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Situation und Potenziale einer Form der Diversifizierung
land- und forstwirtschaftlicher Betriebe
in Österreich, Südtirol und Trentino
Forschungsbericht 66
Soziale Landwirtschaft
Bundesanstalt für
BERGBAUERNFRAGEN
Marxergasse 2
1030 WIEN
SOZIALE LANDWIRTSCHAFT
Situation und Potenziale einer Form der Diversifizierung
land- und forstwirtschaftlicher Betriebe
in Österreich, Südtirol und Trentino
Georg Wiesinger
Erika Quendler
Christian Hoffmann
Alessandro Di Martino
Sigrid Egartner
Nina Weber
Josef Hambrusch
Forschungsbericht Nr. 66
Wien, Februar 2013
Medieninhaber (Verleger) und Herausgeber:
Bundesanstalt für Bergbauernfragen
A-1030 Wien, Marxergasse 2
http://www.berggebiete.at
Tel.: +43/1/504 88 69 - 0; Fax: +43/1/504 88 69 – 39
office@berggebiete.at
Layout: R. Neissl, M. Hager
Druck: BMLVS Heeresdruckzentrum
ISBN: 978-3-85311-108-4
BABF
Digital unterschrieben von BABF
DN: cn=BABF, o=BA fuer
Bergbauernfragen, ou,
email=office@berggebiete.at,
c=AT
Datum: 2013.08.30 13:47:56
+02'00'
Inhaltsverzeichnis
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 3
2. Konzept der Sozialen Landwirtschaft 5
2.1 Begriffliche Abgrenzung 5
2.2 Hintergründe und Netzwerke der Sozialen Landwirtschaft im internationalen Kontext 7
3. Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft 13
3.1 Europa 13
3.2 Österreich 14
4. Soziale Landwirtschaft in Österreich 17
4.1 Anzahl und Lage der Betriebe 17
4.2 Kurzdarstellung ausgewählter Modelle der Sozialen Landwirtschaft 21
4.3 Soziale Landwirtschaft im Vergleich zu allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben 29
5. Ergebnisse der Befragung zur Sozialen Landwirtschaft in Österreich 55
5.1 Ablauf der Befragung und Befragungsmethodik 55
5.2 Grundlegendes über die Soziale Landwirtschaft 56
5.3 BetreiberInnen der Sozialen Landwirtschaft 66
5.4 MitarbeiterInnen 72
5.5 KlientInnen 84
5.6 Zusammensetzung der betrieblichen Einnahmen 89
5.7 Umstellungsprozess 91
5.8 Motivation 128
5.9 Reaktionen der Nachbarschaft 137
5.10 Zukunftsaussichten 138
5.11Betriebliche Daten 140
6. Ergebnisse der Befragung zur Sozialen Landwirtschaft in Südtirol und Trentino 145
6.1 Methodische Herangehensweise 145
6.2 Ergebnisse 146
6.3 Herausforderungen und offene Fragen 157
7. Diskussion der Ergebnisse und Ausblick 163
8. Literatur 171
Anhang Tabellenteil 177
Inhaltsverzeichnis
2Soziale Landwirtschaft
Verwendete Abkürzungen 213
Abbildungsverzeichnis 215
Tabellenverzeichnis 219
Einleitung
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 3
1. Einleitung
Über die Situation der Sozialen Landwirtschaft in Österreich ist nur sehr wenig bekannt, da die
Betriebe bislang weder statistisch (z.B. in der Agrarstrukturerhebung) erfasst werden, noch entspre-
chende qualitative Studien vorliegen. Zudem fehlt neben einer systematischen Dokumentation der
Betriebe und der betreuten Personen auch eine wissenschaftliche Bewertung der von den land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben im Rahmen der Sozialen Landwirtschaft erbrachten Leistungen.
Um dieses Forschungsdesiderat zu schließen und erstmals grundlegende Daten über diesen sich sehr
dynamisch entwickelnden Bereich zu gewinnen, wurden daher vom Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) die beiden ressorteigenen Bundesanstalten für Berg-
bauernfragen und Agrarwirtschaft mit der nun vorliegenden explorativen Studie betraut. Um einen lände-
rübergreifenden Vergleich zu ermöglichen wurden zeitgleich mit dieser Studie in Südtirol vom Institut
für Regionalentwicklung und Standardmanagement der Europäischen Akademie (EURAC) in Bozen und dem
Istituto Agrario di San Michelle all’Adige im Trentino eine Befragung mit einem ähnlichen, wenn auch
nicht ganz identem Forschungsdesign durchgeführt.
Die Zielsetzung dieser Studie richtet sich auf folgende Fragestellungen:
Erfassen grundlegender struktureller Daten und exakte begriffliche Definition der Sozialen
Landwirtschaft unter Berücksichtigung des internationalen Forschungsstands
Agrarstrukturelle Bedeutung dieser neuen sozialen Dienstleistungen im Vergleich zur gesamten
Land- und Forstwirtschaft Österreichs
Abschätzung der regionalpolitischen und ökonomischen Wirkungen auf den Betrieb (Mikroe-
bene) und auf die lokale Bevölkerung in den Gemeinden (Mesoebene)
Analyse der Schnittstellen zwischen den Sozialen Landwirtschaften und dem lokalen Sozialkapi-
tal, in Hinblick auf das Entstehen neuer Netzwerke und sozialer Strukturen und den Einfluss auf
die Zivilgesellschaft, Vertrauen, Akzeptanz und Toleranz
Der vorliegende Projektband behandelt lediglich die beiden ersten Punkte. Methodisch wurden in
Österreich einerseits alle bekannten Sozialen Landwirtschaften mit den Betrieben der Agrarstrukturer-
hebung 2010 nach bestimmten Strukturmerkmalen verglichen, um signifikante Unterschiede feststel-
len zu können. Andererseits kam als Instrument ein halboffener, quantitativer Fragebogen zur Anwen-
dung, mit welchem die Hauptverantwortlichen aller Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft befragt wur-
den.
Die Erhebung fand über ein eigenes Internetportal, als Telefon- und Postbefragung in den Monaten
November 2011 bis Juni 2012 in Österreich, Südtirol und Trentino statt. Der Fragekatalog beinhaltete
u.a. Fragen zur betrieblichen Organisation, Zielgruppen und Aktivitätsbereiche, Problemfelder und
Zukunftsperspektiven.
Die leitenden Forschungsfragen lauteten dabei:
Lassen sich in Österreich signifikante Unterschiede zwischen den gegenwärtigen Strukturen
der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ins-
gesamt feststellen? Und wenn ja, worin liegen diese Unterschiede?
Einleitung
4Soziale Landwirtschaft
Oder wird die Aufnahme einer Sozialen Landwirtschaft weniger durch betriebliche Struktur-
merkmale motiviert, als vielmehr durch personenbezogene, soziale bzw. gesellschaftliche
Merkmale wie z.B. persönliche Interessen, soziales Umfeld oder Ausbildung der BetreiberIn-
nen?
Die beiden noch offenen Fragestellungen werden in weiterer Folge mit einer vertiefenden systemati-
schen Analyse der Wirkung der Sozialen Landwirtschaft auf die soziale Lage und Ökonomie in periphe-
ren ländlichen Räumen anhand von qualitativen Fallstudien in ausgewählten Projektgemeinden erfol-
gen. Dabei sollen die Hintergründe für das Entstehen Sozialer Landwirtschaften, Entwicklungslinien
sowie die Einbindung in die lokale Ökonomie und Gesellschaft, zusätzlich aber auch Fragen der Akzep-
tanz und gegenseitigen Wahrnehmung zwischen den im Sozialbereich aktiven LandwirtInnen, der Kli-
entInnen, dem sozialen Umfeld und Auswirkungen auf das Sozialkapital der Dorfgemeinschaft analy-
siert werden.
Der nun vorliegende Bericht gliedert sich in folgende Kapitel. In Kapitel 2 wird zunächst das Konzept
der Sozialen Landwirtschaft begrifflich abgegrenzt, dessen Hintergründe analysiert sowie nationale und
internationale Netzwerke präsentiert. Anschließend wird in Kapitel 3 die Situation der Sozialen Land-
wirtschaft in Österreich und in Europa dargestellt. Kapitel 4 gibt einen strukturellen Überblick über
Anzahl und Lage der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft in Österreich sowie Art der angebotenen
sozialen Dienstleistungen. Außerdem werden eine Reihe von Netzwerken für die Bereiche Pflege,
Pädagogik und Integration näher dargestellt sowie die Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft nach gewis-
sen strukturellen Merkmalen mit allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich vergli-
chen. In Kapitel 5 werden die Ergebnisse einer quantitativen, semistrukturierten Befragung aller
bekannten Sozialen Landwirtschaften in Österreich widergegeben. Kapitel 6 bringt vergleichende
Ergebnisse aus Südtirol und dem Trentino. In Kapitel 7 werden die Ergebnisse der Studie diskutiert und
ein Ausblick auf die Entwicklungschancen für die Zukunft gegeben.
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 5
2. Konzept der Sozialen Landwirtschaft
2.1 Begriffliche Abgrenzung
Im Zusammenhang mit der systematischen Nutzbarmachung der Wirkung von Natur, d.h. der natürli-
che Umgebung, Pflanzen und Tiere auf die Menschen findet eine Reihe sehr unterschiedlicher Begriffe
Anwendung.
Unter dem Überbegriff Green Care versteht man zunächst alle gesundheitsvorsorgenden oder gesund-
heitsfördernden Interventionen für Menschen mit Hilfe von Tieren, Pflanzen und Natur. Das Ziel ist,
das soziale, körperliche, geistige, und/oder pädagogische Wohlergehen eines Menschen zu unterstüt-
zen oder zu verbessern. Über den positiven bzw. heilenden Einfluss der Natur sollen die menschliche
Gesundheit, das Wohlergehen und die Lebensqualität gefördert werden. Demnach subsumiert dies ein
breites Spektrum von Maßnahmen, die allesamt belebte Natur (Tiere, Pflanzen) bzw. unbelebte Natur-
elemente (Wasser, Steine) involvieren. Green Care umfasst Maßnahmen im Bereich der Betreuung,
Rehabilitation, therapeutischen Arbeit, Pädagogik und Gesundheitsvorsorge. Es gibt dabei mehrere
Stufen der Exponiertheit und der Intervention. Die einfachste Form ist, Natur zu erfahren, indem man
sich nur in der Natur aufhält, diese auf sich über sinnliche Eindrücke wie Farben, Formen und Gerüche
wirken lässt, indem man z.B. durch einen sogenannten Heilenden Garten (Healing Garden) schreitet.
Man kann sich aber auch aktiv mit der Natur auseinandersetzen, indem man in der Natur oder einer
Wildnis in irgendeiner Form aktiv ist, ohne man kann Natur auch formen und verändern. Noch inten-
siver ist die Interaktion mit natürlichen Elementen wie Pflanzen oder Tieren. Dabei kann die Wir-
kungsrichtung eine einfache sein, wie in etwa bei den verschiedenen Formen der Gartentherapie oder
es können wechselseitige Mechanismen entstehen wie bei Interaktionen mit Tieren in der Tiergestützten
Therapie und Pädagogik (TGTP)1, sowie bei komplexen Formen der Bauernhofpädagogik (Haubenhofer
2010).
Green Care umfasst nicht nur Projekte auf landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betrieben, son-
dern auch Projekte in städtischer Umgebung. Nirgends sind der Verlust an natürlichem Lebensraum
und die Entfremdung von der Natur gravierender als in urbanen Ballungszentren. Viele Menschen, v.a.
Kinder leiden an koordinativen und kognitiven Störungen. Sie haben kaum mehr Erfahrungen mit
natürlichen Vorgängen und können z.B. kaum mehr auf Bäume klettern. Es ist auch nicht zu verstehen,
warum SeniorInnen in sterilen Pensionistenheimen leben sollen. Im Rahmen von Green Care Projek-
ten könnten diese z.B. in Hochbeeten eigenes Gemüse oder Blumen anbauen und so einen neuen Sinn
und Freude finden. Hier sind die Stadtplanung und die Landschaftsarchitektur gefordert. Green Care
ist somit auch ein Gesamtkonzept, das den Menschen allgemein von der Entfremdung vor der Natur
zurückholen und über die Wirkung der Natur den allgemeinen Gesundheitszustand im physischen, psy-
chischen, koordinativen und kognitiven Bereich fördern soll (Wiesinger 2011).
1. Neuerdings wird anstelle von TGTP auch der Begriff Tiergestützte Intervention verwendet, da dieser neben
Therapie und Pädagogik auch die Soziale Arbeit und mögliche sonstige Felder umschließt.
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
6Soziale Landwirtschaft
Aufgrund der Multidimensionalität und Vielschichtigkeit von Green Care ist es nicht einfach eine
bestimmte Wirkung mit einem bestimmten auslösenden Faktor kausal zu verbinden. Ein der heilenden
Wirkung der Natur zugeschriebener positiver Effekt ist oft von verschiedenen Umständen und Settings
abhängig, die sich meist nicht voneinander isolieren lassen. Dennoch steigt langsam die Zahl der Effekt-
studien, die die positiven Effekte unterschiedlicher Green Care Interventionen untermauern (Berget/
Braastad 2008; Elings/Hassink 2008, Hassink et al. 2009, Haubenhofer et al. 2008, Ulrich et al. 2004,
Unruh 2004, Cimprich 1993).
Im englischsprachigen Raum werden neben dem großen Überbegriff Green Gare drei weitere Begriffe
häufig verwendet. Bei Care Farming geht es um Gesundheitsleistungen auf landwirtschaftlichen und Gar-
tenbaubetrieben mit pflanzen- und tiergestützten Ansätzen, bei Social Farming um sozial integrative
multifunktionale Leistungen, die von Seiten der Landwirtschaft erbracht werden. Die beiden Begriffe
haben also zwei unterschiedliche Perspektiven, eine von Seiten der Gesundheit und die andere von Sei-
ten der Landwirtschaft. In der Sache gibt es dabei aber kaum Unterschiede, womit diese ebenso wie
Farming for Health synonym verwendet werden können.
Als Soziale Landwirtschaft werden entsprechend dem englischen Synonym Social Farming alle sozialen,
pflegerischen und pädagogischen Maßnahmen definiert, die im Rahmen eines ökonomisch gefüh-
rten, multifunktionalen land- und/oder forstwirtschaftlichen bzw. gartenbaulichen Betriebs auf
Gemeindeebene stattfinden und Menschen in ihre tägliche Arbeit mit dem Ziel integrieren, um deren
Lebenssituation durch Therapie und Beschäftigung zu verbessern oder ihnen neue mögliche Lebensper-
spektiven aufzuzeigen (Di Iacovo/O’Connor 2009).
