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3D-Druck - eine neue industrielle Revolution im Bekleidungsbereich

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Die Erfindung des Computers und die Entstehung des Internets haben die Wirtschaft und das Leben jedes Einzelnen grundlegend verändert. Heutzutage hat jeder die Möglichkeit, verschiedenste Formen und Gegenstände an seinem Computer zu entwerfen und diese weltweit mit anderen zu teilen. Durch die 3D-Drucktechnologie können die erzeugten Entwürfe in Form von CAD-Dateien nun auch in Form realer dreidimensionaler Objekte realisiert werden – und das mit geringem Kosten- und Zeitaufwand. In diesem Artikel werden die Möglichkeiten aktueller 3D-Drucker in Bereich der Textil- und Bekleidungsfertigung untersucht.
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3D-Druck eine neue industrielle Revolution
Bianca Passlack, Andrea Ehrmann, Karin Finsterbusch
Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik, Hochschule
Niederrhein, Mönchengladbach
Die Erfindung des Computers und die Entstehung des
Internets haben die Wirtschaft und das Leben jedes Einzelnen
grundlegend verändert. Heutzutage hat jeder die Möglichkeit,
verschiedenste Formen und Gegenstände an seinem
Computer zu entwerfen und diese weltweit mit anderen zu
teilen. Durch die 3D-Drucktechnologie können die erzeugten
Entwürfe in Form von CAD-Dateien nun auch in Form realer
dreidimensionaler Objekte realisiert werden und das mit
geringem Kosten- und Zeitaufwand.
In diesem Artikel werden die Möglichkeiten aktueller 3D-
Drucker in Bereich der Textil- und Bekleidungsfertigung
untersucht.
3D-Druck-Technologien
Die 3D-Drucktechnologie, auch als Rapid Prototyping
bekannt, gibt es bereits seit den 1980er-Jahren [1]. Schon
damals wurden mit Hilfe unterschiedlicher Verfahren aus 3D-
Computer-Modellen reale Objekte erstellt. Das Rapid
Prototyping erlaubt eine weitgehend automatisierte Erstellung
eines dreidimensionalen Objekts mit Hilfe von CAD-Modellen.
Auf diese Weise lassen sich sehr schnell möglichst einfache,
aber dennoch aussagekräftige Modelle herstellen.
Zum 3D-Druck können je nach Anwendungsbereich
verschiedene Urform-Verfahren mit unterschiedlichen Vor-
und Nachteilen genutzt werden, die ein reales Modell anhand
einer CAD-Vorlage produzieren: In der Stereolithographie wird
ein UV-härtender Kunststoff schichtweise in einem Becken mit
dem flüssigen Kunststoff ausgehärtet, indem die für jede
Schicht vorgesehene Form beispielsweise mittels eines
Lasers auf die Oberfläche projiziert und nach dem Aushärten
um eine Schichtdicke in das Flüssigmaterial hinein abgesenkt
wird. Ähnlich funktionieren das Selektive Laser-Sintern, bei
dem ein Pulverwerkstoff schichtweise mittels eines Lasers
versintert wird, und das Selektive Laserschmelzen, bei dem
der Laser genutzt wird, um ein Pulver lokal aufzuschmelzen.
Beim anschließenden Erstarren entsteht das gewünschte
Modell.
Das Pulver-3D-Verfahren ist dagegen mit einem
Tintenstrahldrucker vergleichbar hierbei wird ein flüssiger
Klebstoff auf ein Pulverbett geschossen; Klebstoff und Pulver
gemeinsam bauen das 3D-Modell schichtweise auf. Alternativ
kann beim Multi-Jet-Modeling das Ausgangsmaterial direkt in
einem Behälter aufgeschmolzen und durch die Düsen
tropfenweise aufgetragen werden, ehe es durch UV-Licht-
Bestrahlung wieder ausgehärtet wird.
Beim Fused Deposition Modeling (FDM) wird ein
schmelzfähiger Kunststoff schichtweise auf einer beweglichen
Platte aufgetragen. Da dieses Verfahren besonders preiswert
ist, gehört es zu den für textile Anwendungen interessantesten
Techniken. Inzwischen gibt es erste FDM-Drucker, die neben
sprödem ABS-Kunststoff auch flexible Materialien verarbeiten
können, was für Anwendungen in der Textil- und
Bekleidungsindustrie besonders wichtig ist. Damit lassen sich
die biegeschlaffen textilen Flächengebilde nachstellen.
Materialien
Die meisten Drucker arbeiten mit Kunststoffen wie z. B. ABS
(Acrylnitril-Butadien-Styrol) oder PLA (Polyactiden). Aber auch
Metalle, Glas, Holz, Keramik und selbst organisches Gewebe
und Knochenmehl können mit speziellen Druckern verarbeitet
werden [2,3]. Manche neuen Multimaterial-3D-Drucker können
sogar verschiedene Materialien gleichzeitig verarbeiten.
