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Das A ist rot: Von vermischten Sinnen. Eine kleine Übersicht zur Synästhesie.

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Abstract

Synästhesie ist eine gesunde Normvariante menschlichen Bewusstseins und tritt bei ca. 5 % der Bevölkerung als Kopplung von Sinnesqualitäten auf, die in der Regel mit deutlich mehr kognitiven und seelischen Vorteilen als mit Beeinträchtigungen einhergeht. Auf vielleicht über 150 mögliche verschiedene Arten (6, 7) sind Sinne (auch im weiteren Sinne) bei der Synästhesie miteinander verschmolzen. In den meisten Fällen werden die Verknüpfungen sprachlich getriggert. Z.B. löst das Hören eines Buchstaben in vielen Fällen das Sehen einer Farbe aus. Genetische Untersuchungen zeigen bei eindeutigen familiären Häufungen signifikante aber recht heterogene Hotspots auf und deuten auf eine Spielart der Evolution hin. Bei Erwachsenen erfreut sich die Erforschung der neurophysiologischen Grundlagen des gesunden Phänomens breiter wissenschaftlicher Aufmerksamkeit, auch als Paradigma für die Bewusstseinsforschung. Bei Kindern und Jugendlichen stehen trotz eines auffällig häufigen Vorkommens der Synästhesie in diesem Lebensabschnitt bislang kaum Daten zur Verfügung. Die vorliegende kurze Übersicht soll die Leser für die Synästhesie sensibilisieren sowie eigene Erfahrungen mit jungen Synästhetikern und deren Familien aufzeigen. Synaesthesia is a healthy variant of human consciousness and occurs in apprx. 5 % of the population as a coupling of senses. It is usually accompanied with significantly more cognitive and emotional advantages than disadvantages (41). In the meaning of synaesthesia senses are merged with each other in perhaps over 150 possible different forms of synaesthesia (6, 7). In most cases synaesthesia is triggered by speech. E.g. hearing a letter often elicits seeing a colour. Genetical investigations have shown clear familiar clustering as a suggestion for an evolutionary variety, but a quite strong heterogeneity in the hotspots. In adults, exploring the neurophysiological basis of this common phenomenon enjoys broad scientific attention as a paradigm for the study of consciousness. Despite a conspicuous frequent occurrence in children and adolescents, synesthesia in this period of life has hardly data. This brief review should the reader aware of synaesthesia and show own experiences with young synaesthetes and their families.
Das A ist rot: Von vermischten Sinnell .
Eine kleine Ubersicht zur Synästhesie
M. ZEDLER
Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychothe-
rapie, Hannover, Deutschland
Zusammenfassung
Synästhesie ist eine gesunde Normvari-
ante menschlichen Bewusstseins und tritt
bei ca. 5 o/o der Bevölkerung als Kopplung
von Sinnesqualitäten auf, die in der Regel
mit deutlich mehr kognitiven und seeli-
schen Vorteilen als mit Beeinträchtigun-
gen einhergeht. Auf vielleicht über 150
mögliche verschiedene Arten (0, z) sind
Sinne (auch im weiteren Sinne) bei der
Synästhesie miteinander verschmolzen. ln
den meisten Fällen werden die Verknüp-
fungen sprachlich getriggert. Z.B. löst das
Hören eines Buchstaben in vielen Fällen
das Sehen einer Farbe aus. Genetische
Untersuchungen zeigen bei eindeutigen
familiären Häufungen signifikante aber
recht heterogene Hotspots auf und deu-
ten auf eine Spielart der Evolution hin. Bei
Erwachsenen erfreut sich die Erforschung
der neu rophysiolog ischen G ru nd lagen
des gesunden Phänomens breiter wis-
senschaftlicher Aufmerksamkeit, auch als
Pa rad ig ma r d ie Bewusstsei nsforsch u ng.
Bei Kindern und Jugendlichen stehen trotz
eines auffällig häufigen Vorkommens der
Synästhesie in diesem Lebensabschnitt
bislang kaum Date.n zur Verfügung. Die
vorliegende kurze Ubersicht soll die Leser
für die Synästhesie sensibilisieren sowie
eigene Erfahrungen mit jungen Synästhe-
tikern und deren Familien aufzeigen.
Schlüsselwörter
Synästhesie, Fa rben hören, Person ifi ka-
tion, Bewußtsein, kindliche Entwicklung,
Genetik.
The A is Red: Of Mixed Senses.