Haubenhofer (2013) positioniert Soziale Landwirtschaft innerhalb von Green Care folgendermaßen:
Abbildung 1: Soziale Landwirtschaft im schematischen Modell von Green Care
Haubenhofer et al. (2013)
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 7
Für die vorliegende Studie wurde der Begriff der Sozialen Landwirtschaft in Hinblick auf eindeutige, klar
nachvollziehbare Abgrenzungskriterien noch weiter spezifiziert. Ausschlaggebende Kriterien waren
das Vorhandensein eines land- und/oder forstwirtschaftlichen Betriebes mit einer Betriebsnummer in
der LFBIS Datenbank der Statistik Austria. Dadurch wurden u.a. Pflege- und Seminareinrichtungen
(Altersheime, Pflege-, Behindertenbetreuungs-, Rehabilitationsheime etc.) ausgeschlossen, die zwar
Green-Care Maßnahmen anbieten, aber keinen land- und/oder forstwirtschaftlichen Betrieb bewirt-
schaften, des weiteren Personen ohne land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, die u.a. als freiberufliche
Wald- und ReittherapeutInnen oder WanderführerInnen tätig sind, aber auch Betriebe, die zwar Räum-
lichkeiten auf ihren landwirtschaftlichen Betrieben für soziale Aktivitäten zur Verfügung stellen, selber
diese aber nicht aktiv anbieten bzw. Betriebe, wo zwar soziale Aktivitäten stattfinden, ohne dass dabei
die Ressourcen des landwirtschaftlichen Betriebes z.B. im Rahmen einer TGTP systematisch genutzt
werden, wie z.B. im Fall einer Textilwerkstatt für Behinderte, die ausschließlich die vorhanden Räum-
lichkeiten nutzt, ursächlich mit dem Betrieb aber nicht in einer Beziehung steht. Betriebe, die Urlaub
am Bauernhof (bzw. Agrotourismus) anbieten, wurden nicht erfasst, da es sich hier um ein touristisches
Angebot handelt, wo im Gegensatz zu Schule am Bauernhof (www.schuleambauernhof.at) pädagogisches
Wissen nicht systematisch und gezielt an die Gäste weitergegeben wird. Ebenso ausgeschlossen blieben
Exkursionsbetriebe, bei denen Wissen nur innerhalb der Berufsgruppe vermittelt wird. Kein entschei-
dendes Kriterium für die Abgrenzung war hingegen die Rechtsform des land- und/oder forstwirt-
schaftlichen Betriebes. Es wurden daher sowohl bäuerliche Familienbetriebe, als auch juristische Perso-
nen sowie verschiedene Formen von Betriebskooperationen und Betriebsgemeinschaften in die Soziale
Landwirtschaft miteinbezogen.
2.2 Hintergründe und Netzwerke der Sozialen Landwirtschaft im interna-
tionalen Kontext
Die Soziale Landwirtschaft war von Anfang an eng mit dem Konzept der Multifunktionalen Landwirtschaft
verbunden. Die Multifunktionale Landwirtschaft wurde nicht zuletzt unter dem ehemaligen öster-
reichischen Agrarkommissar Franz Fischler seit dem Gipfeltreffen 1997 in Luxemburg Teil des europä-
ischen Agrarmodells. Demnach sollte die europäische Landwirtschaft ein multifunktionaler, nachhaltiger
und wettbewerbsfähiger Wirtschaftssektor sein und abgesehen von ihrer primären Aufgabe der Versor-
gung mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die Landschaft gestalten, die Umwelt und die biologische
Vielfalt schützen, die nachhaltige Bewirtschaftung erneuerbarer natürlicher Ressourcen gewährleisten
sowie zur sozioökonomischen Lebensfähigkeit ländlicher Regionen beitragen (OECD 2001). Dies
implizierte auch, die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Rahmen dieses Konzepts bei sozialen
und gesellschaftlichen Aufgaben und bei der Gestaltung des sozialen Lebens im ländlichen Raum stärker
einzubinden. In zahlreichen europäischen Ländern wurde daraufhin die Bedeutung traditioneller
Betreuungssysteme auf land- und forstwirtschaftlichen Betrieben wieder entdeckt, beziehungsweise
neue Initiativen vorangetrieben. Vielerorts entstanden multifunktionale bäuerliche Betriebe mit unter-
schiedlichen Therapieangeboten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, körperlichen oder psy-
chischen Beeinträchtigungen, Schulbauernhöfe, Kindergärten, Geriatrische Zentren, Einrichtungen
für Demenzkranke, straffällige oder lernschwache Jugendliche, Drogenkranke, Langzeitarbeitslose
sowie vieles mehr. Auch Ploeg et al. (2002) lokalisieren Soziale Landwirtschaft innerhalb des Konzepts
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
8Soziale Landwirtschaft
der multifunktionalen Landwirtschaft und der regionalen Entwicklung. Soziale Landwirtschaft diene
einerseits der Verbreiterung und Entwicklung neuer Aktivitäten außerhalb der landwirtschaftlichen
Urproduktion mit dem Ziel einer Einkommensverbesserung, andererseits werden aber auch neue For-
men von Dienstleistungen für die Gesellschaft angeboten, die es bislang noch nicht gab. Soziale Land-
wirtschaft schafft synergetische Wirkungen, Praktiken und Koalitionen, die die traditionellen sektora-
len Grenzen überschreiten. Durch neue Konzepte, Strategien und Organisationen werden wird
dadurch auch die Zivilgesellschaft gestärkt (Dessein/de Krom 2012).
Ein sehr wichtiger Aspekt von Sozialer Landwirtschaft betrifft die gesellschaftliche Emanzipation der
KlientInnen (Dessein 2008). Der Nutzen der Sozialen Landwirtschaft darf nicht alleine von Seiten öko-
nomischer Interessen der land- und forstwirtschaftlichen EinrichtungsbetreiberInnen bzw. der Sozial-
und Gesundheitsverwaltung gesehen werden, sondern muss vor allem auch die Selbstbestimmung
(Empowerment) der Betroffenen mit ins Kalkül ziehen. Barnes und Bowl (2001) betonen die Notwen-
digkeit sozialer Gerechtigkeit und die Möglichkeit selber Entscheidungen zu treffen als Hauptbestand-
teile von entsprechenden Pflegeeinrichtungen und Betreuungsmaßnahmen. Idealerweise sollte dieser
Prozess bereits bei der Planung Sozialer Landwirtschaften beginnen. In der Realität stellen autonome,
von den Betroffenen entsprechend ihrer Bedürfnisse selber (mit)organisierte oder (mit)geplante Sozi-
ale Landwirtschaften eher die Ausnahme dar. Damit wird auch ein wichtiger politischer Gesichtspunkt
angesprochen. Tr on t o (1993) und Sevenhuijsen (1998) werfen weitere ethisch-moralische Fragestellun-
gen auf, indem sie die Forderung nach Unabhängigkeit und besonderem Schutz der Privatsphäre der
betreuten Personen unterstreichen.
Auf europäischer Ebene bildeten sich mit dem Bedeutungsgewinn der Multifunktionalen Landwirt-
schaft sehr bald Initiativen für eine stärkere Vernetzung von Einrichtungen im Bereich von Green Care
und Soziale Landwirtschaft. So fand 2004 auf Initiative der Stiftung zur Unterstützung von Landwirtschaft
und Pflege (Stichting Omslag, Steunpunt Landbouw & Zorg) und der Universität Wageningen in Vor d en in den
Niederlanden die erste Tagung des Netzwerks Community of Practice CoP - Farming for Health (www.farmingfor-
health.org) mit dem Ziel statt, Wissenschaft, Politik und Praxis in Hinblick auf die Schaffung einer
gemeinsame Schnittfläche zwischen Gesundheitswesen und Landwirtschaft zu integrieren. Mittels der
CoP soll diese Form der Innovation in Europa verbreitet und eine Plattform für einen europaweiten Erfah-
rungsaustausch geschaffen werden. Dieses Forum vereint Personen aus der Forschung und Praxis. Wei-
tere Tagungen folgten in jährlichem oder zweijährigem Abstand in Wageningen, Stavanger, Gent und
Pisa. Ein zentraler Schwerpunkt dieses Netzwerkes stellt auch die länderübergreifende Erforschung und
Förderung entsprechender Aktivitäten dar. Im Zuge dessen wurden erstmals wissenschaftliche For-
schungsprojekte und Begleitforschungen forciert. CoP - Farming for Health hat mittlerweile Mitglieder aus
22 europäischen Ländern, darüber hinaus aber auch einige aus Nordamerika, Asien und Afrika.
Eine weitere wichtige Etappe auf dem Weg zur Etablierung der Sozialen Landwirtschaft in Europa
stellte die European Cooperation in the Field of Scientific and Technical Research (COST) Aktion 866 Green Care
in Agriculture dar, die auf Initiative von Jan Hassing von der Universität Wageningen und unter Leitung
von Bjarne Brastaadt von der Norwegischen Universität für Lebenswissenschaften in Ås sowie Deidre
O‘Connor von der Universität Dublin zwischen 2006 und 2010 im Rahmen der Domäne Food and Agricul-
ture durchgeführt wurde. ExpertInnen aus 22 europäischen Ländern pflegten dabei zu Fragen der
Gesundheitsleistungen der Land- und Forstwirtschaft einen intensiven wissenschaftlichen Austausch.
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 9
Österreich war im Management Komitee dieser COST Aktion durch Georg Wiesinger von der Bundesan-
stalt für Bergbauernfragen sowie Fritz Neuhauser vom Krankenhaus Hietzing vertreten. In drei verschiedenen
Arbeitsgruppen wurden Fragen von gesichert nachweisbaren Gesundheitseffekten, Wirtschaftlichkeit
und der politischen Rahmenbedingungen wissenschaftlich untersucht (Wiesinger 2011).
Neben der COST Aktion hatte für die Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft auch das Projekt Social
Farmin g SoFa r eine zentrale Bedeutung, welches im 6. EU-Rahmenprogramm für Forschung und technologische
Entwicklung im Kapitel Modernisierung und Nachhaltigkeit der Land- und Forstwirtschaft als konzertierte
Aktion zwischen 2006 und 2009 stattfand (ww.sofar-d.de; http://sofar.unipi.it). Das Ziel dieses von der
Universität Pisa koordinierten Projekts war, den Austausch zwischen Praxis und Forschung zu fördern,
sowie die Verbreitung und Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft in Europa zu unterstützen
(Kalisch/van Elsen 2007). Im Rahmen von SoFar wurden in den sieben europäischen Ländern Strate-
gie-Foren veranstaltet, aus denen nationale Innovationsstrategien zur Förderung der Sozialen Landwirt-
schaft entwikkelt wurden. Österreich nahm an SoFar leider nicht teil, da zum Zeitpunkt der Projekt-
initiative hierzulande der Bereich der Sozialen Landwirtschaft noch zu wenig etabliert war.
Starke Impulse für die Entwicklung der Soziale Landwirtschaft gehen v.a. von Deutschland aus, insbe-
sondere von der Universität Kassel mit gemeinnützigem Verein Europäische Akademie für Landschaftskultur
Petrarca e.V. in Witzenhausen mit Thomas von Elsen und Marie Kalisch. Seit Ende 2008 wird von diesem
Institut mit der Fachhochschule Nürnberg als Kooperationspartner ein langjähriges Forschungsprojekt zur
Sozialen Landwirtschaft auf Biobetrieben in Deutschland durchgeführt. Analog zur europäischen Arbeitsge-
meinschaft Farming for Health entstand 2009 unter der Trägerschaft von Petrarca e.V. die Deutsche Arbeits-
gemeinschaft Soziale Landwirtschaft (DASoL) als nationales Austauschforum (www.soziale-landwirtschaft.de).
DASoL unterstützt die Vernetzung von Einzelinitiativen durch thematische und regionale Netzwerke
und möchte die Interessen der Akteure und bestehender Netzwerke bündeln und sichtbar machen.
Darüber hinaus engagiert sich die DASoL in der Forschung und Weiterbildung.
In Österreich gibt es bislang kein nationales Interessensforum für die Soziale Landwirtschaft. Sehr wohl
entstanden vor allem seit der COST Aktion 866 und einer 2007 in Wien im Rahmen dieser COST
Aktion stattgefundenen Konferenz Vernetzungen, welche die Soziale Landwirtschaft mitabdecken.
Bereits 2002 gab es erste Ansätze im Bereich der Gartentherapie. Ein von der Österreichischen Garten-
baugesellschaft (ÖGG) in Wien vor einem größeren Fachpublikum abgehaltenes internationales Sym-
posium stieß auch in einer breiteren Öffentlichkeit auf große Resonanz. 2006 wurde von der ÖGG
gemeinsam mit der Donau-Universität Krems erstmals ein berufsbegleitender universitärer Universitäts-
lehrgang für Gartentherapie eingerichtet. Seit 2008 findet der Weiterbildungslehrgang an der Hoch-
schule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien Ober-St. Veit statt. Mit dem Herbstsemester 2012 startete
erstmals ein Masterstudienlehrgang zu Green Care – Pädagogische, beraterische und therapeutische Interventio-
nen mit Tieren und Pflanzen. Mittlerweile gibt es bereits einen eigenen Absolventenverband, den Fachver-
band für Gartentherapie ExpertInnen GrünPunkt (www.garten-therapie.net). Im Jahr 2010 wurde die Interna-
tionale Gesellschaft für Gartentherapie (IGGT) gegründet. Vizepräsident wurde Thomas Haase, Rektor der
Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien. Seit 2011 existiert mit der von der Hochschule
für Agrar- und Umweltpädagogik und dem Gartentherapie Absolventenverband herausgegebenen Zeit-
schrift Green Care ein eigenes, vierteljährlich erscheinendes Informationsmedium für Interessierte aus
der Wissenschaft und Praxis.
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
10 Soziale Landwirtschaft
Nicht zuletzt wegen dem sukzessiv gestiegenen Interesse an der Green Care Thematik wurde eine von
der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik koordinierte Green Care Plattform geschaffen, die in regel-
mäßigen Arbeitstreffen österreichweit die Verwaltung, Politik, Wissenschaft und Praxis enger mitein-
ander vernetzen soll. Diese Plattform dient als Drehscheibe für Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft,
Gesundheits-, Versorgungs- und Pflegeeinrichtungen, Versicherungsträger, TherapeutInnen, Angehö-
rigenvereinigungen usw. mit dem Ziel einer möglichst große Effizienz und Transparenz von Green Care
Angeboten zu erreichen. Über dieses Netzwerk werden auch Informationen zur Verfügung gestellt und
untereinander ausgetauscht, direkte Kontakte ermöglicht und die Durchführung von wissenschaftli-
chen Projekten unterstützt.
Seit der Mitte des vorigen Jahrzehnts wuchs beim Öster-
reichischen Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung
(ÖKL) das Interesse an Tiergestützter Therapie und Pädagogik
(TGTP). Ursächlich hängt dies mit Silke Scholl zusammen, die als
Mitarbeiterin des ÖKL bereits in den Jahren davor erste Erfah-
rungen mit einem auf Ziegen als Therapietieren basierenden
Pilotprojekt in Oberösterreich machen konnte (ÖKL 2010).
Mittlerweile konnte sich die Tiergestützter Therapie und Päd-
agogik am ÖKL mit einem größeren Team an Mitarbeiterinnen
etablieren. Es wurden gezielt Richtlinien für Rahmenbedingungen und die Organisation dieses Berei-
ches erarbeitet, die man für Europa als durchaus bahnbrechend bezeichnen kann.
Abgesehen von diesem Projekt des ÖKL gibt es weitere Vereinigungen, die Ausbildungen mit tierge-
stützten Inhalten in ihrem Programm haben. Dabei kommen allerdings meistens Haustiere und nur zu
einem geringen Maß landwirtschaftliche Nutztiere zur Anwendung. Angeführt werden können hier
u.a. der Verein Tiere als Therapie (TAT) mit tiergestützter Therapie und tiergestützten Fördermaßnah-
men, das Weiterbildungsinstitut der Wirtschaftskammer WIFI Niederösterreich mit dem Lehrgang Perso-
nal-Coach im tiergestützten Setting sowie das Österreichische Kuratorium für therapeutisches Reiten
(ÖKTR) mit Ausbildungsschienen im Bereich der Hippotherapie, Heilpädagogischem Reiten und Vol-
tigieren sowie Behindertenreiten.
