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Mumien, Mumifizierungstechnik und Totenkult im Alten Ägypten : eine chronologische Übersicht

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In Ägypten liegen die Anfänge der künstlichen
Mumifizierung weitgehend im Dunkeln. Texte, die
über die damals gebräuchlichen Methoden Aufschluss
geben könnten, existieren nicht, da das Schriftsystem
in jener Zeit noch nicht entwickelt war. Die besten
Hinweise sind daher von der naturwissenschaftlichen
Analyse der Mumien zu erwarten; jedoch haben sich
gerade aus dieser Anfangsphase nur wenige mumifi-
zierte Körper oder wenigstens Körperteile erhalten –
was daran liegen mag, dass erste Mumifizierungsver-
suche wenig erfolgreich waren und gerade die reich
bestatteten Toten, Angehörige der königlichen Familie
und höherer Schichten, bei Grabplünderungen meist
vollständig zerstört wurden. Hinzu kommt, dass das
Interesse der frühen Ausgräber in Ägypten weniger
den Mumien als den Grabbeigaben galt, so dass
menschliche und tierische Überreste mitunter nicht
näher untersucht wurden. Selbst wenn es zu einer
genaueren Bestandsaufnahme kam – vor allem von
Königsmumien und von solchen, die dafür gehalten
wurden –, sind die früheren Ergebnisse heute nur
bedingt verwertbar, weil sich die Fragestellungen
durch neue Analysemethoden verändert haben.
Prädynastische Zeit – Von Natur -
mumien, Bestattungsbräuchen und
Anfängen eines Totenkults
Nachweisbare Siedlungsreste prähistorischer Kulturen
reichen in Ägypten bis ins 6. Jahrtausend v. Chr.
zurück. Die vorrangige Bestattungsform in vorge-
schichtlicher Zeit war die so genannte Hockerbestat-
tung. Der Tote lag in Embryonalhaltung, eingeschla-
gen in Matten, mitsamt den Grabbeigaben in einer
flachen Grube. Zunächst war sein Kopf in der Regel
nach Westen ausgerichtet; im Laufe der Zeit setzte
sich die Orientierung nach Osten durch. Die in
Oberägypten ansässigen Kulturen bestatteten ihre
Toten in der Wüstenzone am Rande der Dörfer, wo
die Körper der Sonne und dem salzigen Wüstensand
ausgesetzt waren und sich durch Austrocknung erhiel-
Unter einer Mumie versteht man in den Naturwissen-
schaften den mit Haut, Haar und Fleisch konservier-
ten menschlichen Leichnam oder tierischen Kadaver,
unabhängig davon, ob er auf natürliche Weise ent-
standen oder künstlich hergerichtet worden ist. Darü-
ber hinaus bezeichnet man in der Ägyptologie die mit
der Absicht der Mumifizierung bandagierten Körper
gewöhnlich auch dann noch als Mumien, wenn die
Herrichtung die Silhouette des Bestatteten bewahrt
hat, innerhalb der Binden jedoch nur noch Skelettteile
vorliegen.
TANJA POMMERENING
Mumien, Mumifizierungstechnik
und Totenkult im Alten Ägypten –
eine chronologische Übersicht
Abb. 1
Teilmumifiziertes Skelett einer
Frau, Hierakonpolis (HK 43,
Bestattung 85), um 3500 v. Chr.
88 · TANJA POMMERENING
liches Bild. Inwieweit die darin überlieferten Ideen
über das Vereinigen der durch den Tod dissoziierten
Glieder schon in der ägyptischen Frühzeit vorlagen,
ist ungewiss. In späterer Zeit spielte beim Mumifizie-
rungsprozess die Wiederherstellung einer Verbindung,
die unter anderem durch Bandagieren und Balsamie-
ren bewirkt werden sollte, eine nicht unbeträchtliche
Rolle.
Es ist daher insgesamt unklar, inwieweit die Ägyp-
ter bei den ältesten Leichnamen, an denen man eine
postmortale Manipulation erkennen kann, eine künst-
liche „Mumifizierung“ im Sinne der Erhaltung der
Weichteile angestrebt haben. Denn erst mit der Evis-
zeration, das heißt der dauerhaften Entfernung
bestimmter innerer Organe, konnte es zur Gewebeer-
haltung kommen; doch sind Eviszerationen für die
Zeit vor der vierten Dynastie (um 2600 v. Chr.) kaum
belegt.
Frühdynastische Zeit – Leinenum -
wickelung ohne Konservierung
Um etwa 3000 v. Chr. kam es in einem längeren Pro-
zess (Dynastie 0) in Ägypten zur Reichseinigung und
zur Ausbildung eines Staates. In den Nekropolen der
ersten und zweiten Dynastie in Sakkara (um 3050 bis
2700 v. Chr.) fand man mehrere in dicke Leinen-
schichten eingewickelte Körper, die in Embryonalstel-
lung in kurzen Holzsärgen bestattet waren. Ihre
Weichteile sind nicht konserviert, aber den Banda-
ten. Man geht heute davon aus, dass diese klimatisch
bedingten Erscheinungen früh ein religiöses Totenkult-
Konzept prägten, das die Körpererhaltung als notwen-
dig für ein jenseitiges Leben voraussetzte.
Mit der Ausbildung der ersten Zentren und Elite-
friedhöfe in der Mitte des 4. Jahrtausends v. Chr. wan-
delte sich die Grabstruktur. Die Grabgruben wurden
größer und ihre Wände zum Teil ausgemauert, was
zwar Schutz vor Sonne und Sand bot, die natürliche
Mumifizierung aber behinderte. Lange herrschte die
Meinung vor, dass die Beobachtung der durch die ver-
änderten Bestattungsbedingungen induzierten Verwe-
sung der alleinige Antrieb für die Entwicklung der
künstlichen Mumifizierung gewesen sei; denn nach
der Verfestigung und Verselbstständigung des Toten-
kults musste ein Leichnam unter allen Umständen vor
dem Verfall geschützt werden. Nach den neuesten
Funden auf einem Arbeiterfriedhof in Hierakonpolis
(HK43) aus der Zeit um 3500 v. Chr. (Abb. 1) ist je -
doch zu vermuten, dass schon damals auch andere
Jenseitsvorstellungen eine Rolle spielten. Man fand
dort die mit Matten bedeckten Körper dreier Frauen,
die ausschließlich an Kopf und Händen mit harz -
getränktem, feinstem Leinen umwickelt waren, was
indes im Vergleich zur Sonnen- und Sandexposition
zu keiner verstärkten Weichteilkonservierung geführt
hat. Einer der Frauen ist die Kehle nach dem Tode
durchschnitten worden; einer anderen hat man ein
Organ entnommen, eingewickelt und in den Körper
zurück gelegt. Über die Gründe kann man nur speku-
lieren. Wie es scheint, stand anfänglich weniger das
langfristige Erscheinungsbild des gesamten Körpers im
Vordergrund, sondern eher die Aufrechterhaltung
bestimmter Körperfunktionen. So wurden diejenigen
Gelenke zusammengebunden, die, weil sie für die
Aufnahme der Nahrung unentbehrlich waren, keines-
falls abhanden kommen durften.
Die rituellen Totentexte aus der Folgezeit schildern
eine Trennung des Kopfes vom Körper, so dass die
nach dem Tode durchschnittene Kehle der Frau vor
diesem Hintergrund erklärbar wird. Ein Text in der
Pyramide des Teti (PT 413; §§ 735b–736c) vereint
mehrere Vorstellungen:
„Wach auf, König, erhebe dich, empfange deinen
Kopf, sammle deine Knochen zusammen, schüttle
deinen Staub ab, setz dich auf jenen deinen erzenen
Thron. Du sollst einen Rinderschenkel verspeisen und
ein Fleischstück zum Munde führen. Hab Anteil an
deinen Rippenstücken am Himmel in Gemeinschaft
der Götter.“
Diese so genannten Pyramidentexte, die erstmals
unter Unas, dem letzten König der 5. Dynastie (um
2350 v. Chr.), bezeugt sind, stellen die ältesten schrift-
lichen Aufzeichnungen dar, aus denen man etwas
über ägyptische Jenseitsvorstellungen erschließen
kann; insgesamt liefern die mehr als 700 Einzel-
sprüche ein sehr heterogenes, teils auch widersprüch-
Abb. 2
In Leinen gewickelter Unter-
arm des Königs Djer oder
seiner Gattin Merneith,
Abydos, um 3000 v. Chr.
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 89
ten das Entfernen der inneren Organe üblich und
somit eine technische Weiterentwicklung der künst -
lichen Mumifizierung offenkundig; die Toten wurden
jetzt ausgestreckt begraben. Für die Anfangszeit der
4. Dynastie lässt sich die Eviszeration nur indirekt
durch Grabwandnischen mit je vier Vertiefungen
nachweisen; darin dürften die vier Arten der Ein -
geweide – Magen, Gedärm, Lunge und Leber – depo-
niert gewesen sein, ein Verfahren, das später noch
angewandt wurde, wenn nicht Kanopen, das sind
besondere Krüge für die inneren Organe (Abb. 9),
oder Kästen zum Einsatz kamen. Das früheste Zeugnis
eines Eingeweidebehälters fand man im Grab der
Hetepheres I., der Mutter des Cheops, deren in Leinen
gehüllte innere Organe in einem viergeteilten Alabas -
terkasten aufbewahrt waren. Eine dem Leinen anhaf-
tende Flüssigkeit erwies sich als dreiprozentige
Natronlösung: einer der wenigen frühen Hinweise auf
den Einsatz von Natron, das erst seit dem Mittleren
Reich in größerem Umfang zur Mumifizierung
genutzt wurde. Die Grablegung von Meresanch III.,
der Enkelin des Cheops und Gattin des Chephren, lie-
fert den ältesten Beleg für das Aufbewahren der Or -
gane in vier Kanopen, die hier zusätzlich in einen
Kanopenkasten eingebracht sind. Zwar wurden nun
gelegentlich die Eingeweide entfernt; eine Extraktion
des Gehirns ist jedoch für die Zeit des Alten Reiches
noch nicht regulär nachzuweisen, wenn auch einige
Einzelfälle eine Experimentierphase bezeugen.
genresten haftete ein Harz an, das man als Impräg-
nierung zum Schutz gegen Verwesung interpretieren
könnte. Ebenso gut könnte es lediglich als Klebemittel
aufgetragen worden sein, um die Binden zusammen-
zuhalten. Mit Harz getränktes Leinen wurde auch in
Gräbern der ältesten Frühzeit-Nekropolen nachge-
wiesen, so in Mostagedda (um 4000 v. Chr.) und, wie
oben beschrieben, in Hierakonpolis. Sofern durch die
Harzimprägnierung ein Schutz vor Verwesung erzielt
werden sollte, dürfte man daher die ersten Mumifizie-
rungsversuche schon vor 6.000 Jahren ansetzen.
