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Boletus, Band 35, Heft 1, Seite 17 - 25
JAN ECKSTEIN, GÜNTER ECKSTEIN & MARCEL VEGA
Bemerkenswerte Funde bryoparasitischer Pezizales (Ascomycota) aus
Deutschland II*
* DIETER BENKERT zum 80. Geburtstag gewidmet!
ECKSTEIN, J., ECKSTEIN, G. & VEGA, M. (2014): Noteworthy findings of bryoparasitic Pezizales
(Ascomycota) from Germany. Boletus 35(1): 17-25
Abstract: Some noteworthy findings of bryoparasitic Pezizales from the federal states of Bavaria,
Hamburg, Lower Saxony, Saxony, Saxony-Anhalt and Thuringia are reported. The description for each
species contains relevant macroscopic and microscopic characters, host bryophyte relationships and habitat
preferences. New federal state records are provided for Lamprospora dicranellae, L. tuberculata and
Octospora bridei in Lower Saxony, for Neottiella vivida in Thuringia and for N. albocincta first records for
the federal states of Bavaria, Hamburg, Saxony as well as Thuringia are reported. The hitherto unknown
parasite host relationships of L. dicranellae and Ditrichum heteromallum as well as of O. coccinea and
Acaulon muticum are being described.
Key words: fungi, mosses, Lamprospora dicranellae, Lamprospora tuberculata, Neottiella vivida,
Neottiella albocincta, Octospora bridei, Octospora coccinea, Acaulon muticum, Ditrichum heteromallum,
Germany
Zusammenfassung: Es wird über bemerkenswerte Funde bryoparasitischer Pezizales aus den Bundes-
ländern Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen berichtet. Von jeder Art
werden wichtige makro- und mikroskopische Merkmale beschrieben, die ermittelten Wirtsmoose
ausgewiesen und Angaben zum Fundhabitat gemacht. Lamprospora dicranellae, L. tuberculata und
Octospora bridei werden erstmals für Niedersachsen genannt, Neottiella vivida ist neu für Thüringen und
für N. albocincta wird über die Erstfunde in Hamburg, Bayern, Sachsen und Thüringen berichtet. Als bisher
unbekannte Parasit-Wirt-Beziehungen werden beschrieben: L. dicranellae an Ditrichum heteromallum und
O. coccinea an Acaulon muticum.
1. Einleitung
Im Boletus, Band 34(2) berichteten ECK-
STEIN & ECKSTEIN (2013) bereits über eine
Reihe von Funden bryoparasitischer Peziza-
les. Durch ein gestiegenes Interesse an dieser
Pilzgruppe nimmt der Kenntnisstand über
Verbreitung und Ökologie der einzelnen
Arten ständig zu. In der vorliegenden Arbeit
werden weitere bemerkenswerte Funde
vorgestellt, die zumeist Erstnachweise in
einzelnen Bundesländern oder bisher unbe-
kannte Wirtsmoose betreffen. Zu den ange-
wendeten Methoden sei auf ECKSTEIN &
ECKSTEIN (2013) verwiesen. Die Nomenkla-
tur der bryoparasitischen Pezizales folgt
BENKERT (2009), die der Moose MEINUN-
GER & SCHRÖDER (2007). Wenn nicht
anders angegeben, befinden sich die Belege
in den Privatherbarien der Autoren.
2. Beschreibung der Funde
Lamprospora dicranellae BENKERT
(Abb. 1-4)
A) Niedersachsen, MTB 4228/43, MF 13, Oberharz,
Spielplatz im Kulmke-Tal 2,4 km NO Sieber, alt.
376 m ü NN, lat/lon(PD) 51°42'33''N 010°27'11''E,
auf offener Erde, Begleitmoose Ditrichum hetero-
mallum, Dicranella heteromalla, Pogonatum aloi-
18 Boletus, Band 35 (1), 2014
des, leg. J. ECKSTEIN Nr. 8231, 07.07.2010,
Erstnachweis für Niedersachsen.