Die Landwirtschaftskammer Wien startete 2011 mit Green Care
in Wien ein von Nicole Prop koordiniertes großes Pilotprojekt, in
dessen Rahmen Soziale Landwirtschaft als Erwerbsalternative in
einem städtischen Kontext beworben wird. Bäuerinnen und
Bauern sollen dafür gewonnen werden auf ihren Höfen soziale
Einrichtungen unterzubringen. Ziele sind die landwirtschaftli-
che Produktpalette mit sozialen und pädagogischen Produkten
zu erweitern und der städtischen Bevölkerung Gesundheitsför-
derung und Krankheitsprävention durch aktives Erleben der
Natur zuteilwerden zu lassen. Mittels Gartentherapie, Tiergestützter Therapie, Schule am Bauernhof,
Kräuteranbau am Bauernhof sollen unterschiedliche Zielgruppen (Kinder, Senioren, Menschen mit
besonderen Bedürfnissen, Burn-out PatientInnen etc.) angesprochen und die Beziehungen zwischen
Mensch, Tier und Natur im städtischen Raum aktiv erlebt und erlernt werden. Für die Bewerbung der
Logo für die Betriebe mit TGTP
Logo des Wiener Green Care Projekts
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 11
Idee wurde ein eigenes Produktlabel geschaffen: Green Care – wo Stadtmenschen aufblühen. 2013 soll die-
ses Pilotprojekt der Landwirtschaftskammer auf weitere Bundesländer ausgeweitet werden.
Auch im Bereich der Forstwirtschaft gibt es mittlerweile einige interessante Ansätze für Forstbetriebe2
bzw. gemischte land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Der Wald wird zunehmend als Therapie- und
Sozialraum mit seinem Beitrag zur Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention erkannt. Der
gemeinnützige Verein Waldpädagogik in Österreich (www.waldpaedagogik.at) konstituierte sich bereits 2006
und bezweckt waldpädagogische Aktivitäten zu koordinieren und weiterzuentwickeln. Angeleitet von
ausgebildeten WaldpädagogInnen sollen Kinder den Wald erforschen und die Zusammenhänge in der
Natur selbst entdecken. 2011 fand in Reichenau an der Rax die Erste Österreichische Tagung Wald und
Gesundheit statt. Themenschwerpunkte waren Gesundheitseffekte des Aufenthaltes im Wald, der
Wald als Standort und Thema therapeutischer und sozialer Aktivitäten sowie Gesundheitseffekte von
Produkten aus dem Wald. Im Anschluss an die Tagung konstituierte sich eine Interessensgemeinschaft,
die gemeinsam mit der Green Care Plattform neue Impulse setzen möchte. Besondere Schwerpunkte
sollen in Zukunft auf die Therapie psychiatrischer PatientInnen (Wald wirkt schützend durch räumliche
strukturelle Beengtheit, dunkelgrüne Farbe wirkt gesundheitsfördernd und beruhigend) sowie auf
Waldkindergärten und Waldpädagogik gelegt werden.
2. Forstbetriebe sind Betriebe, deren Anteil des Standardoutput Forstwirtschaft mehr als 1/3 des Gesamt-
standardoutput (GeSO) [Landwirtschaft + Gartenbau + Forstwirtschaft] beträgt und der Standardoutput
(SO) Forstwirtschaft größer ist als der Standardoutput Gartenbau, werden der Betriebsform „Forstbe-
triebe“ zugeordnet. Abhängig vom Anteil des Standardoutput Forstwirtschaft am Gesamtstandardoutput
erfolgt des Weiteren entweder die Zuteilung zum Betriebstyp „Forstbetriebe mit >1/3 bis <= 2/3 Anteil
SO Forstwirtschaft“ oder zum Betriebstyp „Forstbetriebe mit > 2/3 Anteil SO Forstwirtschaft am
GeSO“. (Statistik Austria 2010, 9).
Konzept der Sozialen Landwirtschaft
12 Soziale Landwirtschaft
Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 13
3. Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft
3.1 Europa
Fast überall in Europa lassen sich traditionelle aber auch erst kürzlich entstandene Beispiele einer engen
Verknüpfung zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und sozialen Aktivitäten beobachten. Das Phä-
nomen der Sozialen Landwirtschaft erscheint als ein sich entwickelndes, dynamisches Szenario, das
zunehmend bei Entscheidungsträgern Beachtung findet und in mehreren Ländern zur Entstehung neuer
Strukturen geführt hat. Bei der Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft gibt es dabei zwischen den
einzelnen europäischen Ländern signifikante Unterschiede, die sich zurückführen lassen auf
Unterschiede in der Agrarstruktur und der natürlichen und wirtschaftlichen Produktionsbedin-
gungen, d.h. Größe, Lage und Organisation der Betriebe, Nähe zu Märkten und urbanen Zen-
tren
Gesellschaftliche und soziale Hintergründe, d.h. Tradition, langjährige Erfahrung, Akzeptanz in
der Öffentlichkeit, Offenheit gegenüber diesen sozialen Modellen
Politische Rahmenbedingungen, d.h. Gesetzgebung und Ausrichtung der Gesundheits- und
Sozialpolitik, Förderungsmaßnahmen und Organisationsformen (z.B. Kompetenzverteilung,
Art der Kostenträger, Höhe der Unterstützung, Zentralisierung bzw. Dezentralisierung bei
Betreuungssystemen)
Dementsprechend zeigen sich in den einzelnen europäischen Staaten bei der Sozialen Landwirtschaft
ganz wesentliche Unterschiede und Schwerpunktsetzungen in Bezug auf die Art der Zielgruppen,
Größe und Ausrichtung der Einrichtungen, aber auch bei den Organisationsstrukturen. Während in
manchen Ländern zentraler Steuerungsinstrumente mit solider staatlicher Unterstützung gegeben
sind, finden sich in anderen Ländern keine bis sehr niedrige Pflegesätze, die wenig Anreize für land-
wirtschaftliche Betriebe bieten könnten, in diese Formen alternativer Dienstleistung einzusteigen. In
der Regel lässt sich auch feststellen, dass dort wo die Pflegeeinrichtungen klein und familienbasiert
sind, der Pflege- bzw. therapeutische Aspekt im Vordergrund steht. Menschen mit besonderen Bedürf-
nissen dürfen z.B. im Rahmen einer Beschäftigungstherapie nicht zu einer Arbeit angehalten werden,
während andererseits bei großen Einrichtungen wie z.B. den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM)
in Deutschland Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation und damit auch betriebswirtschaftliche
Gesichtspunkte berücksichtigt werden müssen. Dies führt gelegentlich zu Konfliktsituationen, z.B.
wenn die Ernte rasch eingebracht werden muss, die KlientInnen aber z.B. aus psychischen oder sonsti-
gen Gründen gerade nicht in derge sind zu arbeiten.
In einigen Ländern gibt es bereits seit längerem feste Organisationsstrukturen in Form von regionalen
oder nationalen Unterstützungszentren für Soziale Landwirtschaft, wie z.B. in Belgien (Groene Zorg),
den Niederlanden (Consultancy Green Care), Großbritannien (National Care Farming Initiative, Disa-
bility Alliance, Thrive National Charity), U.S.A. (Green Chimneys), Italien (Lombricosociale) oder
Norwegen (Innovasjon Norge), in anderen sind diese erst im Entstehen oder gar nicht vorhanden.
Generell lässt sich in Europa ein Nord-Süd-Gefälle feststellen. Großb Laritannien, Skandinavien und
die Benelux-Staaten sind Vorreiter im Bereich der Sozialen Landwirtschaft, während die meisten süd-
und südosteuropäischen Länder in der Entwicklung deutlich langsamer sind.
Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft
14 Soziale Landwirtschaft
Im Projekt Supporting policies for Social Farming in Europe (SoFar) wurde die Anzahl der Sozialen Landwirt-
schaften für die sieben daran teilnehmenden europäischen Länder abgeschätzt (Di Iacovo/O’Connor
2009, 28). Demnach gibt es in Frankreich 2.100 Betriebe (1.200 im Bereich der Pädagogik, 500 im
Bereich der Therapie und 400 bei der sozialen Integration), in den Niederlanden 839, in Italien 685, in
Belgien 308, in Deutschland 220, in Irland 106 sowie 15 in Slowenien. Diese Zahlen wurden sehr vor-
sichtig geschätzt und dürften in Wirklichkeit höher liegen. Da der Bereich sich fast überall sehr dyna-
misch entwickelt, kann man davon ausgehen, dass in den angeführten Ländern mittlerweile wesentlich
mehr dieser Betriebe existieren.
In den Niederlanden und in Belgien überwiegen im Bereich der Sozialen Landwirtschaft private bäuer-
liche Familienbetriebe, während in Deutschland, Irland und Slowenien die meisten Einrichtungen von
karitativen, religiösen, anthroposophischen oder sozialpolitischen Organisationen geführt werden.
Eine Besonderheit ist Italien, wo es in diesem Bereich viele soziale Kooperativen gibt, die staatlich
gefördert werden. Für Frankreich speziell ist die große Zahl an Non-Profit-Organisationen und ein
besonders entwickeltes System von Schulbauernhöfen, die eng mit Grundschulen zusammenarbeiten
(ebenda, 33 ff).
Auch im Bereich der Zielgruppen lassen sich in Europa verschiedene Schwerpunkte feststellen. In Nor-
wegen sind Systeme der Altenbetreuung und Kindergärten auf bäuerlichen Betrieben sehr stark ausge-
prägt. In Griechenland und in Italien gibt es spezielle Ansätze im Bereich des Strafvollzugs und der
Bewährungshilfe. In Deutschland entstanden in letzter Zeit neue Einrichtungen für Langzeitarbeitslose
und Wohnungslose, aber auch selbstorganisierte Ansätze von Drogen- und Alkoholkranken, die
gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften. In Großbritannien gibt es andererseits
immer mehr Einrichtungen zur Rehabilitation sozial auffälliger Jugendlicher.
3.2 Österreich
In Österreich gibt es seit jeher bäuerliche Betriebe mit pflegerischen, pädagogischen oder integrativen
Tätigkeiten. Vielerorts wurden Menschen mit körperlichen Gebrechen, psychischen oder geistigen
Beeinträchtigungen, besonderen Bedürfnissen oder sozialen Auffälligkeiten im Bereich der Land- und
Forstwirtschaft beschäftigt und dabei mehr oder minder gut im bäuerlichen Familien- und Haushalts-
verband integriert. Das Spektrum war dabei sehr breit und schwankte von engem Familienanschluss bis
hin zu schlimmen Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnissen. Eine systematische psychiatrische
oder medizinische Betreuung war in den meisten Fällen nicht gegeben. Die KlientInnen wurden häufig
aus der Nachbarschaft, Verwandten- und Freundeskreis rekrutiert. Außerdem fehlte es an öffentlicher
Kontrolle, was negativen Zuständen weiteren Vorschub leisten konnte. Andererseits fanden v.a.
gebrechliche und geistig behinderte Menschen im traditionellen bäuerlichen Großfamilienverband ihre
Lebenssphäre und wurden zu einfachen Tätigkeiten, soweit es ihre Beeinträchtigung erlaubte, herange-
zogen. In gut funktionierenden Betreuungsverhältnissen konnten diese eine starke Affinität zu dem
jeweiligen Familienverband entwickeln. Eine Vielfalt von Sinneseindrücken im Zusammenhang mit den
unterschiedlichsten landwirtschaftlichen Aufgabenstellungen, der noch relativ wenig entfremdete Cha-
rakter der anfallenden Arbeiten, die großen Freiräume für eigenständige Betätigungen und die Einbin-
Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 15
dung in ein festes soziales Umfeld konnten sich stimulierend auf die Entwicklung und Festigung der
eigenen Persönlichkeit auswirken und Perspektiven für eine soziale Reintegration schaffen.
Dazu kommt, dass bis Mitte des vorigen Jahrhunderts das Einlagewesen in den ländlichen Regionen
Österreichs für mittellose Arme, Kranke, Alte und Behinderte weite Verbreitung hatte. Dabei handelte
es sich um eine naturalwirtschaftliche Sicherungseinrichtung in Form einer periodisch wechselnden
Unterbringung bei den Bauern einer bestimmten Heimatgemeinde. Die einzelnen Bauernhöfe wurden
dabei zu einer Rotte zusammengefasst. Jeder Bauer einer Rotte war verpflichtet, in Abhängigkeit von
seiner Vermögenslage für eine bestimmte Anzahl von Einlegern für wenige Tage bis mehreren Wochen
im Jahr aufzukommen. Die Einlage erfährt aber eine gewisse Vorbedingung. So wurden die Einleger
verpflichtet, noch bestimmte, ihren körperlichen Kräften angemessene Arbeiten zu verrichten. Kon-
kret heißt das, sie wurden noch zu einer begrenzten Mitarbeit gezwungen. Konnte diese nicht mehr
erbracht werden, landeten die Einleger im Armenhaus (Wiesinger 1991, 41).
Auf vorindustriellen bäuerlichen Betrieben waren körperliche Kraft und Ausdauer gefragt und weniger
intellektuelle Fähigkeiten. Gerade geistig beeinträchtigte aber körperlich kräftige Menschen konnten
dabei nützliche funktionale Rollen übernehmen und damit gleichzeitig eine gewisse Wertschätzung und
damit auch soziale Integration erfahren. Im Zuge der Modernisierung, Technisierung und Rationalisie-
rung stiegen nun aber die Anforderungen bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Viele meist einfache
Arbeitsabläufe und damit auch Arbeitsnischen für Personen mit körperlichen, kognitiven oder sozialen
Beeinträchtigungen gingen verloren, außerdem erforderte das Bedienen von technisch aufwendigen
Maschinen und Geräten immer höhere intellektuelle Fähigkeiten. Viele Menschen mit besonderen
Bedürfnissen konnten dabei nicht mehr Schritt halten und verloren dadurch auch ihre soziale Position.
Ihre Arbeitsleistung verlor an gesellschaftlichem Wert. Darüber hinaus wirkten sich zwei weitere Fak-
toren entscheidend gegen die Betreuung von diesen Menschen auf bäuerlichen Betrieben aus. Einerseits
entstanden immer mehr Betreuungs- und Pflegeheime, die nun auch Personen aus dem ländlichen und
bäuerlichen Kontext aufnahmen, andererseits kam es mit dem Strukturwandel zur Auflösung der bäu-
erlichen Großfamilie und des Dienstbotenwesens, womit der Haushaltsverband und damit auch die
Betreuungspersonen abhandenkamen (ebenda, 82).
Trotz oder gerade wegen dem strukturellen Wandels in der Landwirtschaft bestehen soziale Initiativen
auf bäuerlichen Betrieben weiter bzw. es wurden neue begründet. Viele Betriebe versuchten aufgrund
schlechter werdender ökonomischer Rahmenbedingungen im Bereich der landwirtschaftlichen Pro-
duktion, aus einem Interesse und persönlicher Motivation oder wegen einer entsprechenden berufli-
chen Ausbildung ein neues Standbein im Bereich der Sozialen Landwirtschaft zu finden. Außerdem
erkannten viele Trägereinrichtungen im Bereich des Sozial- und Gesundheitswesens im Zuge der Dis-
kussion um Green Care und neuer Therapieformen wir der Gartentherapie und TGTP den Nutzen von
Therapiestellen auf land- und forstwirtschaftlichen Betrieben.
Zu Beginn der Jahrtausendwende wurde die Anzahl der Betreuungsstellen im Bereich der Sozialen
Landwirtschaft auf 200 bis 300 geschätzt, ein Wert, der aufgrund der Ergebnisse der nun vorliegenden
Studie als durchaus realistisch erscheint (Wiesinger et al. 2006). Im Rahmen unserer Untersuchung
konnten 2012 insgesamt 621 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die im Rahmen der von uns fest-
gelegten Abgrenzungskriterien für die Soziale Landwirtschaft pflegerische, pädagogische oder sozial-
integrative Leistungen erbringen, erfasst werden.