Für Anwendungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie
besonders interessant sind flexible Substanzen sowie
Kombinationen aus flexiblen und starren Materialien. Drucker,
die diese Technologien beherrschen und gleichzeitig mit
Stützmaterialien zum Unterfüttern fragiler Strukturen arbeiten
können, sind bisher jedoch in den niedrigeren
Preissegmenten kaum zu finden.
3D-Druck in der Modebranche
Eindrucksvolle 3D-gedruckte Kleider werden beispielsweise
von der niederländischen Mode-Designerin Iris van Herpen
hergestellt und auf den internationalen Laufstegen gezeigt [4].
Spezielle ultraleichte Laufschuhe wurden z. B. von Luc Fusaro
entwickelt [5], während der ebenfalls sehr leichte „Biomimicry
shoe“ von Marieka Ratsma und Kostika Spaho von
Vogelknochen inspiriert wurde [6].
Flexible Gebilde aus steifem Material
Da die meisten preiswerten 3D-Drucker heutzutage noch
keine flexiblen Materialien verarbeiten können, wurde in einer
aktuellen Arbeit untersucht, ob auch mittels steifer
Druckmaterialien flexible, textilähnliche Flächen erzeugt
werden können.
Dazu wurde mittels der CAD-Software Autodesk Inventor ein
Oktagon in Form eines Volumenmodells erstellt, dessen
Durchmesser und Wandstärke variiert werden konnte. Im 3D-
Druck wurden Durchmesser zwischen 8 mm und 18 mm
sowie Wandstärken zwischen 1 mm und 3 mm untersucht
(Abb. 1). Dabei stellte sich heraus, dass die kleinsten Modelle
eine unzureichende Genauigkeit aufwiesen, d. h. aufgrund der
Druckauflösung wirkte das Modell an den Ecken abgerundet,
was nicht erwünscht war. Zudem erwies sich die Wandstärke
von 1 mm als zu gering, um die benötigte Stabilität zu
erzeugen. Selbst eine Wandstärke von 1,4 mm stellte sich als
unzureichend heraus, da einige dieser Achtecke beim
Entfernen des Stützmaterials beschädigt wurden.
Abb. 1: Achtecke mit verschiedenen Durchmessern und
Wandstärken.
Das letztendlich ausgewählte Modell besteht aus Oktagonen
des Durchmessers 16 mm und der Wanddicke 2 mm.
Der Druck wurde mit einem 3D-Drucker Fortus 250mc von
Stratasys in der Hochschule Niederrhein durchgeführt, der mit
dem FDM-Verfahren arbeitet. Als Material wurde der
drahtförmige Kunststoff ABS plus-P430 genutzt. Zur
Steuerung dient die Software Insight, die die CAD-Daten für
das FDM-Verfahren aufbereitet.
Als großer Nachteil des in Abb. 2 dargestellten Modells stellte
sich heraus, dass etwa doppelt so viel Stützmaterial wie ABS-
Kunststoff benötigt wurde, da alle Bestandteile des Modells
unterfüttert werden mussten. Hieraus resultierte neben dem
erhöhten Materialverbrauch auch eine deutlich verlängerte
Bauzeit während ein einzelnes flach aufliegendes Oktagon
nur ca. 5 Minuten benötigte, dauerte der Druck des „textilen“
Objektes aus 110 Achtecken nicht rund 9 Stunden,
entsprechend dem rechnerischen Wert, sondern ungefähr
doppelt so lange.
Die Stabilität des Gebildes ist recht gut, die einzelnen
Elemente des Kettenverbunds würden aber vermutlich beim
Tragen von Kleidungsstücken, hergestellt aus diesem Modell,
zerbrechen. Das verwendete Material ist den Belastungen des
täglichen Gebrauchs aufgrund der fehlenden Elastizität nicht
gewachsen.
Abb. 2: Textilartige 3D-gedruckte Struktur, aufgenommen
unter verschiedenen Winkeln und bei unterschiedlichen
Dehnungen.
Zusammenfassung
Für den Druck von Textilien sind elastische Materialien besser
geeignet als starre Werkstoffe. Zwar lässt sich das hier
erzeugte textilartige Gebilde in verschiedene Richtungen
etwas auseinanderziehen, die einzelnen Elemente sind jedoch
nicht dehnbar. Mit solchen stabilen Kunststoffen gedruckte
Objekte dienen eher der Herstellung von Prototypen. Auch die
Oberflächenstruktur der einzelnen dreidimensional gedruckten
Elemente ist eher rau, und es fehlt ihr an Glanz.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das hergestellte
textile Gebilde den Anforderungen eines tragbaren Textils
nicht gerecht wird. Es ist jedoch faszinierend zu sehen,
welche Formen und Strukturen mit einem 3D-Drucker ohne
Nadel und Faden produzierbar sind.
