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Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
0?sa_campaign=email/event/articleAuthor/onlineFirst
Das O in MOOCs – über die Bedeutung offener
Bildungsressourcen in frei zugänglichen Online-Kursen
Martin Ebner1
Vernetztes Lernen, Zentraler Informatikdienst
TU Graz, Münzgrabenstraße 35a, 8010 Graz
martin.ebner@tugraz.at
Michael Kopp
Akademie für Neue Medien und Wissenstransfer
Universität Graz, Liebiggasse 9/2, 8010 Graz
michael.kopp@uni-graz.at
Andreas Wittke
Institut für Lerndienstleistungen
Fachhochschule Lübeck, Mönkhofer Weg 239, 23562 Lübeck
andreas.wittke@fh-luebeck.de
Sandra Schön
Innovation Lab
Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH, Jakob Haringer Straße 5/3, A-5020 Salzburg
sandra.schoen@salzburgresearch.at
Zusammenfassung:
Massive Open Online Courses (MOOCs) und Open Educational Resources (OER) sind
Schlagworte der heutigen Bildungswelt. In diesem Beitrag führen wir in beide ein und
erklären ihre Abhängigkeit und ihren Zusammenhang. Anhand zweier Beispiele –
„oncampus an der Fachhochschule Lübeck sowie „iMooX“ von zwei Grazer Universitäten –
werden erste Erfahrungen mit MOOCs und OER aufgezeigt. In der abschließenden
1 Korrespondierender Autor
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
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Diskussion sind sowohl die Herausforderungen als auch die bereits ersichtlichen Vorteile Teil
der Betrachtung. Der Beitrag schließt mit der Erkenntnis, dass OER ein wichtiger Bestandteil
des Bildungssystems von morgen sind.
Schlagwörter:
Massive Open Online Courses, Open Educational Resources, Technology Enhanced
Learning, E-Learning, Bildung
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
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Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen
in frei zugänglichen Online-Kursen
1 Technologiegestützte Lehre – MOOCs und OER
Technologiegestütztes Lehren und Lernen ist aus den heutigen Bildungsinstitutionen nicht
mehr wegzudenken und dadurch auch allgegenwärtig und überall in Verwendung.
Diskutierten Bildungstechnologen um die Jahrtausendwende über Lernmanagementsysteme
(Schulmeister, 2002) (Baumgartner, 2002), so hielt wenig Jahre später der Begriff Web 2.0
Einzug (O’Reilly, 2006). Daraus resultierte die Verwendung von Wikisystemen, Weblogs,
Podcasts und Sozialen Netzwerken in der Lehre, die unter dem neuen Schlagwort E-Learning
2.0 zusammengefasst wurden (Downes, 2005) (Ebner, 2007). Der einsetzende Siegeszug der
Smartphones ebnete schlussendlich „Mobile Learning“ den Weg (Kukulska-Hulme &
Traxler, 2005) (Alley, 2007), unterstützt durch ein überall, zumindest im Mitteleuropa,
zugängliches mobiles Internet. Heute besitzen mehr oder weniger alle Studierende mobile
Endgeräte (JIM Studie, 2013) (Ebner et al., 2014a) mit denen sie jederzeit Zugriff auf den
größten Informationsspeicher der Welt haben – das World Wide Web. Die rasanten
technischen Entwicklungen haben es in den letzten Jahren ermöglicht, neuartige
mediendidaktische Szenarien zu entwickeln und Angebote zu schaffen, die noch vor zehn
Jahren als Fantasie abgetan wurden.
Derzeit erleben sogenannte Massive Open Online Courses, kurz MOOCs, einen Aufschwung.
Frei zugängliche Kurse, die jederzeit von Lernenden gebucht werden können, um sich mehr
oder weniger im Selbststudium Wissen anzueignen. Tausende Studierende schreiben sich zu
diesem ein und konsumieren so die Inhalte von berühmten Universitäten wie Stanford,
Harvard oder dem MIT (Bremer & Thillosen, 2013). Diese Bewegung macht natürlich auch
vor heimischen Bildungsinstitutionen nicht halt. Vielmehr wird diskutiert, inwieweit dieses
Format das bestehende Bildungssystem beeinflusst oder sogar verändert (Kopp et al., 2014).