Entwicklung der Sozialen Landwirtschaft
16 Soziale Landwirtschaft
Im Gegensatz zu Deutschland, wo Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) in der Landwirt-
schaft nicht selten mehr als hundert KlientInnen umfassen, die unter einer gemeinsamen Leitung meh-
rere hundert Hektar bewirtschaften, sind in Österreich praktisch alle Sozialen Landwirtschaften sehr
klein strukturiert und oftmals auf der bäuerlichen Familie und Haushalt als Organisationsstruktur auf-
gebaut. Viele haben eine weitgehend informelle Struktur und sind kaum vernetzt, andere funktionieren
auf Vereinsbasis, wieder andere werden in enger Kooperation mit Sozialhilfeeinrichtungen, Pflegehei-
men oder Krankenanstalten betrieben. Erst in den letzten Jahren lässt sich ein gestiegenes Interesse aus
dem Bereiche der Wissenschaft, Politik und Verwaltung erkennen. Durch die lange Zeit oftmals eher
zufällig, mehr oder minder planlos ohne systematische Dokumentation und Evaluierung erfolgten und
auf Eigeninitiative weniger engagierter Personen basierenden Aktivitäten kam es in der Praxis zu man-
chen Fehlschlägen. Außerdem bestanden und bestehen noch immer als Folge der kaum vorhandenen
wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse viele gegenseitige Vorurteile zwischen dem „grünen“ Bereich
(Land- und Forstwirtschaft) und dem „weißen“ Bereich (Gesundheitswesen). Als negativ für das Entste-
hen von Green Care Einrichtungen wirkten sich auch rechtliche Unsicherheiten – die gesetzliche Situa-
tion war und ist oftmals sehr verworren und unklar – fehlende finanzielle Förderungsangebote und
nicht zuletzt das fehlende Informationsstand der unmittelbaren Entscheidungsträger aus. Darüber hin-
aus wagte niemand, weder im Bereich der Gesundheitsverwaltung noch der Politik, einen Schritt in
diese Richtung. Es fehlte an gesichertem Wissen und das Risiko, dass eine voreilige Maßnahme schei-
tern könnte, war einfach zu groß.
Gerade im Gesundheitsbereich gibt es gegenüber einer extramuralen Versorgung von KlientInnen auf
landwirtschaftlichen Betrieben oder Gärtnereibetrieben viele Vorurteile. Nicht zu Unrecht argwöhnte
man das Entstehen unkontrollierte neuer Abhängigkeits- und Ausbeutungsverhältnisse. In Kärnten und
teilweise auch in der Steiermark kam es in den 1970er Jahren zu mehreren Pflegeskandalen, wo geistig
behinderte Personen auf landwirtschaftlichen Betrieben unter menschenunwürdigen Verhältnissen
leben und arbeiten mussten. Außerdem tauchten in der Presse in regelmäßigen Abständen immer wie-
der Fälle auf, wo aufgrund ihrer Behinderung abhängige Menschen von ihren Angehörigen in Landwirt-
schaften weggesperrt wurden oder dort unter sklavenartigen Zuständen vegetierten. Man hatte vor
einem Dumping-Angebot der Landwirtschaft Angst und davor, dass durch diese womöglich kostengün-
stigeren Leistungen bestehende hohe Pflege- und Betreuungsstandards der Gesundheitseinrichtungen
gefährdet würden.
Aber auch im grünen Bereich gab es viele unrealistische Vorstellungen. Viele Bäuerinnen und Bauern
sahen nur den betriebswirtschaftlichen Nutzen. Sie bedachten nicht, dass Menschen mit besonderen
Bedürfnissen am eigenen Hof, eine besondere Herausforderung darstellen. Soziale Landwirtschaft ist
nicht einfach eine Betriebssparte wie jede andere, sondern impliziert ein hohes Maß an baulichen Rah-
menbedingungen und Investitionen, Sicherheit und sozialer Kontrolle, Qualitätsstandards, Ausbildung
und Ansprüche an die Persönlichkeit der EinrichtungsleiterInnen. Dies ist insbesondere im Bereich
einer Langzeitbetreuung der Fall, da man für die KlientInnen eine gewisse Kontinuität und Nachhaltig-
keit der Einrichtung gewährleisten muss, z.B. im Fall einer Hofnachfolge, aber auch wenn das Interesse
seitens der Landwirte an dieser Art von Aktivitäten verloren gegangen ist.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 17
4. Soziale Landwirtschaft in Österreich
4.1 Anzahl und Lage der Betriebe
Für diese Studie wurde, wie eingangs in Kapitel 2.1 bereits angeführt, das Vorhandensein eines ökono-
mische geführten land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit einer eigenen Betriebsnummer in der
LFBIS Datenbank der Statistik Austria und das systematische Anwenden der am Betrieb vorhandenen
pflanzlichen und tierischen Ressourcen für therapeutische oder pädagogische Maßnahmen als entschei-
dende Abgrenzungskriterien für die Soziale Landwirtschaft gewählt.
Nach intensiver Recherche konnten österreichweit über verschiedene Informationsquellen wie Inter-
net, Berichte in Printmedien, Informationen und Hinweise von Landwirtschaftskammern, Sozial- und
Gesundheitsbehörden, Berufsverbänden, Vereinen und Interessensvertretungen insgesamt 621
Betriebe ermittelt werden, die in der einen oder anderen Form soziale Dienstleistungen in den Berei-
chen Pflege, Pädagogik und/oder Integration anbieten. Für immerhin 600 (oder 96,6%) der 621
Betriebe mit einer Sozialen Landwirtschaft konnte in der LFBIS-Datenbank eine Betriebsnummer
ermittelt werden. Von diesen sind wiederum 552 (oder 88,9%) aktive Betriebe, die in der Agrarstruk-
turerhebung 2010 aufscheinen (Tabelle 1). Da Soziale Landwirtschaften ihr Angebot an einen Konsu-
mentenkreis bringen wollen, treten sie in der Regel in der Öffentlichkeit sehr wohl mittels Internet-
portalen, Informations- und Werbebroschüren in Erscheinung. Sehr viele Betriebe sind auch in Verbän-
den und Netzwerken zusammengeschlossen. Dieses Faktum wirkte sich sehr positiv für die Ermittlung
der Betriebe aus.
Tabelle 1: Verteilung der Sozialen Landwirtschaften in Österreich auf die einzelnen
Bundesländer
Quelle: Eigene Berechnung
Bundesland insgesamt mit Betriebsnummer in der
LFBIS-Datenbank
Aktive mit Betriebsnum-
mer in der LFBIS-Daten-
bank
Anzahl in % Anzahl in % Anzahl in %
Burgenland 27 4,3 22 3,7 20 3,7
Kärnten 67 10,8 62 10,3 53 9,7
Niederösterreich 91 14,7 88 14,7 80 14,6
Oberösterreich 122 19,6 115 19,2 115 20,9
Salzburg 66 10,6 76 12,7 60 10,8
Steiermark 150 24,2 142 23,7 137 24,8
Tirol 57 9,2 55 9,2 56 10,1
Vorarlberg 37 6,0 36 6,0 31 5,6
Wien 4 0,6 4 0,7 - 0,0
Österreich 621 100,0 600 100,0 552 100,0
Soziale Landwirtschaft in Österreich
18 Soziale Landwirtschaft
Es ist davon auszugehen, dass bei den meisten der fehlenden 21 Betriebe die Betriebsnummer wegen
einer falschen Adresse oder falschen bzw. anders lautenden Namen der/des BetriebsleiterIn in der
LFBIS Datenbank nicht eruiert werden konnten. Möglicherweise gibt es einige Fälle, welche die
Abgrenzungskriterien für Soziale Landwirtschaft nicht erfüllen, aber dennoch wegen falscher Angaben
oder mangelhafter Informationsquellen in den Datensatz eingingen. Andererseits kann trotz der sehr
intensiven Recherche davon ausgegangen werden, dass einige, wenig vernetzte Betriebe mit Sozialer
Landwirtschaft nicht erfasst werden konnten. Der Fehler dürfte sich in beiden Fällen jedoch in Grenzen
halten. Ein Indiz für die sehr erfolgreiche Recherche ist auch, dass sich einzelne nicht angesprochene
Betriebe selber meldeten, da sie in ihrer Umgebung von der Studie hörten. Jedenfalls darf davon ausge-
gangen werden, dass der Prozentsatz der nicht erfassten Betriebe sehr gering liegt. Insofern kann man
von einer hohen Repräsentativität ausgehen. Die Gesamtzahl der ausgewiesenen Sozialen Landwirt-
schaftsbetriebe gibt folglich eine gute, wenn auch nicht exakte Einschätzung für Österreich wieder. Die
Betriebe verteilen sich wie in Tabelle 1 dargestellt auf die einzelnen Bundesländer.
Nach der absoluten Anzahl betrachtet befinden sich die meisten Sozialen Landwirtschaften in der Stei-
ermark mit etwa einem Viertel, gefolgt von Oberösterreich mit knapp 20% und Niederösterreich mit
knapp 15% aller Betriebe. Setzt man diese Werte aber in Relation mit allen land- und forstwirtschaftli-
chen Betrieben Österreichs nach der Agrarstrukturerhebung 2010, so lässt sich feststellen, dass in den
Bundesländern Salzburg und Vorarlberg die Sozialen Landwirtschafts-Betriebe überproportional ver-
treten sind, während vor allem Niederösterreich stark unterrepräsentiert ist (Tabelle 2).
Tabelle 2: Verteilung der Sozialen Landwirtschaften im Vergleich zu allen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich
Quelle: Eigene Berechnung
Vergleiche auch Kapitel 4.3.1, wo u.a. der Anteil der Sozialen Landwirtschaftsbetriebe in den einzel-
nen Bundesländern bezogen auf alle land- und forstwirtschaftlichen Betriebe analysiert wird.
Bundesland
Soziale Landwirtschafts-
Betriebe
Alle LW und FW Betriebe
in Österreich Differenz in % Punkten
Anzahl in % Anzahl in % in %
Burgenland 27 4,3 9.793 5,6 -1,3
Kärnten 67 10,8 18.174 10,5 0,3
Niederösterreich 91 14,7 41.570 24,0 -9,3
Oberösterreich 122 19,6 33.341 19,2 0,4
Salzburg 66 10,6 9.785 5,6 5,0
Steiermark 150 24,2 39.388 22,7 1,5
Tirol 57 9,2 16.215 9,4 -0,2
Vorarlberg 37 6,0 4.493 2,6 3,4
Wien 4 0,6 558 0,3 0,3
Österreich 621 100, 173.317 100,0 0,0
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 19
In der Abbildung 2 wird die genaue geografische Position der Sozialen Landwirtschaftsbetriebe nach
den Geoinformationssystem (GIS) Koordinaten der Betriebsadressen, aufgeschlüsselt nach den Berei-
chen Pflege, Pädagogik und Integration dargestellt.
Abbildung 2: Lage der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft (Pflege, Pädagogik und Inte-
gration) in Österreich nach GIS Koordinaten der Betriebsadressen
Betrachtet man die Verteilung der einzelnen Aufgabenbereiche nach der Hauptaktivität, so zeigt sich,
dass mehr als 71% aller Sozialen Landwirtschaftsbetriebe Österreichs auf den Bereich der Pädagogik,
da v.a. auf das LFI Projekt Schule am Bauernhof, entfallen. Der Bereich der Integration nimmt etwas
mehr als 20% ein, jener der Pflege knapp über 8% (Tabelle 3).
Soziale Landwirtschaft in Österreich
20 Soziale Landwirtschaft
Tabelle 3: Verteilung der Sozialen Landwirtschaften in Österreich nach
Hauptaktivitätsbereichen
Quelle: Eigene Erhebung
Bei der Verteilung der Betriebe in Österreich lassen sich einzelne regionale Cluster erkennen. So kon-
zentrieren sich integrative Modelle in der Südlichen Steiermark aufgrund der von der Landesnerven-
klinik in Graz gesteuerten Psychiatrischen Familienpflege. Andererseits gibt es im Bezirk Perg im nord-
östlichen Oberösterreich ein regionales Netzwerk für die Altenbetreuung am Bauernhof. Im Bundes-
land Tirol finden sich wiederum sehr viele reittherapeutische Einrichtungen und in Kärnten Pflege-
und Betreuungseinrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Abbildung 3).
Hauptaktivitätsbereich Anzahl in %
Pflege 52 8,4
Behindertenbetreuung 34 5,5
Altenbetreuung 18 2,9
Pädagogik 442 71,3
Schule am Bauernhof 436 70,2
Lebens-, Gesundheits- und Sozialberatung 3 0,5
Kinderbetreuung, Kindergarten am Bauernhof 2 0,3
Pädagogische Frauenprojekte 1 0,3
Integration 127 20,5
Personen mit psychischen Erkrankungen 71 11,4
Kinder und Jugendliche mit sozialen Auffälligkeiten 12 1,9
Reitpädagogische Betreuung, Therapeutisches Reiten 31 5,0
Strafvollzug und Bewährungshilfe 3 0,5
Suchterkrankungen, Ess-, Angst- und Persönlichkeitsstörungen 8 1,3
Langzeitarbeitslose Frauen 1 0,2
AsylwerberInnen 1 0,2
Gesamt 127 20,5
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 21
Abbildung 3: Lage der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft in Österreich nach GIS Koor-
dinaten der Betriebsadressen und Hauptaktivitäten
4.2 Kurzdarstellung ausgewählter Modelle der Sozialen Landwirtschaft
Im Folgenden sollen einzelne Modelle für die drei Bereiche Pflege, Pädagogik und Integration beispiel-
haft kurz vorgestellt werden, um einen Überblick über das sehr breite Spektrum an Organisationsfor-
men, Hintergründen und Aktivitäten zu geben. Wir konzentrieren uns dabei auf Netzwerke, die meh-
rere Betriebe umfassen, da wir bei einer Präsentation von Einzelbespiele einerseits an datenschutz-
rechtliche Grenzen stoßen würden und andererseits im folgenden Kapitel, wo es um die Ergebnisse aus
der Befragung geht, diese Modelle zum Teil auch gesondert ausgewertet wurden.
4.2.1 Modelle im Bereich Pflege
Betreutes Wohnen am Bauernhof
Eine Gruppe von Mühlviertler Bäuerinnen und Bauern im oberösterreichischen Bezirk Perg hat sich
zum Ziel gesetzt, familienfremde SeniorInnen aller Altersgruppen auf ihren Bauernhöfen aufzuneh-
men, um ihnen einen möglichst angenehmen Lebensabend mit einer mehr oder minder intensiven sozi-
alen Integration in einem Familien- und Haushaltsverband und einer schönen, naturnahen Umgebung
zu ermöglichen. Im Rahmen des Projekts werden autonome Wohneinheiten am Bauernhof in einer
Größe von ca. 35 bis 70 m² für ein bis zwei Personen angeboten. Die Wohnungen sind altengerecht
Soziale Landwirtschaft in Österreich
22 Soziale Landwirtschaft
adaptiert, entsprechen den geltenden Richtlinien für Betreutes Wohnen in Oberösterreich und sind
vom Sozialhilfeverband in Perg anerkannt. Die Ausstattung ist abgestimmt auf die individuellen Bedürf-
nisse. Es können dabei auch persönliche Einrichtungsgegenstände mitgebracht werden.
Die Personen bleiben dabei weitgehend selbstständig, d.h. sie können das Ausmaß an benötigter Hilfe
beim Haushalt und der Körperpflege selber festlegen, die Räumlichkeiten vorübergehend, zeitweise
(Kurzzeitbetreuung) oder auch permanent (Langzeitbetreuung) nützen. Die SeniorInnen können ihren
Haushalt selber führen, selber kochen aber auch eine Vollpension in Anspruch nehmen. Zusätzlich zu
den am Bauernhof angebotenen Dienstleistungen können auch Mobile Dienste und Hauskranken-
pflegedienste beansprucht werden. Die Bäuerinnen, die Betreutes Wohnen am Bauernhof anbieten,
sind allesamt ausgebildete Altenbetreuerinnen, wodurch eine fachgerechte Betreuung gewährleistet
wird.
