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Früherkennung von Sprachentwicklungsstörungen: Ist der ELFRA-2 für einen generellen Einsatz bei der U7 zu empfehlen?

Authors:

Abstract

Es wird der Frage nachgegangen, ob mit Hilfe eines Elternfragebogens (ELFRA-2) Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen im Alter von 24 Monaten ausreichend sicher identifiziert werden können. 251 Eltern von 24 Monate alten Kindern wurden der ELFRA-2 (Rücklaufquote 74%) und 1 Jahr später ein weiterer Fragebogen zur Beurteilung des Sprachentwicklungsstands zugeschickt. Zur Auswertung standen vollständige Daten von 149 einsprachig deutsch aufwachsenden Kindern zur Verfügung. Für den ELFRA-2 ergaben sich eine Sensitivität von 69%, eine Spezifität von 92% und ein RATZ-Index von 64%. Als Prädiktoren für die Sprachentwicklung von ,,late talkers“ erwiesen sich die Schwere der Sprachretardierung und der Bildungsstand der Mutter. Ihre Vorhersagekraft war aber relativ gering. Der ELFRA-2 kann für die U7 als generelles Sprachscreening empfohlen werden. Mit ihm können etwa 2/3 der 3-jährigen sprachgestörten Kinder bereits im Alter von 2 Jahren erkannt und somit frühzeitig durch Spezialisten für Kommunikationsstörungen gefördert werden. Die Akzeptanz des ELFRA-2 von Seiten der Eltern ist hoch.
Redaktion
D. Reinhardt, München
Monatsschr Kinderheilkd 2007 · 155:140–145
DO I 10.1 007/s 00112- 00 6-1314 -7
Online publiziert: 9. März 200 6
© Springer Medizin Verlag 2006
S. Sachse · A. Pecha · W. von Suchodoletz
Institut für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,
Ludwig-Maximilians-Universität, München
Früherkennung von
Sprachentwicklungsstörungen
Ist der ELFRA-2 für einen generellen
Einsatz bei der U7 zu empfehlen?
Originalien
Hintergrund und Fragestellung
Effektivität der
Vorsorgeuntersuchungen
Früherkennungsuntersuchungen finden
in Deutschland große Akzeptanz, etwa
90% der Familien nehmen mit ihren Kin-
dern daran teil. Vorsorgeuntersuchungen
beanspruchen in pädiatrischen Praxen
über 1/3 der Zeit. Die Früherkennung psy-
chischer Entwicklungsstörungen bereitet
aber trotz der engmaschigen Kontrol-
len bislang erhebliche Probleme. Meun-
zel [8] wertete die Vorsorgehefte von 225
Kindern mit mittelschweren bis schweren
geistigen Behinderungen und/oder infan-
tilen Zerebralparesen aus. Bei der U7 wa-
ren 77% der Kinder mit einer geistigen
Behinderung nicht als entwicklungsge-
stört erkannt worden. In der Bayerischen
Längsschnittstudie zeigte sich, dass eine
Intelligenzstörung (IQ<70) bis zum Al-
ter von 4 1/2–5 Jahren lediglich bei jedem
2. Kind im Rahmen der üblichen Vorsor-
geuntersuchungen aufgefallen war [14].
Wir überprüften, wie zuverlässig Ver-
zögerungen in der Sprachentwicklung bis
zur U7 erfasst werden. Unter 65 Kindern,
die im Alter von 24 Monaten weniger als
50 Wörter sprachen („late talkers“), fand
sich im Vorsorgeheft nur bei jedem 4. ei-
ne Eintragung über die Verzögerung des
Spracherwerbs [19]. Eine Verbesserung
des Methodeninventars zur Früherken-
nung psychischer Entwicklungsstörun-
gen ist somit dringend erforderlich.
ELFRA-2
Damit Sprachentwicklungsverzögerungen
nicht übersehen werden, entwickelten
Grimm u. Doil [3] den „Elternfragebo-
gen für 2-jährige Kinder: Sprache und
Kommunikation“ (ELFRA-2). Dieser er-
laubt die Beurteilung des Entwicklungs-
stands eines Kindes auf den Skalen Wort-
schatz, Syntax und Morphologie. Die Au-
torinnen empfahlen, den Fragebogen bei
der U7 routinemäßig durch die Mütter im
Wartezimmer ausfüllen zu lassen. Für das
Alter von 24 Monaten stehen Normwerte
(kritische Werte) zur Verfügung.
Der Fragebogen enthält eine Wortlis-
te mit 260 Wörtern und 36 Fragen mit
Beispielen für Sätze und Wortendungen.
Die Eltern sollen ankreuzen, welche Wör-
ter bzw. Satzbeispiele und Wortendungen
vom Kind gesprochen werden. Der ak-
tive Wortschatz ergibt sich aus der An-
zahl der angekreuzten Wörter. Ist der kri-
tische Wert von 50 unterschritten, gilt der
Spracherwerb als verzögert. Die Satzbei-
spiele des Fragebogens sind der Skala Syn-
tax und die für Wortendungen der Ska-
la Morphologie zugeordnet. Für die Iden-
tifikation von „late talkers“ werden die
beiden letzten Bereiche nur dann her-
angezogen, wenn der produktive Wort-
schatz zwischen 50 und 80 liegt und die
kritischen Werte auf beiden Skalen unter-
schritten werden.
Eignung von Elternfragebögen
zur Beurteilung des Sprachent -
wicklungsstands
Der ELFRA-2 ist eine Adaptation der
„MacArthur Communicative Develop-
ment Inventories“ (CDI) [1]. Der CDI
ist ein Elternfragebogen mit 2 Versionen
für unterschiedliche Altersstufen. Der
ELFRA-2 beruht auf der Version für 16–
30 Monate alte Kinder und beurteilt ne-
ben dem aktiven Wortschatz Syntax und
Morphologie. Er ist wie der CDI ein reiner
Sprachproduktionstests, der das Sprach-
verständnis unberücksichtigt lässt. Bei
der Entwicklung des ELFRA-2 wurde zu-
sätzlich zum CDI die Wortschatzliste des
„Language Development Survey“ (LDS)
[11] herangezogen. Dieser besteht aus ei-
ner Wortliste mit 310 Wörtern und ist für
18–35 Monate alte Kinder konzipiert.
