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INTEGRAL REVIEW 2, 2006
Integrales Lernen in und von Organisationen
Wendelin Küpers
Abstract: Bezogen auf das integrale Models von Ken Wilber untersucht der Beitrag die
Bedeutung des Lernens in und von Organisationen. Nach einer Darstellung der Relevanz
und des Grundverständnisses des Lernens im Organisationskontext, werden integrale
Dimensionen des Lernens dargestellt. Im Einzelnen werden die verschiedenen Sphären
eines inneren-subjektiven und äusseren-„objektiven“ Lernens des Einzelnen als auch ein
gemeinschaftliches Lernen und Lernen im System auf der kollektiven Ebene dargestellt
sowie deren interrelationaler Zusammenhang diskutiert. Schließlich beschreibt der
Beitrag noch integrale Lernprozesse sowie integrale Gestaltungsfelder zur Förderung des
Lernens in den verschiedenen Bereichen. Abschließend spricht der Artikel noch
Schwierigkeiten und Probleme an sowie nimmt im Fazit ein perspektivischen Ausblick
vor.
Keywords: Integrale lernprozesse, integrale theorie, organisatorisches lernen.
Abstract: Related to the integral model of Ken Wilber, this paper investigates the role of
learning in and of organisations. After describing the relevance and basic understanding
of learning in the context of organisations, integral dimensions of learning will be
outlined. In particular learning in the sphere of an inner-subjective and exterior-objective
learning of the individual and a communal learning and learning within a system on the
collective level as well as its interrelations will be discussed. Afterwards integral learning
processes and various measurements for enhancing integral learning in the different
sphere will be discussed. Finally, difficulties and problems will be addressed and in
conclusion some perspectives and implications are presented.
Keywords: Integral learning processes, integral theory, organizational learning.
Einführung
Der folgende Beitrag versucht die integrale Vision und Philosophie von Ken Wilber auf den
Bereich des Lernens für Organisationen zu beziehen. Dabei werden sowohl die lernrelevanten
Bereiche des Ichs, der Gemeinschaft bzw. der Kultur sowie des Systems in einem umfassenden,
ausgewogenen und dennoch spannungsreichen Beziehungskontext betrachtet. Integral bzw
integrieren bedeutet dabei ein differenzierendes und zugleich zusammenzuführendes,
vereinigendes und vernetzendes Vorgehen. Gemeinsamkeiten werden so zusammengebracht,
ohne die Unterschiede und Spezifika zu leugnen. Diese integrale Orientierung versteht sich mit
Wilber dabei nicht als eine endgültige oder festliegende Anschauung oder gar als einzig
mögliche. Sie ist vielmehr nur eine Sichtweise, die aus verschiedenen wissenschaftlichen
Disziplinen unterschiedliche Erkenntnisse und Forschungsergebnisse berücksichtigt und auf
kohärente Weise einbindet sowie in einem evolutionären Gesamtzusammenhang betrachtet (vgl.
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Wilber 2000a, S. 14). Das Entwicklungsverständnis einer integralen Evolution versteht sich
dabei nicht als starre, lineare Leiter, sondern als „eine fließende Angelegenheit mit Spiralen,
Wirbeln, Strömungen und Wellenbewegungen – und einer fast unendlichen Anzahl multipler
Modalitäten (vgl. Wilber 2000a, S. 18). Gerade dieses pluralistisch-integrale Verständnis ist für
die Potenziale und dynamischen Prozesse des Wissens und Lernens wichtig. Denn Wissens- und
Lernprozesse sind wesentlicher Teil der menschlichen Bewusstseinsentwicklung und
evolutionären Transformation: „Die Dialektik des Fortschritts zeigt sich darin, dass mit dem
Erwerb von Problemlösungsfähigkeiten neue Problemlagen zu Bewusstsein kommen.“ (Wilber
2001, S. 249). Zudem generiert der sozial-evolutionäre Lernvorgang selbst auf jeder
Entwicklungsstufe neue Ressourcen, die neue Dimensionen der Knappheit und damit neue
historische Bedürfnisse bedeuten (vgl. Wilber 2001, S. 249).
Eingebettet in diese evolutionären Gesamtzusammenhänge konzentriert sich der folgende
Beitrag insbesondere auf den Bereich des Lernens in und von Organisationen. Den Konzepten
eines „organisationalen Lernen“ bzw. der „lernenden Organisation“ wird in der aktuellen
betriebswirtschaftlichen Forschung und Wirtschaftspraxis eine zunehmende Bedeutung für die
Entwicklungsfähigkeit und für die Bewältigung des Wandels von Organisationen beigemessen
(vgl. z. B. Argyris/Schön 2002; Brentel 2003; Eberl 1996; Huber 1991; Lembke, 2004; Wiegand
1996). Ist die Einsicht der Bedeutung des Lernens erst heute gewonnen worden? Haben
Mitglieder von Organisationen nicht bereits früher gelernt? Warum ist ein integrales Verständnis
des Lernens gerade gegenwärtig relevant? Um auf diese Fragen zu antworten, werde ich im
Folgenden zunächst kurz in den Kontext und die Relevanz von Lernprozessen in Organisationen
einführen. Aufbauend auf die Relevanz und das Grundverständnis des Lernens in und von
Organisationen werden danach integrale Dimensionen des Lernens im Einzelnen und in ihrem
Zusammenhang dargestellt sowie integrale Lernprozesse, Gestaltungsfelder sowie Probleme
diskutiert. Ziel dieser Ausführungen ist es, die Bedeutung eines integralen Lernens im
Organisationszusammenhang aufzuzeigen, damit diese zu einer lebendigen Wirklichkeit werden
können.
Kontext und Bedeutung des Lernens in Organisationen
Selbstverständlich wurde schon immer in den Betrieben gelernt und gelehrt, gab es Lehrende
und Lernende (vgl. Münch 1995, S. 88). So wurden bereits seit langem Organisationen als
„Lernorte“ verstanden, die als soziale Kontexte das Lernen von Individuen beeinflussen und
innerhalb derer Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung insbesondere der Personalentwicklung
ansetzten. Handelt es sich also bei organisationalem Lernen um einen „alten Wein in neuen
Schläuchen“? Was erklärt die aktuelle Bedeutung des Lernens von und in Organisationen, die
eine besondere Resonanz sowohl in der organisationalen Wirtschaftspraxis wie in der
Organisationsforschung gefunden hat?
Für die Organisationspraxis ist die besondere Relevanz der Thematik u. a. auf
organisationsinterne wie sozio-kulturellen Veränderungsprozesse rückführbar. Diese
Veränderungen vollziehen sich einer durch große Unsicherheit gekennzeichneten Umwelt.
Neben der Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien sowie
grundlegender Veränderungen betrieblicher Organisationsformen und Wissens- und
Wertschöpfungsprozessen ist es eine Intensivierung des Innovations- Wettbewerbsbedarfs, der
einen steigenden Veränderungsdruck ausübt.
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Es kommt zu einem „Wandel des Wandels“ (Mann 1993, S. 14ff), der durch wachsende
Komplexität bestimmt ist (vgl. auch Klimecki/Probst/Eberl 1994). Diese äußert sich in der
Vielfalt von vernetzten Einflussfaktoren und Ereignissen sowie einer beschleunigten Dynamik
des Wandels. Veränderungsprozesse gestalten sich auch zunehmend diskontinuierlich, also
unabsehbar und sprunghaft. Bewährtes Wissen, herkömmliche Routinen oder stabile
Organisationsgefüge werden durch ständig neue Anforderungen in Frage gestellt. Mit immer
neuen Projektaufgaben, Stellenwechseln und Fluktuationen von Organisationsmitgliedern gehen
vielfältige Schwankungen einher, die eine kontinuierliche Zusammenarbeit wirkungsmächtig
beeinflussen. Schließlich sind Wandlungsprozesse zunehmend nicht linear und finalistisch,
sondern entfalten sich eher spiralförmig und mit offenem Ende (vgl. Weick/Quinn 1999, S. 382).
Diese Einflusskräfte und neuen Bedingungen des Wandels bringen es mit sich, dass
Organisationen sich von der Vorstellung absoluter Beherrschbarkeit, sicheren Prognosen und
einmal festgelegter, weil zu einem bestimmten Zeitpunkt tauglicher Verhaltensmuster
verabschieden müssen. Damit gehen Unsicherheiten und Ungewissheiten über die gegenwärtige
Situation sowie zukünftige Entwicklungen einher. Auch müssen sich Organisationen zunehmend
mit gegensätzlichen und paradoxen Anforderungen (z. B. Stabilität und Flexibilität; Kooperation
und Kompetition) und Ambiguitäten auseinandersetzen (Handy 1994; Müller-Stewens/Fontin
1997). Schließlich gehen von Veränderungsprozessen und -maßnahmen systemische Rück- und
Wechselwirkungen aus, die besondere Herausforderungen nicht nur an die Planung, die
Organisation und die Führung, sondern an alle Organisationsmitglieder stellen.
Anbetracht dieses dynamischen und drängenden Kontextes werden von dem Konzept einer
„lernenden Organisation“ bzw. „organisationalen Lernens,“ Möglichkeiten erwartet mit den
damit einhergehenden Herausforderungen konstruktiv umzugehen. Denn die beschriebenen
externen und/oder internen Herausforderungen können durch die Organisationen nicht (mehr) in
herkömmlicher Weise begegnet werden (vgl. Dodgson 1993, S. 376). Um wirtschaftlich in dem
beschriebenen Zusammenhängen zu überleben und sich weiterzuentwickeln ist eine
Selbstevolution der Akteure und Lernprozesse in Unternehmen erforderlich, d.h. umfassende
Entfaltung ihres emotionalen, körperlichen und geistigen Potenzials.
Neben einem “Verlernen“ (Hedberg 1981), also dem Überwinden von alten Routinen und
Wissensstrukturen sind integrale Lernprozesse notwendig, um ganzheitliche Orientierungen und
Entwicklungsprozesse in und von Organisationen zu gewinnen. Erst so vermögen es
Organisationen der paradoxen Anforderung zu genügen, einen „stabilen Wandel“ zu organisieren
und eine effektive Selbst- und Umweltanpassung zu realisieren. Mit anderen Worten: Lernen
ermöglicht, dass Organisationen ihre eigenen Strukturen so arrangieren können, dass sie
einerseits die Identität der Organisation gewährleisten. Andererseits aber auch soviel Spiel- und
Entwicklungsräume behalten, um die eigenen Selbstfestlegungen überraschbar bzw. variabel zu
halten und auch wieder auflösen oder verändern zu können. Denn das Erleben und die Selektion
von Diskontinuitäten, Unterbrechungen und Etablierung neuer Kontinuitäten bzw. Variationen
ist eine Bedingung der Möglichkeit des Lernens (vgl. Kranz 2000, 124). Die Leitbilder eines
„organisationalen Lernens“ bzw. einer „lernenden Organisation“ versprechen so zu einer
Bewältigung des organisationalen Wandels beizutragen. Denn sie vermitteln dem Unternehmen
Möglichkeiten zur Entwicklung bzw. Aktivierung notwendiger und Gestaltungs- und
Anpassungspotenziale.
Für die Organisationsforschung stellt organisationales Lernen ein wachsendes und zunehmend
bedeutsames Forschungsfeld dar. Mit seiner Offenheit und Ambiguität sowie dynamischen und
positiven Konnotation und Qualität als Beobachterkategorie, erlaubt der Lernbegriff
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Organisationsforschern scheinbar einen gemeinsamen Problembezug und Diskussionsbasis zu
finden. Wie der Kulturbegriff, organisiert der Lernbegriff unterschiedliche Interpretations- bzw.
Betrachtungsweisen und verschiedene Verwendungs- bzw. Erkenntnisinteressen in einer
Debatte.. Von dem Konzept erhofft man sich Organisationen bzw. organisationale Lernprozesse
und hierbei wirksame Einfluss- und Vermittlungsgrößen in deren Komplexität besser zu
verstehen und zu erklären. Für Praxis und Forschung zeigt die Fülle der Literatur und Rezeption
zum Thema einen großen Bedarf an Reflexion, um die sich real vollziehenden Veränderungen zu
bewältigen bzw. theoretisch aufzuarbeiten (vgl. z. B. Reinhardt 1995, S. 314).
Das integrale Modell kann dazu einen wertvollen Beitrag leisten. Ein integrales Verständnis
von Wissen und Lernen ist für die betriebswirtschaftliche Theorie und Wirtschaftspraxis
relevant, weil damit;
1. die begrenzte Auffassung herkömmlicher Ansätze und deren Mangel an integralem
Entwicklungs- und Transformationsverständnis überwunden und ein erweitertes und
zugleich vertieftes Verständnis von Wissens- und Lernprozessen gewonnen werden kann,
2. eine integrale „Gesundheit“ in Organisationen auf horizontaler und vertikaler Weise als
notwendig erkannt und lebensweltlich konkret entwickelt werden bzw. eine
Transformationspraxis zu dessen Verwirklichung aufgezeigt wird,
3. Perspektiven für eine nachhaltige Integration von spezifischen Wissens- und
Lernprozessen in Organisationen zugänglich werden,
4. spirituelle Dimensionen, die meist vernachlässigt oder nicht beachtet werden aber für
Organisationen und ihre Mitglieder von grundlegender Bedeutung sind (vgl. Hawkins
1991) berücksichtigt werden können,
5. Möglichkeiten integraler Organisations- und Managementformen als eine spirituelle
Praxis sich eröffnen (vgl. Butts 1999; Conger et al. 1994; Dehler/Welsh 1994;
Bolman/Deal 1995).
