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: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella -
zwei bryoparasitische Discomyceten
(Ascomycota, Pezizales) neu für Deutschland
(2014): Lamprospora hispanica and Lamprospora tuberculatella - two bryoparasitic
discomycetes (Ascomycota, Pezizales) new to Germany. Zeitschrift für Mykologie 80/1: 105-117.
Key words: Octospora, Lamprospora, Thuringia, Lower Saxony, Saxony-Anhalt
Abstract: Lamprospora hispanica and L. tuberculatella, two rarely collected bryoparasitic Pezizales,
are reported as new to Germany. The German finds are described morphologically and details
of habitat preferences and host species are reported. The observations from the German finds
are compared to the relevant published data. Lamprospora hispanica was found to be parasitic to
the mosses Aloina aloides and Trichostomum crispulum. The parasite-host relationship to the latter
species was hitherto unknown. Weissia spec. was observed as host of L. tuberculatella. Both species
of bryoparasitic Pezizales occur in Germany mainly at warm, sun-exposed sites on small patches
of disturbed soil in dry grassland. Since such habitats are endangered throughout Germany due
to land use changes, it is assumed that the two species are also endangered.
Zusammenfassung: Lamprospora hispanica und L. tuberculatella, zwei selten gesammelte Arten der
bryoparasitischen Pezizales, werden erstmals aus Deutschland angegeben. Die morphologischen
Merkmale, die Wirtsmoosbindung und die Ökologie der deutschen Funde werden beschrieben
und mit den Angaben in der Literatur verglichen. Als Wirtsmoose von L. hispanica wurden
Aloina aloides und Trichostomum crispulum ermittelt, wobei eine Bindung an letztgenannte Art
bisher nicht bekannt war. Das Wirtsmoos von L. tuberculatella ist Weissia spec. Beide Arten
bryoparasitischer Pilze kommen in Deutschland hauptsächlich an kleinen offenerdigen Stellen
in wärmebegünstigten Halbtrockenrasen vor. Da dieser Lebensraum in Deutschland durch
Nutzungsänderung vielfach gefährdet ist, ist auch von einer Gefährdung der beiden Pilzarten
auszugehen.
Innerhalb der Pezizales ist eine parasitische Lebensweise selten ( 1993). Zu
den wenigen Ausnahmen gehören die Vertreter der Gattungen Filicupula Y. J. Yao &
Spooner, Lamprospora De Not., Neottiella (Cooke) Sacc., Octospora Hedw. und Octosporella
Döbbeler, die auf Moosen parasitieren. Sie werden deshalb auch zusammenfassend
als bryoparasitische Pezizales bezeichnet. Durch ihre unauffällige Lebensweise
mit den nur selten über 3 mm großen Apothecien, die versteckt zwischen Moosen
wachsen, ist der Kenntnisstand zur Verbreitung und Ökologie vieler Arten bisher erst
lückenhaft ( 1995, 2011). Von den Gattungen Lamprospora, Neottiella
und Octospora mit noch relativ auffälligen Apothecien waren aus Deutschland bisher
Anschrift des Autors: Jan Eckstein, Heinrich-Heine-Str. 9, 37083 Göttingen,
jan.eckstein@octospora.de
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2009, 2011). Damit zählt
Deutschland, was diese Artengruppe betrifft, zu den weltweit am besten untersuchten
Ländern (&2004). Dennoch gibt es auch hier noch viel zu entdecken,
was aktuelle Neufunde von Octospora fissidentis Benkert & Brouwer ( 2012)
und Lamprospora arvensiset al. 2013) zeigen. In den letzten Jahren
konnten auch L. hispanica Benkert und L. tuberculatella Seaver erstmals in Deutschland
nachgewiesen werden. Über die Funde der beiden letztgenannten Arten soll hier
berichtet werden.
