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Prüfen an Universitäten - Wie Prüfungen das Lernen steuern

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a.Prof. Dr. Florian H. Müller
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung
___________________________________________________________________________
Florian H. Müller
Prüfen an Universitäten
Wie Prüfungen das Lernen steuern
(in B. Kossek & C. Zwiauer. Universität in Zeiten von Bologna. Zur Theorie und Praxis von Lehr- und
Lernkulturen. Verlag V&R unipress / Vienna University Press
Vorabdruck!
„If we wish to discover the truth about an educational system,
we must look into the assessment procedures.“ (Rowntree, 1977)
Hochschulprüfungen sind ein Dauerthema unter Studierenden und bestimmen das Lern- und
Arbeitsverhalten wesentlich mit. Sie steuern zum Beispiel das lernstrategische Vorgehen, das
Zeitmanagement, die Auswahl von Lehrveranstaltungen und Studienschwerpunkten, aber
auch die Interaktion zwischen den Studierenden und besonders zu den Lehrenden (vgl. z.B.
Huber, 1991, 2008). In Zeiten von Bachelor, Master und ECTS scheint nach ersten Erfah-
rungen die einseitige Prüfungsorientierung der Studierenden nicht abgenommen zu haben;
insbesondere deshalb, weil in der Praxis weiterhin Einzellehrveranstaltungen und kaum die
Outcomes ganzer Module geprüft werden (vgl. Woschnack, Schatz & Eugster, 2008). „Dass
dies zu einem selbstinduzierten Overload mit Prüfungen führt, ist mittlerweile alltägliche Er-
fahrung …“ (Dany, Szczyrba & Wildt, 2008, S. 5).
Auch für die Hochschullehrenden sind Prüfungen ein wesentlicher, meist wenig beliebter Teil
ihres Arbeitsalltags. Es wird über Prüfungs- und Korrekturbelastungen geklagt, über Plagiats-
fälle diskutiert oder die mangelnde Studierfähigkeit betont. Selten wird aber darüber gespro-
chen, wie Lehre, Lernen und Prüfen zusammenhängen, wie man die Prüfungsbelastung redu-
zieren kann oder wie man die eigene Prüfungskompetenz weiterentwickeln könnte.
Vom professionellen Prüfen scheinen wir an Hochschulen im deutschsprachigen Raum noch
weit entfernt zu sein: Prüfen ist, so die Arbeitsgruppe Hochschuldidaktische Weiterbildung
(2000) weiterhin „ein ungelerntes Geschäft“. Diese Feststellung ist nicht neu. Schon in den
1970er Jahren thematisierte man Hochschulprüfungen im Rahmen der jungen Disziplin der
Hochschulforschung sowie im Kontext der Initiativen zur Verbesserung der Lehre (vgl. z.B.
Huber, 1970, 1999; Tippelt, 1979).
Für die Hochschulforschung sind die 1980er und die frühen 1990er Jahre als die Phase der
Entideologisierung, aber auch der Ernüchterung, Enttäuschung, Desillusionierung sowie der
Stagnation in Forschung und Praxis zu bezeichnen. Dies trifft insbesondere für das Thema
Prüfen zu, welches seit den 1970er Jahren kaum Gegenstand der Forschung ist. Dany und
Kollegen sprechen im Zusammenhang mit Hochschulprüfungen von einer Tabuisierung und
Entthematisierung (Dany et al., 2008). Erst in den letzten Jahren – im Zuge einer zarten
Renaissance der Hochschulforschung sowie praktischer Konzeptionen und Initiativen zur Pro-
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fessionalisierung von Hochschullehre stehen Hochschulprüfungen wieder auf der Agenda
(siehe z.B. Dany et al., 2008; Müller & Bayer, 2007; Müller & Schmidt, 2009).
Insgesamt sind Hochschulprüfungen in den zuständigen Disziplinen wie der pädagogischen
Psychologie, der Erziehungswissenschaft oder der Bildungssoziologie aber weiterhin ein ver-
nachlässigtes Thema. Gründe hierfür sind u.a. die Schwierigkeit bei der Rekrutierung von
Kolleginnen und Kollegen, die bereit sind, Auskunft über ihre Prüfungspraxis zu geben, Ein-
blick in die Prüfungsunterlagen zu gewähren und die Bewertungskriterien offenzulegen oder
Hospitationen bei mündlichen Prüfungen zuzulassen.
Dieser Beitrag thematisiert die vielfältigen Funktionen von Hochschulprüfungen und geht der
Steuerungsfunktion von Hochschulprüfungen für studentisches Lernen anhand exem-
plarischer Forschungsbefunde auf den Grund. Ferner werden Konsequenzen für die
hochschuldidaktische Fortbildung sowie konkrete Handlungsmöglichkeiten für Hoch-
schullehrende besprochen, die es ermöglichen, das eigene Prüfungsverhalten zu reflektieren
und sich auf den Weg zur Entwicklung einer neuen Prüfungskultur zu machen.
Funktionen von Prüfungen
Prüfungen im Studium haben unterschiedliche implizite und explizite Funktionen (vgl. z.B.
