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Geschickte Koordinations-Leistung in bewegten Situationen. Zur Regulation eines dynamischen Systemgleichgewichts in gerätegebundenen Sportarten

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Wir gehen davon aus, dass beim Bewegen-Lernen in einer Sportart keine Bewegungsmuster allein angeeignet, sondern dass das Bewältigen von komplexen, z. T. auch unbestimmten Situationen auf der Grundlage von bereits verfügbaren Erfahrungen optimiert wird. Innerhalb der jeweiligen funktionellen Anforderungen spielt die Regulation des dynamischen Systemgleichgewichts in gerätegebundenen Sportarten wie Roll-, Eis- und Schneesport oder Wassersport eine besondere Rolle. Die dazu notwendige Koordinations-Leistung muss zwischen den Bewegungsmöglichkeiten des Individuums und den An- und Aufforderungen der Umgebungsbedingungen unter Berücksichtigung von Handlungszielen und Beschränkungen durch die Aufgaben geschickt abgestimmt werden.
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Der Einsatz inertialer Navigationssysteme zur hochwertigen Messung von Fahrzeugbewegungen gilt traditionell als anspruchsvoll und teuer. Dies beruht einerseits auf der aufwändigen Kreiseltechnik, die die historische Wurzel derartiger Geräte bildet, andererseits erfordern solche Systeme die numerisch fehleranfällige Lösung eines Satzes nichtlinearer gewöhnlicher Differentialgleichungen. Letzteres führt zu Ungenauigkeiten, die zeitlich stark anwachsen können. Deshalb griff man in der Vergangenheit auf Messsignale sehr hochwertiger Inertialsensoren (d.h. Kreisel und Beschleunigungsmesser) sowie auf stabilisierte Plattformen (so genannte Trägheitsplattformen) zurück, was zu schweren und unhandlichen Systemen führte, die sich nur an Bord großer Fahrzeuge wie U-Boote, Linienflugzeuge oder Trägerraketen einsetzen ließen. Seit einiger Zeit ist nun zu beobachten, dass sich diese Situation zunehmend verändert: Die Bedeutung der klassischen mechanischen Sensoren geht zugunsten optischer und mikromechanischer Messelemente zurück, und Rechenalgorithmen in Kombination mit Mikroprozessoren haben schon vielfach die stabilisierten Plattformen verdrängt. Darüber hinaus werden die Signale der Inertialsensoren mehr und mehr mit denjenigen komplementärer Messgeber (z.B. Radargeräte oder Funkempfänger für das Satellitennavigationssystem GPS) verknüpft, was auf so genannte integrierte Navigations- oder, wie hier, Bewegungsmesssysteme führt. Die Signalfusion erfolgt dabei zumeist auf der Basis eines erweiterten „Kalman-Filters“ und dient der Begrenzung der erwähnten numerischen Fehler auf ein akzeptables Maß. Hierdurch wird aber andererseits auch die Einsatz qualitativ schlechterer, jedoch kleinerer und billigerer Inertialsensoren möglich. Die Verfügbarkeit kostengünstiger komplementärer Messgeber hat in den letzten Jahren ebenfalls stark zugenommen, was an dem Preisverfall für GPS-Empfänger deutlich wird. Dadurch beschränken sich die Einsatzmöglichkeiten integrierter Navigationssysteme nicht mehr länger auf die klassischen Bereiche wie Militär, Luft- oder Raumfahrt. Die in den letzten Jahren auf den Markt gekommenen, vergleichsweise preisgünstigen Pkw-Navigationsanlagen sind der wichtigste Beleg hierfür. Neuartige Anwendungen aus dem Bereich der Robotertechnik und Mechatronik oder, wie nachfolgend, aus dem Bereich Sportwissenschaft und biomechanische Bewegungsanalyse sind damit genauso möglich geworden, denn für die hierzu erforderlichen Anpassungsarbeiten existiert neben der benötigten Sensortechnologie inzwischen auch die theoretische Grundlage. Die praktische Umsetzung hat in Einzelfällen ebenfalls begonnen. Es ist somit anzunehmen, dass die Bedeutung der hier betrachteten integrierten Systeme zukünftig deutlich zunehmen wird. Vor diesem Hintergrund erläutert der Beitrag zunächst in Kapitel 2 die allgemeine theoretische Basis für integrierte Bewegungsmesssysteme. Es folgen in Kapitel 3 Überlegungen für das Beispiel des Ruderboots sowie in Kapitel 4 die Vorstellung eines realisierten Messsystems für den Turn- oder Therapiekreisel. Eine Zusammenfassung schließt den Aufsatz ab.
