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82 IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 03 | 2013
SCHWERPUNKT | Thema
Bildnachweis: Fotolia
Das Thema Business Process Management (BPM)
hat zunehmend an Bedeutung gewonnen. Entschei-
dungsträger quer durch alle Branchen nennen immer
häufiger die Integration ihrer Geschäfts prozesse als
das wesentliche Kernelement, um ihre Strategie in
messbaren operativen Erfolg umzu setzen. Ande-
rerseits warten die Verfechter des BPM seit gut
20 Jahren auf den Durchbruch ihrer Disziplin. [1]
Warum kommt es also gerade jetzt zum Aufleben
der so genannten horizontalen Perspektive?
1. Transparenz als zentraler Werttreiber
Das erfolgreiche Steuern einer global agierenden
Organisation ist zu einer enorm komplexen Aufgabe
geworden: Die Geschwindigkeit, mit der Verände-
rung stattndet, nimmt stetig zu, Marktdynamiken
sind zunehmend schwerer zu verstehen und die zu
Grunde liegenden Ursache-Wirkungs-Zusammen-
hänge lassen sich auch mit enormem Aufwand kaum
vorhersagen. Unter diesen Rahmenbedingungen wird
MATHIAS KIRCHMER, ROLF HOFMANN, ACCENTURE
Wettbewerbsvorteile durch die richtige Prozessorganisation
VALUE-DRIVEN PROCESS-
GOVERNANCE
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IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 03 | 2013
SCHWERPUNKT | Business Process Management
eines immer klarer: Ohne ausreichende Transparenz –
insbesondere bzgl. der eigenen Kernprozesse – lassen
sich, gerade auf globaler Ebene, Unternehmen nicht
erfolgreich lenken. Dabei etabliert sich die Analyse
und das bewusste Steuern der funktionsübergreifen-
den „End-to-End Prozesse“ als neuer Schlüssel zu den
wesentlichen Werttreibern, die in Abbildung 1 dar-
gestellt sind: Ezienz, Integration und Compliance
innerhalb der Organisation, sowie Agilität, Qualität
und Netzwerk im Außenverhältnis. [2]
2. Potential von BPM wird gerade erst erkannt
Damit einhergehend etabliert sich BPM zunehmend
als wertvolle Kompetenz auf der Steuerungsebene.
Wurde das ema bislang vielerorts maßgeblich
durch IT-Interessen oder einzelne Qualitätsinitiati-
ven getrieben und fokussierte dadurch vor allem auf
den Einsatz der vermeintlich richtigen Software-Tools
und Analyse-Methoden, gibt es nun einen unüber-
sehbaren Trend, BPM als eigene Managementdiszi-
plin zu interpretieren und nachhaltig in der Unter-
nehmensorganisation zu verankern. Dabei geht das
entsprechende Engagement der Unternehmen weit
über einzelne Optimierungsprojekte oder punktu-
elle Maßnahmen hinaus. Immer häuger wird ganz
bewusst eine eigene BPM Strategie [3] deniert, um
bislang weitgehend funktional gesteuerte Organisa-
tionskulturen sukzessive um eine integrierende Pro-
zesssicht zu ergänzen. Dabei werden völlig neue abtei-
lungsübergreifend agierende Verantwortlichkeiten für
„End-to-End Prozesse“ deniert, eigene Prozessexper-
ten gezielt fortgebildet und deren Expertise in zent-
ralen Kompetenzteams gebündelt. Es entstehen neue
Entscheidungsgremien, die die traditionelle, funktio-
nale Sicht mit der prozessualen Sicht auf das Unter-
nehmen zusammenzuführen und somit strategische
wie operative Entscheidungen nicht mehr isoliert,
sondern aus Gesamtunternehmenssicht ermöglichen.
3. Komplexe Veränderungsprozesse
Es wird deutlich, dass sich erfolgreiches BPM nicht
„ad hoc“ einführen lässt. Die bewusste Interpretation
von BPM als neuem Managementinstrument erfordert
entsprechende Strukturen innerhalb der Organisation.