Es gibt kein Mindestalter für den Wohnbezug, die Räumlichkeiten können auch von Angehörigen und
Freunden der KlientInnen, etwa bei Besuchen oder Urlaubsaufenthalten genutzt werden. Es gibt auch
keine vorgeschriebenen Essens- und Besuchszeiten.
Die Finanzierung erfolgt bei einer Kurzzeitbetreuung über einen fixen Tagessatz plus 80% des jeweili-
gen Pflegesatzes, bei einer Langzeitbetreuung wird eine Miete, die sich nach der Größe des Wohnrau-
mes richtet zuzüglich der Betriebskosten in Rechnung gestellt. Das Wohn- und Betreuungsverhältnis
wird mit den KlientInnen über einen Betreuungsvertrag geregelt. Mit dem Österreichischen Roten
Kreuz (ÖRK) wird zusätzlich für Notfälle eine Leistungsvereinbarung im Rahmen der sogenannten
Rufhilfe abgeschlossen. Dabei fallen für die Betreuten monatliche Gebühren, gestaffelt für ein oder zwei
Personen an.
Betreutes Wohnen am Bauernhof entstand 1998, ist als Verein organisiert und wird von der Bezirksbau-
ernkammer Perg unterstützt. Bis auf eine Ausnahme (Bezirk Grieskirchen) liegen alle der momentan
insgesamt zehn Betriebe im Bezirk Perg.
Alternative Lebensräume - Wohnbetreuung am Bauernhof in Kärnten
Da seit 1.3.2010 in Kärnten in öffentlichen Pflegeheimen keine Personen der Pflegestufen 0-3 mehr
aufgenommen werden, haben sich bäuerliche Kleinbetriebe seit diesem Zeitpunkt im Projekt Alterna-
tive Lebensräume zusammengeschlossen, die gemäß § 16(2a) des Kärntner Heimgesetzes eine Wohnbe-
treuung für pflegebedürftige Menschen dieser unteren Pflegestufen anbieten. Die Abteilung 4 Kompe-
tenzzentrum Soziales der Kärntner Landesregierung ist Träger dieser privatwirtschaftlich geführten sozialen
Einrichtungen, die über den Verein Kärnten Sozial organisiert werden.
Das Angebot umfasst Wohn- und Pflegeplätze für pflegebedürftige Menschen für Kurzzeit-, Langzeit-
pflege und Tagesbetreuung. Bis heute haben sich 16 unterschiedliche Häuser, davon sieben bäuerliche
Betriebe, in Kärnten dazu qualifiziert. Die Räumlichkeiten müssen entsprechend den baulichen Aufla-
gen der Landesregierung Abt. 13 adaptiert werden. Im Vordergrund stehen die Förderung und Wie-
dererlangung von alltagspraktischen Fertigkeiten, der Erhalt sozialer Funktionen und die bestmögliche
Selbstverantwortung der BewohnerInnen sowie die Sicherung eines strukturierten Tagesablaufs.
Für den Aufenthalt wird ein bestimmter Tagessatz verrechnet. Ist der/die BewohnerIn nicht in der
Lage, selbst für die Kosten aufzukommen, übernimmt das Land Kärnten auf Grundlage des Kärntner
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 23
Mindestsicherungsgesetzes LGBl Nr. 15/2007 die Kosten. Grundvoraussetzung für das Betreiben einer
Pflegestelle im Rahmen des Alternative Lebensraums ist eine entsprechende berufliche Ausbildung als
PflegehelferIn oder KrankenpflegerIn. Sofern man selber nicht über diese Ausbildung verfügt, müssen
diese Leistungen zugekauft werden.
ZPSR Zentren für psychosoziale Rehabilitation Kärnten
Seit Mitte der 1950er wurden chronisch psychisch kranke und behinderte PatientInnen des Landes-
krankenhauses Klagenfurt sukzessive in psychiatrische Pflegestellen ausgelagert. Meistens waren dies
landwirtschaftliche Betriebe, aber auch Gasthöfe in strukturschwachen, touristisch weniger interessan-
ten Gebieten, die für die Betreuung der PatientInnen Pflegegeld erhielten. Nach einer Reihe von Pfle-
geskandalen aufgrund organisatorischer Mängel und unzureichender Kontrollmechanismen in den
1970er Jahren, wurde das Konzept auf neue Beine gestellt. Die EinrichtungsbetreiberInnen gründeten
eine eigene Interessensgemeinschaft (INTEGRA Pflege- und Betreuungswohnheime GmbH) und defi-
nierten gemeinsam mit dem Land Kärnten Qualitätsstandards für die Betreuung und Pflege.
Heute übernehmen die Zentren für psychosoziale Rehabilitation (ZPSR) die Langzeitbetreuung und -pflege
von chronisch psychisch kranken und behinderten Menschen, welche nur vorübergehend oder auch auf
Dauer Betreuung und Pflege benötigen. Neben der Intention der Schaffung einer gemeindenahen
Psychiatrie, d.h. die psychisch Erkrankten möglichst lange in ihrer Heimatgemeinde integriert bleiben,
bietet dieses Modell auch Erwerbsmöglichkeiten für die EinrichtungsbetreiberInnen. Dabei steht die
Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Eingliederung psychisch Kranker in normale Lebenszu-
sammenhänge im Vordergrund, wobei primär darauf abgezielt wird, die Behandlung und Betreuung
der Betroffenen möglichst eng an deren Alltagsleben und das soziale Umfeld zu knüpfen, um so gege-
benenfalls die Rehabilitation der Patienten zu ermöglichen. Die Mehrzahl der ZPSR sind land- und
forstwirtschaftliche Betriebe, die den KlientInnen neben dem Wohnen im Familienverband auch
Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. Die Größe der mehr als 30 Pflegestellen schwankt zwischen
einem und 73 Plätzen pro Betrieb. Dabei haben 18 Einrichtungen bis zu max. 15 Betreuungsplätze und
lediglich vier Einrichtungen verfügen über mehr als 44 Plätze, wobei auch in den größeren Einrichtun-
gen auf eine Gliederung in familiäre Einheiten Bedacht genommen wird. Als wichtiger Teil des Netz-
werkes der Gesundheits- und Krankenversorgung Kärntens werden dabei in diesem Bereich des sozial-
therapeutisch betreuten Wohnens insgesamt rund 650 PatientInnen von ca. 250 Betreuungspersonen
versorgt.
Die ZPSR betreuen sowohl jüngere Patienten, mit dem Ziel einer Reintegration in das Berufs- und All-
tagsleben, als auch ältere chronisch kranke Patienten, die neben der psychischen und sozialen Betreu-
ung auch körperlicher Pflege bedürfen. Bei zunehmender Pflegebedürftigkeit übernehmen darauf spe-
zialisierte Einrichtungen mit Schwerpunkt Gerontopsychiatrie die Betreuung und Pflege. Damit die
ZPSR diesen Bedürfnissen entsprechen, müssen sie aus baulicher und räumlicher Sicht angemessen aus-
gestattet sein, eine multiprofessionale Betreuung anbieten und rehabilitative Leistungen in den Berei-
chen Tagesstruktur, Arbeit und Wohnen in notwendigem Ausmaß bereitstellen. Besonderes Augen-
merk wird hier auf die Kontinuität der fachärztlichen Betreuung gemeinsam mit der allgemeinen medi-
zinischen Betreuung durch die praktischen Ärzte vor Ort gelegt.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
24 Soziale Landwirtschaft
4.2.2 Modelle im Bereich Pädagogik
Schule am Bauernhof
Schule am Bauernhof ist das österreichische Modell der Bauernhofpädagogik. Es soll Kindern und
Jugendlichen einen Einblick in die Landwirtschaft ermöglichen, landwirtschaftliche Inhalte vermitteln
und über ein besseres Verständnis für ökologische und ökonomische Zusammenhänge, verschiedene
Bewirtschaftungsformen, Herkunft und Produktionsweisen von Lebensmitteln und für neue Entwick-
lungen in der Landwirtschaft ihre Haltung als zukünftige, umweltbewusste KonsumentInnen stärken.
Über Exkursionen von Schulklassen und Kindergartengruppen als sogenannte Bauernhoftage, zum Teil
aber auch über Bauernhofwochen (Landschulwochen, Projektwochen) mit Übernachtung am Bauern-
hof, wird Wissen über die Natur, über Pflanzen und Tiere am Bauernhof, Acker, Wiese und Wald, die
Arbeit und das Leben am Bauernhof vermittelt. Pädagogisch geschulte Bäuerinnen und Bauern gewäh-
ren einen Einblick in ihre Berufswelt und zeigen den Weg der Nahrungsmittel von der Herstellung bis
zum Supermarktregal unter Anwendung von Methoden der Wald-, Wiesen- und Kräuterpädagogik.
Die Kinder und Jugendlichen können im Rahmen eines Lebendigen Lernens auf dem Bauernhof selber
aktiv sein, sich kreativ entfalten und Spiele spielen, Tiere versorgen, Reiten, Basteln, Brotbacken, But-
ter, Joghurt, Käse usw. herzustellen, Pflanzen anbauen usw. Je nach Art des landwirtschaftlichen
Betriebs gibt es bestimmte Themenschwerpunkte, wie alles über die Milch, über Getreide, Kräuter,
Obstbau, Weinbau, Honig bis hin zur Verarbeitung von Schafwolle und vieles mehr.
Das Projekt Schule am Bauernhof geht auf eine Initiative des Bundesministeriums für Land- und Forst-
wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLUW) in Kooperation mit dem Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK) und dem Forum Umweltbildung zurück und wird vom
Bund, den Bundesländern und der Europäischer Union Projekt im Rahmen des EU Programms für die
ländliche Entwicklung kofinanziert. Umgesetzt wird das Projekt über die Ländlichen Fortbildungsinsti-
tute LFI der Landwirtschaftskammern. Das Projekt wurde im Jahr 1998 gestartet. Heute nehmen
österreichweit jährlich etwa 50.000 Schüler und Schülerinnen dieses Angebot wahr. Eine Sonderform
von Schule am Bauernhof stellt das Projekt Erlebnis Alm bzw. Schule auf der Alm dar, wo die entsprechen-
den Aktivitäten auf Almen angeboten werden.
Schule am Bauernhof findet im Rahmen des Regelunterrichtes statt. Die Lehrerinnen und Lehrer
bereiten die Schülerinnen und Schüler im Idealfall auf die Exkursionen inhaltlich innerhalb ihres Unter-
richtfaches vor und besprechen die Erfahrungen anschließend nach. Die LFI bieten auch Unterrichts-
materialen als Printmedium und über eine eigene Internetplattform an. Auf der Website werden auch
die Betriebe mit Schule am Bauernhof gelistet sowie nach ihren Angeboten und Schwerpunkten
beschrieben.
EQUAL Projekt Kinderbetreuung am Bauernhof
Zwischen September 2002 und September 2005 war das Hilfswerk Österreich zusammen mit zwölf Part-
nerorganisationen im landwirtschaftlichen und sozialen Bereich mit der Umsetzung des EQUAL Projektes
Kinderbetreuung am Bauernhof betraut. Bei EQUAL handelt sich um eine vom ESF Europäischen Sozial-
fonds finanzierte Gemeinschaftsinitiative zur Unterstützung transnationaler, innovativer Projekte gegen
Diskriminierung und Benachteiligung.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 25
Mit dem Zusammenspiel der Trägerorganisationen aus dem Sozialbereich und den Netzwerken der
landwirtschaftlichen Organisationen gelang es ein Curriculum zur Ausbildung von Tagesmüttern/
Tagesvätern zu entwickeln und bundesweit in vier Bundesländer umzusetzen. Die gesamte Ausbildung
umfasst 200 Unterrichtseinheiten, davon einen theoretischen Teil der Ausbildung über 120 Unter-
richtseinheiten mit den zehn Modulen e-Learning, Recht, Organisation und Kindersicherheit am Bau-
ernhof, Rollenbild und Motivation, das Tageskind, ein Kind in zwei Familien, Entwicklungspsycholo-
gie, Pädagogik/Didaktik, Kommunikation und Konfliktlösung, Zeitmanagement, Erste Hilfe und
Unfallverhütung, Ernährung sowie 80 Stunden supervidierte Tätigkeit als Praxisnachweis. Die Module
sind in einen allgemeinen Kernlehrstoff und in einen spezifischen Lehrstoff gegliedert. Im allgemeinen
Teil des Kernlehrstoffes sind jene Inhalte definiert, die als Grundlagen in den einzelnen Unterrichtsein-
heiten von den Teilnehmer/-innen im Seminar erarbeitet werden. Im spezifischen Lehrstoff sind alle
innovativen Inhalte, die für die spezielle Zielgruppe aufgrund ihrer Bedürfnisse und Anforderungen
erstellt wurde, eLearning/Selbststudium, Lernreflexion und Feedback sowie eLearning-Organisation
angeführt. Das Stundenausmaß im spezifischen Lehrstoff ist verpflichtend. Daneben wurde als Ergän-
zung für die besondere Situation in Oberösterreich ein eigenes Curriculum Basisausbildung Kinderbetreu-
ung am Bauernhof – wohnortnahe Kinder- und Jugendbetreuung am Beispiel Oberösterreich mit 35 Unterrichts-
einheiten entwickelt und umgesetzt. Zielgruppen waren Kinder im Alter von eineinhalb bis 14 Jahre,
d.h. bis zur Beendigung der Schulpflicht.
Formale Voraussetzungen dafür, dass eine Person als Tagesmutter/-vater am Bauernhof berechtigt ist,
sind:
eine aktuelle Betreuungsbewilligung
ein eigener, sicherheitstechnisch überprüfter Bauernhof
kindgerechte räumliche und hygienische Voraussetzungen
Grundqualifizierung für Tagesmütter/-väter am Bauernhof oder eine verwandte (Kleinkind-
)pädagogische Ausbildung, einschließlich Erste-Hilfe-Kurs/Kindernotfall-Kurs
laufende praxisbegleitende Fortbildung, Reflexion und Nutzung von Beratung
zumindest ein positiver Pflichtschulabschluss und entsprechende Deutschkenntnisse
Die gesetzliche Grundlage ist das Jugendwohlfahrtsgesetz. Tagesmütter/-väter am Bauernhof sind ein
sozialer Dienst in enger Zusammenarbeit mit der öffentlichen Jugendwohlfahrt. Die öffentliche Hand
des jeweiligen Landes überträgt ihnen durch die Betreuungsbewilligung die Verantwortung für Erzie-
hung und Pflege von fremden Kindern im privaten Rahmen regelmäßig für Teile des Tages. Eine Über-
prüfung vor Ort durch die zuständige öffentliche Behörde sowie einer zusätzlichen sicherheitstechni-
schen Beratung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern gewährleistet die Sicherheit für die Kinder-
betreuung am Bauernhof. Insgesamt wurden 79 Tagesmütter/-väter über das Projekt ausgebildet sowie
weitere 32 Bäuerinnen und Bauern über die spezielle Ausbildungsschiene in Oberösterreich. Die
Tageskinder werden für einige Tage pro Woche, ganztägig oder in Teilzeit, ganzjährig, in Ausnahmefäl-
len auch über Nacht und am Wochenende betreut. Diese individuelle Betreuung in familiärer Atmo-
sphäre am Bauernhof stellt ein zusätzliches Angebot zu anderen Kinderbetreuungseinrichtungen dar.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
26 Soziale Landwirtschaft
4.2.3 Modelle im Bereich Integration
PFP Psychiatrische Familienpflege der Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz
Dieser Bereich umfasst die Betreuung von Menschen mit besonderen Bedüfnissen in einem bäuerlichen
aber auch nicht-bäuerlichen Haushalt und Familienverband. Ein interdisziplinäres Kernteam bestehend
aus acht MitarbeiterInnen betreut gegenwärtig rund 120 PatientInnen bei rund 95 Gastfamilien. Davon
befinden sich 55 landwirtschaftliche Betriebe in der südlichen Steiermark (Bezirke Leibnitz, Feldbach,
Radkersburg und Deutschlandsberg), wo jeweils ein oder zwei geistig behinderte Personen und ver-
stärkt in letzter Zeit auch psychisch Kranke integriert sind. Das interdisziplinare Kernteam stellt die
unmittelbare operative Ebene der PFP dar. Dieses versucht über Case Management neben traditionel-
len Formen der psychaitischen Betreuung und Versorgung die bio-psycho-sozialen Funktionen auf-
rechtzuerhalten und die Kooperationsbeziehungen mit den zuständigen Verwaltungsbehörden, Sach-
walterInnen, HausärztInnen und weiteren professionellen HelferInnen zu pflegen. Durch das achtsame
Miteinbeziehen des sozialen Umfelds (Gastfamilie, Bezugspersonen, Freunde, Bekannte usw.) knüpft
das Kernteam neue soziale Netzwerke für die KlientInnen.
