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UniversitätsVerlagWebler
ISBN 10: 3-937026-87-8
www.universitaetsverlagwebler.de
Vielfalt (Diversity) entwickelt sich sehr schnell an deutschen Hoch-
schulen; dementsprechend auch das Interesse der Hochschulfor-
schung. Im Zentrum der Debatte stehen bisher überwiegend sich
verändernde Studierendenpopulationen als „Heterogenität” mit
einem relativ starken Akzent auf Herausforderungen für die Lehre,
der Vielfalt der Studierenden gerecht zu werden (insbesondere als
Folge der Internationalisierung, Verjüngung (G 8), Öffnung für
nicht-traditionelle, ältere, berufserfahrene Studierende). Anhand
von Konzepten und praktischen Beispielen wird ein Überblick zum
Umgang mit Diversität an Hochschulen in Deutschland gegeben.
Darüber hinaus werden neuere dafür relevante Forschungen vorge-
stellt. Im Gegensatz zur Diskussion um sich verändernde Studieren-
denpopulationen wurde allerdings die Vielfalt von Forschenden
und des wissenschaftlichen Nachwuchses bislang kaum themati-
siert. Hier liegen noch zu erschließende Felder.
Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes wollen zur
Schließung dieser Lücke beitragen. Im Kern stehen dabei zwei zen-
trale Fragen: Zum einen die nach der Diversität von Forschenden,
womit an das Untersuchungsfeld Lehre und Studium im Sinne des
„academic life-cycle“ angeschlossen wird. Im Bereich der Nach-
wuchsförderung stellt sich zum anderen die Frage nach der Vielfalt
von Lebensentwürfen bzw. nach den Möglichkeiten, in Wissen-
schaftskarrieren unterschiedliche Lebensentwürfe zu realisieren.
Anliegen des Bandes ist eine Öffnung der Perspektive für Diver-
sitätsaspekte auch jenseits der typischen Benachteiligungsdiskurse.
Forschungsinitiativen werden systematisiert, Befunde zusammen-
geführt und ein Gesamtüberblick zu Diversity Management und
Diversität in der Wissenschaft gegeben. Der vorliegende Sammel-
band setzt einen Impuls bei der Erforschung und Entwicklung des
Umgangs mit Vielfalt sowie ihrer Implementation und Umsetzung.
René
Krempkow,
Philipp
Pohlenz
und
Nathalie
Huber
(Hg.):
Diversity
Management
und
Diversität
in
der
Wissenschaft
HSW
24N F
UVW
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WWiisssseennsscchhaafftt uunndd PPrraaxxiissHSW
ISBN 13: 978-3-937026-87-9
Mit Beiträgen von u.a.:
Mina Wiese
Sarah Winter
Daniela de Ridder
Anna-Katharina Jacob
Petra Kehr
Carmen Leicht-Scholten
Hannah Leichsenring
Olaf Ratzlaff
Frank Niedermeier
Claudia Finger
Karoline Spelsberg
Jochen Gläser
Gerald McLaughlin
Jacqueline McLaughlin
Josetta S. McLaughlin
Lesley Wardley
Lothar Zechlin
UVW UniversitätsVerlagWebler
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Reihe
1:
Hochschulwesen
-
Wissenschaft
und
Praxis
parallel
zur
Zeitschrift
„Das
Hochschulwesen"
Die Reihe fasst Ergebnisse aus Hochschulforschung, -entwicklung, -politik und -
praxis zusammen. Im Mittelpunkt stehen Publikationen zu Hochschulen und
Hochschulsystemen, zu Verwaltungsstrukturen und Abläufen, Lehrveranstaltungen,
Studiengängen und Prüfungen, Lehrenden und Studierenden als Forschungs- und
Entwicklungsgegenstand. Die Reihe bietet sowohl kurze Zusammenfassungen zur
schnellen Verständigung innerhalb der Hochschulpraxis, Hochschulpolitik und der
Hochschulforschung selbst, als auch längere Forschungsberichte.
Die Reihe kann mit 20% Subskriptionsrabatt auch direkt beim Verlag abonniert
werden. Dann erhalten Sie Neuerscheinungen automatisch und müssen die aktuel-
le Entwicklung der Reihe nicht gesondert verfolgen.
Weitere Informationen erhalten Sie im Internet:
www.universitaetsverlagwebler.de
Dr.
Philipp
Pohlenz
promovierte im Fach Soziologie. Er ist
Geschäftsführer des Zentrums für Qualitätsentwicklung in
Lehre und Studium (ZfQ) an der Universität Potsdam. Seine
Arbeitsschwerpunkte sind die Methodenentwicklung in der
Evaluation von Lehre und Studium, Evaluationsforschung im
Hochschulbildungsbereich sowie der Aufbau von Qualitäts-
managementsystemen in der Hochschullehre.
Kontakt: pohlenz@uni-potsdam.de
Dr.
René
Krempkow
ist promovierter Soziologe und stellver-
tretender Vorsitzender der Gesellschaft für Hochschul-
forschung - GfHf. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Leistungs-
und Qualitätsbewertung sowie Anreizsysteme an Hoch-
schulen; Indikatorenentwicklung, Evaluationsforschung;
Akademische Karrieren; Hochschul- und Bildungsforschung.
Kontakt: krempkow@forschungsinfo.de
Die
Herausgeber
Dr.
Nathalie
Huber ist promovierte Kommunikationswissen-
schaftlern und Projektleiterin am Institut für Forschungs-
information und Qualitätssicherung (iFQ) in Berlin. Dort sind
ihre Forschungsschwerpunkte im Themenbereich „wissen-
schaftlicher Nachwuchs“, insbesondere der Exzellenz-
förderung auf postdoktoraler Ebene und der Programm-
evaluation, angesiedelt.
Kontakt: huber@forschungsinfo.de
UVW UniversitätsVerlagWebler
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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen National-
bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de
abrufbar.
René Krempkow, Philipp Pohlenz und Nathalie Huber (Hg.):
Diversity Management und Diversität in der Wissenschaft
ISBN 10: 3-937026-87-8
ISBN 13: 978-3-937026-87-9
Alle Rechte vorbehalten.