Ein „O“ in MOOC steht für „open“ bzw. „offen“. Diesem Aspekt möchten wir uns in diesem
Beitrag besonders widmen. „Offen“ heißt in MOOCs zumeist frei zugänglich im Sinne von
kostenlos und ohne administrative Voraussetzungen wie zum Beispiel eine
Studienberechtigung. In diesem Beitrag verstehen wir „open“ aber auch als frei verfügbar
bzw. frei nutzbar, weiterverwendbar und modifizierbar. Diese Definition liegt die OER-
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zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
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Bewegung zugrunde, die freie Bildungsressourcen – sogenannte Open Educational Resources
(OER) - für die Bildung fordert. Dies sind Bildungsinhalte, die frei verwendbar und
veränderbar sind bzw. auch wiederveröffentlicht werden können. Insbesondere durch die
strengen Urheberrechtsregelungen in Mitteleuropa kommen OER hier eine besondere
Bedeutung zu. Darüber hinaus steigert die Freigabe der Inhalte ihre Sichtbarkeit und
Erreichbarkeit.
Aus unserer Perspektive ist es notwendig, dass auch das „O“ in „MOOCs“ als offen im Sinne
von offenen Bildungsressourcen verstanden wird. Dieser Beitrag verfolgt die Fragestellung,
wie dies in der Realität aussieht und welche Hindernisse und auch Schranken sich beim
Erstellen von MOOCs als OER ergeben. Um die Frage zu beantworten, werden wir
Erfahrungen und Daten aus den MOOC-Aktivitäten in Lübeck und dem Grazer Projekt
iMooX vorstellen. Dieser Beitrag zeigt dabei auch auf, warum OER ein wesentlicher
Bestandteil von MOOCs sein sollten, insbesondere für Bildungsinstitutionen, die durch die
öffentliche Hand finanziert werden.
2 Open Educational Resources
Ende des 20. Jahrhunderts gibt es mit dem Aufkommen des World Wide Web erste
Forderungen nach einem freien Zugang zu Software und auch zu wissenschaftlichen
Publikationen, bekannt als die Open-Source- bzw. die Open-Access-Bewegung. Die
UNESCO-Initiative „Free Educational Resources“ definierte 2002 den Begriff „Open
Educational Resources (OER)“ indem sie ähnliches für Bildungsmaterialien einforderte:
„... wish to develop together a universal educational resource available for the whole of
humanity, to be reffered to henceforth as Open Educational Resources“ (d’Antoni, 2006).
Kurze Zeit später griff das Massachusetts Institute of Technology diese Bestrebung auf und
veröffentliche im Herbst 2002 die „MIT OpenCourseWare“2. Galt dieser Schritt zwar in erster
Linie der Reputation, um die Attraktivität gegenüber neuen Studierenden zu erhöhen, war es
doch ein beachtlicher und nennenswerter Meilenstein für OER. 2008 zählte das Angebot
schon weit über 1.900 Kurse (Lerman et al., 2008). Die Open University UK mit
„OpenLearn“ und die Open Universiteit Nederland mit „OpenER“ folgten diesem Beispiel
und inkludierten OER strategisch in ihr Angebot. Ausgehend von dieser Initialzündung nahm
2 http://ocw.mit.edu/index.htm (letzter Abruf Oktober 2014)
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auch die Europäische Union sehr schnell OER auf ihre Agenda und erste EU-weite Projekte
wie z.B. OLCOS3 und Bazaar widmeten sich diesem Thema.
Folgten die ersten Definitionen dem Leitgedanken, Bildungsmaterialien kostenlos zur
Verfügung zu stellen, erfolgte bereits 2005 durch Foote (Foote, 2005) und 2007 durch
Downes (2007) eine Schärfung: „There are four Freedoms: a) Freedom to copy, b) Freedom
to modify, c) Freedom to redistribute and d) Freedom to redistribute modified versions.“
Auch folgten erste Arbeiten, die darauf hinwiesen, dass die kostenlose Verfügbarkeit alleine
noch keinen Unterricht ausmacht. Baumgartner (2007) stellte daher die Verwendbarkeit, die
Qualität und die didaktische Aufbereitung in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Dazu
kam vor allem im deutschsprachigen Mitteleuropa (D-A-CH) das strenge
Urheberrechtsgesetz, welches die Verwendung von frei zugänglichen Inhalten im Unterricht
nur sehr eingeschränkt erlaubt. Regelungen wie das US-amerikanische „fair use“ oder die
Möglichkeit, Materialien zu veröffentlichen und auf das Urheberrecht zu verzichten („Public
Domain“ in den USA) sind hier ebenso nicht anwendbar. Die heute anerkannte Definition für
Open Educational Resources kann folgendermaßen festgehalten werden: „Darunter werden
Materialien für Lernende und Lehrende verstanden, welche kostenlos im Web zugänglich sind
und über eine entsprechende Lizenzierung zur Verwendung und auch zur Modifikation
freigegeben sind.“ (Geser, 2007) (Mruck et al., 2011) (Mruck et al., 2013). Open Educational
Resources zeichnen sich durch folgende Aspekte aus (Ebner & Schön, 2011):
• OER stehen kostenfrei im World Wide Web zur Verfügung.