AG Hochschuldidaktische Weiterbildung, 2000; Bülow-Schramm & Gipser, 1994). Zumeist
werden vier wesentliche (nicht zwingend trennscharfe) Funktionen von Hochschulprüfungen
unterschieden, deren Relevanz je nach Fach, Prüfungsart oder Prüfer/in erheblich variieren
kann (Müller & Bayer, 2007).
Rekrutierungsfunktion
Prüfungen legen nicht nur fest, wer weiter studieren darf und wer nicht (Selektionsfunktion),
sie reihen Studierende nach Kenntnissen und Fähigkeiten oder eröffnen bzw. verschließen
weitere Ausbildungs- und Berufsoptionen. So prognostizieren Abschlussnoten an Hochschu-
len beispielsweise berufliche Einstiegschancen relativ gut. Prüfungen dienen aber auch dazu,
wissenschaftlichen Nachwuchs (Hilfskräfte, wissenschaftliche Mitarbeiter/innen oder
Doktoranden) an der Universität selbst zu rekrutieren.
Didaktische Funktion
Nicht nur zur Erhebung von Noten sind Prüfungen sinnvoll. Leistungsfeststellungen können
sowohl für Studierende als auch für Lehrende wichtige Hinweise für die künftige Steuerung
von Lehr- und Lernprozessen oder für die inhaltliche und zeitliche Sequenzierung von
Studiengängen liefern. In der Praxis werden Studierenden allerdings relativ wenige infor-
mierende und lernfördernde Rückmeldungen über ihren Leistungsstand gegeben („Was kann
ich, was kann ich noch nicht?“; „Wie kann ich mich verbessern?“). Solch lernfördernde
Rückmeldungen vermitteln den Studierenden das Gefühl, durch eigenes Tun etwas verändern
zu können (z.B. Hattie & Timperley, 2007; Prenzel, 1996) und können z.B. durch individuelle
oder gruppenbezogene Prüfungsbesprechungen, durch Prüfungssimulationen (z.B. Gijbels, v.
Watering & Dochy, 2005) oder die Initiierung von studentischen Gruppenarbeiten zur För-
derung sozialen Austauschs und Reflexion über die Inhalte unterstützt werden.
Herrschafts- und Sozialisationsfunktion
Hochschulprüfungen haben gleichsam einem Initiationsritus u.a. die Aufgabe, die Zuge-
hörigkeit in eine Fachkultur zu belegen (Enkulturationsfunktion) und stellen fest, ob sich Stu-
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dierende einen spezifischen Habitus eines Fachs (Huber, 1991) angeeignet haben, der seiner-
seits über den Prüfungserfolg mitentscheidet. Prüfungen verleihen einen gewissen Status (z.B.
mit einem Diplom oder Master) und sind Legitimation, einen bestimmten Beruf auszuüben
bzw. ausüben zu dürfen.
Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse
Schließlich soll noch eine letzte Funktion von Hochschulprüfungen erwähnt werden, die die
Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse betrifft. So sind Abschlussarbeiten (Diplom- oder
Masterarbeiten) und vor allem Dissertationen Quellen neuen wissenschaftlichen Wissens.
Nicht selten wird die Erkenntnisgenerierung durch die Vergabe von Themen durch die Prü-
fer/innen wesentlich gesteuert.
Die genannten Funktionsbereiche sollten idealerweise bei der Prüfungsplanung und -vorbe-
reitung immer mitbedacht werden: Welche Funktion hat die spezifische Prüfung? Was beab-
sichtige ich mit dieser oder jener Prüfungsaufgabe oder beispielsweise mit einem bestimmten
Diplomarbeitsthema? Welche sind die Kriterien, die über das Bestehen oder Scheitern ent-
scheiden? Warum lasse ich bestimmte Studierende überhaupt durchfallen?
Oft ist auch für Studierende und Lehrende gleichermaßen wenig klar, auf welcher Taxono-
mieebene des Wissens einzelne Prüfungsfragen oder ganze Prüfungen zu verorten sind (siehe
Kasten). Soll Wissen reproduziert werden, muss man etwas verstanden haben oder Transfer-
leistungen erbringen? Oder geht es gar darum, wissenschaftliche oder praktische Probleme zu
lösen? Je nachdem worauf der Schwerpunkt gelegt wird, werden Studierende qualitativ und
quantitativ anders lernen.
Taxonomie von Lernzielen (nach Bloom, 1956.)
1. Reproduktion (= Kennen)
2. Reorganisation (= Verstehen)
3. Transfer (= Anwenden)
4. Problemlösung (= Beurteilen)
Die Steuerung des Lernens durch Prüfungen
„Der Stellenwert von Hochschulprüfungen ist in der Wahrnehmung und den Strategien der
Studierenden gar nicht hoch genug einzuschätzen“, resümiert Ludwig Huber zu Beginn der
1990er Jahre (Huber, 1991, S. 423). Man kann sich auch im Jahre 2012 dieser Einschätzung
anschließen. Im Folgenden werden exemplarisch empirische Befunde zum Zusammenhang
zwischen Prüfungen und studentischem Verhalten und Erleben angeführt und diskutiert. Das
Modell in Abbildung 1 dient dabei der theoretischen Einordnung der Befunde und zeigt, wie
studentische Lernvoraussetzungen, Lernkontexte und Prüfungen mit der Qualität und Quan-
tität des Lernens und den studentischen Lernergebnissen funktional zusammenhängen.
