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Bundesgesundheitsbl 2013 · 56:707–715
DOI 10.1007/s00103-013-1673-x
Online publiziert: 27. Mai 2013
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
C. Poethko-Müller
1
· R. Zimmermann
1
· O. Hamouda
1
· M. Faber
1
· K. Stark
1
·
R.S. Ross
2
· M. Thamm
1
1
Robert Koch-Institut, Berlin
2
Universität Duisburg-Essen, Essen
Die Seroepidemiologie
der Hepatitis A, B und
C in Deutschland
Ergebnisse der Studie zur Gesundheit
Erwachsener in Deutschland (DEGS1)
Hintergrund und Fragestellung
Die viralen Leberentzündungen Hepati-
tis A, B und C sind weltweit bedeutende
Infektionserkrankungen. Neben der aku-
ten Erkrankung können bei Hepatitis B
und insbesondere bei Hepatitis C chro-
nische Verläufe auftreten, die schließlich
zu Leberzirrhose und Leberzellkarzinom
führen können. Die Hepatitis A verläuft
ausschließlich akut, sie kann aber schnell
und schwerwiegend (fulminant) ablaufen
und hat bei über 60-Jährigen eine Sterb-
lichkeit von 2%. Der Krankheitsverdacht,
die Erkrankung und der Tod an Virus-
hepatitis sowie der labordiagnostische
Nachweis der akuten Infektion mit den
entsprechenden Viren (Hepatitis C: alle
Infektionen außer als chronisch bekann-
te) sind in Deutschland nach dem Infek-
tionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig.
Anonymisierte Fallmeldungen werden
über die zuständige Landesstelle an das
Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt.
Die Beurteilungen der Immunitätslage in
der Bevölkerung allein auf Basis der Mel-
dedaten nach dem IfSG unterliegen einer
Reihe von Limitationen, da nur neu ent-
deckte Infektionen gemeldet werden und
ein großer Teil der Hepatitiden ohne kli-
nisch sichtbare Symptome verläuft. Zu-
dem lassen sich auf diesem Weg keine In-
formationen über durch Impfung erwor-
bene Immunitäten und damit über die
Immunität in der Gesamtbevölkerung er-
halten. Zur Entwicklung geeigneter Prä-
ventionskonzepte und für die regelmäßi-
ge Anpassung der Impfempfehlungen ist
eine bevölkerungsrepräsentative seroepi-
demiologische Surveillance erforderlich.
Diese Daten liegen jetzt, 10 Jahre nach
der ersten seroepidemiologischen Erhe-
bung im Bundes-Gesundheitssurvey 1998
(BGS98), aktuell und umfassend für He-
patitis A, B und C vor.
Methode
Die „Studie zur Gesundheit Erwachse-
ner in Deutschland“ (DEGS) ist Bestand-
teil des Gesundheitsmonitorings des Ro-
bert Koch-Instituts (RKI). Konzept und
Design von DEGS sind an anderer Stelle
ausführlich beschrieben [1, 2, 3, 4, 5]. Die
erste Erhebungswelle (DEGS1) wurde von
2008 bis 2011 durchgeführt und umfasste
Befragungen, Untersuchungen und Tests
[6, 7]. Zielpopulation war die in Deutsch-
land lebende Bevölkerung im Alter von
18 bis 79 Jahren. DEGS1 hat ein Misch-
design, das gleichzeitig quer- und längs-
schnittliche Analysen ermöglicht. Hierbei
wurde eine Einwohnermeldeamtsstich-
probe durch ehemalige Teilnehmerinnen
und Teilnehmer des BGS98 ergänzt. Ins-
gesamt nahmen 8152 Personen teil, da-
runter 4193 Ersteingeladene ( Response
42%) und 3959 ehemalige Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer des BGS98 (Respon-
se 62%). 7238 Personen besuchten eines
der 180 Untersuchungszentren, 914 wur-
den ausschließlich befragt. Die Netto-
stichprobe [2] ermöglicht für den Alters-
bereich von 18 bis 79 Jahren repräsenta-
tive Querschnittanalysen und Trend-
aussagen im Vergleich mit dem BGS98
(n=7988, davon 7116 in Untersuchungs-
zentren). Die Daten der erneut Teilneh-
menden sind für Längsschnittanalysen
nutzbar. Die Querschnitt- und Trendana-
lysen werden mit einem Gewichtungsfak-
tor durchgeführt, der Abweichungen der
Stichprobe von der Bevölkerungsstruktur
(Stand 31.12.2010) hinsichtlich Alter, Ge-
schlecht, Region und Staatsangehörigkeit
sowie Gemeindetyp und Bildung korri-
giert [2]. Für den Untersuchungsteil wur-
de ein gesonderter Gewichtungsfaktor er-
stellt. Bei der Berechnung der Gewich-
tung für die ehemaligen Teilnehmen-
den des BGS98 wurde die Wiederteil-
nahmewahrscheinlichkeit, basierend auf
einem logistischen Modell, berücksich-
tigt. Für die Durchführung von Trend-
analysen werden die Daten des Bundes-
gesundheitssurveys 1998 auf den Bevöl-
kerungsstand zum 31.12.2010 altersadjus-
tiert. Eine Nonresponder-Analyse und
der Vergleich einzelner erhobener Indi-
katoren mit Daten der amtlichen Statis-
tik weisen auf eine hohe Repräsentativi-
tät der Stichprobe für die Wohnbevölke-
Leitthema
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dx.doi.org/10.1007/s00103-013-1673-x
707Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
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rung in Deutschland hin [2]. Um sowohl
die Gewichtung als auch die Korrelation
der Teilnehmenden innerhalb einer Ge-
meinde zu berücksichtigen, wurden die
Konfidenzintervalle mit den Verfahren
für komplexe Stichproben von SPSS-20
bestimmt. Unterschiede werden als sta-
tistisch signifikant angesehen, wenn sich
die jeweiligen 95%-Konfidenzintervalle
nicht überschneiden.
Der Sozialstatus wurde anhand eines
Indexes bestimmt, in den Angaben zu
schulischer und beruflicher Ausbildung,
beruflicher Stellung sowie Haushaltsnet-
toeinkommen (bedarfsgewichtet) einge-
hen und der eine Einteilung in niedri-
ge, mittlere und hohe Statusgruppe er-
möglicht [8]. Für die Analysen der Prä-
valenz von Seromarkern für Hepatitis-A,
-B und -C-Erkrankungen konnten bei
7047 (Hepatitis A: 7046) der 7116 in der
Querschnittstichprobe untersuchten Er-
wachsenen die gewonnenen Blutserum-
proben analysiert werden (99%). Die ak-
tuellen Survey-Daten wurden mit Ergeb-
nissen des BGS98 verglichen.
Hepatitis A
Immunglobulin-G (IgG)-Antikörper
gegen das Hepatitis-A-Virus (Anti-HAV)
wurden qualitativ mit dem HAV-Che-
milumineszenz-Mikropartikelimmu-
noassay (CMIA) auf dem ARCHITECT
(hier und im Folgenden: Abbott Diagno-
stics) bestimmt. Proben mit einem S/CO
(sample/cut-off) von unter 1,0 galten als
nicht reaktiv, d. h. nicht nachweisbar,
Proben mit einem S/CO ≥1,0 galten als
reaktiv, d. h. positiv.