• OER sind frei verwendbar aufgrund einer Lizenz, die diese Verwendung ausdrücklich
zulässt. Zumeist finden hier die weitverbreiteten Creative-Commons-Lizenzen
Anwendung.
• OER folgen im Idealfall auch dem Prinzip des offenen Softwarestandards. Es werden
zur Erstellung also ausschließlich Applikationen verwendet, die ebenfalls offen
lizenziert sind. Dies bedeutet, dass anstatt des kommerziellen
Textverarbeitungsprogramms Microsoft Word z.B. ein freies Softwareprogramm
(z.B. Open Office) verwendet werden sollte.
In den letzten Jahren wird die OER-Bewegung auch in der Öffentlichkeit immer relevanter,
insbesondere weil die zunehmende Digitalisierung in den Hörsälen und Klassenzimmern
3 http://www.olcos.org/ (letzter Abruf Oktober 2014)
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
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immer wieder auf die Schranken des Urheberrechts trifft. Viele Leuchtturmprojekte wie das
Lehrbuch L3T (Ebner et al., 2014c), das ZUM-Wiki4 oder auch der Schulbuch-o-Mat (Ebner
et al., 2014b) zeigen, dass OER ein wesentlicher Bestandteil der Bildung von morgen sein
müssen.
3 MOOCs
Der Trend rund um die MOOCs wurde 2011 von Sebastian Thrun mit seinem Kurs zum
Thema „Künstliche Intelligenz“ an der Stanford University ausgelöst.5 Für diesen Kurs
registrierten sich 160.000 Teilnehmer/innen, 23.000 davon legten sogar eine Prüfung ab.
Damit hat Thrun in einem Kurs mehr Studierende unterrichtet als die meisten seiner
Kolleginnen und Kollegen in ihrer gesamten Hochschulkarriere.
Der erste MOOC stammt allerdings von Stephen Downes und George Siemens. Die beiden
veranstalteten 2008 den offenen Online-Kurs „Connectivism and Connective Knowledge“ –
kurz CCK08. Entsprechend dem Thema war auch das Kursformat kommunikativ-partizipativ:
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gestalteten den Kurs aktiv mit, das heißt sie legten ihre
Lernziele selbst fest und bereicherten den Kurs mit eigenen Inhalten. Laut Siemens war die
Intention dabei „to create a learning experience that embodied the attributes of the Internet:
open, accessible, networked, distributed and participative“6.Das Kurskonzept von Downes
und Siemens gilt als Grundlage für die (heute) sogenannten cMOOCs. Das „c“ steht für
„konnektivistisch“ (engl. connectivism) beziehungsweise „konstruktivistisch“ (von engl.
constructivsm). Als typische Merkmale eines cMOOCs gelten eine hohe aktive Beteiligung
der Teilnehmenden in Form von Diskussionsbeiträgen und der Gestaltung eigener Inhalte,
eine aktive Betreuung durch die Lehrenden sowie eine, aus den ersten beiden Merkmalen
notwendiger Weise resultierenden eher geringeren Teilnehmerzahl. Häufig gilt es bei
cMOOCs darum, gemeinsam Wissen zu schaffen, die Kursleitung hat dabei häufig nicht (viel)
mehr Wissen als die Teilnehmer/innen, weil es beispielsweise um ganz neue Fragestellungen
4 http://wikis.zum.de (letzter Abruf Oktober 2014)
5 http://www.fastcompany.com/3021473/udacity-sebastian-thrun-uphill-climb (letzter Abruf
Oktober 2014)
6http://ideas.ted.com/2014/01/31/the-attack-on-our-higher-education-system-and-why-we-
should-welcome-it/ (letzter Abruf Oktober 2014)
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Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
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geht (Wie macht man eigentlich einen MOOC? Wie lernen wir in der Zukunft?). cMOOCs
sind in der Regel sowohl in der Vorbereitung als auch in der Durchführung sehr zeit- und
personalaufwändig.
Das von Thrun gewählte Kurskonzept entspricht hingegen einem sogenannten xMOOC. Das
„x“ steht für „Extension“, xMOOCs sind überwiegend instruktional ausgerichtet. Sie
funktionieren wie eine Vorlesung, wobei die Präsenzlehre durch Videosequenzen ersetzt wird.
Die Interaktion zwischen den Teilnehmenden beschränkt sich meist auf den selbst initiierten
Austausch in Foren, eine Interaktion mit den Kursleiterinnen und -leitern ist in der Regel
nicht vorgesehen. Lernzielkontrollen erfolgen überwiegend mit Hilfe von standardisierten
Quizzes in Form von Multiple-Choice-Tests. xMOOCs sind zwar in der Erstellung aufwändig
- wobei der tatsächliche Aufwand von der inhaltlichen und technischen Qualität der Videos
abhängt. Die Durchführung von xMOOCs hingegen ist mit geringerem Zeit- und
Personalaufwand verbunden.
