wurden diese im
wissenschaftlichen Team diskutiert. Gegebenenfalls wurden die Hinweise der
Interviewpartner überprüft, zum Beispiel durch das Hinzuziehen von Literatur
oder die Befragung weiterer Experten und Stakeholder. Abschließend handelten
die Mitglieder des Forscherteams untereinander aus, ob und wie die grafische
und textliche Darstellung des Innovationsverlaufs auf Basis der Kommentierun-
gen durch die Interviewpartner modifiziert werden sollten.
108 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
Rekursive Schleifen vollziehen
Analyse, Beschreibung und Interpretation einer Konstellation bilden zusammen
eine zugespitzte Aussage über die Realität. Die Kartierungen der Konstellationen
haben somit einen gewissen Zwischencharakter und bereiten die Bearbeitung der
eigentlichen Forschungsfragen vor. Das methodische Vorgehen der Konstellati-
onsanalyse ähnelt somit einer experimentellen Situation. Jede Kartierung einer
konkreten Konstellation fixiert auch eine vorläufige Annahme über die wesentli-
chen Zusammenhänge. Diese werden in einem nächsten Schritt auf ihre Tragfä-
higkeit hin überprüft. Indem das Konstellationsanalyse-Team Experten und
Stakeholder einbezieht, wird der zuvor bereits vollzogene Arbeitsschritt der Kar-
tierung überprüft und ausdifferenziert. Der Überarbeitungsprozess verläuft so-
mit in mehreren Schleifen und bringt schrittweise Präzisierungen hervor. Dieses
in der Methodik vorgesehene Vorgehen erwies sich als geeignet, um einen An-
schluss zwischen der wissenschaftlichen Arbeit und der Empirie herzustellen
(Schön et al. 2007, S. 49).
Die Konstellationsabbildungen unterstützten den Diskussionsprozess mit
Experten und Stakeholdern darüber, wie die Einflussfaktoren gewirkt haben und
wie die Konstellation in ihrer Struktur und in ihren Charakteristika interpretiert
werden kann. In der Konstellation können die Komplexitäten des realen Prozes-
ses in stilisierten Einflussfaktoren dargestellt und vereinfacht werden. Die visua-
lisierten Konstellationen müssen dabei einerseits handhabbar sein, andererseits
aber auch die Komplexität der Realität erfassen. Im Vergleich zum Text, der die
jeweilige Konstellation erläutert und beschreibt, sind die Abbildungen zwar we-
niger differenziert. Sie sind aber prägnanter und bieten den Vorteil, dass sich
Praxispartner rasch einen Überblick verschaffen und Strukturen schnell erken-
nen können. So kann den Interviewpartnern der bisherige Kenntnisstand des
Wissenschaftlerteams schnell und übersichtlich vermittelt werden. Stakeholder
und Experten können sich in ihren Kommentierungen auf die Abbildungen
beziehen. Die Konstellationsabbildungen können somit die Kommunikation
über den Gegenstand, der in der Regel sehr komplex ist, unterstützen. Sie eignen
sich als Hilfsmittel zur transdisziplinären Verständigung. Das relativ einfache
Vokabular, die begriffliche Offenheit und der geringe theoretische „Ballast“ der
Konstellationsanalyse sind dabei von Vorteil.
6.3.3 Perspektivenvielfalt strukturieren
Die Konstellationsanalyse lässt sich darüber hinaus in Forschungsprojekten ein-
setzen, in denen die Vielfalt von Perspektiven ein Problem – und damit einen
Forschungsgegenstand – darstellt, oder in denen die Analyse, Strukturierung und
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 109
wechselseitige Bezugnahme von heterogenen Perspektiven eine notwendige
Voraussetzung für die Bearbeitung der Forschungsfragen ist. Die separate Kar-
tierung unterschiedlicher Perspektiven kann auch als Zwischenschritt zur
Herausarbeitung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden und zur Erarbeitung
möglicher Lösungsstrategien dienen (Schön et al. 2007, S. 98ff.).
Vorgehen
Idealtypisch gliedert sich die Strukturierung der Perspektivenvielfalt in drei
Schritte:
In einem ersten Schritt erstellt das Projektteam auf der Basis von Literatur,
Positionspapieren etc. eine erste Kartierung der Konstellation als Ausgangspunkt
für die Strukturierung unterschiedlicher Perspektiven. Damit werden die rele-
vanten Elemente (vorläufig) identifiziert und ein erster Überblick über die rele-
vanten Akteure sowie ihre Positionen und Interessen gewonnen. Die Ausgangs-
kartierung dient als Bezugsrahmen für die Kartierung der unterschiedlichen
Perspektiven. Insofern ist sie kein Ergebnis, sondern ein Startpunkt für die an-
schließende Untersuchung.
Im Projekt „Blockierter Wandel?“
6
erscheint die Ausgangskartierung als
eine dichotom strukturierte Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher Strategien
(technischer vs. natürlicher Hochwasserschutz). Die Akteure und Elemente kön-
nen – so scheint es – eindeutig der einen oder anderen Seite zugeordnet werden,
zwischen den beiden Perspektiven scheint es kaum Schnittmengen und Anknüp-
fungspunkte zu geben (Schön et al., 2007, S. 98ff.). Weitere Recherchen und
explorative Gespräche zeigten jedoch bereits in diesem Schritt, dass die dichoto-
me Trennung inkonsistent und unterkomplex ist (Schön et al. 2007, S. 101ff.).
In einem zweiten Schritt werden die unterschiedlichen Perspektiven rele-
vanter Akteure auf der Basis von Interviews und Dokumenten getrennt kartiert.