Hepatitis B
Jede Probe wurde zunächst auf Antikör-
per gegen das Core-Antigen des Hepati-
tis-B-Virus (Anti-HBc) und auf Antikör-
per gegen sein Surface-Antigen (Anti-
HBs) getestet.
Die Untersuchung auf Anti-HBc er-
folgte qualitativ mit dem CMIA auf dem
ARCHITECT. Proben mit einem S/CO
von unter 1,0 galten als nicht reaktiv, d. h.
nicht nachweisbar, Proben mit einem S/
CO≥1,0 galten als reaktiv, d. h. positiv.
Anti-HBs wurde quantitativ mit dem
CMIA auf dem ARCHITECT bestimmt.
Proben mit einer Anti-HBs-Konzentrati-
on unter 10,0 mIE/ml galten gemäß den
Kriterien des ARCHITECT-Anti-HBs-
Assays als nicht reaktiv, d. h. nicht nach-
weisbar, Proben mit einer Anti-HBs-
Konzentration ≥10,0 mIE/ml galten als
reaktiv, d. h. positiv.
Anti-HBc-reaktive Suchtestergebnis-
se in der Kombination mit nicht reak-
tiv gemessenen Anti-HBs-Ergebnissen
(<10 mIE/ml) wurden mit einem unab-
hängigen Anti-HBc-Test nachgetestet.
Zusätzlich wurde bei dieser Konstella-
tion auf das Vorhandensein von HBsAg
geprüft. Proben mit einer Konzentra-
tion <0,05 IE/ml galten gemäß den Kri-
terien des ARCHITECT-HBsAg-Assays
als nicht reaktiv, Proben ≥0,05 IE/ml gal-
ten als initial reaktiv und wurden erneut
getestet; nur bei erneut positivem Ergeb-
nis galten sie als positiv. Bei der Ergeb-
niskonstellation anti-HBc-positiv und
anti-HBs-positiv galt die Person als He-
patitis-B-Virus-exponiert mit Immuni-
tät, entsprechend einer durchgemachten
und ausgeheilten Hepatitis-B-Virus-In-
fektion. Probanden mit der Testkonstel-
lation anti-HBc-positiv und HBsAg-po-
sitiv wurden als Hepatitis-B-erkrankt ein-
gestuft (akute oder chronische aktive He-
patitis-B-Virus-Infektion). Bei Proban-
den, die ausschließlich anti-HBc-positiv
getestet wurden, kann in der Regel von
einer abgeklungenen Infektion (mit oder
ohne Immunität) ausgegangen werden.
Erklärungen für das isolierte Vorliegen
von Anti-HBc-Antikörpern sind ein „wa-
ning“ von Anti-HBs-Antikörpern nach
durchgemachter Infektion, eine okkul-
te chronische Infektion ohne messbares
HBsAg oder falsch positive Reaktionen
[9]. Ein positives Anti-HBs (≥10,0 mIE/
ml) ohne weitere Marker kann als eine
durch Impfung erworbene Immunität
interpretiert werden.
Hepatitis C
Antikörper gegen das Hepatitis-C-Vi-
rus (Anti-HCV) wurden qualitativ mit
dem Anti-HCV-CMIA auf dem ARCHI-
TECT bestimmt. Proben mit einem S/CO
von unter 1,0 galten als nicht reaktiv, d. h.
nicht nachweisbar, Proben mit einem S/
CO ≥1,0 galten gemäß den Kriterien des
ARCHITECT-Anti-HCV-Assays als re-
aktiv, d. h. positiv. Bei Bestätigung dieses
Ergebnisses in einem Wiederholungstest
galt die Probe als positiv für Anti-HCV
im Suchtest und wurde mittels Polymera-
sekettenreaktion (PCR) auf Anwesenheit
von HCV-RNA untersucht. Der Nach-
weis von HCV-RNA führte zur Klassifi-
kation „Hepatitis C-infiziert“. War keine
Virus-RNA nachweisbar, wurde die Spe-
zifität des Antikörper-Suchtestergebnis-
ses mit dem Immunoblot geprüft. Ein
durch Immunoblot bestätigter Antikör-
pernachweis bei negativer PCR wurde als
durchgemachte Hepatitis-C-Virus-Infek-
tion angesehen. Für die Berechnung der
Gesamt-Hepatitis-C-Prävalenz wurden
die PCR-positiven Proben und die bestä-
tigten Antikörpernachweise addiert.
Die PCR-Diagnostik erfolgte bis Sep-
tember 2010 mittels Cobas-Ampliprep-/
Cobas-TaqMan-Test (Nachweisgrenze
15 IU/ml), nachfolgend bis Oktober 2011
mit dem VERSANT-HCV-RNA-qualita-
tive-TMA-Assay (Nachweisgrenze 10 IU/
ml). Die HCV-RNA-Konzentration wur-
de mit dem VERSANT-HCV-RNA-
Tab. 1 Prävalenz von Antikörpern gegen das Hepatitis-A-Virus (Anti-HAV) nach Geschlecht und Altersgruppen aus DEGS1 2008–2011 in
Prozent mit 95%-Konfidenzintervallen. n
ungewichtet
=7046
Alters-
gruppe
18 bis 19 Jahre 20 bis 29 Jahre 30 bis 39 Jahre 40 bis 49 Jahre 50 bis 59 Jahre 60 bis 69 Jahre 70 bis 79 Jahre Gesamt
Geschlecht
Frauen 18,0 (10,8–28,3) 41,2 (35,8–46,8) 42,0 (36,3–47,9) 34,0 (29,3–39,1) 45,9 (41,4–50,5) 63,7 (58,5–68,5) 83,0 (78,5–86,7) 48,9 (46,7–51,1)
Männer 24,1 (15,8–34,8) 40,3 (34,3–46,5) 39,0 (33,1–46,5) 41,9 (37,0–47,0) 42,0 (37,4–46,6) 63,9 (58,5–68,9) 83,9 (79,9–87,3) 48,3 (46,2–50,5)
Gesamt 21,5 (15,5–29,1) 40,7 (36,6–45,0) 40,5 (36,1–45,0) 38,1 (34,5–41,7) 44,0 (40,5–47,5) 63,8 (59,6–67,7) 83,4 (80,4–86,1) 48,6 (47,0–50,2)
708
Leitthema
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Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
3.0-bDNA-Assay bestimmt. Ab Okto-
ber 2011 erfolgte die Ermittlung mit dem
VERSANT-HCV-RNA-1.0-kPCR-Assay
(Nachweisgrenze 15 IU/ml) von Siemens
Healthcare Diagnostics (Eschborn). Der
Immunoblot wurde bis September 2010
mittels Chiron-Riba-HCV-3.0-, nachfol-
gend mit recomBlot-HCV-IgG-2.0- und
ab Oktober 2011 mit recomLine-HCV-
IgG-Tests (beide Mikrogen Diagnostik,
München) durchgeführt.