Gegenwärtig sind MOOCs nach wie vor mit einer Reihe von Herausforderungen
konfrontiert.7 Hohe Dropout-Raten zählen zu diesen Herausforderungen ebenso wie der
Mangel einer curricularen Verankerung bzw. an Akkreditierungssystemen oder das Fehlen
von Anreizsystemen für die Produktion und Durchführung von MOOCs. Die durch Urheber-
und Verwertungsrechte bedingten Restriktionen bei der Publikation von Lehrinhalten in Form
von MOOCs wirken sich ebenfalls negativ auf deren Produktion und Veröffentlichung aus.
So ist etwa der überwiegende Anteil jener Foliensätze, die derzeit in Lehrveranstaltungen
verwendet werden, nicht frei von Urheberrechtsverletzungen. Im Fall einer MOOC-
Produktion müssen daher alle Inhalte – v.a. Bilder, Grafiken, Diagramme – neu produziert
werden, was mit einem erheblichen zeitlichen und/oder finanziellen Aufwand verbunden ist.
Allein aus diesem Grund bieten sich offene Bildungsressourcen für MOOCs an, einerseits in
Hinblick auf deren (Wieder-)Verwendung (vornehmlich in xMOOCs), andererseits aber auch
hinsichtlich ihrer Produktion im Zuge von xMOOCs, in deren Verlauf seitens der
Teilnehmer/innen viele neue Materialien erstellt werden.
7 Vgl. Kopp, M., Ebner, M., Dorfer-Novak, A. (2014)
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
0?sa_campaign=email/event/articleAuthor/onlineFirst
4 Beispiele im deutschsprachigen Raum
4.1 iMooX
iMooX ist eine deutschsprachige MOOC-Plattform, welche von der Universität Graz und der
Technischen Universität Graz gemeinsam betrieben und zumindest noch bis Ende Januar
2015 vom Land Steiermark gefördert wird. Das Besondere an diesem Angebot ist nicht nur,
dass es die erste österreichische xMOOC-Plattform ist, sondern vor allem, dass bereits in der
Projektantragsphase definiert wurde, ausschließlich OER zur Verfügung zu stellen. Des
weiteren sollen angebotene Kurse nicht einfach am Ende geschlossen werden, sondern auch
nach Kursende weiter online verfügbar bleiben um a) weiteren Personen die
Kursdurchführung und b) anderen Lehrenden die Verwendung der Inhalte zu ermöglichen.
Abbildung 1 zeigt eine typische Kursoberfläche eines iMooX-Kurses. Alle Inhalte folgen
einem erarbeiteten didaktischen Konzept (Lackner et al., 2014) und werden in Kurseinheiten
unterteilt und in der Regel wöchentlich erweitert. Auf der linke Seiten ist die Kursnavigation
und durch die obere blaue Leiste gelangt man zu speziellen Kursmeldungen, allen
angebotenen Dateien, der Kursbeschreibung sowie einem Diskussionsforum. In der
Kursbeschreibung ist die jeweilige Creative-Commons-Lizenz einsichtig und festgehalten.
Schließlich werden alle Videos, die auf YouTube zugänglich sind, am Kursende öffentlich
geschaltet, damit diese auch dort auffindbar und verwendbar sind. Die iMooX-Plattform
wurde unter dem Motto „Bildung für alle“ entwickelt. Es scheint einsichtig, dass ein solches
Vorgehen ein Geschäftsmodell verlangt, das nicht auf den Verkauf der Inhalte abzielt.
Abbildung 1 Typische Oberfläche eines iMooX-Kurses
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Entsprechende Kostenmodelle zeigen, dass aber natürlich auch der öffentliche Zugang zu
Bildung in Form von MOOCs mit durchaus hohen Kosten verbunden ist (Dreisiebner et al.,
2014). Die Basis-Finanzierung für MOOCs, die im Sinne von offenen Bildungsressourcen
„offen“ sind, muss daher jedenfalls über die öffentliche Hand erfolgen. Die in diesem
Zusammenhang getätigten Investitionen rechnen sich aber insofern, als dass alle produzierten
Materialien nicht verloren gehen, sondern nachhaltig wiederverwendet und im besten Fall
auch modifiziert und weiterentwickelt werden können. Das gilt insbesondere für
Videosequenzen, die dank ihres nahezu universellen Formats – zumeist werden YouTube-
Videos verwendet – in andere MOOC-Plattformen eingebettet werden können.