Die PFP entstand auf Initiative reformorientierter und engagierter Psychiater des psychiatrischen
Schwerpunktkrankenhauses des Landes Steiermark in Graz (vormals Heil- und Pflegeanstalt am Feld-
hof, Landessonderkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie, Landesnervenkrankenhaus, heute Lan-
desnervenklinik Sigmund Freud). Von Anfang an wurde die PFP als Wohnversorgung für intellektuell
und/oder psychisch schwer beeinträchtigte Menschen konzipiert.
1946 begann man mit der Integration von Kindern aus dem Pius-Institut Bruck/Mur und Heilpädagogi-
schen Abteilung am Feldhof in Pflegefamilien. In den Jahren 1970 bis 1989 wurden sukzessive PatientInnen
der Heil- und Pflegeanstalt am Feldhof unter dem Titel der Außenfürsorge bei bäuerlichen Pfegefamilien
aufgenommen, denen für eingebrachte Arbeitsleistung Kost und Quartier gewährt wurde. Sie erhielten
einen geschützten Arbeitsplatz und viele konnten sich einen Pensionsanspruch erwerben. Die Außen-
fürsorge wurde mittels Durchführungsbestimmungen organisiert.
Seit 1989 ist Prim. Bernhard Grössl für PFP zuständig. Er orientierte sich an Erfahrungen aus dem Ausland
und versuchte das Modell stärker national wie auch international zu vernetzen. Die PFP wurde Mit-
glied der Groupe De Recherche Europèen Sur Le Placement Familial, einer Vereinigung für das Betreute Woh-
nen in Familien. Die Unterbringung der Patienten bei Pflegefamilien erfolgt seit 1989 aufgrund speziell
entwickelter Kriterien. Dadurch erhalten Pflegefamilien nach einem variablen Schlüssel eine finanzielle
Abgeltung ihres Aufwandes. Die Philosophie der PFP wurde dahingehend geändert, dass PatientInnen
als Gäste und MitbewohnerInnen (Familienverbandsangehörige) und nicht mehr als "Arbeitskräfte"
definiert werden. Seit 1991 gibt es einen Vertrag der Steiermärkischen Landesregierung mit der Steier-
märkischen Krankenanstaltengesellschaft m. b. H. (KAGES) und 1997 erfolgte die Übernahme der Träger-
schaft durch die KAGES. Somit wurde die Psychiatrische Familienpflege eine eigenständige extramu-
rale Einrichtung der KAGES. Im Jahr 2005 wurde das Steiermärkische Pflegeheimgesetz novelliert mit
einer expliziten landesgesetzlichen Verankerung der PFP. Die PFP ist somit eine eigenständige Organi-
sationseinheit der KAGES in enger Zusammenarbeit mit der Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz
und stellt sich die Aufgabe, eine sinnvolle Alternative zur Unterbringung von PatientInnen in Heimen
anzubieten.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 27
Der Fokus der fachlichen Betreuung besteht darin, den Entwicklungsprozess, den PatientInnen und
Pflegefamilien gemeinsam durchmachen, zu begleiten und bei Bedarf problembezogen einzugreifen.
Innerhalb der Pflegefamilien entwickeln sich persönliche, lebensechte, emotionale Beziehungen. Im
Sinne eines gesamtheitlichen Betreuungskonzeptes wird die psychiatrische Behandlung mit dem
Schwerpunkt auf soziotherapeutische Maßnahmen fortgesetzt. Die Beziehungen zu den Betreuten und
den Pflegefamilien wachsen über Monate und Jahre. Es entwickeln sich Voraussetzungen, die es den
Betreuten ermöglichen, ihre Ressourcen einzubringen. In Kooperation mit den HausärztInnen und nie-
dergelassenen FachärztInnen sowie dem achtsamen Miteinbeziehen des sozialen Umfeldes (Pflegefami-
lien, SachwalterInnen, Bezugspersonen aus der Ursprungsfamilie, Freunde sowie öffentliche Stellen)
wird mit den PatientInnen ein neues soziales Netz geknüpft.
Am Beginn eines Betreuungsverhältnisses steht ein pragmatisches Vorgehen, das sich aus der Wahrneh-
mung der oft sehr verstrickten Lebensumstände der KlientInnen ergibt. Die psychiatrische Therapie in
den Gastfamilien wird maßgeschneidert verhaltenstherapeutisch orientierte Familientherapie beste-
hend aus einer Kombination aus Psychopharmaka, Soziotherapie und Beziehungsarbeit. Die immer
wieder durchzuführende Auftragsklärung im Verlauf eines Betreuungsverhältnisses erfolgt in regelmä-
ßig stattfindenden Teambesprechungen. Bei akut auftretenden Krisenfällen gibt es Speed Management
Interventionen, meist nach einem telefonischen Anruf. Für die KlientInnen wird eine bedarfs- und
bedürfnisgerechtes Setting geplant. Das Verhalten der in den Gastfamilien lebenden Menschen lässt
auch Reflexionen über die Psychodynamik in der Familie zu (Beziehungsmuster, Glaubenssätze, innere
Bilder). Für die Gastfamilien werden Fortbildungsveranstaltungen angeboten, wo allgemeine Informa-
tionen über Krankheitsbilder, Behandlungsmöglichkeiten, Kommunikations- und Problemlösungstrai-
ning vermittelt werden. Je nach Grad der psychiatrischen Beeinträchtigung erfolgen die Visiten ein bis
viermal monatlich.
Für Wohnen und Betreuung sind gewisse Mindeststandards vorgeschrieben. Für den Bereich Wohnen
sind Einzelzimmer mit eigener Sanitäreinrichtung vorgeschrieben. Die Ausstattung der Räume muss
entsprechend der Wohnkultur des Pflegeplätzes und der Infrastruktur des erweiterten Umfelds sein,
d.h. deren Ausstattung darf nicht schlechter sein wie beim Wohnumfeld der Gastfamilie. Die KlientIn-
nen müssen in der Gastfamilie voll integriert sein und die Betreuung durch Hilfestellungen bei den Ver-
richtungen des täglichen Lebens muss gesichert sein, wo bei auch auf die Eigenheiten der KlientInnen
Rücksicht genommen werden muss. Es muss auch eine sinnvolle Tagesstruktur und Freizeitgestaltung
angeboten werden. Außerdem muss die Gastfamilie für einen Zugewinn an persönlicher Autonomie,
sozialer Kompetenz und Lebensqualität Sorge tragen. Die Finanzierung erfolgt über ein Punktesystem
anhand einer jährlichen Evaluierung der Qualität des Settings (DGSP 2012, 1ff).
Im Gegensatz zu den anderen Modellen der Sozialen Landwirtschaft sind die Mitglieder der Gastfami-
lien keine geschulten Fachkräfte, sondern Teil des Pflege- und Betreuungssettings. Die Kontrolle und
Steuerung erfolgt von außen über die Landesnervenklinik und über das interdisziplinäre Kernteam.
Als Ziele der PFP werden formuliert, eine größtmögliche Autonomie und eine gute Lebensqualität für
die Betreuten zu erreichen, der Abbau von Vorurteilen gegenüber psychisch Erkrankten und die
Ermöglichung einer psychosozialen Rehabilitation sowie Re-Integration von psychiatrischen PatientIn-
nen in die Gesellschaft. Das letzte Ziel rechtfertigt die Auflistung im Bereich Integration, obwohl
natürlich auch viele Momente der Pflege vorhanden sind.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
28 Soziale Landwirtschaft
Reitpädagogische Betreuung, Therapeutisches Reiten
Der Verein Reitpädagogische Betreuung FEBS (FEBS bildet sich aus den Anfangsbuchstaben der Wör-
ter Fantasie, Erlebnis, Bewegung und Spiel) wurde im Jänner 2007 gegründet. Die Mitglieder sind
AbsolventInnen des vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt-
schaft (BMLFUW) genehmigten Zertifikatslehrganges Reitpädagogische Betreuung, welcher von den LFI
Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol angeboten wird. Über die reitpädagogische
Betreuung soll Kindern ein spielerischer Zugang zu Pferden ermöglicht und deren geistige, seelische
und körperliche Entwicklung gefördert werden.
Durch die ständig erforderliche Anpassung des Kindes bzw. Erwachsenen an die dreidimensionalen
Bewegungen des Pferdes werden bei der Reittherapie bzw. Hippotherapie Haltungs-, Gleichgewichts-
und Stützreaktionen von Bewegungsabläufen und Sensomotorik geübt und verbessert. Die Reit-oder
Hippotherapie wird durch ausgebildete TherapeutInnen unter Einsatz des Pferdes als therapeutisches
Hilfsmittel durchgeführt. Das Pferd wird durch einen geschulten Pferdeführer nach Anweisung des
Therapeuten geführt. Die eingesetzten Pferde werden hierfür speziell ausgebildet. Anwendungsberei-
che bei Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems, des Stütz- und Bewegungsappara-
tes, Rehabilitation nach Unfällen, Herz- und Kreislauferkrankungen usw.
Der Verein FEBS informiert, berät, unterstützt und ermöglicht den Erfahrungsaustausch der Mitglie-
der im Bereich der Vermarktung der reitpädagogischen Betreuung. Durch die Reitpädagogische
Betreuung sollen Menschen, v.a. Kinder gefördert werden, ihre Fantasie anregen, Bewegungserfahrun-
gen sammeln und darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, Natur und Landschaft zu erleben. Der
Verein bildet die Plattform zur Förderung von Initiativen und bietet Unterstützung bei der Entwick-
lung und Durchführung von Projekten im Bereich der Reitpädagogischen Betreuung.
Reitpädagogische Betriebe sind in Tirol zahlenmäßig besonders stark vertreten. Seit 2009 gibt es einen
eigenen Verein Reitpädagogische Betreuung FEBS – Tirol mit Sitz in Innsbruck.
Sozialhilfeeinrichtungen für Suchterkrankungen des Vereins Grüner Kreis
Der Verein Grüner Kreis wurde 1983 als Institution zur Rehabilitation und Integration suchtkranker Per-
sonen gegründet. Mittlerweile ist der Grüne Kreis österreichweit zur größten gemeinnützigen Organisa-
tion auf dem Suchtsektor angewachsen.
Im südlichen Niederösterreich und in der nördlichen Steiermark betreibt der Grüne Kreis als Trägerver-
ein seit 1985 insgesamt neun therapeutischen Wohngemeinschaften, von denen sieben Arbeitsmöglich-
keiten im land- und forstwirtschaftlichen und gärtnerischen Bereich anbieten. Je nach individuellem
Befinden der PatientInnen besteht die Möglichkeit einer Kurzzeit- oder einer Langzeittherapie. Im sta-
tionären Bereich existieren Spezialprogramme für Eltern mit Kindern, Jugendliche, Substituierte,
Alkoholerkrankte und MultimorbiditätspatientInnen. Geschlechtsspezifische Aspekte werden in den
Programmen besonders berücksichtigt. Aufgrund eines vom Grünen Kreis entwickelten Indikationska-
taloges erfolgt die Zuteilung der PatientInnen in die drei- bis sechsmonatige Kurzzeit- oder in die min-
destens zehn bis maximal 18 Monate dauernde Langzeittherapie. Am Ende einer stationären Therapie
erfolgt der Übertritt in eine ambulante Nachbetreuung. Zudem gibt es die Möglichkeit, dass die Klien-
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 29
tInnen als sogenannte Transitarbeitskräfte vom AMS Arbeitsmarktservice auf Zeit geförderte Arbeitsplätze
erhalten.
Eine Grundsäule des therapeutischen Konzepts stellen arbeitstherapeutische Maßnahmen in der Land-
wirtschaft dar. Den PatientInnen soll ermöglicht werden, für sich einen Sinn in der Arbeit zu finden
und die notwendige Ausdauer und Frustrationstoleranz, die für ein konstantes Arbeitsleben notwendig
ist, zu erlangen.
Alle landwirtschaftlichen Betriebe des Grünen Kreises, die sich auf mehreren Standorten befinden, wer-
den organisatorisch als eine einzige Landwirtschaft geführt. Die Standorte werden übergeordnet von
einem Landwirtschaftsmeister mit seinem vierköpfigen Team betreut. Erzeugt werden hochwertige
Veredlungs- und Nischenprodukte der Schweine- und Rinderzucht, die sich im Wege der Direktver-
marktung gemeinsam mit den Erzeugnissen der Gärtnerei und den Kreativwerkstätten gut verkaufen
lassen.
Projekt des LFI Ländliches Fortbildungsinstitut Steiermark für Jugendliche
Das LFI vermittelt überwiegend jugendlichen Menschen mit leichter Behinderung, besonderen Bedürf-
nissen oder sozialen Auffälligkeiten seit 2003 auf acht Bauernhöfen in der südlichen Steiermark und
einem in der Obersteiermark in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe, Jugend Am Werk und Chance B
in Gleisdorf eine Arbeitsassistenz auf landwirtschaftlichen Betrieben. Dabei werden nur förderbare
Personen über das Bundessozialamt Integrationsbeihilfe bzw. Lohnkostenzuschuss Land Steiermark
zuerkannt. Der Betrieb schließt dabei einen Einjahresvertrag mit Bundessozialamt. Angestrebt werden
grundsätzlich aber längerfristige Beschäftigungsverhältnisse. Meistens werden diese aber bereits nach
zwei Jahren wieder beendet, da sich die Frage der Leistbarkeit von Seiten der landwirtschaftlichen
Betriebe stellt.
4.3 Soziale Landwirtschaft im Vergleich zu allen land- und forstwirtschaft-
lichen Betrieben
In diesem Unterkapitel werden die Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft mit allen land- und forstwirt-
schaftlichen Betrieben Österreichs laut Agrarstrukturerhebung 2010 (Statistik Austria, 2012) nach aus-
gewählten strukturellen Merkmalen, z.B. Lage der Betriebe nach Bundesland oder benachteiligtem
Gebiet, Größenklassen der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN), Geschlecht der Betriebsleitung usw.
verglichen.
Die daraus gewonnenen Ergebnisse können die Ursachen und Hintergründe für die Entwicklung dieser
Art der Land- und Forstwirtschaft aufzeigen und in weiterer Folge können konkrete Rückschlüsse für
die Zukunft der Sozialen Landwirtschaft abgeleitet werden. Auch bieten die Ergebnisse nicht nur eine
wissenschaftliche Basis für die Einschätzung dieses Bereichs sondern auch eine unentbehrliche Grund-
lage für eine professionelle Beratung und die agrarpolitische Positionierung im nationalen und interna-
tionalen Kontext.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
30 Soziale Landwirtschaft
Folgende leitende Forschungsfrage wurde formuliert:
Lassen sich in Österreich signifikante Unterschiede zwischen den gegenwärtigen Strukturen
der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ins-
gesamt feststellen? Und wenn ja, wo liegen diese Unterschiede?