Königliche „Mumien“ im ägyptologisch-fachtermi-
nologischen Sinne des Wortes, also mit Leinenbinden
umwickelte Körper oder Körperteile, sind aus der
frühdynastischen Zeit mit einer Ausnahme nicht er -
halten und vermutlich Plünderungen zum Opfer ge -
fallen. Den Einzelfall bildet ein Fund in der Grab -
anlage des Königs Djer in Abydos (um 3000 v. Chr.).
Einer der Grabungsarbeiter fand 1901 darin einen
Unterarm, der in feinstes Leinen gewickelt war und
vier Armreife trug, die aus Gold, Türkis, Lapislazuli
und Amethyst gefertigt sind. Eine Konservierung der
Haut oder des Gewebes der Muskeln hatte nicht statt-
gefunden (Abb. 2). Man nimmt heute an, dass es sich
um den (von einem Grabplünderer zurückgelasse-
nen?) Arm von Djer oder seiner Gattin Merneith han-
delte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts maß man dem
Befund noch keine Bedeutung zu; der damalige Kura-
tor des Kairener Museums soll sowohl die Binde als
auch den Arm fortgeworfen haben, die Armreifen sind
im Museum heute noch zu besichtigen.
Altes Reich – Entfernung der Einge -
weide und Herrichtung der äußeren
Umhüllung
Mit der 3. Dynastie (um 2700 v. Chr.) beginnt die erste
große Blütezeit Ägyptens, die 3. bis 6. Dynastie, um
2700 bis 2200 v. Chr.: das Alte Reich, das sich durch
große Baudenkmäler in Stein, vor allem die Pyrami-
den, auszeichnet.
Intakte königliche Mumien aus dieser Zeit sind nicht
überliefert, wohl aber einzelne Körperteile, die auf-
grund des Fundorts und einer C-14-Datierung den
Königen dieser Zeit zugeordnet wurden, so die mumifi-
zierte Hand des Neferefre (um 2450 v. Chr.) und Über-
reste von Djedkare Isesi (um 2400 v. Chr.), beide aus
der 5. Dynastie. Die vermeintlichen Skelett reste, unter
anderem ein in Leinen gewickelter Fuß des Königs der
3. Dynastie, Djoser, hat man inzwischen mit Hilfe der
C-14-Methode in die Ptolemäerzeit umdatiert.
Die für eine Chronologie der Mumifizierungstech-
nik wichtigsten Belege stammen aus dem königlichen
Umfeld. Um 2600 v. Chr. wird für die auf Residenz-
friedhöfen bestatteten Verwandten und hohen Beam-
Abb. 3
Kopf der Mumie des Ranefer,
um 2500 v. Chr.
90 · TANJA POMMERENING
wurde Osiris nicht nur wiederbelebt, sondern zeugte
zudem mit Isis einen Sohn: Horus, der den Tod seines
Vaters rächte und neuer Herrscher über Ägypten
wurde; Osiris war fortan der König und Herrscher der
jenseitigen Unterwelt.
Der Verstorbene erhielt infolge dessen bei seiner
Bestattung einen so genannten Osiris-Namen, der ihn
mit dem jenseitigen Herrscher identifizierte und ihm
somit die Existenz im Jenseits ermöglichte. Diese
Sprachmagie ergänzte die älteren Mumifizierungs-
theorien, löste sie aber nicht ab; auch weiterhin galt
die sorgfältige körperliche Konservierung und Pflege
des Bestatteten als notwendig für dessen seelische
Fortexistenz. Abhanden gekommene Körperteile wur-
den restauriert oder ersetzt; man versuchte, die
Weichteile zu erhalten, wie ein Pyramidenspruch
überliefert:
„Oh Fleisch des Teti, verwese nicht, verrotte nicht,
stinke nicht.“ (PT §722)
Jegliche Verwesung, Schändung oder Vernachlässi-
gung der Leiche löschte die Person endgültig aus. Der
Körper musste also regelmäßig mit Speisen versorgt
werden – dies geschah unter anderem auf magische
Weise durch Darstellungen oder Opfertexte –, und
das Grab als Begegnungsstätte des verklärten Toten
Mit der Mumie des Privatmanns Ranefer (4. oder 5.
Dynastie, um 2500 v. Chr.), die man in seinem Grab
in Meidum neben seinen in einer Nische gelagerten
und in Leinen eingehüllten Organen fand, ist der
nächstjüngere Stand der Mumifizierungspraxis belegt.
Ranefers in Leinen gewickelter Kopf (Abb. 3) war mit
Augen, Brauen, Haar und Mund bemalt, die Körper-
formen wurden nachgebildet, die Gesichtszüge
besonders sorgsam modelliert. Wie inzwischen
üblich, hatten die Balsamierer den Körper vollständig
in mit Harz getränkte Leinenbinden und -tücher
gewickelt; zudem – auch dies kommt neu hinzu – war
der Unterleib mit harzgetränktem Leinen gefüllt wor-
den. An dieser Mumie, die sich im Royal College of
Surgeons in London befand und dort dem Zweiten
Weltkrieg zum Opfer fiel, wurde deutlich, dass die
Ägypter zu Ranefers Zeit verstärkt Wert auf die syste-
matische Behandlung der äußeren Umhüllung legten:
eine Tradition, die zunächst bis zum Ende des Alten
Reichs anhielt, wie weitere derartige Mumien aus
Sakkara, Gizeh und Abusir zeigen. Die menschlichen
Körperformen – auch die der Genitalien – wurden mit
Hilfe von Leinenbinden und Harz nachgestaltet; das
Gesicht wurde zum Teil mit Wachs oder Gips nach-
modelliert und die Gesichtsumhüllung bemalt. Gegen
Ende des Alten Reichs entstanden eigenständige
Kartonagemasken (Abb. 4), die fortan vor allem im
Mittleren Reich und in griechisch-römischer Zeit das
Erscheinungsbild der Mumien prägten. Eine besondere
Maskenform der 5. und 6. Dynastie (um 2500 bis
2200 v. Chr.) sind aus jeweils mehreren Schichten
Gips hergestellte, über die bandagierten Körperkontu-
ren aufgesetzte Ganzkörperhüllen mit sorgsam rekons -
truierten Gesichtszügen. Diese ästhetische Konservie-
rung trug zwar insgesamt nicht dazu bei, der Verwe-
sung entgegenzuwirken, gab aber dem Körper seine
individuelle Gestalt und Funktionalität zurück, was
notwendig für ein Weiterleben im Jenseits war.
Jenseitsglaube
Gegen Ende des Alten Reiches setzte sich eine Jen-
seitsvorstellung durch, die bis zum Ende der ägypti-
schen Kultur und noch darüber hinaus dominierend
war. Wie vormals der verstorbene König durchlief nun
auch der nicht-königliche Tote das Schicksal des Gott-
es Osiris. Osiris war im Mythos Herrscher von Ägyp-
ten in der Nachfolge seines Vaters Geb und wurde
von Seth, seinem Bruder und Rivalen um den
Königsthron, erschlagen. Seth zerstückelte sein Opfer
und verteilte dessen Glieder im gesamten Land; aber
die Schwestern des Osiris, Isis und Nephthys, mach-
ten sich auf die Suche nach den Leichenteilen und
fügten den Körper ihres Bruders wieder zusammen.
Im Verlauf dieser archetypischen Mumifizierung
Abb. 4
Mumienmaske einer Frau,
Kartonage, bemalt, Mittleres
Reich, 11. Dynastie, um
2050 v. Chr., Fundort un -
bekannt, wohl aus Assiut,
Roemer-Pelizaeus-Museum
Hildesheim, Inv.-Nr. PM 6227.
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 91
Erste Zwischenzeit und Mittleres
Reich – Kombination von Maßnahmen
zur Verwesungsminderung
Mit der Ersten Zwischenzeit (um 2200 v. Chr.) zerfiel
die Zentralgewalt; einzelne Lokalfürsten gewannen an
Macht. Auch auf den Provinzfriedhöfen setzten sich
nun, selbst bei einfacheren Bestattungen, die ausge-
streckte Körperpose, die Verwendung von Särgen und
die Körperwicklung durch. Erst rund 100 Jahre später
wurde das Reich unter oberägyptischer Führung wie-
der vereinigt (Mittleres Reich, um 2100 bis 1790 v. Chr.),
doch gab es autonome Gaufürsten, die sich nicht
mehr – wie es für die oberen Beamten der früheren
Zeit noch üblich gewesen war – in der Nähe des
Königs bestatten ließen, sondern eigene Nekropolen
anlegten. Wohl auch in Abhängigkeit von den jewei-
ligen finanziellen Möglichkeiten war die Mumifizie-
rungspraxis demgemäß uneinheitlich, doch lässt sich
in Einzelfällen eine Weiterentwicklung beobachten.
Die Kartonagemasken, die sich gegen Ende der
6. Dynastie herausgebildet hatten, statteten nun einen
Großteil der Mumien aus (Abb. 4). Während der
Regierungszeit Mentuhoteps II. (um 2000 v. Chr.)
entstand daraus der anthropoide Sargtyp, der die
Mumien besonders hochgestellter Personen umgab.