Ergebnisse
Hepatitis A
Die durchschnittliche Prävalenz von
Antikörpern gegen das Hepatitis-A-
Virus (Anti-HAV) beträgt bei 18- bis
79-Jährigen 48,6% und unterscheidet
sich nicht signifikant zwischen Frauen
und Männern. Deutliche Unterschie-
de finden sich zwischen den Altersgrup-
pen; die Anti-HAV-Prävalenz steigt ins-
gesamt mit dem Alter an und liegt in der
Gruppe der 70- bis 79-Jährigen bei über
80%. Auffallend sind jedoch die relativ
ähnlichen Werte für die Seroprävalenz
um 40% in den Altersgruppen der 20-
bis 59-Jährigen. Im Vergleich zur näch-
stjüngeren Altersgruppe fehlt der An-
stieg in der Seroprävalenz bei den 30- bis
49-Jährigen. Der größte Anstieg in der
Antikörperprävalenz von der einen zur
nächsthöheren Altersgruppe ist erst zwi-
schen den Altersgruppen 50 bis 59 Jahre
und 60 bis 69 Jahre zu beobachten. Be-
sonders deutlich ist dieses Muster bei
den 40- bis 49-jährigen Frauen. In die-
ser Altersgruppe liegt die Antikörper-
prävalenz mit 34,0% (95%-Konfidenzin-
tervall 29,3–39,1) sogar statistisch signi-
fikant unter der der nächstjüngeren Al-
tersgruppe (. Tab. 1).
In einem multivariaten logistischen
Regressionsmodell zeigt sich, adjustiert
für Alter und Geschlecht, ein Zusam-
menhang zwischen der Prävalenz von
Anti-HAV und sozioökonomischem Sta-
tus (SES). Die Prävalenz von Antikör-
pern gegen das Hepatitis-A-Virus ist bei
Erwachsenen mit niedrigem oder hohem
SES höher als bei Erwachsenen mit mitt-
lerem SES [niedriger vs. mittlerer SES:
Odds Ratio (OR) 1,22 (1,02–1,46); hoher
vs. mittlerer SES: OR 1,28 (1,08–1,52)].
In der Gesamtgruppe der 18- bis
79-Jährigen unterscheidet sich der An-
teil der Frauen und Männer mit Anti-
körpern gegen das Hepatitis-A-Virus
dagegen kaum von den entsprechenden
Werten, die vor 10 Jahren im BGS98 er-
hobenen wurden (. Tab. 2). Allerdings
stieg im BGS98 die diesbezügliche Sero-
prävalenz kontinuierlich über alle Alters-
gruppen an. Ein sehr deutlicher Anstieg
zeigte sich dort insbesondere von der
Gruppe der 30- bis 39-Jährigen zur Grup-
Zusammenfassung · Abstract
Bundesgesundheitsbl 2013 · 56:707–715 DOI 10.1007/s00103-013-1673-x
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013
C. Poethko-Müller · R. Zimmermann · O. Hamouda · M. Faber · K. Stark · R.S. Ross · M. Thamm
Die Seroepidemiologie der Hepatitis A, B und C in Deutschland.
Ergebnisse der Studie zur Gesundheit
Erwachsener in Deutschland (DEGS1)
Zusammenfassung
Die Daten aus der Studie zur Gesundheit Er-
wachsener in Deutschland (DEGS1) ermög-
lichen 10 Jahre nach der seroepidemiologi-
schen Erhebung im „Bundes-Gesundheitssur-
vey 1998“ (BGS98) die Abschätzung der ak-
tuellen Durchseuchung mit Hepatitis-A-, He-
patitis-B- und Hepatitis-C-Viren und der Im-
munitätslage gegen Hepatitis A und B sowie
diesbezüglicher zeitlicher Trends in der Bevöl-
kerung. Die Seroprävalenz von Antikörpern
gegen das Hepatitis-A-Virus beträgt 48,6%.
Im Vergleich zu den Werten vor 10 Jahren
liegt sie bei den 18- bis 39-Jährigen signifi-
kant höher, bei den 50- bis 79-Jährigen da-
gegen signifikant niedriger. Das veränder-
te Muster in der altersabhängigen Seroprä-
valenz zeigt einen Rückgang der natürlichen
Durchseuchung mit dem Hepatitis-A-Virus.
Ein individueller Schutz vor Hepatitis A und
eine gute Immunität auf Bevölkerungsebene
sind daher nur durch Schutzimpfungen zu er-
reichen. 5,1% der Erwachsenen weisen Mar-
ker für eine Hepatitis-B-Virus-Infektion auf;
dieser Wert ist signifikant niedriger als vor
10 Jahren. Bei 22,9% der Frauen und Männer
kann auf eine durch Impfung hervorgerufe-
ne Immunität gegen Hepatitis B geschlossen
werden. Dieser Anteil sinkt mit dem Alter, ist
aber über alle Altersgruppen hinweg signifi-
kant gestiegen. Es zeigen sich bereits deutli-
che Erfolge der seit 1995 allgemein empfoh-
lenen Hepatitis-B-Impfung. Die Durchseu-
chung mit Hepatitis-C-Viren liegt bei 0,3%;
damit gehört Deutschland weiterhin zu den
Ländern mit einer diesbezüglich niedrigen
Prävalenz.
Schlüsselwörter
Gesundheitssurvey · Hepatitis A · Hepatitis B ·
Hepatitis C · Seroepidemiologie
Epidemiology of hepatitis A, B, and C among adults in Germany.
Results of the German Health Interview and
Examination Survey for Adults (DEGS1)
Abstract
Ten years after seroepidemiological data
were obtained in the German National Health
Interview and Examination Survey 1998 (GN-
HIES98), German Health Interview and Ex-
amination Survey (DEGS1) data contribute to
a population-based, representative surveil-
lance of hepatitis A and B immunity and of
the serological markers for hepatitis C in Ger-
many. The prevalence of antibodies against
the hepatitis A virus is 48.6%. In comparison
to the situation 10 years ago, seroprevalence
is significantly higher among 18- to 39-year-
old adults and is significantly lower in those
aged 50–79 years. The association between
age and seroprevalence has changed, indi-
cating a decrease in naturally acquired hep-
atitis A immunity. Individual and population
immunity has to be achieved through vacci-
nation. Prevalence of hepatitis B antibodies
indicates that 5.1% of adults have been ex-
posed to the virus, significantly fewer than
10 years ago (7.9%). Prevalence of hepati-
tis B surface antibodies indicates that 22.9%
of adults have been vaccinated against hep-
atitis B. Vaccination coverage has increased
in all age groups and is highest in the young-
er age groups. These positive trends can be
attributed to the general recommendation
since 1995 to vaccinate against hepatitis B.
For hepatitis C, the prevalence of antibodies
in the general population is 0.3%. Germany
thus remains a low-HCV-endemic country. An
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Keywords
Health survey · Hepatitis A · Hepatitis B ·
Hepatitis C · Seroepidemiology
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Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
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pe der 40- bis 49-Jährigen (. Tab. 2). Be-
trachtet man die nach Alter stratifizierten
Seroprävalenzen von Antikörpern gegen
das Hepatitis-A-Virus, so zeigen die aktu-
ellen Daten aus DEGS1 höhere Prävalen-
zen in den jüngeren Altersgruppen (18-
bis 39-Jährige). Hingegen liegen die Sero-
prävalenzen in den Altersgruppen der 50-
bis 79-Jährigen deutlich unter den Wer-
ten, die vor 10 Jahren im BGS98 erhoben
wurden (. Abb. 1).