Im Zentrum der Heuristik stehen die studentische Wahrnehmung und die Erwartung bezüg-
lich Prüfungsanforderungen (rot markiert). Diese können sich auf die Prüfungsinhalte („Was
kommt dran?“) sowie die Art des Prüfens („Auf welcher Taxonomieebene wird geprüft?“)
oder etwa auf emotional-kognitive Erwartungen wie Angst oder Zuversichtlichkeit beziehen.
Die Prüfungsanforderungen können dabei manifest oder latent sein. Nicht immer sind die
Anforderungen der Prüfungen für Studierende transparent („Welche Inhalte werden wie
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geprüft?“) (vgl. z.B. Heine, Willich, Schneider & Sommer, 2008). Wenn Prüfungsanforde-
rungen eher latent sind, gibt dies Anlass für Spekulationen, die wiederum das Lernverhalten
beeinflussen.
Die Wahrnehmungen und Erwartungen bezüglich Prüfungen werden zum einen durch
studentische Merkmale bedingt, die ihre Ursachen in der Sozialisationsgeschichte eines jeden
Studierenden haben. Dies sind z.B. Erfahrungen mit Prüfungen in der Schule, das Interesse
am Thema oder das fachliche Vorwissen. Auf der anderen Seite kommen die Lernkontexte in
Lehrveranstaltungen und im jeweiligen Studiengang als Erklärungen für die Wahrnehmung
und die Erwartungen in Frage. In diesem Zusammenhang könnte es eine Rolle spielen, ob in
einem Studiengang Modulprüfungen oder Einzelprüfungen einer jeden Lehrveranstaltung
durchgeführt werden.
Im Modell wird davon ausgegangen, dass die subjektiven Wahrnehmungen und Erwartungen
sowie die studentischen Merkmale die Lernprozesse der Studierenden im Wesentlichen steu-
ern. Hier ist etwa an Lernstrategien („Lerne ich durch Wiederholen und Einprägen oder ver-
suche ich das Wissen zu transferieren?“), an den Zeitaufwand, an das Lernen in Gruppen oder
an die Kommunikation mit Lehrenden zu denken.
Abbildung 1: Die Steuerung des Lernens durch Prüfungen
(angelehnt an Prosser & Trigwell (2009): Adaptiert und ergänzt hinsichtlich „Prüfen“, siehe
auch Müller, 2009)
Schließlich wird in diesem funktionalen Modell des Prüfens und Lernens davon ausgegangen,
dass die Lernprozesse und die studentischen Merkmale - in Wechselwirkung - den kognitiven
und emotionalen Lernoutcome (Notenleistungen, Kompetenzen, Identifikation mit den
Inhalten usw.) erklären können.
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Zusammengefasst könnte man sagen, dass Prüfungen zum internen Steuerungskonzept des
Studierens werden (vgl. Pointkowski, 1975; Bound, 2007).
Forschungsbefunde und deren Konsequenzen
Empirische Befunde, die den Zusammenhang von Prüfen und Lernen untersuchen, sind,
insbesondere im deutschsprachigen Raum, nur wenige zu finden. Somit wird bei der folgen-
den exemplarischen Zusammenstellung der Befunde auch auf Untersuchungen aus dem
Anglo-amerikanischen zurückgegriffen.
Qualität und Quantität der Lernprozesse
Es besteht weitgehend Konsens darüber, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Tiefen-
lernen und Studienleistungen nicht existiert bzw. eher gering ist (vgl. z.B. Artelt, 2000;
Haggis, 2003; Schiefele, Streblow, Ermgassen & Moschner, 2003 Wild, 1999). Eine plausible
Erklärung für diesen Befund wird zumeist darin gesehen, dass gängige Hochschulprüfungen
zu wenig Wissensbestände auf höheren Taxonomiestufen (Verstehen, Anwenden und
Problemlösen) erheben und tiefenverarbeitendes und verstehensorientiertes Lernen damit
nicht ausreichend erfassen. Vermutlich dominiert ein leicht prüfbares Faktenwissen die
Prüfungen an Hochschulen, insbesondere bei stark formalisierten Prüfungen im Grundstu-
dium. Dies würde auch den Befund erklären, dass die selbstberichtete Anstrengung, im Ge-
gensatz zu anderen Lernstrategien, direkt mit der Note im Grundstudium zusammenhängt.
Sensu Prosser &Trigwell (2009) kann man zusammenfassen, dass sich Studierende (zu) viel
und einseitig deklaratives Wissen aneignen, das zu wenig mit Anwendungs- und Problemzu-
sammenhängen verknüpft ist.
