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Otto H. Jacobs / Christoph Spengel / Alexander Wünsche*
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen
Steuerreform in Deutschland und Europa[1]
Entscheidungswirkung; Steuerbelastungsvergleich; Steuerreform;
Umweltsteuer; Unternehmensbesteuerung; Wettbewerb
In einer Simulation werden die Auswirkungen
von drei Ökosteuerkonzepten auf die Abgaben-
belastung von Unternehmen aus einzelwirtschaft-
licher Sicht quantifiziert und analysiert. Die
finanziellen Konsequenzen divergieren zwischen
einzelnen Unternehmen erheblich und
beeinflussen sowohl das Entscheidungsverhalten
als auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
The effects of an ecological tax reform on the
burden of companies with taxes and social
security contributions have been ascertained and
analyzed from company’s point of view. The
introduction of eco taxes will have several
financial effects on different branches and will
influence the corporation’s decisional structure as
well as their international competitiveness.
1. Problemstellung und Vorgehensweise
Die weiter fortschreitende Umweltzerstörung hat die
Vorschläge zur Einführung von Umweltabgaben in
Deutschland und der EU in den letzten Jahren deut-
lich forciert. Mit einer ökologischen Steuerreform
sollen Umweltschutzmaßnahmen mit möglichst ge-
ringen volkswirtschaftlichen Kosten realisiert wer-
den, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit bei
zunehmender Globalisierung nicht unnötig zu beein-
trächtigen. Trotz Einigkeit über diesen grundsätz-
lichen ökonomischen Ansatz gehen die Meinungen
bei der konkreten Ausgestaltung von Umweltabga-
ben noch immer weit auseinander.[2]
Zur Beurteilung der unterschiedlichen Konzepte
einer Einführung von Umweltsteuern ist es Aufgabe
der Wirtschaftswissenschaften, die ökonomischen
Wirkungen von Umweltabgaben auf Unternehmen
und deren Entscheidungsverhalten zu analysieren
und den Gesetzgeber bei politischen Entscheidungen
zu beraten, um die Ausgestaltung eines möglichst
effizienten Umweltsteuersystems zu unterstützen.
Das bedeutet zum einen, daß Umweltabgaben das
gesetzte Ziel möglichst umfassend verwirklichen und
zum anderen, daß sie mit Ausnahme der intendierten
Lenkungswirkung allokations- und wettbewerbsneu-
tral wirken sollen.[3] Die naturwissenschaftlichen
Wirkungszusammenhänge zwischen den zu reduzie-
renden Umweltschäden und deren Verursachung so-
wie die Höhe der erforderlichen Reduzierung der
Umweltverschmutzung können dagegen von wirt-
schaftswissenschaftlicher Seite kaum erfaßt werden.
Im folgenden werden die Auswirkungen von drei
alternativen Konzepten einer ökologischen Steuerre-
Otto H. Jacobs Alexander Wünsche
* Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Otto H. Jacobs, Dr. Christoph Spengel,
Alexander Wünsche, Lehrstuhl und Seminar für Allgemeine Be-
triebswirtschaftslehre, Treuhandwesen und Betriebswirtschaftliche
Steuerlehre II, Universität Mannheim, Schloß, 68131 Mannheim
sowie Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).
7DBW 59 (1999) 1
form auf die Steuer und Abgabenbelastung konkreter
Unternehmen aus einzelwirtschaftlicher Sicht quan-
tifiziert und analysiert: Vorschlag einer CO
2
-/Ener-
giesteuer der EU-Kommission, SPD-Energiesteuer-
vorschlag und Energiesteuerkonzept des BUND. Ziel
der Untersuchung ist es, die finanziellen Auswirkun-
gen einer Umweltbesteuerung auf Unternehmens-
ebene aufzuzeigen, um Konsequenzen einer ökologi-
schen Steuerreform für den Standort Deutschland
abzuleiten. Gegenüber einer gesamtwirtschaftlichen
Betrachtung weist diese betriebswirtschaftliche Ana-
lyse den Vorteil auf, daß sämtliche entscheidungs-
und belastungsrelevanten Determinanten der Be-
steuerung detailliert erfaßt und somit zuverlässige
Aussagen über die tatsächliche Belastungswirkung
einer ökologischen Steuerreform getroffen werden
können. Um darüber hinaus die Wirkungen auf die
internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Un-
ternehmen beurteilen zu können, wird dabei im Fall
der europaweiten CO
2
-/Energiesteuer auch die briti-
sche und französische Abgabenbelastung in die Un-
tersuchung einbezogen.
Die quantitative Analyse erfolgt mit Hilfe eines
Unternehmensmodells, dessen methodische Grund-
lagen in Kapitel 2 erläutert werden. Anschließend
werden die Auswirkungen der drei Umweltsteuer-
konzepte für ein typisches Unternehmen des Verar-
beitenden Gewerbes aufgezeigt und es werden die
relevanten Einflußgrößen der Belastungswirkungen
herausgearbeitet (Kapitel 3). In Kapitel 4 wird die
Analyse auf branchentypische konkrete Unterneh-
men ausgedehnt. Basierend auf diesen Ergebnissen
werden abschließend die drei Vorschläge hinsichtlich
ihrer Belastungswirkungen und ihrer Effekte auf die
internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Un-
ternehmen beurteilt (Kapitel 5).
2. Methodische Grundlagen
Die Berechnungen werden mit dem »European Tax
Analyzer« durchgeführt, dem ein computergestütztes
Unternehmensmodell zugrunde liegt. Dieses Modell
simuliert die ökonomische Entwicklung einer Kapi-
talgesellschaft über den Zeitraum von zehn Perioden,
wobei die Daten der Vermögens- und Kapitalausstat-
tung des Unternehmens mit Hilfe von Angaben zu
den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
und Unternehmensplänen periodenweise fortge-
schrieben werden. Diese variablen Ausgangsdaten
enthalten auf gesamtwirtschaftlicher Ebene insbe-
sondere Angaben zu Preissteigerungsraten, Zinssät-
zen und zur Stromerzeugung in öffentlichen Kraft-
werken. Auf Seiten des Unternehmens sind im we-
sentlichen Produktions-, Absatz- und Beschaffungs-
pläne einschließlich Angaben zu Energieverbrauch
und Emissionen, Personalbestand und -entwicklung
sowie zum Investitions-, Finanzierungs- und Aus-
schüttungsverhalten erfaßt. Um die Wirkungen der
Besteuerung isoliert analysieren zu können, wird da-
bei unterstellt, daß die Unternehmen in den unter-
suchten Ländern gleich strukturiert sind, also auch
hinsichtlich der Höhe und Zusammensetzung des
Energieverbrauchs keine Unterschiede aufweisen.[4]
Zur Quantifizierung der Veränderung der Abga-
benbelastung durch die Einführung von Umweltsteu-
ern werden Unternehmen über einen Zeitraum von
zehn Perioden veranlagt. Die Steuer- und Abgaben-
zahlungen werden in jeder Periode mit der kasuisti-
schen Veranlagungssimulation berechnet. Da die be-
treffenden Zahlungen gleichzeitig liquiditätswirksam
sind und somit den Finanzierungssaldo mindern, läßt
sich mit Hilfe der Vermögensendwertmethode die
Gesamtabgabenbelastung des Unternehmens unter
Berücksichtigung von Zins- und Liquiditätseffekten
für den gesamten Berechnungszeitraum ermitteln.