4.2 Fachhochschule Lübeck
Die Fachhochschule Lübeck mit der E-Learning Tochter oncampus versteht sich als Early
Adopter in der Online-Weiterbildung und hat daher schon sehr früh mit der Entwicklung von
MOOCs begonnen. Dabei stand das „Open“ zuallererst für den Zugang zur freien Bildung
ohne Zugangsbeschränkungen und damit für die Öffnung der Hochschule als Instrument des
lebenslangen Lernens. Es ist schon seit Jahren Konsens an der FH Lübeck, dass alle
multimedialen Inhalte, unabhängig davon ob sie für MOOCs, für SPOCs (Small Private
Online Courses) in der Weiterbildung oder für das Online-Studium produziert werden,
möglichst auch als OER veröffentlicht werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum
einen sollten Hochschulen aus sich selbst heraus ihren generellen Bildungsauftrag sehen und
nicht nur an die eigenen Regelstudierenden denken, sondern darüber hinaus neue Zielgruppen
ansprechen. Zum anderen gibt es keinen Nachteil für die Hochschule, wenn sie OER
veröffentlicht. Hinzu kommen sehr große Marketing-Effekte und Effizienzsteigerungen durch
oftmalige und uneingeschränkte Verwendungsmöglichkeiten in der täglichen Arbeit. OER
können z.B. in allen Systemen problemlos eingebunden werden, laufen ohne Passwort-
Abfrage und können daher per Link an alle Nutzergruppen verschickt werden und die
gesamte Arbeit hat eine höhere Transparenz und gewinnt dadurch an Qualität.
Entscheidend ist jedoch die außergewöhnliche Situation von oncampus. Mit den Autorinnen
und Autoren wurden von Beginn an Verträge über das Werknutzungsrecht geschlossen und
die Inhalte sind eigenständig produziert worden, damit die Probleme der Urheberschaft nicht
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zum Tragen kommen. Bei der Entwicklung der ersten MOOCs „Grundlagen des Marketing“8
als auch beim „HanseMOOC“9 wurden daher alle Videos unter diesen Aspekten produziert,
sodass bei allen Videos die Persönlichkeitsrechte geklärt, die Zitate bei den Folien korrekt
und keine Plagiate enthalten sind. Alle beteiligten Personen haben schon vor der Produktion
die Erlaubnis zur Veröffentlichung gegeben. Bei der Produktion der MOOCs wurde schon
beim Konzept darauf geachtet, dass die Videos möglichst auch alleinstehend auf einer offenen
Videoplattform wie YouTube, iTunesU oder Vimeo als E-Lecture-Reihe veröffentlicht
werden. Dies gehört zum Nachhaltigkeitskonzept aller MOOCs der FH Lübeck (siehe
Abbildung 2).
Abbildung 2 MOOC im Kontext von E-Learning-Maßnahmen an der FH Lübeck
In den nächsten Jahren wird die FH Lübeck dank zweier neuer Förderprojekte10, 11 mindestens
18 neue MOOCs mit insgesamt ca. 400 Videos entwickeln. Alle Videos sollen als OER frei
zugänglich sein und zum Remix und Reshare der Öffentlichkeit nachhaltig zur Verfügung
8 https://iversity.org/de/courses/grundlagen-des-marketing - abgerufen Oktober 2014
9 http://www.hanse-mooc.de – abgerufen Oktober 2014
10 FH Lübeck startet MOOC Portal - http://www.fh-
luebeck.de/Inhalt/05_Presse_und_BesucherInnen_Ch051/10_pressearchiv/2014/04/MOOC-
Zuwendung.html (aufgerufen Oktober 2014)
11 BMBF fördert professionell MOOC an der FH Lübeck - http://www.fh-
luebeck.de/Inhalt/05_Presse_und_BesucherInnen_Ch051/10_pressearchiv/2014/10/Profess-
MOOC.html (aufgerufen Oktober 2014)
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stehen. Parallel soll das MOOC Portal MOOIN (Massive Open Online International Network)
weiterentwickelt werden, das schon beim HanseMOOC zum Einsatz kam.
5 Erste Erfahrungen
In diesem Kapitel wollen wir zuerst unsere Erfahrungen mit zwei Plattformen in Deutschland
und Österreich schildern bzw. Einblick in die ersten Ergebnisse geben. Danach werden wir
die Herausforderungen für OER in MOOCs herausarbeiten und schließlich zeigen, dass es
auch heute schon Vorteile gibt, die für Nachahmer/innen oder Mitmacher/innen interessant
sein können.