Auf die äußere Herrichtung des Leichnams legte man
immer noch großen Wert. Häufig kamen beträchtliche
Mengen an Leinenstoff zum Einsatz. Die Körperglie-
der wurden nicht nur einzeln umwickelt und in ihrer
Gesamtheit zur typischen Mumienform bandagiert,
sondern die fertige Mumie konnte danach nochmals
von mehreren Leinenschichten umgeben und sodann
kokonartig eingewickelt werden, wie beispielsweise
an der in Theben aufgefundenen Mumie des Wah aus
der 11. Dynastie zu erkennen ist (Abb. 6). In die
Leinenschichten sind Schmuckstücke eingebracht
worden. Wie im Alten Reich wurde das Leinen zuwei-
len teilweise mit Harz bestrichen, jedoch verhinderte
dessen Abstand von der Haut jeden durch die bakte-
riziden und fungiziden Eigenschaften unterstützten
konservierenden Effekt, sofern ein solcher überhaupt
beabsichtigt war.
Seit dem Mittleren Reich war Natron das wichtigste
Hilfsmittel für die Weichteilerhaltung; verwesungs-
mindernd hinzu kam die Entfernung nicht mehr nur
der Eingeweide, sondern vereinzelt nun auch des
Hirnschädelinhalts. Letzteres wurde nicht häufig
bewerkstelligt und war vermutlich ein Privileg der
reicheren Bevölkerung. Transnasale Hirnentfernung
lässt sich an zwei Schädeln aus dem Pyramidenbezirk
Amenemhets II. und am Schädel der Königin Aat
nachweisen. Dem Schädel des Djehuty-Nacht
(11. Dynastie, El-Bersha, Grab 10 A) ist das Gehirn
durch ein Loch im Oberkiefer entnommen worden.
Der Weg über die Nase wurde erst ab dem Neuen
mit den Lebenden war entsprechend funktionsfähig
zu halten.
Für das Leben im Jenseits, das sich dem irdischen
Leben vergleichbar abspielen sollte, spielten drei See-
len eine Rolle: Ba, Ka und Ach. Die Ba-Seele stellte
die Verbindung zum Leichnam her. Sie trennte sich
nach dem Tode vom Körper, konnte in Vogelgestalt die
diesseitige und jenseitige Welt durchfliegen und kehrte
immer wieder zum Leichnam zurück (Abb. 5). Der Ka
bezeichnete die moralische Personalität, den Doppel-
gänger, mit dem sich soziale Kategorien wie Ehre,
Würde und Status verbanden. Nach dem Tode trennte
sich der Ka vom Leichnam und konnte dem Toten
gegenübertreten. Der Ach war eine Seinsform, der
Geist des Verklärten. Ziel der Totenriten war es unter
anderem, den Toten in diese Ach-Form zu überführen,
das heißt zu einem verklärten Ahnengeist zu machen.
Die dafür nötigen kultischen Rezitationstexte standen
seit dem späten Alten Reich auch dem Privatmann zur
Verfügung.
Abb. 5
Ba-Seele und Schatten, aus
dem Grab des Irinefer in
Theben-West (TT 290), um
1250 v. Chr.
92 · TANJA POMMERENING
Reich, das heißt ab circa 1550 v. Chr., zum üblichen.
Man führte einen etwa 30 Zentimeter langen metalle-
nen Stab mit Haken (Abb. 10, rechts) durch die in der
Regel linke Nasenhöhle und durchstieß mit ihm das
Siebbein (
Lamina cribrosa
). Dann zerkleinerte man
mit Hilfe des Hakens das Gehirn und entfernte es
durch die Nase. Die Eingeweide wurden wie bereits
im Alten Reich durch die Bauchdecke entfernt;
zumeist schnitt man die linke Flanke auf. Ab der
12. Dynastie (um 1990 v. Chr.) brachte man erwärm-
tes Harz direkt auf die Haut auf, was in Einzelfällen
schon im Alten Reich nachweisbar ist.
Besonders aussagekräftig sind Mumien in einer
ungeplünderten Bestattung; besondere Aufmerksam-
keit gebührt daher Senebtisi aus Lischt (12. Dynastie).
Ihr Körper wurde, wie im Mittleren Reich üblich,
linksseitig mit Blick nach Osten beigesetzt; ihre Ein-
geweide wurden durch einen linksseitigen Bauch-
schnitt entfernt, das Herz, in Leinen gewickelt, an den
anatomisch korrekten Platz zurückgelegt, die Bauch-
höhle anschließend mit harzgetränkten Tüchern aus-
gefüllt und durch Harz verschlossen. Das Gehirn ver-
blieb im Schädel. In ihrem anthropoiden Sarg ist die
Mumie der Senebtisi mit Pech übergossen worden,
und zwar in solcher Menge, dass umfängliche Reste
auf dem Körper und im Sarg (Abb. 7) noch heute
sichtbar sind.
Königsmumien aus dem Mittleren Reich sind nicht
erhalten geblieben. Immerhin fand man hinter dem
Tempelkomplex Mentuhotep-Nebhepetres in Deir el-
Bahari in Schachtgräbern sechs Damen aus der Königs-
familie der 11. Dynastie; diesen Mumien sind, was in
Anbetracht ihres Sozialstatus staunen lässt, weder die
Eingeweide noch die Gehirne entnommen worden. Sie
waren dennoch in gutem Erhaltungszustand; die Mumi-
fizierung soll sowohl durch Natron als auch durch
Harze und Bienenwachs bewerkstelligt worden sein.
Zwei Frauen, die in gleicher Zeit in deren Nähe bestat-
tet wurden und die ihr Ausgräber Herbert Winlock für
Tänzerinnen hielt, waren tätowiert.
Üblicherweise wurde nach der Organentfernung
die leere Leibeshöhle mit Leinen ausgestopft, auch
Sägespäne kamen zum Einsatz. Die entnommenen
Eingeweide wurden in vier Kanopen verwahrt, das
Gehirn, dem man keine Bedeutung zumaß, weil das
Herz als Sitz des Verstandes galt, wurde weggewor-
fen. Im Laufe der ägyptischen Geschichte änderte sich
die Gestalt der Kanopen, die Vierzahl blieb aber stets
konstant. Seit der Ersten Zwischenzeit konnten die
Deckel einen Menschenkopf darstellen; seit dem
frühen Mittleren Reich wurden die Gefäße durch
Inschriften dem Schutz der vier Horussöhne Amset,
zuständig für den Magen, Hapi, zuständig für das
Gedärm, Qebehsenuef, zuständig für die Leber, und
Duamutef, zuständig für die Lunge, unterstellt. Es
kommt mitunter vor, dass ein Grab zwar mit Kanopen
ausgestattet ist, die Organe jedoch im Leichnam ver-
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 93
Pharaonen; im zweiten, im Tal der Könige (Grab des
Amenophis II. = KV 35) 16, darunter neun Pharaonen
(Abb. 8, Könige und königliches Umfeld). Nach ihrer
Zweitbeisetzung blieben die Mumien fast 3.000 Jahre
lang unbehelligt, heute sind einige von ihnen in einem
Sondersaal im Ägyptischen Museum zu Kairo ausge-
stellt. Seit ihrer Wiederentdeckung sind sie mehrfach
mit den zu der jeweiligen Zeit üblichen Methoden
wissenschaftlich untersucht worden. Dabei wurde
angezweifelt, dass die Priester, die die zum Teil sekun-
dären Särge und Mumienbandagen mit den Königs -
namen versehen haben, mit allen Personenzuord -
nungen richtig lagen, denn es war zu vermuten, dass
manche Mumie ihre Lokalisation mehrfach hatte
wechseln müssen, bevor sie ihren Platz im endgültigen
Grab einnehmen konnte.
Anhand der Königsmumien des Neuen Reichs
konnte der Stand der Mumifizierungstechnik dieser
Zeit im Detail rekonstruiert werden, wenngleich nicht
jeder Pharao in den Genuss sämtlicher Maßnahmen
kam. Die transnasale Hirnentfernung wurde zum
Standard. Harze wurden großzügig verwendet, nicht
nur direkt auf der Haut, sondern auch als Einguss über
die Nase in das Gehirn; ferner wurden sie in Kugel-
form in die Nasen- und Ohrenöffnungen gesteckt,
gelegentlich auch in den Anus, und dienten zum Ver-
kleben des Einschnitts an der linken Bauchseite, der
außerdem mit einem Goldblech bedeckt wurde. Das
Herz verblieb immer im Körper; manchmal erhielt es
seine eigene Leinenverpackung.
Die Körperhöhlungen wurden nach Entfernung der
Organe mit Wasser und Wein gereinigt und ansch-
ließend mit Natron, Harz und/oder Leinen gefüllt. Die
Organe setzte man nach dem Trocknen, Balsamieren
und Umwickeln in Kanopen bei. Diese Gefäße konn-
ten zur Zeit insbesondere des späten Neuen Reichs
Deckel mit den charakteristischen Köpfen der Horus-
söhne tragen: Amset erscheint menschengestaltig,
Hapi mit einem Paviankopf, Duamutef mit Schakal-
kopf und Qebehsenuef mit Falkenkopf (Abb. 9). Nach
der Reinigungs- und Trocknungsphase, die vier Tage
nach dem Tod einsetzte und etwa 48 Tage in Anspruch
nahm, sowie der Verschönerung des äußeren Erschei-
nungsbildes durch künstliche Haarverlängerungen,
Färbung der Haare, geschminkte Augenbrauen und so
weiter wurde die Mumie von Kopf bis Fuß bandagiert
– wobei Amulette auf dem Mumienkörper zwischen
den Lei nen binden verteilt wurden – und durch Aus-
stopfen der Weichteilhohlräume in Form gebracht.
Der dann in den Sarg gebettete Körper wurde zuwei-
len mit Harz übergossen.