Diese Kartierungen sollen die vielfältigen Sichtweisen sicht- und nutzbar ma-
chen. Jede Perspektivkartierung nimmt einen sozialen Akteur in den Fokus und
analysiert dessen Sichtweise auf die Konstellation. Um die unterschiedlichen
Kartierungen vergleichen zu können, steht jeweils im Mittelpunkt der Kartierung
der gleiche Kern aus einem oder zwei Elementen. Im Falle des Projektes „Blo-
ckierter Wandel?“ waren dies die Flüsse Elbe und Mulde, das Hochwasser sowie
der jeweilige Akteur (Schön et al. 2007, S. 104ff.).
Als Ergebnis dieses Schrittes entstehen Perspektivkartierungen zentraler
Akteursgruppen, im Fall des Beispielprojekts „Blockierter Wandel“ waren dies
das Landesamts für Hochwasserschutz, vom Elbehochwasser potentiell bedrohte
6 An diesem Projekt war keine der beiden Autorinnen beteiligt.
110
Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
Bürger (Abbildung 6.6) sowie die zuständige Denkmalschutzbehörde (Abbildung
6.7) (Schön et al. 2007, S. 105ff.).
Abbildung 6.6: Perspektivkonstellation Walderseer Bürger
(Quelle: © Kruse 2008, übersetzt)
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte
111
Abbildung 6.7: Perspektivkonstellation Kulturstiftung
(Quelle: © Kruse 2008, übersetzt)
Im dritten Schritt werden die Perspektivkartierungen verglichen, aufeinander
bezogen und mit den Akteuren rückgekoppelt. Da die Konstellationen jeweils
den gleichen Kern aufweisen, ist eine Vergleichbarkeit gegeben. Im Vergleich
werden Gemeinsamkeiten, Unterschiede sowie die jeweils handlungsanleitenden
Rationalitäten der Akteure deutlich, die Basis für die Erarbeitung von Hand-
lungsoptionen sein können. Ziel der Rückkopplung mit den Akteuren ist eine
Reflexion der eigenen und der Perspektiven anderer Akteure sowie eine Initiie-
rung von Verständigungs- und Lernprozessen.
Dissens identifizieren
Im Projekt „Blockierter Wandel?“ zeigte sich, dass auf der Ebene der als notwen-
dig erachteten Maßnahmen weit weniger Dissens bestand als auf der Ebene der
Schutzziele und der leitenden Rationalitäten. Mit dem Instrumentarium der
Konstellationsanalyse konnten sowohl die bestehenden Ursachen für Blockaden
als auch mögliche Anknüpfungspunkte für deren Auflösung herausgearbeitet
112 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
werden (Schön et al. 2007, S. 108f.). Die Perspektivenkonstellationen ermöglich-
ten eine Fokussierung der Gespräche mit Akteuren sowie eine Reflexion nicht
nur der jeweiligen Akteursperspektiven, sondern auch der wissenschaftlichen
Arbeit. Blinde Flecken auf beiden Seiten wurden so aufgedeckt.
Rationalitäten erkennen
Für die teilnehmenden Akteure wurde deutlich, dass die Wahrnehmung von
Risiken und Problemen und die Bewertung möglicher Lösungsansätze nicht
„objektiv“ sind und nicht für alle Akteure gleichermaßen gelten. Akteure aus
unterschiedlichen gesellschaftlichen Funktionssystemen (z. B. Wissenschaft,
Politik, Wirtschaft) und mit unterschiedlichen Interessenlagen agieren im Rah-
men ihrer jeweils eigenen Logik, was zu Konflikten führen kann. Eine Heraus-
forderung für deren Lösung besteht darin, diese Logiken zu analysieren und
transparent zu machen. Im Kontext der Erforschung gesellschaftlich relevanter
Probleme ist eine solche Leistung keinesfalls banal: es geht darum, die grundsätz-
liche Legitimität der Sichtweisen anzuerkennen und darauf basierend vermit-
telnde Anschlüsse zu identifizieren (Kröger et al. 2012). Auch hierbei erwies sich
das Instrumentarium der Konstellationsanalyse als hilfreich.
6.3.4 Strategien entwickeln
Das Ziel, nachhaltige Lösungen zu entwickeln, stellt Forscher oft vor die Heraus-
forderung, dass unterschiedliche Einflussfaktoren sowie heterogene Akteurs-
interessen die Ausgangssituation komplex und schwer handhabbar machen. Für
die Entwicklung strategischer Interventionen zur gezielten Veränderung beste-
hender Situationen und Prozesse ist es notwendig, die einzelnen Komponenten
dieses Flechtwerks zu identifizieren und in ihren Interaktionen zu strukturieren.
Oft mangelt es aber an der hinreichenden und doch in der Komplexität noch
beherrschbaren Erfassung aller Akteure, Einflussfaktoren und Kontexte, die für
eine Strategieentwicklung wesentlich sind. Hierin besteht ein weiteres Anwen-
dungsfeld der Konstellationsanalyse.
Strategien sind häufig deshalb nicht tragfähig, weil die mit der praktischen
Umsetzung befassten Akteure konkurrierende Interessen und Ansichten vertre-
ten und kontroversen Handlungslogiken folgen. Um eine Chance auf Umsetzung
zu haben, müssen sie nah an den gesellschaftlichen und politischen Realitäten
entwickelt werden. Daher ist der frühzeitige Einbezug von Experten und Stake-
holdern von besonderer Relevanz. Ihre Hinweise können verhindern, dass Maß-
nahmen, die als wirksam identifiziert wurden, nicht umgesetzt werden. Die
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 113
Konstellationsanalyse kann dazu genutzt werden, zu vermeiden, dass die Grund-
lage für die Strategieentwicklung von vorneherein instabil und unausgewogen ist.