© 2014 by UVW UniversitätsVerlagWebler Bielefeld.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne
Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für
Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und
Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Umschlag: Ute Weber GrafikDesign, Geretsried
Papier: Werkdruckpapier
Druck: Hans Gieselmann, Bielefeld
Printed in Germany, 2014
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
René Krempkow, Philipp Pohlenz und Nathalie Huber........................................ 3
Beiträge zur „Diversity Debatte“ in Lehre und Studium aus der Perspektive
des Zusammenhangs von Hochschulforschung und Hochschulmanagement
Konzepte und Beispiele von Hochschulen in Deutschland: Ein Überblick
Mina Wiese......................................................................................................... 15
Good Practice von Hochschulen in einem Bundesland: Ein „Zentrum für
Kompetenzentwicklung für Diversity Management in Studium und Lehre an
Hochschulen in NRW“
Sarah Winter ...................................................................................................... 35
Vielfalt gestalten und Diversität als Gewinn erkennen: Good Practice in der
Beratung von Hochschulen
Daniela De Ridder ............................................................................................. 49
Diversity Management an der Universität Duisburg-Essen
Anna Katharina Jacob........................................................................................ 65
Diversity in der Hochschule – in der Mitte angekommen oder zwischen allen
Stühlen?
Petra Kehr und Carmen Leicht-Scholten ........................................................... 77
Empirische Bestandsaufnahme und neuere Forschungen zur Diversität in
Lehre und Studium
QUEST: Ein Instrument zur Erhebung der Diversität in der Studierendenschaft
Hannah Leichsenring ......................................................................................... 91
Go East?! Implikationen des demographischen Wandels am Beispiel einer
ostdeutschen Hochschule
Philipp Pohlenz, Olaf Ratzlaff und Frank Niedermeier.................................... 103
Diversität im Ausland? – Die soziale Selektivität studentischer Mobilität im
Rahmen des Bologna Prozesses
Claudia Finger ................................................................................................. 119
Der Vielfalt gerecht werden: Unterschiede und Gemeinsamkeiten im
Lernhandeln von Studierenden
Karoline Spelsberg ........................................................................................... 139
INHALT 2
Beiträge zum Umgang mit Diversität in Forschung und Nachwuchsförde-
rung
Die epistemische Diversität der Forschung als theoretisches und politisches
Problem
Jochen Gläser................................................................................................... 163
Diversity indices: Metrics for measuring diversity in US higher education
Gerald McLaughlin, Jacqueline McLaughlin and Josetta S. McLaughlin .......185
Can too much Diversity be a Threat to Identity?
Charles Bélanger and Lesley Wardley .............................................................205
Multiversity - horizontale und vertikale Differenzierung im Hochschulsystem
Lothar Zechlin .................................................................................................. 225
Profiling Diversity of Australian Universities
Marian Mahat, Hamish Coates, Daniel Edwards, Leo Goedegebuure,
Eva van der Brugge and Frans van Vught .......................................................229
Empirische Bestandsaufnahmen und neuere Forschungen zur Diversität
von Forschenden
Diversität unter Wissenschaftler/innen an deutschen Hochschulen
Anna Katharina Jacob...................................................................................... 249
Diversität des Wissenschaftsbetriebes in historischer Perspektive und der
Versuch eines Ausblickes: Die Situation vor 100 Jahren und heute am Beispiel
einer Forscherin
Oda Cordes.......................................................................................................271
Die Etablierung von Dual Career Servicestellen zur Förderung der Diversität von
Lebensmodellen an deutschen Universitäten
Katharina Hochfeld ..........................................................................................297
Im Westen nichts Neues? Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei
Nachwuchsforschenden als Bestandteil der Diversität von Lebensentwürfen in
der Wissenschaft
Katrin Pittius, Kerstin Janson und Rene Krempkow ........................................311
Imagined and emerging career patterns: Perceptions of doctoral students and
research staff
Lynn McAlpine and Gill Turner .......................................................................331
Autor/innenverzeichnis ....................................................................................345
Einleitung
René Krempkow, Philipp Pohlenz und Nathalie Huber1
Diversität und der Umgang von Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen mit
Diversität tauchen in jüngster Zeit verstärkt als Topoi in der wissenschaftlichen
und wissenschaftspolitischen Diskussion auf – besonders virulent im Bereich der
Qualitätsentwicklung an Hochschulen, aber zuvor auch bereits in anderen Berei-
chen (etwa Führungspositionen in der Wirtschaft). Im Zentrum der Diskussion um
Diversität an Hochschulen steht vor allem die sich verändernde Zusammensetzung
der Studierendenpopulationen, in der die „traditionellen“ Studierenden deutscher
Herkunft mit Abitur gegenüber Studierenden verschiedener bildungsbiographi-
scher Erfahrungshintergründe quantitativ an Bedeutung verlieren. Dieser Effekt
wird durch eine zu erwartende stärkere Öffnung der Zugangswege zum Hoch-
schulstudium – und damit langfristig auch zu Karrieren in der Wissenschaft –
erzeugt und ist gleichzeitig angesichts des demographischen Wandels und des
daraus resultierenden Fachkräftebedarfs auch politisch gewünscht. Relevante
Dimensionen zur Beschreibung von Diversität sind neben dem Migrationshin-
tergrund die (familiäre) Bildungsherkunft, aber auch Elternschaft, Einbindung in
die Pflege von Angehörigen u.
a. Neben der Untersuchung von Diversität auf der
Mikroebene (Individuen und hier bislang v.
a. Studierende) bietet sich auch die
Analyse der Diversität von Studienprogrammen (Meso-Ebene) oder der Diversität
von Hochschulen (Makro-Ebene) als Analyseebene an (vgl. hierzu Stensaker
2012).
