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KOMPOSCH | Die Spinnenfauna der Sü d anke des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae) | 4 | Te il 2
S. 98–113 | Schriften d es NP Gesäuse 8 (2012) | GEO-Tag 2011 | Zwischen Bru ckstein und Buchstei n | ALPINE RÄUME
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Teil 2 | 4 | KOMPOSCH | Die Spinnenfauna der Süd anke des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae)
ALPINE RÄUME | Zwischen Bruck stein und Buchstein | GEO-Tag 2011 | Schriften des NP Gesäuse 8 (2012) | S. 98–113
Die Spinnenfauna der Süd anke
des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae)
Von CHRISTIAN KOMPOSCH
Tage der Artenvielfalt bzw. GEO-Tage sind trotz ihres zarten Alters von nur 13 Jahren über-
aus populär. Sie sind bekannt, beliebt, gern genutzt und folglich weit verbreitet. Für das
Jahr 2011 sind auf der Homepage der Zeitschrift GEO genau 607 Aktionen verzeichnet, die
unter der o ziellen Flagge des GEO-Tages der Artenvielfalt segeln (http://www.geo-arten-
vielfalt.de/). Eine vergleichsweise hohe, vielleicht sogar deutlich höhere Zahl an ähnlich ge-
arteten und nicht bei GEO registrierten Veranstaltungen sorgt für ein unglaublich dichtes
Netz an diesen ö entlichkeitswirksamen „Forschertagen“.
Sie haben nichts Exotisches mehr an sich, diese wie die Schwammerln nach dem Regen
aus dem Boden schießenden Tage der Biodiversität. Dennoch ist die Teilnahme für den Na-
turforscher stets aufs Neue eine reizvolle Herausforderung. Es ist wohl diese Mischung aus
Ehrfurcht vor und Ohnmacht gegenüber der Vielfalt der Natur, selbst auf abgegrenztem
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ARACHNOLOGISCHE BLITZLICHTER AM TAG DER ARTENVIELFALTKARTIERUNG 2011
Abb. 1 | Eine der e zientesten Fallen im Tie rreich – das Radnetz uns erer Araneiden | Foto: Ch. Komposch/ÖKOTE AM
Abb. 2 / 3 | Die Gar tenkreuzspinne ( Araneus diadematus) dringt aus den Tallage n bis in die alpine Stufe vor. Die Kuge lspinne
(Enoplognatha cf. ovata) steigt von den Talfurch en bis in eine Höhe von 1000 m | ÖKOT EAM-Fotos: B. Komposch (link s),
Ch. Komposch (rechts)
Raum nur an der Ober äche der Vielfalt kratzen zu können – insbesondere in dem vor-
gegebenen 24-Stunden-Zeitfenster. Der Drang, es trotzdem und immer wieder versuchen
zu wollen! Das Verspüren eines Teamgeistes im Zuge des Unterfangens, sich mit gleichge-
sinnten Kolleginnen und Kollegen in freundschaftlichem Wettbewerb zu messen – bis hin
zur spielerischen Genugtuung, einige Arten mehr als der Wanzen- oder Zikadenspezialist
in seinen Sammelgefäßen vorzu nden. Das Wissen, da und dort zoologische Schätze in
Form seltener, gefährdeter und endemischer Arten heben, ja sogar eine neue Art für die
Wissenschaft entdecken zu können, und das – all den Unbilden des Wetters und damit ver-
bundener Aktivitätsdämpfer (sowohl jener der meisten Tierarten als auch der eigenen) zum
Trotz – in einer zumeist regnerischen, aber umso charmanteren und familiären Atmosphäre
für die das Organisationsteam der Nationalpark Gesäuse GmbH verantwortlich zeichnet.