5.1 Erste Ergebnisse des freien Zugangs an der FH Lübeck
Der Einsatz von OER außerhalb des eigenen Lehrkontextes lässt sich nur sehr schwer
nachverfolgen, da er meist in geschlossen Räumen stattfindet und damit außerhalb der
eigenen Institution. Als eine Messgröße kann die Klickzahl auf YouTube gelten. Der
„Grundlagen des Marketing“-MOOC hat inzwischen 65.000 Klicks, die nicht von den
Kursteilnehmern kommen, da die Videos im Kurs nicht eingebettet waren (siehe Abbildung
3).
Abbildung 3 Grundlagen Marketing mit 55.000 Aufrufen und 98% positiver Bewertungen
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Jede Woche werden die 22 Videos über 1.000 mal angeklickt, unabhängig davon, ob der
MOOC angeboten wird oder nicht. Die Klickzahlen verdoppeln sich sogar zur Klausurzeit.
Dabei differiert die Reichweite der Plattform ganz erheblich. Ein Vergleich zwischen
YouTube, iTunesU und Vimeo aus dem Jahr 2012 ergab ein Unterschied von 100 zu 10 zu 1,
d.h. YouTube erzeugt zehnmal mehr Klicks als iTunesU und hundertmal mehr Klicks als
Vimeo. Eine parallele Playlist der FH Lübeck mit über 100 OER-Videos12 hat inzwischen
über 300.000 Klicks erreicht und der HanseMOOC knapp 25.000 Klicks. Jedoch wurde erst
ein einziges Video remixt und nur einer von 2500 Besuchern gibt einen Kommentar ab, was
zeigt, dass die meisten Nutzer sehr passiv sind im Gegensatz zu einem MOOC mit Betreuung.
Zusammenfassend zeigen diese Zahlen, dass es eine große Nachfrage nach freien Inhalten
gibt und diese per YouTube angeboten werden sollten. Die Nachfrage nach den Inhalten ist
ständig vorhanden und kann sogar steigen, wenn z.B. Klausuren stattfinden. Das Angebot der
Videos als kleine Lernhäppchen wird bisher sehr positiv aufgenommen.
5.2 iMooX
Nachdem die Plattform iMooX erst im Frühjahr 2014 online ging und die Videos erst im
Herbst 2014 frei zugänglich auf YouTube geschalten wurden, gibt es hier noch keine
Vergleichszahlen. Jedoch zeigten sich auch ein paar andere bemerkenswerte Effekte in Bezug
auf OER.
Es konnte zum Beispiel beobachtet werden, dass die Zahl der Anmeldungen auch nach Ende
der eigentlichen Kurslaufzeit noch zunahm. So verzeichnen die ersten Kurse einen
durchschnittlichen Anstieg von etwa 20% an Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Obwohl es
also keine aktive Betreuung mehr gab und die Aktivität in den Foren nahezu null war, nutzten
Lernende das Angebot weiter.
Im Herbst starteten zwei xMOOCs mit einer speziellen Ausrichtung für Schulen und derzeit
werden die Inhalte bereits in insgesamt vier Schulen eingesetzt. Damit dies rechtlich möglich
war, war eine Veröffentlichung als OER zwingend notwendig. So können die Schulkinder
und die Lehrer/innen heute das Material ohne Bedenken verwenden.
12 OER-Playliste -
http://www.youtube.com/playlist?list=PLQvKY4d5Oi9MPEoR8r6LCzBLsm7A6jwHO
(aufgerufen Oktober 2014)
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5.3 Altersstruktur der Teilnehmer/innen bei iMooX und oncampus
Wie eingangs erwähnt, ist das Ziel von iMooX, Bildung für eine breite Bevölkerungsschicht
zugänglich zu machen, auch im Sinne von lebensbegleitendem Lernen. In Verbindung mit
offenen Online-Kursen stellt sich natürlich die Frage, welche Altersschichten man mit einem
solchen Angebot erreicht. Eine erste Erhebung unter den Lernenden der vier xMOOCs auf der
Plattform iMooX und in Lübeck zeigt den aktuellen Stand in Abbildung 4. Insgesamt wurden
368 Fragebögen ausgewertet. Im Durchschnitt (die Fragebögen wurden in vier Kursen
ausgegeben) sind 54% der Teilnehmer/innen älter als 35 Jahre. Mit anderen Worten entspricht
mehr als die Hälfte aller Lernenden nicht dem typischen Profil von Studierenden an einer
Präsenzuniversität. Während im Mechanik-MOOC zwar viele Studierende eingeschrieben
waren, zeigte z.B. der Physik MOOC ein komplett konträres Bild.