Methoden
Mikroskopische Untersuchungen wurden meist an rehydrierten, selten an frischen
Proben durchgeführt. Alle mikroskopischen Messungen erfolgten in Wasser. Das
Sporenornament wurde zur Kontrastverbesserung mit Lactophenol-Baumwollblau
angefärbt. Habitus- und Mikrofotografien wurden mit einer Canon Powershot 720 IS
Digitalkamera angefertigt. Für die Rasterelektronenaufnahmen (SEM) wurden Hyme-
niumteile auf eine Präparatehalterung übertragen, in einem Wassertropfen suspendiert
und anschließend luftgetrocknet. Danach erfolgte eine Besputterung mit Gold in einer
Argon-Atmosphäre. Die SEM-Aufnahmen wurden mit einem LEO-438 Gerät ange-
fertigt. Für Messungen können die SEM-Aufnahmen nicht verwendet werden, da die
Sporen bei der Präparation leicht schrumpfen.
Zum Nachweis der Infektion wurden Moospflanzen inklusive unterirdischer Teile aus
der unmittelbaren Nachbarschaft der Apothecien heraus präpariert. Nach dem Aus-
waschen anhaftender Erde wurden die Moospflanzen mit den frei liegenden Rhizoi-
den für ca. 60 Sekunden in Lactophenol-Baumwollblau getaucht. Dadurch färben sich
die Pilzhyphen blau und sind so gut von den Rhizoiden oder anderen Moosteilen
unterscheidbar.
Die Nomenklatur der bryoparasitischen Pezizales folgt (1987, 2009), die der
Moose & (2007). Falls nicht anders vermerkt, sind alle aufgeführ-
ten Belege im Herbarium Haussknecht in Jena (JE) hinterlegt.
Lamprospora hispanica Benkert
Untersuchte Belege
Deutschland, Niedersachsen:
MTB 4429/14, MF 9, Südliches Harzvorland, W Nordhausen, offengelassener
Steinbruch 1 km nördlich Tettenborn, alt. 310 m ü NN, lat/lon(PD): 51°34‘23‘‘N,
10°33‘16‘‘E, lockere Erde mit Pioniervegetation, Begleitmoose: Aloina aloides, Didymodon
fallax, Trichostomum crispulum, Leiocolea badensis, Dicranella howei, leg. Jan Eckstein &
Günter Eckstein (Nr. 8498) 30.10.2010, det. D. Benkert, Beleg in B, sowie an gleicher
Stelle leg. Günter Eckstein (Nr. 2837, 3092) 24.09.2011 und 17.10.2012.
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Deutschland, Sachsen-Anhalt:
MTB 4635/43, MF 6, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Westabfall der Spiel-
berger Höhe 1 km ONO Spielberg (Kirche), alt. 220 m ü NN, lat/lon(PD): 51°19‘29‘‘N
11°35‘57‘‘E, tonige Kalkerde, Begleitmoose: Didymodon fallax, Ephemerum recurvifolium,
Weissia/Trichostomum, leg. Jan Eckstein (Nr. 9013, 9152), 12.08.2011 und 27.09.2011.
MTB 4635/43, MF 7, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Westabfall der
Spielberger Höhe 1,04 km E Spielberg (Kirche), alt. 210 m ü NN, lat/lon(PD): 51°19‘18‘‘N
11°36‘08‘‘E, tonige Erde im Muschelkalk, Begleitmoose: Weissia/Trichostomum,
Didymodon fallax, Dicranella spec., leg. Jan Eckstein (Nr. 9159), 28.09.2011.
MTB 4635/43, MF 13, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, S-exponierte
Hänge 2,35 km NNO Reinsdorf (Kirche), alt. 195 m ü NN, lat/lon(PD): 51°18‘46‘‘N
11°37‘06‘‘E, NW-exponierte Böschungskante, auf Lösserde, Begleitmoos: Trichostomum
crispulum, leg. Jan Eckstein (Nr. 9213, 9214), 11.10.2011.