Balsamierung und Wicklung dauerten etwa 14 Tage,
der gesamte Vorgang idealiter 70 Tage. Die benutzten
Trocknungsmittel, Salben und Leinenstoffe wie auch
Reste der Haare und Nägel des Einbalsamierten wur-
den gesondert in Gefäßen oder Särgen verwahrt und
in der Nähe des eigentlichen Grabes beigesetzt. Ob es
blieben sind. Die Rolle der Gefäße ging daher weit
über diejenige von einfachen Aufbewahrungsbehäl-
tern hinaus.
Neues Reich – Mumifizierungstechnik
der Königsmumien
Hinsichtlich der Herrscher des Neuen Reiches (um
1550 bis 1070 v. Chr.), die in Theben-West im Tal der
Könige bestattet wurden, ist die Fundlage äußerst
günstig. Zwar blieben – sieht man von der bekannten
Ausnahme, dem Grab des Tutanchamum, ab – auch
diese Gräber von Plünderungen nicht verschont; doch
hatte man um 1000 v. Chr. Depots, so genannte
Cachettes, eingerichtet, in denen man die geschände-
ten Mumien aus dem Tal neuerlich bestattete, um sie
nicht ihrer Weiterexistenz im Jenseits zu berauben.
Zwei derartige Lagerstätten wurden gegen Ende des 19.
Jahrhunderts entdeckt. Da die Mumien einiger Könige,
deren Gräber erhalten sind, fehlen, wird vermutet, dass
es noch ein drittes Depot gegeben habe. Insgesamt
waren im ersten Depot, das sich in Deir el-Bahari
befand (DB 320), 40 Mumien bestattet, darunter zehn
Abb. 7
Die Mumie der Senebtisi
wurde einst (um 1800 v. Chr.)
so stark mit Pech bedeckt,
dass deren Form nach der
Entnahme immer noch im
Sarg sichtbar ist.
Ô
Abb. 6
Die intakte Mumie des Wah
(MMA 20.3.203) aus Theben
(um 2000 v. Chr.) wurde 1935
im New Yorker Metropolitan
Museum of Art ausgewickelt.
94 · TANJA POMMERENING
ab
cd
e
f
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 95
das Opfer an einer Weiterexistenz auch im Jenseits
gehindert wurde. Besonderer Wert wurde im Übrigen
auf die Erhaltung der Finger- und Zehennägel gelegt,
die während des Trocknungsvorgangs so ange bunden
wurden, dass sie nicht abfielen. Prinzipiell wurden in
der Mumifizierungspraxis des ausgehenden Neuen
Reiches alle fehlenden Körperteile mit Hilfe von
Bandagen, Harz oder Holz rekonstruiert und ersetzt.
Nicht nur die Elite des Pharaonenstaates kam in den
Genuss einer Mumifizierung: auch Personen nicht -
königlicher Abstammung wurden, obgleich mit weni-
ger aufwändigen Maßnahmen – eine Eviszeration
fand nicht statt, wohl aber eine Dehydrierung des
Körpers mittels Natron, eine Behandlung mit Harzen
und die Bandagierung mit Leinen –, für die Jenseits-
reise präpariert.
Dritte Zwischenzeit – Einbringen von
Stopfmaterial unter die Haut
Häufig wird heute betont, dass der Höhepunkt der
Balsamierungskunst in der 21. Dynastie gelegen habe,
das heißt um 1000 v. Chr. In dieser Zeit wurden die
Königsmumien umgebettet, so dass man möglicher-
weise beim Anblick der durch Plünderung geschän-
deten Vorfahren sich etwaiger technischer Mängel
bewusst geworden war. Jedenfalls kommt es in dieser
Zeit zu einem auffallenden Wandel der Technik. An
zahlreichen Stellen wurde die Haut der Toten aufge-
sich bei diesen so ge nannten Balsamierungsdepots,
die schon für die 11. Dynastie nachgewiesen worden
sind, um einfache Abfallgruben oder um religiös-ritu-
elle Begräbnisse handelt, ist derzeit noch unklar.
Gegen Ende der 18. Dynastie wurden erstmals künst-
liche Augen in Form bemalter Leinenstücke über die
Stelle der physischen Augen gelegt. Während der 20.
Dynastie (um 1180 bis 1070 v. Chr.) und auch noch in
der Dritten Zwischenzeit (um 1070 bis 525 v. Chr.)
setzten die Mumifizierer kleine Zwiebeln unter die
Augenlider: beispielsweise fand man Zwiebelknollen
über den eingedrückten Augäpfeln Ramses’ IV., des
dritten Königs der 20. Dynastie, dessen Ohr- und
Nasenlöcher mit Harz verschlossen waren. Da Zwie-
beln unter Umständen auch an anderen Körperstellen
mit eingewickelt und schon in den Pyramidentexten
mit den Zähnen des Osiris identifiziert wurden, darü-
ber hinaus im Neuen Reich als Kult objekte in einem
Fest zur Regeneration des mumifizierten Sokar-Osiris
eine Rolle spielten, dürfte ihre Anwendung nicht oder
nicht nur, wie vermutet wurde, durch ihre antibakteri-
ellen Eigenschaften verursacht worden sein.
In einigen Fällen wurden die Bandagen besonders
sorgfältig angelegt; beispielsweise ist an der Mumie
Ramses’ II. die Nase mit Hilfe kleiner Tierknochen so
bandagiert, dass die Nasenlöcher weiterhin offen
standen. Der Nase kam nach ägyptischer Vorstellung
eine große Bedeutung zu, da durch sie der Lebens-
hauch in den Körper eintrat. Daher war das Abschla-
gen der Nase auch bei Statuen, die ein Abbild des Ver-
storbenen darstellten, eine schwerwiegende Strafe, da
Ô
Abb. 8
Ausgewählte Mumien aus
dem Museum in Kairo.
a König Seqenenre, Taa II.
(Kopf), gestorben um
1555 v. Chr (CG 61051).
b König Sethos I. von vorne
und im Profil, gestorben um
1280 v. Chr. (CG 61077).
c König Ramses III., gestor-
ben um 1150 v. Chr.
(CG 61083).
d Nedjmet, Gattin des Hohe-
priesters Herihor, gestorben
um 1070 v. Chr.
(CG 61087).
e Gattin Thutmosis III. oder
Amenophis III. (Meritre
oder Teje), von vorne und
im Profil, gestorben um
1400 v. Chr. (CG 61070).
f Hohepriester des Amun
Masaharta (Sohn von König
Pinudjem I.), gestorben um
1050 v. Chr. (CG 61092).
Abb. 9
Kanopen des Paduif mit
Köpfen der Horussöhne
(Hapi = Pavian, Qebehsenuef
= Falke, Duamutef = Schakal,
Amset = Mensch), Louvre
Paris, Inv.-Nr. N 2952.
96 · TANJA POMMERENING
schnitten und mit Sägemehl, Leinen, Harz oder
Schlamm unterfüttert, so dass sie trotz des Trock-
nungsvorgangs ihre Form beibehielt (Abb. 8f.). Die so
behandelten Körper vermitteln heute das Bild einer
Experimentierphase. In einigen Fällen war durch
übertriebenes Ausstopfen die Haut aufgeplatzt oder
ein unnatürliches Äußeres entstanden, obwohl auch
hier beabsichtigt gewesen sein dürfte, den Toten als
(Ab)bild herzurichten: Kopf und Körper wurden in
den Farben bemalt, die aus Darstellungen und von
Statuen vertraut sind: rot für den Mann, gelb für die
Frau. Mit der 21. Dynastie kam, vielleicht aufgrund
der vorangegangen Grabplünderungen, die außerleib-
liche Organbestattung außer Gebrauch. Von nun an
wurden die durch den seitlichen Bauchschnitt ent-
nommenen Organe nach ihrer Behandlung und
Umwicklung in den Körper zurückgelegt und dabei
häufig mit Wachsfiguren der Schutzgottheiten verse-
hen. Das Gehirn wurde auch zu dieser Zeit durch die
Nase entfernt; der Hirnschädel und die Leibeshöhlen
wurden mit geschmolzenem Harz gefüllt.
Schon in der 22. Dynastie (um 950 v. Chr.) nimmt
das Verfahren der direkten Körperpräparation, das heißt
der formenden Manipulation unter der Haut, wieder
zugunsten einer Gestaltung der äußeren Hülle durch
zusätzliches Leinen ab. Möglicherweise wurde auch
weniger Wert auf die Weichteilerhaltung gelegt, was
aufgrund der Belege jedoch nicht überzeugend demon-
striert werden kann. Bedenkt man, dass königliche
Mumien weder aus der 22. bis 24. Dynastie, noch aus
der Spätzeit (746 bis 332 v. Chr.), noch aus der pto-
lemäischen Zeit (332 v. Chr. bis 30 v. Chr.) erhalten
geblieben sind, so erscheint die wissenschaftlich heute
gängige Vorstellung eines damaligen Totalverfalls des
Mumifizierungswesens als zu pauschal. Je nach sozia-
lem Stand sind bis in die Römerzeit hinein deutliche
Unterschiede in der Mumifizierungspraxis zu erkennen.
Spätzeit – Der griechische Geschichts -
schreiber Herodot berichtet über die
Kunst der Balsamierung
In der 25. Dynastie wurde es üblich, die Eingeweide
nach deren Konservierung zwischen den Ober- oder
Unterschenkeln zu deponieren; die auch in solchen
Gräbern aufgefundenen Kanopen hatten eine aus -
schließlich symbolische Funktion. Die Mehrzahl der
Spätzeitmumien stammt aus Oberägypten und den
angrenzenden Gebieten (siehe Beitrag Budde in die-
sem Band). Besonders ergiebig war ein Grabfund im
Asasif (Theben). In der Grabkammer des Wah-jb-Re
aus der 26. Dynastie kam ein komplettes Balsamie-
rungsbesteck aus Kupfer zutage, bestehend aus einem
Messer, einem Klistiergerät, in dem noch bräunliche
und weiße Krusten klebten, einem Spachtel, einer
Pinzette, einem Löffel, einer Nadel und einem Haken
(Abb. 10).