B) Niedersachsen, MTB 4229/43, MF 11, Oberharz,
oberes Trutenbeektal 1,54 km NO Oderhaus, alt.
583 m ü NN, lat/lon(PD) 51°42'22''N 010°35'07''E,
Forstwegböschung, leg. J. ECKSTEIN Nr. 10270,
25.07.2012.
C) Sachsen, MTB 5541/12, MF 5, Westerzgebirge,
Wiesen W Eibenstock, alt. 690 m ü NN, lat/lon
(WGS84) 50,4929°N 012,58051°E, Wegböschung
zwischen Wiesen, leg. J. ECKSTEIN Nr. 11106,
11105, 19.06.2013.
D) Sachsen-Anhalt, MTB 4330/21, MF 6, Harz,
Forsthaus "Grüntal" NO Benneckenstein, alt. 520 m
ü NN, lat/lon(PD) 51°40'30''N 010°45'15''E, auf
Erde in flacher Fahrspur am Forstwegrand,
zwischen Ditrichum heteromallum, leg. G. ECK-
STEIN & J. ECKSTEIN, Nr. 2970, 28.06.2012.
E) Thüringen, MTB 4329/44, MF 15, Harz,
Ellricher Stadtwald NNW Ellrich, alt. 300 m ü NN,
lat/lon(PD) 51°36'34''N 010°39'18''E, feuchte
Fahrspur in Kahlschlagsfläche, Wirtsmoos Ditri-
chum heteromallum, Begleitmoose Atrichum undu-
latum, Pohlia lutescens, Scapania spec., leg. G.
ECKSTEIN, Nr. 2316, 27.06.2009.
Abb. 1: Lamprospora dicranellae, Apothecien in Rasen von Ditrichum heteromallum, unterhalb der
Apothecien Einzelpflanze von Pohlia camtotrachela (Beleg-Nr. 9306; Foto: J. ECKSTEIN). Abb. 2:
Lamprospora dicranellae, Asci mit Ascosporen in Wasser (Beleg-Nr. 8231; Foto J. ECKSTEIN). Abb. 3:
Lamprospora dicranellae, SEM-Aufnahme einer Spore (Beleg-Nr. 9306; Foto: C. FÖRSTER). Abb. 4:
Rhizoidgemmae von Ditrichum heteromallum - Wirtsmoos von Lamprospora dicranellae (Beleg-Nr. 2316;
Foto: J. ECKSTEIN).
JAN ECKSTEIN et al.: Bemerkenswerte Funde bryoparasitischer Pezizales … 19
F) Thüringen, MTB 5127/32, MF 10, Bad
Salzunger Buntsandsteinland, kleines Tal südlich
der Wagnerhöhe N Bad Salzungen, alt. 320 m ü
NN, lat/lon(PD) 50°49'53''N 010°14'32''E, auf Erde
an Waldweg, Begleitmoose: Ditrichum heteromal-
lum, Dicranella rufescens, Dicranella heteromalla,
leg. J. ECKSTEIN Nr. 7666, 03.10.2009.
G) Thüringen, MTB 5128/43, MF 7, Mittlerer Thü-
ringer Wald, Wiesen am Skilift S Brotterode, alt.
650 m ü NN, lat/lon(PD) 50°49'08''N 010°26'58''E,
Rand einer geschobenen Fläche auf etwas sicker-
feuchter Erde, Wirtsmoos Ditrichum heteromallum,
weitere Begleitmoose Pleuridium acuminatum,
Ditrichum cylindricum, Pogonatum urnigerum,
Atrichum undulatum, Pohlia camptotrachela, P.
annotina, Dicranella heteromalla, leg. J. ECKSTEIN
Nr. 9306, 01.11.2011.