Grundlegend kann eine integrale Ausrichtung von Lernprozessen in Organisationen und ihren
Mitgliedern dazu dienen, deren aktuellen wie auch zukünftige Herausforderungen in den
Lebenswelten von Organisationen zu bewältigen. Bevor im Weiteren das integrale Modell von
Wilber auf Lernprozesse in Organisationen bezogen wird, gilt es zunächst zu klären, was unter
Lernen im Allgemeinen und unter „organisationalem Lernen“ im Besonderen zu verstehen ist.
Grundverständnis des organisationalen Lernens
Allgemein führt Lernen über Erfahrungsprozesse zu einer überdauernden
Verhaltensveränderung und neuen Fähigkeiten bzw. Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten im
Verhältnis zur Umwelt (vgl. Angermeier/Bednorz/Schuster 1991, S. 27; Bower/Hilgard 1981, S.
32). Es hat also sowohl innere wie äußere Bezüge, die wiederum beide in umfassendere Kontexte
eingebettet sind. Grundlegend kann Lernen als die Fähigkeit charakterisiert werden, bestehende
Denk- und Handlungsmuster zu revidieren und sich dabei zielgerichtet Veränderungen
anzupassen bzw. neue Orientierungen zu entwickeln. Dabei beschränkt sich der Lernprozess nie
nur auf abgrenzbares „Wissen“ als Lerninhalt bzw. -ergebnis, sondern umfasst immer auch die
gesamte (Lern-)Situation mit all ihren Vorkommnissen, Aktionen und Reaktionen, z. B.
Ressourcen, Freiräume, Kommunikationsstrukturen, Anwendungsmöglichkeiten, Feedback zu
Lernerfolgen (vgl. auch Bertels 1997, S. 58). In einem erweiterten Sinn kann Lernen sogar als
eine Art und Weise zu „sein“ überhaupt verstanden werden (vgl. Vaill 1998).
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Erkenntnisse über Ursachen und Prozesse sowie Wirkungen des Lernens wurden in
unterschiedlichen Lerntheorien systematisiert. Damit wurde versucht ein je spezifisches
Verständnis von Lernprozessen sowie Prognosen über Lernergebnisse und Lernfortschritte zu
gewinnen. Entsprechend können verschiedene, z. B. behavioristische, kognitivistische sowie
konstruktivistische Lerntheorien unterschieden werden, auf deren Einordnung und Gefahren
eines Reduktionismus noch zurückzukommen sein wird.
Wenden wir uns hier nun dem spezifischen Lernen in und von Organisationen zu. Die
wissenschaftliche Diskussion und Anwendungspraxis der „lernender Organisation“ und
„organisationalen Lernens“ ist durch Heterogenität und Vielschichtigkeit sowie durch das Fehlen
einer einheitlichen, allgemein akzeptierten Theorie bzw. Konzeption gekennzeichnet (vgl.
Hennemann 1998, S. 9f.; Eberl 1996, Huber 1991, Wiegand 1996). Nachfolgende Definition
integriert verschiedene Ansätze (vgl. u. a. Probst/Büchel 1998, v. Krogh/Ichijo/Nonaka 2000)
und folgt dabei einem anwendungsorientierten Verständnis der Organisationstheorie, welches zur
Lösung praktischer Probleme beizutragen versucht.
Organisationalem Lernen meint einen Prozess zur Erhöhung und Veränderung der
organisationalen Wissensbasis, der wiederum die Problemlösungs- und Handlungskompetenz
verbessert sowie Verhaltensweisen von und für Mitglieder innerhalb der Organisation erweitert.
Diese praxisorientierte Definition beinhaltet einzelne Kriterien, die im Folgenden kurz
erläutert werden. Eine organisationale Wissensbasis bezeichnet die in einer Organisation
verfügbaren Wissenselemente (z.B. Fakten, Regeln, Rezepte, Routinen, Normen, Standards etc.)
und ihrer Beziehungen. Wie eine Art „organisationales Gedächtnis“ (vgl. Walsh/Ungson 1991)
bestimmen diese auch unbewusst das Denken, Entscheiden und Handeln von Organisationen und
ihrer Mitglieder mit. Für ein bewusste Bearbeitung müssen die Inhalte dieser Wissensbasis von
den Organisationsmitgliedern allerdings verstanden, bearbeitet und gedeutet werden sowie als
anerkannt, verknüpfbar und nützlich gelten. Organisationales Lernen verändert und restrukturiert
nun diese gemeinsamen Orientierungsmuster oder schafft neues Wissen. Kompetenzen zur
Lösung von Problemen und zum Handeln umfassen Qualifikationen zur Erfüllung bestimmter
Ziele oder Aufgaben. Dazu gehören neben fachlichen Kenntnissen auch Gestaltungs- und
Umsetzungsfähigkeiten wie emotionale und soziale Kompetenzen. Über organisationale
Lernprozesse können diese Kompetenzen gewonnen oder weiterentwickelt und so verbessert
werden. Schließlich erweitert sich durch das organisationale Lernen auch das Repertoire der
Möglichkeiten der Organisation (vgl. Wiegand 1996, S. 15). Damit können sich Organisationen
und ihre Mitglieder nach Innen und nach Außen flexibler ausrichten und agieren.
Aus ökonomischer Sichtweise ist das Ziel des Lernens von Organisationen zum
Leistungsprozess des Unternehmens beizutragen (vgl. Dodgson 1993, S. 378). Damit soll die
Überlebens- und Wandlungsfähigkeit in einem von Wettbewerb bestimmten Marktkontext
gesichert und gefördert werden. Organisationales Lernen zielt dabei im Besonderen auf eine
Strategieentwicklung, Strukturgestaltung und Weiterentwicklung von Markt-, Kunden- und
Umweltbeziehungen (vgl. Sattelberger 1991, S. 13), um das Handlungs- und
Innovationsvermögen und damit Wettbewerbsvorteile zu gewährleisten. Das Lernen in und von
Organisationen dient dabei auch einem kritischen Hinterfragen bereits vorhandener Regeln,
Praktiken, Kompetenzen und relevanter Organisationsprozesse (vgl. Hennemann 1998, S.
163ff.). Auch unterstützt es den Aufbau von zukünftigen Kernkompetenzen bzw.
Aktionsspielräumen und die Bereitstellung alternativer Lösungsansätze. Schließlich zielt es auf
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die Entwicklung grundlegender Lernpotenziale und -fähigkeiten. Diese dienen gerade in Zeiten
einer sich radikal wandelnden internen und äußeren Umwelt der Organisationen auch als
Vorsorge gegen Unsicherheiten der Zukunft. Dass über diese ökonomischen Bestimmungen
hinaus, auch erweiterte Möglichkeiten einer individuellen, sozialen und kulturellen sowie
systemischen Transformationspraxis gewonnen werden können, soll die nun folgende
Darstellung integraler Dimensionen des Lernens in und von Organisationen zeigen. Zunächst
wird dazu eine ganzheitliche Wirklichkeitssicht des Lernens und danach das integrale Modell
vorgestellt und für das Lernen im Organisationszusammenhang fruchtbar zu machen versucht.
Holons und Holarchien: Die ganzheitliche Wirklichkeit des Wissens
und Lernens
Grundlegend wird mit dem integralen Modell von Ken Wilber wird eine multidimensionale
Integration angestrebt, welche die Wirklichkeit als ein Zusammenhang von Teilen und eines
Ganzen versteht (Holon). Jedes Holon, das simultan eine innere und eine äußere Dimension hat,
besteht also zugleich aus Ganzheiten und Teilheiten die in einem offenen Kontext miteinander
verbunden sind. „Es gibt kein Ganzes, das nicht auch zugleich Teil von einem anderen Ganzen
wäre, und dies setzt sich unendlich fort.“ (Wilber 2000, S. 41). Wilber (2001, 63ff) beschreibt
vier Grundvermögen von Holons: Selbsterhaltung, -anpassung, -transzendenz und -auflösung.
Zudem emergien Holons also lassen wie aus ihrer Vernetzung neue Eigenschaften und
Konfigurationsmuster i. S. zunehmender Ganzheit/Teilheit entstehen (vgl. Wilber 2001, 71ff).
Dabei transzendiert und inkorporiert jedes emergierende Holon seine(n) Vorläufer (vgl. Wilber
2001, 77ff ). „Alle Grundstrukturen und Grundfunktionen werden bewahrt und in eine größere
Identität aufgenommen“ (Wilber 2001, 78).. Das Niedrigere setzt zudem die Möglichkeit des
Höheren, das Höhere setzt die Wahrscheinlichkeit des Niedrigeren (vgl. Wilber 2001, S. 80f ).
Bei all dem bestimmt die Anzahl der Ebenen die Tiefe der Hierarchie, wobei jede weitere
Evolutionsstufe zu einer Vertiefung führt. Dabei unterscheidet Wilber zwischen einer horizontale
Translation der Oberflächenstruktur und einer vertikalen Transformation der Tiefenstruktur (vgl.
Wilber 2001, S. 86). Während Hierarchien durch eine wachsende holistische Kapazität
verstanden werden und Heterarchien als nicht-hierarchische Interaktion der zu integrierenden
Elemente aufgefasst werden (vgl. Wilber 2000, S. 31), implizieren Holarchien, eine Balance des
Hierarchischen (qualitative Ebenen) und des Heterarchischen (wechselseitig verbundenen
Dimensionen). Dass das Wirkliche zugleich ein Ganzes und Teil (anderer Ganzheiten) ist,
kontextualisiert auch die Wirklichkeit – und damit das organisationale Wissen bzw. Lernen und
die lernende Organisation – in einem offenen (ko-evolutionären ) Zusammenhang (Holarchie).
Holarchien ko-evolvieren in Feldern von Feldern von Feldern (vgl. Wilber 2001, S. 91f), wobei
Mikro und Makro auf allen Ebenen in Beziehung und Austausch miteinander stehen (vgl. Wilber
2001 S. 94).
Grundlegend nimmt die schöpferisch emergierende Evolution die Richtung zunehmender
Differenzierung, Vielgestaltigkeit, Komplexität und systemischer Organisation ein. Das
Zusammenwirken von Differenzierung (neue Teil- und Vielheiten) sowie Integration (neue
Ganz- und Einheit), welches das Muster von Holons ausmacht ist dabei seine integrative
Kohärenz (vgl. Wilber 2001, S. 97) die zugleich durch eine zunehmende Strukturierung, relative
Autonomie bestimmt wird (vgl. Wilber 2001, 100f). Das gemeinsame Muster aller Evolution und
Höherentwicklung ist dabei eine „Holarchisierung“ (Wilber 2000, S. 52), bei dem
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Teilcharakteristika in einem umfassenderen Sinn einer kohärenten Einheit zusammengeführt und
verknüpft werden. Folgende Abbildung zeigt ein
entwicklungorientiertes Modell der
Holarchie bei dem die Ebenen als
Bewusstseinsstufen als Körper, Geist,
Seele und GEIST (als non-duale
Seinsweise) – die sich alle aufsteigend
integrieren – von verschiedenen
Entwicklungslinien oder -strömungen,
z. B. emotional, kognitiv, moralisch,
zwischenmenschlich, spirituell
durchzogen werden.
GEIST
Körper
Geist
Seele
affektiv
spirituell
moralisch
kognitiv
zwischenmenschlich
non-dualeSphäre
Bei Menschen können verschiedene
Strömungen unterschiedlich
ausgebildet und entwickelt sein. So
können sich Mitarbeiter und
Führungskräfte in Organisationen in
ihrem Alltagsleben gleichzeitig auf
verschiedenen Ebenen und
Entwicklungsniveaus bewegen (vgl.
Torbert 1994; Küpers 2004). Auf die
Bedeutung dieser Ebenen und Linien
der Entwicklung für das Lernen in und
von Organisationen wird noch
zurückzukommen sein.
Abb. 1: Die Holarchie der Entwicklung
(vgl. Wilber 2001a, S. 59).
Grundstruktur des 4-Q-Modells und Lernsphären
Die Bedeutung einer integralen Sicht von Lernen in und von Organisationen kann mit Hilfe
des 4-Quadranten Modells von Wilber (1997, 2001) erschlossen werden. Aufbauend auf dem
zuvor beschriebenen holonischen Wirklichkeitsverständnis, schlägt Wilber als wesentliche
Differenzierungen vor zwischen innerlichen und äußerlichen sowie individuellen und kollektiven
Quadranten zu unterscheiden. Die sich daraus ergebenden vier Quadranten sind die vier
Dimensionen jedes Holons. Diese stellen zugleich je eigene „Welten“ (Binnen-, Handlungs-,
Mit- sowie Sach-/Umwelt) mit je spezifischen Dimensionen dar. Folgende Abbildung zeigt die
Grundstruktur des Modells mit einigen beispielhaften Bestimmungen hier angewandt für die
Organisation.
