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Christian Fandrych / Adriana R. Galván Torres
Werner Heidermann / Ulrike Pleß
Erwin Tschirner (Hrsg.)
Text, Diskurs und Translation
im Wandel
Transformationen in der
lateinamerikanischen Germanistik
Asociación Latinoamericana de Estudios Germanísticos
Associação Latino-Americana de Estudos Germanísticos
Lateinamerikanischer Germanistenverband
Herausgegeben von Olivia C. Díaz Pérez 3
Urheberrechtlich geschütztes Material
Copyright Stauffenburg Verlag, 2013
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der Asociación Latinoamericana de Estudios Germanísticos (ALEG),
des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD)
und der Universidad de Guadalajara.
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Inhalt
Danksagung ...................................................................................................5
Vorwort ....................................................................................................... 11
Text und Diskurs im Wandel
Christian Fandrych
Ich möchte auch hier nicht den ganz großen Rahmen aufmachen...
Zum Stil deutscher wissenschaftlicher Vorträge .........................................19
Erwin Tschirner
Grammatisches Wissen und Grammatikprogression:
Textlinguistische Grundlagen .....................................................................35
Brigitte Merzig
Prosodie und Interkomprehension Germanischer Sprachen .......................61
Pamela Padilla
Eine kontrastive Beschreibung der Verortung des Fokus
im Spanischen und Deutschen ....................................................................71
Lars Schirrmeister
Regelgeleitete Genusvermittlung bei DaF-Lernenden in Mexiko ..............85
Tinka Reichmann
Die Textsorte „Notenspiegel“ im Hochschulkontext: didaktische
Anregungen für den Übersetzungsunterricht deutsch / portugiesisch ......101
Jutta H. Wester de Michelini
Die „ARBEIT DES PHILOSOPHEN“. Vergleichende Diskurs-
analyse von Buchbesprechungen der Zeitschrift für
interkulturelles Philosophieren „polylog“ ................................................. 111
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Inhalt8
Christian Koch
Unser Stil ist der bessere!? Deutscher und ecuadorianischer
Wissenschaftsstil im Vergleich.................................................................. 127
Anne Biedermann
¿Frases terremoteadas? – Syntaktische Strukturen und ihre
Funktionen in Heinrich von Kleists „Erdbeben in Chili“ ......................... 139
Ulrike Schröder
Metaphorische Szenarien im brasilianischen und deutschen
Diskurs über „Gesellschaft“ ...................................................................... 153
Peter Ecke
US-amerikanische DaF-Studenten im kurzfristigen Auslandsstudium:
Meinungen und Einstellungen gegenüber Vertretern der eigenen und
der fremden Kultur .................................................................................... 167
Translation im Wandel
Werner Heidermann
Zum „Kulturschatten“ von Wörtern am Beispiel von
Uwe Tellkamps Der Turm ........................................................................ 179
Olga García
Können Übersetzungen alt werden oder wie modern darf
ein Klassiker sein? Zum Phänomen Neuübersetzung ...............................189
Morton Münster
Poetologische und metasprachliche Grenzen der Übersetzbarkeit
seit der Moderne .......................................................................................199
Christian Bahr
Subjektivität und Objektivität in Gebrauch und Übersetzung
von Ortsnamen am Beispiel Mexikos und Galiciens ................................209
Siegfried Boehm
Übersetzungsdidaktik im Rahmen eines
„Diplomado de Traducción“ .....................................................................225
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Inhalt 9
Ulrike Sperr
Dolmetschen im Fremdsprachenunterricht – Rechtfertigung und
Anwendungsbeispiele ............................................................................... 235
Jean Hennequín Mercier / Heike Gruhn
„Man solle einen Autor so übersetzen wie er selbst würde
deutsch geschrieben haben.“ Von einem Irrglauben bezüglich
der Übersetzung. .......................................................................................249
Gunter Karl Pressler
Duineser Elegien – Original und Übersetzung als transkulturelle
.................... 263
Ute Hermanns
Zur Bedeutung der Literatur im brasilianischen Film, zum Transfer,
zur Transformation und zur Wahrheit von „Übersetzung“ im weiteren
.......................................................................275
Anette Kind
Der wohlbebleistiftete Professor: Betrachtungen zu den
Übersetzungen in deutscher Sprache von Eça de Queirós’
O Mandarim (1880) und A Relíquia (1887)..............................................289
Tito Lívio Cruz Romão
Ist alles eine Reaktion auf Dada? ..............................................................303
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US-amerikanische DaF-Studenten im
kurzfristigen Auslandsstudium: Meinungen
und Einstellungen gegenüber Vertretern der
eigenen und der fremden Kultur
Peter Ecke, University of Arizona
1. Einführung
Kultur wird von Fremdsprachenlehrenden wie Lernenden als ein untrennbarer
Bestandteil des Sprachlernens und Lehrens angesehen (z. B. Altmayer 2004;
Byram 1997; Candido de Lima 2012; Kramsch 1993; Schulz / Tschirner 2008).