DATENLAGE – Großer Buchstein
Spinnenkundliche Daten bzw. Material vom Großen Buchstein liegen – abseits der Arten-
vielfalt-Erhebungen – aus fünf verschiedenen Datenquellen vor:
In der Nordostalpenfauna, dem „Klassiker“ für das Gesäuse, sind 24 Spinnenarten aus 12
Familien aufgelistet (WIEHLE & FRANZ 1954). Der Zoologe Herbert Franz nutzte (sinnvoll) auch
die Zeit des Zweiten Weltkrieges für seine faunistische Erforschung des Gesäuses. Sam-
melexkursionen führten ihn im Mai, Juni, August und September 1941, Juli 1942, April und
Juli 1943, September 1944 sowie im August und September 1945 von Gstatterboden über
den Brucksattel und die Buchsteinhütte bis zum Krautgartl und Gipfel sowie in die Pichl-
maier schütt und in den Weißenbachlgraben. Die von den beiden Arachnologen Wang und
Wiehle determinierten Spinnenarten sind:
> Dysdera ninnii Canestrini: Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt
> Centromerus sylvaticus (Blackwall): Gstatterboden
> Neriene radiata (Walckenaer): Gstatterboden
> Araneus diadematus Clerck: Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt; Gstatterboden
> Gibbaranea omoeda (Thorell): Gstatterboden, Weg zur Buchsteinhütte
> Hypsosinga pygmaea (Sundevall): Gstatterboden
> Alopecosa accentuata (Latreille): Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt
> Pardosa agrestis (Westring): Großer Buchstein
> Pardosa lugubris (Walckenaer): Gstatterboden, Weg zum Brucksattel (Determination? Ist
auf P. al acr is zu prüfen)
> Pardosa nigra (C. L. Koch): Großer Buchstein; Gstatterboden, Weg zum Brucksattel
> Trochosa terricola Thorell: Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt
> Pisaura mirabilis (Clerck): Gstatterboden, Weg in den Weißenbachlgraben
> Dictyna arundinacea (Linné): Gstatterboden
> Nigma walckenaeri (Roewer): Gstatterboden
> Callobius claustrarius (Hahn): Gstatterboden
> Drassodes lapidosus (Walckenaer): Großer Buchstein, Weg von Buchsteinhütte bis Krautgartl
Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt (die Determination ist auf D. cupreus
zu prüfen)
> Micrommata virescens (Clerck): Gstatterboden
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> Philodromus cf. cespitum pallens (Kulczynski): Gstatterboden, Weg in den Weißenbachl-
graben (Determination?)
> Philodromus fallax Sundevall: Großer Buchstein, SW-Hang, Pichlmaierschütt
> Tibellus cf. oblongus (Walckenaer): Gstatterboden
> Xysticus cristatus (Clerck): Großer Buchstein, Weg von Buchsteinhütte über Krautgartl
zur Schlucht und zum Gipfel (die Determination wäre auf X. audax und X. macedonicus
zu prüfen)
> Xysticus gallicus Simon: Gstatterboden, Weg zum Brucksattel
> Xysticus lanio C. L. Koch: Großer Buchstein, Weg von Buchsteinhütte bis Krautgartl
> Evarcha falcata (Clerck): Gstatterboden, Weg in den Weißenbachlgraben
Aus einer eintägigen Exkursion im Rahmen des Endemiten-Forschungsprojektes liegen
Beifänge vom Gipfelbereich des Großen Buchsteins vor (12.09.2006, HF, Wolfgang Paill leg.;
det. & coll. Ch. Komposch), welche folgenden Taxa zuzuordnen sind:
> Erigone cristatopalpus Simon
> Meioneta ressli Wunderlich
> Arctosa alpigena alpigena (Doleschall)
> Drassodes sp.
Zwischen den Kalkblockfelsen im Weißenbachlgraben konnte B. Emmerer am 25.07.2007
ein Weibchen einer Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) beobachten.
Weitere stichprobenartige Aufsammlungen wurden durch den Verfasser im Zuge einer
ö entlichen Exkursion zum Thema Endemiten im Juni 2011 in den Blockschuttbereichen
am Rauchboden durchgeführt. Im Auftrag der Nationalpark Gesäuse GmbH wurde im Rah-
men eines standardisierten Gipfelmonitorings am Großen Buchstein aktuell die epigäische
Spinnenfauna mittels Bodenfallen semiquantitativ erhoben. Die Auswertungen dieser Er-
gebnisse stehen unmittelbar bevor und werden die bislang von diesem Kalkmassiv bekann-
te Artenzahl noch weiter erhöhen.
Abb. 4 / 5 | Histori sche Meldungen lie gen u.a. für d ie beiden abgebild eten Spinnenarten vo r: Grüne Huschspinn e (Micrommata
virescens), Springspi nne Evarcha falcata | ÖKOTEAM -Fotos: B. Komposch (links), Ch. Komposch (rechts)
UNTERSUCHUNGSGEBIET UND METHODEN
Vom Brucksattel zum Buchsteinhaus – auf den Spuren von Herbert Franz
Untersuchungsgebiet des 13. GEO-Tages der Artenvielfalt im Nationalpark Gesäuse ist der
Große Buchstein, genauer gesagt, ausgewählte Teilbereiche der Süd anke dieses mächtigen
Kalkmassivs nördlich der Enns. Der Aufstieg erfolgte vom Rauchboden am linken Ennsufer
über den Kühgraben zum Brucksattel (1.117 m). Hier begann das Hauptuntersuchungsge-
biet dem Fußsteig bis zum Buchsteinhaus (1.546 m) folgend. Oberhalb dieses nächtlichen
Basislagers reichten die arachnologischen Streifzüge bis in die alpine Felslandschaft auf
1.950 m Seehöhe unterhalb des Gipfels des Großen Buchsteins (NW Gstatterboden, ENE
Admont, Ennstaler Alpen, Nördliche Kalkalpen, Steiermark, Österreich). Die spinnenkund-
lich bearbeiteten Teil ächen erstrecken sich von 680 bis 1.950 m Seehöhe. Mehr als 90 %
der Individuen wurden in der Obermontan- und Subalpinstufe zwischen 1000 und 1.650 m
Seehöhe gefangen.