Die oberen beiden Quadranten beinhalten die individuellen Sphären des Einzelnen. Während
der obere linke (Bewussteins-) Quadrant (I) sich auf die Binnenwelt des intentionalen,
denkenden, fühlenden und wollenden Subjektes („Ich“) bzw. Qualitäten des Individuellen
bezieht, umfasst der obere rechte (Verhaltens-) Quadrant (II) die Handlungs- und Wirkwelt des
Individuellen („Mein, Es“). Diese ist neben äußere materiellen-biologischen Manifestationen des
Verhaltens auch durch handlungspraktische Dimensionen des Wissens, Kompetenzen und
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Ausführungsweisen
bestimmbar.1 Diesen oberen
Bereichen des Individuums bzw.
des Individuellen stehen mit den
beiden unteren Quadranten
kollektive Sphären gegenüber.
Der untere linke (Kultur-)
Quadrant (III) verweist auf die
gemeinschaftliche Sphäre
(„Wir), also auf eine innere,
sozio-kulturelle „Mitwelt.“Dieser
wird durch den unteren rechten
(System-) Quadrant (IV)
funktionaler Zusammenhänge in
der äusseren Sach- bzw. Umwelt
ergänzt („Unser, Es“). Als
Spalten betrachtet, repräsentieren
die beiden rechten Quadranten
die Felder objektiven bzw.
objektivierenden Außenaspekte:
das obere i. S. der
Einzelphänomene, das untere i.
S. vernetzter Systemphänomene. Die beiden linken Quadranten stehen dagegen für die Felder der
Innerlichkeit: Das obere verweist auf die „individuelle Innerlichkeit,“ während das untere ein
„kollektives Innen“ repräsentiert.
c
intra-subjektiver
Bereich
(Binne nwelt)
(Intentionen, Emotionen,
Kognitionen,Volitionen)
objektivierter
Außenbereich
(Handlungs- u nd
Wirkwelt)
(Wissen, Kompetenzen,
Ausführung)
systemischer
Auße nbereich
(Sach-/Umwelt)
(Funktionen,
Ressourcen,
Technologien)
III
III IV
Organisation
Bewusstseins-
Quadrant Verhaltens-
Quadrant
System-
Quadrant
Kultur-
Quadrant
Individualität
Kollektivität
Mein, Es
Wir Unser, Es
Ich
Innen
Außen
intersubjektiver
Innenbereich
(kulturelle Mitwelt)
(Werte, Normen,
Geschichten)
Abb. 2: Grundstruktur und beispielhafte Bestimmungen
des Vier-Quadranten-Modells für Organisationen.
Diese analytischen Differenzierungen und dualistische Konzeption ist selbstverständlich nur
ein verständnisförderndes Konstrukt, das nicht beansprucht die „Wirklichkeit“ wiederzugeben.
Wie eine Landkarte ist dieser integrale Bezugsrahmen für eine Orientierung und Klärung der
einzelnen Elemente und Dimensionen des Lernens sowie ihres Verhältnisses zueinander
förderlich. „In realitas“ ist der Bereich des Subjektiven und deren Innenwelt unaufhebbare mit
dem „Außen,“ der Handlungs- und Wirkwelt verbunden, wie auch die Außendimensionen des
Individuellen immer auf dessen „Innen“ zurückverweisen. Auch gibt es kein gemeinschaftliches
Kollektiv ohne einen funktional-strukturellen Systemzusammenhang wie umgekehrt. Zudem
bedingen und beeinflussen sich die individuellen und sozialen kollektiven Gesamtbereiche
wechselseitig.
Angewandt auf das Thema des Lernens und Bezug zu den einzelnen Quadranten können
entsprechend spezifische Lernsphären unterschieden werden. Quadrant I bezieht sich auf das
subjektive Lernen, während der Quadrant II ein „objektives“ Lernen im Handlungsbereich
impliziert. Auf der kollektiven Ebene verweist der Quadrant III auf ein zwischenmenschliches
1 Die Zuordnung des Wissens in den oberen rechten Quadranten ist hier eine bewusste
handlungsspezifische Schwerpunktsetzung, die für den Organisationskontext zweckhaft erscheint.
Selbstverständlich ist das Wissen immer auch eine innere mentale Repräsentation (Quadrant I), ein
soziales Vermögen (Quadrant III) sowie ein systemische Ressource (Quadrant IV) (vgl. auch Romhardt
2002). Ähnliches gilt für die Kompetenzen, die es auch in den anderen Sphären gibt. Hier sind damit die
im Handeln und Verhalten sichtbaren Äußerungen von Individuen gemeint.
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Lernen oder eine
gemeinschaftliche Lernkultur,
während der Quadrant IV sich
auf ein „inter-objektives“
Lernen bezieht, welches
Funktionen im äußeren
Systemzusammenhang
umfasst.
cMein, Es
Wir Unser, Es
subjektives Lernen „objektives“ Lernen
intersubjektives Lernen interobjektives Lernen
Ich
III
III IV
Lernen
Bewusstseins-
Quadrant Verhaltens-
Quadrant
System-
Quadrant
Kultur-
Quadrant
Individualität
Kollektivität
Inne n
Außen
Wie bereits erwähnt, können
den vier Bereichen
verschiedenen
Personalpronomen zugeordnet
werden:.
- Die individuell-
innerliche Sphäre
(Quadrant I)
korrespondiert mit dem
lernenden „Ich“
- Die individuell-äußere
Sphäre (Quadrant II)
entspricht dem
Lernqualitäten eines
„Es“ (engl. It) und
„Mein.“
Abb. 3: Die Lernsphären im integralen Quadrantenmodell.
III
III IV
Bewusstseins-
Quadrant Verhaltens-
Quadrant
System-
Quadrant
Kultur-
Quadrant
Individualität
Kollektivität
Was will ich lernen?
Wie ist mein Selbstbild
als Lernender?
Was fühle und denke ich
beim Lernen?
Was sind meine
Lernprobleme?
Lerne ich aus meinen
Fehlern?
Wie funktioniert dieser
Lernprozess?
Welche Lernstrukturen
sollten geschaffen
werden?
Wie Lernprozesse und
-ergebnisse bestimmen?
Wie kann die
Lerneffektivität erhöht
werden?
Was kann ich lernen?
Bin ich fit zum lernen?
Was ist mein Know-How?
Wie löse ich dieses Problem?
Wie werde ich besser durch
„Learning-by-doing“?
Wie gut bin ich im Vergleich?
Wie wirkt sich das Lernen auf
mein Handeln aus?
Was sind unsere
gemeinsamen Lernziele?
Wie können wir
zusammen lernen?
Was ist unsere
Lernkultur?
Passt der/die zu uns als
Lerngemeinschaft?
Welche Lernhindernisse
haben wir?
Innen
Außen
- Die sozial-innerliche
Sphäre (Quadrant III)
meint das lernende
„Wir.“
- Die kollektiv-
äusserliche Sphäre
(Quadrant IV) steht für
Lerndimensionen eines
systemischen „ES“
(engl. „Its“) und
„Unser.“
Entsprechend gibt es eine
jeweilige „Ich-Sprache“ und
eine „Wir-Sprache,” die
methodischen nach einem
„Verstehen“ bzw.
Interpretieren fragt (was
bedeutet es für mich/für uns?)
sowie eine „Es- oder Objekt-
Sprache,” die nach einem
Erklären und Kausalitäten fragt
Linksseitiger Weg Rechtsseitiger Weg
Abb. 4: Typische Fragen innerhalb des Vier-Sphärenmodells
angewandt auf das Lernen in und von Organisationen.
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(was tut es, wie funktioniert es?) (vgl. Wilber 2001, S. 187). Gemäß diesen verschiedenen
Sprachen stellen sich für jeden Bereich typische Fragen, hier beispielhaft angewandt auf das
Lernen in und von Organisationen:
Methodisch betrachtet, geht der linksseitige Weg mit seiner Orientierung auf der individuellen
Seite eher dialogisch-interpretativ, hermeneutisch und bewusstseinserforschend vor.
Demgegenüber folgt die rechtsseitige Ausrichtung eher einem monologisch-erklärenden,
empirischen, positivistischen und formorientierten Ansatz.
Entwicklungsebenen und –linien des Lernens
Mit einem holonischen Verständnis eines integralen Lernens können zudem die zuvor
erwähnten verschiedene Entwicklungsebenen und -linien berücksichtigt werden. In allen
Lernbereichen gibt es demnach verschiedene Niveaus von Bewusstheitsebenen z.B. materielle,
körperliche, seelische, geistige Stufen des Lernens. Auch sind verschiedene Entwicklungslinien
des Lernens zu unterscheiden. Diese zeigen verschiedene Medien oder Bereiche der Entwicklung
des Lernens, z.B. moralische, kognitive, emotionale oder ästhetische Dimensionen sowohl des
Einzelnen wie des Kollektivs. Grundlegend kann analog zu den verschiedenen individuellen
Entwicklungslinien auch eine Binnendifferenzierung von organisationsspezifischen
Bewusstheitsstufen und Entwicklungslinien des Lernens angenommen werden. Genauso wie
individuelle Entwicklungslinien können sich auch organisationalen Linien der Entwicklung im
Innen und Außen sich gegenseitig verstärken oder blockieren. Auch hier gibt es also
unterschiedliche Entwicklungsniveaus und -geschwindigkeiten der verschiedenen Bereiche. Mit
den unterschiedlichen Bewusstheitsebenen und Entwicklungslinien ist ein „Lernholon“ auf eine
agentische, also handlungsorientierte Identität des Einzelnen und eine kommunale Identität des
Kollektivs wie auch auf eine subjektive Identität und eine objektiven Identität ausgerichtet.
Folgende Abbildung zeigt
diese Ebenen und Linien
eines solchen „Lernholons“
im graphischen
Zusammenhang.
c
Verhaltensbereich
Bewusstseins-
bereich
Kult ur-
bereich System-
bereich
subjektive
Identität objektive
Identität
Agentische Identität (Individualität)
kommunale Identität (Gemeinschaft/System)
Lern-
holon
Bewusstheitsebenen
des Lernens
Entwicklungslinien
des Lernens
kognitiv
emotional
moralisch
ästhetisch
Da sich diese Stufen der
Bewusstheit und die Linien
der Entwicklung in
Organisationen je nach
Primat und Ausrichtung
mit-, gegen- aber auch
unabhängig voneinander
sowie mit je eigenem
Tempo und Dynamik
entfalten (vgl. Wilber 2001,
S. 58), ist die
Gesamtentwicklung des
Lernens und der
Organisation oft
unausgeglichen. Mit der
Differenzierung von
Abb.
5
: Bewusstheitsebenen und Entwicklungslinien des Lernens
.
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Kupers: Integrales Lernen in und von Organisationen
53
Bewusstheitsstufen und Entwicklungslinien werden zudem einseitige Orientierungen
herkömmlicher Lernansätze erkennbar und überwindbar.
Reduktionismen beim herkömmlichen Lernverständnis
Wie bereits erwähnt, beeinflussen und durchdringen sich die verschiedenen Bereiche des
Lernens in ihrer realen Konkretion wechsel- und auch gegenseitig. Zwischen allen Quadranten
bzw. Lernsphären gibt es damit vielfältige Verflechtungen. Eine isolierte Betrachtung einzelner
Bereiche bleibt unzureichend da die vier Bereiche immer in einem ganzheitlichen
Zusammenhang unter Beachtung ihrer Interdependenzen zu sehen sind. Dies macht auch eine
kritische Betrachtung herkömmlicher lerntheoretischer Ansätze deutlich, welche verschiedene
Arten von Reduktionismen zeigen, die sich einseitig nur auf bestimmte Quadranten, Ebenen oder
Linien fokussieren.
Während kognitivistische Ansätze Lernen als internen Informationsverarbeitungs- und
Repräsentationsprozess von Erfahrungen des Einzelnen (Quadrant I) verorten, der zu einer
Veränderung von Kognitionen (z.B. Präferenzen, Annahmen, Urteile) führt, sehen
behavioristische Ansätze Lernen im Zusammenhang eines bloß äußeren Reiz-
Reaktionsmechanismus der über Konditionieren das Verhalten beeinflusst werden kann
(Quadrant II). Beim Konstruktivismus gibt es verschiedene Spielarten die sich jeweils auf
verschiedene Sphären beziehen. Nach dem radikalen Konstruktivismus bilden lernende Subjekte
die Wirklichkeit nicht einfach ab, sondern erzeugen sie selbst. Das Lernen ist demnach
informationell geschlossen, d.h. Information werden nicht von Außen (Umwelt) aufgenommen,
sondern selbst vom Subjekt (Quadrant I) auf der Grundlage seiner neuronalen Ausstattung
(Quadrant II) erstellt. Lernen wird so zu einem aktiv-konstruktiven, selbstgesteuerten Prozess.