Etwas konkreter lässt sich die folgende Null-Hypothese ableiten:
Es gibt signifikante Unterschiede zwischen der Sozialen Landwirtschaft und der Land- und
Forstwirtschaft Österreichs generell, die sich auf die Struktur der Betriebe zurückführen las-
sen.
Die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt durch Bewertung und Interpretation der Strukturmerk-
male in einer allgemeinen Beschreibung (anhand von Mittelwerten, Prozentanteilen etc.) und durch die
Darstellung von Häufigkeiten und die multivariante Analyse anhand eines Chi-Quadrat-Unabhängig-
keitstests mit dem Computerprogramm SPSS (Standard Package for Social Science). Mit dem Chi-Qua-
drat-Unabhängigkeitstest werden Signifikanzniveaus errechnet, durch die eine Aussage über die Irr-
tumswahrscheinlichkeit (p) getroffen werden kann. Es werden folgende Signifikanzgrenzen verwendet:
p > 0,05 steht für nicht signifikant (ns) (d.h. Irrtumswahrscheinlichkeit größer als 5%), p ≤ 0,05 ent-
spricht signifikant (*) (d.h. Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5%), p ≤ 0,01 hoch signifikant (**)
(d.h. Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 1%) und p ≤ 0,001 für höchst signifikant (***) (d.h. Irr-
tumswahrscheinlichkeit kleiner als 1‰).
Für den Vergleich nach ausgewählten Strukturmerkmalen wurden mehrere Gruppen gegenüberge-
stellt: Betriebe mit und ohne Sozialer Landwirtschaft sowie alle land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe in Österreich. Die Soziale Landwirtschaft untergliedert sich in die Betriebe insgesamt und
jene, die an der Befragung teilgenommen haben (Tabelle 4, Ergebnisse der Befragung siehe Kapitel 5).
Die beiden Spalten Soziale Landwirtschaft insgesamt und Rücklauf geben Aufschluss über die Struktur-
unterschiede zwischen den Betrieben, die an der Befragung teilgenommen haben und jenen, die nicht
an der Befragung teilgenommen haben. So zeigt sich u.a., dass der durchschnittliche Gesamt-Standard-
Output (GeSO) dieser Betriebe signifikant über dem Wert aller Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft
liegt, d.h. die ökonomisch erfolgreicheren Betriebe sind in der Stichprobe etwas überrepräsentiert.
Ansonsten weichen die Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft, die an der Umfrage teilgenommen haben,
bei den Strukturmerkmalen nicht von der Grundgesamtheit aller Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft
ab. Auch die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ohne Soziale Landwirtschaft und die gesamten
Betriebe in Österreich zeigen sehr ähnliche Strukturmerkmale (Tabelle 4).
Die weitere Analyse (ab Tabelle 5) konzentriert sich auf einen Vergleich zwischen Betrieben mit Sozi-
aler Landwirtschaft und allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs. Die Ergebnisse
der beiden Gruppen (Soziale Landwirtschaft insgesamt und land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Österreichs) sind repräsentativ für die beiden Untergruppen (Rücklauf und land- und forstwirtschaft-
liche Betriebe ohne Soziale Landwirtschaft).
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 31
Tabelle 4: Ausgewählte Strukturmerkmale der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft
(insgesamt und Rücklauf der Befragung), der land- und forstwirtschaftlichen
Betriebe ohne Soziale Landwirtschaft und Österreichs
a) Die in dieser Spalte berechneten Werte haben als Basis immer die gesamten 173.317 land- und forstwirtschaftlichen Betriebe Österreichs.
Anmerkung:
* Der Wert von 552 bzw. 216 weicht ab, weil für die restlichen Betriebe auf 621 bzw. 242 keine Betriebsnummer in der LFBIS-Datenbank eruiert
werden konnten.
** RGVE Raufutterverzehrende Großvieheinheiten.
*** Die in der Tabelle angeführten Zahlen haben als Basis die LN insgesamt. Werden die ha LN der Betriebe mit GVE berücksichtigt, dann ergeben
sich folgende Werte: Soziale Landwirtschaft insgesamt 1,34, Soziale Landwirtschaft (Rücklauf) 1,45, Betriebe ohne Soziale Landwirtschaft 1,21
und Betriebe Österreichs 1,34.
**** Die in der Tabelle angeführten Zahlen haben als Basis die Betriebe insgesamt. Werden die Betriebe mit Fremdarbeitskräften berücksichtigt, dann
ergeben sich folgende Werte: Soziale Landwirtschaft insgesamt 3,45, Soziale Landwirtschaft (Rücklauf) 3,33, Betriebe ohne Soziale Landwirt-
schaft und Betriebe Österreichs 2,97.
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010 (Statistik Austria, 2012)
Ausgewählte Strukturmerkmale Einheit
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe
Soziale Landwirtschaft ohne Sozi-
ale Land-
wirtschaft
Österreicha)
Insgesamt Rücklauf
Betriebe insgesamt Betriebe 552*216*172.765 173.317
Ø Gesamt-Standard-Output (GeSO) Euro 51.440 54.422 39.289 39.327
davon RinderSO Euro 17.744 16.845 9.860 9.885
MilchSO Euro 12.947 12.386 6.948 6.967
VeredelungSO Euro 10.818 14.709 7.855 7.865
AckerSO Euro 6.364 6.529 6.441 6.440
ForstSO Euro 3.801 3.565 5.641 5.635
Ø Gesamtfläche pro Betrieb Fläche in ha 38,64 33,81 42,39 42,39
Ø Landwirtschaftliche Nutzfläche pro Betrieb Fläche in ha 10,06 9,69 16,66 16,68
davon Ackerfläche Fläche in ha 10,06 9,69 7,94 7,94
Grünland Fläche in ha 12,60 10,49 8,33 8,34
Ø Großvieheinheiten pro Betrieb GVE 28,33 30,85 23,03 23,05
davon RGVE** GVE 19,28 17,77 14,22 14,25
Ø Großvieheinheiten pro ha LN*** GVE/ha LN 1,11 1,31 0,87 0,87
Haupterwerbsbetriebe Anteil in % 61,1 58,3 38,5 38,5
PensionistInnenbetriebe Anteil in % 4,1 5,1 14,6 14,6
Biobetriebe Anteil in % 36,1 36,1 12,1 12,2
Betriebe im benachteiligten Gebiet Anteil in % 75,2 76,4 74,5 74,5
Ø Alter der Betriebsleitung in Jahren 45,45 45,41 49,10 49,09
Geschlecht der Betriebs-
leitung
männlich in % 60,4 60,2 66,2 66,2
Weiblich in % 39,6 39,8 33,8 33,8
Ø Anzahl der Arbeitskräfte pro Betrieb in Personen 3,06 3,12 2,39 2,39
Ø Anzahl der familieneigenen Arbeitskräfte pro Betrieb in Personen 2,35 2,44 2,02 2,02
Ø Anzahl der familienfremden Arbeitskräfte pro
Betrieb**** in Personen 0,72 0,68 0,37 0,37
Ø Anzahl der Familienangehörigen auf einem Betrieb in Personen 3,22 3,40 2,65 2,65
Soziale Landwirtschaft in Österreich
32 Soziale Landwirtschaft
Nachfolgend werden die Ergebnisse im Einzelnen vorgestellt und das Signifikanzniveau anhand eines
Chi-Quadrat-Unabhängigkeitstests geprüft.
4.3.1 Lage der Betriebe
Das Bundesland mit den meisten Betrieben mit Sozialer Landwirtschaft ist die Steiermark (24,8%),
gefolgt von Oberösterreich (20,9%) und Niederösterreich (14,6%). Rund drei Fünftel aller öster-
reichischen Betriebe der Sozialen Landwirtschaft liegen in diesen drei Bundesländern. Die geringsten
Betriebszahlen wurden in Vorarlberg (5,4%) und Burgenland (3,7%) ermittelt. Hingegen – bezogen
auf die Land- und Forstwirtschaft Österreichs – ist Niederösterreich das größte Agrarland, gefolgt von
der Steiermark und Oberösterreich. Den geringsten Anteil an land- und forstwirtschaftlichen Betrie-
ben hat Wien (0,3%) vor Vorarlberg (2,6%) und Salzburg (5,6%). Der Anteil der Betriebe mit Sozialer
Landwirtschaft liegt in Österreich bei 0,32%. Den weitaus höchsten Anteil an Betrieben mit Sozialer
Landwirtschaft im Verhältnis zur land- und forstwirtschaftlichen Gesamtbetriebsanzahl des Bundeslan-
des haben Vorarlberg (0,71%), gefolgt von Salzburg (0,59%), Steiermark (0,35%), Oberösterreich
und Tirol (0,34%), Kärnten (0,30%), Niederösterreich (inkl. Wien) und dem Burgenland (0,2%).
(Tabelle 5).
Tabelle 5: Anteil und Verteilung der Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft im Vergleich zu
allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs nach Bundesländern
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Sowohl bei der Sozialen Landwirtschaft als auch der Land- und Forstwirtschaft Österreichs liegen drei
Viertel der Betriebe in benachteiligten Gebieten, davon liegt mehr als die Hälfte der Betriebe im Berg-
gebiet (57,4% der Betriebe der Sozialen Landwirtschaft; 55,9% der Landwirtschaft- und Forstwirt-
schaft Österreichs). Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests beträgt 0,383. Die Nullhypothese, dass sich die
Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach benach-
teiligten Gebieten unterscheidet, wird daher verworfen. (Tabelle 6).
Bundesland
Anteil der Sozialen
Landwirtschafts-
Betriebe nach Bundes-
ländern (in %)
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe in den Bun-
desländern (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Burgenland 0,20 3,7 5,7
Kärnten 0,30 9,7 10,5
Niederösterreich und Wien 0,20 14,6 24,3
Oberösterreich 0,34 20,9 19,2
Salzburg 0,59 10,8 5,6
Steiermark 0,35 24,8 22,7
Tirol 0,34 10,1 9,4
Vorarlberg 0,71 5,4 2,6
Gesamt 0,32 100,0 100,0
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 33
Tabelle 6: Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs in benachteiligen Gebieten (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
4.3.2 Betriebsgröße
Die österreichische Land- und Forstwirtschaft sowie die Soziale Landwirtschaft sind nach wie vor klein
strukturiert. Der Großteil der Betriebe, nämlich 84,7% bei der Land- und Forstwirtschaft Österreichs
und 76,2% bei der Sozialen Landwirtschaft bewirtschaftet weniger als 30 ha landwirtschaftliche Nutz-
fläche. In den Größenklassen zwischen 5 und 200 ha ist der Anteil an Sozialen Landwirtschaften größer
als in der Land- und Forstwirtschaft Österreich. (Tabelle 7). Soziale Landwirtschaften kultivieren mehr
landwirtschaftliche Nutzfläche – die durchschnittliche LN der Betriebe mit Sozialer Landwirtschafte
beträgt 23,0 ha und jene der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe insgesamt 16,7 ha (Tabelle 4).
Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Land-
wirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach den Größenklassen
der LN unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 7).
Benachteiligtes Gebiet Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Kein benachteiligtes Gebiet 24,8 25,5
Berggebiet 57,4 55,9
Sonst. benachteiligtes Gebiet 5,8 7,6
Kleines Gebiet 12,0 11,0
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 3,057 3 0,383 (ns)
Likelihood-
Quotient 3,250 3 0,355 (ns)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 44,66.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
34 Soziale Landwirtschaft
Tabelle 7: Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs nach Größenklassen der LN (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Tiere spielen in den Sozialen Landwirtschaft nicht nur als Nutztiere sondern vielfach auch für therapeu-
tische und pädagogische Maßnahmen eine große Rolle. Ein Betrieb der Sozialen Landwirtschaft hält im
Durchschnitt 28,3 Großvieheinheiten (GVE). Im Vergleich dazu werden in Österreich im Durch-
schnitt 23,05 GVE gehalten (Tabelle 4). Auf Sozialen Landwirtschaften werden ab der Größenklasse 5
GVE pro Betrieb mehr GVE gehalten als in der Land- und Forstwirtschaft Österreichs. Der p-Wert des
Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Landwirtschaft von
der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach den Größenklassen der GVE unter-
scheidet, wird daher angenommen. (Tabelle 8).
Größenklassen der LN Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Ohne Fläche 3,2 11,4
Unter 2 ha 3,9 11,9
2 bis unter 5 ha 11,8 17,4
5 bis unter 10 ha 16,4 15,3
10 bis unter 20 ha 24,6 18,8
20 bis unter 30 ha 16,3 9,9
30 bis unter 50 ha 13,1 8,7
50 bis unter 100 ha 8,8 4,9
100 ha und mehr 1,9 1,7
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 133,848 10 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 151,291 10 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
1 Zellen (4,5%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 2,08.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 35
Tabelle 8: Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs nach Größenklassen der GVE (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Ein weiteres Maß für die Charakterisierung der wirtschaftlichen Größe des Betriebes – neben dem Flä-
chenausmaß – ist der Standardoutput (SO). Auch die Auswertung nach Größenklassen des SO zeigt,
dass die Soziale Landwirtschaft eher klein strukturiert ist. Rund die Hälfte der Sozialen Landwirtschaf-
ten (im Vergleich: 39,0% der Land- und Forstwirtschaft Österreichs) erwirtschaftet einen SO von
weniger als 30.000 Euro; 2,1% (im Vergleich: 15,0% der Land- und Forstwirtschaft Österreichs) lie-
gen in der Größenklasse unter 2.000 Euro. Einen SO von 100.000 Euro und mehr erreichten 13,7%
der Betriebe (im Vergleich: 9,2% der Land- und Forstwirtschaft Österreichs). Im Konkreten erwirt-
schaften Soziale Landwirtschaften einen höheren SO in der Größenklasse zwischen 12.000 bis 500.000
Euro. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale
Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach den Größenklas-
sen des SO unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 9).
Größenklassen der GVE Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
0 bis unter 5 GVE 25,4 55,7
5 bis unter 10 GVE 11,9 9,8
10 bis unter 20 GVE 20,9 12,8
20 bis unter 30 GVE 14,0 7,8
30 bis unter 50 GVE 15,0 7,1
50 bis unter 100 GVE 9,7 4,5
100 GVE und mehr 3,1 2,3
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 227,585 7 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 220,223 7 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
1 Zellen (6,3%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 2,75.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
36 Soziale Landwirtschaft
Tabelle 9: Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs nach Größenstufen des SO in Euro (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Größenstufen des SO in Euro Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Unter 2.000 2,1 15,0
2.000 bis unter 4.000 3,6 10,9
4.000 bis unter 6.000 3,9 7,4
6.000 bis unter 8.000 5,4 5,6
8.000 bis unter 12.000 7,7 8,3
12.000 bis unter 15.000 5,0 4,7
15.000 bis unter 20.000 8,0 6,1
20.000 bis unter 25.000 7,1 4,8
25.000 bis unter 30.000 6,5 3,9
30.000 bis unter 40.000 7,0 6,5
40.000 bis unter 50.000 9,0 5,1
50.000 bis unter 65.000 7,9 5,5
65.000 bis unter 100.000 13,1 7,0
100.000 bis unter 350.000 12,9 8,3
350.000 bis unter 500.000 0,6 0,5
500.000 und mehr 0,2 0,4
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 179,746 16 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 212,459 16 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
3 Zellen (8,8%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 0,56.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 37
4.3.3 Art der Landwirtschaft
Auf Basis des SO erfolgt die Betriebstypisierung in die sogenannten „Betriebsformen". Die Betriebs-
form zeigt die wirtschaftliche Ausrichtung eines Betriebes, d.h. seinen Produktionsschwerpunkt und
seinen Spezialisierungsgrad (Statistik Austria 2012, 31). Die in Österreich am häufigsten anzutreffende
Betriebsform ist der Futterbaubetrieb (55,1% der Sozialen Landwirtschaften, 37,0% der Land- und
Forstwirtschaft Österreichs). Im Vergleich zur Land- und Forstwirtschaft Österreichs sind weniger
Betriebe der Sozialen Landwirtschaft dem Forstbetrieb und dem Marktfruchtbetrieb zugeordnet. In
Abhängigkeit von den Produktionsbedingungen ist die Verteilung der Betriebsformen regional unter-
schiedlich. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die
Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach der
Betriebsform unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 10).