In die Belastungsanalyse werden neben den drei
Umweltsteuern, deren Bemessungsgrundlagen und
Tarife in das Steuermodul des Unternehmensmodells
integriert wurden,[5] sämtliche relevanten Unterneh-
menssteuern für die untersuchten Länder inklusive
der wichtigsten Vorschriften zur Ermittlung der Be-
messungsgrundlagen und Steuertarife einbezogen
(Tab. 1). Die Vorschläge zur Einführung von Umwelt-
steuern sehen häufig vor, die daraus resultierenden
Belastungen zum Teil durch eine Reduzierung der
Beitragssätze zu den gesetzlichen Sozialabgaben zu
kompensieren. Um die Nettobelastungswirkungen ei-
ner so verstandenen ökologischen Steuerreform ana-
lysieren zu können, werden deshalb auch die länder-
spezifischen Sozialabgaben (siehe Tabelle 1) in Höhe
der jeweiligen Arbeitgeberbeiträge berücksichtigt.
Die in dem Modell aus den Personaldaten ermittelten
Sozialabgaben werden wie die Steuerzahlungen li-
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8DBW 59 (1999) 1
quiditätsmindernd berücksichtigt, so daß im Ergebnis
die Belastung eines Unternehmens mit Steuern und
Sozialabgaben quantifiziert wird.
Zur Ermittlung der Belastungswirkungen einer
ökologischen Steuerreform verspricht die Verwen-
dung von Unternehmensmodellen in Kombination
mit der kasuistischen Veranlagungssimulation und
der (finanzplanorientierten) Vermögensendwertme-
thode mehrere Vorteile: Zum einen lassen sich durch
die Veranlagungssimulation im Zeitablauf die Steu-
erbemessungsgrundlagen und somit die Interdepen-
denzen der Steuerarten vollständig abbilden. Bezo-
gen auf die Ermittlung der finanziellen Konsequen-
zen von Umweltabgaben bedeutet dies, daß neben
den dadurch ausgelösten Primärwirkungen auch die
Sekundäreffekte berücksichtigt werden, die beispiels-
weise aus ihrer Abzugsfähigkeit bei den Ertragsteu-
ern oder ihrer Einbeziehungspflicht im Rahmen der
Bestandsbewertung resultieren. Zum anderen können
durch die Kombination von Veranlagungssimulation
und Vermögensendwertmethode bei Mehrperioden-
betrachtungen auch die Interdependenzen im Bereich
der steuerlichen Bemessungsgrundlagen und der
ökonomischen Ausgangsdaten bewältigt werden. So-
mit werden sämtliche Steuerzahlungen selbst bei
Einbeziehung bemessungsgrundlagenabhängiger
Steuersätze sowie Verlustausgleichsvorschriften ex-
akt berechnet. Schließlich können bei computerge-
stützten Unternehmensmodellen prinzipiell alle öko-
nomischen Ausgangsdaten variabel gestaltet werden,
womit es möglich ist, beliebige Unternehmen ab-
zubilden sowie die Konsequenzen aus der Variation
von Ausgangsdaten des Unternehmens zu simulie-
ren. Auf die Weise können weitgehend allgemeingül-
tige Ergebnisse in Form von Bandbreiten gewonnen
werden.
3. Belastungswirkungen dreier alternativer
Konzepte von Umweltsteuern
3.1. Internationaler Vergleich der Steuer-
und Abgabenbelastung de lege lata
Im Ausgangsfall werden die Berechnungen für ein
fiktives Unternehmen vorgenommen, das typische
Daten des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland
aufweist (siehe Tabelle 2).[6]
Die Gesamtbelastung mit Steuern (ohne Umwelt-
steuern) und Sozialabgaben ist für dieses Unterneh-
men in Frankreich am höchsten. Bei Anwendung des
deutschen Rechts ist die Belastung um 16,1%, nach
Maßgabe der britischen Vorschriften um 45,9% ge-
ringer (siehe Tabelle 3). Vergleicht man lediglich den
Einfluß der jeweiligen nationalen Steuersysteme, in-
dem die Sozialabgaben als exogene Größe in die
Deutschland Frankreich Großbritannien
Grundsteuer
Gewerbesteuer (v. Ertrag)
Körperschaftsteuer
Solidaritätszuschlag
Krankenversicherung
Pflegeversicherung
Rentenversicherung
Arbeitslosenversicherung
Unfallversicherung
Konkursausfallversicherung
Taxe foncière
Taxe professionnelle
Taxes salaires
Impôt sur les sociétés
Assurance maladie
Allocations familiales
Assurance vieillesse
ASF
Aide logement
Assurance chômage
Accidents du travail
AGS
Retraites complémentaires
Rates
Corporation tax
Health insurance
Family credit
Old-age pension scheme
Unemployment insurance
Workmen’s compensation
insurance
Tab. 1: Einbezogene Steuerarten und Sozialabgaben
9
DBW 59 (1999) 1
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
• Umsatz 87,2 Mio. DM
• Bilanzsumme 68,7 Mio. DM
• Zu versteuerndes Einkommen 4,5 Mio. DM
• Eigenkapitalquote 29 %
• Anteil der Personalaufwendungen am Umsatz
25%
• Anteil der Energieaufwendungen am Umsatz
2,1%
•CO
2
-Emissionen: 90 Gramm pro 1 DM Umsatz
• Umsatzrentabilität nach Steuern 3,0 %
• Eigenkapitalrentabilität nach Steuern 14,7 %
• Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern 7,3 %
Tab. 2: Daten des Ausgangsunternehmens in
Deutschland (Periode 6)
Land Deutschland Frankreich Großbritannien
Körperschaftsteuer
(inkl. SolZ)
44.132.071 DM 37.066.966 DM 30.641.621 DM
Grundsteuer 158.939 DM 688.368 DM 1.787.647 DM
Gewerbesteuer/Taxe
professionnelle
9.080.329 DM 8.236.732 DM –
Arbeitgebersteuern – 2.835.752 DM –
Sozialabgaben 15.475.603 DM 33.221.048 DM 11.969.196 DM
Gesamtabgaben-
belastung
68.846.942 DM 82.048.866 DM 44.398.464DM
Tab. 3: Einfluß der Steuerarten und Sozialabgaben auf die Gesamtabgabenbelastung
Berechnungen eingehen, ist die Steuerbelastung des
Unternehmens in Frankreich ebenfalls am höchsten.
In Deutschland ergibt sich eine um 4,6% und in
Großbritannien eine um 39,3% geringere Steuerbe-
lastung.
3.2. Wirkungen der drei Konzepte
Die Europäische Kommission hat 1995 einen Vor-
schlag für eine Steuer auf Kohlendioxidemissionen
und Energie vorgelegt.[7] Dieser sieht vor, den Ener-
gieverbrauch fossiler Brennstoffe und Strom, soweit
dieser nicht aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt
wird, sowie den Ausstoß von CO
2
zu besteuern. Die
Steuertarife, die ab dem Jahr 2000 gelten sollen,
betragen für CO
2
17,62 DM pro Tonne, für Elektrizi-
tät 13,16 DM pro MWh sowie für fossile Brennstoffe
grundsätzlich 1,32 DM pro GigaJoule.[8]
Durch die CO
2
-/Energiesteuer würde sich die Ge-
samtabgabenbelastung für das Ausgangsunterneh-
men in Deutschland um 2,9% erhöhen. Demgegen-
über wäre der absolute Anstieg der Abgabenbela-
stung der in allen Ländern identischen EU-Umwelt-
steuer in Großbritannien ceteris paribus um etwa
69% und in Frankreich um etwa 21% höher als in
Deutschland.[9] Dabei wurde angenommen, daß sich
der Energieverbrauch und die Emissionen pro produ-
zierter Einheit und die Emissionen zur Stromerzeu-
gung infolge der Energiesteuer während des Betrach-
tungszeitraums ceteris paribus um etwa 3% reduzie-
ren.[10] Die unterschiedlichen Belastungswirkungen
resultieren aus den Interdependenzen zwischen Um-
weltsteuern und den übrigen Steuerarten. Der ver-
gleichsweise geringere Anstieg in Deutschland ist auf
die größeren Entlastungswirkungen bei den Ertrag-
steuern zurückzuführen. Eine EU-weite Umweltsteuer
hätte somit je nach Mitgliedstaat unterschiedliche
Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der dort
ansässigen Unternehmen, aber auch voneinander ab-
weichende ökologische Lenkungswirkungen.