Auch zwischen intrinsisch motiviertem und interessiertem Lernen finden sich zumeist
niedrige bis moderate Zusammenhänge mit den Studiennoten (z.B. Entwistle & Ramsden,
1983; Biggs & Tang, 2008; Schiefele et al.; 2003; Wild, 1999). Wie Tabelle 1 zeigt, ist der
Zusammenhang zwischen Interesse und Studiennoten zum Ende des Studiums (Diplomnote)
deutlich höher. Dies mag damit zusammenhängen, dass in der zweiten Studienphase die Frei-
heitsgrade bei der Themenwahl höher sind und die Leistungsnachweise (z.B. durch eine
Abschlussarbeit) mehr auf tiefergehende Wissensbestände zielen, welche mit intrinsisch
motiviertem und interessiertem Lernen korrespondieren.
Tabelle 1: Korrelationen zwischen Notenleistungen im Studium und
Fachinteresse sowie intrinsischer Motivation
Interesse (FSI)
intrinsische Motivation
Vordiplomnote
.20**
.31**
Diplomnote
.39**
--
Noten in einzelnen
Lehrveranstaltungen
.10**
.11**
Befunde aus: Müller (2006); Müller & Palekcic (2005)
N=956 bis 2085 (sozial- und geisteswissenschaftliche Studiengänge)
FSI=Fragebogen zum Studieninteresse (Schiefele, Krapp, Wild & Winteler, 1993)
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Schon in den späten 1960er Jahren stellt Becker u.a. fest, dass die Prüfungsanforderungen
intrinsische Motivation, Interesse und Tiefenlernen besonders bei Studierenden, die selbstän-
dig arbeiten wollen und können, beschränken. (Becker et al., 1968). Inwiefern dieser Befund
auch für heutige modularisierte Studiengänge insgesamt und speziell für Bachelor- und
Masterstudiengänge gleichermaßen gültig ist, ist aufgrund der wenigen empirischen Befunde
nicht sicher. Aufgrund von Erfahrungswerten kann m.E. davon ausgegangen werden, dass
sich die Prüfungskultur an den Universitäten nicht grundlegend geändert hat.
Studentisches Verhalten und Erleben
Die Qualität und Quantität von Prüfungen bestimmen das studentische Erleben und Verhalten
wesentlich. So gehen beispielsweise bei der Wahl von Veranstaltungen oder Arbeitsthemen
der wahrgenommene Schwierigkeitsgrad und der Arbeitsaufwand von Prüfungen mit in das
Kalkül ein. Aber auch die Kommunikation mit den Lehrenden und Kommiliton/innen oder
die Wahl von Arbeitsgruppen werden durch Prüfungen mitbestimmt (vgl. Huber, 1999).
Schon bei der Wahl von Studiengängen spielen die wahrgenommenen Anforderungen
genauso eine Rolle wie bei der Auswahl von einzelnen Lehrveranstaltungen (Teichler, 1987;
Teichler, Enders & Daniel, 1998).
Als Hauptbelastung im Studium werden die Prüfungen wahrgenommen (BMBF, 2008). Die
statistischen Angaben zur Prüfungsängstlichkeit variieren je nach Studie. Für 30-50% aller
Studierenden sind Prüfungen mit Angst assoziiert (Kerres, 1988; Teichler, 1987; BMBF,
2008). Eine repräsentative Studie der AG Hochschulforschung der Universität Konstanz
zeigte, dass 36% der Studierenden Prüfungen als sehr starke Belastung im Studium
wahrnehmen (BMBF, 2008). Unsicherheit und Prüfungsängstlichkeit sind insgesamt hem-
mende Faktoren für qualitative Lernprozesse wie Tiefenlernen oder für die Interessenent-
wicklung und letztlich auch für die Fachidentifikation.
Oft wird die Frage gestellt, ob es für das Lernen von Studierenden sinnvoll ist, während des
Semesters mehrere Kurzprüfungen zu einer Lehrveranstaltung oder einem Modul anzubieten,
oder ob eine große Abschlussprüfung am Ende des Semesters zu präferieren ist. Rindermann
(2009) hat in einer empirischen Studie festgestellt, dass „veranstaltungsbegleitende Prüfungen
Studierende fleißiger machen“ und eher einen kontinuierlichen Wissensaufbau fördern. Ein
weiteres Argument für zwei oder mehrere Kurzprüfungen während des Semesters ist, dass die
Prüfungsangst bei Studierenden bei großen Abschlussprüfungen tendenziell höher ausfällt
(BMBF, 2008) und dass mehrere Prüfungen in Summe reliablere Leistungsmessungen liefern
als eine Momentaufnahme. Meines Erachtens ist die Entscheidung hinsichtlich Prüfungs-
häufigkeit in erster Linie von den zeitlichen Ressourcen von Studierenden und Lehrenden
abhängig. Wenn die Belastung für Korrekturen und Prüfungsvorbereitung zu hoch wird, wird
kumulatives Prüfen kontraproduktiv. Allerdings haben Erfahrungen aus der Beratungspraxis
an Universitäten auch gezeigt, dass z.B. eine Zweiteilung der Prüfung (ein Teil während und
ein Teil am Ende des Semesters) sich aus prüfungsökonomischer Sicht und hinsichtlich der
Nachhaltigkeit von Lernen bewährt hat.