Tabelle 10:Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs nach der Betriebsform (in %)
Anmerkung: *Agrargemeinschaften und nicht klassifizierbare Betriebe
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Betriebsform Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Forstbetrieb 12,1 26,9
Marktfruchtbetrieb 6,5 12,3
Gartenbaubetrieb 0,9 1,0
Dauerkulturbetrieb 4,7 7,6
Futterbaubetrieb 55,1 37,0
Veredelungsbetrieb 7,3 5,1
Landw. Gemischtbetrieb 12,7 7,7
Sonstige* 0,7 2,4
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df Asymptotische Signi-
fikanz (2-seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 138,709 8 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 146,665 8 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
1 Zellen (5,6%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale
erwartete Häufigkeit ist 0,09.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
38 Soziale Landwirtschaft
Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe werden in unterschiedlichen Rechtsformen geführt. Es
überwiegen bei den Sozialen Landwirtschaften die Betriebe im Haupterwerb (61,1%) gegenüber dem
Nebenerwerb (31,7%), gefolgt von Betrieben in der Hand juristischer Personen (4,8%) und Personen-
gesellschaften (2,4%). In der Land- und Forstwirtschaft Österreichs werden mehr Betriebe im Neben-
erwerb (54,2%) als im Haupterwerb (38,5%) geführt. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst
signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft
Österreichs in der Verteilung nach der Erwerbsart unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle
11).
Tabelle 11:Betriebe mit Sozialer Landwirtschaft und land- und forstwirtschaftliche
Betriebe Österreichs nach der Erwerbsart (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs werden 12,2% als Biobetriebe geführt.
Bei den Sozialen Landwirtschaften sind es 36,1%. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifi-
kant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Öster-
reichs im Anteil an Biobetrieben unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 12).
Erwerbsart Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Haupterwerbsbetrieb 61,1 38,5
Nebenerwerbsbetrieb 31,7 54,2
Personengemeinschaft 2,4 3,2
Betrieb juristischer Person 4,8 4,1
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 123,368 3 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 121,587 3 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 17,19.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 39
Tabelle 12:Anteil der Biobetriebe in der Sozialen Landwirtschaft und bei allen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Wie Tabelle 13 zeigt, liegt der Anteil an PenstionistInnenbetrieben in der Sozialen Landwirtschaft bei
4,1%. In der Land- und Forstwirtschaft Österreichs sind es 14,6%. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests
ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forst-
wirtschaft Österreichs im Anteil an PenstionistInnenbetrieben unterscheidet, wird daher angenom-
men.
Biobetrieb Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Nein 63,9 87,8
Ja 36,1 12,2
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-sei-
tig)
Exakte Signifikanz
(2-seitig)
Exakte Signifikanz
(1-seitig)
Chi-Quadrat nach
Pearson 284,678 1 0,000 (***)
Kontinuitätskor-
rektur* 282,452 1 0,000 (***)
Likelihood-Quoti-
ent 201,814 1 0,000 (***)
Exakter Test nach
Fisher 0,000 (***) 0,000 (***)
Anzahl der gülti-
gen Fälle 173.317
0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist 67,47.
*Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet
Soziale Landwirtschaft in Österreich
40 Soziale Landwirtschaft
Tabelle 13:Anteil der PensionistInnenbetriebe in der Sozialen Landwirtschaft und bei allen
land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
4.3.4 Betriebsleitung
Ein gutes Viertel der Betriebsleitung obliegt bei der Sozialen Landwirtschaft JunglandwirtInnen3, bei
der Land- und Forstwirtschaft Österreichs ist es ein gutes Fünftel. Gut zwei Drittel der Betriebsleite-
rInnen in der Sozialen Landwirtschaft sind unter 50 Jahre alt, in der österreichischen Land- und Forst-
wirtschaft etwas mehr als die Hälfte. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die
Nullhypothese, dass sich die Betriebsleitung der Sozialen Landwirtschaft und der Land- und Forstwirt-
schaft Österreichs in der Verteilung nach Altersgruppen unterscheidet, wird daher angenommen
(Tabelle 14).
PensionistInnenbetrieben Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Nein 95,9 85,4
Ja 4,1 14,6
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert Df
Asymptotische
Signifikanz
(2-seitig)
Exakte Signifi-
kanz (2-seitig)
Exakte Signifi-
kanz (1-seitig)
Chi-Quadrat nach Pearson 47,335 1 0,000 (***)
Kontinuitätskorrektur* 46,495 1 0,000 (***)
Likelihood-Quotient 63,228 1 0,000 (***)
Exakter Test nach Fisher 0,000 (***) 0,000 (***)
Anzahl der gültigen Fälle 173.317
0 Zellen (,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist 80,58.
*Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet
3. JunglandwirtInnen sind nach der Europäischen Kommission Bauern und Bäuerinnen, die jünger als 40
Jahre alt sind.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 41
Tabelle 14: Alter des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der Sozialen Landwirtschaft und
bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Gut zwei Fünftel der Betriebsleitungen obliegen bei der Sozialen Landwirtschaft den Frauen. Von den
gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs wird ein Drittel von Frauen geführt.
Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist hoch signifikant. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist hoch
signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Geschlechterverteilung der BetriebsleiterInnen der Sozi-
alen Landwirtschaft und der Land- und Forstwirtschaft Österreichs unterscheidet, wird daher ange-
nommen (Tabelle 15).
Alter des Betriebsleiters/der
Betriebsleiterin
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
≤ 29 Jahre 3,6 4,1
30 – 39 Jahre 23,2 16,6
40 – 49 Jahre 39,4 33,1
50 – 59 Jahre 28,4 29,8
≥ 60 Jahre 5,4 16,4
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 60,925 4 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 73,025 4 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 21,82.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
42 Soziale Landwirtschaft
Tabelle 15:Geschlecht des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der Sozialen
Landwirtschaft und bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Annähernd die Hälfte der BetriebsleiterInnen der Sozialen Landwirtschaft (45,8%) hat eine umfas-
sende land- und forstwirtschaftliche Ausbildung (Land- und Forstwirtschaft in Österreich insgesamt:
23,3%). Hingegen weist mehr als die Hälfte der BetriebsleiterInnen in der Land- und Forstwirtschaft
Österreichs nur praktische Erfahrung vor, bei der Sozialen Landwirtschaft sind es 29,5% der Betriebs-
leiterInnen. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die
Berufsausbildung der BetriebsleiterInnen der Sozialen Landwirtschaft und der Land- und Forstwirt-
schaft Österreichs unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 16).
Geschlecht des Betriebsleiters/der
Betriebsleiterin
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Männlich 60,4 66,2
Weiblich 39,6 33,8
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-sei-
tig)
Exakte Signifikanz
(2-seitig)
Exakte Signifikanz
(1-seitig)
Chi-Quadrat nach
Pearson 8,199 1 0,004 (**)
Kontinuitätskor-
rektur* 7,939 1 0,005 (**)
Likelihood-Quoti-
ent 7,996 1 0,005 (**)
Exakter Test nach
Fisher 0,004 (**) 0,002 (**)
Anzahl der gülti-
gen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist 180,72.
*Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 43
Tabelle 16:Berufsausbildung des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der Sozialen
Landwirtschaft und bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Anmerkung:
* Bei der land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildung ist die höchste zutreffende Ausbildungsstufe auszuwählen.
Ausschließlich praktische land- und forstwirtschaftliche Erfahrung: Erfahrung aufgrund praktischer Arbeit in
einem landwirtschaftlichen Betrieb. (Statistik Austria, 2012).
** Land- und forstwirtschaftliche Grundausbildung: Jede abgeschlossene Ausbildung an einer landwirtschaftli-
chen Schule der unteren Stufe und/oder an einer auf bestimmte Fachrichtungen spezialisierten Ausbildungsstätte
(einschließlich Gartenbau, Weinbau, Forstwirtschaft, Fischzucht, Tiermedizin, landwirtschaftliche Technologie und
verwandte Fachrichtungen). Hierzu zählt auch eine abgeschlossene landwirtschaftliche Lehre. (Statistik Austria,
2012).
*** Umfassende land- und forstwirtschaftliche Ausbildung: Jede abgeschlossene, eine Zeitdauer von mindestens
zwei Jahren vollzeitlicher Ausbildung nach Ende der Pflichtschulzeit entsprechende Ausbildung an einer landwirt-
schaftlichen Schule, Hochschule oder Universität in den Fachrichtungen Landwirtschaft, Gartenbau, Weinbau,
Forstwirtschaft, Fischzucht, Tiermedizin, landwirtschaftliche Technologie und verwandte Fachrichtungen. (Statistik
Austria, 2012).
Berufsausbildung des Betriebslei-
ters/der Betriebsleiterin
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Ausschließlich praktische land- und
forstwirtschaftliche Erfahrung* 29,5 55,4
Land- und forstwirtschaftliche Grund-
ausbildung** 24,7 21,3
Umfassende land- und forstwirtschaftli-
che Ausbildung*** 45,8 23,3
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df Asymptotische Signifi-
kanz (2-seitig)
Chi-Quadrat nach
Pearson 184,045 2 0,000 (***)
Likelihood-Quotient 171,692 2 0,000 (***)
Anzahl der gültigen
Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist
113,57.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
44 Soziale Landwirtschaft
Die BetriebsleiterInnen der Sozialen Landwirtschaft haben zu zwei Drittel den Beruf Landwirt/Forst-
wirt; in der Land- und Forstwirtschaft Österreichs sind es etwas mehr als zwei Fünftel. Auch sind die
BetriebsleiterInnen in der Sozialen Landwirtschaft zu 6,2% in der Haushaltsführung tätig (Land- und
Forstwirtschaft Österreichs 4,4%), zu 2,6% üben sie landwirtschaftliche Nebentätigkeiten aus (Land-
und Forstwirtschaft Österreichs 0,9%). Ähnlich wie bei den PensionistInnenbetrieben und dem Alter
der Betriebsleitung (Tabelle 13 und Tabelle 14) zeigt sich ein geringerer Anteil von PensionistInnen
unter den BetriebsleiterInnen, nämlich 3,6% im Vergleich zum Österreichwert von 13,6%. Der p-
Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Soziale Landwirt-
schaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach dem Beruf der Betriebslei-
terInnen unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 17).
Tabelle 17:Beruf des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der Sozialen Landwirtschaft
und bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs (in %)
Anmerkung: * Kind/Schüler/Student, Arbeitsloser/Arbeitssuchender, Präsenz/Zivildienst.
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Beruf des Betriebsleiters/der
Betriebsleiterin
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Land/Forstwirt 66,2 44,2
Landw. Nebentätigkeiten 2,6 0,9
Nichtlandwirtschaftlich 21,4 36,5
Haushalt 6,2 4,4
Im Ruhestand 3,6 13,6
Sonstige* 0,0 0,4
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 156,417 7 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 166,118 7 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
4 Zellen (25,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 0,06.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 45
Die berufsbegleitende Weiterbildung bietet die Möglichkeit, produktionstechnische Kenntnisse und
Kompetenzen zu vertiefen, einen Landwirtschaftsbetrieb umfassend zu planen und die unternehmeri-
schen Fähigkeiten zu erweitern.
Knapp die Hälfte der BetriebsleiterInnen in der Sozialen Landwirtschaft nimmt an Weiterbildungen
teil. Bei der Land- und Forstwirtschaft Österreichs machen nur knapp ein Fünftel der BetriebsleiterIn-
nen Weiterbildungen. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese,
dass sich die Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung
nach der Weiterbildung der BetriebsleiterInnen unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 18).
Tabelle 18:Weiterbildung des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in den vergangenen 12
Monaten in der Sozialen Landwirtschaft und bei allen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Weiterbildung des Betriebslei-
ters/der Betriebsleiterin (in den
vergangenen 12 Monaten)
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
Ja 48,2 18,5
Nein 51,8 81,5
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df Asymptotische
Signifikanz (2-seitig)
Exakte Signifikanz
(2-seitig)
Exakte Signifikanz
(1-seitig)
Chi-Quadrat nach
Pearson 313,700 1 0,000 (***)
Kontinuitätskor-
rektur* 311,729 1 0,000 (***)
Likelihood-Quoti-
ent 243,527 1 0,000 (***)
Exakter Test nach
Fisher 0,000 (***) 0,000 (***)
Anzahl der gülti-
gen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die minimale erwartete Häufigkeit ist 99,10.
*Wird nur für eine 2x2-Tabelle berechnet
Soziale Landwirtschaft in Österreich
46 Soziale Landwirtschaft
Arbeiten die BetriebsleiterInnen in der Sozialen Landwirtschaft zu knapp zwei Drittel mehr als die
Hälfte ihrer Arbeitszeit in der Landwirtschaft, so sind es bei der Land- und Forstwirtschaft Österreichs
gut zwei Fünftel. Ein Viertel der Arbeitszeit wird von 17,7% der BetriebsleiterInnen in der Sozialen
Landwirtschaft in die Landwirtschaft investiert, bei der Land- und Forstwirtschaft Österreichs sind es
39,2%. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich die Sozi-
ale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs in der Verteilung nach der Arbeits-
zeit der BetriebsleiterInnen unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 19).
Tabelle 19:Arbeitszeit des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der Sozialen
Landwirtschaft und bei allen land- und forstw. Betrieben Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
In der Sozialen Landwirtschaft übt gut die Hälfte der BetriebsleiterInnen keine nebenberufliche
Erwerbstätigkeit aus. In der Land- und Forstwirtschaft Österreichs sind knapp vier Fünftel nebenberuf-
lich erwerbstätig. Der p-Wert des Chi-Quadrat Tests ist höchst signifikant. Die Nullhypothese, dass sich
die Soziale Landwirtschaft von der Land- und Forstwirtschaft Österreichs im Anteil der nebenberufli-
chen Erwerbstätigkeit der BetriebsleiterInnen unterscheidet, wird daher angenommen (Tabelle 20).
Arbeitszeit des Betriebsleiters/der
Betriebsleiterin in der Land- und
Forstwirtschaft (in %)
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe (in %)
Soziale Landwirtschaft Österreich
02,412,0
1-24 15,3 27,2
25-49 17,2 17,9
50-74 22,2 15,4
75-99 29,3 18,8
100 13,6 8,7
Gesamt 100,0 100,0
Chi-Quadrat-Tests
Wert df
Asymptotische
Signifikanz (2-
seitig)
Chi-Quadrat
nach Pearson 131,801a 5 0,000 (***)
Likelihood-
Quotient 148,439 5 0,000 (***)
Anzahl der gül-
tigen Fälle 173.317
0 Zellen (0,0%) haben eine erwartete Häufigkeit kleiner 5. Die mini-
male erwartete Häufigkeit ist 46,30.
Soziale Landwirtschaft in Österreich
Bundesanstalt für BERGBAUERNFRAGEN 47
Tabelle 20:Nebenberufliche Erwerbstätigkeit des Betriebsleiters/der Betriebsleiterin in der
Sozialen Landwirtschaft und bei allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
Österreichs (in %)
Quelle: Eigene Auswertung, Agrarstrukturdaten 2010
Eine landwirtschaftliche Nebentätigkeit der BetriebsleiterInnen in Verbindung mit dem Betrieb wird in
der Sozialen Landwirtschaft zu 45,8% ausgeübt, in der Land- und Forstwirtschaft Österreichs zu
13,8%. Der p-Wert des Chi-Quadrat T<