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Jour. Eur. Orch.
38 (3): 667 -674. 2006.
Wolfgang Eccarius &
C.AJ.
Kreutz
Bemerkungen
zur
Lectotypisierung
von
Orchis laxiflora LAM.
subsp.
dielsiana
S06
und
zur
Umkombination
von
Orchis
pseudolaxiflora
CZERNIAK.
zu
Orchis palustris JACQ.
subsp.
pseudolaxiflora (CZERNIAK.)H.BAUMANN & R.LoRENZ
Keywords
Orchidaceae; Orchis laxiflora subsp. dielsiana, Orchis pseudolaxiflora,
taxonomy, nomenc1ature.
Summary
Eccarius, W. &
C.AJ.
Kreutz (2006): Remarks on Typification
of
Orchis
laxiflora Lam. subsp. dielsiana S06 and the new combination
of
Orchis
pseudolaxiflora
CZERNIAK.
zu Orchis palustris
JACQ.
subsp. pseudolaxiflora
(CZERNIAK.)
H.BAUMANN
&
R.LoRENZ.
-Jour. Eur. Orch. 38(3): 667-674
It
is proven that the lectotyp selected
by
BAUMANN
& LORENZ for Orchis
laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
S06
stands in the serious contrast to the
protologue.
It
is replaced
by
another, which is in agreement with the
protologue. The new combination made
by
BAUMANN
&
LORENZ
to place
Orchis pseudolaxiflora
CZERNIAK.
as a subspecies from Orchis palustris
JACQ.
could not
be
followed
by
the authors
of
this artic1e.
Zusammenfassung
Eccarius, W. &
C.AJ.
Kreutz (2006): Bemerkungen zur Lectotypisierung
von
Orchis laxijlora Lam. subsp. dielsiana S06
und
zur
Umkombination
von
Orchis pseudolaxiflora
CZERNIAK.
zu
Orchis palustris Jacq. subsp.
pseudolaxiflora
(CZERNIAK.)
H.BAUMANN
& R.LoRENZ. -Jour.
Eur.Orch.
38(3): 667-674
Es wird nachgewiesen, daß der von
BAUMANN
&
LORENZ
ausgewählte
Lectotypus für Orchis laxiflora
LAM.
subsp. Dielsiana S06
im
Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006. 667
schwerwiegenden Gegensatz zum Protolog steht.
Er
wird durch einen anderen
ersetzt, der sich
mit
dem Protolog im Einklang befindet. Die von
BAUMANN
&
LORENZ
an anderer Stelle vorgenommene Umkombination von Orchis
pseudolaxiflora
CZERNIAK.
als Unterart von Orchis palustris
JACQ.
ist
angesichts von Feststellungen, welche diesen beiden Autoren selbst getroffen
haben, nicht nachvollziehbar.
* * *
Typen sind wichtige Hilfsmittel zur Stabilisierungen der botanischen
Nomenklatur.
Im
Internationalen Code der Botanischen Nomenklatur (ICBN)
wird deshalb sowohl den Typen wie auch den Modalitäten ihrer Festlegung
und näheren Bestimmung breiter Raum gewidmet (Artikel 7 bis 10). Die
Festlegung eines Typus durch den jeweiligen Autor eines Pflanzennamens ist
allerdings erst seit dem
1.
Januar 1958 (Art. 37.1 ICBN) zur erläßlichen
Bedingung einer gültigen Beschreibung gemacht worden. Deshalb gibt
es
noch sehr viele
vor
diesem Zeitpunkt veröffentlichte Namen, bei denen die
Autoren keinen Typus festgelegt haben. Ein nicht typisierter Name birgt aber
stets die Gefahr einer Uminterpretation oder schleichenden Mißdeutung in
sich. Die nachträgliche Typisierung derartiger Namen ist daher im Hinblick
auf
die Gewährleistung einer stabilen botanischen Nomenklatur von großer
Bedeutung.
Auf
dem Gebiete der Typisierung von Orchideennamen . haben sich
H.
BAUMANN,
S.
KÜNKELE
(t)
und
R.
LORENZ
große Verdienste erworben. Den
genannten Autoren ist es vor allem zu verdanken, wenn heute
z.
B. für die von
Carl
v.
LINNE
(1707-1778)
geschaffenen Namen europäischer Orchideen eine
weitgehend anerkannte Typisierung existiert. Welche immensen
Schwierigkeiten
und
Probleme dabei zu überwinden waren, kann wohl nur der
wirklich ermessen, der sich selbst wenigstens ansatzweise in die
Typisierungsproblematik alter Namen vertieft hat.