Dabei kann die Kartierung von Konstellationen dazu beitragen, Ansatz-
punkte für Strategien zu identifizieren. Konstellationen können Ausgangspunkt
für die Entwicklung zielorientierter, verantwortlicher und gemeinsam getragener
Handlungsstrategien sein. Sie können auch dabei helfen, (unerwünschte) Impli-
kationen und Nebeneffekte von Strategien zu identifizieren und diesen frühzeitig
zu begegnen. Darüber hinaus kann anhand von Konstellationen herausgestellt
werden, welche institutionellen, technischen oder rechtlichen Rahmenbedingun-
gen hinderlich oder förderlich für den Erfolg einer Strategie sind.
Vorgehen
Für die Strategieentwicklung werden zunächst die relevanten Faktoren identifi-
ziert und mit Hilfe des Instrumentariums der Konstellationsanalyse dargestellt
(Ausgangskonstellation). In einem zweiten Schritt wird eine Zielkonstellation
erarbeitet, die den Zielzustand nach der strategischen Intervention abbildet. Der
Vergleich zwischen Ausgangs- und Zielkonstellation kann als Basis für die Ent-
wicklung entsprechender Strategien genutzt werden7.
So wurden zum Beispiel im Projekt „Urban Climate and Heat Stress“8 er-
folgsversprechende „Good Governance-Konstellationen“ entwickelt, auf deren
Basis Schlüsse für Planung und Politik gezogen wurden. Im Projekt ELaN wur-
den für beide Flächentypen (Rieselfeld, Niedermoor) Zukunftskonstellationen
erstellt, die von einer zukünftigen Nutzung gereinigten Abwassers ausgehen und
nach Effekten dieser Ausbringung fragen. Die Frage für die Zukunftskonstellati-
on des Flächentyps Rieselfeld lautete: Welche Effekte sind zukünftig mit der
erweiterten Ausbringung gereinigten Abwassers auf Rieselfeldflächen in Berlin
und Brandenburg verbunden? Für den Flächentyp Niedermoor war die Frage
leitend: Welche Effekte hat ein zukünftiges integrierendes Wassermanagement
für die Niedermoorflächen? Mit den Zukunftskonstellationen wird ein Rahmen
für eine mögliche zukünftige Entwicklung aufgespannt, der im weiteren Projekt-
7 Eine Ausgangs- und eine Zielkonstellation wurden zum Beispiel im Projekt „Entwicklung und
Vernetzung nachhaltiger Tourismusangebote in Kärnten – c-sustour“ kartiert (http://www.tu-
berlin.de/ztg/menue/forschung/konstellationsanalyse/v-
menue/beispiele/strategien_entwickeln/c-sustour/).
8 Das Projekt „Urban Climate and Heat Stress in mid-latitude cities in view of climate change“
(UCaHS) befasst sich mit der Frage, wie den Herausforderungen des Hitze-Stress-Effekts in
Planung und Politik begegnet werden kann. Ziel der Anwendung der Konstellationsanalyse ist
es, erfolgsversprechende „Good Governance-Konstellationen“ zu entwickeln (www.klima.tu-
berlin.de/index.php).
114 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
verlauf der Entwicklung von Umsetzungsstrategien eines nachhaltigen Wasser-
und Landmanagements dient (Kröger et al. 2012).
Die Ausgangskonstellation kann als Grundlage für ein systematisches
Durchspielen von Konsequenzen genutzt werden, die eine strategische Verände-
rung nach sich ziehen würde. Experten und Stakeholder werden danach gefragt,
in welche Richtung sich eine Konstellation (insgesamt oder Teile der Konstellati-
on) aus ihrer Sicht entwickeln sollte, wie die konkreten Ziele dieser Entwicklung
lauten, und welche Einflussfaktoren die Konstellation dabei stützen oder destabi-
lisieren können. Gemeinsam werden strategische Ansatzpunkte innerhalb der
Konstellation identifiziert. Das strategische Potenzial der Elemente in der Kons-
tellation und ihre jeweilige potenzielle Wirkung auf andere Elemente oder auf
Beziehungen zwischen Elementen werden systematisch geprüft. Von Bedeutung
ist dabei die Einschätzung der Stakeholder und Experten im Hinblick darauf, ob
und inwiefern die jeweiligen Faktoren beeinflussbar oder in ihrem strategischen
Potenzial aktivierbar sind. Darüber hinaus kann die Konstellationsanalyse dabei
unterstützen, die identifizierten strategischen Ansatzpunkte in einer abgestimm-
ten und konsistenten Gesamtstrategie zu bündeln und eine Priorisierung rele-
vanter Maßnahmen vorzunehmen.
Gemeinsame Problemsicht als wesentliche Voraussetzung
Bei der Strategieentwicklung ist die gemeinsame Problemsicht trotz unterschied-
licher fachlicher bzw. praxisbezogener Perspektiven eine wesentliche Vorausset-
zung für gemeinsam getragene Lösungen. Die Nutzung der Konstellationsanaly-
se bietet die Möglichkeit, unterschiedliches Wissen und Erfahrungen für die
Problemlösung zu integrieren und verdeckte Widersprüche und Gegensätze ans
Licht zu bringen. Sie kann dazu beitragen, die für den strategischen Erfolg uner-
lässlichen Faktoren und deren Funktionen herauszustellen. Mit dem Instrumen-
tarium der Konstellationsanalyse können zentrale Stabilisierungsfaktoren her-
ausgearbeitet und auf deren Fehlen (zum Beispiel die mangelnde Verknüpfung
von Organisationsstrukturen oder das Fehlen engagierter Akteure an zentralen
Positionen) aufmerksam gemacht werden.9 Auch kann die Konstellationsanalyse
dabei unterstützen, die erarbeiteten strategischen Empfehlungen an Entschei-
dungsträger zu kommunizieren.