MTB 4635/44, MF 13, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Hänge 2,25
km WNW Steigra (Kirche), alt. 195 m ü NN, lat/lon(PD): 51°18‘36‘‘N 11°37‘50‘‘E,
Begleitmoose: Trichostomum crispulum, Didymodon fallax, Ephemerum recurvifolium, leg.
Jan Eckstein (Nr. 9321), 09.11.2011.
Deutschland, Thüringen:
MTB 4430/423, MF 3, Zechsteingürtel Südharz, NO Nordhausen, Kalkberg 750
m NO Krimderode (Kirche), alt. 230 m ü NN, lat/lon(PD): 51°32‘11‘‘N 10°47‘40‘‘E,
S-exponierte Gipshügel, auf roher Gipserde, Begleitmoose: Weissia longifolia, Acaulon
casasianum, Phascum curvicolle, leg. Günter Eckstein (Nr. 10609), 23.11.2012, det. Jan
Eckstein.
MTB 5135/14, MF 10, Ilm-Saale-Ohrdrufer Platte, SSW Jena, Leutratal, südexponier-
ter Steilhang 770 m NO Leutra (Kirche), alt. 300 m ü NN, lat/lon (WGS84): 50,87359 /
11,57473, Kalkschotterhang, Begleitmoos: Weissia spec., leg. Jan Eckstein (Nr. 10580),
02.11.2012.
Merkmale von L. hispanica nach den Belegen aus Deutschland
(Abb. 1-4)
Apothecien klein, (0,2-) 0,4-1,1 (-3) mm im Durchmesser, anfangs ± kugelig, geschlos-
sen, später flach, ohne häutigen Rand (Abb. 1) oder selten mit schmalem häutigem
Rand (Abb. 2), sehr kleine Apothecien bleiben immer kugelig geschlossen; Hymenium
orange; Paraphysen schmal zylindrisch, unverzweigt, mehrfach septiert, an der Spitze
nur wenig erweitert, oben 3-6 µm breit; Asci zylindrisch, 170-250 x 16-26 µm, 8-sporig,
Sporen einreihig; Sporen perfekt kugelig, inklusive Ornament (13,5-) 14-16 (-16,5) µm,
Ornamentation ein dichtes alveolates Netz vom Seaveri-Typ ( 1987); die sehr
unterschiedlich dicken Leisten sind oft gekrümmt oder gebogen, manchmal schlin-
hoch, die Enden an Kreuzungspunkten sind oft verjüngt, die Hauptleisten bilden
: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
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unregelmäßige Maschen, die ihrerseits von zahlreichen Sekundärleisten durchzogen
werden, die Sekundärleisten sind im Lichtmikroskop nicht immer zu erkennen (Abb.
3 und 4); Wirtsmoose Aloina aloides (Koch ex Schultz) Kindb. (1x) und wahrscheinlich
Trichostomum crispulum Bruch (3x), Appressorien an Rhizoiden halbkugelförmig, ein-
bis zweizellig, dickwandig, 30-75 µm lang und 20-50 µm hoch, meist von einem Mantel
aus dickwandigen Begleithyphen umgeben, diese 4-10 µm breit.
Abb. 1: Apothecien von Lamprospora hispanica zwischen Jungpflanzen von Trichostomum
crispulum, Beleg-Nr. 9013. Foto:
Abb. 2: Apothecium von Lamprospora hispanica
mit den Moosen Aloina aloides, Leiocolea badensis,
Didymodon fallax und Campylium chrysophyllum,
Beleg-Nr. 8498. Foto:
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Abb. 3: Ascosporen von Lamprospora hispanica in Wasser (links) und nach Färbung mit Lacto-
phenol-Baumwollblau (rechts), Beleg-Nr. 9013. Fotos:
Abb. 4: SEM-Aufnahme einer Ascospore von
Lamprospora hispanica, Beleg-Nr. 9152.