Demgegenüber gehen Sozialkonstruktivisten von der Annahme aus, dass Lernen sich als
(Interpretations-)Produkt einer Gemeinschaft (Quadrant III) ergibt, deren Mitglieder bestimmte
Werte, Denktraditionen bzw. Interpretationspraktiken oder Arbeitsweisen miteinander teilen.
Demnach bringen soziale Konstruktionen (z. B. Vorstellungen, Vorurteile, Urteile, Meinungen
aller Art) wirklichkeitsschaffende Erkenntnisse und das Lernen hervor, d.h. Wirklichkeit wird
hergestellt, indem auf eine bestimmte Art und Weise über sie gesprochen wird und dabei
vielfältige Beziehungen koordiniert werden. Nach der neueren Systemtheorie ist Lernen als eine
funktionale Systemleistung zu beobachten, die über eine wirklichkeitsschaffende
leitdifferenzfolgende Unterscheidungs- und Kommunikationspraxis von sozialen Systemen
stattfindet (Quadrant IV).
Mit den erwähnten Ausrichtungen wird die Gefahr verschiedener Reduktionismen deutlich.
Ein Kognitionsreduktionismus ignoriert oder unterschätzt den äusseren Handlungsbereich (II)
ebenso wie die wichtigen sozialen (III) und systemischen (IV) Einbettungen und Vollzüge des
Lernens. Demgegenüber blendet ein behavioristischer Verhaltensreduktionismus die
Innendimensionen des Einzelnen (I) und des Kollektivs (III) aus. Damit sind die wichtigen
Fragen nach der Rolle des Bewusstseins, der Intentionalität sowie der Bedeutung und der Werte
ausgeschlossen (vgl. Wilber 2001, S. 170, 178). Auch eine einseitige Ausrichtung auf neuronale
Prozesse als der materiellen Basis des Lernholons (materialistischer Reduktionismus) isoliert das
Lernen und dekontextualisiert es z. B. von der sozialen Lernkultur (III). Werden andererseits alle
Holons des Inneren (I + III) auf die äußere untere Seite reduziert (Funktionsreduktionismus) wie
bei der Systemtheorie oder in Technologieansätzen des Lernens, kommt es zu einer
monologischen Vereinseitigung. Diese lassen mit ihrem reinen Beobachtungsstandpunkt und
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objektivierenden Beschreibung des Lernens als Funktion keinen Platz mehr für das Subjekt (I)
und die Gemeinschaft (III) mit deren spezifischen Innenwelten.(vgl. Wilber 2001, S. 174).
Mit dem integralen Ansatz kann der einseitige Fokus der meisten Ansätze des
organisationalen Lernens auf kognitiv-rationale oder funktional-systemische Vorgänge
überwunden werden. Denn aus integraler Sicht ist Lernen immer auch ein psychodynamischer
und emotionaler Erfahrungsprozess (vgl. Scherer/Tran 2001, Küpers/Weilber 2005). Daher
müssen innere Dimensionen (Quadrant I) mit in ihrem Einfluss auf das Handeln und Verhalten
(Quadrant II) immer im Zusammenhang mit den kollektiven Bereich (Quadranten III + IV)
betrachtet werden. Beispielsweise tragen Emotionen nicht nur jede sprachliche Kommunikation
und Interaktion, sondern sind auch Bedingung für jede zwischenmenschliche Kooperation (vgl.
Maturana 1994, S. 30f.; Ciompi 1997, S. 250, 310f.). Denn ohne eine durch ”absichtliches oder
intuitives emotionales Einstimmen” hergestellte gemeinsame Basis bleibt eine kognitive
Mitteilung ”praktisch wirkungslos” (Ciompi 1997, S. 311). Zudem spielen Emotionen auch für
das Lernen eine wichtige, energetisierende (z. B. Interesse, freudige Antizipation, Stolz auf
Lernleistungen) oder lähmende (z. B. Angst, Stress, Ärger) Rolle. Auch hängt die Wirksamkeit
des Lernens von der emotionalen Dynamik, die sich in Interaktionsprozessen entfaltet sowie von
der Entwicklung und Praxis emotionaler Kompetenzen (vgl. Salovey/Mayer 1990; Goleman
1997, 1998) ab.
Im Weiteren werden die einzelnen Sphären besprochen und anschließend im Zusammenhang
betrachtet. Zunächst werden die beiden Innen- und dann die beiden Außendimensionen kurz
beschrieben. Wobei als Grundmuster das Innen als Bewusstsein und Tiefe, das Außen der Dinge
als Form und Oberfläche bestimmt werden kann (vgl. Wilber 2001, S. 148).
Die einzelnen Quadranten bzw. Sphären des Lernens
Sphäre I : Inneres Lernen des Einzelnen (individuell-innerlich)
Aufrichtigkeit
Ich
Wahrhaftigkeit
Vertrauenswürdigkeit
Subjektiv
Integrität
individuell
innerlich
Kriterien:
Inhalt und Zugang
In dieser Sphäre wird Lernen als Erfahrung
eines intentionalen Subjekts („Ich“) verstanden.
Diese Sphäre eines inneren Lernens umfasst
sowohl Körperempfindungen, Gefühle wie
auch Gedanken des Einzelnen als subjektiver
Erfahrungsbereich. Inhaltlich kommen hier also
die persönlichen (Lern-)Bereitschaften und
Einstellungen und grundlegenden
Werthaltungen sowie Lebenserfahrungen
zusammen. Ein Zugang zu diesen Bereich kann
durch bewusstes Selbsterleben und
Selbstbetrachtung (Introspektion) gewonnen
werden. Die hier notwendige
Selbstuntersuchung kann durch Erkenntnisse
der Phänomenologie, Methoden der
Psychologie und Praktiken der Kontemplation
bzw. Meditation unterstützt werden. Die zu
Abb. 6: Kriterien der Sphäre des
Inneren Lernens (individuell-innerlich).
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55
diesem Bereich ko-respondierenden spezifischen Gültigkeitskriterien zur Überprüfung von
Aussagen sind: Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit, Integrität, Vertrauenswürdigkeit.
Lernen in und durch das Handeln („learning by doing“) stellt einen zentralen Lernprozess des
Menschen dar. Analog zu der von Romhardt (2002, S. 59) beschriebenen Sphäre des „inneren
Wissens“ macht dieser Bereich eines „inneren Lernens“ deutlich, dass wir uns als Menschen tief
leiblich und emotional wahrnehmen und kognitiv verstehen müssen, um in wahrhaftiger Art und
Weise nach Außen wirken zu können. Zur Praxis eines aufrichtigen und integeren wie
vertrauenswürdigen Seins müssen Innen und Außen sinnvoll korrespondieren. Mit anderen
Worten: Ohne ein reifes inneres Lernen kann kein wirkungsvoller äußerer Lern- und
Gestaltungsprozess in Organisationen gewonnen werden. Damit stellt dieser Bereich eine
wesentliche Grundvoraussetzung für das Lernen in und von Organisationen dar, wobei dabei
auch Gefahren und Probleme einer einseitig individuums-zentrierten Ausrichtung zu beachten
sind.
Beispiele von Gefahren und Problemen in diesem Bereich:
- Unterdrückung körperlicher Empfindungen (z. B. Stressbelastungen, Schmerz) und
Verdrängung von Gefühlen (z. B. Angst, Aggressivität).
- solipsistische Selektivität kognitiver Inhalte und Prozesse (z. B. bestimmte Denkmuster,
Rationalisierung von Motivation).
- Schwierigkeiten die innere Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Integrität im (ökonisch-
lebensweltlichen) Außen und Kollektiv zu leben, was u.a. zu emotionalen und kogntiven
Dissonanzen führen kann (vgl. Küpers 2006).
- Egozentrische Ausrichtung des Lernens verkennt gemeinschaftliche und systemische
sowie „weltzentrische“ Dimensionen und Perspektiven.
Sphäre II: Objektiviertes Lernen des Einzelnen (individuell-äußerlich)
Inhalt und Zugang
Dieser Bereich umfasst materielle,
objektivierbare Vergegenständlichungen (vgl.
Wenger 1998, S. 52) und organische-
neurologische, also körperliche Grundlagen
sowie äußere Standards für das Lernen des
Einzelnen. Es beinhaltet die objektivierten
Äußerungen des Einzelnen in Form von sich im
Handeln manifestierenden und im Verhalten
wirksam werdenden oder in ihren Folgen
sichtbaren Kompetenzen und Motivations- und
Entscheidungspraktiken. Ein Zugang zu diesem
Bereich wird über erfahrungswissenschaftliche
Methoden des Empirismus insbesondere der
Verhaltenswissenschaften sowie Verfahren und
Erkenntnisse der Neurowissenschaften
gewonnen. Der Einzelne entwickelt in
Auseinandersetzung mit den äußeren Bezügen
Konstrukte, die Voraussetzung zum Urteilen in
äußerlich
individuell
Kriterien:
Wahrheit
Entsprechung
Repräsentation
Es
Objektiviert
Abb. 7: Kriterien der Sphäre
des objektivierten Außenlernens.
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Differenzierungen z. B. richtig/falsch, gut/schlecht oder wahr/unwahr sind. Damit können äußere
Lernzustände und –prozesse beschrieben sowie deren Nützlichkeit bzw. Effektivität bewertet
werden. Die Überprüfung äußere Zustände können dabei nach Kriterien bzw. Ansprüchen auf
„Wahrheit,” Entsprechung und Repräsentation erfolgen.
In dieser Sphäre geht es in Hinblick auf das Lernen insbesondere um eine Entwicklung und
Verständigung über „objektiv“ im Verhalten sich äusserenden Wissen, Vermögen und
Kompetenzen. Darin wird das Lernen äußerlich praktisch und wirksam und vermittelt den
ökonomisch relevanten Bezug zur Performanz und Leistungsprozessen. Zu der Aus- und
Weiterbildung, Pflege und Entwicklung von verschiedenen Kenntnissen und Fähigkeiten, kommt
auch der Aufbau einer methodischen Lernfähigkeit i. S. eines „lernenden Lernen,” auf das noch
im Rahmen integraler Lernformen zurückzukommen sein wird.
Die Problematik dieses Bereichs liegt beispielhaft darin:
- dass der äußerer Zustand im Organisationskontext nur nach ökonomischen Messgrößen,
wie Nützlichkeit, Produktivität, Leistungseffizienz etc. bewertet wird.
- das Lernen der Agenten in Organisationen nur ökonomisch bestimmten
Entsprechungslogiken folgen kann.
- dass die Repräsentation von Wissen und Lernen Kategorien benötigt, die von dem
inneren leiblich-emotionalen Lernprozessen entfremden können.
- Einzelhandlungen ohne Verbindung zur Gemeinschaft und Kultur bleiben oft isoliert und
nur begrenzt effektiv.
- Aktionismus ohne systemische Einbettung, führt zu fehlenden „Anschlüssen.“
Sphäre III: Gemeinschaftliches Lernen / Lernkultur (kollektiv -innerlich)
Als Bereich des Zwischenmenschlichen und der kulturellen Rahmenbedingungen umfasst
diese Sphäre die vorherrschenden sowie identitätsbestimmenden Erzählungen, Konventionen,
und Regeln für Gruppen und Gemeinschaften. Die tradierten, wandelbaren, zeitspezifischen,
auch über Symbole und Artefakte erfahrbaren
Wertvorstellungen, Normen und Überzeugungen
prägen das Erleben, Denken und Verhalten von
Mitarbeitern. Gemeinsame Wahrnehmungen,
Bedeutungen, semantische Standorte, kulturelle
Praktiken als intersubjektive Muster im
Bewusstsein beeinflussen maßgeblich die
Lernkultur einer Organisation. Lernen wird dabei
zu einer sozialen Leistung in einem gemeinsam
geteilten Kontext. Zugang zu diesem
Kulturbereich kann über eine
verstehensorientierte Einfühlung von Innen und
hermeneutischen Rekonstruktion des gemeinsam
geteilten Kulturraums gewonnen werden.
Kulturelles Passen
Wir
Gerechtigkeit
Richtigkeit
Kriterien:
Gegenseitiges Verständnis
sozial / kollektiv
innerlich
Intersubjektiv
Auf der Basis eines gegenseitigen
Verständnisses darüber, was als „richtig“ und
„gerecht“ gilt, organisieren die Mitglieder einer
Kultur ihr Zusammenleben. Angepasstes
Abb. 8: Kriterien innerhalb der Sphäre
der Lernkultur (sozial-innerlich).
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Verhalten wird dabei oft belohnt, während Abweichungen ggfl. sanktioniert werden. Die
leitenden Überprüfungskriterien dieses Bereichs sind dabei Gerechtigkeit, kulturelleres Passen,
Gegenseitiges Verständnis sowie Richtigkeit.