9 Diese Aspekte wurden im Projekt „Regionale Netze zur Wieder- und Weiterverwendung
elektronischer Geräte (ReUse-Computer) hervorgehoben (http://www.tu-berlin.de/ztg/
menue/forschung/konstellationsanalyse/v-menue/beispiele/strategien_entwickeln/reuse-
computer/)
6 Einbindung von Experten und Stakeholdern in interdisziplinäre Forschungsprojekte 115
6.4 Resümee
6.4 Resümee
Die ausgeführten Anwendungsbeispiele illustrieren die Möglichkeiten, die die
Konstellationsanalyse für die Einbindung von Experten und Stakeholdern in
interdisziplinäre Forschungsprojekte bietet. Hervorzuheben ist dabei die visuali-
sierte, grafische Darstellung nach einer schlüssigen Systematik, mit deren Hilfe
Situationen und komplexe Sachverhalte umfassend und differenziert dargestellt
und zugleich in ihrer Komplexität reduziert und übersichtlich gestaltet werden
können. So können sich Experten und Stakeholder rasch einen Überblick über
ein Problem oder Phänomen in seiner Gesamtheit verschaffen und Strukturen
erkennen. Verständigungsprozesse werden damit erleichtert. Das Instrumentari-
um der Konstellationsanalyse kann eine hilfreiche Grundlage für die Integration
unterschiedlicher Wissensbestände und die aktive, synthetisierende Verknüp-
fung der identifizierten Einflussfaktoren sein. Sie kann dabei unterstützen, Zwi-
schenergebnisse aus der Forschung zu validieren, gemeinsame oder unterschied-
liche Perspektiven auf ein Problem zu identifizieren und darzustellen sowie um-
setzbare, valide Lösungsstrategien zu entwickeln.
Ein Mehrwert der Konstellationsanalyse besteht in der systematischen und
übersichtlichen Abbildung des Wissens über Einflussfaktoren, deren Wirkungs-
weisen und Relationen sowie darin, die Einschätzungen der Beteiligten über
allgemeine Funktionsprinzipien von sozio-technischen Konstellationen abzubil-
den. Sie liefert zudem eine Systematik für die Aufarbeitung umfänglichen empi-
rischen Materials auf einem bestimmten Abstraktionsniveau.
Die Konstellationsanalyse weist allerdings auch Grenzen auf. Die Konstel-
lationen erleichtern den inter- und transdisziplinären Diskussions- sowie den
Aushandlungsprozess über die bestmögliche Abbildung der Realität. Gleichwohl
ist der Erklärungswert der Abbildungen jedoch begrenzt, da Diskurse erklä-
rungsmächtiger sind als Abbildungen. Interaktionsmuster und Netzwerke zwi-
schen Akteuren werden darin nur grob erfasst, aber nicht differenziert beschrieben
– dies kann nur im begleitenden Text erfolgen. Die Abbildungen sind nicht selbst-
erklärend, sondern nur durch Erläuterungen bzw. den Text nachvollziehbar.
Die Konstellationsanalyse ist ein explorativer Ansatz, der eine nützliche Ord-
nungsleistung liefert, was hilfreich ist bei der Einbindung von Stakeholdern und
Experten. Dies allein ist jedoch nicht ausreichend für eine wissenschaftliche
Analyse – es muss eine Perspektive für die Interpretation gewählt werden, zum
Beispiel anhand einer wissenschaftlichen Fragestellung.
Bei der Bestimmung der Elemente erscheinen die vier Elemente-Typen –
Akteure, technische Elemente, natürliche Elemente und Zeichen – zuweilen als
nicht hinreichend ausdifferenziert und theoretisch fundiert, etwa bezüglich des
der Konstellationsanalyse zugrundeliegenden Natur- und Technikbegriffs. Nicht
116 Dörte Ohlhorst, Melanie Kröger
immer ist eine Zuordnung trennscharf und eindeutig möglich. So stellte sich
zum Beispiel im ELaN-Projekt die Frage, ob gereinigtes Abwasser ein technisches
oder ein natürliches Element ist. Verändert sich die Zuordnung, wenn Wasser in
Oberflächengewässer eingeleitet wird? Auch ein nachwachsender Rohstoff, wie
z. B. Holz aus Kurzumtriebsplantagen, ist je nach Sichtweise ein natürliches oder
technisches Element. Diskutiert wurde daher im Projekt ELaN eine Erweiterung
der vier Elemente-Typen um einen fünften Typ „Ressourcen“.
Zu berücksichtigen ist auch, dass Risiken und Problemsichten in der Kons-
tellationsanalyse sozial konstruiert werden: Nicht der Sachverhalt an sich ist der
Ausgangspunkt, sondern dessen Wahrnehmung und Bewertung durch die Betei-
ligten als Risiken oder Probleme (Framing). Soziale Konstruktionen sind jedoch
oftmals nicht stabil, sondern unterliegen einem Prozess des Wandels. Die Deu-
tungsmuster können sich verändern – und dieser Veränderungsprozess kann
zum Beispiel durch den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Vertretern
gesellschaftlicher Gruppen oder Organisationen befördert werden. Im Kontext
der Nachhaltigkeitsforschung ist dies oftmals willkommen, die Dokumentation
eines solchen Veränderungsprozesses aber nicht immer einfach.