Das heißt aber auch, dass es sich hier um weitreichende
Veränderungsprozesse handelt. Diese müssen über
mehrere Jahre gesteuert und aktiv begleitet werden. [4]
Immer mehr global agierende Organisationen star-
ten Initiativen zur prozessgeführten Transformation.
[5] Vor allem die Branchenführer erkennen, dass es
für die Einführung von eektiven Prozesssteuerungs-
strukturen höchste Zeit wird. Diese Einschätzung
bestätigt eine aktuelle Gartner-Analyse [6]. Demnach
kämpfen gerade die großen Konzerne mit unzurei-
chendem Prozessbewusstsein auf allen organisatori-
schen Ebenen. Dabei wird das Tagesgeschäft in aller
KURZ UND BÜNDIG
Die übergreifende Integration der Geschäftsprozesse
eines Unternehmens wird zunehmend als entschei-
dender Faktor für operativen Erfolg gesehen. In die-
sem Zusammenhang müssen gerade global agierende
Organisationen neue Business Process Management
(BPM) Kompetenzen aufbauen und entsprechendes
Prozessbewusstsein in der Organisation etablieren.
Nachhaltige Erfolge lassen sich nur mit einer ganzheit-
lichen BPM Strategie und einer daraus abgeleiteten
Umsetzungsplanung realisieren. So können sukzessive
die erforderlichen Rollen, Verfahren und Entscheidungs-
gremien etabliert und damit die notwendige „Process
Governance“ geschaffen werden. Ein unterstützendes
Change Management zur Begleitung des erforderlichen
Kulturwandels ist unerlässlich.
Stichworte: Business Process Management (BPM),
Prozessmanagement und –steuerung, Prozess-organi-
sation, End-to-End Prozess, Change Management
Business Process Management (BPM)
und “End-to-End Prozesse”
Im Gegensatz zur vertikalen Aufbauorganisation fokussiert BPM auf die
horizontalen Prozesse in einer Organisation. Dabei werden die prozes-
suale Wertschöpfung für den Kunden sowie die durchgängige Integra-
tion der Teil aktivitäten innerhalb eines Prozesses in den Vordergrund
gestellt. „End-to-End“ Prozesse stellen die wichtigsten Prozessabläufe
einer Organisation abteilungsübergreifend – von Anfang bis Ende – dar.
Typische Beispiele sind „Order-to-Cash“ („O2C“, von der Bestellung des
Kunden bis hin zur Fakturierung) oder Forecast-to-Replenish (F2R, von
der lokalen Umsatzprognose bis hin zur Versorgung der Produktions-/
Lagerstätten mit den benötigten Beständen).
i
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SCHWERPUNKT | Business Process Management
Regel immer noch hauptsächlich über funktionale
Silos gesteuert. Die Gartner-Analysten stellen zudem
fest, dass mancherorts zwar Prozessverantwortung
formal etabliert wurde, dass die neu geschaenen Pro-
zessrollen jedoch in der Regel nicht eektiv im opera-
tiven Geschäft agieren können, weil die notwendigen
Befugnisse und vor allem die Integration in die wich-
tigen Entscheidungsprozesse fehlten.
3.1 Abgestimmtes Rahmenwerk notwendig
Um die Bildung einer zufälligen BPM-„Schattenorga-
nisation“ zu vermeiden, die jenseits der aktuellen ope-
rativen Herausforderungen agiert, ist ein abgestimm-
ter und integrierter Steuerungsansatz unabdingbar.
Dabei gilt es, das Verständnis für die notwendigen
Fähigkeiten eines erfolgreichen Prozessmanagements
zu fördern und die entsprechenden Kompetenzen
sukzessive aufzubauen – basierend auf dem sogenann-
ten „Prozess des Prozessmanagements“ [7]. Hierzu
werden im Folgenden sechs elementare Kernfähig-
keiten für nachhaltige „Value-Driven Process Gover-
nance“ skizziert.