A Short Review on Synaesthesia
Abstract
Synaesthesia is a healthy variant of
human consciousness and occurs in ap-
prx. 5 o/o of the population as a coupling
of senses. lt is usually accompanied with
significantly more cognitive and emotio-
136 l{europädiatilc
na I adva ntages tha n d isadva ntages (41 ).
ln the meaning of synaesthesia senses are
merged with each other in perhaps over
150 possible different forms of synaes-
thesia (6, 7). ln most cases synaesthesia is
triggered by speech. E.g. hearing a letter
often elicits seeing a colour. Genetical
investigations have shown clear familiar
clustering as a suggestion for an evolu-
tionary variety, but a quite strong hetero-
geneity in the hotspots.
ln adults, exploring the neurophysio-
logical basis of this common phenome-
non enjoys broad scientific attention as a
paradigm for the study of consciousness.
Despite a conspicuous frequent occur-
rence in children and adolescents, synes-
thesia in this period of life has hardly
data. This brief review should the reader
aware of synaesthesia and show own ex-
periences with young synaesthetes and
their families.
Keywords
synaesthesia, coloured hearing, perso-
nification, consciousness, child develop-
ment, genetics.
Bib liog ra phy
Neu ropaed iatrie Z01l; 13 : 1 36- 1 40,
@ Schmidt-Roemhild-Verlag, Luebeck,
Germany: ISSN 1619-3873; NLM lD
101 1 66293; 0CoLc 53801 270
Einleitung
Dass es sich bei der Synästhesie nicht
um bloße Einbildung, sondern um ein
neurologisches Phänomen bei Gesunden
handelt, wurde seit der Erstbeschreibung
durch Sachs im iahre 1812 (16) bereits
hinreichend durch neuropsychologische
(1, 15, 27,41,48,50) und neuroradiolo-
gische Arbeiten (14,28,30, 35,36) belegt.
,,Wahrnehmungsstörung" ist dennoch
ein häufiger mit der Synästhesie fälschli-
cherweise rasch assoziierter Begriff. Wenn
besorgte Eltern berichten, ihr Kind sehe
Buchstaben und Wochentage in eindeu-
tigen Farben oder erlebe gar Zahlen als
13. Jg. (2014) Nr. 4
Wesen mit Persönlichkeitseigenschaften
wie zutraulich, heimtückisch, sportlich
oder unbeteiligt (40, 45), dann begegnen
sie nicht selten einer anfänglichen Be-
sorgnis oder gar Ratlosigkeit auch unter
Fachleuten. Besorgnis, Ratlosigkeit und
unter Umständen auch soziale lsolation
oder gar Stigmatisierung lösen Leidens-
druck auch bei den Betroffenen aus, die
mit dem Gefühl leben, Normen nicht er-
füllen zu können und nicht verstanden
zu werden (SZ). Das Missverständnis einer
pathologisierten Synästhesie ist überflüs-
sig und vermeidbar.
Synästhesie ist ein Phänomen mensch-
lichen Bewusstseins, das häufig erst im
Erwachsenenalter auffällt, indem der Be-
troffene merkt, dass seine Mitmenschen
die Welt anders wahrnehmen. Das kann
plötzlich am Frühstückstisch sein, wenn
Wochentage selbstverständlich mit Farben
verbunden werden oder die Marmelade
nach einer anderen Farbe schmeckt als sie
aussieht. Diese erstmalige Erfahrung kann
am Anfang in einem ldentitätsprozess zu
einem gewissen Gefühl von Einsamkeit
führen, wenn einem in besonderer Weise
bewusst wird, dass niemand exakt dieselbe
Synästhesie hat wie man selbst und nie-
mand die eigene Wahrnehmungswelt voll-
ständig teilen kann (10, 11, 19). Vergleich-
bar mit dem Begriff der Oualia, die ver-
borgen bleiben, weil niemand wissen kann,
wie es ist, der andere zu sein, erlebt jeder
Synästhetiker seine ganz eigenen Codes
von Verknüpfungen, wie z. B. bei einem
Graphem-Farb-Synästhetiker ganz eigene
Farb-Zeichen-Schemata, die sich zwar in
gewisser Weise häufen, aber im Ganzen
doch hoch individuell sind (32). Für den ei-
nen ist das A rot, für den anderen kann es
blau sein usw. Entlastend ist die Erkennt-
nis, dass man zwar anders ist, aber nicht
krank, vielmehr eine Synästhesie häufig
mit positiven weiteren Eigenschaften as-
soziiert ist. Verstanden zu werden, stellt
sich hingegen als oft zentrales Bedürfnis
von Synästhetikern heraus, die einmal mit
dem Thema konfrontiert (19), oft stetig
auf Veransta ltungen wiederzutreffen si nd,
wo sich Forschung, Kunst und Philosophie
mit ihrer Bewusstseinsform auseinander-
setzen. Hierbei sind Synästhetiker selbst
oft weniger von neurobiologischen De-
tailfragen beeindruckt als vielmehr daran
interessiert, in ihrer oft über die Synäs-
thesie hinausgehenden Lebensform von
einer Welt verstanden zu werden, in deren
Kulturen es unumstößlich scheint, dass ein
schwarzer Buchstabe als nichts weiteres
als ein schwarzer Buchstabe wahrgenom-
men werden darf. Wie langweilig muss das
sein für jemanden, der keine Synästhesie
hat, wird nicht selten von Synästhetikern
selbst postuliert.