Dem Themenfeld Diversität an Hochschulen in Deutschland widmeten sich in
jüngerer Zeit zwar bereits einige wissenschaftliche Publikationen, beispielsweise
die Zeitschrift „Qualität in der Wissenschaft“ Nr. 4/2011, die Zeitschrift „diversi-
tas“, die HRK-Broschüre „Diversität“, die im Juventa-Verlag erscheinende Buch-
reihe „Diversität und Hochschule“), sowie verschiedene Tagungen und Förder-
programme.2 Allerdings wird das Thema bis dato in erster Linie auf die Ebene von
Individuen und auf den Bereich Lehre und Studium und kaum auf die wissen-
schaftliche Nachwuchsförderung oder die Forschung bezogen, wie es in anderen
1 Die Herausgeber möchten Ronald Nitschke vom ZQ der Universität Potsdam herzlich für seine
Unterstützung bei Layoutarbeiten zu diesem Band danken.
2 Zu nennen sind hier zum Beispiel Tagungen wie: „Anders Messen. Diversity Monitoring für
Hochschulen“ (28./29.11.2011 in Berlin) oder die Workshops zum Diversity Management inner-
halb der HRK/nexus-Tagung (6./7.3.2012 in Hamburg, 23./24.1.2013 in Berlin), die Jahrestagun-
gen des Arbeitskreises Evaluation und Qualitätssicherung Berlin/Brandenburg, das 6. Deutsch-
Französisches Expertentreffen zur Hochschulpolitik „Diversität als Herausforderung und Chance
für die Hochschulen“ am 01.06.2012 in Berlin und weitere Tagungen z.
B. des CHE/ des Stifter-
verbandes. Unter dem Titel „Diversity Management in Studium und Lehre an Hochschulen in
NRW implementieren“, hat das Zentrum für Kompetenzentwicklung für Diversity Management
in Studium und Lehre (www.komdim.de) zudem ein einschlägiges Förderprogramm aufgelegt.
Das Zentrum ist ein Verbundprojekt der Universität Duisburg-Essen und der Fachhochschule
Köln im Rahmen des Qualitätspakts Lehre („dritte Säule Hochschulpakt“).
RENÉ KREMPKOW, PHILIPP POHLENZ UND NATHALIE HUBER 4
Ländern durchaus der Fall ist.3 Dabei läge es nahe, angesichts der virulenten Dis-
kussion um die Diversität von Forschenden auch diese stärker in Zusammenhang
mit Forschungsthemen und institutionellen Profilen zu diskutieren – und dies nicht
zuletzt vor dem Hintergrund der kontrovers geführten Debatten um die Effektivi-
tät, Effizienz und Innovationsfähigkeit von Forschung. Zudem zeigen sich vielfäl-
tige Anknüpfungspunkte zu anderen Forschungsbereichen wie der Forschung zur
Leistungsfähigkeit/Produktivität und Internationalität von Forschenden und For-
schungseinrichtungen, zu Determinanten beruflichen Erfolges und Verbleibs von
Absolventen und Nachwuchsforschenden in der Wissenschaft sowie zur Gender-
und Migrationsforschung.
Für die Bearbeitung von diesbezüglichen Forschungsfragen ist neben der Wis-
senschaftsforschung die Hochschulforschung als interdisziplinäres Forschungsfeld
gleich mehrfach prädestiniert: Sie vereint die Perspektiven mehrerer Wissen-
schaftsdisziplinen; d.
h. sie beleuchtet Gegenstände nicht nur jeweils separat aus
disziplinären Blickwinkeln, sondern bietet (auch) die theoretische und methodi-
sche Offenheit, diese zusammenzuführen und gerade dadurch neue Erkenntnisse
zu generieren (vgl. hierzu die Beiträge in „Die Hochschule“ 2/2011). Darüber
hinaus bietet die Hochschulforschung Potential, die Perspektive des Wissen-
schaftsmanagements und damit Erfahrungen aus der Umsetzung von Steuerungs-
bzw. Governanceinstrumenten systematisch einzubringen. Für den strategischen
und steuernden Umgang mit Diversität – dem Diversity Management – kann die
Hochschulforschung also in allen angesprochenen Bereichen einen wichtigen
Beitrag zur Hochschulentwicklung leisten.
Der vorliegende Sammelband versteht sich aus dieser Perspektive als Impuls-
geber für die Diskussion zur Erforschung und Entwicklung von Verfahren und
Konzepten zum Umgang mit Diversität sowie zu ihrer Implementierung und Um-
setzung.4 Als anzustrebende Zielgruppen stellten sich in Gesprächen der Heraus-
geber demzufolge sowohl die mit der Umsetzung von Maßnahmen zum Umgang
mit Diversität betrauten Akteure im Diversity Management, als auch Akteure, die
über Diversität in der Wissenschaft bzw. an Hochschulen forschen heraus. Wir
wollten darüber hinaus Diversität explizit nicht nur in Lehre und Studium, sondern
auch in Forschung und Nachwuchsförderung thematisieren. Das Buch gliedert
sich deshalb in vier Teile:
1. Der Abschnitt Beiträge zur „Diversity-Debatte“ in Lehre und Studium aus
der Perspektive des Zusammenhanges von Hochschulforschung und Hoch-
3 Zu Ansätzen der Erfassung der Diversität von Nachwuchsforschenden in anderen Ländern vgl.
z.
B. Pearson u.
a. (2011).
4 Das Buch versteht sich daher als eines von Hochschulforschenden und -praktikern für Hoch-
schulforschende und -praktiker. Während an mehreren Stellen bewusst auch umfassendere theore-
tische Reflektionen zu den Besonderheiten des Feldes in der Wissenschaft aufgenommen wurden,
wollten wir hier keinen eigenständigen Beitrag zur Definition von Diversität liefern und be-
schränken uns daher an dieser Stelle auf den Hinweis, dass wir uns in unserem Verständnis von
Diversität anlehnen an die in Krempkow/Kamm (2012) dargelegte Lesart und die dort zitierte
weiterführende Literatur.
EINLEITUNG 5
schulmanagement versammelt Artikel, die den Diskussionsstand in Lehre und
Studium aufarbeiten und die Entwicklung von Diversity Management an
Hochschulen in seiner hochschulpolitischen Entwicklung beschreiben.