Arachnologisch kartierte Lebensraumtypen sind vor allem Kalkblock- und Blockschutt-
uren, Kalkfels, Erosionsrinnen und Fichtenwald; sie werden im Folgenden kurz charakte-
risiert. Als Sammelmethoden kamen Handfang bei Tag (HF; insgesamt 149 Ind.) und Kescher-
fang (KS; 9 Ind.) zur Anwendung. Die Aufenthaltsdauer im Untersuchungsgebiet inklusive
langer Anmarsch- und Ruhezeiten betrug ca. 24 Stunden (22.–23.07.2011, von ca. 17:00–
17:00). Die geographischen Koordinaten (nördl. Breite, östl. Länge) sind in Grad und Minu-
ten angegeben, das geodätische Datum ist WGS 84.
Abb. 6 | Im Nationalpark Gesäuse (inkl. einiger unmit telbar angrenzenden Landschaftsteile) halten wir ak tuell bei 4.190 digita-
lisierten und verorteten Datensätzen zur Spinnenfauna (Araneae), die sich auf 167 Quadranten verteilen. Die Untersu-
chungs ächen des aktuellen GEO-Tages der Artenvielfalt am Großen Buchstein sind gelb eingefärbt | Gra k: ÖKOTEAM/
Ch. Komposch (ers tellt mittels Arthropoda -Datenbank; Stand: April 2012)
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ARTENINVENTAR – „Klasse statt Masse“
Die gezielten araneologischen Aufsammlungen am GEO-Tag der Artenvielfalt 2011 erga-
ben inklusive den Beifängen mehrerer EntomologInnen insgesamt 158 Individuen: davon
entfallen auf adulte Männchen 8, auf Weibchen 58 und auf Jungtiere und Subadulte 92.
Diese Ausbeute verteilt sich auf mindestens 42 Arten aus 15 Familien.
Insgesamt – also mit den aktuellen Aufsammlungen vom Tag der Artenvielfalt sowie den
Auswertungen der Aufsammlungen Paill und der publizierten, verlässlich erscheinenden
Angaben von WIEHLE & FRANZ (1954) – sind aus vom Massiv des Großen Buchsteins bislang
60 Spinnenarten bekannt.
P01: Aufstieg zum Buchsteinhaus, N Rauchboden, 47°35‘ N,
14°36‘ E, 680 m, Erosionsrinne, Kalk-Blockschutt, 22.07.2011,
HF, Komposch Christian leg.;
P02: Buchsteinhaus, ENE Admont, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.546 m,
Block und Schutt, 23.07.2011, HF, Komposch Christian leg.;
P03: Felskopf neben Buchsteinhaus, 47°38‘ N, 14°35‘ E, 1.570 m,
Kalkfelswände (N-Exposition) und Blockschutt in feucht-
kühler Erosionsrinne, 23.07.2011, HF, Komposch Christian leg.;
P04: Weg NNW, Gipfel, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.950 m, Kalkblock,
Schutt, etc., 23.07.2011, HF, Schuh Rudi leg.;
P06: 350 m unterhalb Buchsteinhaus; Materialseilbahntrasse,
47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.360 m, Schlag ur?, 23.07.2011, HF, Kainz
Franz leg.;
P07: Materialseilbahntrasse, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.430 m, Subal-
piner Fichtenwald (Waldrandbereich), 23.07.2011, HF, Schuh
Rudi leg.;
P07‘: Materialseilbahntrasse, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.430 m, Subal-
piner Fichtenwald, 23.07.2011, HF, Korn Rachel leg.;
P07‘‘: W Buchsteinhaus, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.590 m, Fichten-
wald, 23.07.2011, HF, Maier Franziska leg.; ibidem: Latschen-
bestand und alpine Rasengesellschaften, 23.07.2011, KS, Korn
Rachel leg.;
P09: unterh. Materialseilbahn-Talstation, 47°35‘ N, 14°35‘ E,
1.170 m, Subalp. Fichtenwald, 23.07.2011, HF, Korn Rachel leg.;