Foto:
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Ökologie
Alle Funde stammen von Bodenverwundungen mit lockerer Pioniermoosvegetation
an offenen, trocken-warmen Standorten. Es handelt sich meist um südexponierte Halb-
trockenrasen auf mehr oder weniger basischen Böden über Muschelkalk oder Gips.
Zu den Fundorten zählen z. B. Schaftriften, Ameisenhügel, alte Maulwurfshaufen und
offene Erde an einem nur spärlich bewachsenen Muschelkalksteilhang. Etwas abwei-
chend ist lediglich der Fundort bei Tettenborn, der in einem offengelassenen Gips-
steinbruch auf einem Gipsstein-Erde-Gemisch liegt. Die trocken-warmen Verhältnisse
an den Fundorten werden auch durch Begleitmoose wie Acaulon casasianum Brugués
Aloina aloides, Dicranella howei Renauld & Cardot, Didymodon fallax
(Hedw.) R. H. Zander und Ephermerum recurvifolium (Dicks.) Boulay belegt.
Wirtsmoose
Am Fundort bei Tettenborn wurde immer Aloina aloides als Wirtsmoos festgestellt
(Abb. 2). An allen anderen Funden gehörte das Wirtsmoos in die Verwandtschaft von
Weissia und Trichostomum. Bei den Belegen Nr. 9152, 9213 und 9321 ist das Wirtsmoos
relativ sicher Trichostomum crispulum (Abb. 1), da wenige rein weibliche Pflanzen in der
Nähe der Apothecien gefunden wurden. Die sonst in Frage kommenden Weissia-Arten
sind monözisch: Weissia longifolia Mitt., W. controversa Hedw., W. brachycarpa (Nees &
Hornsch.) Jur., W. fallax Sehlm. Jungpflanzen von Weissia und Trichostomum sind sich
sehr ähnlich und nicht sicher unterscheidbar. Es ist daher nicht auszuschließen, dass
auch eine Weissia-Art als Wirt vorkommt. Allerdings sind alle genannten Arten nah
verwandt und gehören in die Familie der Pottiaceae, wie auch Aloina aloides.
Diskussion
Von Lamprospora hispanica sind bisher nur sehr wenige Aufsammlungen bekannt
geworden. Neben dem Typusbeleg aus Madrid ( 1987) wurden bisher nur zwei
weitere Funde, ebenfalls aus Spanien, Madrid (& 1987 ut L. miniata)
und Granada (& 1991), veröffentlicht. Auch eine Anfrage in diversen
Internetforen ergab keine weiteren Funde.
Alle untersuchten Belege aus Deutschland sind sehr einheitlich in der Sporengröße
und Ornamentation (Abb. 3 und 4). Etwas abweichend sind lediglich die Aufsamm-
lungen von Tettenborn (Nr. 8498, 2837 und 3092), die sich durch das Wirtsmoos Aloina
aloides und teilweise größere Apothecien mit einem schmalen aber deutlichen, häutigen
Rand von den anderen Funden unterscheiden (Abb. 1 und 2). Da jedoch keine weiteren
Unterschiede feststellbar sind und außerdem die Sporen solch gute Übereinstimmung
zeigen, halte ich alle aufgeführten Funde für artidentisch.
Beim Vergleich mit der Originalbeschreibung von L. hispanica ( 1987) zeigen
sich nur wenige Unterschiede. (1987) beschreibt die Apothecien „mit deut-
lichem häutigem Rand aus Textura porrecta“, während die deutschen Funde nur in
wenigen Fällen einen schmalen, oft aber gar keinen häutigen Rand zeigen. Auch die
Sporengröße inklusive Ornament wird von (1987) mit (15-)16-18(-19) µm
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etwas größer angegeben als die (13,5-)14-16 µm bei den hier vorgestellten Funden.