Studenten, die im universitären Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) als
Studienfach wählen, tun dies in der Regel, weil sie Aspekte der Zielkultur inter-
-
stellungen gegenüber den Vertretern der Zielkultur haben. Positive Meinungen,
einschließlich Klischees über die Zielkultur, können eine wichtige Rolle bei der
Wahl eines Fremdsprachenfaches spielen.
gut organisiert. Sie sind wissenschaftlich und technisch begabt, fahren schnelle
Autos und trinken gern Bier (vgl. Schulz / Härle 1996). Für viele Lehrende sind
positive Einstellungen einschließlich Klischees von Bedeutung, wenn es dar-
um geht, Studenten für ein längerfristiges Studium der Sprache und Kultur zu
gewinnen bzw. in ihren Sprachprogrammen zu halten – auch wenn Stereotype
von Lehrenden selbst oft abwertend als trivial angesehen werden und sie die-
se von den Lernenden hinterfragt, kritisch bewertet und relativiert sehen wol-
len. Einstellungen und Wissen, einschließlich der hier untersuchten subjektiven
Einschätzungen von Vertretern der fremden und der eigenen Kulturen, werden
in der Regel als Bestandteile interkultureller Kompetenz oder kultureller Intel-
ligenz verstanden (vgl. Byram 1997, 2000; Peterson 2004).
Auslandsaufenthalte werden oft als eine ideale Möglichkeit angesehen, das
sprachliche und kulturelle Wissen der Lernenden zu vervollkommnen und sie
für eine Weiterführung des Studiums der Zielsprache und -kultur zu begeis-
tern und zu motivieren. Dass diese Aufenthalte jedoch nicht automatisch zu
Lernzuwachs und positiveren Einstellungen gegenüber den Vertretern der Ziel-
kultur führen, wurde in verschiedenen Untersuchungen zur Effektivität von
Auslandsstudienaufenthalten gezeigt. Nicht selten führen sprachliche Schwie-
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rigkeiten und kulturelle Missverständnisse zu Enttäuschung oder gar Frus-
tration, einer allgemein negativeren Einstellung gegenüber den Vertretern der
Zielkultur oder einer Abnahme integrativer Motivation (vgl. Coleman 1998;
Conacher 2008; Masgoret et al. 2000; Wilkinson 2000). In der vorliegenden
Arbeit interessiert uns daher die Frage inwieweit sich Meinungen und Einstel-
lungen US-amerikanischer Studenten gegenüber den Deutschen im Laufe ei-
nes einmonatigen Auslandsstudienaufenthalts in Deutschland ändern. Darüber
hinaus interessiert uns, ob sich Meinungen und Einstellungen der Studenten
gegenüber Vertretern ihrer eigenen (US-amerikanischen) Kultur verändern.
Für akademische Institutionen, die auf die fremdsprachliche und interkultu-
relle Entwicklung ihrer Studierenden Wert legen, ist die Evaluierung sprach-
lichen und kulturellen Lernens von Bedeutung (Ecke 2012; Gillespe 2002).
Auch aus ökonomischen Gründen ist eine Erhebung dieser Daten wichtig:
Sollte ein relativ teurer und aufwendiger Auslandsaufenthalt zu negativeren
Einstellungen gegenüber der Zielkultur, geringem Lernzuwachs in sprachli-
cher und interkultureller Hinsicht und damit möglicherweise sogar zum Verlust
von Studenten führen, wäre dies für Sprachprogramme und Bildungseinrich-
tungen äußerst unangenehm.
2. Untersuchungsmethode
Die hier berichteten Ergebnisse sind Teil eines umfangreicheren Forschungs-
projektes zu Erwartungen und Lernfortschritten mehrerer Generationen US-
amerikanischer DaF-Studenten zum sprachlichen und interkulturellen Lernen
in kurzfristigen Auslandsstudienprogrammen (vgl. Badstübner / Ecke 2009 zu
ersten Ergebnissen). Wir beschränken uns in der vorliegenden Arbeit auf die
Erörterung der folgenden Frage: Wie charakterisieren die US-amerikanischen
Teilnehmer eines Sommerstudienprogramms in Deutschland Vertreter ihrer ei-
genen Kultur und Vertreter der deutschsprachigen Kultur vor Beginn und gegen
Ende des Programms? Gibt es Unterschiede in den Bewertungen der Vor- und
Nachuntersuchungen? Welche Schlüsse bzw. Implikationen lassen sich aus den
Ergebnissen ableiten?