Abbildung 4 Altersstruktur der Teilnehmenden bei iMooX-Kursen (Lin = Online Kurs „Lernen im Netz“)
5.4 OER – Herausforderungen
Der Grundgedanke von OER – also das urheberrechtlich unbedenkliche Anbieten, Verwenden
und Modifizieren von Lehr- bzw. Lerninhalten – scheint auf den ersten Blick vor allem mit
einer Vielzahl von Vorteilen verbunden zu sein. Bevor jedoch auf diese Vorteile explizit
eingegangen wird, ist es notwendig, sich mit den Herausforderungen auseinanderzusetzen, die
bei der Produktion und der Verwendung von OER zweifellos auch bestehen. Freie
Bildungsmaterialien sind zwar kostenlos erhältlich und verwendbar, das bedeutet jedoch
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Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
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nicht, dass ihr Produktion nichts kostet. Im Gegenteil, gerade OER-Produktionen sind
besonders teuer, eben weil sie in der Regel komplett neu erstellt werden müssen und nicht
unter (der zumindest teilweisen) Verwendung von bestehenden – größtenteils
urheberrechtlich geschützten – Materialien zusammengestellt werden können. Unter der
Voraussetzung, dass sich OER zukünftig stärker etablieren, würden die Produktionskosten
wieder etwas sinken (weil auf bestehende OER zurückgegriffen werden kann), derzeit ist das
allerdings noch nicht der Fall. Das bedeutet, dass OER-Produktionen – sofern sie nicht durch
intrinsisch motivierte Einzelpersonen hergestellt werden – durch Bildungsinstitutionen oder
Förderprojekte finanziert werden müssen.
Zusätzlich bedarf es der Zustimmung der Produzentinnen und Produzenten der
Bildungsmaterialien, dass ihre Produkte unter einer Creative-Commons-Lizenz verfügbar
gemacht werden – und zwar grundsätzlich auch dann, wenn sie bei der Bildungsinstitution in
einem Dienstverhältnis stehen. Eben weil die Herstellung von Bildungsmaterialien
ressourcenintensiv ist, ist derzeit vielerorts noch ein „Geiz“ mit dem eigenen geistigen
Eigentum zu beobachten. Das bedeutet, dass viele Produzentinnen und Produzenten nicht
bereit sind, ihre Arbeit mit anderen in Form von OER zu teilen. Auch wird der Mehraufwand
gescheut, der bei der Veröffentlichung als OER anfällt oder es besteht Unsicherheit darüber,
ob man die eigenen Materialien auch „allen“ zur Verfügung stellen möchte – wo sie doch
eventuell nicht ganz perfekt sind. Andererseits ist festzustellen, dass verfügbare OER von
Dritten häufig nicht genutzt werden. Diese Nichtnutzung wird immer wieder damit
argumentiert, dass die verfügbaren Materialien inhaltlich nicht dem entsprechen, was in der
eigenen Lehre benötigt wird oder die Materialien werden einfach nicht gefunden, da sie auf
Portalen von den Hochschulen liegen und nicht bei großen Anbietern wie z.B. YouTube oder
iTunesU. Auch scheint es für einige schwierig, dem OER-Gedanken folgend, die Ressourcen
von anderen zu verwenden und weiterverarbeiten, weil es ja eben nicht die eigenen sind –
man möchte sich ja nicht mit „fremden Federn“ schmücken.
In diesem Zusammenhang werden auch häufig mangelnde Qualität angeführt, die einen
Einsatz fremder OER in der eigenen Lehre unmöglich machten. Hier sei darauf hingewiesen,
dass Lehrmaterialien, die im Internet frei verfügbar und editierbar sind sowie durch Dritte
kommentiert und bewertet werden, „strengeren Qualitätsrichtlinien“ unterliegen als die Lehre
hinter verschlossenen Hörsaaltüren. Bevor Inhalte im Web untern den Namen einer
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
0?sa_campaign=email/event/articleAuthor/onlineFirst
Universität verfügbar gemacht werden, werden unserer Erfahrung mehrere Feedbackrunden
durchlaufen, wiewohl es keine offiziellen Regelungen dafür gibt.
5.5 OER – schon heute Vorteile
Wie in Kapitel 5.3 erwähnt, muss sich die OER-Bewegung noch einigen Herausforderungen
stellen, vor allem finanzieller Natur, denn Inhalte die frei verfügbar sind, müssen zumeist mit
teilweise hohen Kosten erstellt werden. Das oftmals verwendete Argument „Was nichts
kostet, ist nichts wert“ scheint weiterhin schwer zu überwinden zu sein. Hingegen zeigen z.B.
beeindruckende Downloadzahlen (ca. 100.000/Jahr13) beim frei zugänglichen Lehrbuch L3T
oder beim Schulbuch-O-Mat (ca. 60.000) die Notwendigkeit bzw. das große Interesse an
OER. Dabei ist der Wert von OER aber schwer fass- und auch messbar, da mit heute üblichen
Methoden sehr schnell die Grenzen erreicht werden (Schön et al., 2011).