Literatur
[1] Petra Fastermann: 3D-Druck/Rapid Prototyping: Eine
Zukunftstechnologie kompakt erklärt, Springer 2012
[2] Woodn’t you know it – 3DP in wood, Open3DP an open
3D printing forum
(http://open3dp.me.washington.edu/2011/04/woodnt-you-
know-it-3dp-in-wood/)
[3] Bone Yard 3DP in Bone, Open3DP an open 3D printing
forum (http://open3dp.me.washington.edu/2011/03/bone-yard-
3dp-in-bone/)
[4] Future Fashion: die High-Tech-Mode der Iris van Herpen,
Vogue, März 2012, S. 56ff
[5] Luc Fusaro: Athlete-specific performance sprint shoes,
Master Degree final solo project
(http://www.lucfusaro.com/en/sport/skin/skin.php)
[6] Biomimicry Shoe on Shapeways
(http://www.shapeways.com/model/563876/biomimicry-
shoe.html)
... Traditionally the models assembled with the 3D printing show a stiff, solid behaviour, but recent projects aim to create flexible structures that adapt to the shape and movement of objects. The results are loose chain mail like structures [3,4,5,6], or stiff textile looking structures [7]. A recent study reports that it was possible to create flexible weft knitted structures on a selective laser sintering (SLS) 3D printer [8]. ...
Conference Paper
Full-text available
In the modern world the wish for individual and personalized items stays present throughout all cultures and countries. Products shall fit different unique expectations regarding style and shape. Additionally customers show a high interest to see the production of the items that they are about to buy. In the textile industry this is represented by the current trend in fast fashion and fashion that actually fits on the individual body as well as by the development of more and more sophisticated high technology technical textiles. The current developments in the 3D printing technology promises to meet exactly those requirements especially as the path from an idea to the finished product becomes quite easy and fast. In the current paper the use of the additive manufacturing (AM) method for the creation of flexible textile structures with suitable tensile, shearing, bending etc properties is investigated. AM rises new possibilities regarding the design and the structure of textiles for specific applications.
... As filaments, PLA in a hard and a soft variant and NinjaFlex (flexible thermoplastic polyurethane) were used. The often used ABS filaments were excluded due to former tests showing the insufficient mechanical properties of the resulting open-structure models [7]. ...
Article
In the process of 3D printing, a three-dimensional form is created by additive manufacturing. The data provided by a 3D model are converted into a real object which is printed layer by layer. 3D printing is of particular interest for the production of small parts in small numbers, i.e. individualized items. Especially in the textile and clothing industry, 3D printing accessories, extensions etc. can be used to modify design as well as function of a base object which is created by typical textile production processes, such as weaving, knitting or sewing. Combining 3D printed objects with textile or fibrous materials, however, often results in low adhesion forces between both parts and therefore delamination of layers of different materials. The article thus describes efforts to create bi-material 3D printed objects and to enhance the bonding properties between contacting parts from different materials.
Thesis
Die 3D-Drucktechnologie bietet eine Möglichkeit zur digitalen Funktionalisierung textiler Substrate. Jedoch hemmen fehlende Grundlagen, die geringe Materialpalette für textile Anwendungen, hohe Investitionskosten und lange Druckzeiten den Einsatz in der Textilindustrie. Die Arbeit befasst sich mit verschiedenen Einflüssen auf die Haftfestigkeit von 3D-Druck-Textil-Verbunden. Zudem werden die Effekte der 3D-Druckschichten auf die Eigenschaften der Textilien ermittelt. Dafür werden vier Gewebe und zwei Gestricke durch drei Druckmodule mit drei thermoplastischen Filamenten, einem thermoplastischen Granulat sowie einem Silikonkautschuk bedruckt. Die Einflüsse der Faktoren Textilart, Faserstoff, Textilausrichtung, Textildicke und -oberfläche sowie die Druckmodule mit den verarbeitbaren Druckmaterialien werden experimentell untersucht. Die größten signifikanten Effekte auf die Haftfestigkeit hat die Materialwahl, wobei der Effekt des Druckmaterials größer ist als der Einfluss des Textils. Die Druckschichten beeinflussen die textilen Eigenschaften unterschiedlich stark. Die thermoplastischen Materialien erhöhen die breitenbezogene Biegesteifigkeit der Textilien je nach Druckmaterial und Schichtdicke. Das Zugverhalten der Substrate wird durch die Druckschichten bis auf einzelne Ausnahmen kaum beeinflusst. Die Abriebbeständigkeit der Textilien kann durch 3D-gedruckte Strukturen soweit erhöht werden, dass sie Scheuerversuchen mit erhöhten Anforderungen gegenüber Sandpapier standhalten. Insgesamt ergänzt die Arbeit den Forschungsstand um Erkenntnisse zum 3D-Druck auf Textilien mithilfe unterschiedlicher Druckmodule. Zur verwendbaren Materialpalette gehören auch in anderen Veredlungsprozessen verwendete Materialien. Beispiele und Druckmuster veranschaulichen Anwendungspotenziale in den Bereichen der Sport-, Arbeits- und technischen Textilien.
Athlete-specific performance sprint shoes
  • Luc Fusaro
Luc Fusaro: Athlete-specific performance sprint shoes, Master Degree final solo project (http://www.lucfusaro.com/en/sport/skin/skin.php)