2. Unter der Abschnittsüberschrift Empirische Bestandsaufnahmen und neuere
Forschungen zur Diversität in Lehre und Studium werden empirische Studien
und Fallbeispiele zur Diskussion gestellt, die sich verschiedener Aspekte der
Diversität in Lehre und Studium annehmen. Diese werden vor dem Hinter-
grund sich wandelnder Anforderungen an die Hochschulen – beispielsweise
als Ergebnis des demographischen Wandels – diskutiert.
3. In dem Abschnitt Beiträge zum Umgang mit Diversität in Forschung und
Nachwuchsförderung finden sich Beiträge zu verschiedenen Aspekten des
Umgangs mit und der Erfassung von Diversität in der Forschung und von
Forschenden, sowie von Forschungseinrichtungen.
4. Der Teil Empirische Bestandsaufnahmen und neuere Untersuchungen zur
Diversität von Forschenden enthält empirische Studien und Beispiele aus der
derzeitigen Forschungslandschaft in Deutschland und fokussiert neben der
Diversität von Forschenden v.
a. auch die Diversität von Nachwuchsfor-
schenden als Potenzial für die Forschung.
Mithilfe der ausgewählten Themenschwerpunkte wollen wir die Perspektive für
Diversitätsaspekte auch jenseits der typischen ,Benachteiligungsdiskurse‘ öffnen.
Beiträge zur "Diversity Debatte“ in Lehre und Studium aus der Perspektive
des Zusammenhangs von Hochschulforschung und Hochschulmanagement
Mina Wiese eröffnet den Sammelband mit einer Zusammenschau bestehender
Initiativen seitens der Hochschulen und der Politik zur Förderung eines Bewusst-
seins des Hochschulsystems für das Thema Diversity. Ausgangspunkt sind die
(mittlerweile bestehenden) europäischen und nationalstaatlich verbindlichen Re-
gelungen, die die Förderung von „Diversity-Sensibilität“ als hoheitliche Aufgabe
des Hochschulbildungssystems in Europa definieren. Gleichwohl sind die entspre-
chenden Vorstellungen bei Weitem noch nicht flächendeckend umgesetzt, und
dies nicht zuletzt wegen einer unzureichenden Ressourcenausstattung. Wiese stellt
Ansätze von Hochschulen vor, die das Thema gleichwohl in ihre strategische
Planung oder – auf einer hochschuldidaktischen Ebene – in die Gestaltung von
Studienangeboten einbeziehen.
Die Initiierung von diversitätsbezogenen Aktivitäten zu unterstützen – ganz
ungeachtet aller Ausstattungsprobleme – hat sich das „Zentrum für Kompetenz-
entwicklung für Diversity Management in Studium und Lehre an Hochschulen in
Nordrhein-Westfalen“ zur Aufgabe gemacht. Dieses Netzwerkprojekt der Univer-
sität Duisburg-Essen und der Fachhochschule Köln wird von Sarah Winter be-
schrieben. Das Zentrum versteht sich als eine Initiative von Hochschulen für
Hochschulen, bspw. im Sinne des gegenseitigen Austauschs von Erfahrungen und
„best practices“. Seine Aktivitäten beziehen sich vornehmlich auf fünf einschlägi-
ge diversitätsrelevante Dimensionen, namentlich Bildungshintergrund, Kultur,
RENÉ KREMPKOW, PHILIPP POHLENZ UND NATHALIE HUBER 6
Gender, Migration sowie physische und psychische Belastbarkeit. Gleichzeitig
bezieht sich das Angebot des Zentrums nicht nur auf Studierende und damit den
Leistungsbereich Lehre und Studium, sondern vielmehr zielt es auf die Schärfung
des Bewusstseins der Hochschulen für den Umgang mit Diversität in der Wissen-
schaft im Allgemeinen ab.
Vor dem Hintergrund eines Auditierungsverfahrens diskutiert Daniela de Rid-
der Erfolgsbedingungen für die Einführung eines Diversity Managements. Diese
Erfolgsbedingungen sind insbesondere (auch) in der Bereitschaft zu sehen, kultu-
rellen Wandel in den Hochschulen anzustoßen, der beispielsweise beinhaltet, die
bestehende Leitungskultur zu analysieren und in Frage zu stellen sowie die Go-
vernancestrukturen in einen umfassenden Change Management Prozess einzube-
ziehen. Durch das Audit werden Hochschulen zertifiziert, die den Umgang mit
Diversität nicht als zusätzliche (und damit potenziell „lästige‘) Aufgabe interpre-
tieren, sondern die Vielfalt als Chance für die Profilierung beispielsweise im Be-
reich der Personalpolitik ansehen und dadurch Rekrutierungsgewinne „im Kampf
um die besten Köpfe“ gegenüber anderen Hochschulen erzielen. Mithin ist Diver-
sity Management nicht nur als Reaktion auf politische und juristische Anforde-
rungen, die von hochschulexterner Seite an die Hochschulen herangetragen wer-
den zu sehen, sondern stellt eine Möglichkeit der Profilierung in einem zuneh-
menden Wettbewerb der Hochschulen um knappe Ressourcen dar.
Anna Katharina Jacob analysiert die auf die Diversität der Studierenden bezo-
gene hochschulpolitische Agenda der Universität Duisburg-Essen, die durch einen
hohen Anteil „nicht-traditioneller“ Studierender gekennzeichnet und die gleichzei-
tig eine der größten Universitäten in Deutschland ist. Der Beitrag beleuchtet und
diskutiert kursorisch eine Vielzahl von Diversity-Projekten. Aufgrund der strate-
gischen Herangehensweise der Universität an das Thema – durch die Einsetzung
eines Prorektorats Diversity Management, durch die Aufnahme von diversitätsbe-
zogenen Zielen in das Universitätsleitbild, durch die Einsetzung einer Senats-
kommission Diversity Management, etc. – gelingt es zu vermeiden, dass diese
Initiativen Insellösungen bleiben. Dafür sprechen auch die begleitende systemati-
sche Evaluation sowie die konsequente Einbeziehung der Lehrenden in die Ent-
wicklung des Diversity-Bewusstseins der Hochschule.