Merkmale der Synästhesie
Synästhetiker erleben das, was sie in
einer Sinnesqualität wahrnehmen, gleich-
zeitig in anderen Sinnesqualitäten, wo-
bei sich Synästhesien nicht nur auf die
biologischen Sinne (im engeren Sinne)
beschränken können. Es handelt sich um
eine integrative intermodale Wahrneh-
mung (tz), die so als normal empfunden
wird. Sie wird in der Regel als lebenslang
erinnert, bleibt hoch konsistent in ihren
Verknüpfungen und verändert sich in der
Regel allenfalls bei hormonellen Exzessen
wie z. B. einer Schwangerschaft oder un-
ter psychotropen Substanzen.
Die häufigste und am besten unter-
suchte Art der Synästhesie ist die Ver-
knüpfung von Graphemen mit Farben (7).
Berichtet werden Verknüpfungen zwi-
schen allen Sinnen, häufig unidirektional,
d. h. zum Beispiel zu einem Ton wird eine
Farbe gesehen, aber nicht umgekehrt auch
zu derselben Farbe derselbe Ton gehört.
Aber auch bidirektionale Verknüpfungen
sind möglich (4, 5). Zahlen, Buchstaben
und beispielweise Wochentage werden oft
nicht nur mit Farben und geometrischen
Figuren verknüpft, sondern können auch
in räumlichen Anordnungen oder Sequen-
zen erscheinen (+g), und diese können
sich dazu noch bewegen (tt).
Der Begriff der Synästhesie wird von
verschiedenen wissenschaftlichen Diszi-
plinen nicht ganz identisch verwendet.
Während in der Literatur unter Synästhesie
häufig mehr metaphorische Phänomene
verstanden werden (tt), ist aus neurowis-
senschaftlicher Sicht die Synästhesie eher
nicht metaphorisch, wie z. B. kaltes Blau
oder warmes Rot, sondern in der Regel
ohne inhaltliche Zusammenhänge, aber
mit einer Konsistenz der Verknüpfungen
von 90-100 o/o bei Erwachsenen verbunden
(9, 33, 38, 42, 43, 44,51). Unter siebenjäh-
rigen Kindern weisen Synästhetiker aller-
dings erst 30-50 o/o konsistente Farben für
Buchstaben und Zahlen auf (39, +t).
Nicht selten liegen bei einem Synäs-
thetiker zahlreiche Verknüpfungen vor,
die auch aus Emotionen und Sinneswahr-
nehmungen bestehen können. Lange galt
die sog. Gefühlssynästhesie als eine Rand-
gruppenerscheinung, hauptsächlich weil
sie sich weniger gut reproduzieren lässt.
Zum traditionellen Konzept der Gefühls-
synästhesie (11) beschäftigen sich aktu-
elle Arbeiten mit den Faktoren sozialen
Erlebens innerhalb der synästhetischen
Verknüpfungen. So gibt es Synästhesi-
en, bei denen z. B. der Eindruck über den
Charakter einer Person in Farben gesehen
wird und Farben hier als verlässliche 0ri-
entierungshilfe dienen können (8, 32, 54).
Umgekehrt können z.B. Zahlen, Buchsta-
ben, Wörter, aber auch Farben oder Töne
mit Persönlichkeiten ausgestattet sein
und auch ein charakterliches Verhalten
an den Tag legen (+O). Oie Personifika-
tion von z. B. Symbolen stellt einen her-
austretenden Grund elterlicher Besorgnis
für die Vorstellung in der psychiatrischen
Sprechstunde vor, während das Phä-
nomen bislang in keiner Weise ein mit
dem Phänomen verbundenes Risiko für
die Entwicklung psychischer Störungen
verbunden ist, ausgenommen die Folgen
unverhältnismäßiger Besorgnis oder gar
Ausgrenzung eines Kindes wegen seiner
Synästhesie (52).