3.2 Kernfähigkeit 1 – Bewusstsein über aktuel-
len Reifegrad und Zielsetzung
Zu Beginn der BPM-Initiative ist es unerlässlich,
zunächst den vorhandenen Reifegrad in punkto
Prozesssteuerung zu bestimmen und hieraus rea-
listische Ziele abzuleiten. Je transparenter die
denierte BPM-Strategie hierbei die vorhandene
Unternehmensstrategie umsetzt, desto größer sind
die Erfolgsaussichten. Um also die strategische Ver-
ankerung der Steuerungsstrukturen sicherzustellen,
gilt es auf die Prozessfelder zu fokussieren, die zur
Erreichung der Unternehmensstrategie den größ-
ten Beitrag liefern. Demnach geht es im Schwer-
punkt um die werttreibenden Kernprozesse, die für
den Unternehmenserfolg entscheidend sind. Dar-
über hinaus ist aber auch die Analyse der vorhan-
denen BPM-Kompetenzen wichtig. Dies hilft, die
notwendigen Schwerpunkte im Rahmen der Ein-
führung der Steuerungsstrukturen zu identizieren
und die notwendigen Schritte zur Erreichung des
angestrebten Reifegrads abzuleiten.
Als Einstiegspunkt analysieren wir die in Abbil-
dung 2 dargestellten vorherrschenden Organisati-
onsstrukturen im Spannungsfeld zwischen funk-
tionaler und prozessualer Perspektive. Vielfach
stehen Unternehmen vor der Herausforderung,
dass sie zwar ein grundsätzliches Prozessbewusst-
sein in ihrem Hause etabliert haben, dass ihnen
aber der Schritt hin zu einer nachhaltig etablier-
ten Prozess-verantwortung noch nicht oder nur in
einzelnen Bereichen gelungen ist. Doch für dieje-
nigen, die mit der Zielsetzung antreten, BPM als
echte Managementdisziplin zu verankern, ist auch
diese Organisationsform nur ein erster Schritt in
Richtung des Zielzustands, eines ausgewogenen
Kräfteverhältnisses zwischen funktionaler und pro-
zessualer Sicht.
Nachdem sowohl der Ausgangspunkt als auch
der angestrebte Reifegrad für die jeweilige Orga-
nisation feststehen, kann der Umsetzungsplan,
die sogenannte „BPM Roadmap“ für das Vor-
haben abgeleitet werden. Die Praxis hat gezeigt,
dass es kaum möglich ist, direkt von einer funk-
tionalen Organisation zu einer rein prozessorien-
tieren Struktur überzugehen, da dies das aktuelle
Geschäft zu sehr beeinträchtigen würde und die
Veränderungen aus „Change Management“-Sicht
nicht mehr beherrschbar wären. Deswegen ist es
notwendig, die Prozessstrukturen schrittweise über
die funktionale Organisation zu legen, indem die
neu benannten „Process Owner“ und deren Orga-
nisationen sukzessive mehr und mehr Entschei-
dungskompetenz erhalten.
Abbildung 1: Werttreiber im Business Process Management
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Transparenz
Netzwerk Agilität
Compliance Integration
Qualität
Effizienz
Externer Fokus
Interner Fokus
In Kooperation mit der
Queensland University
of Technology
Werttreiber im Business Process Management
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IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 03 | 2013
SCHWERPUNKT | Business Process Management
3.3 Kernfähigkeit 2 – Definierte Prozesse im
BPM
Ganzheitliches Prozessmanagement benötigt de-
nierte Vorgehensweisen, um die zuvor denierte
Umsetzungsplanung zu etablieren [8]. Dabei wird
im bereits erwähnten „Prozess des Prozessmanage-
ments“, welcher in Abbildung 3 dargestellt ist,
festgelegt, wie Betrieb, Methoden und Systeme,
„Delivery“, Transformation, aber auch das Zusam-
menspiel mit den unterstützenden Einheiten im
BPM operativ zusammenwirken.