Wie auch in früherer Zeit war die Herrichtung der
Mumie status- und mittelabhängig. Herodot von Hali-
karnass (circa 484 bis 425 v. Chr.) schreibt in seinen
Historien
(II, 85–88), dass zur Zeit der persischen
Fremdherrschaft mehrere Abstufungen im Mumifizie-
rungsverfahren existierten:
„Bei der kostbarsten Weise verfahren sie so. Zuerst
holen sie mit einem gebogenen Eisen das Gehirn
durch die Nasenlöcher heraus, und zwar einen Teil
auf diesem Wege, das übrige mittels gewisser Flüssig-
keiten, die sie hineingießen. Darauf machen sie mit
einem scharfen äthiopischen Stein einen Einschnitt an
der Weiche entlang, entleeren geschwind die ganze
Bauchhöhle und spülen sie aus, erst mit Palmwein
und dann noch einmal mit zerriebenen Kräutern.
Hiernach füllen sie den Leib mit unvermischten zer-
stoßenen Myrrhen, mit Kasia und den anderen wohl-
riechenden Sachen, nur den Weihrauch ausgenom-
men, und nähen ihn wieder zu. Wenn dies getan ist,
legen sie die Leiche in Natron, siebzig Tage lang. Län-
ger darf sie darin nicht liegen. Sind die siebzig Tage
Abb. 10
Balsamierungsbesteck aus der
Grabkammer des Wah-jb-Re:
Spatel, Klistiergerät und
Haken.
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 97
vorüber, waschen sie den Toten und umwickeln ihn
ganz und gar mit Bandstreifen von feinster Leinwand,
die sie zuvor mit Gummi bestrichen, das in Ägypten
meistens an Stelle des Leimes gebraucht wird. Nun
holen ihn die Angehörigen wieder ab, legen ihn in ein
menschenähnliches hölzernes Bild, das sie dazu
haben machen lassen, verschließen ihn darin und ver-
wahren ihn in einer Grabkammer, wo er aufrecht an
der Wand steht.
Dies ist die kostbarste Art der Leichenbereitung.
Wird aber die mittlere Art begehrt, um den Aufwand
zu meiden, so gehen sie so zu Werke. Sie füllen ihre
Spritzen mit dem Öl des Zedernbaums und fahren
damit in den Leib des Toten, jedoch ohne ihn aufzu-
schneiden und auszuleeren, sondern sie spritzen es
durch den Gang des Gesäßes hinein, verschließen
ihm den Ausfluss, und legen die Leiche auf die
bestimmten Tage ein. Am letzten Tage lassen sie das
Zedernöl wieder ausfließen. Dies hat aber solche
Kraft, dass es den Bauch und die Eingeweide ganz
aufgelöst mit herausbringt. Das Fleisch aber wird vom
Natron aufgelöst, so dass von dem Toten nichts bleibt
Abb. 11 a–c
Sarg der Mut-ir-di-es aus
El Hibe, Roemer-Pelizaeus-
Museum Hildesheim, Inv.-Nr.
PM 1953.
a
b
c
Abb. 12
Stuckmaske einer Frau, Gips,
bemalt, Fundort unbekannt,
wohl aus Tuna el-Gebel,
Römerzeit, 2. Hälfte 1. Jahr-
hundert n. Chr., Roemer-
Pelizaeus-Museum Hildes-
heim, Inv.-Nr. PM 573.
98 · TANJA POMMERENING
klärten mit Myrrhenöl zu salben – ein zweites Mal aus
und zwar mit den Ölen namens „den Kopf knüpfen“
und „das Gesicht knüpfen“. Es werde unter seinen
Kopf ein klebender Belag, bestehend aus Myrrhenpul-
ver und Wacholderöl, gegeben.
Danach werde unter seinem Kopf rezitiert: O du
Osiris-[hier ist der Name des Verstorbenen einzuset-
zen]: Empfange deinen Kopf im Westen, damit du
unter die trefflichen Verklärten eintrittst. Dein Grab
wurde im Westen vorbildlich ausgerüstet, und es ent-
spricht genau deinen Vorkehrungen in der Nekropole.
Dein Name ist angesehen in der Werkstatt der Einbal-
samierer, denn du preist die trefflichen Verklärten. Die
Bewohner der Duat [Unterwelt] küssen die Erde vor
deinem Leichnam; die Bewohner des Himmels emp-
fangen deinen Ba, die Bewohner der Erde geben dir
Lobpreis. Die Bewohner des Tales reinigen deinen
Leichnam, und Anubis und Horus führen deine Ein-
balsamierung auf das vollkommenste aus. Thot macht
deine Glieder heil durch die Macht seiner Sprüche. O
du Osiris, Gottesvater – [hier ist wieder der Name des
Verstorbenen einzusetzen]: Du bist gerechtfertigt vor
dem großen königlichen Gerichtshof, der sich in
Heliopolis befindet, vor den großen Göttern des Tem-
pels des Re, vor dem großen königlichen Gerichtshof,
der sich im Tempel des Ptah befindet. Dein Kopf wird
zu dir kommen und sich nicht von dir entfernen. Er
wird gewiß mit dir eintreten und sich nicht von dir
trennen, ewiglich!“ (nach der Übersetzung von Heike
Sternberg, in: TUAT II.2, Gütersloh 1987).
In solchen Ritualtexten, die 2.500 Jahre jünger als
die Pyramidentexte sind, zeigt sich weiterhin die
Identifikation des Toten mit Osiris, dessen Schicksal er
durchläuft, um in Ewigkeit weiterleben zu können.
Das Balsamierungsritual stellt den Leichnam nicht nur
als etwas Lebloses, sondern vor allem auch als etwas
Zerstückeltes dar. Der Zustand der Zergliederung wird
handwerklich durch Binden, medizinisch-pharma-
zeutisch durch operative Eingriffe und Mumifizie-
rungssubstanzen – die im übrigen als „Heilmittel“
bezeichnet werden – sowie magisch durch ein alle
Handlungen begleitendes Spruchgut, das die Objekte
an die Götterebene bindet, überwunden. Am Ende
entsteht die Mumie als Abbild des Gottes Osiris.
Als nötig für die Umwandlung, Auferstehung und
Verklärung des Toten wurden neben der Mumifizie-
rung weitere Riten erachtet, darunter Sargprozessio-
nen, das Mundöffnungsritual und Schutzriten am
Grab (Abb. 11b). Aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. ist
aus El-Hibe auf dem Sarg der Mutirdis (Abb. 11) ein
kleiner bildlicher Ausschnitt der Handlungen am
Leichnam überliefert; es werden unter anderem die
Waschung und Reinigung der Leiche gezeigt, danach
deren Aufbahrung. Von den in der Balsamierungshalle
anwesenden Priestern trägt einer eine Anubismaske,
ferner sieht man Opferungen und den Totengott Osiris
auf einer Barke (Abb. 11c).
als die Haut und die Knochen. Danach geben sie die
Leiche ohne noch weiteres an ihr zu tun zurück.
Die dritte Art endlich ist für die Ärmeren. Dabei
spülen sie nur den Bauch mit Rettichöl aus, legen die
Leiche siebzig Tage ein und lassen sie dann gleich
wieder abholen.“ (nach der Übersetzung von Hein-
rich Stein, Herodot, Essen 31990).
Die Bestattungen der zweiten und dritten Art sind
archäologisch belegt, während vermutlich Plünderer
die auf die erste, kostbarste Weise mumifizierten Ver-
storbenen zerstört haben.
Das Balsamierungsritual
Über die Maßnahmen zur Reinigung und Trocknung
des Leichnams unterrichten ägyptische Textquellen
nicht; die Techniken des Wickelns und Balsamierens
gehen hingegen aus dem so genannten Balsamie-
rungsritual hervor, das in zwei Papyri aus dem 1. Jahr-
hundert n. Chr. fragmentarisch überliefert ist. Bei dem
folgenden Auszug handelt es sich um einen von elf
Abschnitten, die jeweils aus einer technischen Anwei-
sung und einer Sammlung zu rezitierender Sprüche
bestehen (Papyrus Boulaq III, 7,1–7,7):
„Danach nun salbe seinen Kopf mit Myrrhenöl.
Dann führe man dieses – das heißt den Kopf des Ver-
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 99
Vielzahl von Varianten kann man unter den Bestatte-
ten aus dem so genannten „Tal der goldenen Mumien“
ausmachen. Diese Nekropole, die erst 1996 in der
Oase Bahariya entdeckt wurde, wies schon in dem
bislang untersuchten Areal 105 intakte Mumien auf,
die derzeit in das 1. Jahrhundert n. Chr. datiert wer-
den. Insgesamt rechnet die ägyptische Altertümerver-
waltung bei weiteren Grabungen mit etwa 10.000
Mumien. Die Elite ließ ihre Körper vollständig und
sorgfältig mit Leinentüchern bandagieren und Kopf
und Brust mit einer aus Kartonage modellierten Maske
bedecken, die bemalt und bei 60 Mumien vergoldet
war. Die Götter auf den Brustplatten und szenische
Darstellungen aus ägyptischen Totentexten illustrieren
den noch verbreiteten alten Jenseitsglauben, wenn
auch die Masken mit ihren zeitgemäßen Frisuren,
Kopfbedeckungen und Ausdrucksformen des Gesichts
im römischen Stil gestaltet sind.
Wohl vornehmlich die Mittelschicht ließ sich in
Leinen bandagieren, musste aber ohne Maske, Bema-
lung und Gold auskommen. Die äußerst sorgfältige
Wickelung bildete ein geometrisches Muster, sie heißt
Kassettenwickelung (Abb. 13). Hingegen sind die
ärmsten Oasenbewohner eher achtlos eingewickelt,
so dass sich in einigen Fällen die Bandagen im Laufe
der Zeit gelöst haben. Umfängliche Untersuchungen
zu den Methoden der Erhaltung stehen für die Baha-
riya-Mumien noch aus. Hierüber aber können Daten
aus anderen Grabungen informieren. Anthropolo -
gische Untersuchungen an Leichnamen aus der
Nekropole Douch (Ende Ptolemäerzeit bis Mitte
5. Jahrhundert n. Chr.) in der Oase Charga ergaben,
dass zum Schutz vor Verwesung vermutlich statusab-
hängig unterschiedliche Methoden zum Einsatz kamen.