Das wahrscheinliche Wirtsmoos des Typusbeleges ist Aloina, wohingegen bei den deut-
schen Funden neben Aloina auch Trichostomum crispulum als Wirtsmoos vorkommt. Bei
der Sporenornamentation stimmen die Beschreibung von (1987) und die hier
vorgestellten Funde aber sehr genau überein. Dabei ist zu bedenken, dass die Erstbe-
schreibung von L. hispanica anhand nur eines Beleges erfolgte und daher die Variati-
onsbreite der Art nicht vollständig wiedergeben kann.
Innerhalb der Gattung Lamprospora haben die Arten L. seaveri Benkert und L. norvegica
Benkert, Aas & R. Kristiansen ein ähnliches Ornament wie L. hispanica. Beide Arten
unterscheiden sich aber von L. hispanica durch schmalere Leisten des Sporenorna-
ments, die nur um 0,5 µm breit sind, sowie durch andere Wirtsmoose ( 1987,
et al. 1991, 1993). Lamprospora seaveri parasitiert auf Ceratodon
purpureus (Hedw.) Brid. und Bryum-Arten und L. norvegica wahrscheinlich auf Pohlia
filum (Schimp.) Mårtensson.
Lamprospora ascoboloides Seaver und L. cailletii Benkert weisen ebenfalls ein L. hispanica
ähnelndes Sporenornament auf, besitzen aber 1-2 µm breite und damit kräftigere
Leisten. Bei L. ascoboloides gibt es zudem oft blind endende Leisten, wodurch keine
netzige Ornamentation entsteht. Die Art wurde bisher nur auf basenarmen Äckern mit
den Begleitmoosen Dicranella, Riccia und Anthoceros gefunden (& 1980,
2005). Lamprospora cailletii unterscheidet sich von L. hispanica durch nur selten
ausgebildete Sekundärleisten sowie das Auftreten von Warzen innerhalb der Maschen
und kommt in luftfeuchten Lagen an basenreichem Gestein in Polstern von Tortella
tortuosa (Hedw.) Limpr. vor (1993, 2006).
Lamprospora tuberculatella Seaver
Untersuchte Belege
Deutschland, Sachsen-Anhalt:
MTB 4230/24, MF 15, Mittelharz, SSO Wernigerode, Mühlental Ecke Schwefeltal 1,5 km
nordwestlich Rübeland (Kirche), alt. 420 m ü NN, lat/lon(PD): 51°45‘57‘‘N 10°49‘51‘‘E,
auf Gipserde, Schuttplatz? Wirtsmoos: Weissia spec., leg. Jan Eckstein (Nr. 8430),
25.09.2010, det. D. Benkert (anhand von Sporenfotos).
MTB 4635/43, MF 6, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Westabfall der Spiel-
berger Höhe 760 m ONO Spielberg (Kirche), alt. 200 m ü NN, lat/lon(PD): 51°19‘27‘‘N
11°35‘47‘‘E, tonige Erde im oberen Röt, Begleitmoose: Weissia/Trichostomum, Didymodon
fallax, Hypnum lacunosum, leg. Jan Eckstein (Nr. 9149), 27.09.2011, Beleg in B.
MTB 4635/43, MF 6, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Westabfall
der Spielberger Höhe 890 m ONO Spielberg (Kirche), alt. 185 m ü NN, lat/lon(PD):
51°19‘24‘‘N 11°35‘57‘‘E, tonige Erde im Muschelkalk, Begleitmoose: Weissia/
Trichostomum, Didymodon fallax, Ephemerum recurvifolium, Fissidens taxifolius, leg. Jan
Eckstein (Nr. 9158), 28.09.2011.
: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
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MTB 4635/43, MF 7, Helme-Unstrut-Schichtstufenland, S Querfurt, Westabfall
der Spielberger Höhe 1,47 km O Spielberg (Kirche), alt. 200 m ü NN, lat/lon(PD):
51°19‘12‘‘N 11°36‘05‘‘E, auf Lösserde, Begleitmoose: Weissia spec., Ephemerum
recurvifolium, Fissidens taxifolius, leg. Jan Eckstein (Nr. 9160, 9162), 29.09.2011.