Im Bereich BPM Betrieb werden die BPM-Fähig-
keiten der Organisation übergreifend gesteuert. Die
Reifegrad-Analyse, die Prozesswertanalyse mit ent-
sprechender Priorisierung sowie die Ableitung und
Steuerung der „BPM
Roadmap“ wurden bereits
kurz dargestellt. Darü-
ber hinaus muss deniert
werden, welche operativen
Verfahren und Geschäfts-
regeln im Rahmen einer
übergreifenden „BPM
Governance“ gelten sollen
und wie diese prozessual
umzusetzen sind. Dies ist
insbesondere zur Deni-
tion der Zusammenarbeit
zwischen zentralen und
lokalen Einheiten wichtig.
Im Bereich BPM Metho-
den und Systeme wird die
unterstützende Infrastruk-
tur für ein erfolgreiches
BPM festgelegt. Zielset-
zung ist es, die IT-Komponenten in Ihrer Eigenschaft
als Enabler optimal auf die Umsetzungsplanung aus-
zurichten, um so den größtmöglichen Wertbeitrag zu
ermöglichen.
Im Bereich “BPM Delivery“ werden die konkreten
Verfahren gesteuert, die innerhalb sämtlicher Pro-
zessinitiativen eingesetzt werden. Als Basis hierfür
fungiert die fortwährende Steuerung der Unterneh-
mensprozesse in denierten Lebenszyklen. Begleitend
hierzu umfasst der Bereich BPM Transformation alle
kulturellen Aspekte zur Etablierung der „BPM Gover-
nance“. Neben der aktiven Steuerung von Informa-
tion, Kommunikation und Training, wird hier das
Gesamtportfolio aller laufenden BPM-Initiativen
zusammengeführt und koordiniert. Erfolgen mehrere
Prozessoptimierungs- oder Harmonisierungsinitiati-
ven zeitgleich, ist dieser Aspekt erfolgsentscheidend.
Denn nur durch eine koordinierte Steuerung lassen
sich einheitliche Standards und Verfahren etablieren
und damit einhergehende Synergien schaen [9].
Ergänzend hierzu wird im Bereich „BPM Support“
die operative Unterstützung der BPM-Funktionen
durch die hierfür wesentlichen funktionalen Organi-
sationsbereiche deniert.
3.4 Kernfähigkeit 3 – Etablierung neuer
BPM-Rollen
Sämtliche Prozesse, so auch die neu denierten Ver-
fahren im Prozessmanagement, werden erst durch
Schaung der nötigen Rollen und Verantwortlichkei-
ten zum Leben erweckt. Um einen wirklich nachhal-
Ganzheitliches Prozessmanagement
benötigt definierte Vorgehensweisen.
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2
Rein funktionale Organisation Funktionale Organisation
mit Prozessbewusstsein
Funktionale Organisation mit
partieller Prozessverantwortung
Ausgewogene Funktions-/
Prozessorganisation
Prozessorganisation
mit unterstützenden Funktionen
Reine Prozessorganisation
Organisationsformen nach Funktionaler/Prozessualer Gestaltung
Abbildung 2: Organisationsformen nach Funktionaler/Prozessualer Gestaltung
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tigen Fokus auf die wichtigsten Unternehmenspro-
zesse zu gewährleisten, braucht es jedoch nicht nur
verantwortliche „Process Owner“ und Prozessexper-
ten, die inhaltlich zuarbeiten und die Verbindung
zu den funktionalen Organisationseinheiten bilden.
Es ist darüber hinaus unerlässlich, die Verantwor-
tung für die wichtigsten „End-to-End Prozesse“ der
Organisation auch auf oberster Managementebene
zu etablieren. Dies gelingt durch die Einführung so
genannter Prozesssponsoren, die in Ihrem Verantwor-
tungsbereich jeweils die prozessbezogene Zielsetzung
vorgeben. Zudem sind die Sponsoren im Rahmen des
Veränderungsprozesses entscheidend. Sie müssen als
Vorreiter in punkto abteilungs-übergreifender Inte-
gration agieren.