Bei der aufwändigsten Art der Bestattung, die sich
schon rein äußerlich durch Goldspuren auf Gesicht,
Händen und Füßen auszeichnen kann, wurden Gehirn
und Bauchraum ausgeweidet und der Schädel mit
Balsa mierungsstoffen gefüllt. Bei einer zweiten Gruppe
von Mumien fehlen zwar die Gehirne, dafür besitzen
sie sämtliche innere Eingeweide; die Haut der Körper
ist mit Balsamierungssubstanzen gesalbt worden. Die
Mumien eines dritten Typus sind chemisch unbehan-
delt und innerlich zur Gänze unberührt geblieben, was
eine vermehrte Verwesung nach sich zog.
Die menschlichen Überreste aus der Nekropole
Kellis (Ende Ptolemäerzeit bis 400 n. Chr.) in der Oase
Dachla lassen sich ebenfalls hinsichtlich des Mumifi-
zierungsstatus unterscheiden. Manche Körper sind
Naturmumien, andere sind durch menschliche Ein-
wirkung konserviert worden. Insgesamt ist bei 94 Pro-
zent dieser Personen das Gehirn transnasal entfernt
worden; im Gegensatz zu den Charga-Mumien wur-
den jedoch keine Balsamierungssubstanzen in die
Schädel eingefüllt. Künstliche Mumifizierung trat ein,
wenn mehr Aufwand betrieben wurde: so entnahm
man zusätzlich über einen Schnitt in der linken Kör-
Griechisch-römische Zeit –
Individuellere Mumien und ver -
feinerte Bandagierungstechnik
Die fürs Jenseits präparierten Körper aus dem pto-
lemäischen und römerzeitlichen Ägypten (332 v. Chr.
bis 395 n. Chr.) bieten heute sowohl äußerlich als
auch bezüglich der Weichteilerhaltung ein sehr varia-
bles Bild unterschiedlicher Techniken und lokaler
Gebräuche. Besonderer Wert wurde weiterhin auf die
äußere Erscheinung der Mumien gelegt. Gleich eine
Abb. 13
Mumie mit dem Porträt eines
jungen Mannes, Porträt
Tempera auf Leinen, 20 n. Chr.,
aus Hawara, Ägyptisches
Mu seum der Universität
Leipzig, Inv.-Nr. 1683.
100 · TANJA POMMERENING
n. Chr.), sind die so genannten Porträtmumien, von
denen man größere Mengen in den Nekropolen der
Oase Fayum, in Antinoopolis und Achmim fand; sie
sind sorgsam eingewickelt und tragen auf dem
Gesicht eine dünne Holzplatte, die das in Enkaustik-
oder Temperatechnik ausgeführte Frontalporträt des
Verstorbenen zeigt (Abb. 13). Die ältesten bekannten
Mumien dieses Typs stammen aus der Zeit des Kaisers
Tiberius (14 bis 37 n. Chr.), die jüngsten aus dem
4. Jahrhundert n. Chr. Das Hauptmotiv für die Ein-
führung von Porträts in den Totenkult wird in dem
stärker erwachten Drang nach öffentlicher Selbstdar-
stellung gesehen; der Verstorbene wurde nicht mehr
idealisiert, sondern personalisiert, identifizierte sich
aber dennoch weiterhin mit Osiris. Angehörige der in
Ägypten ansässigen römischen Elite konnten ägypti-
sche Jenseitskonzepte übernehmen, wie Darstellun-
gen aus der Funerärkunst belegen.
Auch im Hinblick auf die Bestattung ist ein Wandel
sichtbar. Offenbar konnten zwischen Tod und Bestat-
tung teilweise Jahre vergehen, in denen der mumi -
fizierte Verstorbene im Hause seiner Verbliebenen
weilte. Der griechischsprachige Satiriker Lukian von
Samosata (circa 120 bis nach 180 n. Chr.), der mehre re
Jahre in Ägypten verbrachte, hat das so wahrgenom-
men (
De luctu
21): „der Ägypter aber salzt die Toten
ein; ebendieser – ich sage das als einer, der es gese-
hen hat – machte den Toten zu seinem Tischgenossen
und Gast beim Trinkgelage, nachdem er ihn getrock-
net hat.“ Noch der heilige Antonius, ein christlicher
Abb. 14
Frauenmumie aus Antinoëaus
dem 4. Jahrhundert n. Chr.,
natürliche Mumifizierung.
Begräbnis aus römischer
Zeit. Königliche Museen für
Kunst und Geschichte Brüssel,
Inv.-Nr. E. 1045.
perhälfte oder über das Rectum die inneren Organe
und füllte die Körperhöhlen mit Balsamierungsstoffen
und mit harzgetränkten Leinenstoffballen. In einigen
Fällen wurden die Balsamierungssubstanzen über
eine Öffnung im Rücken eingebracht, die dann mit
einem Leinenballen verschlossen wurde. Ferner wur-
den heiße Harze auf die Haut aufgetragen, in einigen
Fällen war dies der einzige Eingriff. Dass Natron zum
Austrocknen der Leichen eingesetzt worden wäre,
lässt sich nicht nachweisen.
Auch von Bestattungen aus dem Niltal weiß man,
dass die angewandten Methoden variierten. Die Evis-
zeration ist in griechisch-römischer Zeit weniger häu-
fig anzutreffen, die Verwendung von Natron scheint
gänzlich aufgehört zu haben. Umso auffälliger ist der
großzügige Gebrauch von Balsamierungssubstanzen,
die sowohl in die Körperhöhlen als auch auf die
Körperoberfläche gegeben wurden. Wenn das
Gehirn entfernt wurde, dann entweder auf traditionel-
lem Weg durch das Siebbein (
Lamina cribrosa
)
und die Nasenhöhlung oder auf einfacherem Weg
durch das große Hinterhauptsloch (
Foramen mag -
num
).
Bestimmte Erscheinungsbilder sind typisch für die
griechisch-römische Zeit. Zunächst ist eine Verfeine-
rung der Bandagierungstechnik zu beobachten
(Abb. 13). Hauptsächlich aus dem mittelägyptischen
Hermopolis sind Mumien mit Stuckmasken überliefert
(Abb. 12). Eine Besonderheit, die die Römerzeit in
Ägypten hervorgebracht hat (1. bis 3. Jahrhundert
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 101
Natron wurde bei der Mumifizierung als Trock-
nungsmittel eingesetzt. Unter chemischem Blickwin-
kel handelt es sich dabei nicht um Natronlauge, wie
manch eine moderne Übersetzung des bei Herodot in
griechischer Entlehnung überlieferten Wortes vermu-
ten lässt, sondern um ein Gemisch aus Natriumcarbo-
nat und Natriumhydrogencarbonat nebst kleineren
Mengen von Natriumchlorid und Natriumsulfat, so
wie es vor allem an den Ufern des Wadi Natrun-Sees
in Ägypten abgebaut wurde. Der Trocknungseffekt
kommt vor allem durch das kristallwasserfreie Natri-
umcarbonat zustande, das bis zu zehn Prozent Wasser
zu binden vermag, ohne feucht auszusehen. Durch
mehrfaches Austauschen der Salzschichten dürfte der
Wasserentzug gesteigert worden sein; auch Säge-
späne und Leinen wirkten hierbei unterstützend.
Nach dem Trocknen fand eine Behandlung mit Sal-
ben und Harzen, mitunter auch mit Asphalt statt. Ein
ägyptisches Wort für „Asphalt“ ist erst seit dem Neuen
Reich belegt, die Substanz vermutlich über Handels-
beziehungen mit Mesopotamien bekannt geworden.
Dort wurde sie zur Abdichtung von Bauwerken gegen
Wasser eingesetzt, was, wie es scheint, ägyptischer-
seits beobachtet worden ist und zur dementsprechen-
den Verwendung bei der Leichenbalsamierung führte.
Das relativ späte Auftauchen eines ägyptischen Wor-
tes für Asphalt (20. Dynastie) deckt sich mit den
archäologischen Befunden. Analytisch lässt sich
Asphalt in Mumien erstmals für das 9. Jahrhundert
v. Chr. (22. Dynastie) nachweisen; in dieser Zeit
wurde er aus den natürlichen Lagerstätten Gebel Zeit
(Mons Petrolius) und Abu Durba am Rande des Golfs
von Suez gewonnen. In griechisch-römischer Zeit
wurden Mumien auch mit Asphalt aus dem Toten
Meer behandelt, was nicht nur Analysen, sondern
auch griechische Schriften bestätigen. So bemerkt
Diodor (19,99) zum Asphalt des Toten Meeres: „Die
Barbaren, die diese Einnahmequelle innehaben, brin-
gen den Asphalt nach Ägypten und verkaufen ihn dort
an Werkstätten zum Einbalsamieren der Leichen.
Denn wenn dieser nicht den übrigen Aromastoffen
beigemischt wird, ist die Konservierung der Körper auf
Dauer nicht gewährleistet.“ (Übersetzung Grewe);
ähnlich merkt Poseidonios bei Strabon (16,2) an: „Die
Ägypter brauchen den Asphalt für die Einbalsamie-
rung ihrer Toten“. Die schwarzbraune Substanz wird
beim Erwärmen wie Harze und Bienenwachs weich
und somit allein oder mit anderen Salbmitteln – nach-
gewiesen wurden unter anderem tierische und pflanz-
liche Öle – verarbeitbar. Durch seine flüssigkeitsab-
weisenden Eigenschaften schützte Asphalt die mittels
Natron dehydrierten Körper vor Rehydration und der
damit verbundenen Verwesung.