Petra Kehr und Carmen Leicht-Scholten führen in ihrem Beitrag das Diversity
Management mit dem Gender Mainstreaming zusammen. Sie verstehen unter dem
„Diversity Mainstreaming“ eine Strategie zur Durchsetzung von Chancengleich-
heit in der Wissenschaft, die gleichzeitig verschiedene Kategorien sozialer Un-
gleichheit einbezieht. Zugleich warnen sie davor, den Angehörigen von Gruppen
stereotyp gruppenspezifische Eigenschaften, Bedürfnisse oder Interessen zuzu-
schreiben, sei es als Defizit oder als spezifisches Potenzial. Ziel sollte ihnen zu-
folge vielmehr sein, Hochschulen von einer monokulturellen – also durch die
Interessen einer dominanten Gruppe geprägten Organisation – zu einer multikultu-
rellen Organisation zu entwickeln, die mit Vielfalt wertschätzend und zugleich
wertschöpfend umgeht.
EINLEITUNG 7
Empirische Bestandsaufnahme und neuere Forschungen zur Diversität in
Lehre und Studium
Hannah Leichsenring stellt mit QUEST ein Instrumentarium zur empirischen
Untersuchung der Diversität der Studierendenschaft an Hochschulen vor. Belast-
bares Wissen über Ausmaß und Dimensionen von Heterogenität und Diversität
der Studierendenschaft ist – ganz im Sinne einer evidenzbasierten Steuerungsphi-
losophie – grundlegende Voraussetzung für rational basierte Steuerungsentschei-
dungen. An den entsprechenden Wissensbeständen mangelt es derzeit nach Auf-
fassung Leichsenrings noch in erheblichem Maße. Mit QUEST ergibt sich dage-
gen die Möglichkeit, verschiedene Informationsquellen, von studentischen Befra-
gungsdaten über Hochschulstatistiken und Informationen aus dem Campus Mana-
gement zusammenzuführen und in einem gemeinsamen Monitoring für die Hoch-
schulsteuerung zu nutzen.
Anhand des Fallbeispiels einer ostdeutschen Hochschule thematisieren Philipp
Pohlenz, Olaf Ratzlaff und Frank Niedermeier die Auswirkungen des demogra-
phischen Wandels in der Region. Dabei wird auf die Nützlichkeit von Rekrutie-
rungsbemühungen eingegangen, sei es bei Studierenden westdeutscher Herkunft
oder bei Landeskindern, die bislang noch nicht von ihrem Hochschulzugangsrecht
Gebrauch gemacht haben. Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich die entsprechen-
den Initiativen als Strohfeuer erweisen können, wenn sie nicht im Kontext länger-
fristiger Entwicklungsziele, wie etwa der Bindung von Studierenden an die Hoch-
schulen und von Absolventen an die Region betrachtet werden. Vielen ostdeut-
schen Hochschulstandorten fällt es schwer, die gewünschte Bindungskraft zu
entfalten. Gleichzeitig ist deren Entwicklung nicht als alleinige Aufgabe der
Hochschulen und der Gestaltung von Lehre und Studium zu verstehen, sondern
stellt eine Herausforderung verschiedener Akteursgruppen in den Regionen dar.
Claudia Finger lenkt die Aufmerksamkeit auf die soziale Selektivität beim Zu-
gang zur Möglichkeit, während des Studiums Auslandsmobilität zu realisieren.
Internationale Austauscherfahrungen sind als ein Herzstück der Bologna-Reform
sowie als Motor für den Erwerb überfachlicher und sozialer Kompetenzen zu
sehen. Umso mehr stellen ungleich verteilte Chancen auf die Verwirklichung von
Auslandsaufenthalten ein Problem für die mit der Studienreform verbundenen
Ziele dar. Förderprogramme beziehen sich indes eher auf die Steigerung der Mo-
bilitätsraten an sich, die Egalisierung sozial strukturierter Ungleichheit bei der
Studierendenmobilität steht bislang noch nicht im Fokus der Förderpolitik. Um
die Notwendigkeit einer solchen Fokuserweiterung aufzuzeigen, werden empiri-
sche Befunde zur Studierendenmobilität auf der Basis der Daten der Sozialerhe-
bungen des Deutschen Studentenwerks vorgestellt und diskutiert.
Karoline Spelsberg verknüpft in ihrem Beitrag die Diskussionsstränge zu Di-
versität einerseits und Kompetenzorientierung von Lehre und Studium anderer-
seits. Dabei geht sie der Frage nach, anhand welcher hochschuldidaktisch begrün-
deter Lehr-/Lernarrangements beidem Rechnung getragen werden kann. Ziel ist
es, Diversität und Heterogenität von Studierenden jenseits von Stereotypisierun-
gen als Realität von Lehre und Studium anzuerkennen und als Potenzial auf-
RENÉ KREMPKOW, PHILIPP POHLENZ UND NATHALIE HUBER 8
zugreifen. Das Verständnis von Kompetenzorientierung in der Lehre stellt die
Handlungskompetenz der Studierenden und damit die Lernergebnisse in den Mit-
telpunkt. Sowohl die Diversität der Studierenden als auch die Kompetenzorientie-
rung stellen die hochschuldidaktisch reflektierte Gestaltung von Lehre und Studi-
um vor große Herausforderungen. Als eine Möglichkeit für eine kompetenzorien-
tierte und zugleich diversitätssensible Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen disku-
tiert die Autorin das didaktische Element der Lernaufgabe.
Beiträge zum Umgang mit Diversität in Forschung und Nachwuchsförderung
In seinem Beitrag „Die epistemische Diversität der Forschung als theoretisches
und politisches Problem“ beschreibt Jochen Gläser Zusammenhänge zwischen zu
lösenden politischen Problemen bezüglich der Diversität der Forschung, wie z.
B.
übermäßger und möglicherweise die Innovationskraft einschränkender Selektivität
von Forschungsförderung und bislang ungelösten theoretischen Problemen bei der
Erfassung und Steuerung der Diversität der Forschung. Das Ziel seines Beitrages
besteht darin, unser diesbezügliches Unwissen genauer zu umreißen und den
theoretischen, methodischen und empirischen Forschungsbedarf zu skizzieren. Zu
diesem Zweck demonstriert Gläser zunächst anhand von Analogieschlüssen z.