H) Thüringen, MTB 5330/14, MF 10, Mittlerer
Thüringer Wald, oberer Floßgraben SE Bahnhof
Oberhof, alt. 856 m ü NN, lat/lon(PD) 50°40'16''N
010°44'10''E, relativ frisch geschobene Weg-
böschung, Begleitmoose: Ditrichum heteromallum,
Dicranella heteromalla, Oligotrichum hercynicum,
leg. J. ECKSTEIN Nr. 9233, 17.10.2011.
Merkmale: Apothecien (0,5-)1-3 mm im Durch-
messer, orange bis blass-orange, mit niedrigem
häutigen Rand; Asci zylindrisch, achtsporig, uni-
seriat; Sporen hyalin, globos, inklusive Ornament
14-16,5 µm im Durchmesser, mit einem großen
Öltropfen, Ornamentation aus 1-2 µm breiten,
geschwungenen Leisten, die ein unregelmäßiges
Netz vom Seaveri-Typ bilden, in den Netzmaschen
sitzen kräftige Warzen; Appressorien ein- bis
zweizellig, dickwandig 30-40 x 20-30 µm, meist
frei, selten von einem dichten Mantel aus
Begleithyphen umhüllt, oft an Verzweigungsstellen
der Rhizoide, Wirtsmoos Ditrichum heteromallum
(E und G).
Das kräftige Ornament aus breiten Leisten
und groben Warzen ist sehr charakteristisch.
Bei der Erstbeschreibung von L. dicranellae
durch BENKERT (1987a) wurde Dicranella
heteromalla als Wirtsmoos vermutet. BEN-
KERT (2009) geht inzwischen von Ditrichum
als Wirtsmoos aus. Dies kann durch unsere
Beobachtungen bestätigt werden, denn bei
zwei Funden (E und G) wurde eindeutig
Ditrichum heteromallum als Wirtsmoos
nachgewiesen. Allerdings sind Jungpflanzen
von Dicranella heteromalla und Ditrichum
heteromallum schwer zu unterscheiden.
Eindeutige Unterscheidungsmerkmale bieten
nur die Sporophyten und die bei Ditrichum
heteromallum oft vorhandenen Rhizoid-
gemmen (Abb. 4), die erstmals von RISSE
(1985) beschrieben wurden. Für Ditrichum
heteromallum als Wirtsmoos spricht
außerdem, dass sich die deutschen Funde
(eigene sowie in BENKERT 1987a, ENGEL &
HANFF 1987, KRIEGLSTEINER 2004) von L.
dicranellae auf die silikatischen Mittelge-
birge sowie die kühl-feuchten Buntsand-
steingebiete des Hügellandes beschränken.
Dieser Verbreitungsschwerpunkt deckt sich
genau mit der Verbreitung von Ditrichum
heteromallum (MEINUNGER & SCHRÖDER
2007), wohingegen Dicranella heteromalla
viel weiter verbreitet ist und eine größere
ökologische Amplitude aufweist. Ob
Ditrichum heteromallum das einzige oder
auch nur das häufigste Wirtsmoos von L.
dicranellae ist, müssen weitere Unter-
suchungen zeigen.
Lamprospora dicranellae ist in Deutschland
bisher aus Bayern, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen bekannt (BENKERT 2009).
Fund A dürfte der Erstnachweis für Nieder-
sachsen sein (SCHILLING & WÖLDECKE
2004). Außerhalb Deutschlands kommt die
Art in Dänemark, Frankreich, Großbritan-
nien, den Niederlanden, Norwegen, Schwe-
den, der Schweiz, Spanien, Tschechien, den
USA sowie auf den Kanarischen Inseln (La
Gomera) vor (BENKERT 1987a, BROUWER
1999, Eidgenössische Forschungsanstalt für
Wald, Schnee und Landschaft WSL 2013,
KORF & ZHUANG 1991, RUBIO et al. 2002,
WANG & KIMBROUGH 1992, YAO &
SPOONER 1996).