Hepatitis B
Die Ergebnisse der Testung auf Hepati-
tis-B-Seromarker sind in . Tab. 3 aufge-
führt. Insgesamt weisen 5,1% der Erwach-
senen Antikörper gegen das Core-Anti-
gen des Hepatitis-B-Virus (Anti-HBc)
und damit Marker für eine Hepatitis-B-
Durchseuchung auf [Frauen 4,8% (4,0–
5,8) und Männer 5,3% (4,3–6,5)]. Die
Prävalenz von akuten oder chronischen
Infektionen [anti-HBc-positiv mit dem
Nachweis von Hepatitis-B-Virus-Surface-
Antigen (HBsAG)] beträgt 0,3%. Die im
Vergleich zu Frauen (0,2%; 0,1–0,4) hö-
here Prävalenz bei Männern (0,5%; 0,2–
1,1) ist statistisch nicht signifikant. Die ge-
ringe Fallzahl erlaubt keine weitere aussa-
gefähige Stratifizierung nach dem Alter.
Die Prävalenz anti-HBc/anti-HBs-positi-
ver Proben als Zeichen für eine ausgeheil-
te Hepatitis B beträgt 4,1%, sie zeigt kei-
ne geschlechterabhängigen Unterschie-
de und ist in den älteren Altersgruppen
höher als in den jüngeren. Ausschließlich
anti-HBc-positiv sind 0,6% der 18- bis
79-Jährigen. Dieser serologische Befund,
bei dem von einer Hepatitis-B-Virus-Ex-
position ausgegangen wird, ohne dass si-
chere Zeichen einer Immunität nachzu-
weisen waren, zeigte sich etwas häufi-
ger bei Männern als bei Frauen. Die im
Vergleich zu Frauen höhere diesbezügli-
che Prävalenz bei Männern ist statistisch
nicht signifikant. In einem multivariaten
logistischen Regressionsmodell zeigt sich,
adjustiert für Alter und Geschlecht, ein
Zusammenhang zwischen der Hepatitis-
B-Durchseuchung und dem SES [niedri-
ger vs. hoher SES: OR 3,82 (2,57–5,66);
mittlerer vs. hoher SES: OR 1,76 (1,20–
2,58)]. Je niedriger der Sozialstatus, desto
höher ist also das Risiko für eine Hepati-
tis-B-Infektion.
Insgesamt waren 22,9% der 18- bis
79-jährigen Frauen und Männer aus-
schließlich anti-HBs-positiv, sodass auf
eine durch Impfung hervorgerufene Im-
munität gegen das Hepatitis-B-Virus
geschlossen werden kann. Hier zeigen
sich signifikante Unterschiede nach Ge-
schlecht mit einer deutlich höheren Se-
roprävalenz bei Frauen. Obwohl in den
einzelnen Altersgruppen die Unterschie-
de nicht statistisch signifikant sind, ist
insbesondere bei den unter 30-Jährigen
die Prävalenz von Anti-HBs mit 70,9%
bei den 18- bis 19-jährigen Frauen im
Vergleich zu 61,6% bei den gleichaltrigen
Männern bzw. mit 62,1% bei den 20- bis
29-jährigen Frauen verglichen mit den
Männern dieser Altersgruppe (51,8%)
deutlich höher. In einem multivaria-
ten logistischen Regressionsmodell zeigt
sich, adjustiert für Alter und Geschlecht,
ein Zusammenhang zwischen dem für
eine Hepatitis-B-Impfung typischen
Nachweis von Anti-HBs und dem SES
[hoher vs. niedriger SES: OR 3,53 (2,62–
4,76); mittlerer vs. niedriger SES: OR 2,08
(1,60–2,69)]. Übereinstimmend mit dem
für die Hepatitis-B-Durchseuchung an-
gewandten Modell, zeigt sich ein nied-
riger SES damit als Risikofaktor für eine
fehlende, durch Schutzimpfung erreich-
te Immunität. Für Erwachsene mit nied-
rigem SES ist das Risiko für eine Hepati-
tis-B-Infektion (jemals oder aktuell) hö-
her als das für Erwachsene mit mittlerem
SES; für Erwachsene mit mittleren SES ist
das Risiko für eine Hepatitis-B-Infektion
(jemals oder aktuell) wiederum höher als
das für Erwachsene mit hohem SES.
Im Vergleich zu den Ergebnissen des
BGS98 (. Tab. 4) zeigt sich in der aktu-
ellen Erhebung über alle Altersgruppen
eine deutlich höhere Prävalenz von aus-
schließlich anti-HBs-positiven Proben für
beide Geschlechter (. Abb. 2). Am größ-
ten ist dieser gegenüber den BGS98-Er-
gebnissen aus den Jahren 1997 bis 1999
beobachtete Anstieg des Anteils Geimpf-
ter in den Altersgruppen 18 bis 29 Jah-
re. Der Anteil an anti-HBc-positiven Er-
wachsenen als Marker für die Hepatitis-B-
Durchseuchung ist in der Gesamtstudien-
population mit 5,1% (4,4–5,8) signifikant
niedriger als vor 10 Jahren (7,9%; 6,9–
9,1). Standardisiert man die im BGS98 er-
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
18 - 19 Jahre 20 - 29 Jahre 30 - 39 Jahre 40 - 49 Jahre 50 - 59 Jahre 60 - 69 Jahre 70 - 79 Jahre
BGS98 Anti-HAV positiv DEGS Anti-HAV positiv
Abb. 1 9 Seropräva-
lenz von Antikörpern ge-
gen das Hepatitis-A-Vi-
rus in Prozent nach Alters-
gruppen in DEGS1 und im
BGS98 (gewichtet auf den
Bevölkerungsstand vom
31.12.2010), n=7046
710
Leitthema
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Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
hobenen Prävalenzen auf die aktuelle Be-
völkerungsstruktur (. Tab. 4), zeigt sich,
dass unter Berücksichtigung der demo-
grafischen Veränderungen die Durchseu-
chung der Bevölkerung mit dem Hepati-
tis-B-Virus sogar von 8,7% (7,7–9,9) auf
5,1% (4,4–5,8) zurückgegangen ist. Dieser
Unterschied zeigt sich am deutlichsten in
der ältesten Altersgruppe, also bei den 70-
bis 79-Jährigen.