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Didaktische Funktion von Prüfungen
Die didaktische Funktion von Prüfungen ist einerseits vielen Studierenden und Lehrenden
kaum bewusst, und andererseits werden die Chancen, die das Prüfen und das Geben von
Feedback für das Lernen eröffnen, weitgehend unterschätzt. So steht bei der Erhebung von
Prüfungsleistungen zumeist einseitig das „Messen“ von Wissensbeständen gegenüber der
Rückmeldefunktion für die Studierenden im Vordergrund (Dany et al., 2008; Irons, 2008;
Tinnefeld, 2002). Oft wissen die Studierenden nicht, was sie besser machen können bzw. wie
sie sich verbessern könnten. Solche informierenden und lernfördernden Rückmeldungen sind
deshalb von hoher Relevanz, da sie nicht nur motivierend wirken, sondern auch mit der
Lernleistung, der Qualität des erworbenen Wissens oder der Retention im Studiengang ein-
hergehen sowie dazu beitragen, die erlebte Hilflosigkeit im Studium zu reduzieren (Müller &
Paleki, 2005; Ramsden, 2003; Prosser & Trigwell, 2009).
Bezüglich der Feedback-Funktion von Prüfungen hat es sich als besonders lernförderlich
erwiesen, formatives und summatives Feedback zu trennen (Knight & Yorke, 2003; Nicol &
Macfarlane-Dick, 2006; Higgins, Hartley & Skelton, 2002). Formatives Feedback bezieht
sich auf lernfördernde ckmeldungen („Was kann ich verbessern?“), summatives Feedback
auf Leistungsrückmeldungen zu einer Lehrveranstaltung oder einem Modul.
Möchte man in Massenstudiengängen informierendes und lernförderndes Feedback anbieten,
haben sich Methoden des Peer-Assessments oder Self-Assessments bewährt. In diesem
Zusammenhang ist an eine webbasierte Bearbeitung von Aufgaben mit Rückmeldefunktion
oder etwa die Initiierung von Gruppenlernen mit integrierter gegenseitiger Beurteilung (z.B.
mit Feedbackbögen) von Arbeitsergebnissen zu denken. Diese Formen des Assessments und
Feedbacks erhöhen die Reflexionsfähigkeit, das Autonomiegefühl im Studium und die Selbst-
wirksamkeit und fördern die Verantwortungsübernahme für das eigene Lernen sowie die
Kompetenz zur Selbstevaluation (Falchikov, 2007; Greer, 2001; Tan, 2008).
Forschungsdesiderata und praktische Konsequenzen
Die Forschung über Hochschulprüfungen ist weiterhin kaum Gegenstand der zuständigen
wissenschaftlichen Disziplinen. Der Fokus zukünftiger Forschung ist m.E. besonders auf das
Zusammenwirken von Lehrveranstaltungen, der Qualität und Quantität von Prüfungen und
dem studentischen Lernen zu richten. So steht beispielsweise eine systematische Analyse der
in der Praxis verwendeten Testaufgaben nahezu völlig aus. Insbesondere über mündliche
Prüfungspraxen in den unterschiedlichen Fachkulturen haben wir kein wissenschaftlich
gesichertes Wissen.
Meines Erachtens ist ein funktionales theoretisches Modell, das den Zusammenhang zwischen
Lehren, Prüfen und Lernen thematisiert, zu entwickeln bzw. weiterzuentwickeln sowie
empirisch zu validieren (vgl. das Modell in Abb. 1).
Schließlich sind die Wirkungen hochschuldidaktischer Beratungen und Fortbildungen auf die
Prüfungspraxis zu untersuchen. Dazu könnte man im Sinne ökologischer Experimente prüfen,
inwiefern die Veränderung der Prüfungspraxis auch tatsächlich die Qualität von Lern-
prozessen und des Lernoutcomes der Studierenden beeinflusst.
Die wenigen empirischen Befunde zum Zusammenhang zwischen Prüfen und Lernen lassen
es aus heutiger Sicht kaum zu, allzu konkrete Hinweise für die Praxis zu geben. Es können
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deshalb nur allgemeine Konsequenzen für das Prüfen an Hochschulen abgeleitet werden (vgl.
z.B. Müller & Bayer, 2007; Müller & Schmidt, 2009).
Oberstes Gebot in Sachen Prüfen scheint die Abstimmung von Lehrzielen und Prüfungszielen
zu sein, die sich idealerweise an einer Taxonomie der Lernziele orientiert (z.B. Biggs & Tang,
2008). Insbesondere die Transparenz von Prüfungsanforderungen für die Studierenden kann
die Qualität studentischen Lernens gezielt steuern und Prüfungsangst reduzieren. In diesem
Zusammenhang scheint mir auch der Ansatz des sogenannten „Meta Assessment“
(McDonald, 2010) lohnend, der die explizite Auseinandersetzung der Studierenden und Lehr-
enden mit Prüfungen thematisiert.
Zu nennen ist auch die zielgerichtete Nutzung der didaktischen Funktion von Prüfungen.