Abb. 1 7 Häufigkeit des
Unterschreitens kritischer
Werte auf den ELFRA-2-
Skalen
140
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Monatsschrift Kinderheilkunde 2 · 2007
Um zu klären, wie genau Elternfrage-
bögen den aktiven Wortschatz eines Kin-
des erfassen, protokollierten Robinson u.
Mervis [17] alle Äußerungen eines Jun-
gen vom 9. bis zum 24. Lebensmonat. Bis
zu einem Wortschatz von etwa 100 Wör-
tern stimmten CDI und Tagebucheintra-
gungen weitgehend überein. Je größer der
Wortschatz des Kindes wurde, umso deut-
licher unterschätzte der CDI den Wort-
schatz. Mit 24 Monaten sprach das Kind
etwa 1200 Wörter, während vom CDI die
Zahl auf etwa 500 geschätzt wurde. Ins-
gesamt belegt diese Studie, dass der CDI
den Wortschatz, so lange dieser unter 100
Wörtern liegt, zuverlässig beurteilt.
Dass Elternfragebögen geeignet sind,
bei 2-jährigen Kindern nicht nur den
Wortschatz zu bewerten, sondern auch
Sprachentwicklungsverzögerungen ver-
lässlich zu erkennen, wurde in mehre-
ren Studien belegt. Hohe Korrelationen
zwischen dem mit einem Sprachtest ge-
messenen produktiven Wortschatz und
dem CDI- (r=0,78 [15]) bzw. LDS-Befund
(r=0,74 [12]) wurden in größeren Kin-
dergruppen nachgewiesen. Klee et al. [5]
konnten zeigen, dass der LDS „late tal-
kers“ mit hoher Zuverlässigkeit erfasst.
Damit ist belegt, dass Elternfragebögen
für die Diagnostik von Sprachentwick-
lungsverzögerungen im Alter von 24 Mo-
naten prinzipiell geeignet sind.
Die prognostische Aussagefähigkeit
des ELFRA-2 ist aber bislang ungeklärt.
Es existieren lediglich Angaben der Test-
autorinnen über Korrelationen zwischen
dem Wortschatz zum Zeitpunkt der U7
und Grammatikleistungen im Alter von
36 Monaten. Die berichteten Korrelati-
onen sind mittelhoch (r=0,50–0,57) und
klären etwa 30% der Varianz der Sprach-
leistungen mit 3 Jahren auf.
Fragestellungen
In der vorliegenden Studie wird der Frage
nachgegangen, wie häufig 2-jährige Kin-
der mit einem auffälligen ELFRA-2-Be-
fund („late talkers“) im Alter von 3 Jah-
ren tatsächlich eine Sprachentwicklungs-
störung aufweisen (prognostische Validi-
tät) und ob sich Prädiktoren für die Spra-
chentwicklung identifizieren lassen. Auch
wurden Daten darüber erhoben, wie hoch
Zusammenfassung · Abstract
Monatsschr Kinderheilkd 2007 · 155:140–145 DOI 10.1007/s00112-006 -1314-7
© Springer Medizin Verlag 2006
S. Sachse · A. Pecha · W. von Suchodoletz
Früherkennung von Sprachentwicklungsstörungen. Ist der
ELFRA-2 für einen generellen Einsatz bei der U7 zu empfehlen?
Zusammenfassung
Hintergrund. Es wird der Frage nachgegan-
gen, ob mit Hilfe eines Elternfragebogens
(ELFRA-2) Kinder mit Sprachentwicklungsstö-
rungen im Alter von 24 Monaten ausreichend
sicher identifiziert werden können.
Material und Methoden. 251 Eltern von
24 Monate alten Kindern wurden der ELF-
RA-2 (Rücklaufquote 74%) und 1 Jahr später
ein weiterer Fragebogen zur Beurteilung des
Sprachentwicklungsstands zugeschickt. Zur
Auswertung standen vollständige Daten von
149 einsprachig deutsch aufwachsenden Kin-
dern zur Verfügung.
Ergebnisse. Für den ELFRA-2 ergaben sich
eine Sensitivität von 69%, eine Spezifität von
92% und ein RATZ-Index von 64%. Als Prädik-
toren für die Sprachentwicklung von „late tal-
kers“ erwiesen sich die Schwere der Sprachre-
tardierung und der Bildungsstand der Mutter.
Ihre Vorhersagekraft war aber relativ gering.
Schlussfolgerungen. Der ELFRA-2 kann für
die U7 als generelles Sprachscreening emp-
fohlen werden. Mit ihm können etwa 2/3 der
3-jährigen sprachgestörten Kinder bereits im
Alter von 2 Jahren erkannt und somit frühzei-
tig durch Spezialisten für Kommunikations-
störungen gefördert werden. Die Akzeptanz
des ELFRA-2 von Seiten der Eltern ist hoch.
Schlüsselwörter
Sprachentwicklungsstörung · „late talkers“ ·
ELFRA-2 · Früherkennung · U7
Early identification of developmental language disorders.
Is ELFRA-2 (the German version of CDI) appropriate for
general language screening at the age of 24 months?
Abstract
Background. The aim of this study was to
determine the predictive value of the Ger-
man version (ELFRA-2) of the McArthur Com-
municative Development Inventories (CDI)
for 24-month old children.
Methods. To evaluate the questionnaire,
parents of 24-month old children were sent
ELFRA-2 (n=251, return rate=74%) and a fur-
ther questionnaire was filled in 1 year lat-
er. The final sample of monolingual German
speaking children contained 149 subjects.