Hepatitis C
Die durchschnittliche Prävalenz von
Antikörpern gegen das Hepatitis-C-Virus
(Anti-HCV) beträgt bei 18- bis 79-Jähri-
gen 0,3%. Bei zwei Dritteln (0,2%) der
Anti-HCV-Positiven konnte HCV-RNA
nachgewiesen werden. Bei einem Drittel
(0,1%) wurden im CMIA und Immuno-
blot Antikörper gegen Hepatitis-C-Viren,
jedoch keine Virus-RNA detektiert. Ins-
gesamt liegen damit bei 0,3% (0,1–0,5) der
Erwachsenen Zeichen für eine Durch-
seuchung mit Hepatitis-C-Viren vor
(. Tab. 3). Diese Prävalenz unterschei-
det sich nicht nach Geschlecht und SES
(Ergebnis eines altersadjustierten, multi-
variaten logistischen Regressionsmodells;
Daten nicht gezeigt). Positive Befunde
zeigten sich ausschließlich in den Alters-
Tab. 3 Prävalenz von Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Seromarkern nach Geschlecht und Altersgruppen aus DEGS1 2008–2011 in Prozent mit
95%-Konfidenzintervallen. n
ungewichtet
=7047
Altersgruppe 18 bis
19 Jahre
20 bis
29 Jahre
30 bis
39 Jahre
40 bis
49 Jahre
50 bis
59 Jahre
60 bis
69 Jahre
70 bis
79 Jahre
Gesamt
Hepatitis B
Frauen
Anti-HBc und
HBs-Ag positiv
a
0 0,3
(0,0–2,1)
0,4
(0,1–2,8)
0 0,2
(0,0–1,4)
0,2
(0,0–1,2)
0 0,2
(0,1–0,4)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
0 0,6
(0,1–2,8)
3,1
(1,6–6,2)
4,1
(2,4–6,9)
6,2
(4,3–8,8)
7,7
(5,1–11,4)
5,4
(3,4–8,7)
4,4
(3,6–5,4)
Ausschließlich
Anti-HBc positiv
c
0 0 0,8
(0,1–5,2)
0 0,1
(0,0–1,0)
0,6
(0,2–1,6)
0,5
(0,1–1,9)
0,3
(0,1–0,7)
Ausschließlich
Anti-HBs positiv
d
70,9
(59,6–80,1)
62,1
(56,5–67,3)
26,9
(22,3–32,1)
23,1
(19,4–27,2)
17,6
(14,2–21,5)
9,6
(7,0–12,9)
6,1
(4,1–9,0)
25,8
(23,8–27,8)
Männer
Anti-HBc und
HBs-Ag positiv
a
0 0,2
(0,0–1,2)
0,8
(0,1–5,4)
0,2
(0,0–1,2)
0,8
(0,2–2,5)
1,0
(0,1–6,5)
0,2
(0,0–1,6)
0,5
(0,2–1,1)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
0 1,1
(0,4–3,0)
2,9
(1,4–5,6)
3,8
(2,0–6,9)
5,4
(3,7–7,7)
5,7
(3,6–8,9)
6,1
(3,6–10,2)
3,9
(3,1–4,9)
Ausschließlich
Anti-HBc positiv
c
0 0 1,2
(0,3–5,3)
0,2
(0,1–0,9)
0,8
(0,3–2,0)
2,6
(1,1–5,7)
1,8
(0,7–4,8)
0,9
(0,6–1,6)
Ausschließlich
Anti-HBs positiv
d
61,6
(51,9–70,4)
51,8
(45,6–58,0)
20,0
(16,0–24,6)
14,1
(11,1–17,7)
11,0
(8,2–14,6)
7,4
(5,3–10,4)
3,3
(2,0–5,4)
20,1
(18,2–22,0)
Gesamt
Anti-HBc und
HBs-Ag positiv
a
0 0,2
(0,1–1,0)
0,6
(0,1–2,5)
0,1
(0,0–0,6)
0,5
(0,2–1,3)
0,5
(0,1–2,9)
0,1
(0,0–0,7)
0,3
(0,2–0,6)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
0 0,8
(0,3–2,0)
3,0
(1,8–5,0)
3,9
(2,6–5,9)
5,8
(4,4–7,5)
6,8
(5,1–8,9)
5,8
(4,1–8,0)
4,1
(3,1–4,8)
Ausschließlich
Anti-HBc positiv
c
0 0 1,0
(0,3–3,2)
0,1
(0,0–0,4)
0,5
(0,2–1,1)
1,5
(0,8–3,0)
1,1
(0,5–2,5)
0,6
(0,4–0,9)
Ausschließlich
Anti-HBs positiv
d
65,5
(58,2–72,0)
57,1
(52,8–61,2)
23,4
(20,1–27,0)
18,5
(15,9–21,4)
14,3
(11,9–17,1)
8,5
(6,7–10,8)
5,4
(3,8–7,5)
22,9
(21,5–24,5)
Hepatitis C: Anti-HCV bestätigt positiv und/oder HCV-RNA positiv
Frauen 0 0 0 0,2 (0,0–0,8) 0,1 (0,0–0,9) 0,4 (0,1–1,9) 1,2 (0,3–5,6) 0,3 (0,1–0,8)
Männer 0 0 0 0,6 (0,1–2,6) 0,5 (0,1–2,3) 0,2 (0,0–0,8) 0 0,3 (0,1–0,7)
Gesamt 0 0 0 0,4 (0,1–1,3) 0,3 (0,1–1,1) 0,3 (0,1–0,9) 0,7 (0,1–3,2) 0,3 (0,1–0,5)
a
Akute oder chronische Infektion.
b
Ausgeheilte Infektion.
c
Durchgestandene Infektion, Immunität fraglich.
d
Immunität durch Impfung.
Tab. 2 Prävalenz von Antikörpern gegen das Hepatitis-A-Virus (Anti-HAV) nach Geschlecht und Altersgruppen aus BGS98 in Prozent mit
95%-Konfidenzintervallen (altersstandardisiert auf den Bevölkerungsstand vom 31.12.2010). n
ungewichtet
=6748
Alters-
gruppe
18 bis
19 Jahre
20 bis
29 Jahre
30 bis
39 Jahre
40 bis
49 Jahre
50 bis
59 Jahre
60 bis
69 Jahre
70 bis
79 Jahre
Gesamt
Geschlecht
Frauen 6,4 (2,3–16,5) 17,3 (13,3–22,2) 22,3 (18,5–26,7) 47,6 (43,0–52,2) 64,3 (59,9–68,5) 83,3 (78,8–87,0) 90,6 (86,3–93,7) 51,9 (49,5–54,4)
Männer 9,6 (4,9–17,9) 21,1 (16,4–26,8) 26,2 (22,2–30,7) 38,3 (33,6–43,3) 63,1 (58,5–67,5) 82,7 (78,9–85,9) 88,0 (83,2–91,6) 49,1 (46,7–51,6)
Gesamt 8,0 (4,6–13,5) 19,2 (15,6–23,3) 24,4 (21,2–27,8) 42,8 (39,2–46,6) 63,7 (60,4–66,9) 83,0 (80,1–85,5) 89,4 (86,4–91,8) 50,5 (48,4–52,7)
711
Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
|
gruppen zwischen 40 und 79 Jahren. Von
den vor 10 Jahren im BGS98 erhobenen
Werten [bestätigte Anti-HCV-Prävalenz
0,4% (0,2–0,6)] unterscheidet sich die
aktuell ermittelte Hepatitis-C-Durchseu-
chung in der Gesamtgruppe nicht. Aller-
dings finden sich in DEGS1 – anders als
im BSG98 – auch keine HCV-Infektionen
bei den unter 40-Jährigen; im BGS98 wa-
ren positive Befunde bereits in der Alters-
gruppe 20 bis 29 Jahre feststellbar.
Diskussion
Hepatitis A
Die Hepatitis A ist eine akute Leberent-
zündung, die bei symptomatischem Ver-
lauf mit den klinischen Zeichen einer
Gelbsucht akut verläuft und vollständig
ausheilt. Allerdings steigt die Sterblich-
keit mit dem Alter an (ca. 2% bei über
60-Jährigen). Das Hepatitis-A-Virus wird
mit dem Stuhl ausgeschieden und von
Mensch zu Mensch sowie durch verun-
reinigte Nahrungsmittel übertragen. In
Ländern mit niedrigem Hygienestandard
ist die Durchseuchung schon im Kindes-
alter sehr hoch. In Europa und Nord-
amerika ging die Erkrankungshäufigkeit
in den letzten Jahrzehnten kontinuier-
lich zurück, sodass hier immer weniger
Jugendliche und Erwachsene eine natür-
lich erworbene Immunität gegen das He-
patitis-A-Virus besitzen. Eine Schutzimp-
fung steht zur Verfügung und wird von
der Ständigen Impfkommission (STI-
KO) seit 1993 für Reisende in Regionen
mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz und für
Menschen mit Berufen oder Sexualver-
halten mit besonders hoher Infektions-
gefährdung empfohlen [10].