2.1 Untersuchungsteilnehmer
Die 31 Untersuchungsteilnehmer der hier präsentierten Teilstudie waren US-
Arizona-Sommerstudienprogramm an der Universität Leipzig in Deutschland
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US-amerikanische DaF-Studenten im kurzfristigen Auslandsstudium 169
verbrachten. Alle Teilnehmer waren Studierende in Bachelor-Studiengängen
mit verschiedenen Haupt- und Nebenfächern. Von den 31 Teilnehmern wa-
ren 22 weiblich und neun männlich. Voraussetzung für die Teilnahme am Pro-
gramm waren mindestens zwei erfolgreich absolvierte universitäre Sprachkurse
in DaF. Die Daten von drei Teilnehmern konnten nicht berücksichtigt werden,
weil sie unvollständig waren. Somit gingen am Ende die Daten von 28 Teil-
nehmern in die Analyse ein.
Die Studierenden hatten im Programm täglich vier Stunden Sprachunter-
richt, fünf Tage in der Woche, entweder in einer Gruppe für Studierende des
-
ropäischen Referenzrahmen) oder in einer Gruppe für Studierende des drit-
Wohneinheiten mit deutschen oder ausländischen Studenten untergebracht. Im
Rahmen eines Tandemprogramms hatten sie die Möglichkeit, sich mit deut-
schen Tandempartnern beim Lernen der deutschen und englischen Sprachen
gegenseitig zu unterstützen, sich über ihre Kulturen auszutauschen und Zu-
gang zum studentischen Leben in Leipzig zu gewinnen. Teil des Programms
waren auch einige Nachmittags- und Tagesexkursionen sowie ein Wochen-
2.2 Materialien und Analysen
Der vor Beginn und zum Ende des Programms eingesetzte Fragebogen be-
ruht auf einem von Pickett (1993) entwickelten Instrument, das wiederum auf
die Technik des semantischen Differentials (Gardner et al. 1972; Osgood et al.
1957) zurückgeht, in der mittels skalierbarer Adjektive bestimmte Objekte oder
die Wahl dieser Technik war u. a. der geringe Zeitaufwand für das Ausfüllen
im Rahmen einer Longitudinalstudie. In unserem Fragebogen kamen 22 Ad-
jektive zum Einsatz. Die Teilnehmer wurden (auf Englisch) instruiert, einzu-
schätzen welche der aufgelisteten englischsprachigen Adjektive ihrer Meinung
-
treter der deutschen Kultur zutreffen würden. Sie sollten für ihre Einschätzun-
Werte 1 bis 4 folgendes: 1 = „not at all“ (überhaupt nicht), 2 = „rarely“ (selten),
Analyse wurden die Mittelwerte der Bewertungen aus Vor- und Nachuntersu-
chung errechnet. Mittels gepaartem T-Test wurde dann untersucht, ob es zwi-
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Peter Ecke170
schen den Einschätzungen der Voruntersuchung und der Nachuntersuchung
3. Ergebnisse
Die errechneten Mittelwerte der Attribute, welche die Untersuchungsteilneh-
werden in Abb. 1 illustriert. Dabei werden die Werte für Amerikaner vor Pro-
grammbeginn und gegen Programmende nebeneinander aufgeführt und den
entsprechenden Werten für Deutsche aus der Vor- und Nachuntersuchung ge-
genübergestellt.
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US-amerikanische DaF-Studenten im kurzfristigen Auslandsstudium 171
Abb. 1. Bewertung von Vertretern der US-amerikanischen und der deutschen
Kultur nach 22 Attributen auf einer Skala von 1 = „not at all“ (überhaupt nicht)
programms
Vertreter der eigenen (US-amerikanischen) Kultur werden von den Studieren-
und laut be-
zeichnet im Vergleich zu den Vertretern der deutschsprachigen Kultur. Deutsche
hingegen werden stärker charakterisiert als -
und geduldig. Die Vertreter beider Kulturen
werden ähnlich bewertet hinsichtlich der Attribute freundlich, selbstbewusst,
großzügig, hilfsbereit, gutgelaunt und sparsam.