Eine gemeinsame (Lern-)Kultur ist eine grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung
einer integralen Lernpraxis in Organisationen. Ist sie nur eingeschränkt vorhanden oder von
lernbehindernd gestaltet, kann sich ein integrales Lernen nur sehr begrenzt entwickeln. Nur auf
dieser kollektiven (Lern-)Basis können ein organisationsweites Lernen und damit die
Entwicklungsfähigkeit einer Organisation entstehen. Diese Sphäre ist auch der Entstehungs- und
Gestaltungsort für lebendige Lerngemeinschaften. Diese Gemeinschaften des Lernens sind als
Formen integraler Lernpraxis in besonderer Weise geeignet innovative und integrale Wissens-
und Lernprozesse in Organisationen zu fördern (vgl. Brown/Duguid 1991; Küpers 2003; Wenger
1998, Wenger/Snyder 2000; Romhardt 2002). Denn als Keimzellen für die Entwicklung und
Verlebendigung einer integralen Lernpraxis werden in ihr die individuellen, kollektiven sowie
“harten” und “weichen” Faktoren in einer ganzheitlichen Weise berücksichtigt. Damit stellen
Lerngemeinschaften wichtige Medien eines kollektiven und integralen Lernens dar und tragen
der Komplexität und Dynamik des lernökologischen Zusammenhangs in besonderer Weise
Rechnung. Dabei können sich praktische Lerngemeinschaften i. S. eines „Aufeinanderzulernens“
(Wiegand 1996, S. 409) am besten in überschaubare, kleine Gruppen realisieren. Die Entstehung
von miteinander geteiltem Gruppenwissen kann jedoch auch zur wissensbezogenen oder
abteilungsegoistischen Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen oder der Gesamtorganisation
führen, was gruppenübergreifende Wissensweitergabe und organisationsweite Lernprozesse
erschwert.
Die Problematik dieses Bereichs liegt darin:
- „Kultur“ als „weicher“ und zugleich tief verwurzelten Bereich und fragliche
instrumentalisierbare Gestaltungsvariable für ein sozio-technokratisches Management ist
nur begrenzt steuer- bzw. wandelbar, bzw. erfordert eine hohen Planungs-,
Überzeugungs-, Kommunikations- und Kontrollaufwand.
- kulturelle Werte sind nicht als etwas beliebig Verfügbares und lassen sich nur begrenzt
und allenfalls mittelfristig verändern.
- Gerechtigkeit, gegenseitiges Verständnis und Richtigkeit sind anspruchsvolle Kriterien
die intersubjektiv immer neu zu verhandeln und zu bestimmen sind.
- Kulturelles Passen kann nicht ohne systemische Passungen gewonnen warden.
- Gruppendynamik und Group-think kann lernbehindernd sein.
Sphäre IV: Lernen im System (kollektiv-äußerlich)
Dieser kollektiv äußerliche Bereich enthält interobjektiven Strukturen, Funktionen und
Prozesse des Kollektivs bzw. Systems. Der Zugang erfolgt methodisch-konzeptionell über eine
Beobachtungsperspektive, mit der das Verhalten, Funktionen, Leistungen und Wirkungen
sozialer Entitäten und deren (Lern-)Relationen erfasst werden. In diesem Systembereich geht es
entsprechend um strukturelle Passung von Kommunikations- und Organisationsstrukturen und -
prozesse sowie eine Sicherung der Funktionalität von Gruppen oder ganzen Organisationen.
Der Bezug zum Lernen ist hier insbesondere durch die technologische Infrastruktur,
Ressourcen Zertifizierungen sowie weitere systemischen Zusammenhänge für das Lernen von
und in Organisationen gegeben. Werden Organisationen als lernende „Entitäten“ verstanden,
kommt gerade diesem überpersonalen Bereich eine wichtige Bedeutung zu. Die
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Gültigkeitskriterien sind hier neben dem
funktionalen bzw. strukturellen Passen
ausgerichtet auf systemische
Netzwerkzusammenhang,
Anschlusslogiken sozialer Systeme und
ein technologisches
Optimierungsniveau.
Organisationen und ein Lernen in und
von ihnen sind ohne funktionale
Strukturen bzw. Prozesse sowie
grundlegende systemische Bedingungen
nicht denkbar. Allerdings dominiert die
Orientierung auf diesen Bereich häufig
die Wirtschaftspraxis. So basieren viele
Investitionen und der Einsatz von
Instrumenten und Technologien auf
dieses äußerliche Funktionssystem.
Durch eine damit einhergehende
Vernachlässigung der anderen Bereiche kann es zu einer Veräußerlichung des Lernens ohne
individuelle und soziokulturelle Tiefe oder einer „Alles-und-jedes Ganzheitlichkeit“
(Flachlandholismus) kommen. Damit können sich Potenziale eines integralen und lebendigen
Lernens des Einzelnen wie von Lerngemeinschaften nicht entfalten.
Es
sozial / kollektiv
äußerlich
systemischer Netzwerkzusammenhang
funktionelles / strukturelles Passen
technologisches Optimierungsniveau
Kriterien:
Anschlusslogiken sozialer Systeme
Interobjektiv
Abb. 9: Kriterien innerhalb der Sphäre des
Struktur- und Systemlernens (sozial-äusserlich).
Die Problematik dieser Sphäre liegt in folgenden Gefahren:
- Entindividualisierung, Objektivierung und Entfremdung des Lernens Einzelner und
Gemeinschaften.
- Instrumentelle Funktionalisierung bzw. Entwertung von subjektiven (Lern-)Erfahrungen.
- Fehlender Kulturbezug zum Lernen in Gemeinschaft.
- Fixierung auf Technologien und äußere Ressourcen.
Interrelationaler Zusammenhang der Sphären
Wie schon zuvor beschrieben, sind die vier (Lern-)Sphären bzw. Quadranten nicht getrennt
voneinander zu sehen. Sie haben vielmehr vielfältige Wechselbeziehungen zueinander. Alle vier
Bereiche des Lernens mit all ihren „Wirklichkeiten“ bzw. Perspektiven entwickeln sich immer
im Zusammenhang. Ein integraler Ansatz berücksichtigt diese komplexen
Wechselzusammenhang und reich strukturierten Interrelationen (vgl. Wilber 2000a, S. 66).
Keine einzelne Sphäre lässt sich auf eine andere reduzieren (vgl. Wilber 2001, S. 164).Zwischen
Außen und Innen sowie Individuellem und Kollektiven bestehen somit enge Korrelationen und
eine lebendige Wechselwirksamkeit. Nur wenn alle Felder gleichermassen und gleichwertig
berücksichtigt werden, können Organisationen und ihre Mitglieder zu einem integralen und
damit nachhaltigen Lernen kommen. Gerade zur Lösung von Aufgaben und Problemen im
Organisationsalltag sind sowohl die inneren wie äußeren Dimensionen des Lernen Einzelner
notwendig. Zudem müssen sowohl eine innere Lernkultur bzw. -gemeinschaft sowie äußere,
funktionale Lernstrukturen bzw. -systeme zusammen geschaffen, angeboten, koordiniert und
weiterentwickelt werden. Folgende Abbildung zeigt die Wechselbeziehungen zwischen den vier
Lernsphären und ihren Welten im Zusammenhang.
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Diese Wechselrelationen
werden zudem durch
integrative Dynamiken und
Wachstumsdynamiken
Entwicklungsstufen und -
linien und einen
übergreifenden “integralen
Zyklus“ (vgl. Edwards, 2005;
Cacioppe & Edwards,
2005a,b) energetisiert und
koordiniert.
Als ein holonistischer
Prozess, ereignet sich Lernen
in und von Organisationen
somit als innerer und äußerer,
individueller und kollektiver
Zusammenhang, der die
verschieden Quadranten
sowie der
Entwicklungsstufen und -
linien in einem dynamischen
Gesamtzyklus umfasst.
Werden jedoch einzelne
(Lern-)Sphären nicht hinreichend beachtet, kommt es zu Ungleichgewichten und Pathologien.
c(Es)
(Wir) (Es)
Subjektive Lernen Objektiviertes Lernen
Intersubjektives Lernen Interobjektives Lernen
(Ich)
III
III IV
Integrales
Lernen
Bewusstseins-
Quadrant Verhaltens-
Quadrant
System-
Quadrant
Kultur-
Quadrant
Individualität
Kollektivität
Innenwelt
Mitwelt
Wirkwelt
Sach-/Umwelt
Innen
Außen
Abb.: 10 Wechselbeziehungen zwischen
den vier Lernsphären
Konkrete Beispiele wären:
- Introspektions- und Reflexionsvermögen ohne hinreichende soziale Kompetenzen oder
Kommunikationsfähigkeiten.
- Ausgeprägte kognitive (Lern-)Fähigkeiten ohne Beachtung ihrer Grenzen oder
emotionaler Aspekte bzw. Kompetenzen (emotionale Intelligenz).
- Gruppen mit guter Lernkultur ohne Weitergabe oder funktionalen Anschluss an
Gesamtorganisation.
- Informations- und kommunikationstechnologische Unterstützung von Lernprozessen (z.
B. Computer Based Training), die von ihren Anwendern abgelehnt warden.
Eine parallele Betrachtung und gleichwertige Berücksichtigung der Themen, Potenziale und
Probleme in allen genannten Sphären ist eine wesentliche Voraussetzung für eine
differenzsensible integrale Entwicklung und Lernpraxis, die erst ein gelingendes innerliches und
äußerliches Wachstum von Organisationen und ihren Mitarbeitern ermöglicht.
Mit dem integralen Modell können so verschiedene spezifische Qualitäten für lernende
Organisationen eingeordnet werden (vgl. auch Pedler/Burgoyne/Boydell 1991, S. 127):
- Lernen aus eigenen Reflexionen und Erfahrungen (Quadrant I).
- Entwicklung von Lernfähigkeiten bzw. probierendes „Learning by doing“ (Quadrant II).
- Aufbau einer Lernkultur und gemeinschaftliches Lernen von und mit anderen (Quadrant
III).
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c
III
III IV
Bewusstseins-
Quadrant Verhaltens-
Quadrant
System-
Quadrant
Kultur-
Quadrant
Individualität
Kollektivität
-
Integraler
Zyklus
Wachstums
-
dynamik
Integrative
Dynamik
Entw ick-
lungs-
ebenen
Innen
Außen
Abb. 11.: Integraler Zyklus, Wachstums- und Integrationsdynamiken des Lernholons
- rasches und effektives Übertragen bzw. Vermittlung von Wissen und Lernerkenntnissen
in der Organisation als Gemeinschaft und System (Quadrant III, IV).
(vgl. Edwards, 2005)
- Unterstützung des Lernens durch moderne Informations- und
Kommunikationstechnologien (Quadrant IV).
Individuelles und kollektives Lernen im integralen Zusammenhang
Mit einem integralen Verständnis wird auch die wichtige Klärung der Lernträger und -ebenen
in Organisationen gewonnen, der Frage also, wer in Organisationen auf welchen Ebenen lernt?
Einerseits vollzieht sich das Lernen als ein Geschehen von Einzelnen. Probst und Büchel
(1998, S. 20) definieren individuelles Lernen als: „Veränderung im Verhalten oder im
Verhaltenspotenzial ... hinsichtlich einer bestimmten Situation, die auf wiederholte Erfahrungen
... in dieser Situation zurückgeht, vorausgesetzt, dass diese Verhaltensveränderung nicht auf
angeborene Reaktionstendenzen, Reifung oder vorübergehende Zustände zurückgeführt werden
kann“. Sie sehen dabei diesen Lernbegriff als Funktion von folgenden verschiedenen
Dimensionen: 1. der Erkenntnismöglichkeiten im Sinne von kognitiven Kategorien, 2. der
Intelligenz, 3. der Erfahrung im Sinne von sozial vermitteltem Wissen und eingelagerten
Fähigkeiten sowie 4. der historisch gewachsenen und situativ unterschiedlichen Bedürfnis- und
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Motivlage des Einzelnen. Dazu kommen die Interessen und Werthaltungen einzelner Lernender
einer Sache gegenüber sowie der individuell verschieden wahrgenommenen Schwierigkeitsgrade
des Lerngegenstandes. Individuell Lernende nehmen Informationen auf, wandeln sie in Wissen
bzw. erweitern eigene kognitive Strukturen um, darauf aufbauend, mittel- bis langfristig bessere
Handlungsergebnisse zu erreichen. Die durch das Handeln erzielten Resultate geben dem
einzelnen Lernenden Auskunft darüber, ob Lernfortschritte tatsächlich gemacht bzw. eine
bessere Bewältigung der (Daseins-)Realität möglich geworden ist.
Holonistisch betrachtet, realisiert sich individuelles Lernen also auf bzw. durch alle
Quadranten. Es manifestiert sich als Zuwachs an innerem Vermögen (z. B. kognitiver
Komplexität), an äußerer Handlungskompetenz, an der ausgefüllten Rolle in einer Gemeinschaft
oder am Grad seiner formal-institutionellen Operationalisierung. Ein individuell integral
Lernender berücksichtig all diese Perspektiven und „tetra-evolviert“ sich lernend entsprechend.