6.5 Literatur
6.5 Literatur
Bergmann, M., Jahn, T., Knobloch, T., Krohn, W., Pohl, C., & Schramm, E. (2010).
Me-
thoden transdisziplinärer Forschung: Ein Überblick mit Anwendungsbeispielen
.
Frankfurt a.M.: Campus Verlag.
Bruns, E., Köppel, J., Ohlhorst, D., & Schön, S. (2008).
Die Innovationsbiographie der Wind-
energie: Absichten und Wirkungen von Steuerungsimpulsen
. Münster: LIT Verlag.
Defila, R., Di Giulio, A., & Scheuermann, M. (2006).
Forschungsverbundmanagement:
Handbuch für die Gestaltung inter- und transdisziplinärer Projekte
. Zürich: VdF
Verlag.
Schön, S., Kruse, S., Meister, M., Nölting, B., & Ohlhorst, D. (2007).
Handbuch Konstella-
tionsanalyse: Ein interdisziplinäres Brückenkonzept für die Nachhaltigkeits-, Tech-
nik- und Innovationsforschung
. München: Oekom Verlag.
Kröger, M., Rückert-John, J., Schäfer, M. (2012). Wissensintegration im nachhaltigen
Landmanagement: Inter- und transdisziplinäre Problembeschreibung im Projekt-
verbund ELaN. ElaN-Discussion Paper. http://www.elan-bb.de/media/pdf/Publika-
tionen/EDP2_Kroeger_978-3-943679-05-2.pdf. Zugegriffen: 07. Juli 2013.
Kruse, S. (2008). Structuring Multiple Perspectives in Environmental Decision-Making:
Flood Protection in the Middle Elbe River. In R. Edmundson, & H. Rau (Hrsg.),
En-
vironmental Argument and Cultural Differences: Locations, Fractures and Delibera-
tions
(S. 37-64). Oxford: Peter Lang Publisher.
... Based on its analytical and descriptive function and incorporating the theoretical approach means that a present comprehensiveconstellation can be transformed into the desired constellation through modifications in its partial-and/or sub-constellations. In order to execute strategic interventions, the approach requires a particular procedure of three phases (Ohlhorst & Kröger 2014): ...
... Centring the focus on areas of application the strategical approach pf the Constellation Analysis has been applied in manifold way. This includes an analysis of innovation processes in the field of renewable energies, organising knowledge for land management or developing sustainable tourism strategies (Ohlhorst & Kröger 2014;Ohlhorst & Schön 2015). ...
Conference Paper
Resource-oriented sanitation systems (ROS) are an intelligent way to approach wastewater management in the face of demographic and climatic changes. While the general technical applicability of resource-oriented sanitation has been proven in various projects, the realisation is still on hold. The reason can be found in their interdisciplinary nature, that require a coordinated and integral implementation process. In order to address emerging obstacles, in this paper an interdisciplinary analytical method is presented. Referring to a technical approach that was developed for a case study area in rural Germany, the method is strategically applied and a concept of the ROS presented. Based on that approach, the paper delivers an answer to the question, how far the Constellation Analysis can enhance the implementation of resource-oriented sanitation systems.
... (Ohlhorst & Kröger, 2015). Sie ist als "Brückenkonzept für die [problemorientierte] Technik-, Innovations-und Nachhaltigkeitsforschung" (Schön, Nölting, & Meister, 2004, S. 3) konzipiert worden. ...
... Die KA besteht aus einer Grafik, die eine vereinfachte Darstellung der abzubildenden Problemkonstellation umfasst (siehe beispielhaft Abb. 7), sowie einer textlichen Ausarbeitung der Grafik, die zur Erläuterung dient und gleichzeitig eine Ergänzung der vereinfachten Abbildung darstellt (Ohlhorst & Kröger, 2015). Die Kernelemente der Grafik bilden neben den sozialen Akteuren (gelb), natürliche (grün) sowie technische/bauliche Elemente (blau), und Zeichen (rot) ab (siehe Tab. 1). ...
... Im Mittelpunkt steht die inter-und transdisziplinäre Verständigung zwischen verschiedenen Expert*innen und Erfahrungsträger*innen (Schön et al. 2007). Ziel ist es, unterschiedliche Disziplinen zusammenzuführen (Ohlhorst und Kröger 2015) und verschiedene Problemsichten, Wissensbestände und Lösungsansätze hinsichtlich eines gemeinsamen Untersuchungsgegenstandes aufeinander zu beziehen (Schön et al. 2007 (Schön et al. 2007, S. 9) und bilden ein dynamisches Gefüge. Dies bedeutet, dass sie sich kontinuierlich reorganisieren und zielgerichtet modifiziert werden können (ebd.). ...
Chapter
Full-text available
Zusammenfassung Die Einführung koproduktiver Organisationsformen in der Daseinsvorsorge bedarf integrierter Handlungsstrategien. Ein Instrument zur Strategieentwicklung stellt die Konstellationsanalyse dar, mit der komplexe Problemlagen systematisch analysiert und Handlungsansätze identifiziert werden können. Zentrale Elemente des Beitrags sind die Darstellung der Konstellationsanalyse, die anwendungsbezogene Erläuterung anhand eines Fallbeispiels aus der ressourcenorientierten Abwasserbewirtschaftung sowie zusammenfassende Handlungsempfehlungen, die Akteure aus Wissenschaft und Praxis bei der Anwendung der strategieorientierten Konstellationsanalyse unterstützen sollen.