Die operative Verantwortung für die Steuerung
der Unternehmensprozesse liegt bei den „Process
Ownern“, die unter Berücksichtigung ihrer bis-
herigen Verantwortung nach Möglichkeit aus einer
adäquaten Führungsebene rekrutiert werden. Der
„Process Owner“ entscheidet im Rahmen des Prozess-
designs über vorgeschlagene Prozessoptimierungen
und den Einsatz neuer
Technologien. Ein
„Process Owner“ muss
letztlich aber auch die
eektive und eziente
Prozessdurchführung
auf zentraler Ebene ver-
antworten, die dann
über entsprechend de-
nierte Prozesskennzah-
len gemessen wird.
Im Rahmen einer ganz-
heitlichen Steuerung
ent scheidet der globale
„Process Owner“ über
die Umsetzung von
identizierten „Best
Practices“ und möglichen Innovationen innerhalb
seines Prozessverantwortungsbereichs. Dabei muss
er eng mit seinen lokalen Vertretern interagieren.
Diese lokalen „Process Owner“ verantworten die
Prozesssteuerung beispielsweise in einem Land und
sorgen dafür, dass die Prozesse gemäß zentraler Vor-
gaben umgesetzt und durchgeführt werden.
Sowohl auf lokaler als auch auf zentraler Ebene
muss der „Process Owner“ durch speziell ausge-
bildete Prozessexperten unterstützt werden. Diese
Prozessexperten müssen in der Lage sein, Optimie-
rungspotentiale zu identizieren und innovative
Lösungen zu schaen. Gerade in komplexen Orga-
nisationen ist es oftmals sinnvoll, die benötigte Pro-
zessexpertise in Kompetenzteams zu bündeln – zum
Beispiel in einem „BPM Center of Excellence“.
Abbildung 4 zeigt, wie ein solches Team neue Anfor-
derungen und Optimierungspotentiale aus den
lokalen Einheiten auf zentraler Ebene konsolidiert,
priorisiert und entlang möglicher Lösungsszenarien
bewertet. Die Gruppe der „Process Owner“
kann anschließend anhand der erarbeiteten
Entscheidungsvorlage über die Umsetzung
in der Organisation entscheiden.
3.5 Kernfähigkeit 4 – Integrierte
Entscheidungsprozesse
Wurden operative Entscheidungen bislang weit-
gehend innerhalb festgefahrener funktionaler
Der konkrete Mehrwert der angestrebten
Prozesskultur muss allen Mitarbeitern
verständlich vermittelt werden.
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3
BPM Betrieb
BPM Reifegrad-
und -Wertanalyse Prozesswertanalyse GovernanceRoadmap
BPM Support
Finanzen Beschaffung Enterprise
Services
Personalwesen Informations-
technologie (IT)
BPM Transformation
BPM Community
Change Management
(Unternehmenskultur und Personal)
Programm- & Projektmanagement
BPM Methoden & Systeme
Unternehmensarchitektur
Repository
Standards &
Richtlinien
Prozess-
optimierungs-
methoden
BPM Systeme
BPM Delivery
Prozes-
strategie
Prozess-
analyse
Prozess-
design
Prozess-
Implementierung
Prozess-
ausführung
Prozess-
überwachung
Prozess des Prozessmanagements
Abbildung 3: Prozess des Prozessmanagements
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IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 03 | 2013
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Strukturen getroffen, so sind diese in einer funkti-
onierenden „Process Governance“ nun das Ergeb-
nis einer koordinierten Abstimmung zwischen
funktionaler und prozessualer Sicht. In der daraus
resultierenden Entscheidungsmatrix entscheiden
Abteilungsleiter und involvierte „Process Owner“
gemeinsam über die Lösung und deren Umsetzung.
Implizit erweitert sich hierdurch die Perspektive.
Der Mehrwert und die resultierenden Auswirkun-
gen der Entscheidung werden, anstatt auf die Vor-
teile für einen Teilbereich zu fokussieren, immer
ganzheitlich betrachtet. Diese Veränderung geht
mit der Einführung neuer Entscheidungsgremien
einher, um die „Process Owner“ der betroffenen
„End-to-End Prozesse“ mit den involvierten funk-
tionalen Unternehmensbereichen zusammenzu-
bringen.