Lamprospora tuberculata SEAVER
(Abb. 5 und 6)
Niedersachsen, MTB 4424/42, MF 4, Solling-
vorland, Wald NNW Knutbühren, alt. 310 m ü NN,
lat/lon(PD) 51°32'53''N 009°48'50''E, Fahrspur im
Laubwald, auf Lösserde, Wirtsmoos Pleuridium
subulatum, Begleitmoose Fissidens bryoides, Bryum
rubens, Dicranella heteromalla, Pohlia lutescens,
Atrichum undulatum, leg. J. ECKSTEIN Nr. 6487,
14.09.2007.
Merkmale: Apothecien 1,3-2,2 mm im Durch-
messer, orange, mit schwach ausgeprägtem häutigen
20 Boletus, Band 35 (1), 2014
Rand; Asci zylindrisch, achtsporig, uniseriat; Spo-
ren hyalin, globos, inklusive Ornament 15,4-17,3
µm im Durchmesser, mit einem großen Öltropfen,
Ornamentation aus unterschiedlich großen, abge-
rundeten bis leicht zugespitzten, isolierten Warzen,
große Warzen bis 3 µm breit und bis 4 µm hoch, die
Sporenoberfläche ist nahezu vollständig mit Warzen
bedeckt; Appressorien ein- bis zweizellig, 15-32 x
15-25 µm, frei oder nur von wenigen Begleithyphen
umgeben an den Rhizoiden, Wirtsmoos Pleuridium
subulatum.
Abb. 5: Lamprospora tuberculata, Apothecien in Rasen von Pleuridium subulatum (Beleg-Nr.
6487; Foto: J. ECKSTEIN). Abb. 6: Lamprospora tuberculata, SEM-Aufnahme einer Ascospore
(Beleg-Nr. 6487; Foto: C. FÖRSTER).
Lamprospora tuberculata ist durch die
auffallende Sporenornamentation aus zum
Teil sehr großen Warzen gut charakterisiert.
Innerhalb der Gattung Lamprospora besitzen
nur L. rehmii und L. tuberculatella ein
ähnliches Ornament aus groben Warzen. Bei
L. rehmii sind die Sporen mit 19-24 µm
wesentlich größer als bei L. tuberculata und
die Tuberkeln fließen oft zu kurzen Wülsten
zusammen (BENKERT 1994b). Die Sporen-
ornamentation besteht bei L. tuberculatella
aus ± einheitlich großen Warzen während
bei L. tuberculata immer sehr verschieden
große Warzen gemischt vorkommen. Bei
L. tuberculatella weisen die Warzen zudem
einen kleinen Hohlraum auf, der allerdings
nur bei starker Vergrößerung als kleine
Blase im Lichtmikroskop sichtbar ist. Die
Warzen von L. tuberculata sind dagegen
immer massiv.
Die Infektion wurde an den Rhizoiden von
Pleuridium subulatum nachgewiesen. BEN-
KERT (2009) nennt ebenfalls P. subulatum
und zusätzlich P. acuminatum als Wirts-
moose. Der Fundort bei Knutbühren liegt in
einem relativ naturnahen Laubwald aus
Buchen, Eichen und Hainbuchen. Hier
könnte es sich um ein historisch altes
Waldgebiet handeln, denn es kommen mit
Dicranum flagellare, Ditrichum pallidum
und Anomodon longifolius einige regional
seltene Waldmoose vor.
Lamprospora tuberculata wurde nur selten
in Deutschland nachgewiesen. Es gibt Funde
aus Baden-Württemberg, Bayern, Branden-
burg und Niedersachsen (ENGEL 1984,
BENKERT 2009). Die Angabe bei BENKERT
(2009) für Niedersachsen bezieht sich auf
den hier vorgestellten Fund, welcher der
erste und bisher einzige Nachweis für dieses
Bundesland ist. Außerhalb Deutschlands ist
L. tuberculata aus Australien, Frankreich,
Indien, den Niederlanden, Norwegen, der
Schweiz und den USA bekannt (SEAVER
1912, MCLENNAN & COOKSON 1923,
CAILLET & MOYNE 1980, KHARE 1976,
JAN ECKSTEIN et al.: Bemerkenswerte Funde bryoparasitischer Pezizales … 21
BROUWER 1999, KRISTIANSEN 2006,
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald,
Schnee und Landschaft WSL 2013). Der von
MOSER (1963) aus Italien angeführte Beleg
von L. tuberculata wurde von BENKERT
(1994b) als L. rehmii revidiert.