... The method of constellation analysis brings together elements from the sociology of technology with experiences from inter-and transdisciplinary research. It can be used for very different tasks, from analysis of complex research subjects or structuring fields of problems to integration of heterogeneous perspectives from research and practice (Bruns et al., 2007;Ohlhorst and Kröger, 2007;Schön et al., 2007). The method has already been applied successfully in a number of research projects with different thematic foci and objectives (Bruns et al. ...
Preprint
Full-text available
This is the preprint of the article "Absorption chillers as a contribution to a climate-friendly refrigeration supply regime: Factors of influence on their further diffusion", published in the Journal of Cleaner Production, https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2017.10.276 (see list of contributions). Thermally-driven absorption refrigeration technology is currently being discussed in engineering as possibly contributing to a more climate-friendly refrigeration supply. Unlike mainstream compression technology, absorption chillers generate cold from heat (instead electricity). However, factors influencing a broader diffusion and implementation of this technology beyond technological and economic aspects have not yet been considered. This article addresses this knowledge gap by identifying barriers against and drivers of a fortified dissemination of innovative low-temperature absorption chillers from a socio-technical perspective discussing diverse factors of influence in a comprehensive way. The article presents results of a socio-technical constellation analysis, focusing on innovative low-temperature absorption chillers and thereby also reflecting developments in the refrigeration supply regime. In terms of the multi-level perspective, a fortified dissemination of (low-temperature) absorption refrigeration technology is affected by a relatively stable refrigeration supply regime with compression refrigeration being the dominant technology, developments in a small established market niche of (mainly high-temperature) absorption chillers, including a socio-technical niche around low-temperature absorption chiller innovations, and not the least changes in the electricity and heat regimes. Future perspectives of absorption refrigeration result from a coincidence of mutually influencing developments and factors, from (lacking) know-how, experience, standard solutions and developed supplier structures to political framework conditions pushing the German energy turnaround. Due to interdependencies with developments in the heat and electricity sector, targeted intervention requires integrated approaches: A desirable future promotion of absorption refrigeration should be part of an optimised overall energy system perspective (electricity, heat, cold).
Article
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Context Decision-making in pediatric palliative care concerns mainly children without decision-making capacity. It has to balance the child's best interests, parental responsibility and the impact on the family system. Objectives Advance care planning (ACP) supports decision making about future medical care. A consistent pediatric approach is still missing. This study aimed at developing a pediatric ACP program (pedACP) meeting specific needs of children, parents and professionals. Methods Bereaved parents of children with life-limiting conditions and professionals involved in pedACP participated. Employing the technique of constellation analysis, they collaboratively assigned content, actors, tools and warning notes about pedACP along a timeline. The researchers analysed, systematized and translated these results into a pedACP program draft, which was revised by the participants. Results The participants’ overall focus was on the children's quality of life and an individualized interdisciplinary communication process along the disease trajectory. The program was conceptualized in modular design with fixed modules at the beginning (to build a trustful relationship and frame the process) and at the end (to summarize results and prepare implementation). The main discussions are structured in flexible modules (About the child, Emergencies, Disease-specific scenarios and End of life care). General themes cover timing, communication, engaging children and structural issues. The participants appreciated the program's comprehensiveness and flexibility. Conclusion Parents and professionals combined their perspectives on reflecting goals of care and the complexity of pedACP. They perceived the resulting modular program as suitable for meeting the individual needs of patients, families and professional stakeholders.
Article
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RESUMO O entendimento das relações interinstitucionais existentes no sistema de recursos hídricos é um aspecto relevante para a identificação de lacunas e conflitos, bem como para a adoção de estratégias para a busca por um planejamento integrado de recursos hídricos. Nessa perspectiva, foi analisado o planejamento de recursos hídricos já efetuado na bacia hidrográfica do Rio Gramame, localizada no litoral sul do estado da Paraíba, Brasil. Para consecução do objetivo, foi utilizada a ferramenta metodológica análise de constelação, construída por um grupo focal composto de especialistas, tendo como alvo a interdisciplinaridade. Como resultados, observou-se a fraca integração interinstitucional entre os órgãos responsáveis pela gestão da água e demais recursos naturais existentes na bacia hidrográfica, em função principalmente da baixa capacidade financeira, técnica e política para efetivação de suas competências. Em relação aos instrumentos de gestão, o mais citado e relacionado foi o enquadramento dos corpos hídricos em classes de uso preponderantes, sobretudo pela sua possível influência na melhoria qualitativa da água, quando implantado. O conjunto de elementos analíticos permite visualizar o potencial interinstitucional favorável à realização de um planejamento integrado de recursos hídricos na bacia hidrográfica, embora se enfrentem ainda muitas barreiras sociopolíticas para a tomada de decisão de maneira compartilhada.