Results. We found a sensitivity of 69%, a
specificity of 92% and a RATZ-index (relative
improvement of the hit rate in comparison to
the random hit rate) of 64% for ELFRA-2. Pre-
dictors of the further language development
of the late talkers were severity of the lan-
guage delay and educational background of
the mother.
Conclusions. ELFRA-2 seems to be a use-
ful parent-report screening instrument which
is well accepted by parents. Two thirds of the
3 year old children with developmental lan-
guage disorders can already be identified at
the age of 24 months.
Keywords
Developmental language disorders · Late
talkers · CDI · ELFRA-2 · Early identification
141Monatsschrift Kinderheilkunde 2 · 2007
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die Akzeptanz des ELFRA-2 von Seiten
der Eltern ist.
Studiendesign und
Untersuchungsmethoden
251 ELFRA-2-Bögen wurden von uns mit
einem Anschreiben und einem Frage-
bogen u. a. zu soziodemografischen Da-
ten einige Tage vor dem 2. Geburtstag
des Kindes an die Familien geschickt. Die
Adressen wurden dem Geburtsanzeiger
einer Münchener Zeitung entnommen.
Die Rücklaufquote betrug 74% (n=185).
Um die prognostische Validität des
ELFRA-2 zu bestimmen, erhielten 178
der 185 Eltern (7 Eltern wurden aus unter-
schiedlichen Gründen nicht wieder ange-
schrieben) 1 Jahr später erneut einen Fra-
gebogen zur Beurteilung des Sprachent-
wicklungsstandes. 158 Fragebögen kamen
ausgefüllt zurück (Rücklaufquote 89%).
Die Daten der einsprachig deutsch auf-
wachsenden Kinder (n=149) wurden zur
Auswertung herangezogen.
Für die Nachuntersuchung setzten wir
eine abgewandelte und im Handbuch be-
schriebene Version des ELFRA-2 für 3-
jährige Kinder ein. Eine reliable Einschät-
zung des Wortschatzes über eine Befra-
gung von Eltern ist in Anbetracht der
großen Anzahl der von 3-jährigen Kin-
dern benutzten Wörter nicht mehr mög-
lich [17]. Dieser Fragebogen beinhaltet
deshalb keine Einschätzung des Wort-
schatzes, sondern in erweiterter Form
Fragen zu grammatischen Fähigkeiten
(Syntax, Morphologie). Kinder, die auf der
Syntax- und/oder der Morphologieskala
einen Wert unterhalb einer Standardab-
weichung (bezogen auf die im Handbuch
angegebenen Werte) erreichten, wurden
von uns als sprachauffällig klassifiziert.
Ergebnisse
Wie häufig auf den einzelnen ELFRA-
2-Skalen kritische Werte unterschritten
wurden, geht aus . Abb. 1 hervor. Ei-
nen Wortschatz unter 50 Wörtern hatten
20 der 149 Kinder (13%). Sie wurden so-
mit als sprachlich verzögert klassifiziert.
Das 2. Kriterium zur Einstufung als Risi-
kokind (Wortschatz zwischen 50 und 80
und Nichterreichen der kritischen Werte
für Syntax und Morphologie) traf für kei-
nes der von uns untersuchten Kinder zu.
Hinsichtlich der Geschlechtsverteilung
zeigte sich ein deutliches Überwiegen der
Jungen: 16% der Knaben und nur 11% der
Mädchen waren als „late talkers“ anzuse-
hen. Die kritischen Werte für Syntax und
Morphologie wurden etwas häufiger als
der für den Wortschatz unterschritten.
Vorhersagekraft des ELFRA-2
Ein Vergleich des Sprachentwicklungs-
standes im Alter von 2 und 3 Jahren ergab,
dass zwischen den Sprachparametern mitt-
lere Korrelationen bestanden. Der produk-
tive Wortschatz im Alter von 24 Mona-
ten korrelierte mit dem Syntax- (rsp=0,53)
und dem Morphologiewert (rsp=0,44) mit
36 Monaten hochsignifikant.
Die meisten Kinder (134 von 149) wur-
den zu beiden Zeitpunkten übereinstim-
mend als auffällig bzw. unauffällig beur-
teilt. Die Gesamttrefferquote betrug 90%,
und die Übereinstimmung der Klassifika-
tion in sprachauffällig vs. sprachunauffäl-
lig im Alter von 24 und 36 Monaten war
hoch signifikant (χ2-Test: p=0,001). 125
der 136 mit 3 Jahren unauffälligen Kin-
der waren auch mit dem ELFRA-2 als
Abb. 2 9 Prognostische Va-
lidität des Unterschreitens
kritischer Werte auf einzel-
nen ELFRA-2-Skalen (rela-
tiver Anstieg der Trefferquo-
te gegenüber der Zufalls-
trefferquote: RATZ-Index)
Abb. 3 9 Sprachentwick-
lung von „late talkers“ bis
zum Alter von 3 Jahren in
Abhängigkeit vom Wort-
schatz (WS) und der Satzbil-
dungsfähigkeit sowie vom
Bildungsstand der Mutter
Abb. 4 8 Auffassungen der Eltern zum Einsatz des ELFRA-2 bei der U7
142
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Monatsschrift Kinderheilkunde 2 · 2007
Originalien
sprachlich altersgerecht entwickelt einge-
stuft worden. Dies entspricht einer Spe-
zifität von 92%. Von den 13 mit 3 Jahren
sprachgestörten Kindern waren 9 bereits
mit dem ELFRA-2 als „late talkers“ klas-
sifiziert worden. Daraus ergibt sich eine
Sensitivität von 69%.