Merkmale von L. tuberculatella nach den Belegen aus Deutschland
(Abb. 5-7)
Apothecien sehr klein, 0,2-0,5 mm, im Durchmesser, anfangs ± kugelig, geschlossen,
später flach, ohne häutigen Rand (Abb. 5), sehr kleine Apothecien bleiben bis zur
Sporenreife kugelig und geschlossen; Hymenium orange; Asci 160-250 x 18-26 µm,
zylindrisch, 8-sporig, Sporen einreihig; Sporen perfekt kugelig, ohne Ornament (13-)
-
kugelförmigen Warzen, diese 1-2 µm im Durchmesser und (0,5-) 0,8-1,2 (-1,5) µm hoch,
innen hohl, auf der Sporenoberfläche oft durch niedrige Leisten verbunden, was nur
im Elektronenmikroskop gut sichtbar ist (Abb. 7), nur selten verschmelzen 1-3 benach-
barte Warzen zu kurzen Leisten, die Warzen sind sehr dickwandig und der Hohlraum
im Inneren ist nur bei 1.000-facher Vergrößerung als kleiner Punkt in der Warzenmitte
erkennbar, durch die relativ einheitliche Warzengröße erinnern die Sporen entfernt an
Brombeeren; Infektionen an kräftigen Rhizoiden, Appressorien 1-2-zellig, dickwandig,
anfangs sichtbar und 15-22 x 10-15 µm groß, meist aber von einem dichten Mantel aus
Begleithyphen umgeben; Wirtsmoos wahrscheinlich Weissia spec.
Abb. 5: Rehydriertes Apothecium von Lamprospora tuberculatella mit den Moosen Weissia spec.,
Didymodon fallax und Ephemerum recurvifolium, Beleg-Nr. 9158. Foto:
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Abb. 6: : Ascosporen von Lamprospora tuberculatella in Wasser (links) und nach Färbung mit
Lactophenol-Baumwollblau (rechts), Beleg-Nr. 9158 (links) und 9162 (rechts).
Fotos:
Abb. 7: SEM-Aufnahmen drei verschiedener Ascosporen von Lamprospora tuberculatella,
Beleg-Nr. 9160. Fotos:
: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
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114 Zeitschrift für Mykologie 80/1, 2014
Ökologie
Alle Funde stammen von Bodenverwundungen mit lockerer Pioniermoosvegetation
an offenen, trocken-warmen Standorten. Es handelt sich meist um südexponierte Halb-
trockenrasen auf tonigen oder lösshaltigen, mehr oder weniger basischen Böden.
Wirtsmoose
Das Wirtsmoos ist wahrscheinlich eine Weissia-Art. Da es sich bei den Moosen an den
Fundorten immer um juvenile und sterile Pflanzen handelt, ist eine genaue Bestim-
mung nicht möglich. Folgende Arten kommen anhand der Habitate in Frage: Weissia
longifolia, W. controversa, W. brachycarpa, W. fallax. Als Wirtsmoos nicht ganz ausge-
schlossen werden kann Trichostomum crispulum, das ebenfalls in den Fundhabitaten
vorkommt und als Jungpflanze nicht sicher von Weissia zu unterscheiden ist.