In Ergänzung zu den genannten individuellen Lernprozessen gibt es jedoch auch
Organisationszusammenhänge und Problemarten, die eine kollektive Lernform benötigen. Ein
kollektives Lernen dient u. a. zur Lösung von Problemen, die sehr komplex sind, d.h. die nicht
mit der individuellen Verarbeitungskapazität und individuellen Wissen allein gelöst werden
können. Bei komplexen Problemen gibt es zudem häufig keine Entscheidungskriterien für eine
„richtige“ Lösung, da kein bekannter Lösungsweg besteht und die Anzahl der notwendigen
Bearbeitungsschritte weitgehend unbekannt ist. Um Komplexität zu bewältigen ist oft auch eine
reflexive Veränderung von organisationalen Lerngewohnheiten (z. B. überholte Formen der
Informationsbeschaffung, -selektion und -verarbeitung) erforderlich, was ein gemeinschaftliches
Lernen erfordert. In solchen Lernzusammenhängen stehen dann nicht individuelle Motive,
Bedürfnisse, Erfahrungen oder Werthaltungen bzw. Handlungen und Gemeinschaftsbezüge ,
sondern übergreifende Orientierungen und Erfahrungsbezüge, sozial verbindliche
Entscheidungsverfahren oder eine normative Ordnung (vgl. Probst/Büchel 1998, S. 20) sowie
Regeln und Standards (vgl. Kieser/Beck/Tainio 2001) im Vordergrund.
Hinsichtlich der Lernträger wird der organisationale Lernprozess also von Individuen
getragen und entwickelt, ist aber auch partiell personen-unabhängig (z. B. über kollektive
Wissensbasis oder Praxis- bzw. Lerngemeinschaften) organisiert. Das Lernen in Organisationen
ist damit mehr und anderes als die Summe individuellen Lernens, denn er muss öffentlich
kommunizierbar, transparent und konsensfähig sein. Zudem kommen auf der systemischen
Ebene spezifische apersonale Dimensionen (z. B. die erwähnten äußeren Bedingungen,
Strukturen, Ressourcen und Technologien des Lernens) zum Einsatz.
Integral betrachtet sind individuelles und kollektives Lernen mit ihren verschiedenen Sphären
vielfältig und holonistisch miteinander verflochten. Damit ist das Lernen des Einzelnen zwar
eine notwendige, keineswegs aber eine hinreichende Bedingung für organisationales Lernen.
Einerseits ist individuelles Lernen als eine Rekonstruktion und Reorganisation von Erfahrungen
immer schon sozial gestaltet (vgl. Elkjaer 1999). Andererseits sind „überindividuelle“ Elemente
des organisationalen Lernens mit dem individuellen Handeln und intersubjektiven Wissen zu
verbinden (z.B. zur Koordination organisationsinterner Zusammenarbeit, Einsatz von
Technologien).
Der Unterschied zwischen individuellem und kollektivem Lernen liegt in der Art der
Konstruktion von Wirklichkeit bzw. holonistischen Perspektive mit der geschaut wird. Diese
bilden sich einerseits aus den Bedürfnissen, Motiven und Werthaltungen einzelner
Organisationsmitglieder (I) und ihres Wissen und Handelns (II); andererseits aus der kollektiv
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geteilten Praxis mit anderen Organisationsmitgliedern (III) und ihres systemischen
Funktionszusammenhangs (IV).
Organisationale Wirklichkeitskonstruktionen, also gemeinschaftliche Verständnisse über
Geschehnisse innerhalb und außerhalb der Organisation, entstehen nur dann, wenn die
Individuen bereit sind, ihre individuellen Konstruktionen, Perspektiven und deren Wissen und
Erfahrungen in kollektive Aushandlungs- und Organisationsprozesse einzubringen und damit
sich selbst wie anderen ermöglichen, neue Lernerfahrungen zu machen (vgl. Probst/Büchel
1998). Umgekehrt kann es nur eine lernende Organisation geben, wenn die individuellen und
gruppenbezogenen Lernprozesse hinreichend berücksichtigt und integriert werden.
Lernen vollzieht sich somit auf den Lernsphären des Individuums wie – auf einer Mesoebene
der Gruppe bzw. Teams (Kasl et al. 1997; Imel 1996) und der Organisation (vgl.
Crossan/Lane/White 1999). Während auf der Ebene des Individuums über weitgehend
unbewusste Intuition (z.B. über Erfahrungen, Bilder) und bewusste, individuelle Interpretation
(z.B. über mentale Modelle) gelernt wird, tritt in Gruppen noch gemeinsames Interpretieren und
eine Integration (z.B. über Interaktion, Geschichten) hinzu, die wiederum auf der
Organisationsebene durch eine Institutionalisierung (z.B. über Routinen, Regeln) erweitert wird.
Folgende Übersicht zeigt die verschiedenen Ebenen im Zusammenhang von Niveaus, Prozessen
und Inputs/Outputs. Zwischen diesen Prozessen
kann es zu vielfältigen Vor-
und Rückbewegungen von neu
zu Lernendem und bereits
Gelerntem kommen. Ein
entsprechender
„feedback/forward-Prozess“
lässt neue Ideen und
Handlungen vom Individuum
zur Gruppe bis hin zum
Organisationsniveau fließen.
Gleichzeitig kann Gelerntes
von der Organisation zur
Gruppen oder Einzelebene
zurückwirken („Feedback-
Prozess“) und dabei das
Denken und Handeln der
Personen betreffen. Folgende
Abbildung zeigt diese
Zusammenhänge mit Bezug
auf die genannten
Lernprozesse.
Routinen
diagnostische Systeme
Regeln und Prozeduren
InstitutionalisierungOrganisation
geteiltes Verstehen
wechselseitige Anpassung
interaktive Systeme
IntegrationGruppe
Sprache
kognitive Karten
Konversation/Dialog
Interpretation
Erfahrungen
Bilder
Metaphern
Intuition
Individuum
InPut/OutPutProzessNiveau
Abb. 12: Prozesse und Niveauebenen des Lernens
in Organisationen (vgl. Crossan/Lane/White 1999, S. 525).
Diese dynamischen Beziehungen können allerdings eingeschränkt werden. So kann es
beispielsweise schwierig sein, ein Lernen, das auf der Organisationsebene institutionalisiert ist,
zu verändern. Auch können bestimmte Lernprozesse auf unterschiedlichen Ebenen irrelevant
werden sowie Prozesse des „Feedback“ oder „Feedforward“ behindern.
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Feedforward
Feedback
intuitiv
erkennen
institutio-
nalisieren
Individuum
Gruppe
Organisation
Individuum Gruppe Organisation
interpretieren
integrieren
Abb. 13 Organisationales Lernen als dynamischer Prozess (vgl. Crossan et al. 1999, S. 532).
Lernformen und -prozesse
Mit dem zuvor diskutierten Modell kann ein integrales Lernen bestimmt werden, als ein
Prozess, bei dem subjektiv-innere und handlungsbezogenen-äussere Dimensionen des Einzelnen
verbunden sind bzw. zusammenwirken mit sozio-kulturellen inneren sowie funktional-
systemischen äußeren Wirklichkeiten. Nun gilt es dieses Verständnis in Bezug zu bestehenden
Lernprozessen zu stellen. Dazu werden zunächst eine einflussreiche Einordnung verschiedener
Prozesse des Lernens vorgestellt und dessen höchste Form, die eines reflexiven Meta-Lernen im
Verhältnis zu einem transformationalen Lernen und einer Visionslogik diskutiert. Zur
Klassifizierung verschiedener Lernzyklen wird von Argyris (vgl. 1976; 1982), in der Nachfolge
von Bateson (1972; 1983), zwischen Lernen 1. Ordnung, dem sog. „Einfach-Schleifen-Lernen“
(„Single Loop“) und einem Lernen 2. Ordnung. dem sog. „Doppel-Schleifen-Lernen“ („Double
Loop“) unterschieden. Dazu tritt, als eine Art Meta-Ebene des Lernens, das sog. „Deutero-
Lernen“.
1) Lernen erster Ordnung („single-loop-learning“) ist ein Lernen durch Fehlerkorrektur,
welches sich innerhalb eines gegebenen Satzes von Regeln bzw. vorhandener
Handlungstheorien vollzieht. Es führt zum Wissen, welche Arten von Programmen und
Verhaltensweisen in bestimmten Situationen zu welchen Resultaten führen (Anpassungs-
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oder Verbesserungslernen). Ein Beispiel wäre ein Qualitätsprüfer, der einen Defekt in
einem Produkt entdeckt, diesen den Entwicklern meldet, die dann die
Produktspezifikationen ändern, um den Fehler zu beseitigen. Ein single-loop-Lernprozess
bleibt damit langfristig auf einem gleichen Entwicklungsniveau. Die Betonung liegt auf
“techniques and making techniques more efficient” (Usher/Bryant 1989, S. 87).
2) Lernen zweiter Ordnung („double-loop-learning“) zielt statt auf spezifische Aktivitäten
oder Verhaltensweisen auf eine fortgesetzte Verbesserung allgemeiner Regeln und
Normen, also der verhaltenssteuernden Handlungstheorien selbst. Es impliziert eine
Revision von Zielen, Prämissen und Werthaltungen und damit auch Modifikationen oder
ein Auswechseln des Bezugsrahmens („reframing“). Dies kann auch mit einem
„Verlernen“ überholter Verhaltensregeln oder Muster oder auch Abschaffung etablierter
Regeln einhergehen. Als ein „Veränderungslernen“ hat es längerfristig wirksamere
Konsequenzen für die Organisation als das bloß anpassungsorientierte Lernen erster
Ordnung. Dieses „Veränderungs- oder Neulernen“ kann z. B. dazu führen dass der zuvor
beschriebene Qualitätsdefekt nicht nur ausgeglichen, sondern zur Entwicklung einer
Zusatzqualität des Produktes oder des Service führt. Oder bezogen auf das Strategiefeld
„Markterschließung“ findet ein double-loop-Lernen statt, wenn ein Zulieferunternehmen,
das ein innovatives Produkt erfindet, lernt mit eigenen Marketingstrategien zur
Vermarktung aufzutreten. Das Doppel-Schleifenlernen ist dann notwendig, wenn
Praktiker und die Organisation informierte und reflektierte Entscheidungen für das
Design und die Umsetzung von Veränderungsprozessen bzw. zur Überwindung von
Ineffizienzen in der Organisation machen wollen.
3) Das Meta-Lernen („deutero-learning“) setzt die Kenntnis und Fähigkeit zum Single- und
Double-Loop-Learning sowie deren Beeinflussung voraus. Auf dieser Lernebene wird die
organisationale Lernfähigkeit selbst zum Gegenstand des Lernprozesses. Dabei wird z. B.
der Leitfrage gefolgt: „Ist unser Wissenserwerb und unsere Lernpraxis überhaupt
angemessen zur Erreichung unserer Strategien?“. Es fragt also nicht danach, ob „die
Dinge richtig getan,” sondern „die richtigen Dingen getan“ werden. Als ein „lernendes
Lernen“ analysiert und hinterfragt es die bisherigen Lernvorgänge im Hinblick auf den
Lernkontext, das Lernverhalten sowie die Lernerfolge oder -misserfolge (vgl. Bateson
1983, S. 378ff). Mit einem solchen „Verständnislernen“ können lernfördernde bzw. -
hemmende Faktoren bestimmt und die Wandlungsfähigkeit sichergestellt werden. Lernen
wird somit auch zu einem ständigen Prozess der übereinstimmenden Überprüfung von
Organisationsprozessen bzw. -strukturen und äußeren Umfeldeinflüssen. Als
höchstentwickelte Form des organisationalen Lernens kann es in einem
selbstorganisatorischen Entwicklungsprozess münden, welcher sich rekursiv dieses
Lernens bedient.
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Folgende Abbildung zeigt die einzelnen Zyklen im Zusammenhang:
Kollektive Analyse und Reflexion
aller bisherigen Lernerfahrungen
Umweltbeobachtung
und
-
diagnose Informationsvergleich:
Umwelt vs. Standards
Sofortige Korrektur
der Abweichungen
Anpassungs- und Verbesserungslernen
Veränderungs-
und Neulernen
Überprüfung der Standards
auf Angemessenheit
Verständnis-
lernen
(„Lernendes
Lernen“)
Mit der Selbstreflexion beim Deutero-Lernen wird ein Wissen über vergangene Fehler und
Lernprozesse (z.B. aus dem Verbesserungs- und Veränderungslernen) gesammelt, bearbeitet und
kommuniziert. Dieses reflektierende Lernen überwindet reines Anpassungs- oder
Veränderungslernen, erhöht das Problemlösungspotenzial der Organisation und führt zu
grundlegenden Veränderungen der Handlungs- und Kommunikationsmuster überhaupt.
Abb. 14: Lernzyklus (in Anlehnung an Argyris 1994, S. 8).