Darunter fällt vor allem die Entwicklung einer informierenden und lernfördernden Feedback-
kultur, die u.a. formatives und summatives Feedback trennt (vgl. zusammenfassend Sippel,
2009). Ferner ist, wenn es die Ressourcen zulassen, ein Progress-Testing zu praktizieren,
welches Prüfungen als konstituierenden Teil von Lernprozessen betrachtet (Nouns & Brauns,
2008).
Das Thema Prüfen und hierbei besonders die Transparenz der Anforderungen und die
Passung von Lehr- und Prüfungszielen sollte genauso in die studentische Evaluation von
Lehrveranstaltungen aufgenommen werden wie die wahrgenommenen Kompetenzzuwächse
der Studierenden (Outcome) (siehe z.B. „BEvaKomp“ von Braun et al., 2008).
Professionalisierungsmaßnahmen für Hochschullehrende zum Thema Prüfen, die die Refle-
xion des eigenen Prüfungsverhaltens sowie die Entwicklung von (fachspezifischen) Prü-
fungstools beinhalten, sollten an jeder Hochschule angeboten bzw. die vorhandenen Maß-
nahmen ausgebaut und inhaltlich weiterentwickelt werden.
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Tippelt, Rudolf (1979). Projektstudium. Exemplarisches und handlungsorientiertes Lernen an
der Hochschule. München: Kösel.
Wild, Klaus-Peter (1999). Lernstrategien im Studium. Habilitationsschrift. München:
Universität der Bundeswehr.
Woschnack, Ute, Schatz, Wolfgang & Eugster, Baltasar (2008). Prüfungen als
Schlüsselelement kompetenzbasierter Curricula – das Lernziel-Leistungskontrollorien-
tierte Curriculummodell (LLC). In Sigrid Dany, Birgit Szczyrba & Johannes Wildt
(Hrg.), Prüfungen auf der Agenda! (S. 58-73). Düsseldorf: wbv.
... Wie der folgende Abschnitt zeigen wird, sind mit eigensinnigem Handeln unter Studierenden drei Orientierungen im Sinne der dokumentarischen Methode verbunden: (1) Studierende befürworten ein ‚anything goes' für ihr eigenes Lernen, . Die Studierenden müssen Wissen organisieren, um ihr Studium zu organisieren, lernen zu können und -in letzter Konsequenz -Prüfungen zu bestehen (Müller, 2012). Es muss davon ausgegangen werden, dass sich dieser Weg für Studierende auszahlt. ...
... Dieser Stellenwert ist ein Hinweis darauf, dass der Sinn des Studiums für die Studierenden im erfolgreichen Studienabschluss liegt. Das deckt sich mit Untersuchungen, die sich zur Entwicklung von Prüfungen nach der Bologna-Reform beziehen(Müller, 2012;Döbler, 2019), auch aus studentischer Perspektive (Tegeler, 2012). Danach nehmen die Studierenden das Ausprobieren im Studium, die Erweiterung des eigenen Horizonts und das Setzen eigener Schwerpunkte als etwas Positives wahr und befürworten diese -solange der erfolgreiche Studienabschluss nicht gefährdet ist.16 . ...
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Digitalisierung wird weithin als allgegenwärtig betrachtet. So vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über Digitalisierung und ihre Auswirkungen für die Gesellschaft in all ihren Bereichen gesprochen und/oder geschrieben wird. Diese Entwicklung betrifft auch die Hochschule. Eines fällt aber auf: Studierende als spezifische Gruppe werden in diesen Diskussionen selten in den Blick genommen. Genau diesen Versuch unternimmt der vorliegende Band: Ausgehend von einem Projekt in der Förderlinie „Digitale Hochschulbildung“ des BMBF wird ein umfassendes Bild studentischer Medienwelten in der Universität der Gegenwart gezeichnet. Dabei leitet die übergeordnete Fragestellung, wie Studierende ihrem Studium mit (digitalen) Medien einen eigenen Sinn verleihen, die Beiträge in diesem Buch. Fokussiert werden insbesondere Sinnzusammenhänge zwischen Studium und (digitalen) Medien.
... Es wurde nach der Durchschnittsnote im vergangenen Studiensemester gefragt, wobei in Österreich Noten von sehr gut (1) bis nicht genügend (5), in Deutschland von sehr gut (1) bis ungenügend (6) Obwohl die qualitative Unterscheidung der Regulationsstile und deren differenzielle Auswirkungen auf Aspekte der Lernumwelt sowie auf Verhalten, Leistung und Affekt zu den grundlegenden Annahmen der SDT gehören, werden diese in empirischen Studien häufig zu autonomer und kontrollierter Motivation zusammengefasst (Burton et al., 2006 dienrichtungen in Erwägung zu ziehen. Zudem wäre eine Überprüfung der Messinvarianz zwischen unterschiedlichen Studienphasen zu überlegen, da sich nicht nur die motivationale Regulation, sondern auch die Korrelationen mit studienrelevanten Drittvariablen verändern können (Müller, 2012). Mit den SMR-LS liegt nun auch für den deutschsprachigen Raum ein Verfahren vor, das in Studien zu Bedingungen, Prozessen und Effekten des motivationalen Geschehens in der tertiären Bildung eingesetzt werden kann. ...