Diskussion
Obwohl L. tuberculatella schon vor etwa 100 Jahren beschrieben wurde ( 1914),
sind bis heute nur wenige Funde dieser Art bekannt geworden. Die Funde verteilen sich
allerdings auf ein großes geographisches Gebiet mit Nachweisen aus den Niederlanden
und Belgien (E. Brouwer, pers. Mitt.), aus Frankreich (& 1980), aus der
Schweiz (E. Zimmermann, pers. Mitt.), aus Spanien ( et al. 1988, 2013) ,
aus Venezuela (1960) sowie aus Ungarn, Australien und den USA (
2002). (2002) untersuchte acht Belege und gibt auch eine genaue Beschreibung
des Typusmaterials. Danach sind die weit verstreuten Aufsammlungen in Sporengröße
und -ornamentation recht einheitlich. Bei den Wirtsmoosen und der Ökologie gibt es
dagegen teilweise erhebliche Unterschiede. Das ökologische Spektrum reicht dabei
von Teichböden und städtischen Grünanlagen über subtropischen Regenwald bis
zu alpinen Dryas-Fluren ( 2002). Als Wirtsmoose wurden bisher Weissia,
Ephemerum, Didymodon und nicht näher bestimmbare Moose der Ordnung Pottiales
ermittelt, wobei der Typusbeleg wahrscheinlich auf Weissia parasitiert ( 2002).
Bei einem Beleg aus der Schweiz konnte durch den Autor Paraleucobryum enerve als
zusätzliches Wirtsmoos ermittelt werden. Diese ungewöhnlich hohe Wirtsmoosvielfalt
und das damit verbundene Vorkommen in unterschiedlichen Habitaten könnte auf
Inhomogenitäten im bisherigen Artkonzept von L. tuberculatella hindeuten, die sich
bisher aber nicht mit anderen Merkmalen korrelieren ließen ( 2002).
Die Funde aus Deutschland parasitieren wie der Typusbeleg auf Weissia. Auch Sporen-
größe und Ornamentation zeigen große Ähnlichkeit zum Typusbeleg. In beiden Fällen
sind die Warzen breit abgerundet und hohl und es gibt niedrige Leisten zwischen den
Warzen auf der Sporenoberfläche. Diese Merkmalskombination der Sporenornamen-
tation ist einmalig innerhalb der Gattung Lamprospora und deshalb besteht kein Zweifel
an der Zugehörigkeit der hier vorgestellten Funde zu L. tuberculatella. Die Funde aus
Deutschland stimmen morphologisch auch sehr gut mit Funden aus der Umgebung
von Besançon, Frankreich, überein (& 1980), die ebenfalls aus einem
Gebiet mit Kalksteinuntergrund stammen.
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Eine ähnliche Sporenornamentation weisen innerhalb der Gattung Lamprospora nur die
Arten L. maireana Seaver, L. rehmii Benkert und L. tuberculata Seaver auf. Lamprospora
maireana unterscheidet sich von L. tuberculatella durch größere Sporen (inklusive
Ornament 19-23 µm) mit kräftigerem Ornament aus 3-6 µm breiten und 1-3 µm
hohen Tuberkeln. Die Tuberkel sind außerdem im Inneren durch zellige Hohlräume
gekammert ( 1987, 2002, & 1993, 1997).
Lamprospora rehmii hat ebenfalls größere Sporen (inklusive Ornament 19-24 µm), und
mit 2-8 µm breiten und 2-3 µm hohen Tuberkeln ebenfalls ein kräftigeres Ornament
als L. tuberculatella ( 1994). Lamprospora tuberculata hat mit 15-18 µm (inklusive
Ornament) eine ähnliche Sporengröße wie L. tuberculatella, unterscheidet sich aber im
Sporenornament durch solide, sehr unterschiedlich große Warzen, wobei die größten
Warzen mit 3-6 µm im Durchmesser deutlich größer werden als die relativ einheitlich
großen Warzen von L. tuberculatella. Alle genannten ähnlichen Arten parasitieren
zudem auf anderen Wirtsmoosen, L. maireana auf Archidium alternifolium (Hedw.)
Schimp. ( 2002) sowie L. rehmii und L. tuberculata auf Pleuridium (1994,
2009).