Wir bewerten diesen Punkt als entscheidend für
eine erfolgreiche und nachhaltige Prozessfokussie-
rung. Wenn es auf Managementebene nicht gelingt,
die benannten „Prozess Owner“ in die operativen
Geschäftsentscheidungen zu involvieren, dann ist
deren Dasein als „zahnlose Tiger“ vorprogrammiert.
Bei der Umsetzung dieser Veränderung wird sich auch
zeigen, wie stark das Bekenntnis der Prozesssponsoren
zur Umsetzung tatsächlich ist.
3.6 Kernfähigkeit 5 – Prozesskultur ganzheitlich
fördern
Um die nötige Wertschätzung für aktiv gesteuerte
und eziente Prozesse innerhalb der gesamten Orga-
nisation zu fördern und langfristig zu etablieren, sind
entsprechende Fördermaßnahmen notwendig. Dabei
reicht es nicht, sich im Rahmen dieser Tätigkeiten
alleine auf die neuen BPM-Rollen zu fokussieren. Die
Hintergründe und vor allem der konkrete Mehrwert
der angestrebten Prozesskultur muss allen Mitarbei-
tern verständlich vermittelt werden. Dabei steht im
Mittelpunkt, dass sich individuelles Engagement um
Prozessoptimierung wirklich lohnt. Nur wenn hier
abteilungsübergreifende Zusammenarbeit – mone-
tär wie informell für den Einzelnen honoriert wird,
kann die Unternehmensführung ein entsprechendes
Engagement der Mitarbeiter erwarten. Einige Bei-
spiele hierzu sind der Abbildung 5 zu entnehmen.
Dabei kann BPM und die damit verbundene hori-
zontale Perspektive auf die Wertschöpfung zusätzlich
neue Karrierewege ermöglichen, die vor allem Pro-
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Lokaler
Prozessexperte
Lokaler
„Process
Owner“
1
Globaler
„Process
Owner“
Board of Directors
Prozess-
sponsor
Prozess-
sponsor
Prozess-
sponsor
3
Identifikation eines
Optimierungspotentials
BPM „Center of Excellence“
Prozess
Experte
Prozess
Architekt
IT Experte Change
Manager
4
Lokale
Genehmigung
2
Konsolidierung, Priorisierung und Bewertung
möglicher Szenarien durch zentral es BPM CoE
Entscheidung
Eskalation
Umsetzung der
Entscheidung
4
Beispielprozess „Analyse und Genehmigung einer Prozessoptimierung“
Abbildung 4: Beispielprozess „Analyse und Genehmigung einer Prozessoptimierung“
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zessexpertise aber auch ganzheitliches unternehmeri-
sches Denken in den Mittelpunkt stellen.
3.7 Kernfähigkeit 6 – Kulturwandel bewusst
steuern
Die skizzierten Aktivitäten beschreiben die wich-
tigsten Dimensionen, um nachhaltiges Prozessma-
nagement mit globaler Reichweite zu etablieren. Die
damit einhergehenden Veränderungen in Bezug auf
die Unternehmenskultur und auf die meist über Jahre
hinweg etablierten und dementsprechend stabilen
Organisationsstrukturen sind in der Regel enorm.
Oftmals neigen Entscheider dazu, gerade an dem
Punkt, an dem die volle Tragweite der angestrebten
Transformation transparent wird, den zuvor denier-
ten Umsetzungsfahrplan zu relativieren und sich zu
Kompromissen hinreißen zu lassen. Wer sich aller-
dings mit dem Transformationsprozess und insbeson-
dere mit der kritischen Phase des Übergangs bereits
von Beginn an auseinandersetzt, für den gibt es kei-
nen Grund zum späten Rückzieher. Die Denition
einer begleitenden „Change Journey“ und deren kon-
tinuierliche Umsetzung über alle Phasen der Initiative
hinweg ist auf Basis von Erfahrungswerten präzise
planbar. Dabei ist eine Phase der zeitweisen organi-
satorischen Instabilität gewollt und im Grunde sogar
notwendig, um das nächsthöhere Reifegrad-Level zu
erreichen [10]. Neben der genannten Information
und Kommunikation spielt hier auch das prozesso-
rientierte Training eine wichtige Rolle. Dieses hilft
Mitarbeitern zu verstehen, wie sie und ihre Aufgaben
zum Erfolg des ganzheitlichen „End-to-End Prozes-
ses“ beitragen. Es erleichtert Ihnen das Treen zielge-
richteter Entscheidungen im Arbeitsalltag.