Eine ähnliche Wirkung hatte Bienenwachs, das seit
dem Mittleren Reich zur Mumifizierung genutzt
wurde. Weder in antiken noch in mittelalterlichen
oder frühneuzeitlichen Texten wird Bienenwachs als
ägyptischer Mönch, fürchtete gemäß dem Bericht des
alexandrinischen Bischofs Athanasius (um 298–373
n. Chr.), dass man ihn als verstorbenen Frommen
nicht bestatten werde: „Wenn ihr mich liebt und an
mich denkt wie an einen Vater, dann laßt nicht zu,
dass irgendwelche Leute meinen Körper nach Ägyp-
ten bringen, um ihn womöglich in ihren Häusern auf-
zustellen.“ (Athanasius, Vita Antonii, hrsg. von Gott-
fried, A.; übers. Przybyla H., Graz u. a. 1987).
Ausklang
Mit dem Theodosius-Edikt von 392 n. Chr. wurden
alle „heidnischen“ Kulte verboten. Darunter fiel aller-
dings nicht die Praxis der Mumifizierung; denn die
koptischen Christen konservierten mitunter die Körper
besonders verehrter Personen weiterhin mittels Einsal-
zung, allerdings ohne jede Ausweidung, bewahrten
sie auf und pflegten sie (Abb. 14). Im Christentum und
dessen Nachfolgekulturen ist der Leichnam als
Genosse der Lebenden nie obsolet geworden, wie die
Leninmumie – das Gehirn ist zwecks „wissenschaft -
licher“ Untersuchung entnommen worden – und die
Kapuzinergruft von Palermo exemplarisch zeigen; ver-
gleichsweise heranzuziehen ist ferner der hochkom-
plexe christliche Reliquienkult.
In Ägypten indes setzte 641 n. Chr. die Expansion
des Islam der religiösen Relevanz der menschlichen
Leiche ein jähes Ende. Nach muslimischem Ritus wird
man bei vormittäglichem Tod noch am selben Tag,
ansonsten am nächsten Tag unkonserviert, wenn auch
gewaschen und in weiße Tücher gewickelt, der fres-
senden Erde Europas oder dem immer noch austrock-
nenden Sand der Wüste übergeben; die Achtung vor
der Totenruhe geht so weit, dass jedenfalls beim Nor-
malsterblichen auf nahezu jegliche Form des Grab-
schmucks und der Grabpflege verzichtet wird.
Anhang – Die wichtigsten
Balsa mierungssubstanzen
Über die bei der Balsamierung verwendeten Substan-
zen unterrichten sowohl Texte als auch das in Mumi-
en und Gefäßen hinterlassene Material. Die Auswer-
tung der Textquellen, beispielsweise des oben zitier-
ten Balsamierungsrituals, des Ritualbuchs für die Bal-
samierung der Apis-Stiere, der Totenpapyri Rhind, der
Abrechnungen von Balsamierungswerkstätten sowie
von Inschriften auf Gefäßen aus Balsamierungsdepots,
ist nicht unproblematisch, da die in ihnen genannten
Ingredienzien noch nicht alle eindeutig identifiziert
werden konnten. Nur die Substanzen Natron,
Asphalt, Wachs, Pech und Myrrhe sind philologisch in
ihrer Übersetzung gesichert.
102 · TANJA POMMERENING
Abb. 15
Leichentuch aus Sakkara,
2. Jahrhundert n. Chr., Trier,
Forschungszentrum griechisch-
römisches Ägypten, Inv.-Nr.
OL 1997.11.
MUMIEN – EIN GANG DURCH DIE KULTUREN |MUMIEN IM ALTEN ÄGYPTEN · 103
sei. Die Analytik spricht eindeutig für die Zeder, indes
ist nicht zu vernachlässigen, dass Harze der Aleppo-
kiefer ebenfalls nachgewiesen wurden, ebenso wie
Pistazienharze von
Pistacia lentiscus L
., deren ältester
Mumienbeleg aus der 23. Dynastie stammt.
Unter den Balsamierungssubstanzen ist bei Hero-
dot und Diodor ein Stoff genannt, der analytisch bis-
lang nicht nachgewiesen wurde: Zimt. Die Nennung
insbesondere unter den Duftstoffen und der fehlende
Nachweis deuten darauf hin, dass Zimt nicht in
Gänze, sondern eingearbeitet in ein Duftöl verwendet
wurde, dessen ätherische Bestandteile inzwischen
verdunstet sind. Der aus ferneren Regionen stammende
Zimt – Herodots cassia wird heute als „Chinazimt“
gedeutet, Diodors cinnamomum als „Zeylonzimt“ –
war vermutlich eine sehr ausgefallene Zutat; ein
archäologischer Beweis für einen Import nach Ägyp-
ten steht noch aus.
Auch Myrrhe musste importiert werden und zählte
daher zu den kostbarsten Zutaten. Heute wird als
Stammpflanze der pharmazeutisch verwendeten Myr-
rhe
Commiphora molmol Engl.
angesehen, doch
bezeichnet man auch das Harz anderer
Commiphora
-
Arten (Fam.
Burseraceae
) als Myrrhe. Das an der Luft
erstarrte flüssige Gummiharz, das aus Rissen aus der
Rinde austritt, einen schwach aromatischen Geruch
aufweist und anhaltend bitter schmeckt, wird in den
Ursprungsländern, je nach Beschaffenheit, in unter-
schiedliche Qualitäten getrennt, so dass es sich bei
dem importierten Harz um eine Harzmischung aus
verschiedenen Stammpflanzen handeln kann. Die
Gattung
Commiphora
umfasst mehr als 200 Arten und
wächst vom Roten Meer bis Südafrika und in Indien.
So wie man heute kaum auf die Herkunft der einzel-
nen Harze schließen kann, so muss man auch für die
Antike eine sehr weit gefasste Vorstellung von „Myr-
rhenharz“ annehmen. Hier zeigt sich, wie schwierig
es erst recht ist, altägyptische Bezeichnungen und
Balsamierungssubstanzen korrekt in unsere Sprache
zu übertragen.
Literatur
Amigues, S., Théophraste. Recherches sur les plantes, Bd. 5,
Buch 9, Paris 2006
Assmann, J., Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München 2001
Aufderheide, A. C., Mummification practices at Kellis site in
Egypt’s Dakhleh Oasis. In JSSEA 31, 2004, S. 63–86
Aufderheide, A. C., The Scientific Study of Mummies, Cam-
bridge 2003
Barakat, A. O. / Mostafa, A. / Qian, Y. / Kim, M. / Kennicutt II,
M. C., Organic geochemistry indicates Gebel El Zeit, Gulf of
Balsamierungssubstanz erwähnt, kommt aber stets in
den ägyptischen Balsamierungstexten genau dann
vor, wenn Asphalt nicht genannt wird.
Harze wurden schon 4000 v. Chr. auf Leinen auf-
getragen, ihre keimtötende Wirkung konnten sie aber
erst bei direktem Hautkontakt entfalten. Nachgewie-
sen wurden vor allem Harze von Koniferen, am häu-
figsten die der Aleppo-Kiefer (
Pinus halepensis
). Da
Ägypten arm an harzreichen Baumarten war, mussten
diese Balsamierungsstoffe importiert werden. Seit der
18. Dynastie wurde auch das Harz der Zeder (
Cedrus
atlantica
) bei der Mumifizierung verwendet. Abhängig
von der jeweils vorliegenden Handelsform, zum Bei-
spiel als harzhaltiges Holz oder Klumpen getrockne-
ten Harzes, waren unterschiedliche Techniken zur
Bereitung einer Balsamierungsmasse nötig. Eine
streichfähige Zubereitung erhielt man vor allem durch
Erwärmen der Substanz; starkes Erhitzen unter Luftab-
schluss ließ hingegen Pech entstehen. Tatsächlich ist
in einigen Texten von einem „heißen Heilmittel“ die
Rede; Leichentücher aus der Römerzeit zeigen ferner
den schakalsköpfigen, für die Einbalsamierung
zuständigen Totengott Anubis, der die Mumifizie-
rungsmittel auf einem Ofen zubereitet (Abb. 15).
Insbesondere in römischer Zeit wurde Harz in großen
Mengen verarbeitet. Die durch starke Hitze induzier-
ten chemischen Umwandlungsprozesse lassen sich
heute innerhalb der archäologisch gesicherten Holz-
teerproben durch typische Inhaltsstoffe analytisch
nachvollziehen. Die antibakterielle und fungizide
Wirkung der Holzteere ist lange bekannt, neu heraus-
gefunden wurde inzwischen, dass einige darin enthal-
tenen Stoffe, vor allem das Guajakol und andere
Phenole, biokonservatorisch derart potent sind, dass
ein alkalisches Knochenenzym der ägyptischen
Mumien noch heute immunologisch und enzymatisch
aktiv ist. Erhitzte Harze und Pech waren somit aus
heutiger Sicht die wirksamsten Balsamierungssubstan-
zen.
Sowohl Herodot als auch Diodor erwähnen
„kedros“ als Balsamierungssubstanz. Plinius (XXIV,
[21] 52) schreibt über kedros, dass es das flüssige
Pech sei, das man in Syrien so nenne und das in Europa
aus der Zirbelkiefer gekocht werde. Bei dieser Gele-
genheit beschreibt er ein Verfahren, das zur Pech -
gewinnung aus harzreichem Holz diente. Lange Zeit
wurde diskutiert, welche Harze mit kedros bezeichnet
seien. In der Regel wird das kedros Herodots und
Diodors mit „Zedernharz“ übersetzt. Da kedros von
den Griechen jedoch für mehrere Pflanzenarten ver-
wendet wurde, die man nicht explizit unterschied,
nämlich zum einen für Zedernarten wie
Cedrus Li -
bani
, zum anderen für Juniperus-Arten wie beispiels -
weise
Juniperus oxycedrus L.,
fragte man sich, ob das
Harz der Zeder oder das Öl des Wacholders – Junipe-
rus-Arten führen kein Harz, aber ein ätherisches
Holzöl – als Balsamierungssubstanz genutzt worden
104 · TANJA POMMERENING
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http://www.religion-online.info/islam/themen/info-be stat -
tung.html (Zugriff: 14.03.2007).
http://www.hierakonpolis.org/site/firstmummies.html (Zugriff:
14.3.2007)
Siehe auch den grundlegenden Beitrag von E. Christiana Köhler
zum Totenkult der Frühzeit, der mir erst nach Abfassung dieses
Katalogbeitrags bekannt wurde:
Köhler, E. C., Ursprung einer langen Tradition. Grab und Toten-
kult in der Frühzeit. In Guksch, H. / Hofmann, E. / Bommas, M.