Durch die Einführung der CO
2
-/Energiesteuer wür-
den den Unternehmen, neben der intendierten Ver-
änderung der relativen Preise, finanzielle Mittel dau-
erhaft entzogen. Um die negativen Wirkungen dieser
Steuererhöhung auf das Investitionsverhalten und
die internationale Wettbewerbsfähigkeit gegenüber
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10 DBW 59 (1999) 1
Staaten außerhalb der Europäischen Union zu ver-
meiden, sollte daher eine Kompensation durch Sen-
kung anderer Steuern oder Abgaben erfolgen. Die
erwünschte Lenkung tritt grundsätzlich auch bei ei-
ner Rückerstattung des Umweltsteueraufkommens
aufgrund der Veränderung der relativen Preise ein,
wenngleich die durch den Einkommenseffekt be-
dingte Energieeinsparung bzw. CO
2
-Minderung weg-
fällt.[11] Der Vorschlag der Europäischen Kommis-
sion sieht zwar explizit keine spezielle Kompensation
vor, er stellt den einzelnen Mitgliedstaaten jedoch die
Möglichkeit zum Ausgleich der Belastungen frei.
In Deutschland könnte eine Kompensation zum
einen bei den gesetzlichen Sozialabgaben erfolgen.
Allerdings besteht kein systematischer Zusammen-
hang zwischen der Erhebung einer Umweltsteuer und
der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge, da
letztere zweckgebunden zur Finanzierung der Sozial-
systeme erhoben werden. Zum anderen könnte ein
Ausgleich der Belastungen durch die Umweltsteuer
im Rahmen der bestehenden Steuerarten realisiert
werden. Wenn man dabei berücksichtigt, daß sowohl
die Umweltsteuer als auch die Gewerbesteuer mit
dem Äquivalenz- bzw. Verursacherprinzip gerecht-
fertigt werden, so erscheint eine Abschaffung der
Gewerbesteuer als Kompensation auf Unternehmens-
ebene steuersystematisch angemessen. Auf diese
Weise wird eine Doppelbelastung von Gewerbebe-
trieben mit Gewerbe- und mit Umweltsteuern, die
beide als Äquivalent für entstandene externe Kosten
erhoben werden, vermieden.[12] In Kombination mit
dem Wegfall der Gewerbesteuer als Kompensation
reduziert sich die Gesamtabgabenbelastung des Un-
ternehmens durch die Einführung der CO
2
-/Energie-
steuer gegenüber dem Ausgangsfall in Deutschland
um circa 4,1%. Damit wird deutlich, daß durch die
Auswahl der Kompensation im Durchschnitt eine
deutliche Entlastung der Unternehmen bei der Ein-
führung einer CO
2
-/Energiesteuer möglich ist. Aller-
dings wurde dabei nicht untersucht, ob sich das
Aufkommen der Umwelt- und der Gewerbesteuer
entspricht, so daß sich für den Staat aus dieser Um-
setzung Mehr- oder Mindereinnahmen ergeben kön-
nen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat im November
1995 einen Vorschlag zur Einführung einer nationa-
len Energiesteuer ab dem Jahre 1996 unterbrei-
tet.[13] Zum einen soll eine sogenannte Stromspar-
steuer auf den Verbrauch von Strom erhoben werden.
Diese wird im ersten Jahr für Gewerbebetriebe mit
0,5 Pfennig pro kWh angegeben, soweit der Strom
mit einer Spannung von über 10 kV bezogen wird.
Zum anderen umfaßt der Vorschlag eine Besteuerung
ausgewählter Kraft- und Heizstoffe (Mineralöl und
Gas). Die Steuersätze hierfür sollen im Jahr 1996 10
Pfennig pro Liter Benzin und Diesel sowie 4 Pfennig
pro Liter Heizöl betragen. Für Gas berechnet sich ein
entsprechender Tarif mit 1,17DM pro GigaJoule.
Diese Steuersätze werden bis zum Jahr 2000 in zwei
Schritten verdoppelt. Das Aufkommen der Energie-
steuer sowie das darauf entfallende Umsatzsteuer-
aufkommen sollen als Zuschuß zur Bundesanstalt für
Arbeit verwendet werden, um die Beitragssätze der
Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Arbeitslosenver-
sicherung zu reduzieren. Bei Fortschreibung der
Werte mit der im Modell verwendeten Tariflohnstei-
gerung von 3% pro Jahr und unter Annahme von
konstanten Beitragssätzen und Beitragsbemessungs-
grenzen ergibt sich somit im Jahr 2000 eine Reduzie-
rung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung
von 3,25% auf 2,29%.[14]
Unter Berücksichtigung dieser Daten und unter
der Annahme, daß sich der Energieverbrauch des
Unternehmens sowie der öffentlichen Stromerzeuger
infolge der Energiesteuer um jährlich 2% redu-
ziert,[15] würde sich die Gesamtabgabenbelastung
des Ausgangsunternehmens nur unwesentlich um
0,3% erhöhen. Denn die Belastung mit Umweltsteu-
ern (0,9 Mio. DM) würde durch die Reduzierung der
Sozialabgabenbelastung (0,7 Mio. DM) nahezu kom-
pensiert werden.
Im Mittelpunkt des Vorschlags des BUND für eine
ökologische Steuerreform steht eine Steuer auf den
Verbrauch sämtlicher nicht regenerierbarer Primär-
energieträger (Kohle, Mineralöl, Erdgas sowie Kern-
energieträger) entsprechend ihrem Energiegehalt, die
ab dem Jahre 1996 in Deutschland erhoben werden
sollte.[16] Der Steuersatz beträgt im ersten Jahr für
alle Energieträger einheitlich 2,78 DM pro GigaJoule
und steigt gleichmäßig bis zum zehnten Jahr (2005)
auf 19,46 DM an. Daneben ist eine Erhöhung der
Mineralölsteuer auf Benzin und Diesel um 0,46 DM
pro Liter bis zum Jahr 2005 vorgesehen. Das Auf-
kommen der Primärenergiesteuer, der zusätzlichen
11
DBW 59 (1999) 1
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
0
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belastung in DM
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Ö
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u
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Mineralölsteuer und der auf diesen Steuern lastenden
Umsatzsteuer beziffert der BUND mit 57 Mrd. DM im
Jahr 1996 und 350 Mrd. DM im Jahr 2005.
Dieses Aufkommen soll als Bundeszuschuß dazu
verwendet werden, die Beitragssätze zur gesetzlichen
Arbeitslosen- und Rentenversicherung zu reduzieren.