Abb. 9 / 10 | Habitus zwe ier netzbauender S pinnen: die versteck t lebende Gewöhnliche Fi schernetzspinn e (Segestria senoculata)
und die Berg -Sektorenspinne (Para zygiella m ontana) | Fotos: Ch. Komposch/Ö KOTEAM
Abb. 8 | Die nebelige und regnerische Süd anke des Großen Buchs teins knapp oberhalb des Buchsteinhauses war eine der ara-
chnologischen Hauptuntersuchungs ächen | beide Fotos (7 / 8): Ch. Komp osch/ÖKOTEAM (23.07.2011)
Abb. 7 | Blick vom Buchstein haus über die hochmo ntanen
Fichtenwälder au f das Hochtormassiv
P10: Abstieg vom Buchsteinhaus; neben Weg, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.310 m, Hochstauden ur, 23.07.2011, HF, Komposch
Christian leg.;
P11: Brucksattel (N-Abhang), NW Bruckstein, 47°35‘ N, 14°35‘ E, 1.185 m, Buchen-Fichten-Lärchen-Wald, 23.07.2011, HF,
Emmerer Barbara leg.;
P12: Kühgraben, Weg-Querung, 47°35‘ N, 14°36‘ E, 1000 m, Erosionsrinne mit Blockschutt und Fichten, 23.07.2011, HF,
Maier Franziska leg.;
P13: Kühgraben, Forstweg durchgang, 47°35‘ N, 14°36‘ E, 960 m, Lawinenrinne -Randbereich, 23.07.2011, HF, Wagner Heri
& Maier Franziska leg.;
P14: nahe Materialseilbahnhaus, 47°35‘ N, 14°35‘ E, 1.208 m, Schutt ur (schottrige Wegböschung), 23.07.2011, HF, Pabst
Laura, Wagner Heri, Maier Franziska leg.;
P15: Weg vom Buchsteinhaus zum Brucksattel (Mitte), 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.305 m, Montaner Fichtenwald mit Totholz
(Strünken), 23.07.2011, HF, Pabst Laura leg.;
P16: Buchsteinhaus-Umgebung, 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.520 m, Hochmontaner Felsrasen und Fichtenwald mit Totholz u.
Strünken, 23.07.2011, HF, Pabst Laura, Wagner Heri leg.;
P17: oberhalb Buchsteinhaus, 47°36‘‘ N, 14°35‘ E, 1.650 m, Latschengebüsch in Schutthang mit Totholz, 23.07.2011, HF,
Pabst Laura, Maier Franziska leg.;
P18: Brucksat telrinne, 47°35‘ N, 14°35‘ E, 1.070 m, Lawinenrinne mit Latschen u. Grasbest and im Randbereich, 23.07.2011,
HF, Pabst Laura, Wagner Heri, Maier Franziska leg.;
P19: Weg von Buchsteinhaus zu Brucksattel (Mitte), 47°36‘ N, 14°35‘ E, 1.305 m, Fichtenwald-Kahlschlag mit Steinen
und Strünken, 23.07.2011, HF, Wagner Heri leg.
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Tab. 1 | LISTE DER AUS DEM UNTERSUCHUNGSGEBIET NATIONALPARK GESÄUSE: GROSSER BUCHSTEIN
SFLANKE NACHGEWIESENEN SPINNENARTEN ARANEAE MIT NACHWEISHÄUFIGKEITEN
Die Gefährdungseinstufung für die Steiermark (RL) basiert auf der Roten Liste gefährdeter Spinnen Kärn-
tens (KOMPOSCH & STEINBERGER 1999), der Endemismus-Status (E) auf KOMPOSCH (2009). Verwendete Ge-
fährdungskategorien sind: R = extrem selten oder sehr lokal verbreitet; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet;
V = Vorwarnstufe; ? = Forschungsbedarf; – = derzeit nicht gefährdet; in Klammer gesetzte Werte sind Erst- bzw.
Neueinstufungen gegenüber der Roten Liste Kärntens; SE = Subendemit sensu RABITSCH & ESSL (2009); (SE) =
Subendemit s. l. (30 –75 % des Areals liegen in Österreich).
Weitere Abkürzungen: M = Männchen; W = Weibchen; J = Jungtiere/Juvenes und Subadulte; ∑ = Gesamtsum-
me/-Individuenzahl; P = Probennummer. Die Nomenklatur folgt PLATNICK (2012).