Gefährdung und Schutz von L. hispanica und L. tuberculatella in
Deutschland
Die hier vorgestellten Funde stammen fast ausschließlich von wärmebegünstigten
Halbtrockenrasen, die durch jahrhundertelange, kontinuierliche Beweidung entstan-
den sind. Solche Standorte zeichnen sich durch eine hohe Artenvielfalt aus. Sie wer-
den heute vielfach nicht mehr traditionell genutzt und sind daher selten geworden.
Da L. hispanica und L. tuberculatella in Deutschland vermutlich an wärmebegünstigte
Halbtrockenrasen gebunden sind, ist von einer Gefährdung auszugehen. Obwohl fast
alle aufgeführten Fundorte in aktuellen Naturschutzgebieten liegen, ist für die Erhal-
tung der Arten eine regelmäßige Pflege der Standorte erforderlich.
Als besonders artenreich in Bezug auf bryoparasitische Pezizales erwies sich das
Naturschutzgebiet „Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch“ südlich Querfurt
in Sachsen-Anhalt. Das Gebiet zeichnet sich durch großflächige Halbtrockenrasen in
unterschiedlichen Ausprägungen und Verbuschungsstadien aus. Die Vorkommen
vieler seltener und gefährdeter Arten, wie z. B. Adonis vernalis L., Astragalus excapus
L., Poa badensis Haenke ex Willd., Ephemerum recurvifolium, Pottia caespitosa (Brid.)
Müll. Hal. und Tortula revolvens (Schimp.) G. Roth, belegen den herausragenden
Wert dieses Gebietes für die Artenvielfalt. Die mehrfachen Funde von L. hispanica
und L. tuberculatella im NSG „Schmoner Busch, Spielberger Höhe und Elsloch“
unterstreichen erneut dessen Bedeutung für den Naturschutz.
Dank
Mein Dank gilt Herrn D. Benkert für die immer großzügige Weitergabe seines
Wissens und die Nachbestimmung einiger Belege, G. Eckstein für die Überlassung
: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
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116 Zeitschrift für Mykologie 80/1, 2014
einiger Funde, den Mitarbeitern des Johann-Friedrich-Blumenbach-Instituts für
Zoologie und Anthropologie in Göttingen für die Möglichkeit, SEM-Aufnahmen
L. tuberculatella-Beleges aus
der Schweiz sowie M. Bemmann, E. Brouwer, F. Valade, G. Moyne und E. Rubio für
Literaturhinweise und Fundmeldungen.
6. Literatur
D (1987): Beiträge zur Taxonomie der Gattung Lamprospora (Pezizales). – Zeitschrift für
Mykologie 53: 195-271.
D (1993): Bryoparasitic Pezizales: Ecology and systematics. In
(editors): Fungi of Europe: Investigation, Recording and Conservation.
D (1994): Beiträge zur Kenntnis bryophiler Pezizales-Arten. 3. Lamprospora rehmii.
9: 139-143.
(1995): Becherlinge als Moosparasiten. – Boletus 19: 97-127.
D (2002): Beitrage zur Kenntnis bryophiler Pezizales 10. Variabilitat und Verbreitung
von Lamprospora maireana Seaver und L. tuberculatella Seaver. - Feddes Repertorium
113: 80-95.
D (2009): Zwei neue Arten bryophiler Pezizales (Ascomycota) aus der Bundesrepublik
Deutschland und Auflistung der aus Deutschland bisher nachgewiesenen Arten mit
Kurzdiagnostik. – Zeitschrift für Mykologie 75: 51-68.
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: Lamprospora hispanica und Lamprospora tuberculatella
arbeitet als selbstständiger Biologe in Göttingen.
Seine bevorzugten Studienobjekte sind die Moose
Mitteleuropas, über die er auch zur Mykologie
fand. Seit einigen Jahren beschäftigt er sich intensiv
mit den Moosbecherlingen oder Bryoparasitischen
Pezizales, denen er auch eine eigene Internetseite
(octospora.de) gewidmet hat.