Fast 50% der erwachsenen Frauen und
Männer in Deutschland weisen Antikör-
per gegen das Hepatitis-A-Virus auf. Die-
se wurden entweder natürlich (durchge-
machte Infektion) oder über eine Hepa-
titis-A-Impfung erworben. Bei Erwach-
senen mit mittlerem SES finden sich sel-
tener Antikörper gegen das Hepatitis-A-
Virus als bei Erwachsenen mit niedrigem
oder hohem SES. Unter Berücksichti-
gung der in diesem Heft gezeigten niedri-
gen Hepatitis-A-Impfquoten für Erwach-
sene mit niedrigem SES und den hohen
Impfquoten für Erwachsene mit hohem
SES [11] deutet dieses Ergebnis darauf
hin, dass die Immunität bei Personen mit
niedrigem SES häufiger natürlich und bei
Personen mit hohem SES eher über eine
Impfung erworben wurde.
Bei Betrachtung der Gesamtstichpro-
be unterscheidet sich die Prävalenz von
Anti-HAV nicht von den diesbezüglichen
Werten, die in den Jahren 1997 bis 1999 er-
hobenen wurden [12]. In beiden Studien
zeigt sich eine deutliche Altersabhängig-
keit mit höheren Prävalenzen in höheren
Altersgruppen. Allerdings unterscheidet
Tab. 4 Prävalenz von Hepatitis-B-Seromarkern nach Geschlecht und Altersgruppen aus BGS98 in Prozent mit 95%-Konfidenzintervallen
(altersstandardisiert auf den Bevölkerungsstand vom 31.12.2010). n
ungewichtet
=6747
Altersgruppe 18 bis
19 Jahre
20 bis
29 Jahre
30 bis
39 Jahre
40 bis
49 Jahre
50 bis
59 Jahre
60 bis
69 Jahre
70 bis
79 Jahre
Gesamt
Geschlecht
Frauen
Anti-HBc und HBs-
Antigen positiv
a
0 0 0 0,6 (0,2–2,4) 0,3 (0,0–2,2) 0,6 (0,2–2,4) 0,8 (0,1–5,7) 0,4 (0,2–0,9)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
1,6 (0,2–10,7) 3,3 (1,5–7,2) 3,6 (2,2–5,9) 6,7 (4,5–9,8) 5,5 (3,6–8,5) 9,9 (7,2–13,4) 13,6 (9,5–19,1) 6,7 (5,6–8,1)
Ausschließlich An-
ti-HBc positiv
c
0 1,8 (0,6–5,5) 0,5 (0,1–3,8) 0,5 (0,2–1,7) 0,2 (0,0–1,2) 0,7 (0,2–2,2) 1,2 (0,4–3,6) 0,8 (0,4–1,4)
Ausschließlich An-
ti-HBs positiv
d
13,2
(7,5–22,2)
12,3 (9,3–16,1) 9,6 (7,5–12,1) 6,0 (4,4–8,2) 4,4 (2,7–7,2) 1,0 (0,3–2,7) 0,4 (0,1–1,8) 5,9 (5,0–7,0)
Männer
Anti-HBc und HBs-
Antigen positiv
a
0,9 (0,1–6,3) 0,4 (0,1–2,0) 2,1 (0,9–4,6) 1,4 (0,6–3,2) 2,0 (0,9–4,3) 0,5 (0,1–2,5) 0,3 (0,0–2,2) 1,2 (0,8–2,0)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
1,1 (0,2–4,9) 4,3 (2,4–7,7) 3,0 (1,8–5,0) 6,5 (4,4–9,4) 7,6
(5,4–10,5)
5,6 (3,7–8,3) 15,5 (10,7–21,9) 6,5 (5,4–7,8)
Ausschließlich An-
ti-HBc positiv
c
0 0,6 (0,1–4,0) 1,3 (0,5–3,4) 0,8 (0,3–2,0) 2,8 (1,5–5,3) 2,3 (0,9–5,6) 3,6 (1,5–8,3) 1,7 (1,1–2,5)
Ausschließlich An-
ti-HBs positiv
d
5,3 (2,5–10,9) 4,9 (3,1–7,9) 5,1 (3,5–7,4) 3,1 (2,0–4,9) 1,1 (0,4–2,6) 0,5 (0,2–1,8) 0 2,7 (2,2–3,4)
Gesamt
Anti-HBc und HBs-
Antigen positiv
a
0,5 (0,1–3,3) 0,2 (0,0–1,0) 1,1 (0,5–2,4) 1,0 (0,5–2,0) 1,2 (0,6–2,4) 0,5 (0,2–1,6) 0,6 (0,1–2,8) 0,8 (0,5–1,2)
Anti-HBc und An-
ti-HBs positiv
b
1,4 (0,4–4,8) 3,8 (2,4–6,0) 3,3 (2,3–4,7) 6,6 (4,9–8,8) 6,5 (4,9–8,7) 7,8 (6,0–10,0) 14,5 (11,0–18,8) 6,6 (5,7–7,6)
Ausschließlich An-
ti-HBc positiv
c
0 1,2 (0,5–3,1) 0,9 (0,4–2,3) 0,6 (0,3–1,3) 1,5 (0,8–2,8) 1,5 (0,7–3,1) 2,3 (1,2–4,5) 1,2 (0,9–1,7)
Ausschließlich An-
ti-HBs positiv
d
9,2 (5,6–14,7) 8,6 (6,9–10,7) 7,3 (5,9–9,0) 4,6 (3,5–6,0) 2,8 (1,8–4,2) 0,8 (0,3–1,6) 0,2 (0,1–1,0) 4,3 (3,8–5,0)
a
Akute oder chronische Infektion.
b
Ausgeheilte Infektion.
c
Durchgestandene Infektion, Immunität fraglich.
d
Immunität durch Impfung.
712
Leitthema
|
Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
sich das aktuelle Muster der Altersabhän-
gigkeit deutlich von der kontinuierlich
über die Altersgruppen ansteigenden Se-
roprävalenz von Antikörpern gegen das
Hepatitis-A-Virus zum Zeitpunkt des
BGS98. Aktuell sind die Anti-HAV-Sero-
prävalenzen in den Altersgruppen der 18-
bis 39-Jährigen höher, die in den Gruppen
der 50- bis 79-Jährigen hingegen niedri-
ger als noch vor 10 Jahren. Diese Entwick-
lung hat zur Folge, dass der Anteil älterer
Frauen und Männer, die keine Immuni-
tät gegen das Hepatitis-A-Virus besitzen,
in den letzten 10 Jahren deutlich angestie-
gen ist. Berücksichtigt man den kontinu-
ierlich und über alle Altersgruppen zu
beobachtenden Rückgang der Hepatitis-
A-Inzidenz bei den nach IfSG gemelde-
ten Fällen in Deutschland [13], kann die
in DEGS1 deutlich höhere Anti-HAV-Se-
roprävalenz in den Altersgruppen der 18-
bis 39-Jährigen am ehesten auf eine ver-
stärkte Inanspruchnahme der Hepatitis-
A-Impfung (etwa vor Reisen) zurück-
geführt werden. Während im Jahr 2001
noch deutlich über 2000 Hepatitis-A-Er-
krankungen nach IfSG gemeldet wurden
(2001: 2273), sind es seit 2009 weniger
als 1000 Fälle pro Jahr. Konsistent zu den
Meldedaten nach IfSG sind die DEGS1-
Ergebnisse auch bei der geschlechtsstra-
tifizierten Betrachtung, die keinen Unter-
schied bei der Anti-HAV-Seroprävalenz
zwischen Frauen und Männern zeigt.