Zur Abschätzung der Vorhersagekraft
eines Verfahrens eignet sich der RATZ-
Index (relativer Anstieg der Trefferquote
gegenüber der Zufallstrefferquote). Dieser
ist ein Maß für den Informationsgewinn,
der erreicht wird [7]. Bei einem RATZ-In-
dex unter 33% gilt die prognostische Va-
lidität als unbefriedigend, bei einem In-
dex zwischen 33 und 66% als gut und bei
einem Wert über 66% als sehr gut. Wie aus
. Abb. 2 hervorgeht, ist die Vorhersage-
kraft aller ELFRA-2-Skalen als gut zu be-
werten. Die beste prognostische Validi-
tät hat ein Unterschreiten des kritischen
Werts auf der Skala Wortschatz. Auf die-
sem Kriterium beruht die ELFRA-2-Klas-
sifikation in unauffällige und verzögerte
Sprachentwicklung.
Prädiktoren für die Sprachentwick-
lung von „late talkers“
Wie . Tab. 1 zeigt, hatte fast die Hälf-
te der „late talkers“ auch noch mit 3 Jah-
ren Sprachprobleme, während die ande-
ren den Sprachrückstand innerhalb 1 Jah-
res weitgehend aufgeholt hatten. Für die
Betreuungspraxis bedeutsam ist, ob sich
vorhersagen lässt, bei welchem Kind die
Sprachauffälligkeit persistiert und bei
welchem nicht. Wenn dies gelingen wür-
de, könnte bei Kindern mit günstiger Pro-
gnose abgewartet und bei denen mit un-
günstigem Verlauf gezielt eine Sprachthe-
rapie eingeleitet werden. Wir überprüften
deshalb einzelne Sprachparameter und so-
ziodemografische Daten hinsichtlich ihrer
prädiktiven Aussage für die weitere Spra-
chentwicklung. Als Prädiktoren für eine
günstige Prognose erwiesen sich ein ak-
tiver Wortschatz über 25, eine Benutzung
von 2-Wort-Sätzen und unter den soziode-
mografischen Daten „Mutter mit Abitur“
(. Abb. 3). Die Aussagekraft dieser Prä-
diktoren ist aber relativ gering und ermög-
licht in der Praxis keine ausreichend treff-
sichere Vorhersage. Keine Prädiktoren sind
das Geschlecht des Kindes, die Berufstä-
tigkeit der Mutter, der Schulabschluss des
Vaters sowie Geschwisteranzahl und Stel-
lung in der Geschwisterreihe.
Akzeptanz des Fragebogens von
Seiten der Eltern
Um zu klären, ob der Einsatz des ELFRA-2
von Eltern akzeptiert wird und ob diese ei-
ne routinemäßige Anwendung bei der U7,
wie sie im Handbuch empfohlen wird, be-
fürworten, enthielt der von uns verschick-
te Fragebogen auch Fragen nach der Mei-
nung der Eltern. Über die Hälfte der El-
tern befürworteten einen generellen Ein-
satz des ELFRA-2 bei der U7. Die Frage, ob
es möglich wäre, den Fragebogen im War-
tezimmer auszufüllen, bejahten allerdings
nur die Eltern jedes 4. Kindes (. Abb. 4).
Dabei spielt die zum Ausfüllen benöti-
gte Zeit vermutlich eine wesentliche Rol-
le. Nur etwa die Hälfte der Eltern gab an,
dass 10–20 min ausreichten. 1/3 benötigte
20–30 min und etwa 15% über 0,5 h. Eltern
sprachauffälliger Kinder brauchten deut-
lich weniger Zeit als die der sprachlich gut
entwickelten, da sie nur wenige Wörter an-
kreuzen können und der Fragebogen nach
der Wortliste beendet wird, wenn das Kind
noch keine 2-Wort-Sätze bildet.
Diskussion
Unter den von uns untersuchten Kindern
wurden mit dem ELFRA-2 zum Zeit-
punkt der U7 13% als „late talkers“ einge-
stuft. Dies entspricht den üblichen Anga-
ben in der Literatur. In der Stichprobe, an
der die Normierung des ELFRA-2 vorge-
nommen worden war (n=140), waren es
14% bei ähnlich deutlichem Überwiegen
der Jungen. Vergleichbar fanden Horwitz
et al. [4] mit dem CDI 13% „late talkers“
bei 18–23 und 15% bei 24–29 Monate al-
ten Kindern.
Im ELFRA-Handbuch werden signifi-
kante Korrelationen zwischen den Sprach-
parametern im Alter von 2 und 3 Jahren
als Beleg für die prognostische Validität
des Screenings angeführt. Die berichte-
ten Korrelationen liegen im mittleren Be-
reich und entsprechen den von uns gefun-
denen Werten. Etwas niedrigere Zusam-
menhänge (r=0,43) wurden für den CDI
mitgeteilt [10].
Wie zuverlässig Kinder mit Sprachent-
wicklungsstörungen erkannt werden, ist
solchen Daten aber nicht zu entnehmen.
Darüber geben Sensitivität und Spezifität
besser Auskunft. Wie unsere Ergebnisse
zeigen, ist der Prozentsatz korrekter Zu-
ordnungen hoch und Kinder, die später
eine Sprachstörung zeigen, werden relativ
selten übersehen. Sensitivität (69%) und
Spezifität (92%) sind insgesamt zufrie-
den stellend, sodass sich der Fragebogen
als zeitökonomisch einsetzbares Scree-
ning zur Erfassung von sprachlichen Ri-
sikokindern anbietet. Für den LDS wurde
über eine vergleichbare Sensitivität (67%)
und Spezifität (94%) berichtet [12].
Nicht alle „late talkers“ bleiben län-
gerfristig sprachauffällig. Von den mit
2 Jahren durch den ELFRA-2 als sprach-
retardiert klassifizierten Kindern zeigten
in unserer Studie ungefähr die Hälfte
1 Jahr später keine wesentlichen Sprach-
probleme mehr. Diese Gruppe reprä-
sentiert die so genannten Spätentwick-
ler („late bloomers“). Die Kinder begin-
nen spät mit dem Sprechen und zeigen
mit 2 Jahren eine deutliche Verzögerung
hinsichtlich des Sprechalters. Sie holen
den Sprachrückstand dann aber inner-
halb des 3. Lebensjahres weitgehend auf.