Nach Angaben des BUND sollen 60 Mrd. DM des
Aufkommens zur Finanzierung der Arbeitslosenver-
sicherung verwendet werden, so daß der Beitragssatz
auf von 3,25% auf 2,17% sinkt. Das verbleibende
Aufkommen wird als Zuschuß zur gesetzlichen Ren-
tenversicherung verwendet, wodurch sich deren Bei-
tragssatz im Jahr 2005 ceteris paribus von 10,15%
auf 2,42% reduziert.[17]
Bei Anwendung der endgültigen Steuertarife im
Jahr 2005 ergibt sich unter Berücksichtigung der
Kompensation für das Ausgangsunternehmen eine
Erhöhung der Abgabenbelastung um 8,4%, da die
Belastung durch die Energiesteuer (13,6 Mio. DM)
wesentlich höher ist als die Entlastung durch die
Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge (7,8
Mio DM). Dabei wurde angenommen, daß der Ener-
gieverbrauch durch die Einführung der Energiesteuer
bis zum Jahr 2005 um 5% zurückgeht.[18]
Wie aus der Gegenüberstellung in Abbildung 1 zu
erkennen ist, erhöht sich die Gesamtabgabenbela-
stung des Ausgangsunternehmens bei der Umsetzung
der Energiesteuer des BUND am stärksten, während
die Auswirkungen des SPD-Vorschlags minimal sind.
Ohne Kompensation ist auch die Belastungswirkung
der CO
2
-/Energiesteuer der EU mit einer Zunahme
von 2,9% relativ groß. Allerdings wäre der Bela-
stungsanstieg in den beiden andern Ländern noch
größer, weshalb sich die Situation für den Standort
Deutschland innerhalb der EU ceteris paribus ver-
bessern würde. Gegenüber Konkurrenten außerhalb
der EU führt die Erhöhung der Abgabenbelastung in
Deutschland jedoch zu einer Verschlechterung der
Wettbewerbsposition, da diese keiner entsprechenden
Belastung unterliegen.
Zur Vermeidung dieser Konsequenzen sollte daher
die oben vorgeschlagene Kompensation umgesetzt
werden, wodurch sich die Abgabenbelastung des
Ausgangsunternehmens merklich verringern würde.
Dadurch würden sich die Wettbewerbsnachteile ge-
genüber Drittländern für eine Vielzahl von Unter-
nehmen wesentlich verringern. Aber auch innerhalb
der EU würde sich die Wettbewerbsfähigkeit deut-
scher Unternehmen verbessern, solange die übrigen
Mitgliedstaaten nicht höhere Kompensationsmaß-
nahmen ergreifen. Daß diese jedoch überhaupt keine
Ausgleichsmaßnahmen ergreifen, erscheint eher un-
wahrscheinlich.
Abb. 1: Auswirkungen der Umweltsteuerkonzepte auf das Ausgangsunternehmen
Otto H. Jacobs / Christoph Spengel / Alexander Wünsche
12 DBW 59 (1999) 1
3.3. Ableitung maßgeblicher Einflußgrößen
für die Belastungswirkung von Umweltsteuern
Die für das Ausgangsunternehmen dargestellten Be-
lastungswirkungen gelten nicht für alle Unterneh-
men in gleicher Weise. Vielmehr sind die Ergebnisse
nur für diesen Einzelfall gültig und können nicht
ohne weiteres auf andere Unternehmen übertragen
oder verallgemeinert werden. Die konkrete Verände-
rung der Steuer- und Abgabenbelastung ergibt sich
nur anhand der Struktur des Unternehmens und der
Vielzahl von unternehmensindividuellen und ge-
samtwirtschaftlichen Daten, welche die einzelnen
Steuer- und Abgabenzahlungen im Zeitablauf de-
terminieren. Um die Belastungssituation alternativer
Unternehmen analysieren zu können, sollen daher
nachfolgend wesentliche Determinanten der Bela-
stungswirkung auf Unternehmensebene aufgezeigt
werden.
Alle drei Umweltsteuervorschläge knüpfen an den
Energieverbrauch an, weshalb die Belastung einer
Umweltsteuer mit zunehmender Energieintensität
grundsätzlich ansteigt. Jedoch gibt es hiervon auch
Ausnahmen: Die CO
2
-/Energiesteuer der EU wird zu-
sätzlich auf die CO
2
-Emissionen erhoben, so daß de-
ren Ausmaß ebenfalls für die Belastungshöhe aus-
schlaggebend ist. Dabei weisen die einzelnen Pri-
märenergieträger unterschiedliche spezifische CO
2
-
Koeffizienten auf. Da Gas im Verhältnis zur Ener-
giemenge die geringsten CO
2
-Emissionen aller fossi-
len Primärenergieträger bewirkt, werden Unterneh-
men mit hohem Gasanteil am Energieverbrauch we-
niger durch die Umweltsteuer belastet als
Unternehmen mit hohem Kohleanteil, da Kohle die
höchsten spezifischen CO
2
-Emissionen verursacht.
Die größten Abweichungen der Belastungswir-
kung von der Energieintensität sieht der Vorschlag
der SPD vor. Da Kohle von der Besteuerung ausge-
nommen ist, kann es vorkommen, daß Unternehmen
mit höherer Energieintensität eine geringere Energie-
steuerbelastung erfahren als Unternehmen mit gerin-
gerer Energieintensität. Hierdurch kann es zu erheb-
lichen Wirkungsbrüchen bei dem gewünschten Len-
kungsziel der Energiesteuer kommen. Darüber hinaus
unterliegt bei diesem Vorschlag Strom einer Doppel-
besteuerung, soweit er aus Mineralöl und Gas her-
gestellt wird. Es kann daher unter Umständen für die
Unternehmen vorteilhaft sein, ihre Energie direkt in
Form von Mineralöl oder Gas anstelle von Strom zu
beziehen. Zusätzlich werden nach dem Vorschlag der
SPD Kraftstoffe einer höheren Besteuerung unter-
worfen als die übrigen Mineralöle, so daß die Bela-
stung des Unternehmens auch von der Höhe des
Anteils der Kraftstoffe am Mineralölverbrauch ab-
hängt. Dies gilt ebenso für den Vorschlag des BUND,
bei dem jedoch alle übrigen Energieträger gleicher-
maßen besteuert werden. Entsprechend kommt es
beim BUND-Konzept in der Regel zu keinen Wir-
kungsbrüchen, insbesondere weil Strom nach Maß-
gabe der für die Erzeugung eingesetzten Energie-
träger verteuert wird.
Neben der Energieintensität ist für die Belastungs-
wirkung die Erfolgslage auf Unternehmensebene be-
stimmend. Da die Umweltsteuer als Betriebsausgabe
die Ertragsteuern mindert, ergibt sich bei guter Er-
folgslage eine verhältnismäßig geringere Effektiv-
belastung. Dabei gilt prinzipiell: je höher die Ertrag-
steuersätze sind, desto geringer ist die effektive Bela-
stungswirkung der Umweltsteuer. Bei schlechter Er-
tragslage kann die Minderung der Ertragsteuern
jedoch nicht in voller Höhe eintreten, ab einer er-
tragsteuerlichen Bemessungsgrundlage von Null er-
höht die Umweltsteuer lediglich den vor- oder rück-
tragsfähigen Verlust. In diesem Fall kommt es zu
zusätzlichen Zins- und Liquiditätsbelastungen. Auf-
grund des hohen Anteils ertragsunabhängiger Steu-
ern und Sozialabgaben wirkt sich eine Umweltsteuer
in Frankreich besonders gravierend aus. Denn da-
durch wird der ertragsunabhängige Anteil an der
Abgabenbelastung zusätzlich erhöht, so daß die Be-
lastung des Unternehmens bereits bei geringem Ren-
diterückgang lediglich aus ertragsunabhängigen
Komponenten besteht. Die Steuerzahlungen müssen
in diesen Fällen aus der Substanz geleistet werden.