Die allgemeinen Unterschiede in den Bewertungen der Vertreter beider
Kulturen stimmen in den Vor- und Nachuntersuchungen weitgehend überein.
-
wertungen aus Vor- und Nachuntersuchungen nachgewiesen werden. Diese
Unterschiede zeigen sich interessanterweise weniger in den Einschätzungen
der Vertreter der Zielkultur als vielmehr in den Bewertungen der Vertreter der
eigenen Kultur, die auf eine Neubewertung und veränderte Wahrnehmung von
Aspekten der eigenen Kultur im Zuge der Auslandserfahrung deuten.
Deutsche werden am Ende des Auslandsaufenthaltes in fast allen Punkten
in den Vor- und Nachuntersuchungen. Dass Vertreter der deutschen Kultur
ruhig und weniger laut
eingeschätzt werden, verstärkt sich noch in den Bewertungen der Nachunter-
ruhig (p = 0,003) und
niedrigere Werte für laut (p < 0,0001) im Vergleich zu den früheren Bewer-
tungen. In nur zwei weiteren Attributen werden die Deutschen am Ende des
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schüchtern (p < 0,03) und faul (p = 0,05) gehalten als
zu Beginn des Programms. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass beide
Werte auch in der Nachuntersuchung mit 2,7 Punkten für schüchtern und 2,3
Punkten für faul sehr niedrig ausfallen. Insbesondere der letzte Wert liegt da-
mit weiterhin weit unter dem Wert für faul für US-Amerikaner (3,3).
Wie bereits erwähnt, zeigen sich die interessantesten Ergebnisse in den Un-
terschieden der Bewertungen der Vertreter der eigenen Kultur der US-ameri-
kanischen Studierenden. Einerseits verstärken sich im Zuge der Auslandser-
fahrung Klischees zur eigenen Kultur, was sich in noch höheren Werten im
Vergleich zu den schon beachtlich hohen Werten der Voruntersuchung zeigt:
So schätzen die Untersuchungsteilnehmer US-Amerikaner am Ende des Pro-
laut (p = 0,03) und emotional (p = 0,05) ein als
als in der Voruntersuchung zu den positiv gewichteten Merkmalen großzügig
(p = 0,007), logisch (p = 0,02) und ehrlich (p
sich höhere Werte für US-Amerikaner im Hinblick auf eine Reihe weiterer
So zeigen sich als Trend erhöhte Werte für die Attribute freundlich (p = 0,08),
(p = 0,07), und (p = 0,06) sowie niedrigere Werte für unge-
duldig (p = 0,07). Insgesamt deuten diese Änderungen in den Bewertungen
darauf hin, dass die Teilnehmer Aspekte ihrer eigenen Kultur im Laufe des
Auslandsaufenthalts aufwerten, also positiver bewerten und mehr zu schätzen
wissen als zu Beginn des Auslandsstudienprogramms.
Diese Ergebnisse scheinen mit einer erhöhten Sensibilität und Bewusstheit
der eigenen Kultur gegenüber in Zusammenhang zu stehen, einem Lernen
über sich selbst im Zuge des Auslandsstudiums. So gaben die Programmteil-
nehmer in einem weiteren, hier nicht weiter zu analysierenden Fragebogen
über wahrgenommene Lernfortschritte an, dass sie viel über ihre eigene Kul-
tur gelernt haben: Auf einer 6-Punkte Skala von 1 = „not at all“ (nichts) bis 6 =
„very much“ (sehr viel) erhielt das Lernen über die eigene Kultur einen relativ
hohen Wert von 5,04. Das Lernen über sich selbst und die eigene Kultur, die
erhöhte Akzeptanz und Aufwertung bestimmter Aspekte der eigenen Kultur
einerseits und die nach wie vor positive Einschätzung der fremden Kultur an-
dererseits deuten darauf hin, dass die Studierenden ihre interkulturelle Kom-
petenz (Byram 2000) bzw. kulturelle Intelligenz (Peterson 2004) im Laufe des
Auslandsaufenthaltes weiter entwickelten.
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US-amerikanische DaF-Studenten im kurzfristigen Auslandsstudium 173
4. Diskussion und Fazit
In dieser Untersuchung interessierte uns die Frage, ob und inwieweit US-ameri-
kanische Teilnehmer eines Sommerstudienprogramms in Deutschland ihre Ein-
stellungen gegenüber und Bewertungen von Vertretern der US-amerikanischen
Kultur und der deutschen Kultur im Laufe des Auslandsaufenthalts verändern.