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The ankle exercise board can be used as an instrument quantifying human balance skills and learning strategies. However, this requires an appropriate recording of its movement. Using the theory of integrated navigation systems as well as simulation and experimental data, a corresponding motion measurement system was developed and qualified: Modelling the vehicle kinematics is an essential design task of such integrated systems. It has to consider both the vehicle motion and the mechanical meaning of the used measurements. Until now, a rigid body with three translational and three rotational degrees of freedom represents the typical model applied. However, for an ankle exercise board, which is in fact a hemisphere oscillating on the floor, the design of a special attitude measurement system is possible. It is based on a model with only three rotational degrees of freedom and on considering spatially distributed accelerometers. The utilised data fusion employs nevertheless the same principle as for integrated navigation systems. It comprises additionally three micro-mechanical gyros as well as a Kalman filter estimating the three Euler angles of the board and sensor calibration values. To illustrate the application of the system, aspects of observing the rehabilitation after ankle and knee injuries conclude the paper.
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Rennruderer auf internationaler Ebene legen pro Jahr etwa 4500 - 5000 km zurück. Das entspricht einem Gesamttrainingsumfang von ca. 40.000 - 45.000 Minuten in ca. 450 - 500 Trainingseinheiten, davon ca. 300 - 330 auf dem Wasser. Rechnet man den durchschnittlichen Gesamttrainingsumfang in "gefahrene Schläge (auf dem Wasser)" um, so absolviert ein Spitzenruderer (bei einer durchschnittlichen Schlagfrequenz von 25 Schlägen/min) ca. 660.000 - 750.000 Schläge im Trainingsjahr. Im Laufe einer Ruder-Karriere von ca. 15 Jahren resultieren entsprechend ca. 10 Millionen "gefahrene Schläge". Dies legt die Vermutung nahe, dass die Rudertechnik und die individuelle Bewegungsausführung des Athleten in hohem Maße "automatisiert" sind. Seit geraumer Zeit wird versucht, "Rudertechnik" mit Hilfe biomechanischer Verfahren, messbar und beurteilbar zu machen. Dabei blieben aber Komponenten der Bootsbewegung teilweise unberücksichtigt. Im Ruderboot ist z.B. das Rollen um die Bootslängsachse (x-Achse) durch die notwendigen Ausgleichsbewegungen freilich vortriebshemmend und damit auf ein Minimum zu reduzieren. Man kann somit hypothetisch davon ausgehen, dass die rotatorischen Bewegungen um die Achsen des Sportgerätes in Beziehung zum Ausprägungsgrad der technomotorischen Leistungsfähigkeit stehen. Im Hinblick auf eine Technikanalyse und die mögliche Ansteuerung (Optimierung) der individuellen Bewegungsausführung bietet sich das "Rudem" besonders an, da a) der zyklische Bewegungsablauf repetitive Beobachtungen mit repräsentativen Aussagen ermöglicht, b) die dabei sich bewegende Einheit aus Athlet und Sportgerät sich physikalisch in einem labilen Gleichgewicht befindet und somit das Problem der Gleichgewichtsstabilisation dieser komplexen Einheit "Athlet und Gerät" zur leistungskonstituierenden Größe wird und c) aufgrund der Dauer der sportlichen Aktion (mehrere Minuten bis Stunden) kognitive und biochemisch energetische Prozesse mit Ermüdungsfolgen die Konstanz des individuellen Ausprägungsgrades der "Sollwert"-Technik und - über die Änderung des Wirkungsgrades - auch die Leistungen in der Sportart beeinflussen. Es werden hier deshalb Überlegungen und Untersuchungen zum Bewegungsverhalten des Ruderbootes dargestellt, da diese die technomotorische Leistungsfähigkeit des Athleten widerspiegeln.