Im Portland Language Development Pro-
ject [9] und der Pennsylvania Study [13]
wurde unter den mit 2 Jahren sprach-
retardierten Kindern ein vergleichbarer
Anteil an „late bloomers“ gefunden. Um
unter den „late talkers“ diejenigen Kinder
Tab. 1 Häufigkeit auffälliger Sprachbefunde im Alter von 24 und 36 Monaten
Sprachbefund mit 36 Monaten
Unauffällig Sprachgestört Gesamt
ELFRA-2
(24 Monate)
Unauffällig 125 (92%) 4 (31%)a129 (87%)
Richtig-negativ Falsch-negativ
„late talkers“ 11 (8%)a9 (69%) 20 (13%)
Falsch-positiv Richtig-positiv
Gesamt 136 (100%) 13 (100%) 149 (100%)
aFehlklassifikationen
144
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Monatsschrift Kinderheilkunde 2 · 2007
Originalien
mit einer echten Sprachstörung zu erken-
nen, versuchten wir, Prädiktoren zu iden-
tifizieren. Dabei ergab sich, dass bei Kin-
dern mit einem besonders ausgeprägten
Sprachentwicklungsrückstand (Wort-
schatz unter 25, keine 2-Wort-Sätze) und
solchen von Müttern ohne höhere Schul-
bildung besonders häufig mit einem Per-
sistieren der Sprachretardierung zu rech-
nen ist. Diese Prädiktoren lassen sich im
Gruppenvergleich gut belegen; sie erlau-
ben aber im Einzelfall keine ausreichend
zuverlässige Vorhersage.
Da derzeit im Alter von 2 Jahren zwi-
schen Spätentwicklern und sprachgestör-
ten Kindern kaum unterschieden wer-
den kann, wird bei Sprachentwicklungs-
verzögerungen in der Praxis immer noch
viel zu häufig zum Abwarten geraten.
Ein solches Vorgehen ist heute aber nicht
mehr vertretbar, da in den letzten Jahren
durch Längsschnittstudien gezeigt wur-
de, dass die langfristigen Entwicklungs-
chancen von „late talkers“ deutlich einge-
schränkt sind [18] und durch eine Früh-
förderung signifikante Sprachfortschritte
erreicht werden können. Die Frühförde-
rung durch Spezialisten für Kommuni-
kationsstörungen kann in Form einer ge-
zielten Sprachtherapie des Kindes oder
ausschließlich als Anleitung der Eltern zu
sprachförderndem Verhalten erfolgen. Ei-
ne Elternanleitung in Eltern- bzw. Eltern-
Kind-Gruppen ist mit relativ niedrigen
Kosten verbunden und bei „late talkers
zudem vergleichbar effektiv wie eine Be-
handlung des Kindes selbst [6, 16]. Wie
sehr der frühe Spracherwerb von Um-
welteinflüssen abhängt und somit von ei-
ner gezielten Förderung profitieren kann,
konnte durch Zwillingsstudien verdeutli-
cht werden. Etwa 50–80% der Varianz des
Wortschatzes und der Fähigkeit zur Bil-
dung von 2- bis Mehrwortsätzen ist im
Kleinkindalter durch Umwelteinflüsse zu
erklären, und nur 10–30% sind genetisch
determiniert [20].
Für die Praxistauglichkeit eines Scree-
nings ist es nicht unerheblich, ob dieses
von den Betroffenen akzeptiert wird. Ei-
ne Befragung der Eltern hat ergeben, dass
diese einem generellen Einsatz bei der U7
überwiegend positiv gegenüber stehen.
Auch der für eine Befragung ungewöhn-
lich hohe Rücklauf spricht dafür, dass El-
tern an Informationen über den Spra-
chentwicklungsstand ihres Kindes sehr
interessiert sind. Eine generelle Einfüh-
rung des ELFRA-2 in die Praxis wird aber
auf Probleme stoßen, da das Ausfüllen et-
wa 15–30 min dauert und im Wartezim-
mer kaum realisierbar ist. Die Entwick-
lung einer Kurzfassung, wie sie für den
CDI bereits existiert [2], ist dringend er-
forderlich.
Fazit für die Praxis
Der ELFRA-2 ist als brauchbares Scree-
ninginstrument zur Erfassung von
Sprach entwicklungsverzögerungen in
der Sprachproduktion anzusehen. Spä-
tere Sprachentwicklungsstörungen kön-
nen relativ gut vorhergesagt werden.
Die Auswertung des Bogens benötigt
nur 5–10 min und kann nach kurzer Ein-
weisung auch von Nichtfachleuten ohne
spezifische Ausbildung vorgenommen
werden. Damit steht für die kinderärzt-
liche Praxis ein effektives und zeitökono-
misches Sprachscreening zur Verfügung,
das zur routinemäßigen Anwendung
bei der U7 empfohlen werden kann. El-
tern von „late talkers“ könnten so gezielt
durch Spezialisten für Kommunikations-
störungen zu sprachförderndem Verhal-
ten angeleitet und Kinder mit schweren
Sprachauffälligkeiten auch frühzeitig
sprachtherapeutisch behandelt werden.
Erste Erfahrungen sprechen dafür, dass
dies eine Manifestation von Sprachent-
wicklungsstörungen verhindern kann.
Korrespondierender Autor
Dipl.-Psych. S. Sachse
Institut für Kinder- und Jugendpsychiatrie und
Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität
Nussbaumstraße 7, 80336 München
steffi.sachse@lrz.uni-muenchen.de
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor
versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma,
deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer
Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen.