In den Niederlanden wurden 1995 bis
1996 und 2006/2007 zwei große, reprä-
sentative seroepidemiologische Surveys
zur Prävalenz von Antikörpern gegen
das Hepatitis-A-Virus durchgeführt. Da-
bei wurde ein Anstieg der Anti-HAV-Prä-
valenz von 34 auf 39,3% festgestellt, der
auf eine Zunahme des Anteils Geimpf-
ter sowie auf den höheren Anteil an Zu-
wanderern zurückgeführt wurde [14]. In
den Niederlanden liegt die Anti-HAV-
Prävalenz damit unter der in Deutsch-
land beobachteten Prävalenz, sie ist aber,
wie hier, stark altersabhängig. Es zeigt
sich bei den ebenfalls im 10-Jahres-Ab-
stand durchgeführten Erhebungen zu-
dem einen Anstieg des Anteils an nicht
gegen das Hepatitis-A-Virus immunen
älteren Frauen und Männern.
Schlussfolgerungen
Die vorliegenden DEGS1-Daten zur An-
ti-HAV-Seroprävalenz liefern ein aktuel-
les, bevölkerungsbezogenes und zuver-
lässiges Bild der Immunität gegen das
Hepatitis-A-Virus, da diese Antikörper
sehr lange nach einer Impfung [15] und
noch länger nach einer natürlich durch-
gemachten Infektion [16, 17] einen durch
serologische Untersuchung nachweisba-
ren Schutz bieten. Aktuell sind jüngere
Altersgruppen besser, ältere Altersgrup-
pen hingegen schlechter als vor 10 Jah-
ren gegen eine Hepatitis-A-Infektion ge-
schützt. Bessere hygienische Bedingun-
gen führten zu einem Rückgang der He-
patitis-A-Inzidenz und der natürlichen
HAV-Durchseuchung. Der individuelle
Schutz vor einer Hepatitis-A-Virus-In-
fektion und eine gute Immunität gegen
das Virus auf Bevölkerungsebene sind
daher in Deutschland nur durch Schutz-
impfungen zu erreichen. Generell ist da-
rauf zu achten, dass die von der STIKO
herausgegebenen Impfempfehlungen in
der Praxis konsequent umgesetzt werden.
Dies gilt insbesondere auch für ältere Per-
sonen, die in Hochprävalenzgebiete rei-
sen, da in diesen Altersgruppen die Hepa-
titis A besonders schwer verlaufen kann
und der Anteil der Personen mit natürli-
cher Immunität zurückgeht.
Hepatitis B
Die Hepatitis B ist eine weltweit beim
Menschen vorkommende, durch Hepati-
tis-B-Viren ausgelöste Leberentzündung,
die vorwiegend sexuell oder durch Blut
übertragen wird. Bei Erwachsenen heilt
sie meistens aus, kann aber in bis zu 10%
der Fälle chronisch verlaufen und in eine
Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzi-
nom übergehen. Seit 1982 (Westdeutsch-
land) und 1984 (Ostdeutschland) besteht
eine Impfempfehlung für Gruppen mit
erhöhtem Infektionsrisiko. 1995 wurde
von der STIKO die generelle Empfehlung
für eine HBV-Impfung für alle Neugebo-
renen und die Empfehlung zur Nachhol-
impfung bei älteren Kindern und Jugend-
lichen mit fehlender Grundimmunisie-
rung ausgesprochenen [18].
Die Durchseuchung mit Hepatitis-B-
Viren liegt bei 5,1% und unterscheidet
sich nicht zwischen Frauen und Män-
nern. Am häufigsten spricht die sero-
logische Befundkonstellation für eine
durchgemachte Hepatitis-B-Infektion
mit erworbener Immunität. Jedoch zeigt
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
18-19 Jahre 20-29 Jahre 30 - 39 Jahre 40 - 49 Jahre 50 - 59 Jahre 60 - 69 Jahre 70 - 79 Jahre
DEGS: Ausschließlich Anti-HBs positiv (geimpft)
BGS: Ausschließlich Anti-HBs positiv (geimpft)
DEGS: Anti-HBc gesamt
BGS: Anti-HBc gesamt
Abb. 2 9 Prävalenz von
Hepatitis-B-Seromarkern
in Prozent nach Alters-
gruppen in DEGS1 und im
BGS98 (gewichtet auf den
Bevölkerungsstand vom
31.12.2010), n=7047
713
Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
|
der Vergleich mit den vor 10 Jahren im
BGS98 erhobenen Seroprävalenzen, dass
aktuell ein geringerer Anteil der Bevöl-
kerung eine solche Infektion durchge-
macht hat. Diese erfreuliche Entwick-
lung ist am deutlichsten in den jungen
Altersgruppen zu beobachten. Gleich-
zeitig ist der Anteil der Geimpften vor
allem in den jungen Altersgruppen stark
angestiegen (22,9%). Es kann daher da-
von ausgegangen werden, dass sich hier
bereits Erfolge der von der STIKO aus-
gesprochenen Impfempfehlungen zei-
gen. Ein positiver Trend zeigt sich auch
bei der Prävalenz aktueller akuter oder
chronischer Hepatitis-B-Erkrankungen.
Die vor 10 Jahren im BGS98 mit 0,8% ge-
messene HBsAg-Prävalenz ist auf 0,3%
zurückgegangen. Die bei den Seropräva-
lenzen zu beobachtenden positiven Ent-
wicklungen spiegeln sich gleichermaßen
in den rückläufigen bzw. seit 2007 stabi-
len Meldezahlen für eine akute Hepati-
tis B. Auch hier ist die Reduktion in den
jungen Altersgruppen besonders aus-
geprägt. Allerdings lässt sich auch bei
den Älteren ein solcher Rückgang ver-
zeichnen, sodass neben den Erfolgen der
HBV-Impfung auch allgemeine Präven-
tionsmaßnahmen (z. B. Hygienebestim-
mungen im medizinischen Bereich, ver-
besserte Sicherheit von Blut und Blut-
produkten) Wirkung zu zeigen schei-
nen. Die jährlichen Hepatitis-B-Inziden-
zen (IfSG) zeigen jedoch weiterhin einen
deutlichen Unterschied zwischen Frau-
en und Männern (2010: Frauen 0,6 Er-
krankungen/100.000 Einwohner; Män-
ner: 1,3 Erkrankungen/100.000 Einwoh-
ner). Beginnend mit der Altersgruppe
der 25- bis 29-Jährigen fand sich eine
durchweg höhere Inzidenz bei Männern
im Vergleich zu gleichaltrigen Frauen
[19]. Hingegen zeigen die Seroprävalen-
zen aus DEGS1 kaum einen Unterschied
zwischen den Geschlechtern hinsichtlich
der Seromarker, die auf eine akute oder
durchgemachte Hepatitis-B-Infektion
hinweisen. Diese Diskrepanz kann da-
mit erklärt werden, dass die höhere He-
patitis-B-Inzidenz bei Männern wahr-
scheinlich auf ein riskanteres Sexualver-
halten und häufigeren intravenösen Dro-
gengebrauch zurückzuführen ist, sodass
die wahre Prävalenz in bevölkerungsbe-
zogenen Surveys eher unterschätzt wird.
