Die Debatte um Bildungsstandards im Zusammenhang mit internationalen Vergleichsstudien führte vor etwa 20 Jahren zur Fokussierung auf Kompetenzen und Kompetenzmodelle als Konstrukt zur Leistungsmessung. Unter Kompetenz ist dabei die Summe individueller Dispositionen erlernbarer Fähigkeiten zu verstehen, die in unbekannten Situationen erfolgreich eingesetzt werden können. Individuelle Performanz, Motivation, Volition und Performanz ergänzen das als kontextspezifisch zu begreifende Konstrukt. Um Kompetenzen sichtbar und messbar zu machen, bedarf es daher der Berücksichtigung des speziellen Kontexts und der Verknüpfung mit fachspezifischen Inhalten, um systematisch aufeinander aufbauende Kompetenzen entlang verschiedener Dimensionen abbilden zu können. Für die Informatik als anspruchsvolles Studienfach wurde bisher kein derartiges, empirisch begründetes Kompetenzmodell entwickelt. Dasselbe gilt für die grundlegende Programmierausbildung als Kern eines jeden Informatik-Studiums, aus der eine Vielzahl bekannter Herausforderungen, wie etwa hohe Leistungsanforderungen an Lernende, resultieren. Auch in Anbetracht von zunehmend heterogener werdenden Zielgruppen besteht auf verschiedenen Ebenen Handlungsbedarf. Ein Ziel dieser Arbeit ist es, für den Kontext der grundlegenden Programmierausbildung als abgrenzbaren und übertragbaren Inhaltsbereich eine erste Version eines Kompetenzkatalogs zu modellieren, und dabei verschiedene Stufen kognitiver Komplexität sowie Wissensdimensionen einzubeziehen. Eine derartige Matrix zur Klassifikation der kognitiven Domäne liegt durch die Anderson Krathwohl Taxonomie (AKT) zwar bereits vor, die abstrakten Beschreibungen führen allerdings zu Schwierigkeiten in deren Anwendung. Ein durch die Gesellschaft für Informatik (GI) entwickeltes Kompetenzmodell für Bachelor und Master-Studiengänge illustriert beispielhaft zahllose solcher Missverständnisse. Zudem fehlt dem GI-Modell die empirische Basis. Die vorliegende Forschungsarbeit untersucht daher die Anwendbarkeit der AKT als anerkannten Rahmen zur Kategorisierung kognitiver Kompetenzen in der grundlegenden Programmierausbildung. Durch die Erhebung und qualitative Inhaltsanalyse von Informatik-Curricula 35 deutscher Hochschulen sowie der qualitativen Auswertung von sieben durchgeführten Leitfaden-gestützten Expertinneninterviews erfolgt eine Klassifizierung aktuell erforderlicher Kompetenzen im Bereich der grundlegenden Programmierausbildung. Als Ergebnis der beiden qualitativen Analysen werden die angestrebten Kompetenzen der grundlegenden Programmierausbildung während der ersten drei, respektive vier Semester an deutschen Hochschulen entsprechend der Wissensdimensionen und kognitiven Prozessdimensionen der AKT zusammengefasst, und durch nicht-kognitive Kompetenzen ergänzt. Die entstandene Übersicht der empirischen Programmierkompetenzen zeigt zum einen die grundsätzliche Anwendbarkeit der AKT für die Basisausbildung der Programmierung sehr deutlich. Darüber hinaus wird die Vielzahl der zum Programmieren benötigten Kompetenzen bezogen auf deren Breite und Tiefe sichtbar. Aus der vorgenommenen Klassifizierung resultiert zum anderen das Potenzial, Programmierkompetenzen durch didaktische Maßnahmen schrittweise und operationalisiert aufbauen und folglich testen zu können. Ein derartiges Vorgehen kann Lehrende und Lernende durch zunehmende Transparenz und vereinfachte Messbarkeit von Lernergebnissen unterstützen, sodass Lehre, Lernen sowie die Konstruktion von Assessments verbessert werden können. Ein weiteres Ziel der Arbeit bezieht sich auf die Unterstützung des studentischen Kompetenzzugewinns in der grundlegenden Programmierausbildung durch informatives Feedback. Aktuell sind Übungstools zum Selbstlernen in vielfacher Gestalt für Lernende über das Web verfügbar. Das angebotene Feedback beschränkt sich dennoch in der Regel auf allgemeine Hinweise, die Verfügbarkeit von Musterlösungen etc. Kaum ein Tool gibt Rückmeldung auf die Eingaben der Nutzerinnen hin, außer z. B. durch angezeigte Ergebnisse von Unit-Tests. In dem Fall wird der eingegebene Code der Lernenden zumindest für einige vorbereitete Werte getestet. Aus diesem Grund stellt sich die Frage nach den verschiedenen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Feedback-Konzeption und Umsetzung im Rahmen von Online-Tools zum Selbstlernen in der Programmierausbildung. Durch