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145Monatsschrift Kinderheilkunde 2 · 2007
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... The instrument was developed for the assessment of early language skills in German (Grimm & Doil, 2006) with substantial and significant correlations to direct measures of children's language competence via language tests (correlations between 0.45 and 0.85 e.g., with the SETK-2 or RDLS-III; see Sachse et al., 2007a). Furthermore, the ELFRA-2 shows good prognostic validity for later language skills/language disorders (between 59% and 64% using the RATZ-Index; Sachse et al., 2007b). ...
Article
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Previous studies reported negative effects of financial deprivation on child development during early childhood. As already shown, child development, in particular language development, is associated with family background, e.g., educational level. However, less is known about the impact of (restricted) financial resources on early language skills. Therefore, the present study investigates whether family income, measured as a metric variable by net equivalence income, and poverty, operationalized as income groups based on official income thresholds, impact vocabulary and grammar skills of 2-year-old children even when taking the educational level of the mother as well as aspects of the home-learning environment (joint picture book reading) and other relevant variables into account. Drawing on a German sample of N = 1782, we found that especially poverty is significantly associated with early language skills over and above maternal education and joint picture book reading. Hence, our results indicate the relevance to consider the effect of (restricted) financial resources and especially poverty on child development during early childhood additionally to other indicators of social background.
... Language screening instruments that can be used within preventive medical care have been available for decades; examples of which include the MacArthur-Bates Communicative Development Inventories (MCDI) (32) and Language Development Survey (LDS) (33). In Germanspeaking countries, the ELFRA (Elternfragebogen) Parent Questionnaire (34), a parent-reported language screening tool with 260 items based on the MCDI and LDS, has been normed for 2-year-old children (35,36). In addition, a shorter parent-reported word list (SBE 2 KT; Sprachbeurteilung durch Eltern Kurztest; a short language assessment test by parents) has been developed (37) and validated. ...
Article
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Objective To assess the predictive validity and feasibility of the newly developed language screening tool, SPES-2 (Sprachentwicklungsscreening), for 2-year-old children in pediatric primary care. Methods A prospective cohort study recruited 2,044 non-selected German-speaking children undergoing a regular well-baby check-up at the age of 2 years. Thirty primary care pediatricians spread over urban and rural areas screened the children using a short parent-reported questionnaire and direct assessment of word comprehension. To validate the screening tool, language skills were assessed using a standardized language screening tool in the complete sample 1 year later. Data of a random sample of 621 children were analyzed. Feasibility of the screening tool was evaluated using questionnaires completed by the participating pediatricians. Results The new screening tool, SPES-2, demonstrated good diagnostic accuracy with AUC (Area under the Roc Curve) of 0.885, a sensitivity of 0.74, and specificity of 0.86, using a parent-reported questionnaire (expressive vocabulary, two-word combinations, parental concerns) as stage 1, followed by a stage 2 direct assessment of word comprehension by the pediatrician. The second stage was restricted to children who failed the parental screening. The screening identified children with high, moderate, and low risk of significant language deficits (SLD) at the age of 3 years, permitting tailored follow-up assessment and parental counseling. Practicality and acceptability of the screening were mostly rated as high. Pediatricians regarded the availability of follow-up diagnostic services and parent guidance as most important for a general implementation of the new instrument. Conclusion The language screening tool, SPES-2, was valid for the identification of significant language deficits 1 year later, and considered as feasible within primary pediatric care.
Article
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Zusammenfassung Sprachliche Entwicklungsverläufe stehen in deutlichem Zusammenhang mit der Entwicklung von sozialen Kompetenzen, Beziehungen mit Gleichaltrigen, psychischer Gesundheit, schulischem Lernen und beruflichen Chancen. Eine frühe Erkennung von erhöhtem Risiko für Sprachentwicklungsprobleme erlaubt eine gezielte weitere Abklärung und eine abgestufte Intervention. Die Umsetzung von Sprachförderstrategien in der Familie ist effektiv, in weiterer Folge kann sprachtherapeutische Unterstützung erforderlich sein. In Oberösterreich wurden in langjähriger Forschungsarbeit in der direkten Anwendung in kinderärztlichen Praxen zwei treffsichere und praxistaugliche Sprachscreenings entwickelt, die nun für den Einsatz für 2‑ und 3‑jährige Kinder zur Verfügung stehen. Adaptierungen im Sinne einer Tablet-basierten und somit papierfreien Umsetzung sind in Erprobung. Zudem wird aktuell ein Online-Elterntraining zur frühen Sprachförderung evaluiert.
Technical Report
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Results of pilot study SPES 2 language screening
Chapter
Verzögerungen und Störungen in der Sprachentwicklung sind relativ häufig und ein Risiko für die weitere Entwicklung eines Kindes. Da persistierende Sprachentwicklungsstörungen nicht nur die sprachliche, sondern auch die Gesamtentwicklung eines Kindes beeinträchtigen, sind eine frühe diagnostische Absicherung und eine störungsspezifische Behandlung besonders wichtig. Die Klassifikation von sprachlichen Auffälligkeiten ist komplex und durch unterschiedliche Nomenklaturen gekennzeichnet. Störungen oder Verzögerungen der Sprachentwicklung müssen von umgebungsbedingten Sprachauffälligkeiten abgegrenzt werden. Umschriebene Sprachentwicklungsstörungen sind eine Untergruppe von Sprachentwicklungsstörungen, sie sind genetisch bedingte Störungsbilder, die im Einzelfall unterschiedliche Ausprägungen auf den einzelnen sprachlichen Ebenen haben können. Man unterscheidet rein expressiv ausgeprägte Störungen von zusätzlich vorliegenden Auffälligkeiten im rezeptiven Bereich. Störungen der Aussprache können Teil eines komplexeren Störungsbildes sein oder auch isoliert vorliegen.