Schließlich ist auch die Höhe der Personalintensi-
tätrelevant. Nach den Vorschlägen der SPD und des
BUND wird aus dem Aufkommen der Energiesteuer
eine Reduktion der Beitragssätze der gesetzlichen
Sozialabgaben vorgenommen. Daher erhalten Unter-
nehmen grundsätzlich einen um so höheren Aus-
gleich als Entlastung, je größer deren Personalin-
tensität ist. Dabei werden jedoch nur solche Perso-
nalaufwendungen entlastet, die der Sozialabgaben-
pflicht unterliegen. Damit ist neben der Höhe der
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Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
- 1 0 , 0
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+ 1 0 , 0
+ 2 0 , 0
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Personalintensität ferner die Höhe der gesetzlichen
Sozialabgaben maßgeblich, die über die Beitragsbe-
messungsgrenzen von der Höhe der Bruttolöhne und
von der Art der Personalaufwendungen abhängig
sind.
Neben diesen wesentlichen Einflußfaktoren hängt
die konkrete Auswirkung der drei Umweltsteuervor-
schläge auf Unternehmen noch von einer Vielzahl
weiterer Größen ab, die auch die Steuer- und Ab-
gabenbelastung de lege lata determinieren. Dies sind
beispielsweise das Ausschüttungsverhalten, die Fi-
nanzierungsstruktur, die Vermögensstruktur und das
Investitionsverhalten sowie die mögliche Einbindung
in einen Konzern. Als Faktorsteuern werden Umwelt-
steuern deshalb Einfluß auf betriebliche Entschei-
dungen vielfältiger Art ausüben.[19]
4. Auswirkungen der drei Umweltsteuer-
konzepte auf ausgewählte Unternehmen
4.1. Branchentypische Unternehmen
Zur Abschätzung der Wirkung der drei Umweltsteu-
ervorschläge auf unterschiedliche Branchen wurde
die Veränderung der Steuer- und Abgabenbelastung
Abb. 2: Auswirkungen der drei Ökosteuerkonzepte für ausgewählte Branchen
Otto H. Jacobs / Christoph Spengel / Alexander Wünsche
14 DBW 59 (1999) 1
für Durchschnittsunternehmen[20] wichtiger Bran-
chen in Deutschland quantifiziert. Die Berechnungen
haben ergeben, daß Baugewerbe, Elektrotechnik, Ma-
schinenbau sowie Straßenfahrzeugbau durch eine
ökologische Steuerreform tendenziell profitieren
würden (siehe Abbildung 2).
Dabei sind die Entlastungen im Maschinenbau so-
wie in der Elektrotechnik etwas größer als in den
anderen beiden Branchen, was aus dem vergleichs-
weise niedrigeren Energieverbrauch innerhalb dieser
Branchen resultiert. Die Verringerung der Steuer-
und Abgabenbelastung innerhalb dieser Branchen
resultiert aus dem vergleichsweise niedrigen Ener-
gieverbrauch. Unter Berücksichtigung der Kompen-
sation ergibt sich ein Rückgang der Abgabenbela-
stung um bis zu 4,6%. Dagegen erhöht sich in der
Chemischen Industrie, dem Ernährungsgewerbe und
in der Eisenschaffenden Industrie die Abgabenbela-
stung. Insbesondere in der Eisenschaffenden Indu-
strie sind die Auswirkungen mit einer Zunahme zwi-
schen 3,9% und 397,3% gravierend. Dies ist in erster
Linie auf den hohen Energieverbrauch in dieser
Branche zurückzuführen. Die geringen Erträge ver-
schärfen die Wirkungen der ökologischen Steuerre-
form noch erheblich. Da kaum Minderungen der Er-
tragsteuern erfolgen, wirkt sich die Umweltsteuer
weitestgehend in voller Höhe auf die Abgabenbela-
stung des Unternehmens aus.
Bei Einführung einer CO
2
-/Energiesteuer nach
dem Konzept der EU ergeben sich in den einzelnen
Branchen Belastungsanstiege in Höhe von 0,9% bis
38,7%. Allerdings sind die Effekte im Baugewerbe,
der Elektrotechnik, dem Maschinenbau und dem
Straßenfahrzeugbau relativ gering. Dies resultiert in
erster Linie aus dem geringen Energieverbrauch und
den niedrigen CO
2
-Emissionen in diesen Branchen.
Die Chemische Industrie und das Ernährungsgewerbe
werden dagegen wegen der höheren Energieintensi-
tät stärker von der CO
2
-/Energiesteuer betroffen. Am
ungünstigsten schneidet wiederum die Eisenschaf-
fende Industrie ab (38,7%), was neben der hohen
Energieintensität auf die umfangreichen CO
2
-Emmis-
sionen aufgrund des bedeutenden Kohleanteils zu-
rückzuführen ist.
Bei zusätzlicher Berücksichtigung der vorgeschla-
genen Kompensation in Deutschland (Wegfall der
Gewerbesteuer) bewirkt die CO
2
-/Energiesteuer mit
Ausnahme der Eisenschaffenden Industrie in allen
betrachteten Branchen eine Verringerung der Ab-
gabenbelastung. Der Entlastungseffekt ist im Bauge-
werbe, der Chemischen Industrie, dem Ernährungs-
gewerbe und dem Straßenfahrzeugbau moderat. In
der Chemischen Industrie und dem Ernährungsge-
werbe sind die Entlastungen der Kompensation zwar
relativ hoch, jedoch kann diese aufgrund der ver-
gleichsweise hohen Belastung durch die Umwelt-
steuer nur zu einer geringen Gesamtentlastung füh-
ren. Im Baugewerbe und im Straßenfahrzeugbau sind
demgegenüber die Entlastungswirkungen der Kom-
pensation relativ gering, weil keine sehr hohen Ge-
winne erzielt werden. Daher kommt es auch in diesen
Branchen nur zu relativ geringen Gesamtentlastun-
gen. In der Elektrotechnik und im Maschinenbau
wird jedoch eine vergleichsweise geringe Belastungs-
wirkung der Umweltsteuer mit einer relativ hohen
Kompensation kombiniert, so daß es in diesen Berei-
chen zu spürbaren Entlastungen kommt. Die Ge-
werbesteuer stellt für diese Branchen derzeit eine
besonders hohe Belastung dar, so daß sie von dem
Wegfall besonders profitieren.
Für die Eisenschaffende Industrie ist die vorge-
schlagene Kompensation keine geeignete Maß-
nahme; insgesamt verbleibt eine Erhöhung der Ab-
gabenbelastung um 38,2%. Dies ist vorwiegend auf
die schlechte Ertragslage zurückzuführen, bei der oh-
nehin kaum Gewerbesteuer anfällt. Die Umweltsteuer
bewirkt einen weiteren Rückgang der Ertragslage, so
daß die Kompensation weitgehend ins Leere läuft. In
diesem Fall kann die enorme Belastung durch die
Umweltsteuer nicht mit der Verringerung oder dem
Wegfall von Steuerarten alleine vermindert werden.
Insgesamt wird deutlich, daß die Belastungen durch
die Umweltsteuer und die Entlastungen durch den
Wegfall der Gewerbesteuer keineswegs in allen Fäl-
len korrespondieren.