Mit dem Rückgang der Hepatitis-B-
Durchseuchung und -Inzidenz insbeson-
dere bei jungen Erwachsenen und Kin-
dern in Deutschland ist gut 15 Jahre nach
Einführung der allgemeinen Hepatitis-
B-Impfung eine positive Entwicklung zu
verzeichnen. Eine solche wurde bereits
für Italien beschrieben, wo die Impfung
schon 1991 allgemein empfohlen wurde
[20].
Schlussfolgerungen
Die HBV-Infektions- und Immunitätsla-
ge wird durch die in DEGS1 ermittelten
Seroprävalenzen bevölkerungsbezogen
abgebildet. Aktuell sind vor allem jüngere
Altersgruppen deutlich besser durch eine
Impfung gegen Hepatitis B geschützt als
noch vor 10 Jahren. Insgesamt hat die Le-
benszeitprävalenz für eine Hepatitis-B-
Virus-Infektion bei den 18- bis 79-Jähri-
gen abgenommen. Das Risiko für eine In-
fektion ist umso geringer, je höher der so-
ziale Status ist. Die beobachtete Abnah-
me der Lebenszeitprävalenz beruht einer-
seits darauf, dass die vor 10 Jahren unter-
suchte Altersgruppe mit der höchsten
Hepatitis-B-Virus-Durchseuchung, al-
so die damals 70- bis 79-Jährigen, aus Al-
tersgründen nicht mehr an der aktuellen
Untersuchung teilnehmen könnten. Auf
der anderen Seite zeigt sich aber auch
in den jüngeren Altersgruppen eine ge-
ringere Durchseuchung. Diese geht zu-
rück auf eine bereits erfolgte Reduktion
der Krankheitslast seit der Einführung
der allgemeinen Impfung gegen Hepati-
tis B im Säuglingsalter. In der hier unter-
suchten Alterskohorte ist der rückläufige
Durchseuchungsgrad aber wohl vor al-
lem Resultat der Nachholimpfungen bei
älteren Kindern und Jugendlichen mit
fehlender Grundimmunisierung. Da al-
le hier untersuchten Frauen und Männer
vor der allgemeinen Impfempfehlung
geboren wurden und bei jüngeren Ge-
burtsjahrgängen die Hepatitis-B-Durch-
impfung besser [21] als bei den in DEGS1
untersuchten älteren Geburtsjahrgängen
ist, lässt sich eine positive Entwicklung
prognostizieren.
Hepatitis C
Die Hepatitis C ist eine weltweit beim
Menschen vorkommende durch Hepati-
tis-C-Viren (HCV) ausgelöste Leberent-
zündung, die parenteral übertragen wird.
Ohne Therapie nimmt die Infektion in
50–85% der Fälle einen chronischen Ver-
lauf [22, 23], der nach Jahrzehnten durch
eine Leberzirrhose oder ein Leberzell-
karzinom kompliziert werden kann. Es
existiert kein Impfstoff gegen Hepati-
tis C. Die verfügbaren Parameter der vi-
rologischen Diagnostik erlauben gegen-
wärtig keine Rückschlüsse auf die Dau-
er der Infektion, sodass hier in der Regel
nicht sicher entschieden werden kann,
ob eine akute oder eine chronische Infek-
tion vorliegt. Im Vergleich zu den Befun-
den aus dem BGS98 ist die Gesamtpräva-
lenz der Hepatitis C in Deutschland un-
verändert. Aktuell konnten allerdings in
der Gruppe der 18- bis 39-Jährigen kei-
ne positiven Hepatitis-C-Befunde erho-
ben werden. Die seit Durchführung des
BGS98 erfolgte Einführung wichtiger
Präventionsmaßnahmen, wie z. B. die
routinemäßige Hepatitis-C-Virus-Diag-
nostik im Rahmen der Blutspendersur-
veillance im Jahr 1991, könnte diese Ent-
wicklung in der jungen Allgemeinbevöl-
kerung begründen. Durch die Verbesse-
rung medikamentöser Therapiemöglich-
keiten ist eine weitere Reduktion der Zahl
an chronischen HCV-Infektionen zu er-
warten [24].
Schlussfolgerungen
Mit einer HCV-Durchseuchung von
0,3% zählt Deutschland im europäi-
schen Vergleich weiterhin zu den Län-
dern mit niedriger Hepatitis-C-Präva-
lenz [25]. Die tatsächliche HCV-Antikör-
per-Prävalenz dürfte allerdings höher lie-
gen als in DEGS1 ermittelt, da Personen
aus Heil- und Pflegeanstalten, Kranken-
häusern und Justizvollzugsanstalten aus
der Studie ausgeschlossen sowie Benut-
zer intravenöser Drogen und andere Ri-
sikogruppen nicht repräsentativ vertre-
ten waren.
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Leitthema
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Bunde sgesundheitsblatt - Gesun dheitsforschung - Gesundheits schutz 5/6 · 2013
Korrespondenzadresse
Dr. C. Poethko-Müller
Robert Koch-Institut
General-Pape-Str. 62–66, 12101 Berlin
poethko-muellerc@rki.de
Finanzierung der Studie. Die Studie wurde finan-
ziert mit Mitteln des Robert Koch-Instituts und des
Bundesministeriums für Gesundheit.
Interessenkonflikt. Die korrespondierende Autorin
gibt für sich und ihre Koautoren an, dass kein Interes-
senkonflikt besteht.
Literatur
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review. Euro Surveill 13:18880
AMBIT – Advanced
Management of Biological
Threats: Fortbildung für
ärztliches Personal im
Öffentlichen Gesundheits-
dienst
Termin: 11.09. – 13.09.2013
Veranstalter: Robert Koch-Institut
Veranstaltungsort: Robert Koch-Institut,
Berlin, Liegenschaft am Nordufer 20
Programm: Der Kursi nhalt besteht aus
zielgruppenspezifischen Modulen für
das Management außergewöhnlicher
biologischer Gefahren. Diese setzen sich
nicht nur aus t heoretischen Beiträgen z u
Erre gerinformationen, seuchenhygi eni-
sche n Maßnahmen und Meldewegen,
sondern auc h aus vielen Praxisanteilen
zusammen. Hierzu zählen der Umgang
mit persö nlicher Schutzaus rüstung und
die Simulation von unterschiedlichen Sze-
narien in Form von Table-Top-Übungen in
kleineren Gruppen.
Lernziele des Kurses sind u.a.
• Die Sensibilisierung für das Erkennen
bioterroristischer Gef ahrenlagen
• Die Vermittlung von Grundlagen des
krankheitsspezif ischen, mediz inischen
Managements
• Grundlagen des Managements außer-
gewöhnlicher biologischer Lagen unter
Public Health-Aspekten
Anmeldung/Informationen:
Der Kurs wurde von der Ärztekammer
Berlin mit 18 Punkten zertifiziert.
Die Teilnehmerzahl ist auf 16 Plätze
begrenzt. Das ausführliche Pr ogramm
sowie A nmeldeformulare und we itere
Informationen finden Sie unte r
www.rki.de und
dem Suchbegriff „AMBIT“.
Fachnachrichten
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