Chapter
Im Folgenden werden verschiedene sprachtherapeutische Diagnostikverfahren ausführlich beschrieben, die zwar nicht spezifisch für hörgeschädigte Kinder entwickelt wurden, aber in der Praxis eingesetzt werden können bzw. zu denen bereits spezifische Erfahrungen bei hörgeschädigten Kindern vorliegen. Weitere Empfehlungen zur Nutzung einzelner Diagnostikverfahren finden sich zudem in der interdisziplinären Leitlinie „Diagnostik von Sprachentwicklungsstörungen (SES), unter Berücksichtigung umschriebener Sprachentwicklungsstörungen (USES)“ (de Langen-Müller et al. 2016).
Chapter
Die kindheitssoziologische Gesundheitsforschung ist bisher ein Forschungsdesidarat. Dass aber auch Gesundheit und Krankheiten von Kindern und Jugendlichen einem Wandel unterliegen und damit soziologisch reflektiert werden sollten, zeigt dieser Beitrag auf. Der gesellschaftliche Wandel bezüglich der Veränderungen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit wird auf drei Ebenen herausgearbeitet: die Wandlungen des gesellschaftlichen Status von Kindern und Jugendlichen in modernen Gesellschaften, eine veränderte Sozialepidemiologie der infantil-juvenilen Krankheiten sowie die Veränderungen im gesundheitlichen Versorgungssystem. Die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit werden – auch in Folge des neuen Krankheitsspektrums – uneindeutiger, gleichzeitig führt der Normalisierungs- und Normierungsdruck moderner Gesellschaften zu vermehrten Gesundheitsstörungen.
Article
Zusammenfassung Für ein Sprachscreening haben sich in den ersten Lebensjahren Elternfragebögen bewährt. Mit diesen kann der augenblickliche Sprachentwicklungsstand eines Kindes recht gut beurteilt werden. Aufgrund der großen Variabilität des frühen Spracherwerbs sind aber in den ersten 1½ Lebensjahren eine Vorhersage des weiteren Sprachverlaufs und eine Früherkennung sprachgestörter Kinder nicht möglich. Erst am Ende des zweiten Lebensjahres lassen sich Kinder mit einem erhöhten Risiko für Sprachentwicklungsstörungen erfassen. Eine ausreichend sichere Identifizierung sprachentwicklungsgestörter Kinder gelingt nicht vor dem Ende des dritten Lebensjahres. Ein spezifisches Sprachscreening sollte ab der U7 durchgeführt werden. Zur Früherkennung von Risikokindern bei der U7 eignet sich insbesondere der SBE-2-KT und für die U7a der SBE-3-KT. Beide Elternfragebögen sind normiert und standardisiert und die diagnostische Zuverlässigkeit bei der Identifizierung sprachauffälliger Kinder wurde belegt. Bei einem positiven Screeningbefund ist in einem zweiten Schritt eine weitere Diagnostik zur Abklärung der Art und Ausprägung der Sprachprobleme erforderlich.
Thesis
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Neonatal hearing screening (NHS) has been a major step forward in the effective management of hearing loss in infants. Nevertheless, monitoring of listening skills of very young infants needs to be continued, because progressive or acquired hearing loss due to trauma or disease (genetic, progressive) will not be detected with NHS. First experiences with NHS in Germany have shown that there are some limitations like false negatives or drop-outs in the follow-up procedure as well as infants who are still not screened at all. The aim of this study was to develop and test a system for “second hearing screening” at the age of twelve months as an addition to NHS. The LittlEARS® auditory questionnaire which is based on reference data of normal hearing infants was used to detect hearing loss at a very young age. The questionnaire was originally designed to monitor the progress of developing listening skills in infants from 0-24 months who received hearing aids or cochlear implants. It consists of 35 yes-or-no questions that can easily be answered within ten minutes. The age of twelve months was chosen to screen infants at a regular pediatrician check-up visit which is commonly accepted in Germany. A total of n=5320 questionnaires from more than 50 pediatricians who took part in the study was analysed. On basis of the questionnaires, six infants with permanent hearing loss were identified, as well as several infants with frequent otitis media, infants with speech or other developmental dysfunctions like autism and cognitive deficits. It seems that LittlEARS® is not only sensitive to hearing disorders but also to other developmental delays that are associated with early hearing and communication deficits. This could be a chance to detect as many infants as possible who are not developing regular listening or communicative skills and offer rehabilitation services to them at a very young age.
Chapter
In ▶ Kapitel 5 wird die Diagnostik der semantisch-lexikalischen Entwicklungsstörung anhand unterschiedlicher methodischer Möglichkeiten beschrieben. Gängige Diagnostikverfahren werden vorgestellt. Als Interpretations- und Planungsrahmen wird ein interaktives Netzwerkmodell hinzugezogen.
Article
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The MacArthur Communicative Development Inventories (CDIs) are a pair of widely used parent-report instruments for assessing communicative skills in infants and toddlers. This report describes short-form versions of the CDIs and their development, summarizes newly available normative data and psychometric properties of the instruments, and discusses research and clinical applications. The infant short farm (Level I, for 8- to 18-month-olds) contains an 89-word checklist for vocabulary comprehension and production. The two parallel versions of the toddler short form (Level II, Forms A and B, for 16- to 30-month-olds) each contain a 100-word vocabulary production checklist and a question about word combinations. The forms may also be useful with developmentally delayed children beyond the specified age ranges. Copies of the short forms and the normative tables appear in the appendices.
Article
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A group of children was identified as 'late talkers' who were slow in expressive language development (SELD) on the basis of small expressive vocabulary size at 20-34 months of age. The subjects were followed yearly throughout the preschool and early school-age periods in order to track growth in language and related skills. When the subjects were in second grade, their expressive language skills, as indexed by the Developmental Sentence Score, were measured. This measure was used as the outcome variable in regression and discriminant function analyses. Predictor variables included those gathered when the subjects entered the study at age 2. They included measures of early expressive and receptive language by parent report, nonverbal cognitive performance, Bayley Mental Scale score (a combined verbal and nonverbal cognitive measure), phonological skill, motor skills, maladaptive behaviors, social skills, birth order, socioeconomic (SES) level, and gender. Only SES and early expressive language skills predicted expressive language outcome in second grade. Discriminant function analysis revealed these two factors were significant in predicting success (scores above the tenth percentile), along with a contribution of early gross motor skills. The implications of these findings for understanding early language delays are discussed.