Die Auswirkungen der SPD-Energiesteuer auf die
einzelnen Branchen sind deutlich geringer. So ver-
ringert sich die Abgabenbelastung im Baugewerbe
nur äußerst minimal und auch in den Branchen Elek-
trotechnik, Maschinenbau und Straßenfahrzeugbau
beträgt der Rückgang weniger als 1%. Bei diesen
Unternehmen gleichen sich die Belastungen durch
die Energiesteuer und die Entlastungen durch die
Senkung der Sozialabgaben weitgehend aus, so daß
15
DBW 59 (1999) 1
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
nur geringfügige Gesamtveränderungen zu erwarten
sind. Dabei spielen zum einen die niedrigen Steuer-
sätze der Energiesteuer und die relativ niedrige Ener-
gieintensität in diesen Branchen eine wichtige Rolle.
Zum anderen weisen diese Branchen im Vergleich
zum Ausgangsunternehmen einen höheren Anteil
des Personalaufwands am Umsatz auf.
Die Chemische Industrie, die Eisenschaffende In-
dustrie und das Ernährungsgewerbe werden auch bei
diesem Konzept trotz der vorgesehenen Kompensa-
tion durch die ökologische Steuerreform geringfügig
belastet. Die Zusatzbelastung in der Chemischen und
der Eisenschaffenden Industrie ist hauptsächlich auf
die hohe Energieintensität zurückzuführen. Dagegen
resultiert die Mehrbelastung im Ernährungsgewerbe
vorwiegend aus der sehr niedrigen Personalintensi-
tät. Für die Eisenschaffende Industrie wird die Bela-
stung durch die Nichtbesteuerung von Kohle erheb-
lich reduziert. Die Mehrbelastung fällt daher bei dem
Vorschlag der SPD gegenüber den beiden anderen
Konzepten sehr gering aus.
Das Konzept einer Energiebesteuerung des BUND
wirkt sich aufgrund des prinzipiell gleichen Aufbaus
grundsätzlich genauso auf die einzelnen Branchen
aus wie der Vorschlag der SPD. Allerdings sind die
Effekte wesentlich größer, weil die Steuertarife insge-
samt merklich höher sind. Dabei sind sowohl die
Belastungen durch die Energiesteuer als auch die
Entlastungen durch die Reduzierung der Sozialab-
gaben grundlegend größer. Da sich beide Effekte
jedoch zumeist nicht vollständig ausgleichen, kommt
es auch zu stärkeren Gesamtauswirkungen.
Eine finanzielle Entlastung durch die ökologische
Steuerreform nach dem Vorschlag des BUND erfolgt
im Baugewerbe, in der Elektrotechnik, im Maschi-
nenbau und im Straßenfahrzeugbau. Wegen der rela-
tiv hohen Personalintensität ergeben sich wiederum
für die Elektrotechnik und den Maschinenbau die
größten Gesamtentlastungen. Die Chemische Indu-
strie, die Eisenschaffende Industrie und das Ernäh-
rungsgewerbe werden von der ökologischen Steuer-
reform dagegen relativ stark belastet. In der Chemi-
schen Industrie bewirkt der vergleichsweise hohe
Energieverbrauch einen Anstieg der Abgabenbela-
stung um 26,9 %. Auch das Ernährungsgewerbe wird
von der Energiebesteuerung stark betroffen sein, ins-
besondere weil die Kompensation wegen der niedri-
gen Personalintensität nicht ausreichend ist. In der
Eisenschaffenden Industrie beträgt die Zunahme der
Abgabenbelastung 397,3%. Hier führt der sehr hohe
Energieverbrauch unter Anwendung der hohen Steu-
ertarife zu immensen Energiesteuerzahlungen. Die
Kompensation bei den Sozialabgaben kann dabei die
Energiesteuerbelastung auch nicht annähernd aus-
gleichen. Es kommt daher bei dem Unternehmen
dieser Branche zu einem massiven Ertragsrückgang,
so daß ein dauerhafter Bestand der Branche kaum
möglich erscheint.
4.2. Empirische Untersuchung für ausgewählte
konkrete Unternehmen
Auch die für die Branchenunternehmen ermittelten
Effekte dürfen nicht ohne Einschränkung verallge-
meinert werden. Denn in Abhängigkeit von der kon-
kreten Unternehmenssituation und insbesondere der
Ausprägung der Faktoren, die typischerweise Be-
und Entlastungen bewirken, ergeben sich durch eine
ökologische Steuerreform zum Teil signifikant unter-
schiedliche Auswirkungen. Um diese Zusammen-
hänge zu verdeutlichen, werden abschließend die
Auswirkungen der drei Umweltsteuervorschläge für
zehn konkrete Unternehmen alternativer Branchen in
Baden-Württemberg quantifiziert.[21] Der empiri-
schen Untersuchung wurden jeweils die Einzelab-
schlüsse der Unternehmen, die Grundlage der Be-
steuerung bilden, aus dem Jahr 1995 zugrunde ge-
legt. Bei den Berechnungen wurden in Deutschland
auch die Vermögensteuer und die Gewerbesteuer
vom Kapital einbezogen, da diese erst zum 1.1. 1997
bzw. 1.1. 1998 weggefallen und somit in den erho-
benen Daten noch enthalten sind. Bei der Kompensa-
tion der EU-CO
2
-/Energiesteuer wurden beide Steu-
ern als Substanzsteuern zusätzlich einbezogen.
Die wesentlichen Ergebnisse der Studie können
wie folgt zusammengefaßt werden (siehe auch Ab-
bildung 3): Die meisten der in die Untersuchung
einbezogenen Unternehmen würden tendenziell von
einer ökologischen Steuerreform profitieren. Dies gilt
insbesondere für die Wirtschaftsprüfung AG als
Dienstleistungsunternehmen. Aber auch die Bau AG,
die Handel GmbH, die Schmierstoff GmbH, die Auto-
mobilzulieferer GmbH, die Automobil AG, die Elektro
Otto H. Jacobs / Christoph Spengel / Alexander Wünsche
16 DBW 59 (1999) 1
-10,0 +0,0 +10,0 +20,0
+795,4 %
Verarbeitendes
Gewerbe
Automobil AG
Autozulieferer
GmbH
Bau AG
Elektro GmbH
Handel GmbH
Maschinenbau
GmbH
Nahrun
g
smittel AG
Schmierstoff GmbH
Wirtschafts
p
rüfun
g
AG
Zement und Gi
p
s
AG
Veränderun
g
der
Ab
g
abenbelastun
g
in %
EU ohne Kom
p
ensation EU mit Kom
p
ensation SPD B.U.N.D.
+84,2 %
-24,4 %
GmbH und die Maschinenbau GmbH würden prinzi-
piell entlastet, wenn man die mit den Umweltsteuer-
vorschlägen verbundene Kompensation in die Be-
trachtung einbezieht. Allerdings sind in Einzelfällen
auch geringfügige Mehrbelastung zu erwarten. Die
Zement und Gips AG und die Nahrungsmittel AG
hätten dagegen aufgrund ihrer hohen Energieintensi-
tät mit erheblichen Mehrbelastungen zu rechnen. Da-
bei differieren die Wirkungen bei den untersuchten
Unternehmen erheblich voneinander, woraus die Er-
fordernis einer einzelfallabhängigen Analyse ersicht-
lich wird. Die Bandbreite reicht von einer Entlastung
in Höhe von 24,4% bis zu einer Belastung in Höhe
von knapp 800% der Abgabenbelastung.