Die den genannten Autoren gebührende Anerkennung ändert allerdings nichts
daran, daß die
von
BAUMANN
&
LORENZ
(2006) versuchte Lectotypisierung
des Namens Orchis laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
So6
nach unserer
Auffassung mißlungen ist und daher nicht unwidersprochen bleiben darf, weil
sie gegen verschiedene Typisierungsvorschriften des ICBN verstößt.
668 Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006.
BAUMANN
&
LORENZ
haben die hier kritisierte Lectotypisierung
auf
ein bei
S06 zitiertes Herbarexemplar aus dem Libanon derart vorgenommen, dass
nach dieser Lectotypisierung Orchis dinsmorei
H.
BAUMANN
&
DAFNI
und
Orchis laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
S06
die gleiche Sippe bezeichnen. Im
Jahre
1981
hat allerdings zumindest
H.
BAUMANN
zu dieser Problematik noch
eine andere Ansicht vertreten, denn er äußerte sich über Orchis laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
S06
damals wie folgt:
"Die Diagnose und das Areal passen jedoch in den wesentlichen Teilen
eher
auf
die osttürkische
0.
palustris
s.
1.
Sippe als
auf
die kleinblütige
0.
laxiflora var. dinsmorei, wie die Ausführungen von Tab. 1
(Stichproben aus der Umgebung von Kayseri und Erzurum) sowie die
Blütenanalysen [
...
] leicht erkennen lassen."
(BAUMANN
&
DAFNI
1981:
318)
Diese Einschätzung befindet sich im völligem Einklang mit dem Protolog,
weil bei
S06
unter den
11
von ihm zitierten Aufsammlungen (6 aus Anatolien
und Kylikien, 5 aus Syrien und dem Libanon) nur eine einzige aus der Türkei
stammende durch nähere Angaben wie Sammelnummern und Sammeldatum
als besonders charakteristisch hervorgehoben wurde und damit im
V ordergrund steht. Es handelt sich dabei um mehrere von Carl
KOTSCHY
(1813-1866) bei "Karadsche dagh int[er] Haleb et Diarbekr" gesammelte
Belege.
Auf
einen von ihnen hätte also nach der Intention von
S06
eine
Lectotypisierung vorgenommen werden müssen. Wenn
BAUMANN
&
LORENZ
zur Stützung ihrer Auffassung sich darauf berufen, daß
S06
durch ein
Ausrufezeichen den von ihnen zur Lectotypisierung benutzten Beleg aus dem
Südlibanon als besonders charakteristisch angesehen hätte, so handelt es sich
dabei insofern um ein Mißverständnis, als
S06
damit alle Belege gekenn-
zeichnet hat, die er einer Autopsie unterzogen hatte (vgl. hierzu auch die
Vorbemerkungen in
S06
1926: 901). Mit einer Hervorhebung hat diese
Bezeichnung also nichts zu tun. Das geht auch aus der Tatsache hervor, daß
bei
S06
praktisch alle zitierten Belege
(9
von 11) mit einem Ausrufezeichen
versehen sind. Damit steht aber der von
BAUMANN
&
LORENZ
ausgewählte
Lectotypus (Südlibanon, Saida ("Sidon") leg. Gaillardot ("Gaillardort") W Nr.
2808 sub Orchis laxiflora) in einem schwerwiegenden Gegensatz zum
Protolog und ist deshalb nach Artikel 9.13 ICBN durch einen anderen zu
ersetzen, der sich mit dem Protolog im Einklang befindet.
Diese Ersetzung ist auch noch aus einem anderen Grunde erforderlich. In
Empfehlung 9A.5 des ICBN heißt es nämlich rur den Fall, daß in der
Originalbeschreibung heterogene Elemente zitiert werden (was rur den
Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006. 669
S06'schen
Protolog offensichtlich zutrifft):
"Besonders dann, wenn ein anderer Autor bereits ein oder mehrere
Elemente als andere Taxa abgetrennt hat, sollte der Rest oder ein Teil
davon als Lectotypus bezeichnet werden, vorausgesetzt, daß dieses
Element nicht im Gegensatz zur Originalbeschreibung oder -diagnose
steht."