Segestria senoculata (Linnaeus, 1758) | Gemeine Fischernetzspinne
Segestriidae | Fischernetzspinnen
Theridiidae | Kugelspinnen
Linyphiidae | Baldachin- und Zwergspinnen
Enoplognatha ovata (Clerck , 1757)
1
2
122– 1
Meioneta gulosa (L. Koch, 1869)7 1 1 22–
Ten uiph ant es te neb rico la (Wider, 1834)11 111–
Neriene radiata (Walckenaer, 1841)9 1 11–
Walckenaeria alticeps (Denis, 1952)13 111?
Erigone atra Blackwall, 183352121–
Phylloneta sis yphia (Clerck, 1757) | Korinther Kugelspinne3 1 11–
111–
Mughiphantes variabilis (Kulczynski, 1887) | Tiroler Feinspinne8 1SE 26 63(R)
Tri chon cus h ack mani Millidge, 195612 111(2)
Ten uip hant es m eng ei (Kulcz ynski, 1887)10 111–
Linyphia triangularis (Clerck , 1757)6 1 11–
Drapetisca socialis (Sundevall, 1832)4 1 11–
Famil ie | ArtNr. P04 P11 P18P17P02 P09 P15 JEP07P13MP03 P10 P16 ∑
P01 P07'' P14 WRL P06 P12 P19
Tetragnathidae | Strecker- und Herbstspinnen
Araneidae | Radnetzspinnen
Lyco sida e | Wolfspinnen
Xerolycosa nemoralis (Westring, 1861)27 111–
Xerolycosa sp. 81611625
21 21 33–
Pardosa riparia (C. L. Koch, 1833)25 11232–
23 111746–1
Trochosa terricola Thorell, 185626 1212–
Parazygiella montan a (C. L. Koch, 1834) | Berg-Sektorenspinne19 11 1–
15 11 61 11 84 1–
Araneus diadematus Clerck, 1757 | Gartenkreuzspinne17 7115 1 92–1
Araniella sp. Kreuzspinnchen 1 11
Alopecosa sp. 20 111
Pardosa nigra (C. L. Koch, 1834) | Alpine Blockschuttwolfspinne24 233–1
Pardosa ferruginea (L. Koch, 1870) | Rostrote Wolfspinne22 111–
Pardosa sp.
Tro cho sa sp.
161326
2
11 26
2
2
1
2
1
Araneus alsine (Walckenaer, 1802) | Prachtkreuzspinne16 1113
Araniella alpica (L. Koch, 1869) | Alpenkreuzspinnchen18 111–
Metellina sp. 14 21 21
Aculepeira ceropegia (Walckenaer, 1802) | Eichblatt-Radnetzspinne
Pardosa blanda (C. L. Koch, 1834) | Reizende Wolfspinne
Pardosa lugubris (Walckenaer, 1802) | Düstere Wolfspinne
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Apostenus fuscus (Westring, 1851)34 11–1
Coelote s sp. 2112
Cybaeus tetricus (C. L. Koch, 1839) | Gemeine Gebirgstrichterspinne
Callobius claustrarius (Hahn, 1831)
28
30
1
13 2
12
51
2
3
–
–
Clubiona neglecta O. P.- Cambridge, 186235 111V
Clubiona sp. 222
Liocranoeca striata (Kulczynski, 1882)33 111V
Inermocoelotes inermis (L. Koch, 1855)31 111–
Coelote s solitarius L. Koch, 1868 | Südliche Finsterspinne32 1(SE) 11–
Cicurina cicur (Fabricius, 1793)29 111–
Cyba eida e | Wasser- und Waldspinnen
Amaurobiidae | Finsterspinnen
Liocranidae | Feldspinnen
Clubionidae | Sackspinnen
Dictynidae | Kräuselspinnen
Famil ie | ArtNr. P04 P11 P18P17P02 P09 P15 JEP07P13MP03 P10 P16 ∑
P01 P07'' P14 WRL P06 P12 P19
BEMERKENSWERTE ARTEN – „Die glorreichen Sieben“
Mughiphantes variabilis | Tiroler Feinspinne (Abb. 11)
Kernareal dieses Endemiten der Mittleren Ostalpen sind die Zentralalpen und Nördlichen
Kalkalpen Österreichs von Vorarlberg bis nach Salzburg. Das Vorkommen im Gesäuse, ak-
tuell vom Hochtormassiv nachgewiesen (KOMPOSCH 2010, KOMPOSCH & BLICK 2010), war eine
zoogeographische Überraschung. Mit dem aktuellen Fund vom Felskopf nahe des Buch-
steinhauses (23.07.2011-P03) gelingt der Zweitfund für das Gesäuse und damit die Bestä-
tigung für die Ennstaler Alpen. In Summe konnten 2 Männchen und 3 Weibchen (sowie
ein fragliches Jungtier) an nordexponierten Kalkfelswänden beobachtet werden. Ein Weib-
chen von M. variabilis hielt eine Blattlaus als Beutetier in ihren Chelizeren.