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Abstract: This research presents scales assessing motivational regulation for learning in university students (SMR-LS), which are intended to measure four types of regulation (intrinsic, identified, introjected, external) according to Deci and Ryan's self-determination theory (SDT, 1985). In Study 1, we investigated the factor structure and gained initial indications regarding the valid interpretation of the four test scores. In Study 2, the four-factor structure was cross-validated. We found that the assumed factor structure was well supported and that all scales measuring the motivational regulation for learning in university students yielded reasonable internal consistencies (α ≥ .73). Moreover, measurement invariance was supported for discipline, gender, and country. Correlations of the SMR-LS with satisfaction with life, positive and negative affect, procrastination, perceived autonomy support, and achievement were all in line with SDT and thus, provide further indications for the valid interpretability of the SMR-LS scores in research concerning antecedents and consequences of motivational regulation. Keywords: motivational regulation, university students, self-determination theory, measurement invariance
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We examine and evaluate in order to give and receive feedback. Therefore, we first discuss feedback and its criteria for good feedback. Then we turn to exams and go through their purpose, common forms at the university as well as general and examination-specific quality criteria for good exams - including grading errors. In the section on evaluation, we first discuss the possible levels of (teaching) evaluation. This is followed by a discussion of potential “disturbing factors” that can systematically distort teaching evaluation results. Then I explain a guide to the conduct and interpretation of one’s own teaching evaluations. Finally, we go through alternative evaluation methods. This chapter ends with the usual practical examples and a teaching evaluation form (as a copy template).
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Der Beitrag zeichnet die bisherigen Diskurslinien zum digitalen Wandel in Schule und Bildung in den bisherigen Ausgaben der «Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung » nach. Ausgehend von dieser Analyse werden Schlussfolgerungen gezogen und es wird aufgezeigt, welche Bereiche nach der Bewältigung der Covid-19-Pandemie künftig vermehrt und vertiefter fokussiert werden sollten, damit die Digitalisierung von Schule und Bildung sinnvoll fortgeführt werden und die digitale Transformation gelingen kann.
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Wir prüfen und evaluieren, um Rückmeldungen zu geben bzw. zu erlangen. Daher thematisieren wir zunächst Feedback und dessen Kriterien für gute Rückmeldung. Anschließend wenden wir uns den Prüfungen zu, und gehen Zweck, übliche Formen in der Hochschule sowie allgemeine und prüfungsspezifische Gütekriterien guter Prüfungen samt Benotungsfehlern durch. Im Abschnitt Evaluation thematisieren wir zunächst mögliche Ebenen der (Lehr-)Evaluation. Dem folgend behandeln wir potenzielle „Störfaktoren“, welche Lehrevaluationsergebnisse systematisch verzerren können. Danach erläutere ich einen Leitfaden zur Durchführung und Interpretation eigener Lehrevaluationen. Abschließend gehen wir alternative Evaluationsmethoden durch. Das Kapitel schließt mit den üblichen Praxisbeispielen und einem Lehrevaluationsbogen (als Kopiervorlage).
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Kooperationen zwischen Hochschulen und Praxisinstitutionen können den Transfer zwischen wissenschaftlicher Weiterbildung und Berufspraxis fördern. Vielversprechend erscheinen institutionell, organisatorisch, inhaltlich und personell angelegte Formen der Zusammenarbeit. Dieser Beitrag berichtet über eine Kooperation zwischen der Management-Weiterbildung einer Schweizer Fachhochschule und einem Schweizer Einzelhandelsunternehmen.
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Interesse und Lernen Der Beitrag thematisiert die Bedeutung der Person-Gegenstand-Konzeption des Interesses für die Forschung und Praxis der Erwachsenenbildung. Die theoretische Vorstellung, dass sich aus Person-Gegenstands-Relationen selbstintentionale, epistemische und gefühlsbezogene Beziehungen zu Gegenständen und Handlungen herausbilden, macht die Theorie für die Erziehungswissenschaft interessant. Interesse wird als Bedingung, Ergebnis und Ziel von Bildungsprozessen analysiert. Auszugsweise werden empirische Befunde der pädagogisch-psychologischen Interessenforschung angeführt, Forschungsdesiderate für die Erwachsenenbildung umrissen und einige praktische Hinweise aufgezeigt.