Nach der nur wenig später (1928) durch Rudolf
SCHLECHTER
(1872-1925)
erfolgten Beschreibung von Orchis laxijlora
LAM.
var. dinsmorei
SCHLTR.,
die
1981 durch
BAUMANN
&
DAFNI
in den Artrang erhoben wurde, liegt aber
genau dieser Fall vor. Diese Varietät wird bereits bei
S06
erwähnt. Da nach
übereinstimmender Ansicht aller Autoren einschließlich
BAUMANN
&
LORENZ
im Libanon und Syrien nur Orchis dinsmorei vorkommt, ist diese Sippe damit
von Orchis laxijlora subsp. dielsiana abgetrennt worden.
Aus bei den ergibt sich, daß eine durch den Lectotypus von
BAUMANN
&
LORENZ
bewirkte Unterdrückung der anatolischen Pflanzen nicht den
Intentionen von
Soö
entspricht.
Deshalb wird
an
dieser Stelle eine Lectotypisierung vorgenommen, die sich
mit dem
S06'schen
Protolog im Einklang befindet.
Orchis laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
S06
in Notizbl. Bot. Garten Mus.
Berlin-Dahlem 89(9): 910-911. 1926.
Lectotypus (hoc loco selectus): W, sub Orchis palustris,
KOTSCHY
PI.
Mesopot. Nr. 147, pI. sin. Leg.
C.KOTSCHY,
10.
Juni 1841.
Herkunft: Türkei
"In
subhumidis montis Karadsche Dagh [Karacadag] inter
Aleppo et Diabekir [Diyarbakir]"
Ikonogr: Abb.
1.
670 Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006.
I
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Abb.
1:
Herbarbogen mit dem Lectotypus (linkes Exemplar) von Orchis
/axiflora
LAM.
subsp. die/siana S06. (Herbarium Naturhistorisches Museum
Wien).
Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006.
671
Die von Ekaterina Georgiewna
CZERNIAKOWSKA
(1892 -1942) im Jahre
1941
für Turkmenien, das mittlere Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und
Afghanistan im Artrang beschriebene Orchis pseudolaxiflora
(SCHREDER
&
KUDRJASCHEV
1941: 545) ist von der Autorin zwar ebenfalls nicht typisiert
worden, die der Beschreibung beigegebene Abbildung (S. 529) läßt nach
unserer Auffassung jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, daß Orchis
pseudolaxiflora
CZERNIAK.
und Orchis laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana
S06
die gleiche Sippe bezeichnen. Zwar ist die Beschreibung von Frau
CZERNIAKOWSKA
15
Jahre später als die von
S06
erfolgt, da sich aber der
Prioritäts grundsatz stets nur
auf
die einer Beschreibung zugrunde liegenden
Rangstufe bezieht, die von
S06
und
CZERNIAKOWSKA
unterschiedlich gewählt
wurden, hat dies keinen Einfluß
auf
die Legitimität dieser Namen.
Demzufolge lautet der korrekte Name der hier in Rede stehenden Sippe im
Artrang Orchis pseudolaxiflora
CZERNIAK.
und im Unterartrang Orchis
laxiflora
LAM.
subsp. dielsiana SoO.
BAUMANN
&
LORENZ
haben dieses Taxon an anderer Stelle (2005: 729) als
Unterart zu Orchis palustris
JACQ.
gestellt. Zwar stellen sie selbst fest:
"Das Taxon steht Orchis laxiflora näher als Orchis palustris, was sich an
Größe und Färbung der Blüten und der fehlenden Malzeichnung
erkennen läßt." (Ebenda).
Sie bewerten dann Orchis pseudolaxiflora aber trotzdem als Unterart von
Orchis palustris mit der Begründung, daß sie von Orchis laxiflora nicht
immer klar abgrenzbar sei und außerdem die Areale nicht völlig getrennt sind.
Die genannten beiden Gründe treffen aber aus unserer Sicht nicht zu. Aber
selbst wenn dies nicht der Fall wäre, würde sich durch eine Zuordnung zu
Orchis palustris an der fehlenden Abgrenzbarkeit zu Orchis laxiflora und den
überlappenden Arealen nichts ändern. Die Umkombination ist deshalb nicht
nachvollziehbar.
Orchis pseudolaxiflora
CZERNIAK.
ist durch mehrere überzeugende
morphologische Merkmale von Orchis palustris
JACQ.
getrennt und gehört
deutlich in den Verwandtschaftskreis von Orchis laxiflora
LAM.
Das haben
sowohl S06 als auch
CZERNIAKOWSKA
so
gesehen.