Neottiella albocincta (BERK. & M. A.
CURTIS) SACC. (Abb. 7 und 8)
A) Hamburg, MTB 2425/23, Friedhof Diebsteich,
alt. 24 m ü NN, ein Apothecium an vernachlässigter
Grabstelle, 20.11.2012, Erstfund für Hamburg,
sowie am 24.05.2013 mehrere junge Apothecien
unter einem eine Rasenfläche abschließenden
Rhododendronbusch, am 01.07.13 an zwei weiteren
Fundstellen unter Hecken, dort am 01.08.2013 trotz
zwischenzeitlicher Hitzeperiode noch fruktifizie-
rend, am 17.08.2013 junge Apothecien an einem
Wegrand.
B) Hamburg, MTB 2425/21, Friedhof Stellingen,
alt. 27 m ü NN, an drei älteren ungepflegten
Grabstellen, 30.12.2012, Apothecien mit kurzen
Unterbrechungen (durch wiederholte starke
Schneefälle bis in den März hinein) bis 30.06.2013
fruktifizierend, am 06.10.2013 zahlreiche bis zu 2
cm große Apothecien.
C) Hamburg, MTB 2425/23, Friedhof Bornkamp,
alt. 26 m ü NN, zahlreiche junge Apothecien auf
einem Weg am 26.05.2013, sowie am 17.06.2013
im Randbereich einer alten Grabstelle, am 17.09.13
weit über hundert Apothecien an der Fundstelle vom
26.05.2013, dort auch am 01.10.2013 noch
fruktifizierend.
D) Hamburg, MTB 2226/44, NSG Wohldorfer
Wald, alt. 33 m ü NN, mehrere junge Apothecien
am 06.07.2013 oberhalb eines Wassergrabens in
einem feuchten Laubmischwald.
E) Hamburg, Friedhof Ohlsdorf. MTB 2326/34, alt.
33 m über NN, drei junge Apothecien am Rande
einer alten Grabstelle am 10.10.2013.
Alle Funde leg. & det. M. VEGA. Die Apothecien
von Neottiella albocincta wuchsen stets terrestrisch
in lückigen Beständen von Atrichum undulatum.
Abb. 7: Neottiella albocincta, Apothecien zwischen Atrichum undulatum (Foto: M. VEGA).
Abb. 8: Neottiella albocincta, Ascosporen gefärbt mit Lactophenol-Baumwollblau (Foto: H.
SCHUBERT).
Merkmale: Apothecien 0,5-15(-20) mm im Durch-
messer, kräftig orange, mit den Rand deutlich über-
ragenden 200 bis 400 µm langen und 8 µm breiten
septierten hyalinen Haaren, die an der Basis oftmals
knollig verdickt sind; Außenseite der gestielten
Apothecien durch die Behaarung etwas heller als
das Hymenium; Asci achtsporig, 280-330 x 15-20
µm, uniseriat; Paraphysen zylindrisch, kopfig ver-
dickt auf 7-11 μm, mit in Wasser orangefarbenem
Pigment; Sporen ellipsoid, hyalin, mit einem oder
zwei großen Lipidtropfen, inklusive Ornament 19-
24 x 11-13 μm, Ornamentation je nach Sporenreife
aus einem jung unvollständigen, später mehr oder
weniger retikulaten Netz bestehend; Medulla aus
textura intricata, ektales Excipulum aus textura
globulosa.