Thesis
In der transdisziplinären Forschung sind präzise, nachvollziehbare Fachbegriffe von zentraler Bedeutung. Fachbegriffe müssen sowohl präzise bestimmt werden, als auch anschlussfähig sein für wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Akteure. Die Entwicklung solcher Begriffe wird in Wissensintegrationsprozessen vorgenommen. Nur wenige wissenschaftstheoretische Studien zum kognitiven Aufbau solcher Prozesse sind publiziert worden. In einer frühen Phase des Forschungsprojekts SuPraStadt wurde der Fachbegriff «Suffizienz», für das Anwendungs-und Verwertungsinteresse in den Reallaboren der Forschung neu bestimmt. Diese fachübergreifende Begriffsarbeit fand in drei Expertendiskussionen statt, die in einem iterativ-rekursiven Methodenrahmen eingebettet waren. In dieser Masterarbeit wurde ein Wissensintegrationsprozess wissenschaftstheoretisch und methodologisch analysiert. Dabei wurden deskriptive Analysen und die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse verwendet. Die deskriptive Analyse des Prozesses wurde mithilfe der analytischen Differenzierung in die prozessuale, die methodische und die inhaltlich-kognitive Ebene vorgenommen. Bei der Untersuchung wurde den Fragen nachgegangen, ob sich der Prozess an einem spezifischen Verfahren der Begriffsbildung orientiert und welche kognitiven Prozesse und Operationen identifiziert werden können. Mit der Beantwortung dieser Fragen sollten die angewandten Methoden und Prozessabläufe auf ihre Zweckmäßigkeit bei der Wissensproduktion bewertet werden. Zielsetzung ist es einen Beitrag zu einer methodologischen Grundlage für eine Heuristik zur kognitiven Wissensintegration zu liefern. Die Untersuchung hat ergeben, dass sich drei Phasen eines Verfahrens der Begriffsbildung erfassen ließen. Dieses Verfahren dekonstruiert (1) die bestehenden Definitionsmerkmale von Suffizienz und prüft diese auf ihre Adäquatheit (2) für die Anwendung im SuPraStadt-Projekt Kontext. Die geeigneten Merkmale wurden für eine Rekonstruktion (3) des Suffizienzbegriffs neu zusammengesetzt und ergänzt. Neben den Phasen des Verfahrens konnten mit Hilfe philosophischer und sprachwissenschaftlicher Theorien zu Begriffsbildungsregeln, fünf kognitive Operationen erfasst werden. Diese kognitiven Operationen lauteten «Begriffsunterscheidung», «konkrete Präzisierung», «Abstraktion», «konkrete Kontextualisierung», «Praxisorientierung». Die Erfassung der Operationen gibt einen Hinweis darauf, dass in Diskussionen im ständigen Wechsel nomothetisches und ideographisches Wissen angewendet wird. Mit den Erkenntnissen der Arbeit werden die kognitiven Prozesse, Funktionen und Operationen genauer dargestellt und können damit methodisch und prozessual in Forschungsprojekten zielgenauer aktiviert werden.
Chapter
Im Juni 2016 wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Förderlinie „Innovative Hochschule“ veröffentlicht, deren Zielsetzung die Förderung strategischer Projekte zur Weiterentwicklung des Ideen-, Wissens- und Technologietransfer an Fachhochschulen, kleineren und mittleren Universitäten ist.
Article
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Das vorliegende ZTG diskussion paper basiert auf dem Bericht der sozio-technischen Begleitforschung im Forschungsvorhaben "Feldtest Absorptionskälteanlagen für KWKK (FAkS)", das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen des 6. Energieforschungsprogrammes der Bundesregierung gefördert wurde. Ziel war es, die Faktoren zu identifizieren, die eine stärkere Verbreitung (Diffusion) innovativer Typen von (Niedertemperatur-) Absorptionskälteanlagen hemmen oder fördern. Die Diffusionsbedingungen einer neuen Generation von Absorptionskältetechnik wurden hier erstmals aus einer umfassenderen Perspektive analysiert. Auf diese Weise wurde berücksichtigt, dass deren zukünftige Verbreitung nicht nur vom erreichten Stand der Technik abhängt, sondern auch von den Interaktionen und Handlungsbedingungen verschiedener Akteursgruppen - von der Planung, Installation und Wartung einzelner Anlagen Beteiligter bis hin zur (inter-)nationalen Politik und Marktakteuren. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass jenseits des fortgeschrittenen technischen Ent-wicklungsstandes derzeit noch einige Handlungsbedarfe und Optimierungsmöglichkeiten bestehen. Teilweise werden diese nur ausgeschöpft werden können, wenn gängige Technikideale (möglichst weitgehende Automatisierung u.a.) neu justiert werden. This ZTG discussion paper is based on the report of the sociotechnical research in the project "field test absorption chiller systems for CHPC 1 systems" (funded by the German Ministry for Economics and Energy within the 6 th energy research programme of the German government). The aim was to identify the factors that inhibit or promote increased implementation and market diffusion of a new generation of (low-temperature) absorption chillers. For the first time, their diffusion conditions were analysed from a more comprehensive perspective. Thus, the fact was taken into account that their future diffusion depends not only on the state of the art, but also on the interests, interactions and conditions of action of the various stakeholder groups (from actors involved in the planning, realisation and operation of single plants to national and international policymakers and market participants). In summary, it can be stated that despite the advanced state of the art, there is still a need for action to improve (non-technical) diffusion conditions. In part, these can only be fully exploited if common technical ideals (such as full automation) are readjusted.
Article
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Este artigo tem como objetivo apresentar uma revisão de literatura sobre a técnica Análise de Constelação (AC), identificando conceitos, metodologia e estudos em que foi aplicada. A Análise de Constelação é uma técnica de pesquisa interdisciplinar e transdisciplinar, que interliga diferentes percepções e está sendo utilizada para visualizar problemas complexos de tecnologia, inovação e sustentabilidade. Foi formulada em 2004 pelo Centro de Ciência e Tecnologia da Universidade Técnica de Berlim, Alemanha. No Brasil, começou a ser utilizada em um programa de pesquisas ambientais desenvolvido na bacia hidrográfica do rio São Francisco. A AC é construída coletivamente, com a participação de especialistas e stakeholders envolvidos. Sua aplicação resulta em uma matriz gráfica formada por um emaranhado de elementos, interrelacionados denominada Constelação, cuja visualização permite um rápido entendimento da questão a ser estudada. A partir dos trabalhos revisados, constatou-se que a maioria utilizou a AC em estudos sobre energias renováveis e da gestão da água e da terra. Observa-se claramente que a técnica ainda se encontra em processo de difusão, sendo atualmente dominada por um pequeno grupo de especialistas alemães e brasileiros.