Andererseits postulierte bereits Geser (2007) wesentliche Vorteile von OER (damals noch
ohne Bezug zu MOOCs): großes Themenspektrum und große Flexibilität bei der Auswahl an
Bildungsmaterialien, die Zeitersparnis bei oftmaliger Wiederverwendung, die Steigerung der
Werte von Bildungsinhalte bis hin zur Unterstützung bei kollaborativen Lernformen.
Abgesehen von dieser noch eher theoretisch wirkenden Auflistung, konnten trotz der
vergleichsweise geringen Erfahrung mit den beiden MOOC-Plattformen schon gezeigt
werden, dass mit enorm steigenden Zugriffszahlen auf Videos zu rechnen ist, wenn man diese
frei zugänglich macht. Die Zugriffszahlen (Abbildung 4) zeigen, dass nahezu jede
Altersschicht diese Angebote nutzt. Sie verdeutlichen auch das Potential von OER und auch
den Stellenwert, den sie in der oftmals angepriesenen „Wissensgesellschaft“ von heute
einnehmen (können). Insbesondere die ersten Einsätze an Schulen und Hochschulen
versprechen nicht nur die rechtskonforme Nutzungsmöglichkeit, sondern auch den Einsatz
neuer didaktischer Varianten und damit zwangsläufig auch einen Aufbruch der bisherigen
tradierten Unterrichtsmethoden.
Ein heute noch eher wenig beachtetes Potential ist die Einbettung ein und derselben Inhalte in
mehrere unterschiedliche Kurse oder Plattformen. Wiewohl es technisch eher unaufwändig
und rechtlich möglich ist, scheint hier noch ein Umdenken bei den Lehrenden von Nöten,
damit sie Inhalte von anderen verwenden. Langfristig wird auch erwartet, dass die
13 http://l3t.tugraz.at/analytics/ (aufgerufen Oktober 2014)
Entwurf - Original erschienen in: Martin Ebner, Michael Kopp, Andreas Wittke und Sandra
Schön (2014). Das O in MOOCs – über die Bedeutung freier Bildungsressourcen in frei
zugänglichen Online-Kursen. In: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Springer, Dezember
2014, http://link.springer.com/article/10.1365/s40702-014-0106-
0?sa_campaign=email/event/articleAuthor/onlineFirst
Möglichkeit des unmittelbaren Feedbacks von vielen die Qualität von OER steigert. Diese
hohe Qualität ist ebenso ein wesentlicher Vorteil der freien Bildungsmaterialien.
6 Open Educational Resources als Potential für MOOCs
In dieser Arbeit haben wir versucht, den Zusammenhang und die Abhängigkeit zwischen
Open Educational Resources und Massive Open Online Courses aufzuzeigen. Insbesondere
im deutschsprachigen Mitteleuropa kommen OER aus Gründen des Urheberrechtsgesetzes
eine zentrale Rolle zu. Die UNESCO und andere betonen, dass sich unser heutiges
Bildungssystem dem Thema OER generell widmen muss, um langfristig den Einzug der
Digitalität in unsere Klassenzimmer und Hörsäle zu meistern. Wiewohl es noch viele
Herausforderungen gibt, sind die ersten Einsätze von OER im Rahmen von MOOCs sehr
vielversprechend, wie die Beispiele aus Lübeck und Graz zeigen. Mit MOOCs, deren Inhalte
als OER entwickelt und angeboten werden, zeigen sich nicht nur größere
Nutzungsmöglichkeiten, sondern auch höhere Nutzungszahlen.
Ein zukünftiges Bildungssystem ohne freie Bildungsressourcen scheint daher aus heutiger
Sicht kaum denkbar, auch wenn noch viele offene Forschungsfragen beantwortet und auch
Informations- und Weiterbildungsinitiativen zum Thema OER notwendig sein müssen. Die
als OER lizenzierten Materialien des ersten deutschsprachigen offenen Online-Kurses zu
OER (COER13.de) stellen dafür geeignete Inhalte dar. Offene Forschungsfragen, die wir in
den nächsten Monaten und Jahren bearbeiten werden sind beispielsweise wie es mit MOOCs
als OER gelingt, möglichst viele Bildungseinrichtungen als Partner/innen zu gewinnen, eher
bildungsferne oder auch Internet-Ungeübte zu erreichen, Finanzierungsmodelle zu schaffen,
die eine langfristige Pflege des Angebots ermöglicht und verschiedenes mehr.
MOOC und OER sorgen für einen Kulturwandel weg vom analogen zum digitalen Material
und weg von der klassischen Lehrkultur zu einer Kultur des Gebens und Nehmens. Trotz
vieler noch zu überwindenden Hürden (Kopp et al. 2014) sollten sie daher zukünftig in
Curricula verankert werden.
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