4. BPM als Management-Kompetenz
Durch die Einführung von „Value-Driven Business
Process Management“ [11] verschaen sich global
agierende Organisationen entscheidende Wettbe-
werbsvorteile und bauen Ihre Mechanismen zur
Prozesssteuerung sukzessive zur neuen Manage-
ment-Kernkompetenz aus. Dies schlägt sich immer
häuger auch in der Bildung einer neuen Top-Ma-
nagement Position nieder: Dem „Chief Process
Ocer“ [12]. Dieser organisiert den Prozess des
Prozessmanagements und damit die operative Umset-
zung der Unternehmensstrategie. Die BPM-Reise
bleibt interessant!
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Kommunikation
Kommunikations-
themen und Kanäle
Key Performance
Indicators (KPI)
Übergreifende
KPI-Definition
Zielvereinbarung
Individuelle
Zielvereinbarung
Karriere
Beförderung &
Anerkennung
Kultur
Unternehmens-
kultur & Mindset
•Definition von
individuellen prozess-
bezogenen Zielen
(insbesondere für
Prozesssponsoren,
Process Owners,
Prozessexperten, auf
zentraler wie auf
lokaler Ebene)
•Verknüpfung variabler
Gehaltsbestandteile an
die Zielvereinbarung
•Nutzung etablierter
interner & externer
Kommunikations-
kanäle zur Förderung
von E2E-Prozess-
performance
•Veröffentlichung der
erzielten Erfolge und
Mehrwert durch E2E-
Prozessinitiativen in
der Organisation
•Definition von prozess-
bezogenen KPIs für die
wichtigsten E2E
Prozesse mit Relevanz
für alle Mitarbeiter
(nicht nur für das
Management)
•Kopplung variabler
Gehaltsbestandteile an
die übergreifende E2E
Prozessperformance
•Schaffung BPM-
bezogener
Karrierepfade
•Erfolgreiche
Abteilungs-
übergreifende
Zusammenarbeit als
Beförderungskriterium
•Auszeichnung
exzellenter E2E
Prozessperformance
•Verankerung der E2E-
Prozesssicht in der
Unternehmens-
strategie
•Ermöglichung und
Förderung von
ganzheitlichen Denk-
und Lösungsansätzen
für alle Mitarbeiter
(nicht nur auf
Management-Ebene)
5
Beispiele zur Förderung von Prozesskultur
Abbildung 5: Beispiele zur Förderung von Prozesskultur
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IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management 03 | 2013
SCHWERPUNKT | Business Process Management
LITERATUR
[1] Hammer, M., Champy, J.: Business Reengineering: Die Radikalkur für das
Unternehmen. 7. Auflage. Frankfurt, New York. 2003
[2] Franz, P., Kirchmer, M.: Value-driven Business Process Management: The Value-
switch for Lasting Competitive Advantage. 1. Auflage. New York. 2012. S. 23 ff.
[3] Franz, P., Kirchmer, M.: Value-driven Business Process Management: The
Value-switch for Lasting Competitive Advantage. 1. Auflage. New York. 2012.
Seite 57 ff.; Kirchmer, M.: High Performance Through Process Excellence: From
Strategy to Execution with Business Process Management. 2. Auflage. Heidel-
berg [u.a.]. 2011. sowie Accenture-Broschüre 12-0608/11-2703, Business
Process Management-Lifecycle, Establishing a BPM Discipline to drive Strategy
to Execution with Pace and Certainty
[4] Franz, P., Kirchmer, M.: Value-driven Business Process Management: The
Value-switch for Lasting Competitive Advantage. 1. Auflage. New York. 2012.