Erkläru ngsmodelle
Die Konzepte für die Synästhesie rei-
chen vom sog. Hyperbinding (lZ) im
Sinne eines verstärkten bindings, das als
eine Grundfunktion für die intermodale
lntegration menschlichen Bewusstseins
angenommen wird, und der Neugebo-
renen-Theorie (22,23,24,25), in der bei
der Synästhesie von einem Relikt aus
frühester Kindheit ausgegangen wird, d.
h. die Hyperkonnektivität des Neugebo-
renen-Gehirns (vgl. Panästhesie, 12) sich
nicht wie üblich zurückgebildet hat; bis
zur Kreuzaktivierung benachbarter oder
funktional nahe liegender cerebraler
Sinnesareale (16, 31) und verschiedener
Modelle fehlender Hemmfunktionen, z. B.
dem sog. Disinhibited-feedback-Modell
(t +) Die Konzepte schließen einander
nicht gegenseitig aus.
Genetik
Weil beobachtet werden konnte, dass
es in sehr vielen Familien mehrere Sy-
nästhetiker gibt, wurde früh von einer
Erblichkeit der Synästhesie ausgegan-
gen (tt) Sie lässt sich nicht erlernen.
So versprach man sich von genetischen
Analysen, das Phänomen besser erklären
zu können und versuchte, genetische
Kopplungen (linkages) zu identifizieren,
die mit dem Phänotyp der Synästhesie
verbunden sind, idealerweise an 0rten,
die bereits aus anderen neurogeneti-
schen Untersuchungen bekannt sind und
Verbindungen herstellen könnten zwi-
schen dem Phänomen der Synästhesie
und anderen Phänomenen bzw. (Hirn-)
funktionen. Es zeigte sich jedoch in den
untersuchten Gruppen eine komplexe
genetische Heterogenität. Asher (2) un-
tersuchte 196 Personen aus 43 Familien,
darunter 121 Synästhetiker, und fand
Kopplungen auf dem Chromosom 2q
und höchstwahrscheinliche Kopplungen
auf den Chromosomen 5q, 6p und 12P,
während im Eagleman Labor (Houston)
Steffie Tomson (+0) in zwei von fünf Fa-
milien (n:48) Kopplungen im Bereich des
Chromosoms 16q12.2-23.1 beschrieben
werden konnten. Die Vererbbarkeit der
Synästhesie oder einer Hyperkonnekti-
vität oder einer anderen der Synästhesie
zugrundeliegenden neu ropsycholog i-
schen Eigenschaft wird durch die gene-
tischen Untersuchungen gestützt, aber
eine genetische Diagnostik oder eine
Erklärung der Funktionsweise der Syn-
ästhesie über genetische Verknüpfungen
ist bislang nicht gelungen, vielmehr an
ihrer komplexen Heterogenität zunächst
gescheitert.
Diagnostik
Wie lässt sich Synästhesie feststellen?
Am eindrucksvollsten beweist die funk-
tion elle Ma g netresona nztomog ra ph ie
(fMRT), dass tatsächlich verschiedene
Sinnesqualitäten miteinander verknüpft
sind. Man kann dem Synästhetiker z. B.
einen Kopfhörer aufsetzen und den Raum
verdunkeln. Wenn Töne jetzt Farbensehen
auslösen, sieht man bei der Synästhesie
tatsächlich erhöhte Aktivität nicht nur im
Hörzentrum, sondern auch im Sehzent-
rum (zg).
lm praktischen Alltag bedarf die Syn-
ästhesie eigentlich keiner aufwendigen
,,Beweis-Diagnostik", nicht nur weil es
keine Krankheit ist, sondern auch, weil es
eigentlich selten Grund zum Zweifel an
den Angaben von Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen gibt. Nichl ganz über-
sehbar sind allenfalls Bemühungen, nicht
selten auch von Eltern, tatsächliche Stö-
rungen mit der vermeintlichen Erklärung,
es handele sich um Synästhesie, in Zweifel
zu ziehen, wenn eine Diagnose mit Stig-
matisierungspotential oder ungünstiger
Prognose, aus welchen Gründen auch im-
mer, vermieden werden soll.
Für wissenschaftliche Studien wird
überwiegend anhand der Konsistenz der
Verknüpfungen festgestellt, ob es sich
wirklich um genuine Synästhesie handelt,
z. B. im sog. Test of Genuiness (1, 3). Für
Graphem-Farb-Synästhesien, bei denen
lleulonädiatrie 13. Js. (2014) Nr. + 137
Abb. 1: Aus 71 beantworteten Fragebögen, in denen zu Buchstaben frei synästhetisch erlebte
Farben angegeben werden konnten, wurden die Farben 11 Gruppen zugeordnet und ausgewer-
tet. Die Größe der Tortenstücke bildet die Häufigkeit der überwiegend verknüpften Farbe(n) ab.