B.
zur Biodiversität, warum die epistemische Diversität wahrscheinlich eine wichtige
Erfolgsbedingung von Forschung ist. Anschließend fragt er, welche Kausalme-
chanismen vorstellbar sind, die Einflüsse auf die epistemische Diversität der For-
schung vermitteln. Einen solchen Vermittlungsprozess illustriert er an einem
Beispiel aus der empirischen Analyse der australischen universitären Forschung.
Aus diesen Hinweisen, so Gläser schließlich, lassen sich Aufgaben für die For-
schung zur und den Umgang mit der epistemischen Diversität ableiten, die er
abschließend kurz skizziert.
Gerald McLaughlin, Jacqueline McLaughlin und Josetta S. McLaughlin re-
flektieren in ihrem Beitrag "Diversity indices: Metrics for measuring diversity in
US higher education“ zunächst kritisch die für US-Hochschulen meist genutzten
einfachen Prozentwerte von demografischen Merkmalen wie Hautfarbe oder Her-
kunft aus einer ethnischen Minorität zur Erfassung von Diversität. Denn – so das
Autorentrio – ohne angemessene Maßzahlen können umfassende Definitionen von
Diversität nicht angemessen erfasst und gesteuert werden. Sie stellen darauf fol-
gend Maßzahlen für Diversität dar, die sie in Anlehnung an solche aus der Biodi-
versitätsforschung für Hochschulen entwickelten. Anhand eines Datensets von
rund 1.500 US-Hochschulen beschreiben sie die Berechnung ihres Diversity-
Index und stellen dessen interne Konsistenz sowie dessen Faktorenstruktur dar. Im
Ergebnis schlagen sie für die US-Hochschulen zwei Diversity-Indizes vor: Einen
für ethnische sowie einen weiteren für soziale Diversität. Darüber hinaus stellen
sie deren Zusammenhänge mit der Marktposition und den Investitionen der Hoch-
schulen u.
a. in Gehälter ihres Personals sowie für Studierenden-Service-Angebote
dar. Sie zeigen auf, dass Hochschulen mit höherer sozialer Diversität zugleich
häufiger diejenigen mit einer ungünstigeren Marktposition sind, die geringere
Investitionen in Gehälter ihres Personals sowie Studierenden-Serviceangebote
EINLEITUNG 9
tätigen. Dagegen zeigt sich bei Hochschulen mit höherer ethnischer Diversität,
dass es an diesen tendenziell höhere Investitionen in Gehälter ihres Personals gibt.
In Ihrem Ausblick beschreiben sie die Implikationen, über die nachzudenken sich
ihnen angesichts ihrer Ergebnisse aufdrängte – insbesondere für den weiteren
Umgang mit der Erfassung von Diversität und mit Versuchen ihrer Steuerung an
US-Hochschulen.
Lesley Wardley und Charles Bélanger stellen in ihrem Beitrag die Frage: “Can
too much Diversity be a Threat to Identity?” Die Antwort versuchen sie unter
Bezugnahme auf die ethnische Diversität in der kanadischen Gesellschaft allge-
mein sowie im kanadischen Wissenschafts- bzw. Hochschulsystem im Besonde-
ren zu finden. Sie rühren dabei auch an Tabus der politischen und wissenschafts-
politischen Diskussion, die angesichts (auch) in Kanada stattfindender Überalte-
rung der arbeitsfähigen Bevölkerung und niedriger Geburtenraten bis dahin nicht
angesprochen wurden. So vertreten sie das Argument: „Diversity must be judi-
ciously managed to ensure that national and institutional identity remain in an
adaptive mode while maintaining core values. At times, this management process
may not be the most popular deed to perform in the eyes of immigration advocacy
groups, immigration lawyers and consultants, and new Canadians who are hoping
to repatriate their family and to grant them the benefits of living in Canada.“ In
ihrem Beitrag beschreiben sie die Entwicklung der Diversity-Debatte in Kanada,
bevor sie dessen Veränderungen der ethnischen Diversität spezifizieren. An-
schließend diskutieren sie den erwarteten Nutzen sowie „pressure points arising
from such massive diversity“. Darauf folgt eine Benennung der „core values“, die
notwendig seien, um die nationale und institutionelle Identität zu schützen. Und
schließlich identifizieren sie Wege und Vorstellungen, wie die Kluft zu deren
Verwirklichung überwunden werden sollte.
Lothar Zechlin thematisiert in seinem Beitrag „Multiversity - horizontale und
vertikale Differenzierung im Hochschulsystem“ wie sich die Hochschullandschaft
in Deutschland bezüglich ihrer Institutionen in den letzten Jahren gewandelt hat:
Inzwischen gibt es nicht nur Universitäten und Fachhochschulen, sondern „Exzel-
lenzuniversitäten“, „Duale Hochschulen“ oder Mitglieder von exklusiven Netz-
werken wie u.
a. die „TU9 – German Institutes of Technology“ und die „U15“ als
Verband großer forschungsorientierter Universitäten und die UAS7 als Verband
forschungsorientierter Fachhochschulen. Doch wie weit soll dieser Trend zur
„Multiversity“ noch gehen? Geht es dabei um neue Aufgaben und bessere Aufga-
benerfüllung oder hauptsächlich um Image und öffentliche Wirkung? Zechlin legt
in seiner Analyse dar, warum ein differenzierterer Begriff von „Exzellenz“ erfor-
derlich ist, in den die „Andersartigkeit“ der neu entstehenden Profile von Hoch-
schulen eingeht und dass es neben Forschungsexzellenz spezifischer Exzellenzkri-
terien für eine ganze Palette spezifischer hochschulischer Aufgabenprofile bedarf,
die von den Hochschulen selbst zu entwickeln sind. Da sich die Hochschulen auf
Quasi-Märkten befänden, in denen die Politik Anreize setzt – so Zechlin weiter –
müssten die Hochschulen aber auch auf die Politik Einfluss nehmen, das Geld so
RENÉ KREMPKOW, PHILIPP POHLENZ UND NATHALIE HUBER 10
zur Verfügung zu stellen, dass die ganze Palette der neuen Vielfalt zur Blüte ge-
bracht werden kann.