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In dieser Studie wird der Zusammenhang von wahrgenommener universitärer Lehr- und Lernumwelt und studentischer Motivation sowie deren Lernauswirkungen auf der Ebene des Studienfachs untersucht. Auf der Grundlage der Selbstbestimmungstheorie (SDT) von Deci und Ryan sollte die Unterstützung der grundlegenden psychologischen Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit im Bildungssystem selbstbestimmte Formen der Motivation fördern. Ferner wird davon ausgegangen, dass Aspekte einer konstruktivistischen Philosophie des Lehrens und Lernens sowie interessenrelevante Bereiche ebenso mit motivationalen Qualitäten in Verbindung stehen. Überprüft wird außerdem, inwiefern sich selbstbestimmte Formen der Motivation auf die Lernbereitschaft und Anstrengungsvermeidung der Studierenden, auf die Dropout-Neigung, die eingeschätzten Berufschancen, die Studienzufriedenheit sowie auf Notenleistungen auswirken. Die Ergebnisse (N=489) zeigen, dass auch für die kroatische Stichprobe die sogenannte Simplexstruktur der motivationalen Regulationsstile bestätigt werden konnte. Die wahrgenommene soziale Einbindung, die subjektive Relevanz der Inhalte sowie die Passung der Anforderungen im Studienfach sind varianzstark für die Erklärung von selbstbestimmter Lernmotivation. Selbstbestimmte Lernmotivation korreliert positiv mit Lern- und Anstrengungsbereitschaft, mit Studienzufriedenheit, antizipierten Berufschancen und den Notenleistungen; negativ mit der Neigung, das Studium abzubrechen oder das Fach zu wechseln. Conditions and effects of Croation university students' self-determined motivation to learn. The relationship between university students' perception of their academic learning-environment and motivation is investigated. As a theoretical framework the self-determination theory (SDT) (Deci & Ryan) is applied. It is proposed that perceived support of basic psychological needs (support of autonomy, support of competence, and social relatedness) as well as aspects of a constructivist learning environment and content related aspects are associated with intrinsic motivation or self-determined forms of extrinsic motivation. One of the main purposes of the study is the cross-cultural testing of the theoretical assumptions of the SDT. The data of a cross-disciplinary sample of Croatian university students (N=489) were analyzed. The so called simplex structure of motivation can also be found for the Croatian sample. Self-determined learning motivation is significantly associated with perceived social relatedness, with relevance of contents and with the fit of the requirements. Self-determined learning motivation is connected with a higher willingness to learn, a higher satisfaction with the study, positive perceived job perspectives as well as with better academic achievement. There are negative correlations with the tendency to drop out and with the willingness to change the major subject..
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Der Artikel plädiert für eine stärkere Verankerung von Feedback im Kontext lernförderlicher Assessments in der Hochschullehre. Feedback nimmt derzeit einen deutlich zu geringen Stellenwert an deutschen Hochschulen ein. Wegen des dominanten strukturorientierten Ansatzes in Lehre und Prüfungen gibt es bislang wenig Anlass für Feedback. Dies ändert sich durch die Forderung nach stärker auf Kompetenzentwicklung ausgerichteter Lehre, als deren Konsequenz sich Hochschulen auch der Frage widmen müssen, wie Kompetenzen diagnostiziert werden können. Der Artikel legt dar, warum traditionelle Prüfungsformen hier an ihre Grenzen stoßen und authentische, lernförderliche Assessments der einzige Weg zur vollständigen Umsetzung des Shift from Teaching to Learning sind. Handlungsempfehlung zur Gestaltung von Feedback als Kernkomponente lernförderlicher Assessments formuliert und interessante Erkenntnisse aus dem praktischen Einsatz von Assessment-Feedback bilden den Schluss. 30.03.2009 | Silvia Sippel (Augsburg)
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The didactics of higher education remain controversial; measures taken by the state in order to "improve" university teaching have produced both support and renewed criticism. The author summarizes and discusses the major arguments for and against this field of work by enquiring into the following questions: to what extent is the didactics of higher education recognized as a part of pedagogics; on what grounds may the university, the place of science, be considered a subject of pedagogics; is the didactics of higher education - as has often been claimed - actually guilty of the deplored reglementation and school-like regulation of the university or does it, rather, trie to work against this development (keywords: didactics of science, problems of mediation, socialization in universities). Sketching the prospects of the didactics of higher education, the author deems it likely that its tasks, i.e. the mediation between the idea of academic studies and the qualifications of students and university teachers as well as the reflection of the learning situation, will continue to increase, but at the same time he fears that the trend towards state programs of intervention and evaluation may have an ambivalent effect on this development.
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This book is based on the argument that detailed and developmental formative feedback is the single most useful thing teachers can do for students. It helps to clarify the expectations of higher education and assist all students to achieve their potential. This book promotes student learning through formative assessment and feedback, which: enables self-assessment and reflection in learning; encourages teacher-student dialogue; helps clarify what is good performance; provides students with quality information to help improve their learning; encourages motivation and self-confidence in students; aids the teacher in shaping teaching. Underpinned by the relevant theory, the practical advice and examples in this book directly address the issues of how to motivate students to engage in formative assessment effectively and shows teachers how they can provide further useful formative feedback.
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Part 1: Learning and Teaching in Higher Education 1.Introduction 2.Ways if Understanding Teaching 3.What Students Learn 4.Approaches to Learning 5.Learning form the Student's Perspective 6.The Nature of Good Teaching in Higher Education 7.Theories of Teaching in Higher Education Part 2: Design for Learning 8.The Goals and Structure of a Course 9.Tecahing Strategies for Effective Learning 10.Assessing for Understanding Part 3: Evaluating and Improving the Quality of Teaching and Learning 11.Evaluating the Quality of Higher Education 12.What Does it Take to Improve Teaching?