Die deutlichsten Häufungen ergaben sich bei den Buchstaben A, l, K, R, S,V und X. Wurden zwei
Farben auffällig oft genannt, so ist das grafisch berücksichtigt. Aber Vorsicht: Die Statistik sagt
nichts über die 0riginalität einer Synästhesie aus. Auch alle denkbaren anderen Farbkombinati-
onen sind möglich.
das Lesen, Hören, Sprechen oder Denken
von Buchstaben, Zahlen oder Wörtern sy-
nästhetische Wahrnehmung von Farben
auslösen, bedeutet das, wenn der Buch-
stabe A einmal mit Rot verknüpft wird, so
wird bei erneuter Nachfrage nach Wochen
oder Monaten das A rot bleiben. Es gibt na-
turalistische Befragungen aber auch Tests,
in denen Farben computergestützt zu den
Graphemen zugeordnet werden können. Ei-
gene Untersuchungen ergaben signifikante
interindividuelle Häufungen von Verknüp-
fung bestimmter Farbgruppen zu einigen
Buchstaben (vgl. Abb. 1), wobei nicht ver-
gessen werden sollte, dass eigentlich Hete-
rogenität ein herausstechendes Merkmal
der synästhetischen Verknüpfungen ist.
Bei der ersten Präsentation der Farbskala
auf einem Kongress gab es empörte Zwi-
schenrufe, dass das A doch nicht rot sei
sondern blau, während andere Zuhörer
sich erleichtert in manchen Zuordnungen
wiederfanden. Offenbar wurde auch, dass
von den Synästhetikern selbst bereits aus
eigener Erfahrung im Kontakt mit anderen
Synästhetikern eher mit gar keinen Über-
einstimmungen gerechnet wurde.
Die Erfahrung aus der eigenen Be-
ratung von Synästhetikern zeigt, dass
Synästhesie natürlich nicht vor Lebens-
schicksalen schützen, wohl aber bei deren
Bewältigung außerordentlich hilfreich
sein kann, solange sie nicht mißverstan-
denerweise zu unterdrücken versucht
wird, ähnlich wie bei der Umerziehung
von Linkshändern zu Rechtshändern.
Nahe liegend lässt sich der Vorteil in
1 3 B lleuromdiatlie
der Pluralität vermuten. Psychische Stö-
rungen, die z. B. mit einer Gehemmtheit
im Denken und im Fühlen einhergehen,
werden meist mit einem breit gefächer-
ten Angebot an Therapien behandelt.
Zumindest ergotherapeutische, physio-,
sozio-, musik-, kunst- und gesprächsthe-
rapeutische Angebote zählen meist zu ei-
nem stationären psychotherapeutischen
Behandlungsplan, so dass verschiedenste
mentale Facetten angesprochen werden.
Ein Synästhetiker lebt bereits mit einer
Vielzahl an Verknüpfungen, die bereits
an sich eine Entwicklung aus festge-
fahrenen emotionalen Denkmustern be-
günstigen.
Vorteile, die sich aus der Synästhesie
ergeben, sind von besonderem lnteresse
und Gegenstand zahlreicher Untersu-
chungen. Was können wir von der Syn-
ästhesie lernen? Nicht nur zum besseren
Verständnis der Funktion des menschli-
chen Bewusstseins im Sinne einer Grund-
lagenforschung, sondern auch therapeu-
tisch können voraussichtlich synästhe-
tische Eigenschaften genutzt werden,
wofür weitere Untersuchungen dringend
erforderlich sind.