Neottiella albocincta ist durch etwas
kleinere Sporen als bei Neottiella rutilans
22 Boletus, Band 35 (1), 2014
sowie die Bindung an das Wirtsmoos
Atrichum undulatum charakterisiert. Die
Merkmale der Hamburger Kollektionen, die
an insgesamt zwölf Orten, davon elf auf
Friedhöfen, gefunden wurden, kongruieren
weitestgehend mit den Angaben von
BENKERT (1987, 1994a & 1998).
Bisher waren in Deutschland lediglich Funde
aus Berlin, Brandenburg, Nordrhein-West-
falen und Schleswig-Holstein bekannt (BEN-
KERT 2009). Ergänzend seien neben den
Hamburger Funden auch die Erstfunde aus
Bayern, Sachsen und Thüringen erwähnt:
Bayern, MTB 6029/14, Steigerwald (Natur-
waldreservat Mordgrund), in einer unzugänglichen
Schlucht am Steilhang über einem trocken gefal-
lenen Wasserlauf neben Peziza saniosa, leg. R.
MARKONES, 11.10.2010, det. D. BENKERT (gefunden
während einer Exkursion anlässlich der 4. Bayeri-
schen Mykologischen Tagung).
Sachsen, MTB 4453/23, Waldsee (Groß Düben), an
einem sandig-kiesigen Wegrand beim Bungalow-
dorf Waldsee, leg. & det. N. HEINE, 24.09.2011
(gefunden während einer Exkursion anlässlich der
23. Tagung der AGsM).
Thüringen, MTB 4928/233, Nationalpark Hainich,
Berka, Lauterbach, in einem Hainbuchen-Wald, leg.
& det. T. BÖHNING, 25.08.2013
Die hier berichteten Funde illustrieren, dass
die Art nicht nur in den Herbst- und
Wintermonaten, sondern bei geeigneten
klimatischen Bedingungen ganzjährig
fruktifizieren kann, die größten Fruchtkörper
mit bis zu 2 cm Durchmesser wurden im
Oktober gefunden.
Abb. 9: Neottiella vivida, Apothecium in Rasen von Polytrichum piliferum (Beleg-Nr. 10404;
Foto: J. ECKSTEIN). Abb. 10: Neottiella vivida, Ascosporen in Wasser, rechts oben gefärbt mit
Lactophenol-Baumwollblau (Beleg-Nr. 10404; Foto: J. ECKSTEIN).
Neottiella vivida (NYL.) DENNIS
(Abb. 9 und 10)
A) Thüringen, MTB 4330/31, MF 7, Harz, WNW
Nordhausen, ehem. Grenzstreifen 2,8 km WSW
Rothesütte, alt. 560 m ü NN, lat/lon (WGS84)
51,62813°N 10,68266°E, saure Pionierflur zwischen
Polytrichum piliferum, leg. J. ECKSTEIN Nr. 10404,
13.09.2012.
B) Thüringen, MTB 5432/43, Hohes Thüringer
Schiefergebirge, Neuhaus a. Rennweg, "Herrnberg"
alt. 825 m ü NN, leg. & det. P. PÜWERT &
Exkursionsteilnehmer Niederländische Mykologi-
sche Vereinigung, 19.09.2010.
C) Thüringen, MTB 5532/11, Hohes Thüringer
Schiefergebirge, Scheibe-Alsbach, "Görbitztiegels-
berg", alt. 750 m ü NN, lückiger Pionierfichtenwald,
Bärlapp-Standort, zwischen Polytrichum piliferum,
leg. & det. P. PÜWERT, 10.10.2004, Erstnachweis für
Thüringen.