Article
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»Innovationsgesellschaft heute: Die reflexive Herstellung des Neuen«. While innovation has shaped modern society from its very inception, it is currently gaining new dimensions: Innovation is becoming increasingly reflexive, heterogeneously distributed, and ubiquitous. Reflexivity implies more than the intentional transformation of routine actions; it also refers to the transformation of social practices based on continuously (re-)produced knowledge about innovation. Thus, innovation itself becomes the aim and purpose of social activities: as the meaning and motif of (what we will refer to as the “semantics” of novelty), as a component of practical routines (the “pragmatics” of creative action), and, finally, as part of systematically (re-)produced social structures of generating novelty (the “grammar” of innovation regimes). Heterogeneous distribution refers to the observed shift from the individual entrepreneur to networks of innovation involving divergent actors. Ubiquity indicates the current expansion of innovation beyond the traditional spheres of science and economy and its generalization into an imperative for social action. This article presents a research framework that addresses the following key questions: How is novelty created reflexively, where can this process be observed, and which actors are driving it? By pursuing an extended notion of innovation, the framework promotes a sophisticated, sociological lens which is more encompassing than conventional economic perspectives. Our goal is to develop a more in-depth and empirically founded understanding of the meaning of innovation in contemporary society and the social processes it involves.
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Die transdisziplinäre Forschung bearbeitet komplexe gesellschaftliche Probleme, indem sie Wissen und Methoden aus verschiedenen wissenschaftlichen Fächern verknüpft und Expertise aus dem gesellschaftlichen Problemfeld einbezieht. Die Autoren beschreiben erstmals systematisch wissenschaftliche Methoden für die dabei entstehenden Integrationsaufgaben und geben Beispiele aus der Forschungspraxis.
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This cross-sectional, interdisciplinary study traces the "history of innovation" of renewable energies in Germany. It features five renewable energy sectors of electricity generation: biomass, photovoltaic, wind energy, geothermal energy and hydropower. The study analyzes the development of the respective technologies as well as their contribution to electricity generation. It focuses on driving forces and constraints for renewable energies in the period between 1990 and today. Through tracking the innovations and mapping the actors, the book answers questions such as: Which technological developments, pivotal actors and actor constellations, which political strategies, goals and instruments play a major role in the innovation process? What legal, administrative, economic and social conditions have been and still are most significant? How do the conflicting aims of environmental protection objectives, including the goals to battle climate change, fit into the larger picture of energy production? Which are the variables that most affect the expansion of renewable energy usage, and in what way?
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'Frank Geels's book gives us a new perspective on how society moves from one technological regime to another. Understanding these transitions is essential if we are to get to grips with what we need to do to switch our societies to more sustainable states and how technologies figure in that switch.' - Ken Green, Institute of Innovation Research, The University of Manchester, UK This important book addresses how long term and large scale shifts from one socio-technical system to another come about, using insights from evolutionary economics, sociology of technology and innovation studies. These major changes involve not just technological changes, but also changes in markets, regulation, culture, industrial networks and infrastructure.
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Wie ist die Zusammenarbeit in einem Forschungsverbund, an dem mehrere Disziplinen beteiligt sind, zu gestalten? Was ist zu beachten, wenn Personen aus der Praxis mitwirken? Wie sind gemeinsame Ziele und Fragen zu formulieren? Wie lässt sich die Vernetzung im Verbund fördern, wie kommt er zu einer Synthese? Wie kann das Engagement für das Gemeinsame erhalten werden? Das Handbuch liefert allen, die für die Planung und Durchführung von inter- und transdisziplinären Forschungsprojekten verantwortlich sind, handlungsorientierte Grundlagen. Es beschreibt die Anforderungen und Aufgaben des Forschungsverbundmanagements, bietet Managementverantwortlichen zahlreiche Tips und Beispiele und weist auf drohende Gefahren hin. Das Buch basiert auf einer empirischen Untersuchung von vier Forschungsprogrammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es verbindet Ansätze aus verschiedenen Disziplinen und beruht auf den Erfahrungen der Autorin und der Autoren im Management von Forschungsverbünden, in der Beratung von Projekten und wissenschaftlichen Organisationen und in der Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen für Verantwortliche inter- und transdisziplinärer Forschungsprojekte.
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Nachhaltigkeitsforschung steht aufgrund ihrer Problemorientierung und ihres Bezugs zum politischen Konzept der nachhaltigen Entwicklung vor methodischen Herausforderungen. Es gibt keine umfassende Methode oder Theorie der Nachhaltigkeitsforschung. Ist sie damit Wissensproduktion nach dem Motto anything goes oder befindet sie sich auf dem Weg zu einer theoretisch und methodisch einheitlich verfaßten, neuen Wissenschaftsdisziplin? Weder – noch. Auch wenn der Nachhaltigkeitsforschung eine spezifische Methodik fehlt – vielleicht aus immanenten Gründen fehlen muß –, darf sie auf Qualitätssicherung nicht verzichten. Drei Projekte zeigen, daß gerade in der Nachhaltigkeitsforschung die Methodenreflexion und die transparente Darstellung der Forschungsverfahren entscheidend zur Qualitätssicherung beitragen können.