Synästhesie als Vorteil
Es ist unumstritten, dass mit der Sy-
nästhesie erhebliche Vorteile verbunden
sein können. Es gibt Gedächtniskünstler,
die mit Hilfe der Verknüpfungen auch
nach langer Zeit enorme Zahlenreihen
wiederholen können (ZO). Nicht nur aus
13. Jg. (2014) Nr. 4
der Bauhaus-Bewegung sind Künstler wie
Kandinsky bekannt, die mit der Synästhesie
begabt waren. Unter Kunststudenten in der
Schweiz fand man eine deutliche Häufung
von Synästheti kern. Gesteigerte Kreativität
wird mit der Synästhesie in Verbindung
gebracht. Erwachsene Frauen haben ein in-
tensiveres Gefühlserleben in der Sexualität
(20). Nachteile können sich ergeben, wenn
Farben und Zahlen nicht zueinanderpas-
sen. Messungen ergaben zwar in der Be-
wältigung von Rechenaufgaben Verzöge-
rungen von 500 ms im Vergleich zu Nicht-
Synästhetikern, aber keine Unterschiede in
der Exaktheit der Ergebnisse (49). Deutlich
wird die Bedeutung der Kongruenz in Ver-
suchen, Kindern Zahlen in verschiedenen
Farben zu präsentieren. Zahlen in den rich-
tigen Farben wurden wesentlich häufiger
erinnert, als Zahlen in Farben, die mit den
synästhetischen Farben im Konflikt stan-
den (t3). Das Erlernen fremder Sprachen
kann erleichtert sein, aber auch verzögert
werden durch die festen Kopplungen von
Buchstaben, Lauten, Wörtern und Farben
in der Muttersprache. Von Synästhetikern
werden weitaus mehr Vorteile durch die
Synästhesie berichtet, von denen erst we-
nige hinreichend untersucht wurden, als
Nachteile. Die Rekrutierung von Probanden
für eine eigene geplante Studie, in der die
Synästhesie vorübergehend durch trans-
kranielle Magnetstimulation unterdrückt
werden sollte, wurde erheblich dadurch
erschwert, dass niemand auf seine Synäs-
thesie verzichten mochte.
Empfehlungen
Grundlegende Entlastung für junge und
alte Synästhetiker sowie deren Familien
bringt zunächst die sachliche Aufklärung.
Von Bedeutung hierbei ist die nachweisli-
che Existenz des Phänomens. Ernstgenom-
men zu werden, gehört zu den Grundbe-
dürfnissen kindlicher ldentitätsentwick-
lung und gelingt nicht selten erst durch
den Kontakt mit anderen Synästhetikern
oder der Auseinandersetzung mit dem
Kenntnisstand über die Synästhesie. Versu-
che, sie zu unterdrücken, entbehren in der
Regel einer Notwendigkeit, werden kaum
gelingen, sondern können vielmehr zu Ent-
wicklungsstörungen führen. Es kann zur
Entwicklung eines synästhetischen Kindes
gehören, dass es sich der Fülle seiner Wahr-
nehmungen in besonderer Weise bewusst
wird. Sich von der Vermischung der Sinne
überfordert zu fühlen, kann ein Hinweis
auf ei.nen Akzeptanz-Konflikt im Umfeld
sein. Uberforderungsgefühle und Erschöp-
fung können in der Jugend vorkommen
und sind in der Regel passager, konnten
aber auch in der Beratung vielfach durch
Aufklärung der Bezugspersonen überwun-
den werden, wenn sie die Synästlresie und
das Kind mit seiner Andersartigkeit akzep-
tieren oder sogar ihre Faszination an den
Eigenschaften des Kindes zulassen konn-
ten. Man sagt, lasst die Kinder Kinder sein.
Auch Synästhesie mag zugelassen werden
und kann so zu einem hilfreichen Begleiter
für Kinder oder Jugendliche in ihrem lden-
titätsprozess werden, um sich im Leben und
der Welt zu orientieren (B).
Die Aufmerksamkeit unter Lehrern ge-
genüber dem Thema der Synästhesie ist
eher gering. Erfahrungsgemäß sind viele
Erzieher sehr dankbar für lnformationen,
mit denen sie besser auf die Kinder und
ihre individuellen Bedürfnisse eingehen
können. Es kann hilfreich sein, aktuelle Ar-
tikel oder Bücher zur Verfügung zu stellen,
über die sich das Lehrpersonal informieren
kann. Manchmal sind ein Vortrag der Eltern
in der Schule oder ein Referat des Kindes
im Unterricht sinnvoll, wenn die Lehrer
bereits eingedacht sind. Zahlreiche Päda-
gogen nutzen Synästhesie in der Erziehung
und lassen die Sinnesverknüpfungen aktiv
zu, lassen in vielfachen ldeen z. B. Kinder
einen Geschmack malen, einen Geruch auf
einem lnstrument spielen usw.
Ausblick
Unter der Hypothese einer Hyperkon-
nektivität des Gehirns (S+) kann Synäs-
thesie als ein Merkmal unter vielen ver-
standen werden, das aber nicht immer so
eindeutig aufzutreten braucht. Es gibt
zahlreiche Resona nz auf die Erkenntnis-
se aus der Erforschung der Synästhesie,
in der sich Personen zwar wiederfinden,
ohne aber dass sie einen Konsistenztest
bestehen rden, was a ls H inweis ge-
wertet wird, dass es sich bei der Synäs-
thesie um die Spitze eines Eisbergs von
gesunden Normvarianten des Bewusst-
seins handelt, denen am ehesten gleiche
Mechanismen zugrunde liegen und die
als Lehrstück für Nichtreproduzierbar-
keiten einem neurowissenschaftlichen
Hyperreduktionismus heilsam entgegen-
wirken (tt). Streng genommen bleibt das
menschliche Bewusstsein im Ganzen ein
Rätsel, genauso wie die Synästhesie, die
um so weniger verdient, voreilig als Defi-
zit missverstanden zu werden.