In Abbildung 3 kann man auch erkennen, daß eine
vergleichsweise hohe Entlastung bei der Maschinen-
bau GmbH durch die EU-CO
2
-/Energiesteuer mit
Kompensation erfolgt. Dabei zeigt sich die Abhän-
gigkeit der Kompensation von der Erfolgslage des
Unternehmens besonders deutlich, weil der Wegfall
der Gewerbesteuer vom Ertrag eine besonders hohe
Entlastung für profitable Unternehmen bewirkt. Die
Abb. 3: Auswirkungen der drei Ökosteuerkonzepte für ausgewählte Unternehmen in Baden-Württemberg
17
DBW 59 (1999) 1
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
Nachteile dieser Art der Kompensation zeigen sich
jedoch auch bei der Bau AG, die aufgrund von zeit-
weiligen Verlusten nur geringfügig entlastet wird.
Eine ähnliche Situation ergibt sich auch für die Wirt-
schaftsprüfung AG. Da das Unternehmen hohe in-
ländischen Schachteldividenden erhält, während die
übrigen Einkünfte negativ sind, fällt keine Gewerbe-
steuer vom Ertrag an. Auch für die Zement und Gips
AG greift die Kompensation kaum, weil aufgrund der
hohen Umweltsteuerzahlungen keine Gewerbesteuer
vom Ertrag anfällt und sich somit deren Wegfall
nicht bemerkbar macht.
Für die Vorschläge der SPD und des BUND kann
man zusammenfassend feststellen, daß die Wirt-
schaftsprüfung AG wegen ihrer hohen Personalin-
tensität spürbar entlastet wird. Für die Zement und
Gips AG sind die finanziellen Folgen bei der BUND-
Energiesteuer mit einer um knapp das Achtfache
gestiegenen Abgabenbelastung äußerst extrem. Das
Unternehmen erwirtschaftet bei Einführung der
Energiesteuer ceteris paribus so hohe Verluste, daß
das Eigenkapital nach wenigen Jahren aufgebraucht
ist. Aufgrund des relativ hohen Anteils von Kohle am
Energieverbrauch der Zement und Gips AG ist die
Belastung durch das Konzept der SPD jedoch wesent-
lich geringer. Insgesamt wird deutlich, daß sich auch
durch eine Kompensation bei den Sozialabgaben
grundlegende Veränderungen der Abgabenbelastung
zwischen einzelnen Unternehmen ergeben werden.
5. Abschließende Beurteilung der Ergebnisse
Die drei untersuchten Umweltsteuervorschläge füh-
ren infolge ihrer Ausgestaltung und der vorgese-
henen Kompensationen zu deutlich unterschiedli-
chen Auswirkungen auf die Steuer- und Abgabenbe-
lastung der Unternehmen. Die größten Effekte resul-
tieren aus dem Konzept des BUND, was auf die im
Vergleich zu den anderen beiden Vorschlägen deut-
lich höheren Energiesteuertarife zurückzuführen ist.
Die dabei im Durchschnitt auftretende Mehrbela-
stung der Unternehmen führt zu spürbaren Nach-
teilen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
deutscher Unternehmen, so daß eine Einführung im
nationalen Alleingang, wie in dem Vorschlag vorge-
sehen, äußerst problematisch erscheint. Die finan-
ziellen Wirkungen des SPD-Vorschlags sind auf-
grund der niedrigen Steuertarife auf Unternehmense-
bene vergleichsweise gering. Allerdings ist zu be-
rücksichtigen, daß die Lenkungseffekte zur
Energieeinsparung daher bei diesem Konzept bedeu-
tend geringer wären. Außerdem würde die Ausnahme
der Kohle von der Energiebesteuerung zu gravieren-
den Verzerrungen führen, die das Erreichen des an-
gestrebten Umweltziels äußerst fragwürdig erschei-
nen lassen. Die EU-CO
2
-/Energiesteuer würde ohne
Kompensation ebenfalls einen spürbaren Anstieg der
Steuer- und Abgabenbelastung der Unternehmen be-
wirken. Unter Berücksichtigung der von uns vorge-
schlagenen Abschaffung der Gewerbesteuer als Kom-
pensation auf Unternehmensebene ergäbe sich je-
doch für das Durchschnittsunternehmen eine merk-
liche finanzielle Entlastung in Deutschland.
Dabei differieren die Auswirkungen bei den unter-
suchten Branchen und Unternehmen bei allen drei
Konzepten erheblich voneinander. Dies hängt auch
damit zusammen, daß die zusätzlichen Belastungen
durch die Umweltsteuer bei den einzelnen Unter-
nehmen in sehr unterschiedlichem Maße kompensiert
werden. Zum einen ist die relativ geringe Kompensa-
tion für Unternehmen mit niedriger Sozialabgaben-
belastung bei den Konzepten des BUND und der SPD
wegen der internationalen Konkurrenzsituation kri-
tisch zu beurteilen. Zum anderen führt die Kompen-
sation der EU-CO
2
-/Energiesteuer bei bestimmten
Unternehmensstrukturen, insbesondere bei geringer
Ertragslage, nur zu einer geringen Entlastung der
Unternehmen, so daß es auch in diesem Fall zu
gravierenden Mehrbelastungen kommen kann.
Bei der Beurteilung der Auswirkungen der Um-
weltsteuerkonzepte ist zusätzlich zu beachten, daß
die konkrete Belastungswirkung bei einzelnen Unter-
nehmen nicht nur von der Höhe des Energiever-
brauchs bzw. der CO
2
-Emissionen abhängt, sondern
von einer Vielzahl von Faktoren, die mit der verur-
sachten Umweltschädigung des Unternehmens nicht
korrelieren. Damit treten neben die intendierten Len-
kungseffekte der Umweltabgaben weitere Entschei-
dungswirkungen hinzu. Insbesondere die überpro-
portional starke Belastung von ertragsschwachen
Unternehmen führt zu einer wesentlichen Verschie-
bung der Belastungssituation innerhalb des Unter-
nehmenssektors, was beträchtliche Veränderungen
Otto H. Jacobs / Christoph Spengel / Alexander Wünsche
18 DBW 59 (1999) 1
der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Unter-
nehmen bewirken kann. Aber auch aus Allokations-
gesichtspunkten ist eine stärkere Belastung von er-
tragsschwachen Unternehmen kritisch zu beurteilen,
weil dies unter Berücksichtigung der Unsicherheit
von Investitionen zu einem Rückgang der Investi-
tionstätigkeit führen kann. Insbesondere für Unter-
nehmensneugründungen stellt diese Wirkung einer
Umweltsteuer eine besondere Schwierigkeit dar, da
zu Beginn typischerweise Anlaufverluste entstehen,
so daß die Neugründung von Unternehmen durch
eine Umweltbesteuerung erschwert wird.[22] Sollen
diese Konsequenzen vermieden werden, müßten un-
abhängig von dem jeweiligen Konzept einer Umwelt-
steuer weitere Maßnahmen für Unternehmen mit
schlechter Erfolgslage eingeführt werden. Zum einen
könnte ein sofortiger Verlustausgleich die Zins- und
Liquiditätseffekte der Umweltsteuerzahlungen in
Verlustsituationen abmildern. Zum anderen könnte
eine Stundung oder Reduzierung der Umweltsteuer
in bestimmten Situationen, wie zum Beispiel bei zeit-
weiligen Verlusten oder bei Unternehmensneugrün-
dungen, diese Effekte abschwächen.