S. 101 ff.; Kirchmer, M.: High Performance Through Process Excellence: From
Strategy to Execution with Business Process Management. 2. Auflage. Heidel-
berg [u.a.]. 2011. sowie Accenture-Broschüre ACC10-2714, High Performance
trough Accenture Business Process Management.
[5] Accenture-Referenzen: Using Accenture Business Process Management
Solutions to Boost the Effectiveness of SAP at a Chemicals Giant (11-1632/02-
2712), Accenture Helps a Leading Pharmaceutical Company Execute its Strategy
Through Business Process Management (12-4082), Developing finance process
excellence at a global bank trough Business Process Management (ACC11-0486)
[6] Searle, S.: BPM Worst Practice: Treating BPM as Just a Technology and Igno-
ring BPM as a Discipline , Gartner, Inc., – G00236336 – Aug. 2012
[7] Accenture-Broschüre ACC11-0612/11-2939, The Process of Process
Management: Delivering the Value of Business Process Management.
[8] Accenture-Broschüre ACC11-0612/11-2939, The Process of Process
Management: Delivering the Value of BPM.
[9] Kirchmer, M.: High Performance Through Process Excellence: From Strategy to
Execution with Business Process Management. 2. Auflage. Heidelberg [u.a.]. 2011
[10] Prof. Peter Kruse, Change Management, insbesondere http://www.you-
tube.com/watch?v=FLFyoT7SJFs
[11] Franz, P., Kirchmer, M.: Value-driven Business Process Management: The
Value-switch for Lasting Competitive Advantage. 1. Auflage. New York. 2012
[12] Accenture BPM White Paper 12-0758 SL, The Chief Process Officer: A
Role to Drive Value. sowie Kirchmer, M.: High Performance Through Process
Excellence: From Strategy to Execution with Business Process Management. 2.
Auflage. Heidelberg [u.a.]. 2011
SUMMARY
The overall integration of a company’s business processes is about to
become a more and more crucial component when it comes to operational
success. In this context global players in particular are forced to develop
new business process management (BPM) capabilities and to establish an
appropriate process-centric mindset within the organization. Sustained
success is based on a holistic BPM strategy and an individual BPM road-
map based on that strategy. Hence the required process-centric roles, pro-
cedures and decision-making bodies can be build-up little by little. It’s vital
to guide the organization along the defined cultural change with approp-
riate change management measures.
Keywords: Business Process Management (BPM), Process Governance,
Process Organization and Ownership, End-to-End Process, Change
Management
SERVICE
AUTOREN
Dr. Mathias Kirchmer
Managing Director, Accenture
Dr. Mathias Kirchmer ist Managing
Director, Accenture Management
Consulting/Operations und Global
Lead für Business Process Manage-
ment (BPM). Sein Arbeitsschwer-
punkt liegt im Bereich prozessorientierter Unterneh-
menstrans-formationen und speziell im Aufbau neuer
BPM-Kompetenzen, die direkten Mehrwert erzeugen,
aber auch langfristige Wettbewerbsvorteile schaffen.
Dr. Kirchmer ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen im
Bereich Business Process Management, darunter sechs
Bücher, das letzte mit dem Titel „Value-Driven Business
Process Management – The Value-Switch for Lasting
Competitive Advantage“ ist 2012 erschienen.
Rolf Hofmann
Berater Operations Consul-
ting, Accenture
Rolf Hofmann ist als Associate
Principal im Bereich Manage-
ment Consulting/ Operations bei
Accenture in Deutschland tätig. Er
gilt unternehmensintern sowie bei seinen Kunden als
Experte im Umfeld BPM-Strategie und BPM-Gover-
nance. In dieser Rolle begleitet er weltweit agierende
Organisationen beim Aufbau ihrer entsprechenden
Steuerungsstrukturen und begleitet die damit einher-
gehenden Transformationsprozesse.
KONTAKT
Mathias.Kirchmer@accenture.com
rolf.hofmann@accenture.com
Accenture
Campus Kronberg 1
61476 Kronberg im Taunus
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