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Action-perception patterns are studied theoretically in terms of equations of motion that capture the coordination capacity of the nervous system. We consider intrinsic dynamics in the absence of visual information that contain a single posture state as a fixed point attractor. We couple these intrinsic dynamics to visual information that stabilizes posture in the visual world. This leads to a theory of postural sway induced by an optic flow field ("moving room" paradigm). The optic flow is parametrized in a simplest approximation by the expansion rate of a relevant perceptual target. We show how temporal stability as the key concept of this theory can lead to prediction and serve as a measure of perceptual coupling. Finally, we discuss the relation of the present theory to biological cybernetics.
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Learning of a motor task, which consists of frontal balancing on a tilting platform, is analyzed, using a multiparameter approach. Findings point to spatiotemporal symmetry throughout the process, with a significant increase in the time on-balance score. The time course of variation of others parameters during the learning process as well as a consideration of which of these should be employed in future studies of dynamic balance, is discussed.
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In this article we present an ecological treatment of the control of stance by multi-segment organisms. We treat the organism as a black box, and the organism-environment interaction as a closed-loop system. We argue that different ways of controlling stance can have differing utility (affordances) for perception and action. We further argue that the affordances of a particular control strategy are in part determined by (a) the mechanical properties of the organism, (b) the mechanical properties of the surface on which stance takes place, and (c) the goals of behavior. Our conclusion is that the control of stance is based on, or constrained by, perception of the kinematic consequences, or affordances, of control actions. Finally, we argue that the relationship between affordances and constraints on control actions should be investigated using geometrical methods.
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The present paper discusses the influence of different training methods--i.e., knowledge of results, preferred frequency, and the availability of a model--on the learning of a complex motor skill, in this case the learning of slalom ski-type movements on a ski-simulator. Results of three experiments performed on this apparatus showed that, although the training methods used influence the course of learning, none of the methods used was actually superior to discovery learning. It is suggested that discovery learning forces the learner to explore the dynamics of the system in which he or she operates, in an iterative way. Possibilities for cooperative working between prescription and discovery learning are discussed.
Phasen-Darstellung der Bewegungen des Meßkreisels: Versuch mit dem linken (obere Hälfte: 1. x-, 2. y-Achse) bzw. rechten (untere Hälfte: 1. x-, 2. y-Achse) Fuß
  • Abb
Abb. 5: Phasen-Darstellung der Bewegungen des Meßkreisels: Versuch mit dem linken (obere Hälfte: 1. x-, 2. y-Achse) bzw. rechten (untere Hälfte: 1. x-, 2. y-Achse) Fuß
zu prüfen ob sich die Unterscheidung von " robusten " vs adaptiven Kontroll-Strategien
  • Hier Wäre U
Hier wäre u. a. zu prüfen ob sich die Unterscheidung von " robusten " vs. " adaptiven Kontroll-Strategien " (RICCIO/STOFFREGEN 1988) auch auf das Bewegungs-Lernen bei der Regulation eines dynamischen Systemgleichgewichts übertragen läßt und welchen Anteil das explorierende Verhalten in der Erkundung der Systemeigenschaften (vgl. a. VEREIJKEN/WHITING 1990) haben kann.
Zur Fertigkeitsspezifität der Gleichgewichtsregulation
  • N Olivier
OLIVIER, N.: Zur Fertigkeitsspezifität der Gleichgewichtsregulation. In: LOOSCH, E./TAMME, M. (Hrsg.): Motorik -Struktur und Funktion. Hamburg: Czwalina 1997, 72-75
  • V Lippens
Lippens, V. (1992): Die Innensicht beim motorischen Lernen. Untersuchungen zur Veränderung der Subjektiven Theorien bei Lern-und Optimierungsprozessen am Beispiel des Ruderns. Köln: Sport & Buch Strauß.