(Hrsg.), Grab und Totenkult im alten Ägypten. Festschrift für Jan
Assmann, München 2003
Abbildungsnachweis
Abb. 1 Photo: Renée Friedman, Hierakonpolis Expedition
Abb. 2 Photo: mit freundlicher Genehmigung durch das
Petrie Museum für ägyptische Archäologie
Abb. 3 Photo: mit freundlicher Genehmigung durch die
Royal Philosophical Society of Glasgow
Abb. 4 Photo: Roemer-Pelizaeus-Museum Hildesheim
Abb. 5 Photo: T. Benderitter
Abb. 6, 8 Photo: nach G. Elliot Smith, Catalogue General
Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire. The
Royal Mummies, 1912
Abb. 7 Photo: mit freundlicher Genehmigung durch das
Metropolitan Museum of Art Photographic Library,
Negative Nr. L (6-7) 806
Abb. 9 Photo: Bildnachweis: Wilfried Rosendahl, Reiss-
Engelhorn-Museen Mannheim
Abb. 10 Photo: nach Janot, 2000
Abb. 11,12 Photos: Roemer-Pelizaeus-Museum Hildesheim
Abb. 13 Photo: Ägyptisches Museum der Universität
Leipzig
Abb. 14 Photo: Königliche Museen für Kunst und
Geschichte Brüssel
Abb. 15 Photo: Forschungszentrum griechisch-römisches
Ägypten Trier
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... In the early phases of the Egyptian advanced civilisation, similar to the Andean peoples, natural conditions with great aridity led to the formation of natural mummies (which may have been the reason why the conservation of the body as a central element was only integrated into religious systems in the first place), and from there on a constantly changing practice of elaborate artificial mummification developed. The implementation was the task of trained specialists, mostly priests, and the entire procedure, including drying phases, should ideally last about 70 days (Aufderheide 2003;Pommerening 2007;Aufderheide 2009;Mayer 2012). ...
... The heart, as the seat of the soul, was considered too elementary to be removed from the body, while the brain was disposed of. The removal of the brain was usually done by driving a special hook through the nose, breaking through the lamina cribrosa (Aufderheide 2003;Pommerening 2007;Robinson 2012). The retroperitoneal organs often, but not always, remained in the corpse. ...
... (Germer 1997, Germer et al. 2009 (Germer 1997, Pommerening 2007, Germer et al. 2009, Smith 2009 ...
... Der Daumennagel sitzt stark gelockert im Nagelbett. (Germer 1997, Aufderheide 2003, Pommerening 2007, Germer et al. 2009 ...
... In the Greco-Roman Period (332 BC-395 AD) mummification was widespread, and varied according to the social background of the deceased, the embalmer's technical skill and local developments (Pommerening, 2007). In all, the external appearance of the mummy was important. ...
... Thus the child, as well as the Apis bull, was expected to be reborn at the stage of young adulthood. During the embalming process, the ancient Egyptians re-enacted their myths in rituals, preparing the mummy for the afterlife in a similar fashion as Osiris whose fate was the model for successful mummification (Assmann, 2001;Pommerening, 2007). ...
Article
Full-text available
An ancient Egyptian mummy skull from the Zoological Collection Marburg, Germany, was examined using computer assisted tomography. In this skull (referred to as Mummy skull no. 24) of a man who lived circa 50 BC we found three of his teeth in the cranial cavity. They had been retained after their loss caused by periodontal disease, and were inserted into the cranial cavity via a trans-sphenoidal hole, probably during the process of mummification. In this article we describe the reasons for the loss of these three teeth and consider possible motivations for this extraordinary conservation. We believe this is the first time such a procedure has been reported. It is discussed in an historical-religious context, emphasizing the mythological background. Furthermore, the medico-pharmaceutical methods to cure periodontal disease are described with reference to the ancient Egyptian medical papyrus Ebers - in the case of Mummy skull no. 24 one of the causes of loss of teeth.
Book
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This open access book discusses how citizenship is performed today, mostly through the optic of the arts, in particular the performing arts, but also from the perspective of a wide range of academic disciplines such as urbanism and media studies, cultural education and postcolonial theory. It is a compendium that includes insights from artistic and activist experimentation. Each chapter investigates a different aspect of citizenship, such as identity and belonging, rights and responsibilities, bodies and materials, agencies and spaces, and limitations and interventions. It rewrites and rethinks the many-layered concept of citizenship by emphasising the performative tensions produced by various uses, occupations, interpretations and framings.
Chapter
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Throughout the ages, people have retained a fascination with designing and actively shaping bodies. Cultures have always provided a huge variety of tools to implement such modification. In Ancient Egypt for example, people already used various techniques such as masquerading, tattooing and mummifying as ways to fashion bodies and to preserve them from inevitable decay (Cf. Pommerening (2007) ‘Mumien, Mumifizierungstechnik und Totenkult im Alten Ägypten: eine chronologische Übersicht’ In: Wieczorek, Alfried (Hrsg). Mumien. Der Traum vom ewigen Leben, pp. 71–88). But although bodies have always been possible to modify, the question of who designs them—or which social group has the right to manipulate and rule over them—has always been answered differently, depending on the society of any given time or place.
Article
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Bitumen used as a preservative in ancient Egyptian mummies was previously thought to come only from the Dead Sea in Palestine. Other, closer sources of bitumen were investigated at Abu Durba and Gebel Zeit on the shores of Egypt’s Gulf of Suez. Bitumen from these localities and from five mummies was analysed using molecular biomarkers derived from gas chromatography/mass spectrometry. It was found that four of the mummies contained Dead Sea bitumen, and the fifth and oldest (900 bc) had bitumen from Gebel Zeit, thus providing the first evidence for the use of an indigenous source of bitumen in ancient Egypt.
Article
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In Pharaonic Egypt from the Old Kingdom up to the Ptolemaic Period the deceased were pre-treated in the course of the mummification process using a wealth of embalming compo-nents including resins and many different wood tars. GC/MS studies allowed the elucidation of a great number of clearly separated compounds found in the ancient embalming material. Phenols, guaiacols, naphthalenes, monoterpenes, sesquiterpenoids, oxidised diterpene resin acids and triterpenoids were noticed. These results and particularly the detection of an un-used embalming material shed some new light on the possible way as to how the different embalming materials might have been prepared and applied. It was striking to see the accor-dance of the present data with the well-known treatises by Herodotus (490Ð425 B. C.) and by Pliny the Elder (23/24Ð79 A. C.). The impact of the historical observations on modern science and in return the dramatic promotion of ancient texts stimulated by the present study is intriguing. An enzyme, alkaline phosphatase, bound inside mummified bones was a useful tool to reveal the efficacy of the embalming materials. Initial data showed that alkaline phosphatase isolated from embalmed bones from the Old Kingdom and the Ptolemaic Period was signifi-cantly more abundant and displayed a higher activity compared to the properties of the corresponding enzyme from non-treated mummified bones. Additionally, in a model study porcine ribs were pre-treated with four selected embalming compounds Ð guaiacol, limonene, α-pinene and p-cymene Ð and subsequently air-dried. Among the four selected compounds guaiacol was the most reactive species in the course of the preservation process. The specific activity of bone alkaline phosphatase rose 12-fold com-pared to that of the control. The enzyme itself remained unharmed as the observed relative molecular mass was surprisingly identical with the contemporary enzyme. It was again strik-ing that the guaiacol derivatives were richly abundant in the unused embalming material mentioned above.
Article
Chemical treatments were an essential element of ancient Egyptian mummification. Although the inorganic salt natron is recognized as having a central role as a desiccant, without the application of organic preservatives the bodies would have decomposed in the humid environment of the tombs. The nature of the organic treatments remains obscure, because the ancient Egyptians left no written record of the process. Secondary textual evidence for mummification is provided by Herodotus, Diodorus Siculus4, Strabo and Pliny. The most important account is that of Herodotus3 (about 450 yr bc), although archaeological evidence shows that by this time the process had declined significantly and the best results had been achieved centuries before. His account mentions myrrh, cassia, palm wine, 'cedar oil' (still widely disputed) and 'gum'; however, it is vague with respect to the specific natural products used. Here we report the results of chemical investigations of a substantial collection of samples of tissues, wrappings and 'resinous/bituminous' materials from provenanced and dated Egyptian mummies. We focused on examples of the 'classic' mummy-making culture of the Pharaonic or dynastic period, from which we can begin to track the development of mummification chronologically.
Article
Our knowledge of the conservation techniques used in the Old Kingdom of ancient Egypt is limited. Examinations of a clavicle fragment of the mummy of Idu II, secretary general of the pine wood trade office (2150 +/- 50 BC), revealed saturation with a wealth of sodium and wood tar compounds, many of which were highly antiseptic as no microbial contamination was noticed. This pretreatment had ensured the preservation of bone alkaline phosphatase in an enzymically and immunologically active form. This extends the use of embalming to one thousand years earlier than previously thought.
Rituel de l'embaumement
  • S Sauneron
Sauneron, S., Rituel de l'embaumement, Kairo 1952
Catalogue General Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire: The Royal Mummies
  • G E Smith
Smith, G. E., Catalogue General Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire: The Royal Mummies, Kairo 1912
Embalming excerebration in the Middle Kingdom
  • E Strouhal
Strouhal, E., Embalming excerebration in the Middle Kingdom. In David, A. R. (Hrsg.), Science in Egyptology, Manchester 1986, S. 142-154