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Anregungen zum Umgang mit
Synästhesie bei Kindern und
Jugendlichen (41)
Dem Kind helfen, seine Synästhesie
auszuleben.
Bestärken Sie das Kind in den Vorteilen
der Synästhesie. Machen Sie klar, dass
es sich um eine Begabung und nicht
um eine Behinderung handelt. Geben
Sie dem synästhetischen Erleben seinen
Raum, lassen es als normal zu, auch als
Vorlage für Familie und Freunde.
Gemeinschaft fördern.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dem
Kind aber auch den Eltern Kontakte zu
anderen Synästhetikern herzustellen.
Ein wichtiger Faktor in der Entwicklung
ist Dazugehörigkeit. Lassen Sie es nicht
zur Ausgrenzung kommen. Es gibt Ver-
eine und Foren. Der Kontakt wirkt sich
in den meisten Fällen sehr positiv aus.
Synästhesien in der Familie erkunden.
Es kann ganz besonders hilfreich sein,
innerhalb der Familie eines Kindes mit
Synästhesie nach anderen Synästhe-
tikern zu suchen. Synästhesie ist ein
hereditäres Phänomen. Mit großer
Wahrscheinlichkeit werden hier Famili-
enmitglieder gefunden, die mit der Le-
bensart vertraut sind und heilsam dem
Gefühl des Alleinseins entgegenwirken
können.
Vorteile nutzen.
Ermutigen Sie das Kind, die Synästhe-
sie vorteilhaft zu nutzen. So können
z. B. mit Zahlen verknüpfte Farben sehr
hilfreich beim Lernen sein. Es gibt zahl-
reiche Gedächtniskünstler, deren,,Ge-
heimnis" nicht selten die Synästhesie
ist. ln der Schule kann das bedeuten,
dass man Geschichtsdaten wunder-
bar behalten oder die weitaus meisten
Dezimalstellen von Pi aufzählen kann,
indem man sich auch an die begleiten-
den Farben erinnert. Bedeutender wird
es dann sein, mit dem ermutigten Kind
gemeinsam zu erkunden, worin die Sy-
nästhesie noch hilfreich im alltäglichen
Leben sein kann.
Die Lehrenden lehren.
Stellen Sie lnformationsmaterial für
Lehrer zur Verfügung. Bieten Sie an, in
der Schule über Synästhesie zu reden
und fördern damit die Diskussion.
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Article
Full-text available
Introduction: Synaesthesia is a phenomenon in which a certain stimulus induces a concurrent sensory perception; it has an estimated prevalence of 4%. Sexual arousal as an inducer for synaesthetic perceptions is rarely mentioned in the literature but can be found sometimes in case reports about subjective orgasmic experiences. Aims: To examine whether synaesthetic perceptions during sexual intercourse have an impact on the sexual experience and the extent of sexual trance compared to non-synaesthetes. Methods: In total, 19 synaesthetes with sexual forms of synaesthesia (17 female; 2 male) were included as well as corresponding control data of 36 non-synaesthetic subjects (n = 55). Two questionnaires were used to assess relevant aspects of sexual function and dysfunction (a German adaption of the Brief Index of Sexual Functioning, KFSP) as well as the occurrence and extent of sexual trance (German version of the Altered States of Consciousness Questionnaire, OAVAV). Additionally qualitative interviews were conducted in some subjects to further explore the nature of sexual experiences in synaesthetes. Main Outcome Measures: Sexual experience and extent of sexual trance during intercourse. Results: Synaesthetes depicted significantly better overall sexual function on the KFSP with increased scores for the subscale “sexual appetence” but coevally significant lower subscale scores for “sexual satisfaction.” Sexual dysfunction was not detected in this sample. Synaesthetes depicted significantly higher levels of the subscales “oceanic boundlessness” and “visionary restructuralization” than controls using the OAVAV. Qualitative interviews revealed varying synaesthetic perceptions during the different states of arousal. Furthermore, synaesthetes reported an unsatisfactory feeling of isolation caused by the idiosyncratic perceptions. Conclusions: Synaesthetes with sexual forms of synaesthesia seem to experience a deeper state of sexual trance without, however, enhanced satisfaction during sexual intercourse.
