Für den Sozialpsychologen ebenso wie für 'den praktisch tätigen Berater, der nicht nur intuitiv arbeiten will, enthält die Beratungssituation mindestens drei umfassendere sozialpsychologische Problemkreise, die eng miteinander zusammenhängen: 1) Fragen der Kommunikation; 2) die Konstituierung einer Kleingruppe, in der gemeinsame Ziele verfolgt werden; 3) die Rollen-verteilung innerhalb der
... [Show full abstract] Kleingruppe. Zu 1) Die beiden Partner in der Beratungssituation sind Mitglieder eines großen Gesellschaftssystems, und deshalb ist eine Verständigung zwischen ihnen in gewissen Grenzen möglich. Die Grenzen der Verständigung sind aber dadurch gezogen, daß in den meisten Fällen die beiden Partner ganz verschiedenen Untergruppen der gemeinsamen Großgesellschaft angehören. Der Psychologe wird selbstverständlich nicht in seiner Fachsprache zu dem Ratsuchenden sprechen. Aber auch die Umgangssprache zweier Menschen, die verschiedenen Untergruppen angehören, reicht selbst dann, wenn von vornherein mehrdeutige Benennungen allgemeiner "Eigenschaften" oder Verhaltensweisen vermieden werden, zu einer vollen Verständigung nicht aus. Kommunikationsgrenzen sind durch persönliche und gruppenspezifische Einstellungen sowie durch Geschlechts-und Altersunterschiede gezogen. In der sozialpsychologischen Forschung sind zum Problem der Kommuni-kation schon einige sichere Erkenntnisse erarbeitet worden. W. L. War-ner 1) hat z. B. gezeigt, daß Lehrer die Wertungen und Normen ihres sozialen Standes meist unbewußt als Maßstäbe für die Beurteilung ihrer Schüler benutzen, und daß sie infolgedessen nur auf die Schüler einen er-zieherischen Einfluß ausüben, die in ihrem außerschulischen Leben den gleichen Wertungen und Normen begegnen, die also dem gleichen sozialen Stand angehören wie die Lehrer. Versuche von J. L e v i n e und G. Murphy 2) ergaben, daß vor-wiegend solche Texte dem Sinne nach gut gemerkt, behalten und reprodu-ziert werden, deren Inhalt der Ideologie entspricht, der sich die Versuchs-person verschrieben hat. K. S. S o d h i führte Versuche durch, in denen von Studierenden verfaßte, Werturteile enthaltende Texte nur von den Personen, die selbst eine ähnliche Meinung hatten, so aufgefaßt wurden, wie sie vom Verfasser gemeint waren. An solchen Phänomenen liegt es, daß manche Ratsuchende die Sprech-stunde so erleichtert und befriedigt verlassen: Sie haben es gelernt, eine *) Stark gekürzte Fassung eines auf der Arbeitssitzung des BDP in Hannover 1954 gehaltenen Kurzreferats. 1) W.LWarner, Who shall be Educated, New York 1944. 2J) J. L e v i n e u. G. Murphy, The learning and forgetting of controversial material, J. Abn. Soc. Ps. 1943, 38.