die selbstständige Übung zu Hause könnten Studierende immens profitieren, vorausgesetzt sie erhalten angemessenes Feedback zu ihren Fehlern bzw. Lösungen. Im Kontext dieser Arbeit wurden zunächst bestehende Angebote u. a. auf die genutzten Feedback-Typen hin analysiert und Hochschullehrende wurden bzgl. der Herausforderungen der Feedback Nutzung befragt. Daraufhin baut die Entwicklung eines Feedback-Prototyps mit einer Übungsaufgabe zur Rekursion auf, bei der diverse Feedback-Typen in Form von Animationen, Pseudo-Code und vor allem durch individuelle Hinweise zu studentischen Eingaben implementiert sind. Die Herausforderungen der Feedback-Entwicklung beziehen sich u. a. auf situative Faktoren bezogen auf Kompetenzziele einer jeden Aufgabe sowie auf individuelle Faktoren der einzelnen Lernenden. Darüber hinaus bestehen weitere Herausforderungen bei der inhaltlichen, funktionalen und formalen Gestaltung von informativem Feedback, da einzelne Feedback-Typen und die damit angestrebten Wirkungen in der Praxis nur schwer voneinander unterschieden werden können. Durch derartige Überschneidungen von Feedback-Typen und angestrebten Wirkungen bleibt die Gestaltung, auch mit Blick auf die kognitive Belastung der Lernenden, ein anspruchsvoller Spagat zwischen standardisiertem, kurzem Feedback und individueller Rückmeldung. Letztere bedarf außerdem enorme Ressourcen für die vorherige Analyse der Determinanten von Feedback und z. B. die Identifikation typischer Fehlermuster. Weiterhin wird der anhaltende Bedarf zur Differenzierung von Feedback-Typen erkennbar, die in den Kontext der Programmierausbildung passen. Unter Anwendung der Methode Lautes Denken werden im Rahmen dieser Arbeit zwei Testreihen mit je fünf bis sechs Probandinnen zur Exploration des Feedback-Prototyps und einem weiteren Online-Selbstlerntool (CodingBat) durchgeführt. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der Beobachtung verschiedener Feedback-Wirkungen sowie der Feedback-Nutzung insgesamt. Die Beobachtungen liefern weitere Hinweise zur Gestaltung von lernförderlichem Feedback im Zusammenhang mit Programmierübungen, indem genutzte Feedback-Typen und deren Auswirkungen auf kognitiver, meta-kognitiver und motivationaler Ebene deutlich werden. Darüber hinaus legen die Ergebnisse nahe, dass automatisch generiertes Feedback nicht vollständig auf den individuellen Lösungsansatz eingehen muss, um helfend wirken zu können, auch Musterlösungen können z. B. unter gewissen Bedingungen unterstützen. Aus der Zusammenführung der beiden Teilstränge dieser Arbeit der Modellierung von Kompetenzen einerseits und Feedback andererseits, ergeben sich konkrete Empfehlungen zur Anwendung einzelner Feedback-Typen in Abhängigkeit der angestrebten Kompetenzen bzw. Wissensarten einer jeweiligen Übungsaufgabe. Diese Passung spiegelt den zunehmenden Bedarf an Feedback-Typen bei komplexer werdenden Aufgabenstellungen wider. In zukünftigen Forschungsarbeiten sind die Ergebnisse des Kompetenzmodells in der Breite weiter zu untersuchen, um die identifizierten und klassifizierten Programmierkompetenzen noch zu ergänzen oder die Kompetenzmodellierung auf andere Themenbereiche der Informatik auszudehnen. Darüber hinaus sollten die identifizierten Kompetenzen durch die Entwicklung zugehöriger Test-Items ergänzt werden, um deren Schwierigkeitsgrade messen zu können. Dafür bedarf es ggf. groß angelegter Anstrengungen im Rahmen eines Universitäts-übergreifenden Verbundprojekts. Im Zusammenhang mit der Entwicklung von Items zu Übungszwecken ist der adäquate Einsatz der identifizierten Feedback-Typen weiter zu testen bzw. deren explorierte Wirkungen zu quantifizieren. Durch die vorliegende Forschungsarbeit wird eine Basis geschaffen, Kernkompetenzen des Programmierens entlang ihrer kognitiven Komplexität identifizieren zu können. Weiterhin wird die Bedeutung nicht-kognitiver Kompetenzen im Lernprozess hervorgehoben. Daneben werden Empfehlungen für den angemessenen Einsatz von informativem Feedback und den zu erwarteten Wirkungen formuliert. Die Arbeit leistet damit einen Beitrag zur Konzeption von Curricula, Lehrveranstaltungen, Übungsaufgaben und Feedback in der grundlegenden Programmierausbildung, indem Lehrende durch eine Handreichung zur Klassifikation von Kompetenzen sowie Empfehlungen zur Feedback-Nutzung differenziert nach Wissensarten unterstützt werden.