Abschließend kann festgehalten werden, daß die
hohe Belastung energieintensiver Unternehmen und
Branchen durch eine ökologische Steuerreform im
internationalen Vergleich erhebliche steuerlich be-
dingte Verzerrungen verursacht und eine Gefahr für
die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland
darstellt, sofern eine Ökosteuer im nationalen Allein-
gang erhoben wird. In diesem Fall erscheint es drin-
gend erforderlich, Unternehmen mit hoher Ener-
gieintensität durch zusätzliche Ausgleichsmaßnah-
men zu entlasten, wenn diese nicht ins Ausland
verdrängt werden sollen. Allerdings werden derartige
Ausnahmeregelungen die Lenkungswirkungen einer
Umweltsteuer wesentlich vermindern.[23] Eine (teil-
weise) Befreiung der Unternehmen mit hohem Ener-
gieverbrauch von der Energiesteuer verhindert näm-
lich gerade bei diesen Unternehmen, die in hohem
Ausmaß zur Umweltbelastung in Deutschland bei-
tragen, einen Anreiz zu einer wesentlichen Minde-
rung des Energieverbrauchs. Damit gerät aber die
intendierte Lenkungswirkung der Energiesteuer und
damit der Zweck der Umweltbesteuerung in Gefahr.
Aus systematischen Gründen ist daher eine in
Deutschland einseitig durchgeführte ökologische
Steuerreform auf Unternehmensebene abzulehnen,
solange ein Ausgleich der Belastungswirkungen für
energieintensive Unternehmen und die Lenkungswir-
kung einer Umweltsteuer mit derartigen Ausnahme-
regelungen nicht geklärt sind.[24]
Mit einer koordinierten Einführung einer Umwelt-
steuer in den wichtigsten Industrieländern, zumin-
dest innerhalb der EU, könnten dagegen die inter-
nationalen Wettbewerbsverzerrungen grundsätzlich
vermieden werden. Infolge der unterschiedlichen na-
tionalen Steuersysteme wäre aber auch bei einem
international koordinierten Vorgehen die Belastungs-
wirkung einer Umweltsteuer in den einzelnen Län-
dern nicht identisch. Die Effektivbelastung einer
Ökosteuer ohne Kompensation wäre dabei in
Deutschland systematisch geringer ist als in den mei-
sten übrigen Mitgliedstaaten. Berücksichtigt man
darüber hinaus eine mögliche Kompensation, hängt
die Nettobelastung auf Unternehmensebene von der
Höhe der jeweiligen Entlastungsmaßnahmen in den
einzelnen Mitgliedsländern ab. Solange die übrigen
Mitgliedstaaten jedoch keine stärker wirkende Kom-
pensation vorsehen, sind bei einer internationalen
Erhebung von Umweltsteuern aus steuersystemati-
scher Sicht sogar komparative Vorteile für den
Standort Deutschland gegenüber den anderen Län-
dern der EU zu erwarten.
Anmerkungen
[1] Die Ergebnisse wurden in einem Forschungsprojekt
ermittelt, das im Auftrag des Ministeriums für Umwelt
und Verkehr des Landes Baden-Württemberg in Ko-
operation mit dem ZEW durchgeführt wurde. Vgl. Ja-
cobs/Spengel/Wünsche (1997).
[2] Vgl. u.a. Hansjürgens (1995), S. 204; Majocchi (1995),
S. 28ff. Eine Übersicht zahlreicher Ökosteuervor-
schläge gibt Der Rat von Sachverständigen für Um-
weltfragen (1996), S. 510ff.
[3] Vgl. Lang (1995), S. 399ff.; Wagner (1989), S. 265ff.
[4] Zum ökonomischen Rahmenmodell des European Tax
Analyzer und zur Quantifizierung der Steuerbelastung
vgl. Spengel (1995), S. 159ff.
[5] Zur ausführlichen Darstellung vgl. Jacobs/Spengel/
Wünsche (1997), S. 40ff.; Jacobs/Wünsche (1996),
S. 227–229.
[6] Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft (1995);
Deutsche Bundesbank (1995a), S. 57–66; Deutsche
19DBW 59 (1999) 1
Wettbewerbswirkungen einer ökologischen Steuerreform in Deutschland und Europa
Bundesbank (1995b), S. 33–53; Deutsche Industrie-
und Kreditbank (1995), S. 15–19; Statistisches Bundes-
amt (1997), S. 196ff., 232ff., 702ff.; eigene Berech-
nungen.
[7] Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften
(1995).
[8] Bei den Werten wurde ein Wechselkurs von 1,88
DM
/
ECU
zu Grunde gelegt.
[9] Zur Vergleichbarkeit zwischen den Ländern wurden
die Daten der öffentlichen Stromerzeugung in
Deutschland auf alle Länder übertragen, so daß die
Bemessungsgrundlagen der Umweltsteuern unabhän-
gig vom Steuersystem identisch sind.
[10] In dem Vorschlag werden keine Angaben über die
Wirkung der CO
2
-/Energiesteuer auf den Energiever-
brauch und die CO
2
-Emissionen im Verarbeitenden Ge-
werbe getroffen. Der Rückgang des Energieverbrauchs
im Verarbeitenden Gewerbe wurde daher aus anderen
gesamtwirtschaftlichen Analysen abgeleitet. Vgl. Siebe
(1996), S. 461, 466f.; Bach/Kohlhaas/Meinhardt et al.
(1994), S. 112–114.
[11] Zu den Lenkungswirkungen einer Umweltsteuer an-
hand von Elastizitäten vgl. Dickertmann (1993),
S. 50ff.
[12] Zum steuersystematischen Zusammenhang zwischen
Gewerbe- und Umweltsteuer vgl. Jacobs/Wünsche
(1996), S. 239ff.
[13] Vgl. SPD-Bundestagsfraktion (1995); Deutscher Bun-
destag (1995).
[14] Quelle: Statistisches Bundesamt (1997), S. 464; eigene
Berechnungen.
[15] Die SPD rechnet mit einem gesamtwirtschaftlichen
Rückgang des Energieverbrauchs durch die Erhebung
der Energiesteuer um etwa 5%, die jedoch im Verar-
beitenden Gewerbe aufgrund geringerer Einsparpoten-
tiale niedriger sein wird. Vgl. SPD-Bundestagsfraktion
(1995), S. 11; Bach/Kohlhaas/Meinhardt et al. (1994),
S. 112–115, 121.
[16] BUND (1995).
[17] Quelle: Statistisches Bundesamt (1997), S. 464; eigene
Berechnungen.
[18] Diese Reduktionen wurden aus den Berechnungen des
DIW abgeleitet, die vergleichbare Steuersätze der
Energiesteuer verwenden. Vgl. Bach/Kohlhaas/Mein-
hardt (1994), S. 61, 112–115.
[19] Vgl. dazu ausführlicher Jacobs/Spengel/Wünsche
(1997), S. 164–168.
[20] Quelle: siehe Anmerkung 6.
[21] Die Namen der Unternehmen wurden aus datenschutz-
rechtlichen Gründen so verändert, daß lediglich die
Branchenzugehörigkeit zu erkennen ist.
[22] Zu den Folgen der Ertragsunabhängigkeit einer Um-
weltsteuer vgl. Fischer (1997), S. 348f.; Zimmermann
(1996), S. 254.
[23] Vgl. OECD (Hrsg.), 1997, S. 48.
[24] Zu einer Beurteilung der Entlastungsmöglichkeiten auf
Unternehmensebene vgl. Bundesministerium der Fi-
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