Orchis pseudolaxiflora unterscheidet sich von Orchis palustris durch einen
schlankeren Wuchs und den besonders langgestreckten und vielblütigen
Blütenstand. Die Blüten nehmen eine Mittelstellung zwischen denen von Orchis
palustris und von Orchis laxiflora ein, wobei die Blüten von Orchis
672 Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006.
pseudolaxiflora in der Fonn, Farbe und Größe deutlich
zu
Orchis laxiflora
tendieren, außerdem die helle Lippenbasis keine Malzeichnung besitzt oder nur
sehr selten mit rotvioletten Punkten oder kurzen Striche besetzt ist, während bei
Orchis palustris diese immer aus Strichen oder kurzen Linien besteht.
Außerdem ist der Sporn sowohl bei Orchis pseudolaxiflora als auch bei Orchis
laxiflora etwas kürzer als der Fruchtknoten und aufwärts gebogen, bei Orchis
palustris aber überwiegend waagrecht bis nur leicht aufwärts gerichtet und etwa
halb so lang wie der Fruchtknoten.
Orchis laxiflora
LAM.
kann auch deutlich von Orchis pseudolaxiflora
unterschieden werden. Erstgenannte Art ist in allen Dimensionen deutlich
kleiner,
hat
viel weniger Blüten und die beiden Seitenlappen der Lippe sind
weit zurückgeschlagen. Außerdem ist der weiße Lippengrund des Mittel-
lappens fast immer mit einer violettroten Strichelung versehen.
Darüber hinaus überlappen sich beide Areaie von Orchis laxiflora und Orchis
pseudolaxiflora in der Türkei nicht. Erstgenannte Art kommt
nur
im Westen
des Landes vor, Orchis pseudolaxiflora nur in der östlichen Hälfte, wobei
beide Arten sich in der Verbreitung völlig ausschließen.
Auch die Areale von Orchis palustris und Orchis pseudolaxiflora (Orchis
laxiflora subsp. dielsiana
S06)
sind in der Türkei deutlich voneinander getrennt
(vgl.
KREUTZ
1998). Orchis palustris kommt in der westlichen Hälfte der Türkei
vor und wird in der östliche Hälfte durch Orchis pseudolaxiflora ersetzt.
Übergangspopulationen kommen zwar vor, sind aber sehr selten.
Wir danken Herrn Dr. Bruno W
ALLNÖFER
vom Herbarium des
Naturhistorischen Museums in Wien für die Überlassung einer Abbildung des
Herbarbogens
KOTSCHY
PI. Mesopot. Nr. 147
und
die Erlaubnis
zu
seiner
Publikation
und
Herrn Dr. J.F.
VELDKAMP
(Leiden) für die kritische
Durchsicht des Manuskriptes.
Literatur:
BAUMANN,
H. & A.
DAFNI
(1981): Orchis dinsmorei (R. Schlechter) H.
Baumann
& Dafni
combo
et stat. nov. eine eigenständige Art aus dem
Orchis laxiflora Komplex. -Mitt.Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-
württ.
13(3): 311-336.
BAUMANN,
S.
KÜNKELE
& R.
LORENZ
(1989): Die nomenklatorischen Typen
der
von
LINNAEUS
veröffentlichten Namen europäischer Orchideen. -
Mitt.Bl. Arbeitskr. Heim. Orch. Baden-Württ. 21(3): 355-700.
Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006. 673
BAUMANN,
H. &
R.
LORENZ
(2005): Beiträge zur Taxonomie europäischer und
mediterraner Orchideen. -Jour. Eur. Orch. 37(3): 705-743.
BAUMANN,
H. & R.
LORENZ
(2006): Typisierung von Orchis laxiflora Lam.
subsp. dielsiana Soo.
-Jour.
Eur. Orch. 38(1): 184-186.
KREUTZ,
C.AJ.
(1998): Die Orchideen der Türkei. Selbstverlag Raalte &
Landgraaf.
SCHREDER,
R.R. & N.S.
KUDRJASCHEV
(Eds.) (1941): Flora Uzbekistanica,
T.
1.
-Taschkent.
SCHLECHTER,
R.
(1928): Monographie und Iconographie der Orchideen
Europas und des Mittelmeergebietes. I. Band. -Repertorium specierum
nov. regni vegetabilis, Sonderbeiheft A.
S06, R. v. (1926): Additamenta orchideologica. Notizbl. Bot. Garten Bot.
Mus. Berlin-Dahlem 89(9): 901-911.
Anschrift der Autoren
Prof. Dr.
Wolf
gang Eccarius
Amrastraße 107
D-99817 Eisenach
674
Karel Kreutz
Oude Landgraaf35A
NL-6373 BE Landgraaf
Journal Europäischer Orchideen 38(3):2006.