Erst ein solches reflexives Lernen ermöglicht es einer Organisation, nicht nur lernend
fortzuschreiten, sondern sich zielgerichtet und lernbereit zu entwickeln und eine generelle
organisationale
Lernfähigkeit sowie
flexible
Gestaltungsformen
aufzubauen (vgl. Sonntag
1996, S. 69). Während
Single-Loop-Lernen nur
auf das Handeln und die
Aktionsstrategien bzw. -
systeme (Quadrant II +
IV) zurückwirkt, erreicht
das Double-Loop-Lernen
auch verhaltenssteuernde
Einflussgrößen,
insbesondere auch
innerlich individuell und
Zusammenhang der Lernzyklen
Reflexion
,
Analyse und
Herstellung
eines Sinnbezugs
Ziele, Normen Ergebnisse
Handlungen
Korrekturen
Korrekturen
Korrekturen
Single-
Loop
Double-
Loop
Deutero-
Learning
Abb. 15: Der Zusammenhang organisationalen Lernens
(in Anlehnung an Probst/Büchel 1998, S. 38).
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gemeinschaftlich bestimmte Ziele (Qudrant I + III). Doch erst beim Deutero-Lernen als
übergreifendes Prozesslernen kommt es zu fundamentaler Reflexion, Analyse und
Restrukturierung der leitenden Regeln, Normen sowie des übergreifenden Sinnbezugs selbst, die
alle anderen Lernprozesse voraussetzt und inkludiert. Folgende Abbildung zeigt diesen
Zusammenhang:
Damit verweist das „lernende Lernen“ (Deutero-Learning) auf eine integrale Lerndimension
vertikale Transformation (vgl. Wilber 2001, S. 86). Umfassender als ein translationales Lernen,
das eine bestimmte Oberflächenstruktur nur horizontal verändert, verwandelt ein
transformationales Lernen auch die Tiefenstruktur (vgl. Fuhr/Gremmler-Fuhr 2005), welches
auch neue Formen der holonischen Ebenen und Agenzen emergieren lässt.
Bezug zwischen Deutero-Learning als Meta-Lernpraxis und der
Visions-Logik
Als eine Lernform auf einem Metaniveau („second tier“) verweist das Deutero-Learning auf
eine integrale Visionslogik. Diese auch als Schau- oder Netzwerklogik bezeichnete Orientierung
(vgl. Wilber 2001, 234ff, 319ff) stellt die höchstentwickelte rationale Stufe im Kontinuum der
Bewusstseinsentwicklung vom magisch-mythologisch, mythisch-rational bis zum rationalen
Denken dar. Wie kann diese Visionslogik verstanden werden?
Indem ich diesen Beitrag schreibe und Sie ihn lesen, verwenden wir in gewisserweise die
Schau-Logik. Wir versuchen dabei nicht nur rationale Gewissheit über einzelne Sachverhalte
oder Argumente zu gewinnen, sondern sie auch zusammen zu vergegenwärtigen. Damit können
wir entscheiden, ob und wie diese sich als eine Vision (von Wahrheit) zusammenfügen. Schau-
Logik kann dabei auch mit Widersprüchen umgehen und Gegensätze vereinigen. Als ein nicht-
lineares Vermögen, ist es fähig auch scheinbar unvereinbare Dinge oder Themen in einem neuen
oder integraleren Holonzusammenhang zu verknüpfen. Während der Verstand, d. h. die Ratio
bzw. die formal- operative Intelligenz perspektivisch einseitig, sich spezialisierend, trennend und
analysierend ist, integriert die Schau-Logik die verschiedenen Perspektiven, in einer
multiperspektivischen synthetischen und interdisziplinären Weise, i. S. einer „integrierenden
Vernunft“ (Wilber 1997, S. 331).
Mit der Schaulogik besteht nach Wilber auch das Potenzial zu globalen Organisationsformen
bzw. Kultur zu kommen, die zu noch höheren Formen evolvieren können (vgl. Wilber 2001, S.
235). Die Weltsicht bzw. den Weltraum der Schau-Logik kann als „existenziell“ und
„zentaurisch“ bestimmt werden. Der Zentaur ist ein mythisches Fabelwesen, das halb Mensch
halb Tier, als Symbol für die Integration von Körper und Geist steht. Die zentraurische
Schaulogik vereinigt somit in sich Physiosphäre (Materie), Biosphäre (Körper) und Noosphäre
(Geist) als nächster Schritt einer globalen Transformation (vgl. Wilber 2001, S. 322).
Die integrative Kraft der Schaulogik wurde bereits vor Wilber vielfach beschrieben. So hat
Jean Gebser eine umfassende Untersuchung zu dem von ihm als „integral-aperspektivisch“
genannten Bewusstseins vorgenommen (vgl. Gebser 1953). Konnte bereits die vorausgehende
Stufe rational-perspektivische Orientierung verschiedene Perspektiven einnehmen, vermag erst
der integral–aperspektivische Geist alle Perspektiven zusammen zu betrachten und zu
integrieren. Dieses aperspektivische Denken der Schaulogik erfasst dabei die holonische
Kontextualität integraler Strukturen und Prozesse in einem übergreifenden Zusammenhang.
Auch wenn alle Perspektiven zusammenhängen und keine als endgültig gelten kann, führt dies
nicht notwendigerweise in einen Relativismus. Vielmehr kann so eine neue Transparenz und die
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Möglichkeit von weiterführenden Emergenzen in einer umfassenderen Dimension gewonnen
werden.
Die so gewonnene weltzentrische Perspektive wird daher von Gebser (1953) als „universal-
integral,” „weltoffen“ und „welttransparent“ gesehen. Schaulogik folgt somit einer
weltzentrischen Ausrichtung, die ein postkonventionelles Stadium anstrebt, also die
Verwirklichung einer rechtlichen, moralischen und politischen Freiheit. Dies ist für all
diejenigen zugänglich ist, die willens sind, sich weiterzuentwickeln und bereit sind global zu
denken und eine transpersonale Dimension im Verbund mit vorpersonalen und personalen auch
kritisch-rationalen Sphären in ihr Leben zu integrieren (vgl. Wilber 2001, S. 320, 321). Ein
Einüben und fortwährende Integration der Schaulogik in und durch ein das Lernen kann zu einer
solchen integralen Sicht und Praxis in besonderer Weise beitragen.
Integrale Gestaltungsfelder
Die vier Quadranten
stellen spezifische
Gestaltungsfelder dar, die
miteinander abgestimmt
werden müssen, um die
Entwicklung einer
Organisation integral und
nachhaltig zu gestalten.
Folgende Abbildung zeigt
verschiedene
Gestaltungsmöglichkeiten
in den einzelnen Sphären in
ihrem Zusammenhang.
Im Folgenden werden
einige beispielhafte
Maßnahmen zu den
einzelnen
Gestaltungsfeldern hier nur
kurz aufgelistet:
Zur Förderung von
lernunterstützender
Selbsterkenntnis und
subjektiven Lernens
(Sphäre I) dienen z. B.:
c
Individualität
Kollektivität
Gestaltungs-
felder
-
Restrukturierung,
Systementwicklung von
Struk turen, Funk tionen,
Ressourcen etc durch
interobjektives
systemisches
Lerne n
System-
bereich
Kult ur-
bereich
Selbsterkenntnis
und Transformation
durch subjektives Lernen,
ind. Selbst- und
Persönlichkeitsentwicklung
Training
und Verhaltens-
änderungen
durch objektives Lernen,
Entwicklung von Wissen
und Fähigkeiten
Kulturwandel
durch gemeinschaftliches
Le rne n in e ine r Ler nkul tur
dur ch Beziehungs - und
Kulturentw icklung
Verhaltens-/
Handlungsbereich
Bewusstseins-
bereich
Innen
Außen
Abb.: 16 Beispielhafte Gestaltungsfelder innerhalb
der vier Sphären und ihr Zusammenhang.
- Selbststudium und subjektives Erfahrungslernen (z. B. durch Übungen zur
Wahrnehmung, Kontemplation und Meditation).
- Techniken zum Selbstmanagement (z. B. für Umgang mit Lernstress und -
schwierigkeiten sowie emotionalen und kognitiven Dissonanzen).
- Reflexion und Weiterentwicklung eigener Wertvorstellungen (z. B. in einem
persönlichen Mission Statement oder Lerntagebuch).
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Lernrelevante Verhaltensänderung und Entwicklung von Wissen und Fähigkeiten (Sphäre II)
können gefördert werden z. B. durch:
- Aus- und Weiterbildung von Wissensinhalten und Kompetenzen (z. B. Erlernen von
Lerntechniken, Problem-Lösungsverfahren, Konfliktlösungsfähigkeiten etc.).
- Ermöglichung von Selbstwirksamkeitserleben durch Handeln und Handlungsspielräume.
- Massnahmen der individuellen und handlungspraktischen Personalentwicklung (z. B.
Coaching, Trainings on-, off- the-job).
Ein lernspezifischer Kulturwandel und gemeinschaftlichen Lernens (Sphäre III) kann
unterstützt werden z. B. durch:
- Förderung von Team- und Gruppenlernen (z. B. durch Gruppenmoderation, Feedback,
Intervision etc.).
- Gemeinsame Reflexion und Weiterentwicklung der Werte und Normen der Organisation
(z. B. Organisations- bzw. Abteilungsleitsätze).
- Maßnahmen der kollektiven Personal-, Team- und Organisationsentwicklung (z. B.
gruppendynamisches Training).
- Aufbau und Entwicklung von Lerngemeinschaften.
Zur Entwicklung einer nachhaltigen Lernkultur ist eine kooperativ-kommunikative (Lern-)
Kultur anzustreben (vgl. Kropp 1997, S. 423),
- die nach Ausgleich von Machtverhältnissen und Reduktion von Abhängigkeiten
beteiligter Interessengruppen auf der Grundlage von Handlungsspielräumen,
Entwicklungsförderung, (Fehler-)Toleranz und Offenheit strebt und dabei.
- verschiedene Einzel- und Kollektivinteressen auf der Basis von Gerechtigkeit, Fairness
und Gleichheit, i. S. Gleichwertigkeit anerkennt und konfliktaustragenden Ausgleich
anstrebt.
- bei Verhandlungen einem kooperativen Dialogprinzip, d. h. einer verantwortungsvollen
Beteiligung möglichst aller Betroffenen folgt.
- versucht eine sinnstiftende und vertrauensorientierte Arbeits- und Lernwelt zu fördern.
Eine Restrukturierung und Systementwicklung der Organisation (Sphäre IV) kann z. B.
gefördert werden durch:
- Verbesserung funktionaler Strukturen und Prozesse (z. B. Optimierung des
organisationalen Designs der Aufbau und Ablauforganisation sowie von work-flow-
Prozessen).
- Massnahmen zu lernförderlichen Wandelprozessen (z. B. Techniken des Change-
Managements).
- Funktionales, lernorientiertes Wissensmanagement.
- Einsatz von lernrelevanten Informations- und Kommunikationstechnologien.
- Strategische Ausrichtung und Bewertung von Leistungsprozessen die durch Lernen
generiert warden.
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Probleme und Grenzen
Um ein integrales Lernen zu verwirklichen, sind mögliche Schwierigkeiten und Probleme zu
beachten, die ich hier abschließend anspreche. So können Lernbarrieren (vgl. Schüppel 1996, S.
107ff.) und lernbehindernde Organisationskulturen bzw. -strukturen (vgl. Antal/Rosenbrock
2001) die Entwicklung integraler Lernformen stark einschränken. Zu den Lernhindernisse
gehören z. B. die bevorzugte Wahrnehmung von direkten Reizen und kurzfristigen Feedbacks
gegenüber indirekten und langsam verlaufenden langfristigen Prozessen oder eine fehlende
Verknüpfung von persönlichen Erfahrungen und organisationalem Lernen (vgl. Senge 1996, S.
28f). Neben dem Aufbau von lernunterstützenden Strukturen und Prozessen kommt auch der
Vermeidung und dem Abbau von Hemmnissen und Demotivatoren (vgl. Wunderer/Küpers 2002)
wachsende Bedeutung zu. Die Etablierung und Wirksamkeit integraler Lernpraktiken kann auch
durch „Kurzsichtigkeiten“ des ökonomischen Denkens eingeschränkt werden (vgl.