Article
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The purpose of this study was to assess the influence of a 10-week parent-child intervention group on the vocabulary development of late-talking toddlers. Ten parent-child dyads participated. A focused stimulation approach was used. Results demonstrated efficacy of this model in increasing overall and target vocabulary acquisition. Parents reported satisfaction with the program in terms of child's vocabulary and social development, own language facilitation skills and anxiety levels, parent-peer support opportunities, and preference for this model.
Article
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The MacArthur Communicative Development Inventories (CDIs) are a pair of widely used parent-report instruments for assessing communicative skills in infants and toddlers. This report describes short-form versions of the CDIs and their development, summarizes newly available normative data and psychometric properties of the instruments, and discusses research and clinical applications. The infant short form (Level I, for 8- to 18-month-olds) contains an 89-word checklist for vocabulary comprehension and production. The two parallel versions of the toddler short form (Level II, Forms A and B, for 16- to 30-month-olds) each contain a 100-word vocabulary production checklist and a question about word combinations. The forms may also be useful with developmentally delayed children beyond the specified age ranges. Copies of the short forms and the normative tables appear in the appendices.
Article
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Topic choice, topic synchrony, and utterance function during mother–child play sessions at age 3 were examined in 32 late talkers (identified at 24 to 31 months) and 21 comparison children, matched at intake on age, SES, and nonverbal ability. At age 3, late talkers had significantly lower MLUs and IPSyn scores than comparison children. Late talkers and comparison children did not differ in number of utterances, topic initiation, topic synchrony, use of commands, reactions to commands, or conversational fillers. However, late talkers asked significantly fewer questions, provided fewer answers to maternal questions, made fewer declarative statements, and were less likely to elaborate on their own topic than comparison children. Mothers of late talkers produced significantly more utterances and asked many more questions, but otherwise they did not differ from mothers of comparison children. In both groups, children and mothers were highly synchronous. When late talkers were divided into two groups (children with continuing delay vs. “late bloomers” who were within the normal range in MLU), the subgroups did not differ significantly from each other on any conversational measure.
Article
Objective: To document the prevalence of expressive language delay in relation to age and gender in 12- to 39-month-old children. To document the characteristics, particularly social competence and emotional/behavioral problems, related to deficits in expressive language. Method: Parents of an age- and sex-stratified random sample of children born at Yale New Haven Hospital between July 1995 and September 1997 who lived in the New Haven Meriden Standard Metropolitan Statistical Area were enrolled when their children were 12 to 39 months of age (79.8% participation; N = 1,189). The main outcome for these analyses is expressive language delay measured by the MacArthur Communicative Development Inventory, short forms. Results: Expressive language delays range from 13.5% in 18- to 23-month-olds to 17.5% in children 30 to 36 months of age. By 18 to 23 months, children are more likely to experience delays if they come from environments characterized by low education, low expressiveness, poverty, high levels of parenting stress, and parents who report worry about their children's language problems. When social competence is adjusted for in the multivariable model, behavior problems are no longer associated with language delay, suggesting that poor social competence rather than behavior problems may be the critical early correlate of low expressive language development. Conclusions: Expressive language delays are prevalent problems that appear to be associated with poor social competence. Given that such problems may be risk factors for social and emotional problems, early identification is critical.
Article
This paper reports data from four studies using the Language Development Survey (LDS), a vocabulary checklist designed for use as a screening tool for the identification of language delay in 2-year-old children. A survey completed by the parent in about 10 min, the LDS displayed excellent reliability as assessed by Cronbach's alpha and test-retest techniques. Total vocabulary score as reported on the LDS was highly correlated with performance on Bayley, Reynell, and Preschool Language Scale expressive vocabulary items. The LDS was found to have excellent sensitivity and specificity for the identification of language delay, with a criterion of fewer than 50 words or no word combinations at 2 years yielding very low false positive and false negative rates. Data from three of these studies demonstrate the utility of the LDS as a screening tool for children attending public and private pediatric practices. Prevalence data using the LDS are reported comparing three different severity cutoffs for more than 500 children in seven survey samples.
Article
Parent judgement of their toddler's receptive and expressive vocabulary skills was compared with children's laboratory performance on comprehension and production language tasks. Parents reviewed two separate sets of pictures. For one set they were asked whether their child would recognize the named member of each of 35 pairs of pictured items. For the other set, they were asked whether their child would be able to verbalize each of the pictured objects or actions. After the parent completed each task, the child was tested on the same items. Parents also completed the MacArthur Communicative Development Inventory (CDI), which includes a broader index of expressive vocabulary. The results indicated significant correspondence between parent report and child judgement for comprehension (r = 0.55) and for production (r = 0.67). The CDI expressive vocabulary scale score also correlated with child performance on the expressive vocabulary task (r = 0.78).
Article
This paper reports data from four studies using the Language Development Survey (LDS), a vocabulary checklist designed for use as a screening tool for the identification of language delay in 2-year-old children. A survey completed by the parent in about 10 min, the LDS displayed excellent reliability as assessed by Cronbach's alpha and test-retest techniques. Total vocabulary score as reported on the LDS was highly correlated with performance on Bayley, Reynell, and Preschool Language Scale expressive vocabulary items. The LDS was found to have excellent sensitivity and specificity for the identification of language delay, with a criterion of fewer than 50 words or no word combinations at 2 years yielding very low false positive and false negative rates. Data from three of these studies demonstrate the utility of the LDS as a screening tool for children attending public and private pediatric practices. Prevalence data using the LDS are reported comparing three different severity cutoffs for more than 500 children in seven survey samples.