-
landsaufenthalten aus, die zeigten, dass das Leben im Ausland aufgrund von
Kommunikations- und Adaptationsproblemen zu negativeren Einstellungen ge-
genüber den Menschen der Zielkultur und einer Abnahme integrativer Motivation
führen können (Coleman 1998; Conacher 2008; Masgoret et al. 2000; Wilkin-
son 2000). Solche negativen Auswirkungen von Auslandsstudienaufenthalten
sind natürlich nicht im Interesse universitärer Sprach- und Kulturprogramme.
Auch im Fach Deutsch als Fremdsprache ist man eher an positiven (wenn auch
im Ausland interessiert, die zu Verständnis, Toleranz, und Offenheit für Neues
führen und die Studierenden zum Weiterlernen ermutigen sollten. Die Ergeb-
nisse der hier vorgestellten Untersuchung deuten weder auf eine Abnahme in-
tegrativer Lernmotivation noch auf eine Zunahme negativer Einstellungen der
Studierenden gegenüber den Menschen der Zielkultur hin. Im Gegenteil, die
Ergebnisse der Befragungen in Vor- und Nachuntersuchungen zeigen, dass die
Deutschen allgemein sehr positiv wahrgenommen und bewertet (möglicherwei-
se zum Teil sogar idealisiert) werden (vgl. auch Kramsch 2006). Die Einschät-
zungen der Deutschen in den Vor- und Nachuntersuchungen sind sehr ähnlich.
Positive Bewertungen der Voruntersuchung werden in der Regel bestätigt oder
sogar bestärkt. Nur vereinzelt werden sie aufgrund der Auslandserfahrung mo-
-
gen über die Zielkultur stabil.
Das wichtigste Ergebnis dieser Studie betrifft allerdings die Bewertungen
der Vertreter der eigenen (US-amerikanischen) Kultur. Unterschiede zwischen
Ergebnissen der Vor- und Nachuntersuchungen legen ein Lernen über sich
selbst, eine erhöhte Sensibilität den Merkmalen der eigenen Kultur gegenüber,
sowie eine erhöhte Akzeptanz und Tendenz zur Aufwertung bestimmter Merk-
male der eigenen Kultur nahe. Diese stehen durchaus im Einklang mit den Zie-
len sprachlicher und interkultureller Bildung innerhalb des Auslandsstudiums.
Natürlich können die Ergebnisse dieser begrenzten Studie mit relativ we-
nigen Teilnehmern eines einzigen Auslandsstudienprogramms nicht verallge-
meinert werden. Es gibt unterschiedliche Programme (vgl. Engle / Engle 2004)
und sicher auch entsprechend unterschiedliche Erfahrungen der Studierenden
in diesen Programmen. Auch die hier ausschließlich angewandte Forschungs-
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methode, Meinungen und Einstellungen mittels Fragebogen und semantischem
Intervall zu erfragen und zu evaluieren ist nicht ohne Probleme. So kann bei-
spielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass die Teilnehmer nicht immer ihre
wirklichen Meinungen und Einstellungen offenbaren, sondern möglicherweise
sozial akzeptablere Antworten wählen (Halo Effekt), die sie in besserem Licht
erscheinen lassen oder solche, die ihrer Meinung nach vom Forscher erwar-
tet werden (Baker 1992). Das Vorgeben bestimmter Werte bzw. Attribute (hier
durch Adjektive) grenzt Antwortmöglichkeiten ein und ist somit gewisserma-
ßen suggestiv. Außerdem können sie von den Teilnehmern zum Teil subjektiv
unterschiedlich interpretiert werden. In weiterführenden Untersuchungen soll-
ten Fragebögen durch Methoden mit offeneren Fragestellungen (z. B. Inter-
views, Tagebuchstudien / Blogs) ergänzt werden.
Nichts desto trotz illustrieren die hier berichteten Ergebnisse einer Longi-
tudinalstudie zu Einstellungen und Meinungen US-amerikanischer DaF-Stu-
denten gegenüber Vertretern der eigenen und der fremden Kultur, dass sich ein
kurzfristiger Sommerstudienaufenthalt in Deutschland positiv auf die Einstel-
lungen gegenüber beiden Kulturen auswirken kann. Im Zuge der Auslandser-
fahrung lernten die Studierenden nicht nur die deutsche Kultur besser kennen,
sondern vor allem auch ihre eigene, was dazu führte, dass bestimmte Mei-
nungen gerade über die Vertreter der eigenen Kultur hinterfragt und zum Teil
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Peter Ecke176
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