Trichoncus hackmani | Hackmans Zwergspinne
Der Fund eines Weibchens dieser Zwergspinne in einer Erosionsrinne nahe dem Bruck-
sattel (1.070 m; L. Pabst, F. Maier & H. Wagner leg.) stellt den erst zweiten Nachweis für das
Bundesland dar! Der Erstnachweis für die Steiermark gelang zwar südlich der Enns, liegt
aber nur gut vier km Luftlinie südsüdwestlich des aktuellen Fundorts – und zwar im Lang-
griesgraben (KOMPOSCH et al. 2008). Damit liegen die beiden einzigen Funde für die Steier-
mark im Nationalpark Gesäuse!
Araneus alsine | Prachtkreuzspinne (Abb. 13, S. 109)
Die zahlreichen weißen Fleckchen auf einem leuchtend orange-roten Grund machen
Araneus alsine zumindest im weiblichen Geschlecht unverwechselbar. Das Auftreten dieser
planar/kollinen Art (THALER & KNOFLACH 2003) im Nationalpark Gesäuse mag vorerst überra-
schen. Doch weisen diese Autoren bereits darauf hin, dass die Prachtkreuzspinne entlang
der großen Talfurchen in die Alpen vorgedrungen ist und beispielsweise auch Innsbruck
Abb. 11 | Arachnida ver sus Hemiptera – Ein Weibchen de r Tiroler Feinspinne (Mughiphantes variabilis) labt sich an e iner erbeute-
ten Blattl aus | Foto: Ch. Komposch/ÖKOTEAM
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erreicht hat. Die bekannten Funde für diese Art liegen im Bundesgebiet unterhalb 1.000 m
Seehöhe (THALER & KNOFLACH 2003; vergl. auch KROPF & HORAK 1996), K OMPOSCH & STEINBERGER
(1999) nennen für Kärnten eine Vertikalverbreitung von 470 bis 930 m. Der aktuelle Fund
eines männlichen Tieres an der Süd anke des Großen Buchsteins in ca. 1.170 m (R. Korn leg.)
zählt damit zu den höchsten; lediglich RELYS (1996) konnte im Gasteinertal ein Auftreten
von A. alsine in 1.655 m Seehöhe dokumentieren.
Pardosa ferruginea | Rostrote Wolfspinne
Die Aussage von THALER & BUCHAR (1996), wonach neue Nachweise für Österreich nur für
die westlichen Bundesländer vorlägen, ist vor allem durch das mehrfache Auftreten dieser
sub alpinen Waldart – wenngleich stets in sehr geringen Individuendichten – heute nicht
mehr gültig (vergl. KOMPOSCH & PLATZ 2009, KOMPOSCH & BLICK 2010). Der aktuelle Fund eines
Weibchens gelang in
einem Schutthang mit
Latschengebüsch auf
1.650 m Seehöhe (L.
Pabst & F. Maier leg.).
Abb. 12
Verbreitungs karte der Wolf-
spinne Pardosa f erruginea für
Österreic h: Als Gebirgsart ist s ie
im Gebiet au f die Zentralalpen
sowie die Nö rdlichen und
Südlichen K alkalpen beschränk t
Gra k: ÖKOTE AM/Ch. Kompo sch
(erstellt mittels Arthropoda-
Datenbank; Stand: April 2012)
Synageles hilarulus (C. L. Koch, 1846)42 111R
5132102779215 4 819 3 13 15831085849 6
Xysticus audax (Schrank, 1803)40 111?