In ihrem Beitrag „Profiling Diversity of Australian Universities” beschreiben
Marian Mahat et al einleitend die Äußerungen von Hochschulleitungen in Austra-
lien, dass alle Universitäten nur Variationen einer einzigen seien – der umfassen-
den Forschungsuniversität – und sie fragen: Ist das australische Hochschulsystem
wirklich so kontrastarm? Sie knüpfen damit an (wissenschaftspolitische) Diskurse
zur institutionellen Diversität in Hochschulsystemen an, sowie empirisch an den
Klassifizierungsansatz der U-Map (van Vught 2009) und des U-Multirank (van
Vught / Ziegele 2012),5 den sie zur systematischen Erfassung und Darstellung der
institutionellen Diversität anwenden. Aus den öffentlich zugänglichen Daten der
Universitäten erstellen sie damit Profile ihrer Aktivitäten und Leistungen: Wäh-
rend dabei in „activity profiles“ eine höhere Ausprägung bzw. ein ´mehr´ nicht
unbedingt auch ein ´besser´ bedeute, so Mahat et al, sei bei den „performance
profiles“ eine höhere Ausprägung bzw. ein ´mehr´ üblicherweise auch ein
´besser´. In ihrer Darstellung kombinieren Mahat et al. beide Profile unter Ver-
wendung der Profildimensionen Teaching and Learning, Student Profile, Research
Involvement, Knowledge Exchange, International Orientation. Mithilfe von
Clusteranalysen ordnen sie im Ergebnis jede Universität einem von sechs Clustern
zu.
Empirische Bestandsaufnahmen und neuere Forschungen zur Diversität von
Forschenden
In dem Beitrag „Diversität unter Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen“
geht Anna Katharina Jacob der Frage nach der anzutreffenden Diversität unter
Professorinnen und Professoren und Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern nach. Die Diversität der Forschenden kann Jacob zufolge einerseits
als Spiegel der Etabliertheit bestimmter sozialer Gruppen innerhalb von gesell-
schaftlichen Eliten gelesen werden. Es habe andererseits aber auch mindestens
indirekte Auswirkungen auf die weitere Entwicklung von Diversität an den Hoch-
schulen, da Lehrende – auf der jeweiligen Hierarchiestufe von Hochschullehren-
den wie wissenschaftlichem Mittelbau – immer auch als Rollenvorbilder für die
jeweils nachrückende Generation fungieren. Ausgangspunkt der Betrachtungen
bildet das Datenmaterial der internationalen Untersuchung des Hochschullehren-
denberufs „Changing Academic Profession (CAP)“, das sie für diesen Beitrag
erstmals bezüglich zentraler Aspekte der Diversität der Befragten für Deutschland
im internationalen Vergleich ausgewertet hat.
Der Beitrag „Diversität des Wissenschaftsbetriebes in historischer Perspektive
und der Versuch eines Ausblickes: Die Situation vor 100 Jahren und heute am
Beispiel einer Forscherin“ von Oda Cordes widmet sich dem Leben von Marie
Munk, der ersten Richterin Deutschlands. Neben werkbiographischen Betrachtun-
5 Zu einem Vergleich des Klassifikationsansatzes mit einer möglichen Alternative vgl. Kremp-
kow/Kamm (2012).
EINLEITUNG 11
gen über das Verhältnis von Diversität und Recht, Diversität und Gerechtigkeit,
Diversität und Differenz sowie Diversität und Gleichheit skizziert die Autorin
einen Ausblick auf die Erfordernisse des Wissenschaftsbetriebs der Zukunft.
Katharina Hochfeld argumentiert in ihrem Beitrag „Die Etablierung von Dual
Career Servicestellen zur Förderung der Diversität von Lebensmodellen an deut-
schen Universitäten“, dass die Unterstützung der Realisierung von Doppelkarrie-
repartnerschaften als Baustein zu betrachten ist, weibliche Karrieren in der Wis-
senschaft zu realisieren und die Lebens- bzw. Partnerschaftsmodelle in der wis-
senschaftlichen Leitungsebene zu diversifizieren. Gleichzeitig weist die Autorin
aber darauf hin, dass die Etablierung von Dual Career Services weder die langen
risikobehafteten Qualifikationsphasen noch die in der Wissenschaft herrschende
Arbeitskultur ändern kann. Hierfür sind nach Ansicht Hochfelds grundlegende
strukturelle Änderungen im universitären System notwendig.
Katrin Pittius, Kerstin Janson und René Krempkow fragen „Im Westen nichts
Neues?“ und widmen sich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Nach-
wuchsforschenden als Bestandteil der Diversität von Lebensentwürfen in der
Wissenschaft. Sie zeigen zum einen auf, dass vor dem Hintergrund des Diversity-
Konzepts die Kombination von Wissenschaft und gelebter Familienzeit stärker als
zuvor (potentiell) gleichberechtigt neben anderen Lebensentwürfen betrachtet
wird – zumindest in der Theorie. Zum anderen gehen sie der Frage nach, welche
konkreten Bedingungen vor Ort den Lebensentwurf Wissenschaft und Familie
begünstigen bzw. welche als Barriere wirken. Anhand von drei Fallbeispielen
illustrieren sie, mit welch fördernden bzw. hemmenden Faktoren Nachwuchswis-
senschaftler diesbezüglich in der Praxis konfrontiert werden.