JAN ECKSTEIN et al.: Bemerkenswerte Funde bryoparasitischer Pezizales … 23
Merkmale: Apothecien kreiselförmig, ± deutlich in
einen kurzen Stiel verschmälert, 10-20 mm im
Durchmesser, orange, Rand und Außenseite dicht
mit hyalinen Haaren besetzt, weißfilzig erscheinend;
Asci zylindrisch, achtsporig, uniseriat; Sporen
hyalin, ellipsoid (22-)24-26(-29) x (11,7-)13,5-
14,5(-17,5) µm, Ornamentation aus kleinen,
isolierten Warzen, selten zwei benachbarte Warzen
zu kurzen Leisten verbunden, ein großer, zentraler
Öltropfen; Appressorien klein, nicht von Begleit-
hyphen verdeckt, an den Rhizoiden; Wirtsmoos
Polytrichum piliferum (Angaben nach Fund A).
Eine durch die kreiselförmigen, kurz gestiel-
ten Apothecien mit behaarter Außenseite
und die isoliert warzigen Sporen charakte-
risierte Art. Sie kommt immer an exponier-
ten, sauren Standorten vor. An ähnlichen
Standorten vorkommend und auch äußerlich
sehr ähnlich ist Neottiella rutilans, die sich
durch ein netziges Sporenornament unter-
scheidet. Allerdings können bei N. rutilans
die Leisten des Sporenornaments stark redu-
ziert sein, so dass nur die Kreuzungspunkte
der Leisten verbleiben und der Eindruck
eines warzigen Ornaments entsteht. Doch
finden sich immer einige Sporen, die zu-
mindest andeutungsweise ein netziges
Ornament zeigen. Daher sollten immer viele
Sporen untersucht werden. Im Gelände
können auch die Begleitmoose einen ersten
Hinweis auf die Artzugehörigkeit geben.
Während N. rutilans meist an Polytrichum
juniperinum parasitiert, ist N. vivida
überwiegend mit Polytrichum piliferum
assoziiert. (BENKERT 1994a). Polytrichum
piliferum ist an den hyalinen Blattspitzen
(Glashaaren) gut von P. juniperinum zu
unterscheiden, das Blätter mit bräunlichen
Spitzen besitzt. Beide Pilzarten sind sehr
schön in KASPAREK (2005) nebeneinander
abgebildet, wobei auch die Wirtsmoose gut
zu erkennen sind. Die beobachteten Appres-
sorien sind denen von DÖBBELER (1979) für
N. rutilans beschriebenen sehr ähnlich.
Neottiella vivida ist besonders in den
pleistozänen Sandgebieten Norddeutsch-
lands verbreitet. Darüber hinaus gibt es
vereinzelte Nachweise aus den Mittel-
gebirgen. Aus Thüringen war die Art bisher
nicht angegeben und somit stellt der Fund C
den Erstnachweis für Thüringen dar.
Octospora bridei CAILLET & MOYNE
Niedersachsen, MTB 4328/32, MF 3, NSG
Steinberg N Scharzfeld, 260 m ü NN, lat/lon
(WGS84) 51,63269°N 010,38005°E, auf Ameisen-
hügel in ostexponiertem Halbtrockenrasen, in Proto-
nema von Ephemerum minutissimum, weitere Be-
gleitmoose Weissia longifolia, Weissia controversa,
Pleuridium subulatum, Barbula unguiculata, Bryum
rubens, leg. J. ECKSTEIN Nr. 10628, 04.01.2013,
Erstnachweis für Niedersachsen.
Über die Merkmale und Verbreitung von
Octospora bridei in Deutschland wurde
bereits in ECKSTEIN & ECKSTEIN (2013)
berichtet. Der Fund bei Scharzfeld ist der
erste Nachweis für Niedersachsen. Hier
wächst die Art auf Ameisenhaufen in einem
Halbtrockenrasen. Der Fundort liegt im
Bereich des Zechsteindolomits in einem
nach Süden geöffneten Tal und ist daher
etwas wärmebegünstigt. Obwohl im ganzen
NSG Steinberg zahlreiche Ameisenhaufen
untersucht wurden, konnte O. bridei nur
einmal nachgewiesen werden. Häufig waren
die Ameisenhaufen aber mit Octospora
coccinea besiedelt.
Octospora coccinea (P. CROUAN & H.