Xysticus sp. 21061101
Zelotes subterraneus (C. L. Koch, 1833)38 11 1–
Drassodes cupreus (Blackwall, 1834) | Berg-Greifspinne36 21527–
Drassodes sp. | Greifspinne 13
3
3
10
2
Evarcha falcata (Clerck , 1757)41 11–1
Philodromus vagulus Simon, 1875 | Berg-Laufspinne39 111–
Philodrom us sp. 1221
Zelotes sp. 1 1 1
Gnaphosa montana (L. Koch, 1866) | Berg-Plattbauchspinne37 11(3) 1
Gnaphosidae | Plattbauchspinnen
Philodromidae | Laufspinnen
Thomisidae | Krabbenspinnen
Salticidae | Springspinnen
∑
Famil ie | ArtNr. P04 P11 P18P17P02 P09 P15 JEP07P13MP03 P10 P16 ∑
P01 P07'' P14 WRL P06 P12 P19
Abb. 13 | Viellei cht die Schönste: Di e Prachtkreuzspin ne (Araneus alsine) im weiblichen Geschlecht | Foto: Ch. Komposch /ÖKOTEAM
111
KOMPOSCH | Die Spinnenfauna der Sü d anke des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae) | 4 | Te il 2
S. 98–113 | Schriften d es NP Gesäuse 8 (2012) | GEO-Tag 2011 | Zwischen Bru ckstein und Buchstei n | ALPINE RÄUME
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Teil 2 | 4 | KOMPOSCH | Die Spinnenfauna der Süd anke des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae)
ALPINE RÄUME | Zwischen Bruck stein und Buchstein | GEO-Tag 2011 | Schriften des NP Gesäuse 8 (2012) | S. 98–113
Pardosa nigra | Alpine Blockschuttwolfspinne
Bemerkenswert an dieser bereits von KOMPOSCH & BLICK (2010) für das Gesäuse dokumen-
tierten und diskutierten Spezies ist der ungewöhnlich tief gelegene aktuelle Fundort: ein
Weibchen wurde in der Erosionsrinne des Kühgrabens in ca. 1.000 m Seehöhe gefangen (F.
Maier leg.).
In Kärnten ist dieser Endemit des alpinen Gebirgssystems für Höhen zwischen 1.250 und
3.000 m dokumentiert (KOMPOSCH & STEINBERGER 1999), THALER & BUCHAR (1996) nennen eine
Höhenerstreckung für diese Spezies in Österreich von ca. 1.200 m bis in 3.500 m. Eine kor-
rekte Zuordnung des Fundortes an der Süd anke des Großen Buchsteins vorausgesetzt
( de F. Maier), ist der Fund im Kühgraben ein schöner Beleg für das bekannte Phänomen
des Auftretens hochalpiner Arten in tieferen Lagen an Sonderstandorten wie unterkühlten
Blockhalden, Schluchtwäldern oder eben solchen dynamischen Erosions- und Lawinenrin-
nen (vergl. KOMPOSCH et al. 2008, KOMPOSCH & HORAK 2011).
Gnaphosa montana | Berg-Plattbauchspinne
Der Fund dieser rot- bis schwarzbraun gefärbten Plattbauchspinne ist der bemerkenswer-
teste dieses Tages der Artenvielfalt aus spinnenkundlicher Sicht! Viele „alte Angaben“ aus
Österreich, insbesondere jene aus der planaren wie aus der hochalpinen Stufe sind nach
THALER & KNOFLACH (2004: 428) „nicht unbedenklich“. Neben dem gesicherten Nachweis aus
Unzmarkt (P. Horak coll.; GRIMM 1985) existierte für die Steiermark bislang nur die Nennung
vom Dornerkogel in den Fischbacher Alpen (WIEHLE & FRANZ 1954). Der aktuelle Fund von
einer Schlag äche in einem Fichtenwald in 1.300 m Seehöhe an der Süd anke des Großen
Buchsteins stellt somit den dritten und einzigen aktuellen Nachweis für die Steiermark dar!
Abb. 14 | Vertikalverbreitung der Wolfspinne Pardosa nigra in Österreich | Gra k: Ch. Komposch/ÖKOT EAM (Datenbasis: 105 Daten-
sätze, 265 Indivi duen, aufgetragen in 300er-Höhenstu fen-Schritten; Arthrop oda-Datenbank; Stand: Ap ril 2012)
Diese subalpin auftretende Spezies lebt stenotop unter Borke (THALER & KNOFLACH 2004).
Auch der aktuelle Fund eines adulten Weibchens (H. Wagner leg.) dürfte von einem Fich-
tenstrunk stammen.
Synageles hilarulus | „Ameisenspringspinne“
Die bisherigen Literaturangaben zu dieser Ameisenspringspinne aus Österreich sind spär-
lich und wenig aussagekräftig: THALER (1997) kannte diese trans-paläarktisch verbreitete Art
aus Nordtirol nur von einem einzigen Fundort aus dem Karwendel (Erlspitze, 2.400 Meter),
bei der Habitatangabe ndet sich ein Fragezeichen. KULCZYŃSKI (1898) verö entlichte ei-
nen Synageles-hilarulus-Fund vom Bisamberg in Niederösterreich. Aus Kärnten und Salz-
burg liegen jeweils nur ein Fundort vor (THALER 1989, RELYS 1996). In Oberösterreich ist diese
Springspinne aus der Subalpinstufe von der Kremsmauer östlich Grünau bekannt (WIEHLE
& FRANZ 1954). Den einzigen Nachweis für die Steiermark publizierten WIEHLE & FRANZ (1954)
mit einem im Jahr 1941 gesammelten Weibchen vom Kaisertal am Reiting.