Lynn McAlpine und Gill Turner zeigen in ihrem Beitrag “Imagined and emer-
ging career patterns: Perceptions of doctoral students and research staff” mithilfe
einer qualitativen Längsschnittstudie auf, wie sich Berufsziele und Identitätskon-
zepte von Nachwuchwissenschaftlern im Zeitverlauf verändern können. Auf
Grundlage persönlicher Erfahrungen von 26 britischen Sozialwissenschaftlern
über zwölf Monate (biographisch-demographischer Fragebogen zu Beginn und
Ende des Untersuchungszeitraums, zwölf Aktivitätsprotokolle über eine spezifi-
sche Arbeitswoche sowie ein narratives Interview) beschreiben sie subjektive
Karrieren bzw. Karriereziele. Vor dem Hintergrund ihres Konzepts der „academic
identity-trajectory“ arbeiten sie heraus, wie individuelle akademische Erfahrungen
und die Stellensituation sowohl gegenwärtige berufliche Intentionen als auch
zukünftige Karriereperspektiven innerhalb und außerhalb der Wissenschaft for-
men. Dadurch verfolgen sie die Sichtweise, dass „[…] decisions around paid
employment might be influenced by and influence other aspects of an individual’s
identity-trajectory“.
Wir hoffen, mit dem vorliegenden Band zur Diversity-Debatte in Deutschland
neue Impulse zu liefern sowie bislang unverbundene Diskursstränge und Befunde
zusammenzuführen – wenngleich einige von uns ursprünglich als Beitragsthemen
diskutierte Diskursstränge und Ideen in diesem Band (noch) nicht aufgegriffen
RENÉ KREMPKOW, PHILIPP POHLENZ UND NATHALIE HUBER 12
werden konnten. Dies liegt zumindest teilweise daran, dass für einige Bereiche
bislang kaum empirische Befunde vorliegen. Beispielsweise findet eine Diskussi-
on zu tatsächlichen Effekten von Diversität und Diversity-Management-
Maßnahmen an Hochschulen bislang kaum statt. Anders sieht dies beispielsweise
in der Privatwirtschaft aus6 - wobei uns die größeren Schwierigkeiten in der Wis-
senschaft durchaus bewusst sind (vgl. hierzu Gläser in diesem Band). Aus diesem
Grund besteht ein wichtiges Desiderat nach wie vor in der Identifikation und
(quantitativen wie qualitativen) Beschreibung von Diversity-relevanten Einfluss-
faktoren. Darunter fallen nicht nur individuelle Aspekte der (Lern- oder Studien-
)Biographie von Studierenden, sondern auch strukturelle Aspekte, wie Standort-
vorteile.7 Auch in unserem Band stehen überwiegend individuelle Diversitäts-
aspekte im Vordergrund. Strukturelle Faktoren werden jedoch in einzelnen Bei-
trägen aus Deutschland und gleich in mehreren aus dem Ausland thematisiert (die
nicht zuletzt Impulse für die Diskussion in Deutschland liefern könnten). In den
übrigen Beiträgen werden strukturelle Aspekte zumindest gestreift und auf die
Wirkung von individuellen Aspekten bezogen. Wir möchten an dieser Stelle die
ohnehin nur beispielhafte Aufzählung von Desiderata abbrechen und eine anre-
gungsreiche Lektüre wünschen. Inhaltliche Anregungen zu diesem Buch oder für
künftige Publikationen zu diesem Themenfeld nehmen wir selbstverständlich gern
entgegen.
Berlin und Potsdam, im Juli 2013
6 Hierzu wurden z.
B. auf dem internationalen Forschungsseminar „Diversity in Europe“ im April
2013 in Dubrovnik in mehreren Beiträgen interessante Ergebnisse vorgestellt. Deren Publikation
ist in einem für 2014 geplanten Themenheft der wirtschaftswissenschaftlichen Zeitschrift „Mana-
gement Revue“ geplant.
7 Zwar gibt es bereits einzelne Arbeiten hierzu z.
B. im Bereich der Forschung (vgl. etwa
Fromm/Grözinger 2010) sowie auch im Bereich der Lehre und des Studiums (vgl. z.
B.
Kamm/Krempkow 2010 sowie Pohlenz/ Ratzlaff/ Niedermeier in diesem Band). Dies sind jedoch
bislang nur vereinzelte Arbeiten, die sich – von einigen Arbeiten unter Bezug auf Ansätze aus
dem Ausland abgesehen (z.
B. Krempkow/Kamm 2012) – bislang nicht oder nur wenig systema-
tisch mit der eher von individueller Diversität geprägten Debatte in Bezug gesetzt wurden.
EINLEITUNG 13
Literatur
Fromm, Nadine / Grözinger, Gerd (2010): Sollte auch die DFG ein EPSCOR-
Programm auflegen? Ein US-Beispiel zur Gestaltung von fairen Ausgangsbe-
dingungen im Wettbewerb um öffentliche Foschungsgelder. Qualität in der
Wissenschaft (QiW), Nr. 3/2010, 66-70.
Kamm, Ruth / Krempkow, René (2010): Ist leistungsorientierte Mittelvergabe im
Hochschulbereich „gerecht“ gestaltbar? Qualität in der Wissenschaft (QiW),
Nr. 3/2010, 71-78.
Krempkow, René / Kamm, Ruth (2012): Leistungsbewertung unter Berücksichti-
gung institutioneller Diversität deutscher Hochschulen: Ein Weg zur Förderung
von Vielfalt? in: Klein, Ute / Heitzmann, Daniela: Diversity und Hochschule.
Teilhabebarrieren und Strategien zur Gestaltung von Vielfalt. Weinheim: Ju-
venta, 164-181.
Pearson, Margot / Cumming, Jim / Evans, Terry / Macauley, Peter / Ryland, Ke-
vin (2011). How shall we know them? Capturing the diversity of difference in
Australian doctoral candidates and their experiences. Studies in Higher Educa-
tion, 36 (5), 527-542.
Stensaker, Bjoern (2012): Convergence and Diversity in Europaen Higher Educa-
tion. Paper for the EAIR – The European Higher Education Society 34th An-
nual Forum, Stavanger, Norway.
van Vught, Frans (2009): Mapping the Higher Education Landscape. Towards a
European Classification of Higher Education. Dordrecht: Kluwer.
van Vught, Frans / Ziegele, Frank (2012): Multidimensional Ranking: The design
and development of multidimensional ranking. Dordrecht: Springer.