Levinthal/March 1993, S. 101f.). Dazu gehören z.B. die Ignorierung einer langfristigen
Perspektive oder des größeren Systemzusammenhangs, in dem sich das Lernen in und von
Organisationen vollzieht. Zudem können auch „Lernfallen“ auftreten, die sich durch eine
einseitige vergangenheitsorientierte Ausnutzung des Bestehenden (z.B. lerneinschränkendes
Festhalten am status quo) oder Ausrichtung nur auf zukunftsgerichtete Entdeckung von Neuem
ergeben. Als problematisch können sich auch die Sicherstellung einer organisationsdienlichen
Verwendung von erlerntem Wissen und Können und die dauerhafte Aufrechterhaltung von
lernpraktischen Anwendungsprozessen erweisen (vgl. Hennemann 1998, S. 207) So besteht die
Gefahr das auch „schlechte“ oder für die Organisation schädliche Verhaltensmuster gelernt
werden (vgl. Levitt/March 1988). Des Weiteren sind die verbreitete und realitätsferne
Vernachlässigung von Machtfragen (vgl. Coopey 1995) und die mikropolitische Dimensionen
des Organisationslernens problematisch. Organisationslernen baut auf einer individuell, sozial
und systemisch konstruierten Homogenitäten auf (z. B. Begrenzung auf hierarchiekonforme
Inhalte) und ist auch daher nicht wertneutral, sondern immer auch ein politischer Prozess. Auch
besteht die Gefahr des Missbrauchs der Lernkonzepte zur Erweiterung der Managementkontrolle
oder Legitimierung von personalpolitischen Maßnahmen aufgrund fehlender Lernbereitschaft
oder -fähigkeit. Des Weiteren kann es nur für eine optimierende Ausnutzung der Mitarbeiter als
Human-Ressourcen (vgl. Schneider 1999; Steyaert/Janssens 1999) fungieren, welches nicht die
Entwicklung humaner Potenziale zu sehen versteht (vgl. Casse 1994; Kumar Kalra 1997).
Bei vielen Ansätzen des organisationalen Lernens wird auch die Rolle der Top-
Führungskräfte überbetont bzw. einseitig privilegiert, was die Vielfalt von anderen Akteuren z.B.
im mittleren Management (vgl. Nonaka 1994) oder (informelle) Lerngemeinschaften
unterschätzt. Zudem sind die gewandelten Rollen und Aufgaben der Führung hinsichtlich der
Förderung der Lernbereitschaft wie -fähigkeit bei den Mitarbeitern zu beachten. Führungskräfte
sind demnach Auslöser und Förderer individueller und kollektiver Lernprozesse. Als Trainer,
Coach und Berater werden Führungskräfte damit zu Dienstleistern ihrer Mitarbeiter (vgl.
Doppler/Lauterburg 1995, Kostka/Krämer 1997), um so zur Entwicklung einer lernenden
Organisation beizutragen. Führungskräfte müssen dabei zu “dienenden Führern” werden. (vgl.
Kofman/Senge 1995; Spears, 1995). Dabei ist auch das Lernen von Führungskräften selbst (vgl.
Burgoyne/Reynolds 1998) sowie ein Lernen von in Praxisgemeinschaften stärker zu
berücksichtigen.
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Fazit und Perspektive
Ich habe in diesem Beitrag versucht die Bedeutung eines integralen Umgangs mit Wissen und
Lernprozessen in Unternehmen darzustellen. Aufbauend auf dem Modell von Ken Wilber wurde
das Lernen als Teil-Ganzheit (Holons) mit Bezug zum Organisationskontext beschrieben. Dazu
wurde Wilbers holonisches Quadrantenmodell und dynamische Entwicklungslinien auf das
Lernen in und von Organisationen angewandt sowie integrale Lerndimensionen diskutiert. Wie
deutlich wurde, kann ein Lernen von und in Organisationen kein „Patentrezept“ sein, dass ohne
betriebsindividuelle Anpassung eingeführt und verankert werden kann. Damit bleibt eine
einfache Generalisierbarkeit und Instrumentalisierbarkeit von Lernkonzepten fraglich und
unzureichend (vgl. auch Roehl/Wiegand 1998, S. 21). Jede Organisation muss vielmehr in
Abhängigkeit ihrer ganz spezifischen Betriebsgeschichte, Mitarbeitern sowie bestehenden Kultur
und externen Sach- und Umwelt ihren eigenen Weg des Lernens und damit des Wandels finden
(vgl. Nevis/DiBella/Gould 1995).
Entscheidend für eine lebendige Ausgestaltung eines integralen Lernens und Entwicklung
einer „gesunden“ Organisation wird es sein, die Dimensionen, Funktionen, Zwecke und Prozesse
sowie Bedeutungen und Implikationen des Lernens auf einer integralen Basis zu gründen. Um
diese im Arbeitsleben zu verwirklichen sind auch unterstützende Aktivitäten (vgl. Kriger/Hanson
1999)2 und integrale Koordination und Evaluation aller Maßnahmen erforderlich.
Anwendungspraktisch wie forschungsbezogen stellt die „In-Beziehung-Setzung“ und
Übertragung des Lernens zwischen den verschiedenen Quadranten bzw. deren Sphären eine
besondere Herausforderung dar. So gelte es den Zusammenhang von Quadranten und
Entwicklungsstufen und –linien des Lernens noch tiefergehend mit einer integralen
Methodologie zu untersuchen, gleichmassen die Perspektiven der ersten, zweiten und dritten
Person (Singular und Plural) systematisch berücksichtigt Aufschlussreich wäre es auch
verschiedene Typen des Bewusstseins, z. B. Persönlichkeitslerntypen oder verschiedene
geschlechtsspezifische Lernstile auf verschiedenen Entwicklungsebenen vertiefend zu
erforschen. Des Weiteren wären leiblich-sinnliche sowie narrative Dimensionen des impliziten
Wissens und Lernens im integralen Zusammenhang zu erforschen (vgl. Küpers 2005).
Zu untersuchen wären auch weitere, umfassendere Lernebenen, wie z. B. inter-
organisationales Lernen (vgl. Prange 1996) zu berücksichtigen. Dabei vollziehen sich
Lernprozesse zwischen einzelnen Organisationseinheiten oder in Netzwerken verbundenen
Organisationen. Dazu können bereichsübergreifende Gruppen (z. B. Strategieteams, Projekt-
oder Koordinationsgruppen) gebildet werden, die eine „Durchmischung“ und Kombination von
Mitarbeitern unterschiedlicher Bereiche bewirken. Damit kann es zur Nutzung von größeren
Wissens- und Erfahrungskontexten sowie zu einer Institutionalisierung von Freiräumen für
kollektives Lernen kommen, in denen gemeinsam neue Routinen entwickelt werden können (vgl.
z. B. Wilkesmann 1999). Noch umfassender sind überbetriebliche Netzwerke bei denen
Unternehmen, z. B. zur Entwicklung von Produktions- und Innovationsprozessen, lernend in
2 Kriger/Hanson (1999, S. 312) benennen folgende Unterstützungsmassnahmen: 1 Behavior consistent
with values, 2 Creating a climate where morality and ethics are truly important, 3 Legitimizing differing
viewpoints, values, and beliefs, 4 Developing imagination, inspiration, and mindfulness, 5 Letting go of
expectations that are unrealistic, 6 Acknowledgement of the efforts and accomplishments of others, 7
Creating organizational processes that develop the whole person ± not just exploiting current talents and
strengths).
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intensiven Austausch- und Kooperationsbeziehungen mit Kunden und Lieferanten und teilweise
auch mit Wettbewerbern und Forschungseinrichtungen stehen (vgl. z. B. Braczyk 1998). Dem
schließen sich Horizonte einer Erforschung eines interkulturellen und globalen Lernens von und
in Organisationen an (vgl. Brunold 2004).
Noch immer gibt es zum Konzept des organisationalen Lernens viele offene Fragen und zu
wenig Antworten (vgl. Schreyögg/Eberl 1998). Für Praxis und Forschung sind daher weitere
Umsetzungsmöglichkeiten und eine vertiefte Reflexion über organisationales Lernen und auch
dessen ethischen Grundlagen bzw. Implikationen (vgl. z.B. Snell 2001) notwendig, um die sich
real vollziehenden Veränderungen und den damit einhergehenden Wandelprozess zu bewältigen
bzw. theoretisch aufzuarbeiten.
Für die Zukunft besteht daher hinsichtlich der weiteren Auseinandersetzung mit Formen eines
integralen organisationalen Lernens bzw. integraler lernender Organisation ein hoher Bedarf an
interdisziplinärer, theoretische wie empirischer Forschung sowie konkreter Praxisanwendung.
Erst dann können deren potenzielle wie faktische Möglichkeiten, aber auch Grenzen
systematisch aufgedeckt und praktisch erprobt werden. Das hier vorgestellte Modell bietet dabei
ein wichtiges Orientierungsheuristik für die Entwicklung und Praxis eines integralen Lernens
von und in Organisationen. In gewisserweise ist eine integrale Praxis in und von Organisationen
inhärent lernorientiert. Reife integrale Organisationen sind lernende Institutionen, da Integralität
über deren Perspektivierung ein ständiges und umfassendes Lernen auf mehreren Ebenen
impliziert. Denn eine integrale Reflexion und integrales Handeln sowie integrale
Gemeinschaftsentwicklung und Kommunikation sowie integrale Struktur-, Funktions- bzw.
Systementwicklung beinhalten bzw. bewirken fortwährende Lern- und Bildungsprozesse.
Mit einer solchen integralen Lernorientierung und entsprechenden Transformationspraxis
wird es möglich, dass lernende Organisationen und ihre Mitglieder zu kreativeren, offeneren und
sinnstiftenden Orte bzw. Träger werden, die zu integrierten ganzheitlichen
Entwicklungsmöglichkeiten und nachhaltiges Wohlergehen (vgl. Küpers 2005a ) beitragen.
Abschließend möchte ich Sie einladen, mit dem vorgestellten Modell selbst zu
experimentieren und eigene (Lern-)Erfahrungen damit zu machen und mit anderen zu teilen. Zur
konkreten Umsetzung können Sie als Leser in ihrem Umfeld damit anfangen. Sie können sich z.
B. fragen, wo und wie Sie für sich in ihren aktuellen Kontext eine integrale Lernpraxis
verwirklichen können. In welchen Sphären wünschen Sie sich eine weitere praktische Einübung
oder einen vertieften gemeinschaftlichen Erfahrungsaustausch? Wie lernen Sie innerlich und
äußerlich und wie kann dieses Lernen verbessert werden? Wie können Sie Ihre Erfahrung für ein
integrales Lernen in Ihre konkrete Lebenswelt einbringen oder vorleben? In welcher (Lern-)
Kultur leben Sie und wie könnte diese integraler gestaltet werden? Können Sie sich bestehenden
Lerngemeinschaften in ihrer Organisation anschließen oder selbst dazu beitragen solche zu
entwickeln? Wie gehen Sie mit funktionalen Systembedingungen und -prozesse sowie
strukturellen Lernhindernissen um? In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen
Lernsphären zu- oder gegeneinander? Welche weiteren Fragen, Potenziale aber auch
Schwierigkeiten sehen Sie für die praktische Umsetzung und mit wem können Sie sich darüber
austauschen?
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und Freude auf Ihrem Weg eines integralen Lernens und
würde mich über Rückmeldung von Ihnen als Chance für ein gemeinsames Lernen freuen.
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Æ
Remotivation Wie Leistungsbarrieren
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Dr. Wendelin Küpers Nach einigen Jahren der Tätigkeit in der Industrie studierte Wendelin
Küpers Wirtschaftswissenschaften an der privaten Universität Witten-Herdecke und Philosophie
an der Ruhr-Universität in Bochum. Nach dem Abschluss seiner Promotion an der Universität
Witten-Herdecke war er Mitarbeiter am Institut für Führung und Personalmanagement an der
Universität St. Gallen sowie dort in einem empirischen Forschungsprojekt zur Demotivation
involviert. Gegenwärtig arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für
Betriebswirtschaft, insbesondere Führung und Organisation an der FernUniversität in Hagen.
Er ist auch Dozent an den Universitäten St. Gallen und Innsbruck.
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen integraler Führung und emotionaler
und ästhetischer Dimensionen von Organisationen sowie des organisationalen Wissens und
Lernens. Aufbauend auf erweiterten phänomenologischen Forschung entwickelt er eine integrale
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„Phäno-Praxis.“ Damit arbeitet er die praktisch Relevanz der Phänomenologie für integrale
Arten und Weisen des Organisierens und Führens heraus.
Dr. Wendelin Küpers After working for several yeas in the business world Wendelin Küpers
studied economics and business administration at the private University of Witten/Herdecke,
Germany and philosophy at the Ruhr-University in Bochum, Germany. After finalizing his PhD.
at the University of Witten-Herdecke he was working at the Institute for Leadership and Human
Resource Management at the University of St. Gallen, Switzerland, where he also pursued a
longer research project on ´demotivation in organizations.´ At present he works as a Senior
Lecturer and Senior Researcher and is the Chair of Business Administration, Leadership, and
Organization at the University of Hagen, Germany. Currently, he is also teaching at the
University of St. Gallen and University of Innsbruck, Austria.
In his research he focuses on integral leadership as well as emotional and aesthetic
dimensions as well as issues related to knowledge and learning in and of organizations. Being
involved in advanced phenomenological research, he is developing an integral "pheno-practice,"
i.e. the practical relevance of phenomenology for questions related to integral ways of
organizing and managing.
University in Hagen
Profilstr. 8,
58084 Hagen, Germany
Tel.: 0049 2331/987-4905
Email: Wendelin.Kuepers@Fernuni-hagen.de
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