Article
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Despite a recent upsurge of research, much remains unknown about the neurobiological mechanisms underlying synaesthesia. By integrating results obtained so far in Magnetic Resonance Imaging (MRI) studies, this contribution sheds light on the role of particular brain regions in synaesthetic experiences. First, in accordance with its sensory nature, it seems that the sensory brain areas corresponding to the type of synaesthetic experience are activated. Synaesthetic colour experiences can activate colour regions in occipito-temporal cortex, but this is not necessarily restricted to V4. Furthermore, sensory and motor brain regions have been obtained that extend beyond the particular type of synaesthesia studied. Second, differences in experimental setup, number and type of synaesthetes tested, and method to delineate regions of interest may help explain inconsistent results obtained in the BOLD-MRI (Blood Oxygen Level Dependent functional MRI) studies. Third, an overview of obtained results shows that a network of brain areas rather than a single brain region underlies synaesthesia. Six brain regions of overlapping results emerge, these regions are in sensory and motor regions as well as 'higher level' regions in parietal and frontal lobe. We propose that these regions are related to three different cognitive processes inherently part of synaesthesia; the sensory processes, the (attentional) 'binding' processes, and cognitive control processes. Finally, we discuss how these functional and structural brain properties might relate to the development of synaesthesia. In particular, we believe this relationship is better understood by separating the question what underlies the presence of synaesthesia ('trait') from what determines particular synaesthetic associations ('type').
Article
Full-text available
Synesthesia is a perceptual condition in which sensory stimulation triggers anomalous sensory experiences. In colored sequence synesthesia (CSS), color experiences are triggered by sequences such as letters or numbers. We performed a family based linkage analysis to identify genetic loci responsible for the increased neural crosstalk underlying CSS. Our results implicate a 23 MB region at 16q12.2-23.1, providing the first step in understanding the molecular basis of CSS.
Book
This volume contains the proceedings of a NATO Advanced Research Workshop (ARW) on the topic of "Changes in Speech and Face Processing in Infancy: A glimpse at Developmental Mechanisms of Cognition", which was held in Carry-Ie-Rouet (France) at the Vacanciel "La Calanque", from June 29 to July 3, 1992. For many years, developmental researchers have been systematically exploring what is concealed by the blooming and buzzing confusion (as William James described the infant's world). Much research has been carried out on the mechanisms by which organisms recognize and relate to their conspecifics, in particular with respect to language acquisition and face recognition. Given this background, it seems worthwhile to compare not only the conceptual advances made in these two domains, but also the methodological difficulties faced in each of them. In both domains, there is evidence of sophisticated abilities right from birth. Similarly, researchers in these domains have focused on whether the mechanisms underlying these early competences are modality-specific, object­ specific or otherwise.
Article
This chapter proposes an approach to the problem of understanding the mind in a somewhat different way from the traditional ways used in cognitive psychology and neuroscience. Instead of tackling the mind problem head-on, it approaches it by investigating phenomena that are robust and repeatable yet do not fit the big picture of cognitive science as currently understood. This approach is especially likely to be useful in cognitive science since it still is very much in its infancy. It was a commonly used-and immensely successful-strategy in the early days of physics and biology.
Chapter
Subtitles: Mental Protection by Synesthesia; When Synesthetes Meet with Psychiatrists; Synesthesia as an Advantage; Loneliness; Synesthetes in Conflicts; Social Interactions; Synesthesia Under Stressful Conditions; Narcissism; Sexuality; Empathy and Lucidity.
Article
Synaesthesia is a broadly defined neural phenomenon in which stimulation of a sense or concept triggers a second perception not normally associated with the stimulus. For example, letters or numbers may trigger a colour experience, sounds may trigger a taste sensation, or tastes may trigger a feeling of touch. Dozens of forms of synaesthesia have been reported, but the relationship between the different forms has not been studied: is someone with a particular form of synaesthesia likely to possess other types? If so, which ones? As an inroad to illuminating underlying mechanisms, we here examine which different synaesthesia types tend to co-occur. We analyzed reports of the forms of synaesthesia experienced by 19,133 participants who completed the Synaesthesia Battery (Eagleman, Kagan, Nelson, Sagaram, & Sarma, 2007), using correlation analysis, exploratory factor analysis (EFA), confirmatory factor analysis (CFA), and multidimensional scaling (MDS). Our analyses converged on the finding of five distinct groupings of synaesthesia forms. We label these coloured sequence synaesthesias (CSSs), coloured music synaesthesias, non-visual sequela synaesthesias, spatial sequence synaesthesia (SSS), and coloured sensation synaesthesias. Collectively, our findings reveal that synaesthesia is an umbrella term that encompasses several distinct groups with independent probabilities of expression, and this may in turn suggest distinct underlying mechanisms and the possibility of different genetic bases.