CROUAN) BRUMM. (Abb. 11 und 12)
Thüringen, MTB 4430/42, MF 5, Zechsteingürtel
Südharz, Wiesen SSO Harzungen, alt. 270 m ü NN,
lat/lon(PD) 51°32'58''N 010°49'05''E, heideartiger
Magerrasen über Gips auf Ameisenhaufen,
Wirtsmoos Acaulon muticum, weiteres Begleitmoos
Ceratodon purpureus, leg. J. ECKSTEIN & G.
ECKSTEIN Nr. 9500, 26.12.2011.
Merkmale: Apothecien 0,5-1 mm im Durchmesser,
orange, ohne häutigen Rand; Asci zylindrisch,
achtsporig, biseriat; Sporen hyalin, schmal ellipsoid
bis schmal fusiform (28-)30-33(-34) x 9-10,5(-11)
µm, glatt, meist mit vier in einer Reihe
angeordneten Öltropfen, zwei großen in der Mitte
und zwei kleinen an den Enden; Appressorien
einzellig, 12-20(-25) x 8-15 µm, einzeln und frei an
Rhizoiden und Protonema; Wirtsmoos Acaulon
muticum.
Octospora coccinea ist durch die langen,
schmal ellipsoiden bis fusiformen Sporen
kaum zu verwechseln. Es ist zu beachten,
dass die Sporen während der späten Reifung
ein deutliches Längenwachstum zeigen. Für
24 Boletus, Band 35 (1), 2014
die obigen Werte wurden nur ausgereifte
Sporen verwendet. Daneben fanden sich
auch viele unreife Asci mit deutlich kürzeren
Sporen. Die Art ist in Deutschland nicht
selten und kommt hier vor allem im Hügel-
land an etwas wärmebegünstigten Stellen
vor. Ein Verbreitungsschwerpunkt liegt in
Halbtrockenrasen, die Gebirge ab etwa 500
m Höhe werden dagegen weitgehend ge-
mieden.
Abb. 11: Octospora coccinea, Apothecien (Pfeile) zwischen Acaulon muticum (Beleg-Nr. 9500;
Foto: J. ECKSTEIN). Abb. 12: Octospora coccinea, zwei Asci mit Ascosporen in Wasser in
rehydriertem Präparat, nur das rechte Teilbild zeigt die Tropfen wie beim Frischpräparat, das
Verschmelzen der zwei mittleren Tropfen links ist ein Artefakt des alten Präparats (Beleg-Nr.
9500; Foto: J. ECKSTEIN).
Der Fund aus dem Südharz ist dahingehend
bemerkenswert, dass hier erstmals Acaulon
muticum als Wirtsmoos nachgewiesen
wurde. Die Gattung Acaulon (Pottiaceae) ist
bisher auch nicht als Wirtsmoos anderer
bryoparasitischer Pezizales bekannt. Norma-
lerweise befällt O. coccinea Bryum-Arten
sowie Encalypta vulgaris, wobei Bryum
klinggraeffii und andere Arten des Bryum
erythrocarpum-Komplexes die häufigsten
Wirtsmoose sind. Da Acaulon, Bryum und
Encalypta nicht näher miteinander verwandt
sind, liegt bei O. coccinea offensichtlich
keine enge Wirtsartbindung vor. Es ist somit
zu vermuten, dass noch weitere Moosarten
befallen werden können.
Dank
Wir danken Herrn D. BENKERT für die
Bestimmung von Belegen, Frau C. FÖRSTER,
Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für
Zoologie und Anthropologie in Göttingen,
für die Anfertigung der SEM-Aufnahmen,
Herrn H. SCHUBERT für die Mikroaufnahme
von Neottiella albocincta, Herrn P. PÜWERT
für die Mitteilung zu Funden von N. vivida,
sowie Herrn R. MARKONES, Herrn N. HEINE
und Frau T. BÖHNING für Fundinformatio-
nen zu N. albocincta.
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