DISKUSSION – Der steile, aber schöne Weg zur Wissenserweiterung
42 Spinnenarten wurden aktuell erhoben – eine vergleichsweise geringe Zahl. Insgesamt
sind 60 Spezies aus dieser Arachnidenordnung bislang aus dem Gebiet bekannt – weniger
als 10 % der für das Bundesland derzeit publizierten Spinnenarten. Diese wenigen Dutzend
Abb. 15 | Gut getarnt auf echtenb ewachsenem Fels: die Wolf spinne Pardosa bla nda | Foto: Ch. Komposch/ÖKOT EAM
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KOMPOSCH | Die Spinnenfauna der Sü d anke des Großen Buchsteins (Arachnida: Araneae) | 4 | Te il 2
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ALPINE RÄUME | Zwischen Bruck stein und Buchstein | GEO-Tag 2011 | Schriften des NP Gesäuse 8 (2012) | S. 98–113
aufgesammelten Spezies stellen allerdings lediglich einen Teil des am Buchstein vorkom-
menden Spektrums an Araneen dar. Die Konzentration der Sammelaktivitäten auf die hö-
heren Lagen geht naturgemäß mit einem gedämpften Biodiversitätswert Hand in Hand.
Gleichzeitig erhöht sie allerdings das Au nden der wirklichen Besonderheiten des Gebiets,
nämlich der seltenen und im Ostalpenraum und in Österreich endemischen und subende-
mischen Taxa. Der Anteil an Rote-Liste-Arten, inklusive den Arten der Vorwarnstufe, ist mit
mehr als 20 % hoch; mit der Tiroler Feinspinne (Mughiphantes variabilis) und der Südlichen
Finsterspinne (Coelotes solitarius) sind zwei Spinnenarten als österreichische Subendemiten
auszuweisen.
Der fachkundige Leser mag sich hier zu Recht fragen, wo denn die anderen 10 aus dem
Gesäuse nachgewiesenen österreich-(sub)endemischen Spinnenarten (KOMPOSCH 2010) ge-
blieben sind? Hier gilt es darauf hinzuweisen, dass die wertbestimmenden Arten eines so
groß ächigen Landschaftsteiles mit dieser vielfältigen Biotop- und Strukturausstattung
innerhalb von 24 Stunden weder vollständig noch repräsentativ erfasst werden können.
Diese Inventarisierung zu veranlassen und zu fördern und den Geheimnissen der beleb-
ten Natur mit Fachwissen, Ausdauer und ausreichend nanzierten Zeitressourcen auf den
Grund gehen zu können, ist die Aufgabe der hiesigen Nationalparkverwaltung, der Natur-
schutzabteilung der Steiermärkischen Landesregierung und nationaler Forschungsförde-
rungsfonds!
Am Tag der Artenvielfalt wird dennoch Großes geleistet – nämlich deshalb, weil der Weg
zu einem vollständigen Arteninventar, zu einem umfassenden Wissen unserer alpinen zoo-
logischen Schätze ö entlichkeitswirksam aufgezeigt wird. Der Tag der Artenvielfalt ist vor
allem für den Wirbellosenforscher ein Stück harte Arbeit, wollen doch die aus den Gesteins-
spalten gezogenen und gesaugten Kleintiere in tagelanger Laborarbeit unter der Stereo-Lu-
pe analysiert und wissenschaftlich bestimmt werden. Der engagierte Biodiversitätsforscher
und Artenkenner wird hierbei aber auch reich belohnt: mit der Freude über das Entdecken
von „zoologischen Goldklümpchen und Edelsteinen“ am Rande dieses steilen Weges zur
Wissenserweiterung.
Dank
Ein herzliches Danke an Barbara Emmerer, Franz Kainz, Rachel Korn, Laura Pabst, Franziska Maier, Rudi Schuh und Heri
Wagner für ihre motivierte Sammelhilfe! Wolfgang Paill danke ich für das Überlassen des Spinnenmaterials von sei-
ner Endemiten-Exkursion auf den Großen Buchstein. Mein Dank geht weiters an Jörg Klauber für die aufmerksame
Durchsicht des Manuskripts und die ansprechende technische Verwirklichung der Publikation. Die hervorragende
Organisation des Tages der Artenvielfalt 2011 übernahmen Daniel Kreiner und Alexander Maringer von der National-
park Gesäuse GmbH.
Literatur
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Verfasser:
Mag. Dr. CHRISTIAN KOMPOSCH
ÖKOTEAM – Institut für Tierökologie und Naturraumplanung
Bergmanngasse 22 | A-8010 Graz
mailto: c.komposch@oekoteam.at
Website: www.oekoteam.at